Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 02.06.2020 – AN 9 K 17.00808
Titel:

Haftung des Grundstückseigentümers für Bodenverunreinigungen

Normenketten:
BBodschG § 4 Abs. 3, § 9 Abs.2
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
Leitsatz:
Es entspricht regelmäßig pflichtgemäßer Ermessensausübung, wenn die Behörde sich an den Störer hält, der wirtschaftlich am leistungsfähigsten ist. Wenn auf diese Weise sogar eine vorrangige Heranziehung des Zustandsstörers vor dem Handlungsstörer gerechtfertigt wird, so muss das erst recht gelten, wenn es um die Störerauswahl zwischen mehreren Zustandsstöreren geht.  (Rn. 89) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Haftung des Zustandsstörers, abdriftende Schadstofffahne, Haftungsbegrenzung für Gebietskörperschaften, Belastungsgrenze, Störerauswahl, Bodenveränderung, Gefährdungsabschätzung, Grundwasser, Wiederholungsgefahr
Fundstelle:
BeckRS 2020, 16704

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten vom 21. März 2017 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 11. April 2018, durch den sie verpflichtet wurde, Maßnahmen zur Eingrenzung eines leicht flüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoff (LHKW)-Schadens zu beauftragen.
2
Die Klägerin ist im Grundbuch als Eigentümerin des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, eingetragen. Auf dem Grundstück befindet sich ein Abschnitt der … Straße. Hierbei handelt es sich um eine Kreisstraße und Ortsdurchfahrt.
3
An dieses Grundstück grenzt das Anwesen … Str. …, FlNr. …, Gemarkung …, an. In den letzten Jahrzehnten wurde und wird auf dem Grundstück eine Textilreinigung betrieben. Laut einer Mitteilung aus dem Jahre 1973 wurde der Betrieb von einer Frau … und dann von ihrem Sohn … geführt. Es liegt eine Abmeldung vom 31. Dezember 1976 von Frau … vor. Von 1977 bis 1998 war Herr … Betriebsinhaber. Seit 1998 wird die Reinigung von Herrn … betrieben.
4
Das Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, steht im Eigentum von Frau … Im Jahr 1998 wurde auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, ein Schadensfall mit leicht flüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW) bekannt. Der Schaden wird seit 2008 saniert. Mit Bescheid vom 28. Februar 2008 wurde Frau … zur Durchführung verschiedener Erkundungsmaßnahmen auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, verpflichtet. Mit Bescheid vom 12. November 2008 wurde Frau … zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, verpflichtet. Mit Schreiben vom 7. Januar 2009 wurde gegenüber Frau … ein Zwangsgeld für fällig erklärt und mit Bescheid vom 7. Januar 2009 ein weiteres Zwangsgeld angedroht. Mit Bescheid vom 2. September 2009 wurde die Ersatzvornahme zur Erfüllung der mit Bescheid vom 12. November 2008 auferlegten Pflichten angedroht. Mit Bescheid vom 2. August 2010 wurde Frau … … verpflichtet, verschiedene Erkundungsmaßnahmen zu veranlassen. Mit Bescheid vom 30. März 2011 wurde Frau … … verpflichtet, einen Sachverständigen mit der Ausführung verschiedener Maßnahmen auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, zur abschließenden Gefährdungsabschätzung zu betrauen. Mit Bescheid vom 13. September 2011 wurde Frau … … verpflichtet, einen Sachverständigen mit der Ausführung verschiedener Maßnahmen auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, zu beauftragen. Mit Bescheid vom 4. September 2012 wurde die Belastungsgrenze für Frau … … auf 57.000,00 EUR festgesetzt. Mit Bescheid vom 12. November 2012 wurde Frau … … zur Duldung verschiedener Maßnahmen auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, verpflichtet. Mit Bescheid vom 2. Juni 2016 wurde Frau … … verpflichtet, dem Landkreis … für die Sanierung des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, entstandene Kosten in Höhe von 30.954,72 EUR zu erstatten.
5
Im Gehwegbereich des Grundstückes FlNr. …, Gemarkung …, befindet sich auf der Höhe des Grundstücks FlNr. … ein Übergabebauwerk. Auf Veranlassung des Landratsamtes wurde am 14. Juli 2014 unmittelbar neben dem Übergabebauwerk die Sondierbohrung B29 bis 7 m Tiefe abgeteuft und bis 6 m Tiefe zu einer Rammfiltermessstelle ausgebaut. In der Wasserprobe wurde eine LHKW-Konzentration von 38.455 µg/l (Anteil Vinylchlorid 290 µg/l, Anteil Tetrachlorethen 33.000 µg/l) analysiert. Am 30. Juli 2014 wurde nochmals eine Wasserprobe entnommen; die LHKW-Konzentration erreichte diesmal 2.487 µg/l (Anteil Vinylchlorid 770 µg/l, Anteil Tetrachlorethen < 0,5 µg/l, Anteil 1,2-cis-Dichlorethen 1.700 µg/l). In der entnommenen Bodenluftprobe wurden 646 mg/m³ LHKW gemessen (Anteil Vinylchlorid 2,6 mg/m³, Anteil Tetrachlorethen 620 mg/m³).
6
Mit Stellungnahme vom 14. Oktober 2014 teilte das Wasserwirtschaftsamt mit, dass an der Rammfiltermessstelle B29 erhöhte LHKW-Gehalte in der Bodenluft festgestellt worden seien. An B29 sei darüber hinaus auch eine massive LHKW-Belastung des Grundwassers festgestellt worden, die laut Gutachter auf den bis 2012 eingebrochenen Abwasserkanal zurückzuführen sei. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht seien weitergehende Untersuchungen angezeigt. Es sei ein Absaugversuch an B28 (Abwasserschacht) und B29 (Übergabebauwerk) durchzuführen, sowie eine flache Grundwassermessstelle an B29 zu errichten und dort ein 72-stündiger Pumpversuch durchzuführen.
7
Mit an das Wasserwirtschaftsamt gerichtetem Schreiben vom 7. November 2014 teilte das Landratsamt mit, dass es mit den erfolgten Abstromuntersuchungen außerhalb des Grundstückes von Frau … bereits eine Art Amtsermittlung durchgeführt habe, bei welcher im Bereich des eingebrochenen Abwasserkanals (Übergabebauwerk am Gehweg) aufgrund der gefundenen LHKW-Belastungen in Bodenluft und Grundwasser eine neue Eintragsstelle ausgemacht worden sei und insoweit der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast auf dem Grundstück der Gemeinde … bestätigt worden sei. Das Landratsamt sei für weitere Maßnahmen außerhalb des Grundstückes von Frau … nicht zuständig und könne deren Beauftragung auch haushaltsrechtlich nicht begründen. Es sei daher beabsichtigt, für die Maßnahmen am Übergabebauwerk die Gemeinde … als Zustandsstörerin heranzuziehen.
8
Mit Schreiben vom 1. Dezember 2014 teilte das Wasserwirtschaftsamt mit, dass sich durch die Bohrung B29 am eingebrochenen Abwasserkanal der Altlastenverdacht bestätigt habe. Sowohl in der ungesättigten als auch in der gesättigten Bodenzone sei eine massive Verunreinigung mit LHKW festgestellt worden. Eine orientierende Untersuchung sei somit nicht mehr erforderlich. Zur Bestimmung der flächenhaften Ausdehnung seien beidseitig entlang des Kanals Rammkernsondierungen sowohl in östlicher als auch westlicher Richtung abzuteufen.
9
Mit Schreiben vom 7. Januar 2015 teilte das Landratsamt der Klägerin mit, dass im Jahr 2013 mittels Kamerabefahrung der ehemalige Abwasserkanal der chemischen Reinigung … auf mögliche Schadstellen untersucht worden sei. Hierbei sei bei dem Übergabebauwerk am Gehweg eine eingebrochene Stelle gefunden worden, wodurch der Anfangsverdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast in diesem Bereich bestanden habe. Im Jahr 2014 sei auf dem Grundstück der Klägerin FlNr. …, Gemarkung …, durch eine Bohrung (B29) am eingebrochenen Abwasserkanal der Altlastenverdacht bestätigt worden. Die gemessenen LHKW-Konzentrationen in Bodenluft und Grundwasser wiesen eine neue Eintragsstelle aus, die allem Anschein nach auf den Austritt LHKWhaltiger Abwässer zurückzuführen sei. Es werde gebeten, einen entsprechenden Sachverständigen mit der Durchführung der vom Wasserwirtschaftsamt geforderten Maßnahmen zu beauftragen.
10
Mit Schreiben vom 21. Mai 2015 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin mit, dass nach der früher bestehenden Satzung der Gemeinde für die öffentliche Entwässerungseinrichtung zur Grundstücksentwässerungsanlage (damit Verantwortungsbereich des Grundstückseigentümers der ehemaligen chemischen Reinigung) auch die Anschlussleitung und das Anschlussstück ab Grundstücksgrenze, wodurch die Anlage mit einem in der öffentlichen Straße verlegten Kanal verbunden werde, gehöre. Dies sei in § 5 der Entwässerungssatzung geregelt gewesen. Hinzu komme, dass nach der damals geltenden Entwässerungssatzung nach § 24 ein Verbot des Einleitens gewisser Stoffe, insbesondere giftiger Stoffe, bestanden habe.
11
Bei dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, handele es sich um ein Straßengrundstück, aber es handele sich nicht um eine gemeindliche Straße, sondern um eine Kreisstraße nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayStrWG. Träger der Straßenbaulast sei deshalb auch der Landkreis … Zu den Bestandteilten der Straße gehörten nach Art. 2 Nr. 1a BayStrWG nicht nur der Straßengrund, sondern der Unterbau, die Fahrbahndecke und insbesondere auch die Entwässerungsanlagen. Deshalb sei entsprechender „Sachherr“ der Straßenbaulastträger, mithin der Landkreis.
12
Auf Nachfrage des Landratsamtes teilte der beauftragte Gutachter mit Email vom 5. Oktober 2015 mit, dass das Abwasser der Sanierungsanlage, die auf dem Grundstück …, Gemarkung …, betrieben werde, in den Kanal (Regenwasser bzw. Quellwasser) eingeleitet werde, der in die … entwässere. Bei dem Kanal im Gehweg der Gemeinde mit den hohen Konzentrationen bei B29 handele es sich hingegen um den Schmutzwasserkanal. Diese Informationen stammten von Mitarbeitern der Klägerin. Die Zu- und Abläufe des Schachtes im Gehweg bei B29 seien nicht bekannt; lediglich, dass hier ein Schmutzwasserzulauf vom Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, angebunden sei. Die ehemals betonierte Entwässerungsrinne werde nicht mehr benutzt, da sie ja zubetoniert sei. Wann sie zubetoniert worden sei, sei ihm unbekannt (vermutlich Jahrzehnte zurückliegend). Der Schmutzwasserkanal vom Keller bis zum gemauerten Abwasserschacht auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, werde ebenfalls nicht mehr genutzt.
13
Mit Email vom 9. Dezember 2015 teilte die Klägerin mit, dass sie den Anschlusskanal überprüft habe und Handlungsbedarf festgestellt habe. Der Auftrag für die Sanierung sei der Firma … erteilt worden. Diese Firma habe kurzfristig die Arbeiten ausgeführt. Das Aushubmaterial sei im Bauhof zwischengelagert worden. Mit Email vom 9. Dezember 2015 bat das Landratsamt die Klägerin um nähere Erläuterung, von welchem Anschlusskanal die Rede sei und in welchem Bereich Sanierungsarbeiten vorgenommen worden seien.
