Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 18.02.2020 – B 5 K 18.379
Titel:

Bayerisches Beihilferecht für Beamte: Keine Notwendigkeit einer zahnärztlichen Behandlung (hier: Heal-Ozone-Verfahren, NICO-Verfahren sowie Platelet Rich Fibrin)

Normenketten:
BayBhV § 7 Abs. 5
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1, § 117, § 167 Abs. 1 S. 1
GOZ § 1 Abs. 2, § 5, § 6 Abs. 1
BayBG § 96 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Eine Beihilfefähigkeit für das „Heal-Ozone-Verfahren“ besteht nach Nr. 2 Anlage 2 zu § 7 Abs. 5 BayBhV lediglich für Aufwendungen im Rahmen einer Ozontherapie bei Gasinsufflationen, wenn damit arterielle Verschlusserkrankungen behandelt werden. Zahnärztlich ist das Verfahren zur Desinfektion von Wurzeln mit Ozongas nicht notwendig. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das „Heal-Ozone-Verfahren“ ist zahnärztlich zur Desinfektion nicht erforderlich, da es andere, preiswertere Verfahren mit gleicher Wirkung gibt. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Gleiches gilt unter Berücksichtigung der o.g. Maßstäbe für den Einsatz des Platelet Rich Fibrin. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
4. Diagnostische und therapeutische Maßnahmen im Rahmen der Neuralgia Inducing Cavitational Osteonecrosis (NICO) sind nicht beihlifefähig, da sie von weiten Bereichen der Medizin und Zahnmedizin nicht anerkannt sind. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Notwendigkeit einer zahnärztlichen Behandlung, wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Heilmethoden, Ozontherapie („Heal-Ozone-Verfahren“), Platelet Rich, Fibrin, Neuralgia Inducing, Cavitational Osteonecrosis (NICO), anerkannte Behandlungsmethode, Alimentation, Beihilfe, Behandlungsmethode, Besoldung, Heilbehandlung, Krankenversicherung, medizinische Notwendigkeit, Heal-Ozone-Verfahren, Notwendigkeit einer zahnärztlichen Behandlun, zahnärzliche Behandlung, wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Heilmethode, Ozontherapie, Cavitational Osteonecrosis, NICO, Osteopathie, Therapie, Desinfektion
Fundstelle:
BeckRS 2020, 15735

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Festsetzung einer weiteren Beihilfe für zahnärztliche Behandlungen seiner Ehefrau.
2
Der Kläger ist als Beamter im Rahmen der Bayerischen Beihilfeverordnung (BayBhV) beihilfeberechtigt, § 2 Abs. 1 Nr. 2 BayBhV. Er beantragte für seine Ehefrau am 29.01.2018 die Kostenübernahme für die Position 9000a der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) in Verbindung mit Nr. 250 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), die Nr. 9120 GOZ sowie die Position 9090a GOZ einer Zahnarztrechnung vom 24.01.2018.
3
Mit Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 06.02.2018 wurde eine Beihilfe zu den o.g. Positionen nicht gewährt. Bei der in Rede stehenden Behandlung handele es sich um eine wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode. Die Aufwendungen hierfür seien nach § 7 Abs. 5 BayBhV i.V.m. Nr. 1 der Anlage 2 zu § 7 Abs. 5 BayBhV von der Beihilfefähigkeit ausdrücklich ausgeschlossen. Dies betreffe Platelet Rich Fibrin mit der Nr. 9000a und Nr. 250 GOÄ sowie die Wundflächenentkeimung mittels Ozon mit der  Nr. 9090a. Die Nr. 9120 GOZ beinhalte den externen Sinuslift je Kieferhälfte. Insoweit sei die  Nr. 9120 GOZ viermal für die Region 18, 17, 46 und 48 zur Entfernung von Osteolysen angesetzt worden.
