Titel:
Nachbarklage gegen Baugenehmigung wegen Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs und fehlender Erschließung
Normenketten:
BauGB § 34 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
BauNVO § § 3 Abs. 1, § 15 Abs. 1 S. 2
Leitsätze:
1. Der Gebietserhaltungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Er gibt aber keinen Anspruch auf die Einhaltung aller baurechtlichen Vorschriften. Das Austauschverhältnis aus gegenseitigen Verpflichtungen und Berechtigungen bezieht sich nur auf die Art der Nutzung, da § 34 Abs. 2 BauGB nur in diesem Umfang die Zulässigkeit regelt. (Rn. 16 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die fehlende Erschließung eines Vorhabens innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils ist grundsätzlich nicht drittschützend, da sie nur dem öffentlichen Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung dient. Eine Ausnahme hiervon ist nur dann gegeben, wenn eine wegen fehlender Erschließung rechtswidrige Baugenehmigung für den Nachbarn eine unmittelbare Rechtsverschlechterung in Richtung auf das Duldenmüssen eines Notweg- oder Notleitungsrechts nach § 917 Abs. 1 BGB bewirkt (hier nicht gegeben). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gebietserhaltungsanspruch, Verletzung von drittschützenden Normen, Nachbarklage, Baugenehmigung, fehlende Erschließung
Fundstelle:
BeckRS 2020, 17025
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die seinen Nachbarn erteilt Baugenehmigung für die Umnutzung eines bestehenden Nebengebäudes in ein Apartment.
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Die Baugenehmigung bezieht sich auf das im Eigentum der Beigeladenen stehende Grundstück FlNr. 276/2 der Gemarkung E. (i.F. Vorhabengrundstück). Der Kläger ist Eigentümer des östlich angrenzenden Grundstücks FlNr. 541/10 der Gemarkung E. Beide Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich.
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Im Westen des Vorhabengrundstücks befinden sich seit Jahren mehrere Nebengebäude. Der nördliche Schuppen hat dabei den geringsten Abstand zur Grundstücksgrenze mit dem klägerischen Grundstück. Der Abstand beträgt ca. 30 m. Auf Anforderung durch den Beklagten stellten die Beigeladenen mit Schreiben vom 24. Juni 2018 einen Bauantrag auf nachträgliche Genehmigung der Umnutzung eines Teilbereichs des bestehenden Nebengebäudes in ein Apartment.
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Am 26. Juni 2018 erteilte die Stadt E. als Angelegenheit der laufenden Verwaltung das gemeindliche Einvernehmen.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 2. August 2018, dem Kläger am 3. August 2018 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt, erteilte der Beklagte die beantragte Baugenehmigung.
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Am 28. August 2018 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 2. August 2018 Klage erhoben. Er beantragt,
Der Bescheid des Landratsamtes E. vom 2. August 2018, Aktenzeichen B-2018-1749 wird aufgehoben.
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Der Bescheid sei fehlerhaft. Eine Anbindung des Garagen- bzw. Stellplatzes des Apartments zum öffentlichen Verkehrsraum sei nicht gegeben. Die Zufahrt müsse über das Grundstück FlNr. 273 erfolgen. Ein gesichertes Geh- oder Fahrtrecht bestehe nicht. Ein Wegerecht könne nicht aus Gewohnheitsrecht entstehen. Gegenüber seinem Sohn habe der Beklagte in dessen Baugenehmigung die Eintragung einer Grunddienstbarkeit als Nebenbestimmung festgesetzt. Durch Überwuchs der Toranlage werde der schmale öffentliche Straßenraum weiter verengt. Eine gleichzeitige Passage von Kinderwagen und PKW sei nicht möglich. Der Stauraum sei im Interesse aller Anlieger im Rahmen der Verkehrssicherheit notwendig. Der in den Bauvorlagen eingezeichnete Fahrweg zur Garage könne nicht genutzt werden. Die Bewohner des Apartments würden deswegen vor der