Titel:
Nutzungsuntersagung einer nicht genehmigten Nutzungsänderung von einem Laden zu einem Wettbüro
Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 114 S. 1
BayBO Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1, Art. 60 S. 1, Art. 62, Art. 76 S. 2
LStVG BY Art. 9 Abs. 1
Leitsätze:
1. Eine Nutzung von Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor, wenn das Vorhaben ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Betrieb zur Vermittlung von (Sport-)Wetten ist als Wettbüro und damit als Vergnügungsstätte einzustufen, wenn - in Abgrenzung zu einer bloßen Wettannahmestelle vergleichbar einer Lotto-Toto-Annahmestelle als Laden - in den Räumlichkeiten nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen besteht, sondern diese auch zur kommerziellen Unterhaltung dienen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Als Handlungsstörer ist bezogen auf eine Nutzungsuntersagung derjenige anzusehen, der für die formell und materiell rechtswidrige Nutzung unmittelbar verantwortlich ist. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nutzungsänderung Wettbüro, Störerauswahl, Nutzungsuntersagung, Nutzungsänderung, Wettbüro, Laden, Vergnügungsstätte, offensichtlich genehmigungsfähig, Handlungsstörer, Stellplatznachweis
Fundstelle:
BeckRS 2020, 16143
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen eine Nutzungsuntersagung bezüglich der Nutzung des Erdgeschosses des Anwesens … … als Wettbüro.
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Im Erdgeschoss des Anwesens …, Fl.Nr. …, Gemarkung …, wurde mit Bescheid aus dem Jahr 1908 eine Nutzung als Laden genehmigt.
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Das streitgegenständliche Anwesen befindet sich im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans … Bei einer Ortseinsicht durch den Außendienst der Bauordnungsbehörde der Beklagten wurde am 20. Februar 2019 festgestellt, dass im Anwesen … ein Wettbüro mit einer gewerblichen Nutzfläche von ca. 160 m² betrieben wird.
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Laut Auskunft aus dem Gewerberegister wird im Anwesen … die Tätigkeit „Vermittlung von Wetten“ seit dem 15. April 2016 durch die Klägerin betrieben.
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Mit Schreiben vom 4. März 2019 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass es sich bei der Nutzung als Wettbüro um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung handele, die von der ursprünglichen Genehmigung einer Ladenfläche nicht mehr gedeckt sei. Die ausgeübte Nutzung sei planungsrechtlich als Vergnügungsstätte einzustufen. Zwar liege ein Bauantrag bezüglich einer vergleichbaren Nutzung eines Mitbewerbers vor, eine Genehmigung sei bisher aber nicht erteilt worden.
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Das Vorhaben könne auch nicht im Nachhinein genehmigt werden. Das Vorhaben befinde sich in einem faktischen Mischgebiet. Aufgrund der zur Verfügung stehenden Fläche des Wettbüros handele es sich um ein kerngebietstypisches Vorhaben, das im Mischgebiet weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig sei. Die Nutzung sei bis zum 23. April 2019 zu beenden.
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Mit E-Mail vom 23. April 2019 teilte ein von der Klägerin beauftragter Architekt der Beklagten mit, dass er beauftragt worden sei, einen Nutzungsänderungsantrag einzureichen und dass um Fristverlängerung zur Einreichung der Unterlagen gebeten werde.
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Mit E-Mail vom 24. April 2019 teilte die Beklagte dem von der Klägerin beauftragten Architekten mit, dass die erbetene Fristverlängerung so kurz vor Ablauf der Frist nicht zielführend erscheine und eine Genehmigung auch aktuell nicht in Aussicht gestellt werden könne.
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Mit E-Mail vom 25. April 2019 teilte der von der Klägerin beauftragte Architekt mit, dass er sich bemühe, den Antrag umgehend einzureichen und dass die Nutzfläche auf unter 100 m² reduziert würde und deshalb von einer Genehmigungsfähigkeit auszugehen sei.
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Bei einer weiteren Ortseinsicht am 6. Juni 2019 durch die Bauordnungsbehörde der Beklagten wurde festgestellt, dass die beanstandete Nutzung weiterhin in unveränderter Größe vorhanden sei.
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Mit Schreiben vom 26. Juni 2019 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die eingegangenen Antragsunterlagen unvollständig seien und deshalb nicht weiterbearbeitet werden könnten. Sie würden mit der Bitte um Ergänzung zurückgegeben.