4
Gegen den Bescheid vom 06.02.2018 legte der Kläger mit Schreiben vom 06.03.2018 Widerspruch ein. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.03.2018 als unbegründet zurückgewiesen. Der Beihilfebescheid vom 06.02.2018 sei hinsichtlich der Kürzungen bei der Rechnung vom 24.01.2018 rechtmäßig und nicht zu beanstanden. Die GOZ-Nr. 9000a sei als Wundflächenentkeimung mittels Ozon angesetzt worden. Ozon sei ein instabiles bakterizid wirkendes Gas. Bei der Wundflächenentkeimung mittels Ozon würden dessen bakterizide Eigenschaften, die sich aus Oxidationsprozessen an den Zellmembranen von Mikroorganismen ergeben würden, therapeutisch genutzt. Da die Wirksamkeit und der Nutzen dieses Verfahren nicht belegt seien, müsse es als experimentell bezeichnet werden und entspreche nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 GOZ. Vielmehr müsse das Verfahren im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 und § 2 Abs. 3 GOZ als Verlangensleistung berechnet werden. Der Zahnarzt müsse, sofern er dieses Verfahren anwenden wolle, den Patienten ausdrücklich darüber aufklären, dass eine Übernahme der Kosten durch seine Private Krankenversicherung oder Beihilfekostenstellen nicht gesichert sei und mit welchen voraussichtlichen Kosten er rechnen müsse (vgl. § 630c Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Die Aufwendungen seien daher nicht beihilfefähig.
5
Die GOZ Nr. 9000a sei als Platelet Rich Fibrin angesetzt worden. Diese Verfahren würden auf der Tatsache beruhen, dass thrombozyten-angereichertes Plasma durch bei der Gerinnung freigesetzte Wachstumsfaktoren Wundheilungs- und Regenerationsprozesse in Defekten beschleunigen könne. Das Plasma werde beispielsweise Knochenersatzmaterialien zugesetzt, um die Einheilung zu unterstützen. Die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde e.V. (DGZMK) stelle in ihrer Wissenschaftlichen Mitteilung fest, dass das Verfahren nach Auswertung von randomisierten kontrollierten Studien keinen fördernden Effekt auf die Knochenregeneration bei der knöchernen Augmentation des Sinusbodens und des Alveolarfortsatzes erbracht habe. Da die Wirksamkeit und der Nutzen dieses Verfahrens nicht belegt seien, müsse es als experimentell bezeichnet werden und entspreche nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 GOZ. Auch insoweit sei daher eine Beihilfefähigkeit nicht gegeben.
6
Im Hinblick auf Nr. 9120 GOZ wird ausgeführt, dass sich die Neuralgia Inducing Cavitational Osteonecrosis (NICO) als chronisch-osteopathische Erweichung im Kieferknochen zeige. Diese Form von Osteopathie werde von weiten Bereichen der Medizin und Zahnmedizin nicht anerkannt. Deutlich unterscheide sich die NICO von der klassischen Form einer akuten oder chronischen Osteomyelitis. Sie sei vom amerikanischen Pathologen Professor Bouquot entdeckt und als solche bezeichnet worden, weil sie häufig unspezifische Gesichtsschmerzen auslöse. Derzeit gebe es keine wissenschaftliche Evidenz für die nachhaltige Wirksamkeit des Verfahrens. Da die Wirksamkeit und der Nutzen dieses Verfahrens nicht belegt seien, müsse es als experimentell bezeichnet werden und entspreche nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 GOZ.
7
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 12.04.2018, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am 16.04.2018 eingegangen, hat der Kläger Klage erhoben und beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landesamtes für Finanzen vom 06.02.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.03.2018 zu verpflichten, dem Kläger für die Behandlung der Ehefrau durch den Zahnarzt … weitere Beihilfeleistungen wie beantragt zu gewähren.