14
Mit Email vom 30. Dezember 2015 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin dem Landratsamt mit, dass der maßgebliche Bereich des Anschlusskanals geöffnet worden sei. Das Wasserwirtschaftsamt sei informiert worden. Der Grundstücksanschluss des Anwesens der Wäscherei … sei gänzlich neu erstellt und errichtet worden. Die Baugrube sei wieder verschlossen und zum Großteil gepflastert worden. Die Probe sei nach den Kriterien der Deponieverordnung mit einer ergänzenden Untersuchung auf LHKW durchgeführt worden. Es ergebe sich ein Erdaushub, der als leicht belastet entsorgbar sei. Es werde um Mitteilung gebeten, wie nun weiter vorgegangen werden solle, insbesondere sei fraglich, ob bei dieser leichten, wenn nicht sogar geringfügigen Belastung, tatsächlich eine entsprechende weitere Maßnahme erforderlich sei.
15
Mit Email vom 30. Dezember 2015 teilte das Landratsamt dem Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin mit, dass noch ein Großteil von Informationen fehle, um den Sachverhalt beurteilen zu können. Unter anderem gehe es um die Fragen, welcher Kanal konkret und in welchem Teilstück dieser saniert worden sei (mit Lageplan), wann die Kanalsanierungsmaßnahme durchgeführt worden sei und ob hierbei auffälliger Geruch wahrgenommen worden sei, sowie um welche Mengen von Aushubmaterial es überhaupt gehe. Vermutlich sei ein Kanalanschlussstück vom Kanal in der Straße zum Anwesen … erneuert worden. Es werde angenommen, dass dieses Kanalstück nicht in der Nähe des Übergabeschachts im Gehweg verlaufe, wo aufgrund der hohen LHKW-Belastungen weitere Maßnahmen erforderlich seien. Insofern seien diese Maßnahmen nach wie vor durchzuführen. Mit Email vom 5. Januar 2016 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin mit, dass bezüglich der Geruchssituation auf den Prüfbericht verwiesen werde, der ausdrücklich festhalte, dass die Probe geruchslos und die Konsistenz erdig/steinig gewesen sei. Hinsichtlich des Ortes werde darauf hingewiesen, dass davon ausgegangen worden sei, dass dies klar formuliert sei. Ausweislich der Untersuchungen des Wasserwirtschaftsamtes sei eine entsprechende Einbruchstelle am Grundstücksanschluss im Bereich jedenfalls des öffentlichen Weges festgestellt worden. Genau dieser Bereich der Einbruchstelle des Kanals sei aufgrund dessen einer Sanierung zugeführt worden. Es werde ein Plan übersandt, aus dem sich gestrichelt dargestellt der ursprünglich alte Anschlusskanal ergebe, der erkennbar eingebrochen gewesen sei, teilweise auch wohl im Privatgrund liegend. Wie dem Plan zu entnehmen sei, sei dieser alte Anschlusskanal gänzlich ausgebaut und ein neuer Kanal einschließlich eines neuen Revisionsschachtes verlegt worden.
16
Mit Email vom 8. Januar 2016 wies das Landratsamt darauf hin, dass aufgrund fehlender Informationen und Nichtvorliegen des Probenahmeprotokolls derzeit weder eine abfallrechtliche noch bodenschutzrechtliche Beurteilung der Maßnahme erfolgen könne. Es sei eine Abstimmung mit dem Wasserwirtschaftsamt erforderlich.
17
Das Wasserwirtschaftsamt teilte mit Email vom 14. Januar 2016 mit, dass keine Veranlassung gesehen werde, von den bisher geforderten Erkundungsmaßnahmen im Bereich des Übergabeschachts abzuweichen.
18
Mit Email vom 19. Januar 2016 teilte das Landratsamt dem Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin mit, dass die bisherige Beprobung nicht ordnungsgemäß stattgefunden habe. Die Einzelproben seien mit einer Schaufel gewonnen worden und zu Mischproben vermengt worden, wobei sich leicht flüchtige Schadstoffe verflüchtigen könnten, was bei der Laboranalyse zu Minderbefunden führe, weshalb diese nicht repräsentativ sei. Es werde empfohlen, einen Sachverständigen nach § 18 BBodSchG mit der Probenahme zu beauftragen.
19
Mit Email vom 11. April 2016 teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin mit, dass die gegebenen Zusagen nun in Frage zu stellen seien. Grund hierfür sei, dass die Klägerin die Mitteilung erhalten habe, dass der Anschlusskanal des Anwesens … Str. … durch eine Probenahmestelle (Veranlasser: Landratsamt …) beschädigt worden sei. Die Klägerin müsse hierbei davon ausgehen, dass gerade dadurch eine Verunreinigung des Erdreichs aufgetreten sei, da die Bohrung direkt durch das Kanalrohr erfolgt sei. Entsprechende aussagekräftige Fotos würden zur Verfügung gestellt. Dieser Anschlusskanal sei im Rahmen der Gesamtmaßnahmen inzwischen ebenfalls erneuert worden. Die Klägerin werde nicht für mögliche Folgen einer durch das Landratsamt veranlassten Probenahmestelle, die den Kanal der Klägerin beschädigt habe, eintreten.
20
Mit Email vom 13. April 2016 teilte das Landratsamt dem Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin mit, dass es sich bei der Probenahmestelle um die Bohrung B29 handle. Diese sei 2014 errichtet worden und befinde sich unmittelbar neben dem Übergabebauwerk im Gehweg. Mittels dieser Bohrung seien 2014 die hohen LHKW-Belastungen in der Bodenluft, sowie im Grundwasser im Umfeld des Übergabebauwerks festgestellt worden, aufgrund derer die Klägerin zu weitergehenden Maßnahmen aufgefordert worden sei. Die Reinigung … verwende seit mindestens 10 Jahren kein LHKW mehr als Reinigungsmittel. Es fielen insofern keine LHKWhaltigen Abwässer mehr an und gelangten dementsprechend auch nicht in den Kanal. Die 2014 errichtete Bohrung könne zwar unglücklicherweise den Kanal beschädigt haben, dass diese Bohrung die Ursache der LHKW-Belastung in diesem Umfeld sei, entbehre aufgrund der zeitlichen Abfolgen jeder Grundlage. Es gebe somit keinen Anlass zu einer geänderten Störerauswahl.
21
Mit Bescheid vom 21. März 2017 wurde die Klägerin verpflichtet, einen Sachverständigen nach § 18 BBodSchG mit der Durchführung verschiedener Maßnahmen zur Eingrenzung des LHKW-Schadens auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, zu beauftragen. Es handelt sich im Einzelnen um folgende Maßnahmen: Errichtung von Rammkernsondierungen, Entnahme und Untersuchung von Boden- und Bodenluftproben an den Rammkernsondierungen, Errichtung und Beprobung eines Kombipegels im derzeitigen Schadenszentrum am Übergabebauwerk. Zudem wurde eine Verpflichtung zur Berichterstattung ausgesprochen.
22
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich die Anordnung der Detailuntersuchung auf § 9 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 3, 5 und 6 BBodSchG stütze. Konkrete Anhaltspunkte für einen hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung bzw. einer Altlast ergäben sich hier aus den Untersuchungen der Firma … im Bereich des Übergabeschachts im Gehweg auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung … Die Klägerin komme gemäß § 4 Abs. 3 BBodSchG als Bescheidsadressatin in Betracht und werde vorliegend als Grundstückseigentümerin und damit Zustandsstörerin herangezogen. Eine Auswahl zwischen Handlungs- und Zustandsstörer sei nicht gegeben, da die Verursachung des Schadens im Umgriff des Abwasserschadens nicht aufklärbar sei. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass im Rahmen des chemischen Reinigungsbetriebs auf dem benachbarten Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, früher LHKWhaltige Abwässer in die Kanalisation gelangten. Nachdem aber der Verursacher des LHKW-Schadens auf diesem benachbarten Grundstück aufgrund der verschiedenen Betreiber der chemischen Reinigung nicht im erforderlichen Umfang identifizierbar sei, sei auch eine Zurechnung des Schadens auf dem Grundstück …, Gemarkung …, zu einem der ehemaligen Betreiber der chemischen Reinigung auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, nicht möglich bzw. mit verhältnismäßigem Aufwand nicht mehr ermittelbar. Eine Auswahl zwischen mehreren Zustandsstörern sei ebenfalls nicht gegeben, da sich das Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, im alleinigen Eigentum der Gemeinde … befinde. Eine Inanspruchnahme von Frau … als Zustandsverantwortliche des belasteten Nachbargrundstücks komme nicht in Betracht. Ob ein Zustandsverantwortlicher auch bei grundstücksübergreifenden Altlasten hafte, sei strittig. Es werde in der Rechtsprechung teilweise vertreten, dass der Zustandsstörer auch für die Beseitigung der von seinem Grundstück ausgehenden Schäden auf Drittgrundstücke verantwortlich sei. Hierbei sei jedoch zu berücksichtigen, dass es um die Sanierung von Grundwasserschäden gehe, die ihre Ursache, d.h. ihr Schadenszentrum, auf einem anderen Grundstück hätten. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall. Durch die bei B29 unmittelbar neben dem Schachtbauwerk gefundenen LHKW-Belastungen in der Bodenluft sei das Vorhandensein einer schädlichen Bodenveränderung nachgewiesen. Es liege insofern auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, eine eigene Eintragsstelle mit LHKW vor, von welcher nachteilige Beeinträchtigungen für das Grundwasser drohten bzw. aufgrund der massiven Grundwasserbelastung bereits nachgewiesen seien. Die Schadensursache liege laut Gutachter im auf diesem Grundstück befindlichen maroden Schachtbauwerk, welches erst kürzlich durch die Klägerin saniert worden sei. Insofern sei nicht davon auszugehen, dass die LHKW-Belastungen in Bodenluft und Grundwasser ursächlich vom benachbarten Grundstück der chemischen Reinigung ausgingen. Unabhängig von einer eigenen Schadenseintragstelle auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, sei jedenfalls eine Heranziehung der Eigentümerin des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, mangels deren finanzieller Leistungsfähigkeit sowie aus Gründen der Zumutbarkeit ausgeschlossen. Es entspreche insofern pflichtgemäßem Ermessen, die Klägerin als Zustandsstörerin zur Durchführung der Detailuntersuchung zu verpflichten. Die Anordnung der Detailuntersuchung sei auch verhältnismäßig. Sie sei geeignet, etwaige weitere Eintragsstellen im Verlauf des ehemals schadhaften Kanals zu ermitteln, die LHKW-Belastungen im Umgriff des Abwasserschachts und Kanals horizontal und vertikal einzugrenzen sowie eine Gefährdungsabschätzung vorzunehmen, ob weitere Maßnahmen erforderlich seien. Ein milderes, gleichermaßen effektives Mittel zur Gewinnung dieser Erkenntnisse sei nicht ersichtlich. Die Verpflichtung zur Durchführung der Detailuntersuchung sei auch angemessen. Das Interesse der Klägerin, nicht zu diesen Maßnahmen verpflichtet zu werden, müsse hinter dem Interesse der Öffentlichkeit an einem Schutz des Grundwassers vor LHKW-Belastungen, insbesondere auch im Hinblick auf das nahegelegene Wasserschutzgebiet …, zurückstehen.
23
Mit Schriftsatz vom 28. April 2017 ließ die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage gegen den Bescheid erheben.
24
Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 7. Juni 2017 unter anderem ausgeführt, dass die Klägerin unstreitig Eigentümerin des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, sei, es sich aber bei dem Grundstück um eine Kreisstraße handele, deren Straßenbaulastträger der Landkreis sei. Durch die Widmung entstehe die öffentliche Straße als eine Sachgesamtheit des öffentlichen Rechtes. Mit der Widmung würden zwar weder das Eigentum noch sonstige private Rechte aufgehoben, jedoch führe die Widmung dazu, dass dem privaten Eigentümer nur noch ein „Ius nudum“ verbleibe. Das Privateigentum (nicht Eigentum Privater!) stelle sich weitgehend nur als eine inhaltsleere Hülle dar.