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Mit Bescheid vom 28. Juni 2019 wurde gegenüber der Klägerin als Betreiberin angeordnet, die Nutzung der als Laden genehmigten Einheit im Erdgeschoss des Anwesens … … als Wettbüro innerhalb einer Frist von einem Monat ab Zustellung des Bescheids einzustellen. Für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR angedroht.
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich um eine nicht genehmigte Nutzungsänderung handele. Die aufgegriffene Nutzung stelle ein Wettbüro dar. Es handele sich um eine gewerbliche Nutzung, welche als Vergnügungsstätte einzustufen sei. Aufgrund der Ausstattung sowie der Art und Weise des Betriebs des Wettbüros stehe die Unterhaltung der Kunden durch die Teilnahme am Wettspiel in geselliger Runde im Vordergrund. Die genehmigungspflichtige Nutzungsänderung sei mangels einer erforderlichen Baugenehmigung für das Vorhaben formell baurechtswidrig, die ausgeübte Nutzung stehe im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Die Nutzungsuntersagung sei verhältnismäßig, insbesondere sei das Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Das Vorhaben liege im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans, im Übrigen richte sich die Zulässigkeit nach § 34 BauGB.
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Es sei von einem Mischgebiet im Sinne des § 6 BauNVO auszugehen. Die bau-planungsrechtliche Einstufung müsse hier nicht endgültig entschieden werden, denn keinesfalls liege das Baugrundstück in einem Kerngebiet oder dem gewerblich geprägten Teil eines Mischgebiets. Damit könne ungeachtet der konkreten Einstufung des Gebietes nicht davon ausgegangen werden, dass ein Wettbüro offenkundig zulässig wäre. Hinzu komme, dass nach der Berechnung des Stellplatzbedarfs zusätzliche Stellplätze nachzuweisen wären, was bisher ebenfalls nicht geschehen sei.
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Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2019, eingegangen bei Gericht am 23. Juli 2019, ließ die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage erheben und beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2019, Az. …, aufzuheben.
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Am 9. August 2019 wurde durch die Klägerin ein Bauantrag gestellt. Beantragt wird die Genehmigung einer Nutzungsänderung von Büro und Laden in Wettbüro und Laden. Über den Bauantrag wurde noch nicht entschieden.
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Am 15. August 2019 wurde durch die Klägerin ein weiterer Bauantrag eingereicht; die zu diesem gehörenden Unterlagen sind nach Angaben der Beklagten mit denen des am 9. August 2019 eingereichten Bauantrages identisch.
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Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 17. März 2020,
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Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Nutzungsuntersagung in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ergangen sei. Hinsichtlich des am 9. August 2019 eingereichten Bauantrages liege eine planungsrechtliche Stellungnahme noch nicht vor; die notwendige denkmalrechtliche Zustimmung zu dem Vorhaben könne jedoch nicht erteilt werden und der Stellplatznachweis aus verkehrlicher Sicht nicht anerkannt werden.
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In der mündlichen Verhandlung am 10. Juni 2020 wurde mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert, diese stellten die angekündigten Anträge.
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Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Behördenakten; hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Streitgegenstand der vorliegenden Klage ist der Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2019, mit dem der Klägerin die Nutzung der Einheit im Erdgeschoss des Anwesens … … … als Wettbüro untersagt wurde.
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Nutzungsuntersagung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Die Nutzungsuntersagung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 76 Satz 2 BayBO. Nach dieser Vorschrift kann die Nutzung untersagt werden, wenn Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werden. Eine Nutzung von Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor, wenn das Vorhaben ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit regelmäßig dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH B.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris; VG Ansbach U.v. 16.8.2018 - AN 9 K 17.02668 - juris).
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Die Nutzung der streitgegenständlichen Räume als Wettbüro stellt eine Nutzung im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften dar, da es sich um eine nicht genehmigte, aber genehmigungspflichtige Nutzungsänderung handelt (siehe 1.). Die Anordnung der Nutzungsuntersagung erging auch ermessensfehlerfrei (siehe 2.), sie ist insbesondere verhältnismäßig, da die streitgegenständliche Nutzung nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist (siehe 2.1). Auch die Störerauswahl ist nicht zu beanstanden (siehe 2.2).
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1. Die Nutzung der als Laden genehmigten Räume als Wettbüro stellt eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar, die nicht genehmigt wurde (siehe 1.1) und die auch nicht als verfahrensfrei einzustufen ist (siehe 1.2).