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Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 29.05.2018 vorgetragen, dass der Bescheid des Beklagten vom 06.02.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.03.2018 rechtswidrig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze. Aus einer Stellungnahme des behandelnden Arztes vom 22.02.2018, die dem Beklagten im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vorgelegt worden sei, ergebe sich, dass die indizierten Heilmaßnahmen bei der Ehefrau des Klägers aufgrund einer medizinischen Notwendigkeit durchgeführt worden seien. Es sei eine fettige degenerative Osteolyse des Kieferknochens (FGOK) sowie NICO (Neuralgie induzierende hohlraumbildende Osteonekrosen) diagnostiziert worden. Bei letzterem handele es sich um eine Sonderform der Kieferknochen-Osteopathie bezogen auf neuralgieforme Beschwerden. Hierdurch werde eine stumme chronische Entzündung hervorgerufen. Es werde angeregt insoweit ein zahnmedizinisches Gutachten einzuholen. Die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid zu den Honorarkosten/Schwellenwert über dem 2,3-fachen Steigerungsfaktor gemäß § 5 GOZ gingen völlig ins Leere. Die einzige Position, die erkennbar mit einem Steigerungssatz von über 2,3 abgerechnet worden sei, sei die intraorale Leitungsanästhesie vom 11.01.2018 mit einem Faktor von 3,0. Aus der Fußnote der Rechnung ergebe sich, dass hier ein erheblicher Zeitaufwand wegen gewebeschwellender, langsamer und zweiseitiger Filtration gegeben gewesen sei. Dies sei auch aus medizinischer Nachsicht nachvollziehbar und begründet. Auch diesbezüglich werde die Einholung eines Gutachtens angeregt. Mithin sei nicht lediglich ein „erhöhter Zeitaufwand“ ohne gesonderte Begründung zur Schwellenwertüberschreitung angegeben worden. Vielmehr entspreche die Abrechnung einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung.
9
Im Hinblick auf die Abrechnungsposition GOZ-Nr. 9090a führt der Klägerbevollmächtigte aus, dass vorliegend eine Wundflächenentkeimung mittels Ozon ausgeführt und berechnet worden sei. Ozon sei ein Sauerstoff in 3-wertiger Form. Dieses flüssige Gas werde mit Hilfe von ultravioletter Strahlung (LED) oder elektrischer Entladung hergestellt. Das Ozon-Gas werde medizinisch lokal verwendet und töte dabei (ohne Nebenwirkungen) zuverlässig Bakterien, Viren und Pilze ab. Dies sei auch allgemein wissenschaftlich anerkannt. Auch diesbezüglich werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeregt. Es handele sich damit nicht um eine Verlangensleistung. Damit sei § 6 Abs. 1 GOZ einschlägig. Demnach könnten selbstständige zahnärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen seien, entsprechend nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertigen Leistungen des Gebührenverzeichnisses berechnet werden (Analogberechnung).
10
In Bezug auf GOZ-Nr. 9000a wird ausgeführt, dass zur Unterstützung der regelrechten Wundheilung vorliegend ein Fibrinkegel in die Alveole eingebracht worden sei. Das Fibrinkonzentrat werde präoperativ mittels Eigenblut hergestellt. Dafür werde unmittelbar mit einer Geschwindigkeit von 3.500 Drehungen/Minute zentrifugiert. Dadurch würden die roten Blutkörperchen von den weißen Blutkörperchen getrennt. Die Leukozyten und Thrombozyten würden in der Wundalveole nach der Zahnentfernung eingesetzt. Sie hätten - auch dies sei wissenschaftlich nachgewiesen - eine positive Wirkung gegen postoperative Infektionen. Hierdurch würden weniger Schmerzmittel benötigt. Außerdem beinhalteten die Thrombozyten Wachstumsfaktoren, die die Proliferation von Fibroplasten begünstigen würden. Es entstehe dadurch ein schnellerer Wundverschluss. Es handele sich um ein sogenanntes Rich Fibrin Platelet. Auch hierbei handele es sich nicht um ein experimentelles Verfahren, sondern um ein solches, welches als Heilmethode anerkannt sei. Auch diesbezüglich werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeregt und auf § 6 Abs. 1 GOZ verwiesen.