25
Ausweislich der im Verfahren mitgeteilten Ausbreitung des Schadens am Grundstück der chemischen Reinigung sei davon auszugehen, dass der Schaden sich auch unterirdisch in Richtung des Schadensgrundstücks vom eigentlichen Kernschadensort, insbesondere beim Standort der Reinigungsmaschinen, weiter ausgebreitet habe. Dies belegten auch die bisherigen Feststellungen zur Ausbreitung des Schadens. Richtig sei, dass im Zusammenhang mit den Untersuchungen festgestellt worden sei, dass das im angrenzenden Gehwegbereich auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, gemauerte Schachtbauwerk augenscheinlich marode gewesen sei. Auch sei unstreitig, dass die Rammkernsondierung an der Stelle B29 den entsprechenden Schaden gezeigt habe. Es handele sich aber bei diesem Teil der Abwasseranlage um die Grundstücksentwässerungsanlage, die Teil der Anlage der chemischen Reinigung gewesen sei und nicht Bestandteil der im Eigentum der Beklagten stehenden öffentlichen Entwässerungsanlage sei. Bereits in der Entwässerungssatzung des Jahres 1948 seien Grundstücksentwässerungsanlagen und Anschlussleitungen getrennt definiert. Nach der Entwässerungssatzung 1958 stelle der Anschlussnehmer den Anschlusskanal her und sei auch für den Unterhalt zuständig. In der Satzung von 1967 sei die Definition (§ 5) geändert worden. Ab diesem Zeitpunkt seien Anschlussleitungen Bestandteil der Grundstücksentwässerungsanlage gewesen. Die Herstellung sowie der Unterhalt der Anschlussleitung habe ausschließlich im Zuständigkeitsbereich des Anschlussnehmers gelegen. Zur Grundstücksentwässerungsanlage gehörten auch die Anschlussleitung und das Anschlussstück. Anschlussleitung sei der Teil der Grundstücksentwässerungsanlage, der diese ab Grundstücksgrenze mit einem in der öffentlichen Straße verlegten Kanal (öffentlich oder Privatkanal) verbinde, das Anschlussstück stelle die Verbindung zwischen Anschlussleitung und Kanal her. Nach der Definition der Entwässerungssatzung von 1987 sei die Grundstücksentwässerungsanlage beschrieben als die Einrichtungen eines Grundstücks, die dem Ableiten des Abwassers dienten, bis einschließlich des Kontrollschachtes oder - wenn ein solcher nicht vorhanden sei - bis zur Grundstücksgrenze. Erst ab dem Jahre 1997 sei dann die Formulierung aufgenommen worden, dass zur Entwässerungsanlage der Gemeinde auch die im öffentlichen Straßengrund liegenden Grundstücksanschlüsse gehörten. Zusammenfassend sei deshalb die Formulierung in den Satzungen so, dass im Zeitpunkt des Schadensereignisses (wohl zwischen 1967 und 1987) die Verantwortlichkeit ausschließlich beim Grundstückseigentümer gelegen habe. Weiterhin sei davon auszugehen, dass möglicherweise eingeleitete Abwässer aus dieser Grundstücksentwässerungsanlage, soweit dies erfolgt sei, unzulässig gewesen sei und gegen § 24 der Entwässerungssatzung verstoßen hätten.
26
Die Klägerin wehre sich dagegen, dass sie als Zustandsverantwortliche in Anspruch genommen werde. Der Beklagte verkenne die Grenzen der Zustandsverantwortlichkeit, so dass die Inanspruchnahme rechtswidrig sei. Die Eigentümerstellung der Klägerin sei eine rein formale. Es handle sich lediglich um ein Recht ohne Inhalt, überlagert durch die öffentliche straßenrechtliche Sachherrschaft. Es sei jedenfalls nicht davon auszugehen, dass die Klägerin bei Begründung des Eigentums ihrer formal-rechtlichen Eigentumsstellung davon ausgehen habe müssen, dass der Zustand nicht ordnungsgemäß sei. In diesem Fall sei die Zustandsverantwortlichkeit beschränkt. Insbesondere sei im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu prüfen, welcher Grad der vom Zustandsverantwortlichen an den Tag gelegten Fahrlässigkeit bestehe, speziell auch zur Beurteilung der Zumutbarkeit der Anordnungen. Das Grundrecht des Art. 14 GG schütze nicht das Privateigentum, sondern das Eigentum Privater. Weshalb allerdings nach Art. 103 Abs. 1 Bayerischer Verfassung, auf den sich nach ständiger Rechtsprechung auch die Klägerin als Gemeinde berufen könne, hier etwas anderes gelten solle, sei nicht erkennbar. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit sei besonders zu berücksichtigen, inwieweit dies der Klägerin zuzumuten sei. Es erschiene bereits fraglich, die Verantwortlichkeit verschiedener öffentlicher Sachherrschaftsträger wechselseitig zuzuspielen. Zur Sachherrschaft des Straßenbaulastträgers gehöre nur die Aufgabe im Zusammenhang mit dem Bau und der Unterhaltung der Straße. Das Schachtbauwerk stehe jedenfalls als sogenannter Scheinbestandteil des Grundstückes (§ 97 BGB) nicht im Eigentum der Klägerin. Als Teil der Grundstücksentwässerungsanlage stehe es im Eigentum desjenigen Eigentümers, dessen Grundstück entwässert werde.
27
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 21. März 2017 aufzuheben.
28
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
29
Zur Begründung wird unter anderem ausgeführt, dass die Ursache der LHKW-Belastungen auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, nicht in einer Ausbreitung der Schadstoffe ausgehend von LHKW-Einträgen auf dem benachbarten Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, zu sehen sei, sondern vielmehr in einem weiteren Schadstoffeintrag direkt auf dem gemeindlichen Grundstück im Bereich maroder Abwasserbauwerke im Gehweg. Der Umstand, dass das Landratsamt … Kenntnis von dem maroden Abwasserbauwerk erhalten habe, sei letztlich ausschlaggebend für die dort erfolgten Untersuchungen auf LHKW gewesen, da nicht auszuschließen gewesen sei, dass über den Abwasserkanal in der Vergangenheit LHKWhaltige Abwässer entsorgt worden seien. Auch aus Sicht des Wasserwirtschaftsamtes … als amtlichen Sachverständigen seien die Schadstoffbelastungen in der Bodenluft und im Grundwasser am Übergabeschacht auf einen LHKW-Eintrag am Übergabeschacht und nicht ausschließlich auf das abströmende belastete Grundwasser vom Gelände der Reinigung … zurückzuführen. Begründet werde diese Auffassung damit, dass die Bodenluftgehalte am Übergabeschacht auf einen LHKW-Eintrag über die ungesättigte Bodenzone in die gesättigte Bodenzone und damit eine zweite Eintragsstelle ins Grundwasser hindeuten würden. Der Wert von 646 mg LHKW pro m³ in der Bodenluft der ungesättigten Bodenzone am Übergabeschacht sei derart hoch, dass es sich nicht auf eine Ausgasung von LHKW aus dem vom Grundstück … abströmenden belasteten Grundwasser zurückführen lasse. Zumal in diesem Fall auch an den Probenahmestellen B10, B9, B28 und B8, die sich zwischen dem Schadensherd auf dem Gelände … und dem Übergabeschacht befänden, vergleichbare Bodenluftgehalte in Folge von Ausgasungen aus dem abströmenden Grundwasser anzutreffen sein müssten. An der südöstlichen Grundstücksgrenze des Anwesens … lägen die LHKW-Gehalte in der Bodenluft zwischen 0,7 bis 256 mg/m³, wobei die Konzentration der dem Übergabeschacht nächstgelegenen Probenahmestelle an dem …-Anwesen bei 18,4 mg/m³, also auf einem deutlich niedrigeren Niveau, liege.
30
Hinsichtlich des Verursacherzeitraums des LHKW-Schadens werde von der Klägerin angenommen, dass dieser wohl zwischen 1967 und 1987 gelegen haben solle. Es werde nicht näher erläutert, weshalb die Klägerin dies annehme. Hierzu sei anzumerken, dass es dem Landratsamt … bisher nicht gelungen sei, den Zeitraum der Verursachung genauer zu definieren. Die Verursachung könnte durchaus früher erfolgt sein. Genaue Betriebszeiträume seien mangels Gewerbeunterlagen nicht mehr zu ermitteln. Über den Betriebsbeginn der chemischen Reinigung lägen keine genauen Informationen vor.
31
Das Bundesbodenschutzgesetz treffe in § 4 Abs. 3 Satz 1 eine Unterscheidung in den sogenannten Handlungsstörer und den Zustandsstörer. Für die behördliche Störerauswahl sei grundsätzlich von der Gleichrangigkeit der im Gesetz bezeichneten Verantwortlichen auszugehen. Seitens der Klägerin werde nicht in Abrede gestellt, dass kein Handlungsstörer ermittelbar sei. Die Klägerin sei zweifelsohne Eigentümerin des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, auf welchem ein bis 2014 unbekannter LHKW-Schaden festgestellt worden sei, den es nun näher einzugrenzen gelte. In ihrer - auch grundbuchrechtlichen - Eigentümerstellung sei die Klägerin als Zustandsstörerin zur Durchführung der Detailuntersuchung verpflichtet worden. § 4 Abs. 3 BBodSchG enthalte keine Regelung, wonach ein formales Eigentumsrecht, welches keine Befugnisse mehr vermittle, eine Zustandsverantwortlichkeit ausschließen würde. Unabhängig davon werde angezweifelt, dass das Eigentum der Klägerin für diese lediglich ein „Ius nudum“ darstelle. Der Umstand, dass der Landkreis … noch nicht grundbuchrechtlich Eigentümer der Kreisstraße geworden sei, liege daran, dass die Klägerin bisher die Grundstücksbereiche, die gesetzlich im Eigentum der Klägerin verblieben, nicht herausgemessen habe. Dies sei z.B. der Bereich der Gehwege und Parkplätze, deren Straßenbaulastträger bei Ortsdurchfahrten die Gemeinden seien. Die Klägerin sei grundbuchrechtlich Eigentümerin der Kreisstraße. Darüber hinaus sei sie Straßenbaulastträgerin bezüglich der Gehwege und Parkplätze. In anderen Worten sei sie Eigentümerin und zeitlich Inhaberin der tatsächlichen Gewalt bezüglich des Gehwegs und der Parkplätze der Kreisstraße und damit bezüglich des Bereiches, wo nun massive Belastung mit LHKW festgestellt worden seien. Es sei kein anderer Störer erkennbar, der zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen verpflichtet werden könnte. Der Umstand, dass die Klägerin nicht selbst Straßenbaulastträgerin sei, hindere sie nicht automatisch daran, in diesem Bereich Sondierbohrungen niederzubringen und Proben zu entnehmen. Bodenschutzrechtliche Untersuchungsmaßnahmen seien keine Aufgaben der Straßenbaulast, wie sie in Art. 9 BayStrWG festgelegt seien.
