Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 19.05.2020 – AN 1 K 18.01966
Titel:

Besondere Aufwandsentschädigung von Gerichtsvollziehern

Normenketten:
BayBesG Art. 93
GVO § 30 Abs. 1 S. 1
BKEntschv-GV § 1, § 2, § 5, § 6
VwGO § 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5, Nr. 6, Nr. 7, § 113 Abs. 5, § 124a Abs. 1, § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 1, § 167
GKG § 52 Abs. 3
Leitsätze:
1. Bei der Frage der Berechtigung eines Kostenerstattungsanspruchs eines Gerichtsvollziehers ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Aufwendungen entstanden, in der Höhe bezifferbar und von der zuständigen Behörde unter Heranziehung der einschlägigen Rechtsgrundlagen auf ihre Erstattungsfähigkeit hin überprüfbar sind. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die rechtlichen Wirkungen einer Versetzung ergeben sich nicht erst mit deren Unanfechtbarkeit, sondern bereits ab dem in der Versetzungsverfügung angeordneten Zeitpunkt. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Gerichtsvollzieher können eine Bürokostenentschädigung nur nach Maßgabe der §§ 2 und 3 BKEntschV-GV beanspruchen. Die regelmäßigen Kostenfaktoren werden über die monatlichen Sachkostenpauschalen gemäß § 2 Abs. 1 BKEntschV-GV abgedeckt. Bei über die (pauschale) Grundentschädigung hinausgehenden Erstattungsanträgen ist der Anfall der höheren Sachkosten nachzuweisen sowie die Gründe für die Notwendigkeit der Mehrkosten darzulegen. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
besondere Aufwandsentschädigung von Gerichtsvollziehern, Notwendigkeit der Anschaffung bei anstehender Versetzung in den Justizfachwirtedienst, Gerichtsvollzieher, Besoldungsgruppe, Bescheid, Jahresabrechnung, Zustellung, Widerspruchsbescheid, notwendige Aufwendungen, Software, Versetzung, Aufwandsentschädigung
Fundstelle:
BeckRS 2020, 16673

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die …1962 geborene Klägerin ist seit 1978 im mittleren Justizdienst des Beklagten tätig. Nach Bestehen der Gerichtsvollzieherprüfung im Jahr 1997 wurde ihr ab Dezember 1999 eine Planstelle für Gerichtsvollzieher der Besoldungsgruppe A 8 im Bereich des Amtsgerichts … übertragen. Mit Wirkung zum … 2000 wurde sie zur Gerichtsvollzieherin ernannt.
2
Mit Schreiben vom 24. August 2018 teilte der Präsident des Amtsgerichts … der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, beim Oberlandesgericht … anzuregen, sie von ihren Aufgaben als Gerichtsvollzieherin zu entbinden und in den Innendienst zu versetzen.
3
Der Präsident des Oberlandesgerichts … informierte die Klägerin mit Schreiben vom 27. September 2017 über die beabsichtigte Entbindung von den Aufgaben einer Gerichtsvollzieherin und die Versetzung in das Amt einer Justizhauptsekretärin (Besoldungsgruppe A 8) beim Amtsgericht … Der Klägerin wurde Gelegenheit gegeben, sich innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens zu der beabsichtigten Maßnahme zu äußern. Das Schreiben wurde der Klägerin mit Zustellungsurkunde durch einen Justizbediensteten am 12. Oktober 2017 zugestellt. Nach Stellungnahme der Klägerin mit Schreiben vom 30. November 2017 wurde die Klägerin mit Bescheid vom 7. Dezember 2017, der Klägerin zugestellt mit Zustellungsurkunde durch einen Justizbediensteten am 14. Dezember 2017, mit Wirkung zum 1. Februar 2018 aus dienstlichen Gründen in den Justizfachwirtedienst beim Amtsgericht … versetzt. Die Klage gegen den Bescheid vom 7. Dezember 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar 2018 wird beim Verwaltungsgericht Ansbach unter dem Aktenzeichen AN 1 K 18.00352 geführt und wurde mit Urteil vom 19. Mai 2020 abgewiesen.