11
Hinsichtlich GOZ-Nr. 9120 sei zu berücksichtigen, dass das NICO-Verfahren eine Heilbehandlung sei, die aufgrund einer Knochenentzündung durchgeführt werde. Diese sei ebenfalls nicht im Katalog enthalten, weshalb eine Abrechnung analog nach § 6 Abs. 1 GOZ zu erfolgen habe. Es handele sich um eine medizinisch anerkannte Behandlungsmethode, welche vorliegend auch einen Behandlungserfolg gezeigt habe. Auch zu diesem Punkt werde die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeregt. Voraussetzung für die medizinische Notwendigkeit einer Leistung sei nicht, dass Langzeitstudien vorliegen würden. Zumal die Tatsache, dass der Beklagte lediglich evidenzbasierte Medizin zur Behandlung zulassen würde, jeglichen Fortschritt bei den Behandlungsmethoden ausschließe.
12
Damit sei die Beihilfefähigkeit der in Rede stehenden Leistungen gegeben. Die medizinische Notwendigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 GOZ liege vor. Die Behandlungen seien im Zeitpunkt ihrer Vornahme ärztlich vertretbar gewesen. Es handele sich vorliegend um medizinische Fragen, die durch entsprechend sachkundige Personen zu entscheiden seien. Der Beklagte habe die Stellungnahme des behandelnden Arztes nicht hinreichend berücksichtigt. Ein Gutachten sei nicht eingeholt worden.
13
Für die Beklagte beantragt das Landesamt für Finanzen mit Schriftsatz vom 25.06.2018,
die Klage abzuweisen.
14
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Klage unbegründet sei. Beihilfefähig seien nach den Vorschriften der §§ 8 bis 44 BayBhV Aufwendungen, wenn sie dem Grunde nach notwendig, der Höhe nach angemessen seien und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen sei (§ 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV). Notwendig seien Maßnahmen, die eine Not abwenden und darum unerlässlich bzw. unentbehrlich, unvermeidlich oder zwangsläufig seien. Die Kosten lediglich nützlicher, aber medizinisch nicht notwendiger Aufwendungen könnten beihilferechtlich nicht berücksichtigt werden und seien damit vom Beihilfeberechtigten selbst zu tragen. Die vorliegend in Rede stehenden Behandlungen seien zweifellos als medizinisch nicht notwendig zu betrachten. Insoweit wird auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müsse die amtsangemessene Alimentation lediglich die Kosten einer Krankenversicherung abdecken. Die Beihilfe sei nicht Bestandteil dieser Alimentation. Das Beihilfesystem müsse den Anforderungen aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten genügen. Diese Fürsorgepflicht erfordere keinen vollständigen Ausgleich aller Aufwendungen. Die Beihilfe sei nach ständiger Rechtsprechung eine Fürsorgeleistung, die zu der zumutbaren Eigenvorsorge des Beamten hinzutrete, um seine wirtschaftliche Lage in einer der Fürsorgepflicht entsprechenden Weise durch Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln zu erleichtern. Sie solle den Beamten von den durch die Besoldung nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen im angemessenen Umfang freistellen. Jedoch liege es im Ermessen des Dienstherrn, inwieweit er den Beamten von den nicht gedeckten notwendigen Aufwendungen freistelle bzw. gewisse Kosten der zumutbaren Eigenvorsorge dem Beamten überlasse.
15
Mit Schriftsatz vom 15.07.2019 teilte das Landesamt für Finanzen für den Beklagten mit, dass Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung besteht. Der Klägerbevollmächtigte verzichtete mit Schriftsatz vom 31.07.2019 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
16
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der vorgelegten Behördenakte, § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Entscheidungsgründe

17
Mit Zustimmung der Beteiligten kann das Gericht nach § 101 Abs. 2 VwGO über die Verwaltungsstreitsache ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
I.