32
Da der Zeitpunkt des Schadenseintrittes unbekannt sei, sei unbekannt, wer zum Zeitpunkt des Schadensereignisses auf dem Grundstück der Klägerin Grundstückseigentümer des Grundstückes mit dem Reinigungsbetrieb gewesen sei und damit gegebenenfalls nach den Regelungen der Entwässerungssatzung für das Kanalanschlussstück bzw. das Einleiten etwaiger verbotener Stoffe verantwortlich gewesen sei. Auch wenn das derzeit plausibel erscheine, dass der Schaden auf dem Grundstück der Klägerin durch den Austritt LHKWhaltiger Abwässer aus der früher maroden Abwasseranlage erfolgt sei, so sei dies eine nicht bewiesene Annahme. Theoretisch hätte der Schaden auch durch das Entsorgen von LHKW direkt über das Übergabebauwerk, welches aufgrund seiner Lage im Gehweg für jedermann zugänglich sei, verursacht werden können. Durch die eingrenzenden Untersuchungen würden erst konkrete Informationen zur Schadensursache erwartet.
33
Der Vollzug der Satzungen der kommunalen Gebietskörperschaften obliege diesen selbst. Sofern die Klägerin einen Verstoß gegen die entsprechenden Entwässerungssatzungen feststelle, bleibe es ihr unbenommen, diesen zu ahnden. Dies habe jedoch keine Auswirkungen darauf, dass sie zum pflichtigen Personenkreis nach § 4 Abs. 3 BBodSchG zähle. Es sei nicht ermessensfehlerhaft, wenn sich die zuständige Behörde bei rechtlich und tatsächlich unklaren Verhaltensverantwortlichkeiten zunächst an den Zustandsverantwortlichen halte. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt werde, insbesondere sei nicht anzunehmen, dass die Kosten, die der Klägerin für die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen entstünden, unzumutbar wären und ihre Leistungsfähigkeit überschritten.
34
Mit Schriftsatz vom 14. September 2017 führte der Klägerbevollmächtigte aus, dass es rechtlich nicht entscheidungserheblich sei, ob der vermutete LHKW-Schaden Folge der Ausbreitung vom Schadensgrundstück sei oder abwasserleitend ebenfalls ausgehend vom Schädigergrundstück in Folge des Betriebs an einer neuen Austrittsstelle Folge einer unzulässigen Abwassereinleitung sei. Die Verursachung der schädlichen Bodenveränderung liege nicht im Verantwortungsbereich der Klägerin, sondern im Verantwortungsbereich des Nachbargrundstücks. Es spiele zumindest in der Ermessensausübung eine erhebliche Rolle, ob die Ursache einer möglichen schädlichen Bodenveränderung in einer rechtswidrigen Benutzung einer Einrichtung auf einem Drittgrundstück liege, diese Einrichtung aber rechtlich ein Grundstücksanschlussteil des Schädigergrundstücks sei und in der Verantwortung dessen liege. Insofern spiele es eine Rolle, ob die Gefahrverursachung in der Sphäre der Klägerin als Eigentümerin des Straßengrundstücks liege oder in der Verursachung durch Dritte ausgehend von einem Nachbargrundstück unter vorsätzlichem Verstoß gegen Rechtsvorschriften liege. Soweit der Beklagte die Hypothese aufstelle, dass der mögliche LHKW-Austritt auch eine anderweitige Ursache aus dem Betrieb der chemischen Reinigung haben könne, so erscheine dies als blanke Theorie.
35
Mit Bescheid vom 11. April 2018 wurden die in Ziffer 3 und 4 des Bescheids vom 21. März 2017 genannten Fristen dahingehend geändert, dass die unter Ziffer 1 des Bescheides vom 21. März 2017 genannten Maßnahmen unverzüglich nach Zugang des Bescheides vom 11. April 2018 durchzuführen seien und der in Ziffer 2 des Bescheides vom 21. März 2017 angeforderte Bericht unverzüglich, spätestens jedoch bis 14. September 2018, vorzulegen sei. In Ziffer 2 des Bescheides vom 11. April 2018 wurde die sofortige Vollziehung des Bescheides vom 21. März 2017 i.d.F. des Bescheides vom 11. April 2018 angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass ein weiteres Zuwarten mit der Detailuntersuchung nicht mehr möglich sei. Es sei bekannt, dass es zu einer massiven Schadstoffverschleppung gekommen sei. Es sei nicht auszuschließen, dass die im Jahr 2014 im Bereich des Schachtbauwerks im Gehweg festgestellten massiven Belastungen mit LHKW einen Anteil an der LHKW-Belastung im Grundwasserabstrom sowie im Wasserschutzgebiet … hätten.
36
Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2018 ließ die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Klage erheben. Zur Begründung wird unter anderem ausgeführt, dass nicht ersichtlich sei, dass die vorgetragenen Belastungen der Wasserversorgungsanlage des Zweckverbandes tatsächlich auch aktuell entsprechende Belastungen aufwiesen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Belastungen auch nur im Ansatz auf dem behaupteten LHKW-Schaden auf dem Grundstück FlNr. … beruhen könnten.
37
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 11. April 2018 aufzuheben.
38
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
39
Zur Begründung wird unter anderem ausgeführt, dass ein hinreichender Gefahrenverdacht bestehe. Weitere Erkenntnisse würden sich durch die angeordnete Detailuntersuchung ergeben.
40
Auf Nachfrage des Gerichts führte der Beklagte mit Schreiben vom 10. Oktober 2018 aus, dass die Ursache für den Schadenseintritt auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, nicht definitiv geklärt sei, ebenso wenig der Zeitpunkt bzw. der Raum, in dem der Schaden entstanden sei. Eine lückenlose Aufklärung von Schadensursachen und Verursachungsbeiträgen sei im Altlastenbereich häufig nicht möglich. Vorliegend sei im Rahmen einer Kamerabefahrung im Jahr 2013 festgestellt worden, dass sowohl der Abwasserkanal vom Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, zum Übergabeschacht auf der FlNr. …, Gemarkung …, unmittelbar vor dem Schachtbauwerk im Gehwegbereich eingebrochen sei, sowie das Schachtbauwerk selbst marode bzw. leckhaft sei. Aus diesem Grund sei im Nachgang unmittelbar neben dem Schachtbauwerk die Sondierbohrung B29 niedergebracht worden, um zu prüfen, ob hier ggf. LHKWhaltige Abwässer versickert seien. Es seien insofern bis zur Sanierung durch die Klägerin Ende 2015 der Abwasserkanal sowie das Schachtbauwerk marode gewesen, beide jedoch auf öffentlichem Grund (Gehweg).
41
Die streitgegenständliche Schadensstelle befinde sich unter dem Gehweg. Die ehemalige Bohrung B29 befinde sich unmittelbar neben dem Schachtbauwerk im Gehwegbereich. Der Umgriff des LHKW-Schadens in diesem Bereich sei noch nicht ermittelt worden - dies solle durch die angeordneten Maßnahmen erfolgen. Es sei nicht auszuschließen, dass sich die LHKW-Belastung räumlich auch auf andere Grundstücke, insbesondere den Bereich der Straße ausbreiten und sich z.B. entlang der Kanalverläufe verbreitet hätte. Die exakten Kanalverläufe seien zum Teil nicht genau bekannt (insbesondere vom Übergabeschacht nach Osten). Genauere Erkenntnisse könnten ggf. durch Sichtung alter Kamerabefahrungen erlangt werden.
42
Das Bundesbodenschutzgesetz definiere keinen selbständigen Eigentümerbegriff. Für die Eigentümerstellung komme es ausschließlich auf die formelle Eigentümerstellung i.S.d. §§ 873, 925 BGB und die Eintragung im Grundbuch an. Dies sei im vorliegenden Fall die Klägerin. Die Klägerin sei, auch wenn der Landkreis die Straßenbaulast für eine Ortsdurchfahrt trage, sowohl Eigentümer als auch Straßenbaulastträger für den Gehweg und die Parkplätze.
43
Die Pflicht zur Abwasserbeseitigung obliege grundsätzlich den Gemeinden im eigenen Wirkungskreis. Die geltende Entwässerungssatzung der Klägerin enthalte unter anderem Handlungswie auch Duldungspflichten für den Grundstückseigentümer. Es sei jedoch keine ausdrückliche Regelung enthalten, wer Eigentümer der Grundstücksanschlüsse sei. Die Frage nach dem Eigentümer des Abwasserkanals sei im Hinblick auf die Verantwortlichkeit des Zustandsstörers hin doch nicht von Bedeutung, ebenso wenig, wer für deren ordnungsgemäßen Zustand verantwortlich sei. Das Bundesbodenschutzgesetz kenne nur eine Verantwortlichkeit des Grundstückseigentümers als Zustandsstörer, eine Verantwortlichkeit eines Anlageneigentümers sei nicht genannt. Diese Frage könne allenfalls im Zusammenhang mit der Verursacherfrage relevant sein. Aus Sicht des Beklagten sei einziger greifbarer Störer die Klägerin. Dem Beklagten lägen keine Erkenntnisse darüber vor, dass die Klägerin nicht leistungsfähig sei. Die Klägerin habe in der Vergangenheit mehrfach erklärt, die angeordneten Maßnahmen freiwillig durchführen zu wollen, was auf eine gewisse Liquidität schließen lasse. Darüber hinaus habe sie seit Jahren von der angeordneten Maßnahme Kenntnis und somit die Möglichkeit sowie Verpflichtung, entsprechende Mittel im Haushalt zu berücksichtigen. Eine Inanspruchnahme des Landkreises … erscheine nicht ermessensgerecht, insbesondere da der Schaden im Gehwegbereich ein Handeln erforderlich mache. Das Landratsamt … als Vertreter des Freistaates Bayern komme ebenfalls nicht als Störer in Betracht, da es keiner der in § 4 BBodSchG genannten verantwortlichen Personen unterfalle. Eine Ersatzvornahme für die Klägerin scheitere zum einen daran, dass keine Gründe ersichtlich seien, die einer Verpflichtung der Gemeinde entgegenstünden. Darüber hinaus stehe Art. 29 Abs. 4 VwZVG der Ersatzvornahme als Zwangsmittel entgegen, da der Verwaltungszwang gegenüber der Gemeinde nur zulässig sei, soweit er durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes besonders zugelassen sei. In Frage käme noch eine Tatmaßnahme nach Art. 7 LStVG. Da das Bundesbodenschutzgesetz jedoch lex specialis zum LStVG sei und keine Erkenntnisse vorlägen, weshalb es vorliegend nicht anwendbar sein solle, scheide auch dies aus.
44
Eine Verpflichtung von Frau … als Zustandsverantwortliche des belasteten Nachbargrundstücks komme nicht in Betracht, auch wenn die Einleitung LHKWhaltiger Abwässer auf diesem Grundstück erfolgt sei. Die Schadensquelle liege bei bisherigen Erkenntnissen nicht in einer Ausbreitung von Schadstoffen aus einem Schaden aus dem benachbarten Grundstück, sondern eher an einer Einleitung von Schadstoffen in eine Entwässerungsanlage, aus welcher die Schadstoffe letztlich aufgrund schadhafter Stellen auf dem Grundstück der Klägerin ausgetreten seien.
45
Mit Schriftsatz vom 16. November 2018 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, dass die Klägerin vergleichsbereit sei. Sie sei bereit, sich an den Kosten in Höhe eines Betrages von 5.000,00 EUR zu beteiligen. Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2018 teilte der Beklagte mit, dass dieser Vorschlag nicht für zielführend erachtet würde. Die im Rahmen von LHKW-Schäden zu ergreifenden Maßnahmen seien kostenmäßig nicht zu unterschätzen. Es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb die Klägerin die erforderlichen Maßnahmen nicht durchführen könnte.
46
Mit Beschluss vom 12. Dezember 2018 (Az.: AN 9 S 18.00927) wurde der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt.