Doppelgarage parken. Ausreichende Stellplätze seien nicht vorhanden und damit die Vorgaben der Garagen- und Stellplatzverordnung nicht erfüllt. Im Lageplan sei eine größere Grundfläche des Nebengebäudes eingezeichnet als in vorangegangen Baubescheiden. Für diese Vergrößerung liege wohl keine Genehmigung vor. Fraglich sei auch, ob die installierte Feuerungsanlage von früheren Bauanträgen erfasst worden sei. Ein vor Jahren eingebautes Fenster sei ebenfalls nicht im Bauplan eingezeichnet. Die Bauunterlagen seien fehlerhaft und es sei fraglich, ob das vereinfachten Baugenehmigungsverfahren ausreiche. Des Weiteren seien zwei Schuppen auf dem Grundstück als Bestand eingezeichnet. Eine Baugenehmigung zu diesen Schuppen sei aber nicht bekannt. Unter einem Schuppen laufe ein Abwasserkanal mit entsprechender Grunddienstbarkeit. Die gesetzlichen Abstandsflächen halte dieser Schuppen nicht ein. Der andere ältere Schuppen sei aus den 1960er Jahren und sei danach wesentlich vergrößert worden. Es lägen jeweils Schwarzbauten vor. Als Eigentümer eines Grundstücks im gleichen Baugebiet könne er sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gegen jede artfremde Bebauung über den Gebietserhaltungsanspruch wehren. Die Bauherren hielten sich nicht an öffentliche Vorschriften und würden deswegen Unfrieden in die „Schicksalsgemeinschaft“ tragen. Eine rechtmäßige Bauentwicklung im Nachbarbereich sei im Interesse des Nachbarn und nachbarschützend. Alle Einwendungen seien bereits gegenüber der Genehmigungsbehörde erfolgt und dort untergegangen. Es bliebe deswegen nur der Klageweg, um sich gegen die „Favela ähnlichen Zustände“ auf dem Vorhabengrundstück zu wehren.
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Der Beklagte beantragt,
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Das Vorhaben befinde sich in einem faktischen reinen Wohngebiet und sei deswegen nach der Art der baulichen Nutzung nach § 34 BauGB i.V.m. § 3 BauNVO zulässig. Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, welche überbaut werden darf, füge es sich in die Umgebungsbebauung ein. Wegen der Grenznähe des Vorhabens, liege eine Abstandsflächenübernahme des betroffenen anderen Nachbarn vor. Bei der Zufahrt müsse zwar das westliche Nachbargrundstück überfahren werden, aber das Vorhabengrundstück grenze in ausreichender Breite an die öffentliche Verkehrsfläche an. Die bisherige Nichterrichtung des Stellplatzes und der Garage samt Zufahrt seien unbeachtlich, da die Nutzung erst wieder aufgenommen werde, wenn diese errichtet seien. Die anderen Nebengebäude seien nicht Gegenstand des Bauantrages gewesen und nicht geprüft worden. Es könne davon ausgegangen werden, dass die Gebäude verfahrensfrei seien und nach Art. 6 Abs. 9 BayBO zulässig. Eine Verletzung nachbarrechtlicher Vorschriften sei nicht erkennbar.
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Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.
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Alle Beteiligten haben auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Mit Schreiben des Gerichts vom 6. April 2020 sind die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden und haben Gelegenheit erhalten innerhalb von drei Wochen ab Zustellung des Schreibens Stellung zu nehmen. Einwendungen gegen eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid sind nicht erfolgt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Es kann durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Klage hat keinen Erfolg. Die Baugenehmigung vom 2. August 2018 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Kläger als Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln, verletzt sind (vgl. statt aller z. B. BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris).
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1. Ein Anspruch auf umfassende Rechtmäßigkeitsprüfung ergibt sich nicht aus dem Gebietserhaltungsanspruch.