4
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2017, eingegangen beim Präsidenten des Oberlandesgerichts … am 8. Januar 2018, beantragte die Klägerin die Gewährung einer besonderen Aufwandsentschädigung gemäß § 6 der Verordnung über die Aufwandsentschädigung für Bürokosten der Gerichtsvollzieher (BKEntschV-GV) in Höhe von 3.000,00 EUR. Vorgelegt wurde dabei eine Rechnung der … GmbH, …, vom 21. Dezember 2017 über einen Betrag von 3.824,81 EUR, eine Rechnung vom 22. Dezember 2017 über 107,10 EUR und eine Rechnung vom 13. Oktober 2017 über 365,00 EUR. Aus allen Rechnungen ging hervor, dass das Rechnungsdatum auch das Lieferdatum ist. Laut einer vorgelegten E-Mail der Firma … vom 21. Dezember 2017 erfolgte die Einrichtung der neuen Geräte am 20. Dezember 2017. Ein auf der Rechnung aufgeführter Adapter war noch nicht geliefert worden.
5
Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 20. Februar 2018 wurde der Antrag vom 3. Januar 2018 auf Festsetzung einer besonderen Aufwandsentschädigung in Höhe von 3.000,00 EUR gemäß § 6 BKEntschV-GV in Verbindung mit dem JMS vom 17. August 2017, Gz. …, abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Klägerin seit Ende August 2017 bekannt gewesen sei, dass sie in den Innendienst versetzt werde. Nach Zustellung des Bescheides vom 7. Dezember 2017 habe festgestanden, dass die Versetzung mit Wirkung zum 1. Februar 2018 geschehe. Es erschließe sich nicht, weshalb die Klägerin in Kenntnis der bevorstehenden Versetzung eine Erneuerung der Zusatzausstattung im Dezember 2017 vorgenommen habe. Gemäß § 6 Satz 1 BKEntschV-GV könne eine besondere Aufwandsentschädigung festgesetzt werden, wenn die ansonsten zustehenden Entschädigungsbeträge nicht ausreichten, um die für die Einrichtung und Unterhaltung eines Gerichtsvollzieherbüros notwendigen Ausgaben zu decken. Die Erstattungsfähigkeit setze damit stets voraus, dass ein Gerichtsvollzieherbüro tatsächlich unterhalten werde und die Ausgaben im Hinblick auf die Unterhaltung erforderlich seien. Aus § 5 Abs. 2 BKEntschV-GV ergebe sich, dass Gerichtsvollzieher bei einer vorhersehbaren längerfristigen Verhinderung verpflichtet seien, die für die Einrichtung und Unterhaltung des Büros anfallenden Kosten soweit möglich und zumutbar zu reduzieren. Im Falle einer anstehenden Aufgabe des Büros könne nichts anderes gelten. Auch hier sei es dem Gerichtsvollzieher zuzumuten, die Kosten für die Büroausstattung zu reduzieren und umfangreiche Neuanschaffungen zu unterlassen. Die Erstattungsvoraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt, da in Anbetracht der voraussichtlich baldigen Beendigung der Gerichtsvollziehertätigkeit Neuanschaffungen nicht notwendig gewesen seien. Daran ändere sich auch nichts auf Grund des erhobenen Widerspruchs gegen den die Versetzung anordnenden Bescheids. Eine Erstattung sei auch mit dem Grundsatz der sparsamen Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln nicht vereinbar.