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1.1 Der Wechsel von der ursprünglich genehmigten Nutzung „Laden“ in die vorliegende Nutzung „Wettbüro“ stellt eine gem. Art. 55 Abs. 1 BayBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar. Eine Nutzungsänderung im Sinne des Art. 55 Abs. 1 BayBO ist dann anzunehmen, wenn die einer jeden Nutzung eigene tatsächliche Variationsbreite überschritten wird und der neuen Nutzung eine andere Qualität zukommt als der bisherigen Nutzung (vgl. Decker in Simon/Busse BayBO, Stand Dezember 2019, Art. 55 Rn. 28).
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Ein Betrieb zur Vermittlung von (Sport-)Wetten ist nach ständiger Rechtsprechung als Wettbüro und damit als Vergnügungsstätte einzustufen, wenn - in Abgrenzung zu einer bloßen Wettannahmestelle vergleichbar einer Lotto-Toto-Annahmestelle als Laden - in den Räumlichkeiten nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen besteht, sondern diese auch zur kommerziellen Unterhaltung dienen. Dabei reicht es insoweit für die Annahme einer Vergnügungsstätte nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bereits aus, wenn im Wettbüro Livewetten vermittelt werden und die Möglichkeit besteht, sich in den Räumlichkeiten aufzuhalten, um die aktuellen Quotenergebnisse live zu verfolgen. Bereits daraus resultieren der Verweilcharakter und die Annahme einer kommerziellen Unterhaltung, wie sie eine Vergnügungsstätte bietet. Gerade Livewetten bilden nämlich eine rasche Aufeinanderfolge ständig aktualisierter Wettmöglichkeiten und sprechen damit den Spieltrieb besonders nachhaltig an und sind ähnlich wie Geld- oder Glücksspielautomaten auf Unterhaltung an Ort und Stelle angelegt. Die Ausstattung der Räumlichkeiten mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind keine unabdingbaren Voraussetzungen für das Vorliegen eines als Vergnügungsstätte zu qualifizierenden Wettbüros, aber weitere Indizien hierfür; selbiges gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Diese ist insbesondere relevantes Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (vgl. zum Ganzen BayVGH B.v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 15; B.v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 8; B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris Rn. 24).
30
Die streitgegenständliche Nutzung stellt mit ihrem Erscheinungsbild, wie es den in der Behördenakte enthaltenen Lichtbildern zu entnehmen ist, zweifelsohne ein Wettbüro und somit eine Vergnügungsstätte dar. Dies ergibt sich unter anderem aus der Ausstattung mit Sitzgelegenheiten, mit verschiedenen Terminals und Geldspielautomaten sowie aus dem Vorhandensein der zahlreichen Bildschirme.
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Einem als eine Vergnügungsstätte zu qualifizierendem Wettbüro kommt eine andere Qualität zu als einer bloßen Ladennutzung, die gerade nicht der kommerziellen Unterhaltung dient. Dies zeigt sich beispielsweise hinsichtlich der üblichen Verweildauer der Kunden, die beim Besuch einer Vergnügungsstätte und dem Aufenthalt in dieser in der Regel deutlich länger ausfällt als beim bloßen Besuch eines Ladengeschäftes, hinsichtlich der üblicherweise im Vergleich zu den Öffnungszeiten einer bloßen Ladennutzung umfangreicheren Öffnungszeiten sowie hinsichtlich des größeren Stellplatzbedarfs des als Vergnügungsstätte zu qualifizierenden Wettbüros. Dies wird auch bestätigt durch die unterschiedlichen Kategorien „Läden“ und „Vergnügungsstätten“ in der BauNVO und die daran anknüpfende unterschiedliche Zulässigkeit in den einzelnen Baugebieten. Durch die derzeitige Nutzung wird somit auch die Variationsbreite der genehmigten Nutzung als Laden verlassen (vgl. hierzu BayVGH U.v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - juris; B.v. 19.5.2016 - 15 CS 16.300 - juris; B.v. 28.6.2016 - 15 CS 15.44 - juris).
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1.2 Es besteht auch keine Verfahrensfreiheit gem. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO, wonach eine Nutzungsänderung verfahrensfrei ist, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-recht-lichen Anforderungen nach Art. 60 Satz 1 und Art. 62 BayBO in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung. Hier kommen - wie bereits erörtert - für die Nutzung als Wettbüro gerade andere öffentlich rechtliche Anforderungen in Betracht, da es sich - anders als bei einer Ladennutzung - bei einem Wettbüro um eine Vergnügungsstätte handelt.
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2. Die Nutzungsuntersagung ist ermessensfehlerfrei ergangen.