18
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer weiteren Beihilfe für die zahnärztlichen Behandlungen seiner Ehefrau, folglich kann ihn deren Ablehnung durch Bescheid vom 06.02.2018 und Widerspruchsbescheid vom 14.03.2018 auch nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
19
Nach Art. 96 Abs. 2 S. 1 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) werden Beihilfeleistungen zu den nachgewiesenen medizinisch notwendigen und angemessenen Aufwendungen in Krankheits-, Geburts- und Pflegefällen und zur Gesundheitsvorsorge gewährt.
20
Entsprechend sieht § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV vor, dass Aufwendungen grundsätzlich nur dann beihilfefähig sind, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig sind. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann der Fall, wenn die Aufwendungen für eine medizinisch gebotene Behandlung entstanden sind, die der Wiedererlangung der Gesundheit, der Besserung oder Linderung von Leiden, der Beseitigung oder dem Ausgleich körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen dienen. Die Behandlung muss darauf gerichtet sein, die Krankheit zu therapieren (BVerwG, U.v. 10.10.2013 - 5 C 32.12 - ZBR 2014, 134 Rn. 13 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.5.2014 - 14 ZB 13.2658 - juris Rn. 7). Allerdings ist nicht jedwede Therapie, die zur Behandlung einer Krankheit eingesetzt wird, medizinisch notwendig und damit beihilfefähig. Es obliegt dabei dem Beihilfeberechtigten, die Notwendigkeit und Angemessenheit der durchgeführten bzw. beabsichtigten Behandlung substantiiert zu belegen (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2013 - 14 ZB 11.1202 - juris Rn. 7).
21
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der Prüfung der Notwendigkeit einer Behandlung regelmäßig der Beurteilung des behandelnden Arztes zu folgen. Ausgenommen davon sind jedoch wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden, weil die Gewährung von Beihilfen auf der Erwartung beruht, dass die jeweilige Heilbehandlung zweckmäßig ist und hinreichende Gewähr für eine möglichst rasche und sichere Therapie im Interesse einer effektiven und sparsamen Verwendung von Steuergeldern, aus denen die Beihilfen finanziert werden, bietet (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.1995 - 2 C 15/94 - NJW 1996, 801).
22
§ 7 Abs. 5 BayBhV schließt wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Methoden von der Beihilfefähigkeit ganz oder teilweise aus. Die Einzelheiten und die betreffenden Methoden mit völligem oder teilweisem Ausschluss sind in Anlage 2 zu § 7 Abs. 5 BayBhV aufgeführt.
23
Eine Behandlungsmethode ist dann wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt, wenn eine Einschätzung ihrer Wirksamkeit und Geeignetheit durch die in der jeweiligen medizinischen Fachrichtung tätigen Wissenschaftler nicht vorliegt oder wenn die überwiegende Mehrheit der Wissenschaftler die Erfolgsaussichten als ausgeschlossen oder jedenfalls gering beurteilt (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.1995 - 2 C 15/94).
24
Der Ausschluss bestimmter Behandlungsmethoden stellt einen Teil der Fürsorgepflicht dar, damit nicht unter Umständen ein ungeeignetes oder vielleicht sogar schädliches Verfahren zusätzlich durch eine Beihilfegewährung unterstützt und damit in gewisser Weise anerkannt wird (vgl. Brückner, PdK Bay C-18, Ziffer 8.6., Stand: Februar 2019).