6
Gegen den am 1. März 2018 zugestellten Bescheid legten die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 5. März 2018 Widerspruch ein. Zur Begründung führten die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 25. April 2018 aus, dass die benötigte weitere Neuausstattung der Hard- und Software Anfang November bestellt worden sei, da zu diesem Zeitpunkt noch Arbeiten mit der neuen Soft- und Hardware durchzuführen gewesen seien. Auf Grund der Lieferfristen hätte die Einrichtung der neuen Geräte durch die Firma … Computer am 20. Dezember vorgenommen werden können. Unbeschadet der Mitteilung, die Klägerin von den Aufgaben als Gerichtsvollzieherin zu entbinden, hätte die Klägerin ihren Aufgaben solange noch nachkommen und somit die Bestellung durchführen müssen. Eine Abbestellung der Geräte bzw. der Software sei nicht möglich gewesen. Zur Unterhaltung des Büros, wozu die Klägerin bis zur tatsächlichen Entbindung verpflichtet gewesen sei, seien die Ausgaben erforderlich gewesen. Eine Reduzierung der Kosten sei nicht möglich gewesen.
7
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. August 2018, der Klägerin zugestellt gegen Empfangsbekenntnis am 14. September 2018, wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
8
Zur Begründung wurde auf den streitgegenständlichen Bescheid vom 20. Februar 2018 Bezug genommen. Zusätzlich könne davon ausgegangen werden, dass die Klägerin zeitgleich von der beabsichtigten Versetzung und der Möglichkeit der Erneuerung der Zusatzausstattung Kenntnis erlangt habe. Darüber hinaus wäre eine Erneuerung der vorhandenen EDV-Ausstattung nur vertretbar gewesen, wenn ein Arbeiten mit der bisher vorhandenen EDV-Ausstattung bis zum 31. Januar 2018 auf Grund von Ausfällen nicht möglich gewesen wäre. Dies werde im Widerspruch nicht vorgetragen. Es werde pauschal nur darauf verwiesen, dass die Bestellung Anfang November getätigt worden sei, da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch Arbeiten mit der neuen Soft- und Hardware habe durchführen müssen. Es sei davon auszugehen, dass die Aufwendungen im Monat Dezember für die Unterhaltung eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes bis Ende Januar nicht notwendig gewesen seien. Auftragsbestätigungen für die am 20./21. Dezember 2017 durchgeführten Lieferungen und Arbeiten seien nicht vorgelegt worden.
9
Hiergegen ließ die Klägerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 9. Oktober 2018, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach eingegangen per Telefax am selben Tag, Klage erheben und beantragen,
1.
Der Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 2018 in Form des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2018, Az.: … E Erneuerung EDV, wird aufgehoben.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, für eine Erneuerung der Zusatzausstattung „Reform der Sachaufklärung“ [fehlt wohl: eine Erstattung] in Höhe von 3.000,00 EUR nach § 6 BKEntschV-GV festzusetzen.
3.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
10
Zur Begründung der Klage trugen die Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 22. Februar 2019 vor, dass die Unterlagen - Jahresabrechnung von Strom und Gas - hinsichtlich der Aufwandsentschädigung für Bürokosten der Klägerin erst am 29. Januar 2019 durch die … … eG bekanntgegeben worden seien.
11
Entgegen der Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 21. August 2018 könne der Beklagte nicht unterstellen, dass die Klägerin zeitgleich von ihrer beabsichtigten Versetzung in den Innendienst und von der Möglichkeit der Erneuerung der Zusatzausstattung in Höhe von 3.000,00 EUR erfahren habe. Die Klägerin habe tatsächlich die Erneuerung der vorhandenen EDV-Ausstattung durchführen lassen, da eine Tätigkeit bis zum 31. Januar 2018 im Rahmen der alten EDV-Hardware und Software nicht möglich gewesen wäre. Es werde die Rechnung Nr. … der Fa. … … GmbH vom 21. Dezember 2017 vorgelegt, aus der die Kosten für die Einrichtung des Arbeitsplatzes hervorgingen. Darüber hinaus seien die Ein- und Ausgabegeräte der Netzwerkspeicher und die entsprechenden Dienstleistungen durch die Firma … GmbH erfolgt (vgl. Rechnung der Fa. … GmbH vom 21.12.2017). Die Geräte seien von Herrn …, Mitarbeiter der Fa. … GmbH, im Büro der Klägerin eingerichtet worden. Herr …, zu laden über die Fa. … GmbH, stehe als Zeuge zur Verfügung.