47
Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2019 teilte das Landratsamt mit, dass die mit der Durchführung der Maßnahmen beauftragte Firma … U. C. GmbH das Ergebnis zum Stand der Schadenseingrenzung mitgeteilt habe. Der LHKW-Schaden habe nur z.T. vertikal, nicht aber horizontal abgegrenzt werden können. Insbesondere bei der neu errichteten Grundwassermessstelle im Bereich des Übergabeschachts (GWM V1) seien sehr hohe LHKW-Belastungen in Bodenluft und Grundwasser gefunden worden. Durch die Untersuchung sei belegt worden, dass im Umgriff des ehemals defekten Übergabeschachtes eine massive Belastung der ungesättigten sowie der gesättigten Bodenzone vorliege. Bei GWM V1 seien im Rahmen des 72stündigen Pumpversuches im Grundwasser LHKW-Gehalte von 58.900 µ/l bis 96.000 µ/l gefunden worden. Der Stufe 2 - Wert werde damit um den Faktor von ca. 1.000 bis 2.400 überschritten. Auch die LHKW-Gehalte in der Bodenluft seien insbesondere bei GWM V1 im Rahmen des Absaugversuches auffällig gewesen. Sie hätten sich anfänglich auf 528 mg/m³ und gegen Ende auf relativ kontinuierliche 200 mg/m³ belaufen und lägen damit durchwegs deutlich über dem Stufe 2 Hilfswert von 50 mg/m³. Bei einem Volumen von 10.000 m³ und einer durchschnittlichen Belastung von 250 mg/m³ ergebe sich ein LHKW-Austrag von 2,5 kg in 72 Stunden. Die weiteren 6 Sondierbohrungen seien ebenfalls durch auffällige LHKW-Gehalte gekennzeichnet, die in der Bodenluft durchweg mit mindestens dem Hilfswert 1 überschritten.
48
Das Wasserwirtschaftsamt habe mit E-Mail vom 11. Dezember 2019 mitgeteilt, dass das Ziel der Detailuntersuchung, nämlich die Schadenseingrenzung, nicht erreicht worden sei. Zum schnelleren Voranschreiten sei es aus wasserwirtschaftlicher Sicht wünschenswert, wenn die zur Abgrenzung erforderlichen Untersuchungen nahtlos anschließend durchgeführt würden und erst nach vollständiger Abgrenzung des Schadens in der Horizontalen und Vertikalen ein Gutachten mit Vorschlägen zur weiteren Vorgehensweise vorgelegt würde. Anders als der Gutachter von Genesis vertrete das Wasserwirtschaftsamt die Auffassung, dass eine Abgrenzung des Schadens in der ungesättigten Bodenzone zum Schaden auf dem Anwesen … in jedem Fall möglich sei. Da die Konzentrationen im Grundwasser an GWM V1 deutlich höher seien als an GWM 1a (Anwesen Stutz), sei aus wasserwirtschaftlicher Sicht auch eine Schadensabgrenzung im Grundwasser nicht vollkommen ausgeschlossen. Eine Schadensanierung zum Schutz der Trinkwassergewinnung sei möglichst schnell durchzuführen. Dennoch sei im Vorfeld für klare Verhältnisse zu sorgen, d.h. den Schaden in der ungesättigten und gesättigten Bodenzone horizontal und vertikal abzugrenzen. Dies sei zum einen erforderlich, um eine nach Möglichkeit vollständige Sanierung des Schadens bewerkstelligen zu können, zum anderen, um ein geeignetes Sanierungsverfahren auswählen zu können.
49
Mit Schriftsatz vom 26. Februar 2020 übergab der Klägerbevollmächtigte den Bericht und das aktuelle Untersuchungskonzept zur weiteren LHKW-Schadenseingrenzung vom 10. Februar 2020. Danach ergebe sich insbesondere, dass der ermittelte Nebenschaden am Übergabeschachtbauwerk vornehmlich durch eine defekte, undichte private Abwasserleitung der Reinigung … kurz vor Übertritt der lösemittelverunreinigten Abwässer in den alten Übergabeschacht der Klägerin auf FlNr. …, Gemarkung …, verursacht worden sei. Dadurch sei es zu einem konzentrierten Schadstoffeintrag in die durchlässige Kanal- und Schachtbettung und eine vertikale Weiterverfrachtung in tiefe (lehmige) Bodenschichten bis zum oberflächennah anstehenden Grundwasser gekommen. Das beauftragte Sachverständigenbüro habe auch die seitens des Beklagten zur Verfügung gestellten Kamerabefahrungen ausgewertet zur Erfüllung der Auflage 1.1 im Messbescheid des Beklagten vom 21. März 2017. Durch den Beklagten sei eine DVD einer Kamerabefahrung vom 18. Februar 2013 übersandt worden. Dort habe sich eine vom gemauerten Abwasserrevisionsschacht in der Hofzufahrtsrampe Anwesen … ca. 8,7 m nach Westen gerichtete Kanalkontrollfahrt zum offenen Gerinne im Kellergewölbe Reinigungsgebäude gezeigt. Hierbei seien erkennbar etliche Schäden im Rohrleitungsbereich gegeben. Eine vom Revisionsschacht nach Osten zum Übergabeschachtbauwerk (Stranglänge gem. Lageplan ca. 20 m) verlaufende Kanalkontrolle sei dagegen nicht enthalten. Trotz Nachfrage habe der Beklagte keine weitere Befahrung bzw. DVD vorgelegt. Damit beschränke sich die bisherige Lokalisierung ausschließlich auf den Grundstücksbereich und den Privatkanal … Der bisherigen Annahme eines selbstursächlichen und eines eigenen abgrenzbaren Schadens im Bereich des Grundstücks der Klägerin sei damit der Boden entzogen. Nach Auffassung des Sachverständigenbüros müssten für eine weitere Lokalisierung auch Privatgrundstücke in weiterem Umfang in Anspruch genommen werden. Entsprechende Betretungs- und Bohrerlaubnisse lägen naturgemäß nicht vor. Auch stelle sich die Frage, ob dies tatsächlich Aufgabe der Klägerin sein könne.
50
Mit Schriftsatz vom 9. März 2020 teilte der Beklagte mit, dass die Schadstoffkonzentrationen am Übergabeschacht sehr hoch seien, in westlicher Richtung aber abnähmen. Eine Verantwortlichkeit früherer Grundstückseigentümer oder Betreiber der Reinigung sei nicht feststellbar, da der Zeitpunkt der Einleitung belasteter Abwässer nicht bekannt sei.
51
Die eingebrochene Stelle des Abwasserkanals befinde sich eindeutig auf dem Grundstück der Klägerin. Es sei Aufgabe der Klägerin gewesen, alte Kamerabefahrungen zu sichten und auszuwerten.
52
Der LHKW-Schaden sei bereits 1989 nachgewiesen worden, mit den Sanierungsmaßnahmen sei im November 1990 begonnen worden.
53
Das Wasserwirtschaftsamt habe sich in seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2014 bezüglich des eingebrochenen Abwasserkanals auf den Gutachter der ghb bezogen.
54
Der Klägerbevollmächtigte beantragte zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 2. Juni 2020, den Bescheid vom 21. März 2017 in Form des Änderungsbescheids vom 11. April 2018 aufzuheben;
hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid vom 21. März 2017 in Form des Änderungsbescheids vom 11. April 2018 rechtswidrig war.
55
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakten. Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

1.
56
Streitgegenstand der vorliegenden Klage ist der Bescheid des Beklagten vom 21. März 2017 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11. April 2018, mit dem die Klägerin verpflichtet wurde, einen Sachverständigen nach § 18 BBodSchG mit der Durchführung verschiedener Maßnahmen zur Eingrenzung des LHKW-Schadens auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, zu beauftragen.
57
Die im Hauptantrag unzulässige Klage ist im Hilfsantrag zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und 4 VwGO).
2.
58
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Der angefochtene Verwaltungsakt hat sich nach Klageerhebung erledigt und das nötige Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist zu bejahen.
2.1
59
Die Bescheidsanordnungen wurden mit Vorlage des Gutachtens der Firma … U. C. GmbH erfüllt, weshalb sich der Bescheid nach Klageerhebung erledigt hat. Es ist dabei unerheblich, ob gegebenenfalls weitere Untersuchungen zur Sachverhaltsaufklärung durchzuführen sind, die Anordnungen des Bescheids vom 21. März 2017 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11. April 2018 wurden jedenfalls umgesetzt. Eine etwaige Notwendigkeit, weitere Untersuchungen auf Grundstücken vorzunehmen, die an das Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, angrenzen, führt nicht dazu, dass der Bescheid noch nicht als erfüllt anzusehen wäre. Ausweislich der eindeutigen Formulierung des Bescheides in Ziffer 1. wird eine Verpflichtung „Beauftragung mit der Durchführung von Maßnahmen zur Eingrenzung des Schadens auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …“ statuiert. Untersuchungen auf anderen Grundstücken sind nach dem objektiven Erklärungsgehalt des Bescheides nicht gefordert; hierfür spricht auch, dass der Bescheid keine weiteren Grundstücke benennt, auf denen Maßnahmen vorzunehmen wären und auch keine Duldungsanordnungen gegen andere Grundstückseigentümer ergangen sind. Auch die auf Seite 4 des Bescheides enthaltene Darlegung des Wasserwirtschaftsamtes ist eindeutig nur „betreffend das Grundstück FlNr. … Gemarkung …“ ergangen. Für dieses streitgegenständliche Grundstück wurden die entsprechenden Anordnungen erfüllt, insbesondere auch die in Ziffer 1.2 des Bescheides geforderten Rammkernsondierungen angebracht. Die Tatsache, dass nun in einem weiteren Schritt gegebenenfalls weitere Erkundungen vorzunehmen sind, ist für die Abgrenzung eines LHKW-Schadens gerade als symptomatisch anzusehen und kann zu einem Erlass weiterer Bescheide führen.
2.2
60
Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse in Form der konkreten Wiederholungsgefahr ist zu bejahen. Grundsätzlich setzt dies die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird. Entscheidendes Kriterium ist dabei, ob eine Klärung der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen zukünftigen Verwaltungshandelns zu erwarten ist (siehe hierzu BayVGH U.v. 22.11.2007 - 22 BV 02.1560 - juris Rn. 36).
61
Vorliegend kommt insbesondere der Frage der Störerauswahl Bedeutung auch für zukünftige denkbare Sanierungsanordnungen zu, wenngleich auch zu berücksichtigen ist, dass eine Inanspruchnahme gem. § 9 Abs. 2 BBodSchG anderen Maßstäben unterliegt als beispielsweise eine auf § 10 BBodSchG zu stützende Sanierungsanordnung. Dennoch ist zu erwarten, dass zumindest einzelne Aspekte hinsichtlich einer möglichen Verpflichtung der Klägerin geklärt werden können, die auch für künftige Abschnitte des Sanierungsgeschehens von Bedeutung sind (vgl. hierzu BayVGH U.v. 22.11.2007 - 22 BV 02.1560 - juris Rn. 37). Vor diesem Hintergrund ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu bejahen.
3.
62
Die Klage ist unbegründet, da der angefochtene Bescheid rechtmäßig war und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt hat. § 9 Abs. 2 BBodSchG erweist sich als taugliche Rechtsgrundlage. Es besteht auch aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung und die Klägerin kann als Zustandsstörerin in Anspruch genommen werden, wobei die Störerauswahl als ermessensgerecht erscheint. Die Inanspruchnahme übersteigt auch nicht das Maß des Zumutbaren.
3.1
63
Rechtsgrundlage für die in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids getroffenen Anordnungen ist § 9 Abs. 2 BBodSchG. Danach kann die zuständige Behörde anordnen, dass die in § 4 Abs. 3, 5 und 6 BBodSchG genannten Personen die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen haben, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast besteht. Weiterhin kann verlangt werden, dass die Untersuchungen von Sachverständigen nach § 18 BBodSchG durchgeführt werden.