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Der Gebietserhaltungsanspruch gibt den Eigentümern von Grundstücken in einem Baugebiet das Recht, sich gegen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht zulässige Vorhaben zur Wehr zu setzen. Der Anspruch ist eine Folge davon, dass Baugebietsfestsetzungen kraft Gesetzes dem Schutz aller Eigentümer der in dem Gebiet gelegenen Grundstücke dienen. Die nachbarschützende Wirkung beruht auf der Erwägung, dass die Grundstückseigentümer durch die Lage ihrer Anwesen in demselben Baugebiet zu einer Gemeinschaft verbunden sind, bei der jeder in derselben Weise berechtigt und verpflichtet ist. Im Hinblick auf diese wechselseitig wirkende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Grundeigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) hat jeder Eigentümer - unabhängig von einer konkreten Beeinträchtigung - das Recht, sich gegen eine schleichende Umwandlung des Gebiets durch Zulassung einer gebietsfremden Nutzung zur Wehr zu setzen (BVerwG, U.v. 16.9.1993 - 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 = juris Rn. 12 ff.). Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a BauGB erlassenen Baunutzungsverordnung (BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens gemäß § 34 Abs. 2 BauGB nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre. Aus der Gleichstellung geplanter und faktischer Baugebiete im Sinne der BauNVO hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung durch § 34 Abs. 2 BauGB ergibt sich, dass (nur) in diesem Umfang auch ein identischer Nachbarschutz vorliegt (BVerwG, U.v. 16.9.1993 a.a.O. juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 9.12.2015 - 15 CS 15.1935 - juris Rn. 17; B.v. 1.6.2016 - 15 CS 16.789 - juris Rn. 23).
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Der Gebietserhaltungsanspruch gewährt dem Kläger damit allein die Möglichkeit sich gegen eine im vorliegenden reinen Wohngebiet unzulässige Art der baulichen Nutzung i.S.d. BauNVO zu wehren. Nach § 3 Abs. 1 BauNVO dienen reine Wohngebiete dem Wohnen. Eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruch kommt damit nicht in Betracht, da mit der Baugenehmigung vom 2. August 2018 gerade eine Wohnnutzung genehmigt wurde.
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Der Kläger versteht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Gebietserhaltungsanspruch in einem faktischen Baugebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB falsch, wenn er meint, dass er damit einen Anspruch auf die Einhaltung aller baurechtlichen Vorschriften hat. Das Austauschverhältnis aus gegenseitigen Verpflichtungen und Berechtigungen bezieht sich nur auf die Art der Nutzung (Wohnen, Gewerbe etc.), da § 34 Abs. 2 BauGB nur in diesem Umfang die Zulässigkeit regelt. Dem Kläger mag die Wohnnutzung in einem ehemaligen Nebengebäude nicht gefallen. Eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruch stellt dies aber nicht dar.
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2. Eine Verletzung von dem Kläger schützenden Vorschriften durch die streitgegenständliche Baugenehmigung liegt nicht vor.
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a) Eine fehlende Erschließung des Vorhabengrundstücks verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten (aa). Hieran ändert sich auch nichts, falls die Baugenehmigungsbehörde gegenüber anderen Nachbarn strengere Anforderungen an die gesicherte Erschließung stellt (bb).
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aa) Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB muss bei einem Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteil die Erschließung gesichert sein. Eine fehlende Erschließung ist aber grundsätzlich nicht drittschützend, da sie nur dem öffentlichen Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung dient. Eine Ausnahme hiervon ist nur dann gegeben, wenn eine wegen fehlender Erschließung rechtswidrige Baugenehmigung für den Nachbarn eine unmittelbare Rechtsverschlechterung in Richtung auf das Duldenmüssen eines Notweg- oder Notleitungsrechts nach § 917 Abs. 1 BGB bewirkt. Denn in diesem Fall wäre er in seinem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 GG beeinträchtigt (VG München, U.v. 23.11.2016 - M 9 K 15.4601 - juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 23.8.2010 - 2 ZB 10.1216 - juris Rn. 3). Zur Erschließung des Vorhabengrundstücks ist eine Benutzung des klägerischen Grundstücks nicht notwendig. Das klägerische Grundstück liegt östlich vom Vorhabengrundstück. Die B.-Str., von welcher das Vorhabengrundstück erschlossen wird, grenzt südlich an das Vorhabengrundstück an. Bei der geplanten Zufahrt zum Apartment wird zwar das Grundstück FlNr. 273 der Gemarkung E. überfahren. Ein gewohnheitsrechtliches Nutzungsrecht kann, wie der Kläger richtig ausführt, allein zwischen zwei Grundstücksnachbarn, auch bei jahrelanger Übung nicht entstehen (BGH, U.v. 24.1.2020 - V ZR 155/18 - juris Rn. 10). Eine Rechtsverschlechterung durch die streitgegenständliche Baugenehmigung kann hierdurch aber allenfalls bei der Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 273 der Gemarkung E. eintreten. Der Kläger kann eine Verletzung von fremden Nachbarrechten nicht geltend machen.