12
Des Weiteren werde die Rechnung der … eG vom 29. Januar 2019, Vertrags-Nr.: …, betreffend die Klägerin mit Büroadresse …Straße …, … …, über die entsprechenden Abschlagszahlungen bis 6. Januar 2019 in Höhe von 385,00 EUR sowie die Rechnung der … eG, Vertragsnr. …, für die Jahresverbrauchsabrechnung für Gas vom 29. Januar 2019 über einen Gesamtbetrag in Höhe von 567,09 EUR vorgelegt. Somit habe die Klägerin den entsprechenden Jahresverbrauch an Strom und Gas bezüglich ihrer Gerichtsvollziehertätigkeit benötigt, sodass dieser zu erstatten sei. Ebenso sei nunmehr nachgewiesen, dass die EDV-Anlage mit Hardware und Software entsprechend den Vorgaben und der Notwendigkeit der Installation im Gerichtsvollzieherbüro der Klägerin eingerichtet und verwendet worden sei. Somit seien die Aufwendungen wie dargelegt zur Unterhaltung eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebs bis Ende Januar notwendig gewesen.
13
Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 26. März 2019:
14
1. Die Klage wird abgewiesen.
15
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
16
Zur Begründung wurde vorgetragen, dass sich aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 22. Februar 2019 keine neuen Tatsachen oder Beweismittel ergäben, die für das vorliegende Klageverfahren relevant seien. Es werde nur pauschal und mit nicht belegten Hinweisen darauf verwiesen, dass eine Tätigkeit bis zum 31. Januar 2018 mit der alten EDV-Hard- und Software nicht möglich gewesen wäre. Ein konkreter Ausfall der EDV-Ausstattung werde nicht benannt. Die Behauptung werde daher mit Nichtwissen bestritten. Die Rechnung der Firma … vom 21. Dezember 2017 sei bereits im Ablehnungsbescheid berücksichtigt worden, da diese bereits mit dem Erstattungsantrag vom 21. Dezember 2017 vorgelegt worden sei. Ein Datum der Beauftragung sei nicht bekannt, eine Auftragsbestätigung liege nicht vor.
17
Zu den eingereichten Abrechnungen der … eG sei zu bemerken, dass die Festsetzung von Strom- und Gaskosten für die Zeit vom 1. Februar 2018 bis 30. Juni 2018 nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sei. Mit Bescheid vom 21. Februar 2018 sei über die Erstattung von noch laufenden Büro- und Personalkosten nach Versetzung in den Justizfachwirtedienst zum 1. Februar 2018 entschieden worden. Dort sei unter Punkt 4 festgestellt worden, dass für die beantragten Abschläge für Strom und Gas derzeit keine Beträge festgesetzt werden könnten. Mit Schreiben vom 5. März 2018 habe die Klägerin gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt. Die Klägerin sei mit Schreiben vom 27. März 2018 darauf hingewiesen worden, dass Strom- und Gaskosten festgesetzt werden könnten, dass aber hierzu die entsprechende Abrechnung des Anbieters fehle. Mit Schreiben vom 25. April 2018 habe die Klägerin den Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. Februar 2018 zurückgenommen. Der Bescheid sei somit bestandskräftig geworden und spiele für das hier anhängende Verfahren bezüglich der Zurückweisung des Antrages auf Einmalzahlung von 3.000,00 EUR keine Rolle. Hierauf sei der Bevollmächtigte auch mit Schreiben vom 21. Juni 2018 hingewiesen worden. Die eingereichten Strom- und Gasabrechnungen vom 29. Januar 2019 würden zu dem Verfahren über die Festsetzung der laufenden Personal- und Bürokosten genommen und dort bearbeitet.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Behördenakte sowie die beigezogenen Akten aus dem Verfahren AN 1 K 18.00352 und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19
Die zulässige Klage ist unbegründet.