3.1.1
64
Das Bodenschutzgesetz ist auf den vorliegenden Sachverhalt auch anwendbar. Der Anwendungsbereich des BBodSchG erstreckt sich auch auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten, die bereits vor Inkrafttreten des BBodSchG verursacht wurden. Dies ergibt sich aus § 1 BBodSchG, der die Zielsetzung enthält, auch in der Vergangenheit beeinträchtigte Bodenfunktionen wiederherzustellen. Auch § 4 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 BBodSchG, der an die Gesamtrechtsnachfolge anknüpft, lässt erkennen, dass die Haftung auf Handlungen eines Rechtsvorgängers in der Vergangenheit erstreckt wird (vgl. hierzu grundlegend BVerwG U.v. 16.3.2006 - 7 C 3/05 - juris).
65
Auch soweit es um Detailuntersuchungen bezüglich einer späteren möglichen Sanierung des Grundwassers geht, so richten sich die behördlichen Befugnisse dennoch nach dem Bodenschutzrecht und nicht nach dem Wasserrecht. Im Fall einer durch schädliche Bodenveränderungen verursachten Gewässerveränderung ist das BBodSchG gegenüber dem Wasserrecht vorrangig (vgl. Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 1 BBodSchG und Gößl in Sieder/Zeitler WHG, 48. Ergänzungslieferung 2014, § 100 WHG Rn. 52). Das Bodenschutzrecht bestimmt das „Ob“ der Inanspruchnahme, das Wasserrecht das „Wie“, vgl. § 4 Abs. 3 Satz 4 BBodSchG.
3.1.2
66
Der Anwendungsbereich des § 9 BBodSchG ist zu § 13 BBodSchG abzugrenzen. Während bei einer Maßnahme nach § 13 BBodSchG bereits feststeht, dass saniert werden muss, d.h. nur noch das „Wie“ der Sanierung geklärt werden muss, ist bei einer Untersuchung nach § 9 BBodSchG der Frage nach dem „Ob“ einer schädlichen Bodenveränderung und daran anschließend nach dem „Ob“ der Sanierung nachzugehen. Zwischen den Maßnahmen nach § 9 BBodSchG und § 13 BBodSchG kann dabei ein Überschneidungsbereich bestehen (Sondermann/Hejma in Versteyl/Sondermann BBodSchG, 2. Auflage 2005, § 9 Rn. 2). Soweit sich eine Anordnung aber nicht mehr auf die Untersuchung beschränkt, sondern auch schon der Sanierungsvorbereitung dient, ist diese auf § 13 BBodSchG zu stützen.
67
Vorliegend beschränkt sich die Anordnung auf die Feststellung der horizontalen und vertikalen Ausbreitung des Schadens und die Durchführung eines Ablaufversuchs sowie eines Pumpversuchs an der errichteten Grundwasserstelle. Auch wenn dieser Grundwasserstelle im Rahmen einer späteren Sanierung Bedeutung zukommen kann, dient die Errichtung dennoch primär der Schadens- und Belastungsermittlung und ist somit der Untersuchung zuzuordnen, weshalb § 9 Abs. 2 BBodSchG die geeignete Rechtsgrundlage darstellt.
3.2
68
Die Voraussetzungen der Rechtsgrundlage sind erfüllt.
69
Es besteht aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung gem. § 9 Abs. 2 Satz 1 BBodSchG. Schädliche Bodenveränderungen sind gem. § 2 Abs. 3 BBodSchG Beeinträchtigungen der Bodenfunktion, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit herbeizuführen.
70
Konkrete Anhaltspunkte, die den hinreichenden Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung begründen, liegen jedenfalls dann vor, wenn Untersuchungen eine Überschreitung von Prüfoder sogar von Maßnahmewerten ergeben haben (Sondermann/Hejma in Versteyl/Sondermann BBodSchG, 2. Auflage 2005, § 9 Rn. 30).
71
Vorliegend waren vor Erlass der Anordnung konkrete Anhaltspunkte gegeben: An der Sondierbohrung B29 wurden im Grundwasser LHKW-Konzentrationen von 38.455 µg/l am 14. Juli 2014 und 2.478 µg/l am 30. Juli 2014 gemessen. In der Bodenluft wurden 646 mg/m³ LHKW festgestellt. Somit werden die LHKW-Maßnahmewerte aus dem Merkblatt 3.8/1 des Landesamtes für Wasserwirtschaft (LfW) vom 31. Oktober 2001 in Gestalt des Hilfswertes 2 von 50 mg/m³ für die Bodenluft und des Stufe-2-Wertes für das Grundwasser von 40 µg/l mehr als deutlich überschritten. Auch wenn dieses Merkblatt keinen Rechtsnormcharakter hat, stellt es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine verlässliche Orientierungshilfe dar (BayVGH B.v. 22.5.2009 - 22 ZB 08.1820 - juris Rn. 16). Die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen zumindest im Bereich der Erkundung ist damit klar zu bejahen.
3.3
72
Die Störerauswahl begegnet keinen Bedenken.
3.3.1
73
Bei der Klägerin handelt es sich um die Zustandsstörerin, da sie die grundbuchrechtliche Eigentümerin des Grundstückes FlNr. …, Gemarkung …, ist. § 4 Abs. 3 BBodSchG knüpft für die Begründung der Zustandsstörerverantwortlichkeit an die Stellung als Grundstückseigentümer an. Der altlastenrechtliche Eigentumsbegriff stimmt dabei mit dem zivilrechtlichen Eigentumsbegriff überein, maßgeblich ist daher grundsätzlich der Eintrag ins Grundbuch (vgl. Versteyl in Versteyl/Sondermann BBodSchG, 2. Auflage 2005, § 4 Rn. 19; BayVGH B.v. 13.5.1986 - 20 CS 86.00 338 - NVwZ 1986, 942 (946)). Die Frage der Straßenbaulast ist insofern ohne Belang.
3.3.2
74
Das BBodSchG macht für die Rangfolge der Inanspruchnahme der Störer keine Vorgaben. Andernfalls wäre auch die Kostenausgleichsregelung des § 24 Abs. 2 BBodSchG ohne wirkliche praktische Bedeutung. Somit können grundsätzlich alle in § 4 Abs. 3 BBodSchG genannten Personen gleichrangig nebeneinander verantwortlich sein. In die Ermessensbetätigung bei der Störerauswahl sind v.a. die folgenden Leitlinien einzustellen: Effizienz der Maßnahme, Verursacherprinzip, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (Versteyl in Versteyl/Sondermann BBodSchG, 2. Auflage 2005, § 4 Rn. 88a).
75
Die streitgegenständliche Anordnung stellt eine Maßnahme der bloßen Gefährdungsabschätzung dar. Maßnahmen i.S.d. § 9 Abs. 2 BBodSchG erfolgen im Vorfeld der eigentlichen Sanierung und dienen der Ermittlung, ob ein Schaden vorliegt und welches Ausmaß dieser Schaden hat. Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen sind gerade noch nicht vorzunehmen; damit einhergehend ist im Regelfall auch keine übermäßige Kostenbelastung zu erwarten. Jedenfalls gebietet es das Gebot der effektiven Gefahrenabwehr und der Effizienz der Maßnahme, dass die Erforschung der Gefährdung so wenig wie möglich unter tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Feststellung des Verpflichteten leiden soll; diese Fragen können gegebenenfalls nachträglich im Verfahren über die Kostenverteilung nach § 24 BBodSchG geklärt werden. Dies bedeutet, dass regelmäßig gerade keine weitergehende Ursachenerforschung, die die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung verzögern konnte, erfolgen muss (vgl. BayVGH B.v. 18.4.2007 - 22 ZB 07.222 - juris Rn. 17; VG Ansbach U.v. 20.4.2016 - AN 9 K 15.02552 - juris Rn. 86). Gerade in der Phase der Gefährdungsabschätzung erscheint es daher als nicht ermessensfehlerhaft, wenn das Landratsamt sich bei tatsächlich ungeklärter oder rechtlich ungesicherter Verhaltensverantwortlichkeit im Interesse einer alsbaldigen Durchführung der Untersuchungsmaßnahmen an den Zustandsverantwortlichen hält (siehe hierzu BayVGH B.v. 13.10.2004 - 22 CS 04.2489 - juris Rn. 2).
3.3.3
76
Jedenfalls sind aber auch keine alternativen Störer erkennbar, die vorrangig heranzuziehen gewesen wären.
3.3.3.
77
Hinsichtlich des Grundstückes FlNr. …, Gemarkung …, ist die Klägerin als Grundstückseigentümerin Zustandsstörerin.
78
Ein Handlungsstörer bezüglich FlNr. …, Gemarkung …, ist zum gegenwärtigen Verfahrensstand nicht erkennbar. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die Ursache des Schadenseintrags auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, mangels vorliegender Kamerabefahrung für den Kanal zwischen Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, und Übergabeschacht auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, gerade als bislang ungeklärt erscheint. So geht auch der Beklagte mit Schriftsatz vom 9. März 2020 nur von einem vermuteten Eintrag über schadhafte Stellen in Abwasserleitung und Übergabeschachtbauwerk aus.
79
Selbst wenn es möglich wäre, einen Schaden auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, als durch einen Handlungsstörer verursacht anzusehen, der entweder widerrechtlich mit Schadstoffen belastetes Abwasser in einen Kanal leitete, wodurch dieser beschädigt worden sein könnte und es zu einem Schadenseintrag gekommen sein könnte, oder der für den Zustand des Kanals verantwortlich war und dessen Beschädigung nicht behob, wodurch es zu einem Schadenseintrag auf dem klägerischen Grundstück gekommen sein könnte, so ließe sich nach derzeitigem Stand dennoch kein Handlungsstörer ermitteln. Mangels Möglichkeit, die Schadensverursachung zeitlich genauer einzugrenzen, ist unklar, wer zum fraglichen Zeitpunkt die Reinigung betrieben hat und somit für eine eventuell erfolgte rechtswidrige Einleitung belasteten Abwassers verantwortlich war bzw. wer für den einwandfreien Zustand des Kanals verantwortlich war, wobei hier wohl auch nur schwer aufzuklären wäre, ob ein Schaden am Kanal nicht gerade auf die Einleitung belasteten Abwassers zurückzuführen wäre oder per se schon bestand. Aufgrund der Schadensnähe zum Übergabeschacht ist wohl auch die Möglichkeit mit einzubeziehen, dass direkt auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, Schadstoffe in die Kanalisation eingebracht wurden.
80
Eine Zuordnung zu einer Person, die als Handlungsstörer für das Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, anzusehen wäre, ist damit jedenfalls derzeit gerade nicht möglich.
3.3.3.2
81
Bezüglich des Grundstückes FlNr. …, Gemarkung …, ist es aufgrund des bereits erörterten Wechsels der Betreiber der Reinigung ebenfalls nicht möglich, einen Handlungsstörer zu bestimmen.
82
Hinsichtlich einer Inanspruchnahme der derzeitigen Grundstückseigentümerin des Grundstückes FlNr. …, Gemarkung …, für den Schaden auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, als Zustandsstörerin ist es bereits fraglich, ob eine Haftung der Zustandsstörerin für Schäden, die sich außerhalb des Bereiches des eigenen Grundstückes befinden, überhaupt gegeben ist. Zum anderen ist es aufgrund der finanziellen Leistungsunfähigkeit der Grundstückseigentümerin aber ohnehin sachgerecht, von einer Heranziehung abzusehen.