25
1. Ausgeschlossen ist auch das „Heal-Ozone-Verfahren“, das unter Umständen als Ozontherapie als beihilfefähig unter den in Nr. 2 Anlage 2 zu § 7 Abs. 5 BayBhV genannten Bedingungen anerkannt werden könnte. Es fehlen aber Erfahrungen über längere Anwendungszeiten. Die Therapiebeschreibungen für Ozonverfahren passen nicht dafür. Zahnärztlich ist das Verfahren zur Desinfektion von Wurzeln mit Ozongas nicht notwendig, weil es andere, preiswertere Verfahren mit gleicher Wirkung gibt (vgl. Brückner, PdK Bay C-18, Ziffer 8.6., Stand: Februar 2019). Eine Beihilfefähigkeit besteht nach Nr. 2 Anlage 2 zu § 7 Abs. 5 BayBhV lediglich für Aufwendungen im Rahmen einer Ozontherapie bei Gasinsufflationen, wenn damit arterielle Verschlusserkrankungen behandelt werden. Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor.
26
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn gebieten, in Ausnahmefällen auch die Kosten einer wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode zu erstatten. Diese Verpflichtung besteht dann, wenn sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer bestimmten Krankheit noch nicht herausgebildet hat, das anerkannte Heilverfahren nicht angewendet werden darf oder wenn ein solches bereits ohne Erfolg eingesetzt worden ist. Weitere Voraussetzung der Beihilfefähigkeit ist, dass die wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethode nach einer medizinischen Erprobungsphase entsprechend dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft noch wissenschaftlich allgemein anerkannt werden kann (BVerwG, U.v. 18.6.1998 - 2 C 24/97 - NJW 1998, 3436; B.v. 15.3.1984 - 2 C 2/83 - NJW 1985, 1413; U.v. 29.6.1996 - 2 C 15/94 - NJW 1996, 801). Diese Voraussetzungen sind im Falle der bei der Ehefrau des Klägers angewandten Wundflächenentkeimung mittels Ozon (Abrechnungs-Nr. 9090a GOZ) ebenfalls nicht erfüllt. Bereits nach den o.g. Ausführungen ist das Verfahren zahnärztlich zur Desinfektion nicht erforderlich, da es andere, preiswertere Verfahren mit gleicher Wirkung gibt. Dass diese anderen, anerkannten Verfahren bei der Ehefrau des Klägers nicht hätten angewendet werden können oder erfolglos durchgeführt worden seien, ist weder dargetan noch ersichtlich. Mithin hat der Beklagte die durchgeführte „Wundflächenentkeimung mittels Ozon“ zu Recht als nicht-beihilfefähig anerkannt.
27
Ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Beihilfe lässt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 6.12.2005 - 1 BvR 347/98 - NJW 2006, 891) ableiten. Es hat entschieden, mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip sei es nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohlich oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Es kann dahinstehen, ob dies in Ansehung von Art. 33 Abs. 5 GG auch für die Erfüllung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn durch Gewährung von Beihilfen im Krankheitsfall gilt. Leistungsansprüche können danach nämlich nur für lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankungen hergeleitet werden, für die eine dem allgemein anerkannten, medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht (vgl. BayVGH, U.v. 21.12.2006 - 14 B 04.1116 - BeckRS 2009, 38576 m.w.N.). Die Erkrankung der Ehefrau des Klägers war jedoch weder lebensbedrohlich noch vorhersehbar tödlich, so dass eine zur Behandlung geeignete, dem allgemein anerkannten medizinischen Standard entsprechende Behandlungsmethode nicht existieren würde oder nicht mehr sinnvoll eingesetzt werden könnte. Mithin kann auch unter diesem Gesichtspunkt keine Beihilfefähigkeit der fraglichen Behandlung anerkannt werden.