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bb) Soweit der Kläger vorträgt, dass das Landratsamt E. bei der Baugenehmigung für seinen Sohn auf dem Nachbargrundstück FlNr. 541/37 der Gemarkung E. eine grundbuchrechtliche Sicherung verlangt habe, ist dies für die streitgegenständliche Baugenehmigung unbeachtlich. Bei der Frage, ob eine Baugenehmigung zu erteilen ist, handelt es sich um eine gebundene Entscheidung (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO), auf die aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsätze zur Selbstbindung der Verwaltung bei Ermessensentscheidungen kann deswegen nicht zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B.v. 15.12.2012 - 14 CS 12.2024 - juris Rn. 18). Es kann dahinstehen, ob die vom Kläger vorgetragene ungleiche Behandlung baurechtlich zutreffend ist.
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b) Ein Fehlen von notwendigen Stellplätzen verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Verpflichtung zur Errichtung der für eine ordnungsgemäße Nutzung notwendigen Stellplätze sind nicht nachbarschützend, sondern dienen ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Entlastung öffentlicher Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr (VGH BW, B.v. 10.1.2008 - 3 S 2773/07 - juris Rn. 13). Unzumutbare Auswirkungen auf das Grundstück des Klägers ergeben sich durch angeblich fehlende Stellplätze für das Apartment nicht. Der Kläger trägt nur Auswirkungen auf die öffentlichen Verkehrsflächen vor.
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c) Der Kläger wird auch nicht dadurch in seinen Rechten verletzt, dass nach seiner Ansicht die Bestandsgebäude im Lageplan unzutreffend eingezeichnet seien sollen.
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Vorgelegte Bauvorlagen und die in ihnen enthaltenen Angaben müssen zwar vollständig, richtig und eindeutig sein, was insbesondere für die Darstellungen im Lageplan im Sinne von § 7 Abs. 3 BauVorlV gilt (vgl. Gaßner, in: Simon/Busse, BayBO, Stand 135. EL Juli 2019, Art. 64 RdNr. 75).
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Nach ständiger Rechtsprechung hat der Nachbar aber keinen materiellen Anspruch darauf, dass der Bauantragsteller einwandfreie Bauvorlagen einreicht. Die Baugenehmigung ist somit nur dann aufzuheben, wenn wegen Fehlens oder Unvollständigkeit der Bauvorlagen Gegenstand und Umfang der Baugenehmigung nicht eindeutig festgestellt und aus diesem Grund eine Verletzung von Nachbarrechten nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 5.12.2001 - 26 ZB 01.1175 - juris Rn. 11)
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Vorliegend ist ausgeschlossen, dass der Kläger durch die Gebäude auf der Westseite des Grundstücks in eigenen Rechten verletzt ist. Abstandsflächen sind, wie auch der Kläger vorträgt, höchsten zu den westlichen Nachbargrundstücken problematisch. Eine Nichteinhaltung der Abstandsflächen zu anderen Grundstücken, kann den Kläger aber nicht in seinen eigenen Rechten verletzen.
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Zuletzt ist der Kläger als Nachbar auch nicht Wächter der Art. 55 Abs. 1, 68 BayBO. Eine fehlende Baugenehmigung für einen Teil der Bestandsgebäude kann keine nachbarlichen Ansprüche begründen (VG München, U.v. 25.9. 2019 - M 9 K 19.994 - juris Rn. 24). Die Durchführung des vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Art. 59 BayBO ist im Übrigen nicht davon abhängig, dass der Bestand zutreffend eingezeichnet ist. Maßgeblich ist allein, ob ein Sonderbau i.S.d. Art. 2 Abs. 4 BayBO vorliegt.
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3. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme, hier aus § 34 Abs. 1 BauGB bzw. § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO folgend, liegt nicht vor.
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4. Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt, sodass es mangels Kostenrisiko nicht der Billigkeit entspricht, ihre außergerichtlichen Kosten dem Kläger aufzuerlegen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.