3.3.3.2.1
83
Die Frage der Haftung des Zustandsstörers für die Eigentumsgrenzen überschreitende Boden- und Grundwasserbeeinträchtigungen, sog. abdriftende Schadstofffahnen, wird uneinheitlich behandelt. So wird in der Literatur und Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten, mangels einer entsprechenden Ausdehnung der Sanierungsverpflichtung auf von der schädlichen Bodenverunreinigung betroffene andere Grundstücke, müsse der Zustandsverantwortliche nicht über seine Grundstücksgrenze hinaus sanieren (Troidl, Zehn Jahre BBodSchG - rechtswidrige Sanierungsverfügungen, NVwZ 2010, 154/158; Sparwasser/Geißler, Grenzen der Zustandsstörerhaftung am Beispiel des Altlastenrechts, DVBl 1995, 1317; VG Regensburg B.v. 14.3.2005 - RO 13 S 03.1055 - juris Rn. 208 ff-, 211; U.v. 25.1.2010 - RO 8 K 08.272 - juris LS 5; VG München B.v. 19.2.2001 - M 2 S 00.4678 - juris Rn. 57; VG Leipzig B.v. 11.9.2006 - 6 K 117/06 - juris Rn. 44 ff. u. LS 4; VG Trier U.v. 20.1.2000 - 4 K 1108/99 - NJW 2001, 531 ff.). Dagegen wird u.a. von mehreren Oberverwaltungsgerichten die Auffassung vertreten, dass der Zustandsstörer auch für die Beseitigung der von seinem Grundstück auf andere Grundstücke ausgehenden Schäden verantwortlich ist (vgl. Sanden, Störerverantwortlichkeit bei Grundwasserschäden, ZfW 2012, 124/133 ff. für einen Wechsel vom Zustandsstörer zum Handlungsstörer bei Abdriften des Schadens; de Haan/Dohren, Enthebt ein „Wegfließen“ des Schadens den Zustandsstörer seiner Verantwortlichkeit gem. § 4 Abs. 3 BBodSchG, NVwZ 2013, 1247 ff.; OVG Rheinland-Pfalz B.v. 19.5.2010 - 8 A 10162/10 - juris LS 4, Rn. 16; OVG Berlin-Brandenburg B.v. 22.8.2014 - OVG 11 N 53.12 - juris LS 4, Rn. 10; U.v. 8.11.2007 - OVG 11 B 14.05 - juris LS 2, Rn. 47 ff.; VG Darmstadt U.v. 30.10.2013 - 6 K 1717/11.DA - juris LS 1, Rn. 40).
84
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Frage, soweit ersichtlich, bislang nicht ausdrücklich entschieden, sich aber dahingehend geäußert, dass für den Fall, dass man ausnahmsweise eine Sanierungspflicht des Zustandsstörers in Bezug auf sich unter fremden Grundstücken befindliches Grundwasser bejahen sollte, jedenfalls ein eindeutiger kausaler Zusammenhang zwischen einem Schadstoffeintrag auf dem eigenen Grundstück und einer die Grundstücksgrenze überschreitenden Gefahr für den Grundwasserraum erforderlich sei. Der Nachweis der relevanten (Mit-)Verursachung sei dabei durch die Behörde zu erbringen (siehe hierzu BayVGH B.v. 25.7.2016 - 22 CS 16.1158 - juris Rn. 56 ff.).
85
Das erkennende Gericht ist grundsätzlich der Auffassung, dass § 4 Abs. 3 BBodSchG bei Vorliegen des gerade erörterten kausalen Zusammenhangs auch die Pflicht zur Sanierung des bereits nicht mehr zum eigenen Grundstück gehörenden Grundwassers bzw. Bodens umfasst. Dies ist bereits durch die Tatsache, dass das Grundwasser typischerweise fließt, mithin nicht örtlich gebunden ist, und die Verbreitung von Schadstoffen an Grundstücksgrenzen nicht Halt macht, begründet (vgl. hierzu ausführlich VG Ansbach U.v. 20.4.2016 - AN 9 K 15.02552 - juris Rn. 102 ff.).
86
Vorliegend liegt aber bereits kein „klassischer“ Fall einer abdriftenden Schadstofffahne vor. Gegen eine solche Ausbreitung spricht die Tatsache, dass an der zwischen ursprünglichem Schadenszentrum auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, und Messstelle B29 gelegenen Messstelle B28 deutlich niedrigere Schadstoffgehalte in der Bodenluft ermittelt wurden als an der Messstelle B29 selbst. Im Falle einer Ausbreitung im Boden und im Grundwasser unter Zugrundlegung der Grundwasserfließrichtung in südöstliche Richtung wäre aber eine von West nach Ost durchgängig abnehmende Konzentration zu erwarten. Dies spricht dafür, dass im Bereich der Messstelle B29 ein eigenständiger Schadstoffeintrag stattgefunden hat. Auf welchem Weg dieser erfolgt ist, scheint zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht ausreichend festzustehen und dürfte im weiteren Verfahren näher zu ermitteln sein. Der nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nötige eindeutige kausale Zusammenhang für eine Haftung ist damit jedenfalls derzeit nicht gegeben.
87
Unter Berücksichtigung vorgenannter Tatsachen erscheint aber eine Heranziehung der Grundstückseigentümerin des Grundstückes FlNr. …, Gemarkung …, als Zustandsstörerin ohnehin als nicht sachgerecht. Bei einer sich ausbreitenden Schadstofffahne, deren Ursprung klar in ihrem eigenen Grundstück gelegen ist und deren Schadstoffgehalte in Grundwasserfließrichtung immer weiter abnehmen, wäre ein klarer und nachvollziehbarer Zusammenhang mit dem eigenen Grundstück und damit gleichzeitig eine enge Verknüpfung von Eigentümerstellung und Schadensausbreitung gegeben. Dieser enge Zusammenhang fehlt bei dem hier gegebenen Schadensbild gerade.
3.3.3.2.2
88
Selbst wenn man aber eine grundsätzliche Haftung der Grundstückseigentümerin des Grundstückes FlNr. …, Gemarkung …, für möglich erachten würde, so stellt doch jedenfalls der Verzicht auf ihre Heranziehung eine ermessensgerechte Störerauswahl dar, da bei der Grundstückseigentümerin des Grundstückes FlNr. …, Gemarkung …, jedenfalls keine hinreichende finanzielle Leistungsfähigkeit gegeben ist.
89
Es entspricht gerade dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr, dass sich die Behörde bei der Störerauswahl auch mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Störer auseinandersetzt. So entspricht es regelmäßig pflichtgemäßer Ermessensausübung, wenn die Behörde sich an den Störer hält, der wirtschaftlich am leistungsfähigsten ist (siehe hierzu VG Bayreuth B.v. 22.11.2004 - B 2 S 04.1004 - juris Rn. 58; VG Regensburg U. 14.9.2015 - RN 8 K 15.574 - juris Rn. 35). Wenn auf diese Weise sogar eine vorrangige Heranziehung des Zustandsstörers vor dem Handlungsstörer gerechtfertigt wird (siehe hierzu VG Regensburg U. 14.9.2015 - RN 8 K 15.574 - juris Rn. 36), so muss das vorliegend erst recht gelten, wenn für die Grundstückseigentümerin des Grundstückes FlNr. …, Gemarkung …, allenfalls eine Zustandsstörerhaftung in Betracht käme.
90
Die fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit Eigentümerin des Grundstückes FlNr. …, Gemarkung …, ist ausweislich der Behördenakte auch hinreichend belegt.
3.3.3.2.3
91
Als nicht generell ausgeschlossen erscheint nach derzeitiger Aktenlage die Möglichkeit, dass sich das Schadenszentrum des „neuen“ Schadens (teilweise) auf anderen Grundstücken befindet, womit gegebenenfalls weitere Zustandsstörer herangezogen werden könnten. Diesbezügliche Feststellungen, die Kenntnisse hinsichtlich der weiteren Schadensausbreitung und der jeweiligen Höhe der Schadenstoffkonzentrationen voraussetzen, können aber gerade erst nach der Vornahme von Detailuntersuchungen nach § 9 Abs. 2 BBodSchG getroffen werden, weshalb auch unter Berücksichtigung dieser Möglichkeit eine Heranziehung der Klägerin als Zustandsstörerin jedenfalls für die verfahrensgegenständliche Maßnahme nach § 9 Abs. 2 BBodSchG sachgerecht erscheint. Die (zumindest auch) auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, vorliegende schädliche Bodenveränderung ist aufgrund der erhöhten Schadstoffgehalte in der Bodenluft nachgewiesen.
3.4
92
Die Inanspruchnahme übersteigt auch nicht das Maß des Zumutbaren und erweist sich als verhältnismäßig, wobei diesbezüglich bereits fraglich ist, ob die entsprechend den Vorgaben des BVerfG bestehende Begrenzung der Zustandshaftung überhaupt bei einer Gemeinde in Anwendung zu bringen ist. Jedenfalls war keine ausdrückliche Belastungsgrenze im Bescheid anzuführen.
3.4.1
93
Die Maßnahme ist grundsätzlich als verhältnismäßig anzusehen. Die Anordnung einer Detailuntersuchung stellt sich als geeignetes und mildestes Mittel dar, einen Schadensumfang und die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen zu ermitteln und somit den Weg für die zukünftige Sanierung zu bereiten. Im Hinblick auf das hohe Schutzgut des Grundwassers und die möglichen Gefahren für die Trinkwasserversorgung ist auch die Angemessenheit zu bejahen.
3.4.2
94
Die Regelungen über die Haftungsbegrenzung des Zustandsstörers und die Notwendigkeit einer Belastungsgrenze sind hier nicht heranzuziehen.
3.4.2.1
95
Nach der grundlegenden Entscheidung des BVerfG (BVerfG B.v. 16.2.2000 - 1 BvR 242/91 - juris) stellen die sicherheitsrechtlichen Vorschriften über die Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers eine zulässige Regelung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Der Eigentümer hat in der Regel die Möglichkeit, rechtlich und tatsächlich auf die Sache und damit auch auf die jeweilige Gefahrenquelle einzuwirken. Zudem kann der Eigentümer aus der Sache Nutzen ziehen, weshalb er auf der anderen Seite auch die mit der Nutzungsmöglichkeit verbundenen Risiken zu tragen hat. Regelmäßig steigert eine Sanierung auch den Verkehrswert des Grundstückes und liegt auch aus diesem Grund im Interesse des Eigentümers. Vor diesem Hintergrund kann der Eigentümer grundsätzlich allein wegen dieser Rechtsstellung verpflichtet werden, von seinem Grundstück ausgehende Gefahren zu beseitigen, selbst wenn er die Gefahr weder verursacht noch verschuldet hat. Die Sanierungspflicht des Eigentümers ist aber grundsätzlich unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu begrenzen, wobei die Belastung des zustandsverantwortlichen Eigentümers mit den betroffenen Gemeinwohlbelangen abzuwägen ist (BVerfG a.a.O., juris Rn. 47 ff.).
96
Als Belastungsgrenze für den Eigentümer wird regelmäßig das Verhältnis des finanziellen Aufwands zum Verkehrswert nach Durchführung der Sanierung herangezogen. Überschreiten die Kosten den Verkehrswert des Grundstückes, so entfällt im Regelfall das Interesse des Eigentümers an einem künftigen privatnützigen Gebrauch (BVerfG a.a.O., juris Rn. 56). Eine Kostenbelastung über den Verkehrswert hinaus kann jedoch als zumutbar anzusehen sein, wenn der Eigentümer das Risiko der entstandenen Gefahr bewusst in Kauf genommen hat, wobei im Rahmen der Beurteilung der Zumutbarkeit der Grad an Fahrlässigkeit von Bedeutung sein kann (BVerfG a.a.O., juris Rn. 59 f.).