28
2. Gleiches gilt unter Berücksichtigung der o.g. Maßstäbe für den Einsatz des Platelet Rich Fibrin. Der Beklagte hat bereits in seinem Widerspruchsbescheid zutreffend darauf hingewiesen, dass die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde e.V. (DGZMK) im Rahmen einer wissenschaftlichen Mitteilung festgestellt habe, dass sich für die knöcherne Augmentation des Sinusbodens (Sinuslift) und des Alveolarfortsatzes keine überzeugende Evidenz für einen fördernden Effekt auf die Knochenregeneration habe nachweisen lassen (vgl. Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift 2013, 313ff). Auch greift vorliegend der Ausschluss der Beihilfefähigkeit nach § 7 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m.  Anlage 2 Nr. 1 BayBhV. Demnach sind Aufwendungen für Untersuchungen oder Behandlungen nach wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Methoden einschließlich der hierbei verordneten Arznei- und Verbandmittel und Medizinprodukte, die in Anlage 2 Nr. 1 aufgeführt sind, nicht beihilfefähig. Demzufolge besteht ein völliger Ausschluss der Beihilfefähigkeit für die modifizierte Eigenblutbehandlung (z. B. nach Garthe, Blut-Kristall-Analyse unter Einsatz der Präparate Autohaemin, Antihaemin und Anhaemin) und für sonstige Verfahren, bei denen - wie hier - aus körpereigenen Substanzen des Patienten individuelle Präparate gefertigt werden (z. B. Gegensensibilierung nach Theuer, Clustermedizin), vgl. Anlage 2 Nr. 1 Buchst. M BayBhV. Nach alledem bestanden keine Zweifel daran, dass die bei der Ehefrau des Klägers angewandte Behandlungsmethode wissenschaftlich nicht anerkannt ist. Mithin bedurfte es seitens der Beihilfestelle auch nicht der Einholung eines amts- oder vertrauensärztlichen Gutachtens (vgl. VV zu § 7 BayBhV). Zudem liegt kein Ausnahmefall für eine Beihilfefähigkeit der in Rede stehenden wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten Behandlungsmethode vor. Im Hinblick auf den Ansatz des „Platelet Rich Fibrin“ ist schon unklar, weshalb es des Einsatzes dieses Verfahrens im Falle der Ehefrau des Klägers aus Sicht des behandelnden Arztes bedurfte. Zwar wird dieses Verfahren nach den Ausführungen des behandelnden Zahnarztes eingesetzt, um die Einheilung zu unterstützen. Thrombozytenangereichertes Plasma könne durch bei der Gerinnung freigesetzte Wachstumsfaktoren Wundheilungs- und Regenerationsprozesse in Defekten beschleunigen. Allerdings wird schon nicht dargelegt, dass im Fall der Ehefrau des Klägers eine Wundheilungsstörung bestand bzw. weshalb eine solche zu erwarten gewesen wäre. Darüber hinaus kann nicht davon ausgegangen werden, dass zur Therapie von Wundheilungsstörungen keine konventionellen, wissenschaftlich anerkannten Methoden zur Verfügung stünden. Auch wurde nicht dargelegt, weshalb im Fall der Ehefrau des Klägers derartige wissenschaftlich anerkannte Behandlungsoptionen nicht eingesetzt werden konnten bzw. dass konventionelle Therapien bereits erfolglos angewandt wurden. Darüber hinaus diente die Verwendung des Platelet Rich Fibrin ersichtlich nicht der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder vorhersehbar tödlichen Erkrankung.