20
Die mit Bescheid vom 20. Februar 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2018 ausgesprochene Ablehnung der Kostenerstattung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung in Höhe von 3.000,00 EUR.
21
Die Gewährung der Entschädigung zur Abgeltung der den Gerichtsvollziehern und Gerichtsvollzieherinnen für die Verpflichtung zur Einrichtung und Unterhaltung eines Büros entstehenden notwendigen Aufwendungen richtet sich gemäß Art. 93 des Bayerischen Besoldungsgesetzes (BayBesG) nach der durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz erlassenen Verordnung über die Aufwandsentschädigung für Bürokosten der Gerichtsvollzieher vom 29. November 2007 in der Fassung vom 22. Juli 2017.
22
Bei der Frage der Berechtigung eines Kostenerstattungsanspruchs ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage dabei abweichend vom grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem die Aufwendungen entstanden, in der Höhe bezifferbar und von der zuständigen Behörde unter Heranziehung der einschlägigen Rechtsgrundlagen auf ihre Erstattungsfähigkeit hin überprüfbar sind (Decker in: BeckOK VwGO § 113 Rn. 74a.3; Riese in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO § 113 Rn. 270).
23
Gemäß Art. 93 BayBesG i.V.m. § 1 BKEntschV-GV erhalten die Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherinnen eine Entschädigung zur Abgeltung des notwendigen finanziellen Aufwandes für das gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 der Gerichtsvollzieherordnung (GVO) auf eigene Kosten zu unterhaltende Geschäftszimmer. Mit Wegfall der Verpflichtung, ein Geschäftszimmer zu unterhalten, entfällt auch der Anspruch auf die Gewährung einer Entschädigung.
24
Die Entschädigung wird gemäß § 2 Abs. 1 BKEntschV-GV als Pauschale gewährt. Reicht diese nicht aus, um die für die Einrichtung und Unterhaltung des Büros notwendigen Ausgaben zu decken, kann gemäß § 6 Satz 1 BKEntschV-GV auf Antrag eine besondere Aufwandsentschädigung gewährt werden. Die Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher haben gemäß § 6 Satz 2 BKEntschV-GV den Anfall der entstandenen höheren Sach- und Personalkosten nachzuweisen und die Gründe für die Notwendigkeit der Mehrkosten darzulegen.
25
Auf Grundlage des § 6 BKEntschV-GV hat der Beklagte im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Sachaufklärung zum 1. Januar 2013 mit JMS vom 10. September 2012, Gz. 2103 - IV - 1041/12, auf Grundlage des § 6 BKEntschV-GV für die Anschaffung des reformbedingten Zusatzbedarfs in den Jahren 2012/2013 eine Einmalzahlung von bis zu 3.000,00 EUR in Aussicht gestellt, die der Klägerin mit Bescheid vom 2. September 2013 in voller Höhe bewilligt worden war.
26
Mit weiterem JMS vom 17. August 2017, Gz. A2 - 2103 - IV - 10345/05, hat der Beklagte eine erneute Erstattung gemäß § 6 BKEntschV-GV für die Erneuerung der Zusatzausstattung zur Reform der Sachaufklärung bis zu einem Betrag von 3.000,00 EUR zugesagt. Soweit dem JMS vom 17. August 2017, Gz. A2 - 2103 - IV - 10345/05 möglicherweise entnommen werden kann, dass Aufwendungen für die Erneuerung der Zusatzausstattung „Reform der Sachaufklärung“ grundsätzlich für notwendig erachtet werden und entsprechend der Nachweis für die Notwendigkeit der Aufwendungen entfallen könnte, so gilt dies nach Überzeugung der Kammer immer nur unter der Voraussetzung, dass der jeweilige Antragsteller als Gerichtsvollzieher tätig ist und dies auch noch für die folgende Zeit sein wird.
27
Die Klägerin hat auf diese zusätzliche Sachkostenentschädigung keinen Anspruch, da sie die Notwendigkeit der Anschaffung für die Dienstausübung gerade nicht belegen kann.