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2.1 Die Nutzung als Wettbüro erweist sich nicht als offensichtlich genehmigungsfähig.
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Der durch Art. 76 Satz 2 BayBO der Behörde eingeräumte Ermessensspielraum bezieht sich zum einen darauf, ob die Behörde überhaupt einschreitet (sog. Handlungs- oder Entschließungsermessen) und zum anderen darauf, welches Mittel sie zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands einsetzt und welchen Störer sie in Anspruch nimmt (sog. Auswahlermessen). Gem. § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Nach Art. 40 BayVwVfG hat die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
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Lediglich bei einer offensichtlich genehmigungsfähigen Nutzung erweist sich eine dennoch verfügte Nutzungsuntersagung als ermessensfehlerhaft (siehe hierzu etwa BayVGH B.v. 4.8.2004 - 15 CS 04.1648 - juris; VG Ansbach B.v. 12.2.2020 - AN 3 S 19.02602). Die Bauaufsichtsbehörde muss im Rahmen einer Nutzungsuntersagung gerade keine Prüfung nach den Maßstäben eines Baugenehmigungsverfahrens vornehmen. Art. 76 Satz 2 BayBO soll gewährleisten, dass ein genehmigungspflichtiges Vorhaben nicht ohne die Durchführung des nötigen Genehmigungsverfahrens bestehen kann (siehe hierzu Decker in Simon/Busse, BayBO Stand Dezember 2019, Art. 76 Rn. 302).
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Von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Dies gilt schon im Hinblick auf den nicht abschließend geklärten Gebietscharakter, die nach Angaben der Beklagten bislang nicht hinreichend nachgewiesenen Stellplätze sowie die nach Angaben der Beklagten fehlende denkmalrechtliche Zustimmung.
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2.2 Die Störerauswahl der Beklagten begegnet keinen Bedenken.
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Bauaufsichtsrechtliche Anordnungen richten sich an diejenige Person, die die sicherheitsrechtliche Verantwortung für den baurechtswidrigen Zustand trägt. Mangels spezialgesetzlicher Regelung ist für die Störerauswahl auf die allgemeinen Grundsätze des Sicherheitsrechts zurückzugreifen, d.h. insbesondere ist Art. 9 LStVG heranzuziehen. Nach dieser Regelung kann die Anordnung sowohl gegenüber dem sogenannten Handlungsstörer, dem Zustandsstörer oder dem Nichtstörer ergehen. Handlungsstörer ist derjenige, dessen Verhalten die Gefahr oder die Störung verursacht hat, Zustandsstörer ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt oder der Eigentümer einer Sache oder einer Immobilie, deren Zustand Grund für die Gefahr oder die Störung ist (siehe hierzu VG Ansbach U.v. 3.7.2019 - AN 9 K 18.00317 - juris).
40
Als Handlungsstörer ist bezogen auf die Nutzungsuntersagung derjenige anzusehen, der für die formell und materiell rechtswidrige Nutzung unmittelbar verantwortlich ist. Diese unmittelbare Verantwortlichkeit ist bei der Klägerin als Betreiberin des streitgegenständlichen Wettbüros gegeben. Die von der Beklagten eingeholten Gewerberegisterauszüge, deren Richtigkeit die Klägerin auch nicht entgegengetreten ist, weisen die Klägerin eindeutig als Betreiberin aus (siehe hierzu VG Ansbach U.v. 3.7.2019 - AN 9 K 18.00318 - juris)
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Berücksichtigt man die Tatsache, dass der Handlungsstörer durch seine Tätigkeit mehr zur Störung der Rechtsordnung beiträgt als beispielsweise der Grundstückseigentümer als Zustandsstörer, erscheint es regelmäßig sachgerecht, den Handlungsstörer vorrangig in Anspruch zu nehmen (vgl. BayVGH B.v. 28.5.2001 - 1 ZB 01.664 - juris). Die Heranziehung der Klägerin, die durch den Betrieb der illegalen Nutzung unmittelbar stört, entspricht daher dem Gebot der effektiven Gefahrenabwehr (hierzu BayVGH B.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris).
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Auch das angedrohte Zwangsgeld begegnet keinen Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit. Es findet seine Rechtsgrundlage in den Art. 29 Abs. 2 Nr. 3, 31 Abs. 1, Abs. 2, 36 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BayVwZVG und erweist sich sowohl der Höhe als auch dem Grunde nach als rechtmäßig.
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Nach alledem war die Klage vollumfänglich abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.