97
Es obliegt somit regelmäßig der Verwaltung, unter Berücksichtigung der vorgenannten Kriterien und Beachtung der Vorgaben und Garantien des Art. 14 GG im jeweiligen Bescheid über die Begrenzung der Kostenbelastung des Zustandsverantwortlichen zu entscheiden. Der jeweils in Anspruch genommene Eigentümer muss dem Bescheid eindeutig entnehmen können, ob er unbegrenzt haftet bzw. welche Kostenbelastung er höchstens zu erwarten hat. Nur auf der Grundlage dieser Informationen kann er entscheiden, ob er die Sanierungsanordnung angreift oder bestandskräftig werden lässt. Sofern eine Entscheidung über die Kostentragung zum Zeitpunkt des Erlasses der Sanierungsanordnung noch nicht möglich ist, weil die Gründe für die Unzumutbarkeit der Verwaltung noch nicht vollständig bekannt sind, so ist der Sanierungsanordnung ein Vorbehalt der gesonderten Entscheidung über die Kostentragung beizufügen (vgl. BVerfG a.a.O., juris Rn. 65).
3.4.2.2
98
Es stellt sich die Frage, ob diese Grundsätze zur Haftungsbegrenzung auch bei der bodenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit einer Gebietskörperschaft zur Anwendung gelangen.
99
Problematisch erscheint insofern, dass das BVerfG die Begrenzung der Zustandshaftung primär aus Art. 14 Abs. 1 GG ableitet, eine Gemeinde sich aber als Gebietskörperschaft gerade nicht auf den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG berufen kann (vgl. hierzu BVerfG B.v. 18.5.2009 - 1 BvR 1731/05 - NVwZ 2009, 1282; ausführlich zum Meinungsstand Weber/Otting, Grenzen der kommunalen Zustandsstörerhaftung nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz, NVwZ 2014, 1618).
100
Das VG Darmstadt führt mit Urteil vom 30. Oktober 2013 (Az. 6 K 1717/11.DA) diesbezüglich Folgendes aus:
„Die Belastung des Eigentümers mit den Kosten der Sanierungsmaßnahme ist nicht gerechtfertigt, soweit sie dem Eigentümer nicht zumutbar ist. Dies folgt für den Bürger aus seiner grundrechtlich geschützten Position aus Art. 14 GG. Unzumutbar ist eine Maßnahme, wenn sie sich als unverhältnismäßig im engeren Sinne herausstellt. Dieser Maßstab gilt auch für die im Grundsatz bestehende Sanierungspflicht der Klägerin, auch wenn sie als Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts nicht grundrechtsfähig ist und sich nicht unmittelbar auf den Schutz aus Art. 14 GG berufen kann. In der Ausprägung eines verfassungsrechtlichen Übermaßverbotes findet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch auf die Klägerin Anwendung. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist zwar Ausdruck der Grundrechte, die die Freiheit des Bürgers dadurch schützen, dass sie Anforderungen an die Rechtfertigung von Eingriffen in die grundrechtlich geschützte Freiheit aufstellen. Dieser Gedanke ist aber nicht auf die Grundrechte beschränkt, sondern kann sowohl auf nur einfachrechtlich gewährte Rechte des Bürgers als auch auf geschützte Rechtspositionen im Staatsorganisationsrecht übertragen werden. Insoweit ist das Gebot der Verhältnismäßigkeit allein im Rechtsstaatsprinzip verankert. Insgesamt wird danach das Gebot der Verhältnismäßigkeit angewendet, wenn auf eine geschützte Rechtsposition nachteilig eingewirkt wird, dies aber die zu rechtfertigende Ausnahme bleiben soll und für die Überprüfung der Angemessenheit bzw. des Regel-Ausnahme-Verhältnisses keine speziellere Regelung greift. In dieser Form kann der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch zwischen verschiedenen Staatsorganen Anwendung finden. Allerdings muss die dem Staatsorgan zustehende Rechtsposition wie ein bzw. als subjektives Recht zugewiesen sein in dem Sinne, dass das Organ über die Rechtsposition autonom verfügen kann oder dem Organ die Rechts- bzw. Kompetenzsphäre in der Art eines Freiheitsrechts zugewiesen wird, wie z. B. die Gemeinden nach Art. 28 Abs. 2 GG (Grzeszick in Maunz-Dürig-Herzog, GG, Bd. 3, Art. 20 Rn. 108f. m w. Nachw.; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, Art. 20 Rn. 82).“
101
Das VG Darmstadt gelangt somit zu der Überzeugung, dass für eine Gebietskörperschaft, die als Zustandsstörerin in Anspruch genommen wird, zumindest ähnliche Grenzen gezogen werden müssen, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seiner Grundsatzentscheidung vom 16. Februar 2000 dargelegt hat (a.A VG Kassel U.v. 18.2.2013 - 4 K 548/11.KS). Eine Haftungsbegrenzung sei somit grundsätzlich erforderlich, da die Klägerin sich aus ihrer Rechtsposition des Art. 28 Abs. 2 GG auf einen in dieser Konstellation mit Art. 14 GG vergleichbaren Schutz berufen kann. Der Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG sei auch unproblematisch eröffnet, da das (im damaligen Verfahren streitgegenständliche) Grundstück als Straßen- und Kanalgrundstück Gegenstand kommunaler Betätigung sei (vgl. hierzu BVerwG U.v. 14.4.2005 - 7 C 26/03 - juris; VG Darmstadt U.v. 30.10.2013 - 6 K 1717/11.DA - BeckRS 2014, 51780).
102
Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof warf in seinem Urteil vom 5. April 2006 (Az. 23 BV 05.1433) bereits die Frage der Haftungsbegrenzung für eine Gebietskörperschaft (in diesem Fall der Freistaat Bayern) auf:
„Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den Grundstückseigentümer Freistaat Bayern (Staatsforstverwaltung), wobei insoweit nicht außer Betracht bleiben kann, dass die Zustandshaftung des Eigentümers als Ausdruck der sozialen Bindung des Eigentums durch das Übermaßverbot begrenzt sein könnte (vgl. Nr. 4.1.2.1 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des Bundesbodenschutz- und Altlastenrechts in Bayern vom 11.7.2000 AIIMBI 2000 S. 473). Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Freistaat Bayern kein Grundrechtsträger ist, würde sich auf jeden Fall bei seiner Heranziehung als Grundstückseigentümer die Frage stellen, ob nicht seine Verpflichtung aus Eigentum den gleichen Begrenzungen unterliegt wie dies vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 16. Februar 2000 (NJW 2002, 13) zum Ausdruck gebracht wurde.“
103
Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung, die sich mit der Haftung der Bundesrepublik Deutschland für durch einen nicht ermittelbaren Handlungsstörer auf einer Bundesstraße verursachte schädliche Bodenveränderungen befasste, ausgeführt, dass für den Fall, dass man die Inanspruchnahme der öffentlich-rechtlichen Körperschaft als Zustandsstörerin wegen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot ablehnen wollte, letztlich die Kosten nur von einer anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaft in Gestalt der zuständigen Ordnungsbehörde aufzubringen wären, die aber dem Grundstück, von dem die Störung ausgeht, weitaus ferner stünde als eben die öffentlich-rechtliche Körperschaft, in deren Eigentum das Grundstück steht (siehe hierzu Mohr, Nachtrag: Sonderrecht für die Kommune als bodenschutzrechtliche Zustandsstöre…, NVwZ 2015, 408; BVerwG B.v. 21.12.1998 - 7 B 211/98 - NVwZ 1999, 421).
104
Gerade unter Berücksichtigung der größeren Nähe des Zustandsstörers zum Grundstück erscheint eine bloße Verlagerung von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft zu einer anderen als nicht sachgerecht, weshalb die Notwendigkeit einer Haftungsbegrenzung für eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die als Zustandsstörerin in Anspruch genommen wird, durch die erkennende Kammer kritisch betrachtet wird.
105
Selbst wenn aber eine Haftungsbegrenzung für nötig erachten werden sollte, so wären im Einklang mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof die Vorgaben aus der Entscheidung des BVerfG vom 16. Februar 2000 entsprechend zu übertragen, was zu einer grundsätzlichen Begrenzung der Haftung auf den Verkehrswert des Grundstückes führt. Auch bei einem Straßengrundstück lässt sich ein Verkehrswert bestimmen; dies zeigt sich beispielsweise bei Enteignungsverfahren (vgl. Mohr, Nachtrag: Sonderrecht für die Kommune als bodenschutzrechtliche Zustandsstöre…, NVwZ 2015, 408). Angesichts des geringen Umfangs der angeordneten Maßnahme nach § 9 Abs. 2 BBodSchG sind vorliegend, selbst unter Einbeziehung der Tatsache, dass die Straße zur Kreisstraße gewidmet wurde, jedenfalls bezogen auf die streitgegenständliche Maßnahme keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Verkehrswert des Grundstückes erreicht werden könnte.
3.4.2.3
106
Die Angabe einer Belastungsgrenze im Bescheid war nicht erforderlich.
107
Selbst wenn man grundsätzlich die Haftung als begrenzt ansehen sollte, wäre hinsichtlich der Notwendigkeit der Angabe einer Belastungsgrenze im Bescheid abermals der Rechtscharakter der angeordneten Maßnahme zu berücksichtigen. Es handelt sich (lediglich) um die Anordnung zur Vornahme einer Detailuntersuchung gem. § 9 Abs. 2 BBodSchG auf einem Grundstück, nämlich dem im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstück FlNr. …, Gemarkung … Auch wenn in der Rechtsprechung teilweise auch für derartige Maßnahmen die ausdrückliche Anordnung einer Belastungsgrenze im Bescheid bzw. der Ausspruch eines Kostenvorbehaltes bei noch nicht feststellbarer Belastungsgrenze gefordert wird (vgl. hierzu VG Bayreuth U.v. 20.10.2003 - B 2 K 02.1022 - juris Rn. 64), so ist nach Auffassung des Gerichtes zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend um eine Anordnung handelt, die mit einem relativ geringen und vor allem gut abgrenzbaren Kostenaufwand verbunden ist. Anders als bei einer Sanierungsanordnung, die mit bestimmten Sanierungszielwerten oder Mindestaustragsmengen verbunden wird, deren jeweiliges Erreichen bei Erlass der Anordnung in zeitlicher Hinsicht noch nicht genau absehbar ist, was wiederum zu Unsicherheiten über das finanzielle Ausmaß der Sanierung führt, sind die im streitgegenständlichen Bescheid vorzunehmenden Maßnahmen auf eine einmalige Durchführung angelegt und es ist damit gerade kein im Zeitpunkt des Bescheidserlasses nicht zu überblickender finanzieller Aufwand gegeben. Der jeweilige Bescheidsadressat kann damit dem Bescheid selbst den ungefähren Kostenumfang entnehmen. Vor diesem Hintergrund erscheint bei umfangmäßig klar begrenzten Maßnahmen nach § 9 Abs. 2 BBodSchG, wie es die hier streitgegenständliche Maßnahme ist, die Angabe einer Belastungsgrenze im Bescheid nicht angezeigt.
108
So führt auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aus, dass eine Kostendeckelung im Bescheid gerade nicht verfügt werden muss, wenn zu erwarten ist, dass sich die Kostenbelastung in einem rechtlich hinnehmbaren Rahmen bewegt und keine Anhaltspunkte für exorbitante Kostensteigerungen bestehen (siehe BayVGH U.v. 28.11.2007 - 22 BV 02.1560 - juris).
109
Diese Kriterien werden durch die auf einen genauen Umfang begrenzten im streitgegenständlichen Bescheid verfügten Maßnahmen gerade erfüllt. Somit ist es unschädlich, dass der Bescheid keine Belastungsgrenze enthält.
4.
110
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
111
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 154 Abs. 1 VwGO.