28
Die Klägerin wurde mit Bescheid vom 7. Dezember 2017 mit Wirkung zum 1. Februar 2018 von den Aufgaben einer Gerichtsvollzieherin entbunden und in den Justizfachwirtedienst bei dem Amtsgericht … versetzt. Damit entfiel die Verpflichtung, ein Geschäftszimmer zu unterhalten, ebenfalls mit Wirkung zum 1. Februar 2018, da die Klägerin ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Gerichtsvollzieherin tätig war. Dass die Klägerin gegen die Versetzung in den Justizfachwirtedienst Widerspruch eingelegt und anschließend Klage erhoben hat, führt zu keiner anderen Bewertung. Zum einen hat die Klägerin den Dienst beim Amtsgericht … termingerecht angetreten, zum anderen ergeben sich die rechtlichen Wirkungen einer Versetzung nicht erst mit deren Unanfechtbarkeit, sondern bereits ab dem in der Versetzungsverfügung angeordneten Zeitpunkt (SächsOVG, B.v. 16.1.2013 - 2 A 222/10 - juris Rn. 13; vgl. § 54 Abs. 4 BeamtStG).
29
Zwar machte die Klägerin mit ihrem Antrag auf Kosten-/Aufwandserstattung vom 21. Dezember 2017 unter Vorlage verschiedener Rechnungen vom 21. Dezember 2017, 22. Dezember 2017 und 13. Oktober 2017 Kosten, die bereits vor dem Entfallen der Pflicht, ein Geschäftszimmer zu unterhalten, entstanden sind, geltend, wegen der zum 1. Februar 2018 wirksam gewordenen Versetzung waren die Aufwendungen jedoch bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung nicht mehr notwendig für die ordnungsgemäße Ausübung der Tätigkeit als Gerichtsvollzieherin.
30
Gerichtsvollzieher können nämlich eine Bürokostenentschädigung nur nach Maßgabe der §§ 2 und 3 BKEntschV-GV beanspruchen. Die regelmäßigen Kostenfaktoren werden über die monatlichen Sachkostenpauschalen gemäß § 2 Abs. 1 BKEntschV-GV abgedeckt. Bei über die (pauschale) Grundentschädigung hinausgehenden Erstattungsanträgen ist der Anfall der höheren Sachkosten nachzuweisen sowie die Gründe für die Notwendigkeit der Mehrkosten darzulegen (Leihkauff in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Teil C - Bayern, Ziff. 1.1 - BayBesG, Art. 93, Rn. 30, 32).
31
Die Klägerin konnte insoweit aber die Notwendigkeit der Aufwendungen für die Erneuerung der Zusatzausstattung zur Reform der Sachaufklärung aber gerade nicht nachweisen. Denn der Klägerin war aufgrund des Bescheides des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 7. Dezember 2017 klar, dass ihre Versetzung mit Wirkung zum 1. Februar 2018 bevorstand. Zum Zeitpunkt des Zugangs des maßgeblichen Bescheides verfügte die Klägerin über eine funktionierende EDV-Anlage, die ihr den Vollzug ihrer Aufgaben als Gerichtsvollzieherin in ausreichender Art und Weise ermöglichte. Nach Einlassung der Klägerin wurde die EDV-Anlage auch erst nach Zugang des Versetzungsbescheides, nämlich am 20. Dezember 2017, geliefert und eingerichtet und war damit objektiv für den weiteren Vollzug für den überschaubaren Zeitraum bis einschließlich 31. Januar 2018 nicht erforderlich.
32
Dafür, dass die ersetzte EDV-Anlage einen Defekt gehabt hat oder wegen sonstiger technischer Gründe nicht mehr bis 31. Januar 2018 einsetzbar gewesen sein könnte, liegen keine belastbaren Anhaltspunkte vor. Zwar erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 22. Februar 2019, dass der Ersatz erfolgt sei, da mit der alten Hard- und Software eine Tätigkeit bis 31. Januar 2018 nicht mehr möglich gewesen wäre, nannte hierfür aber weder Gründe noch legte er entsprechende Nachweise vor.