29
3. Schließlich scheidet auch eine Beihilfegewährung für diagnostische und therapeutische Maßnahmen im Rahmen der Neuralgia Inducing Cavitational Osteonecrosis (NICO) aus. Letztere zeigt sich als chronisch-osteopathische Erweichung im Kieferknochen. Diese Form von Osteopathie wird jedoch - wie der Beklagte im Rahmen der angegriffenen Bescheide bereits zutreffend ausgeführt hat - von weiten Bereichen der Medizin und Zahnmedizin nicht anerkannt. Deutlich unterscheidet sich die NICO von der klassischen Form einer akuten oder chronischen Osteomyelitis. Sie wurde vom amerikanischen Pathologen Professor Bouquot entdeckt und als solche (NICO = Neuralgie induzierende hohlraumbildende Osteonekrosen) bezeichnet, weil sie häufig unspezifische Gesichtsschmerzen auslöst. Zurzeit gibt es keine wissenschaftliche Evidenz für die nachhaltige Wirksamkeit des Verfahrens. Da die Wirksamkeit und der Nutzen dieser Verfahren im Zusammenhang mit dem Krankheitsbild NICO nicht belegt sind, müssen sie als experimentell bezeichnet werden und entsprechen nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 GOZ. Vielmehr müssen die Verfahren im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 und § 2 Abs. 3 GOZ als Verlangensleistung berechnet werden. Der Zahnarzt muss, sofern er diese Verfahren anwenden möchte, den Patienten ausdrücklich darüber aufklären, dass eine Übernahme der Kosten durch seine Private Krankenversicherung oder Beihilfestellen nicht gesichert ist und mit welchen voraussichtlichen Kosten er rechnen muss (vgl. § 630c Abs. 3 BGB) (vgl. Kommentierung der PKV zur Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) - Kommentierung praxisrelevanter Analogabrechnungen, Stand: 13.11.2019, S. 39f.). Die fehlende wissenschaftliche Anerkennung wird in den Urteilen des OLG München (U.v. 12.5.2015 - 25 U 4759/14), des AG München (U.v. 28.05.2015 - 213 C 30108/11) und des AG Regensburg (U.v. 8.10.2013 - 4 C 2872/12) bestätigt. Der PKV-Verband, die Bundeszahnärztekammer und die Beihilfeträger haben sich mit dem 32. Beschluss des Beratungsforums für Gebührenordnungsfragen zu dem Thema positioniert. Demnach handele es sich bei der Behandlung der sogenannten NICO, der fettigdegenerativen Osteolyse/Osteonekrose im Kieferknochen oder ähnlicher Diagnosen um medizinisch nicht notwendige Maßnahmen, da die Wirksamkeit durch wissenschaftlich medizinisch fundierte Studienuntersuchungen nicht belegt sei. Darüber hinaus sei das vermeintliche Krankheitsbild der NICO weder nach ICD10 Schlüssel noch in den Verzeichnissen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Erkrankung gelistet. Es bestehe daher keine medizinische Notwendigkeit für die Durchführung der Diagnostik und der Behandlung dieser Erkrankung, wie z. B. Cavitat-Diagnostik, OroTox-Test sowie die Entfernung eines chronischen NICO-Störfeldes. Vor diesem Hintergrund komme nur eine Berechnung gemäß § 2 Abs. 3 GOZ - nach umfassender und qualifizierter Aufklärung - in Betracht (vgl. 32. Beschluss des Beratungsforums für Gebührenordnungsfragen der Bundeszahnärztekammer, der PKV und der Beihilfestellen, abrufbar unter: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/b/Beratungsforum_Beschluesse.pdf). Mithin handelt es sich bei den analog GOZ-Nr. 9120 abgerechneten Maßnahmen um wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Heilmethoden, die dem Grunde nach nicht notwendig i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayBhV sind. Auch besteht keine ausnahmsweise Erstattungsfähigkeit nach den Grundsätzen der obergerichtlichen Rechtsprechung (s.o.). Da bereits das Krankheitsbild der NICO wissenschaftlich nicht allgemein anerkannt ist, kommt es auf die Verfügbarkeit und Wirksamkeit konventioneller, d.h. schulmedizinischer Behandlungsansätze im Einzelfall nicht an.
30
4. Soweit sich der Klägerbevollmächtigte im Rahmen seiner Klagebegründung zum Ansatz eines erhöhten Steigerungssatzes durch den behandelnden Zahnarzt im Hinblick auf GOZ-Nr. 0100 (Intraorale Leitungsanästhesie) äußert, gehen seine Ausführungen ins Leere, da bereits nicht ersichtlich ist, dass der Beklagte insoweit eine Kürzung vorgenommen hat.
31
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
II.
32
Der Kläger hat als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch den Beklagten vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.