33
Gegen einen Defekt, der außerplanmäßig behoben werden hätte müssen, spricht darüber hinaus, dass nach Vortrag der Klägerin im Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 25. April 2018 die Beauftragung der Firma …GmbH bereits Anfang November 2017 erfolgt ist. Mangels eines entgegenstehenden substantiierten Vortrags der Klägerin steht für die Kammer fest, dass die Klägerin zwischen Beauftragung der Fa. … GmbH und der Lieferung ihre Aufgaben mit der vorhandenen EDV-Anlage uneingeschränkt erledigen konnte.
34
Bei Annahme einer Beauftragung der Fa. … GmbH Anfang November 2017, wofür ebenfalls ein belastbarer Nachweis, z.B. in Form einer Auftragsbestätigung, fehlt, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Klägerin von der Versetzungsabsicht durch den Präsidenten des OLG … zeitgleich zur Kenntnisnahme des JMS vom 17. August 2017, Gz. … erfahren hat oder nicht, da die Klägerin mit einer Beauftragung der Fa. … GmbH jedenfalls bis Anfang November 2017 abgewartet hat. Denn zu diesem Zeitpunkt war sie sowohl durch ein Schreiben des Präsidenten des Amtsgerichts … vom 19. September 2017 als auch durch das Anhörungsschreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 27. September 2017 bereits über die Absicht informiert worden, sie von den Aufgaben einer Gerichtsvollzieherin zu entbinden und in das Amt einer Justizhauptsekretärin beim Amtsgericht … zu versetzen.
35
Aber selbst wenn zum Zeitpunkt der Beauftragung der Fa. … GmbH der Versetzungsbescheid vom 7. Dezember 2017 der Klägerin - wie von ihr dargestellt - noch nicht zugegangen gewesen sein sollte, hätte die Klägerin die Beauftragung nicht ohne weitere Nachfrage bei ihrem Dienstvorgesetzten vornehmen dürfen. Denn Gerichtsvollzieher sind gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 BKEntschV-GV, der sich als Ausfluss des Dienst- und Haushaltsrecht darstellt, bei vorhersehbarer längerfristigen Verhinderung verpflichtet, die die für die Einrichtung und Unterhaltung des Büros anfallenden Kosten soweit möglich und zumutbar zu reduzieren (Leihkauff in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Teil C - Bayern, Ziff. 1.1 - BayBesG, Art. 93, Rn. 29). Unabhängig davon, welche Folgen sich aus eine Verletzung dieser Kostenminderungspflicht ergeben, lässt sich aus der Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 1 BKEntschV-GV jedenfalls eine Dienstpflicht, sich vor Verursachung außer- bzw. überplanmäßiger Kosten mit dem Dienstherrn zur Abstimmung in Verbindung zu setzen, herleiten, wenn dem Gerichtsvollzieher Informationen darüber vorliegen, dass eine längerfristige Verhinderung absehbar ist. Wenn eine entsprechende Verpflichtung aber schon im Fall der vorhersehbaren längerfristigen Verhinderung besteht, so ergibt sich eine entsprechende Pflicht erst recht in dem Fall, dass der Gerichtsvollzieherin bekannt ist, dass sie die Tätigkeit als Gerichtsvollzieherin in Folge der Versetzung überhaupt nicht mehr ausüben wird. Hätte die Klägerin zum Zeitpunkt der Beauftragung bei ihrem Dienstvorgesetzten nachgefragt, wäre sie auf die bereits angekündigte, nunmehr anstehende Versetzung entsprechend hingewiesen worden.
36
Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 22. Februar 2018 noch Jahresabrechnungen der … eG für Strom und Gast jeweils vom 29. Januar 2019 vorgelegt hat, so sind diese nicht Streitgegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.
37
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
38
Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.