Titel:
Rundfunkbeitragspflicht für gewerblich zum Transport von Personen genutzte Kraftfahrzeuge
Normenketten:
RBStV § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2, § 10 Abs. 3
FreistellVO PersBeföG § 1 Nr. 4
Leitsätze:
1. Bei Kraftfahrzeugen mit denen gewerblich Beförderungen iSd § 1 Nr. 4d, 4g, 4i FreistellVO PersBeföG durchgeführt werden, handelt es sich gerade nicht um allgemein zugängliche Beförderungsmittel, sondern um die Beförderung ganz bestimmter Nutzerkreise. Eine Anwendung der für Omnibusse geltenden Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 RBStV auf derartige Kraftfahrzeuge kommt deshalb nicht in Betracht. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die typisierenden Tatbestände für Ausnahmen von der Rundfunkbeitragspflicht sind abschlißend im RBStV geregelt. Der Katalog ist im Hinblick auf die gebotene enge Auslegung auch nicht durch Analogien erweiterbar. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es liegt nicht in der Kompetenz der Rundfunkanstalten, sondern des Landesgesetzgebers (Art. 70 Abs. 1 GG), bestimmte Kraftfahrzeuge beitragsfrei zu stellen. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Rückforderung der für Kraftfahrzeuge geleisteten Rundfunkbeiträge, Rechtsgrund für Beitragspflicht, Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht, Rundfunkbeitragspflicht für Krftfahrzeuge, öffentlicher Personennahverkehr, gewerbliche Beförderung, Omnibus
Fundstelle:
BeckRS 2020, 15518
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Rückerstattung erbrachter Rundfunkbeiträge für gewerblich genutzte Kraftfahrzeuge für den Zeitraum 2014 - 2016.
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Im Zusammenhang mit der Umstellung vom System der Rundfunkgebühren auf Rundfunkbeiträge zum 1. Januar 2013 teilte die Klägerin dem Beklagten eine Gesamtzahl von 213 beitragspflichtigen Kraftfahrzeugen mit. Dementsprechend wurde von ihr für jedes Kraftfahrzeug je Monat 5,99 EUR Rundfunkbeitrag entrichtet, bzw. ab 1. April 2015 5,83 EUR je Monat.
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Mit Schreiben vom … Oktober 2017 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sämtliche Kraftfahrzeuge (mit Ausnahme von 5 jetzt noch beitragspflichtig gemeldeter Kfz) nach § 1 Nr. 4 der Verordnung über die Befreiung bestimmter Beförderungsfälle von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes (Freistellungs-Verordnung) für den Freistellungsverkehr genutzt würden und somit beitragsfrei seien. Mit Schreiben vom … November 2017 wurden dem Beklagten die entsprechenden Unterlagen zum Nachweis für den Freistellungsverkehr übersandt und die Rückerstattung der zu viel bezahlten Beträge seit Januar 2014 gefordert.
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Mit Schreiben vom 23. Dezember 2017 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass aufgrund des von ihr übersandten Änderungsformulars und der entsprechenden Nachweise die Abmeldung von 208 Kraftfahrzeugen mit Ablauf des Monats Oktober 2017 vorgenommen worden sei und ab November 2017 (nur noch) 5 beitragspflichtige Kraftfahrzeuge gemeldet seien. Mit Mitteilung vom … April 2013 habe die Klägerin die beitragsrelevanten Daten für die Betriebsstätte und für 213 Kraftfahrzeuge angegeben. Danach seien die Rundfunkbeiträge berechnet und entrichtet worden. Die Beitragspflicht habe mit Ablauf des Monats, in dem das Innehaben des Kraftfahrzeugs durch den Beitragsschuldner ende, jedoch nicht vor Ablauf des Monats, in dem dies der zuständigen Rundfunkanstalt oder dem Beitragsservice angezeigt worden sei geendet. Eine Erstattung der zu viel geleisteten Rundfunkbeiträge fand nicht statt.
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Am 22. Dezember 2017 erhob die Klägerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg und beantragte Rückzahlung der irrtümlich entrichteten Beiträge für das Jahr 2014 in Höhe von 14.342,16 EUR.
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Der Klage ist in Anlage eine Bescheinigung der … Steuerberatung … beigefügt, aus der sich ergibt, dass die Klägerin ausschließlich Beförderungsleistungen i.S.d. § 1 Nr. 4 Freistellungs-Verordnung erbringt.
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Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 18. Januar 2018 wurde der Rechtsstreit an das Bayerische Verwaltungsgericht München verwiesen.
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Mit Schreiben vom 22. Januar 2018 beantragte der Beklagte,
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Ein möglicher Erstattungsanspruch richte sich nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag - RBStV. Dessen Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Es fehle an einer rechtsgrundlosen Leistung. Die Klägerin habe selbst angezeigt, über 213 beitragspflichtige Kraftfahrzeuge zu verfügen und habe so den Rechtsschein dafür gesetzt, für 213 Kfz beitragspflichtig zu sein. Dementsprechend sei sie zu Rundfunkbeiträgen herangezogen worden. Eine auf einer Anscheinsvollmacht basierende Zahlung von Rundfunkabgaben sei keine rechtsgrundlose Leistung.
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Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2018 bestellten sich die Prozessbevollmächtigten der Klägerin und führten mit Schriftsatz vom … März 2018 zur Klagebegründung weiter aus, bei der Beitragspflicht handle es sich um eine Rechtsfrage, die einem „Rechtsschein“ nicht zugängig sei. Dem Beklagten sei außerdem bekannt gewesen, dass die Fahrzeuge der Klägerin beitragsfrei gewesen seien. Den Schreiben mit der Aufforderung, Angaben zur Berechnung des neuen Rundfunkbeitrags zu machen, seien Anlagen mit falschen Informationen beigefügt gewesen. Tatsächlich seien (in 2014) sämtliche Fahrzeuge der Klägerin bis auf 4 nicht beitragspflichtig gewesen. Auch telefonisch habe die Klägerin vom Beklagten die Auskunft erhalten, dass die Zahl aller Fahrzeuge minus ein Fahrzeug je Betriebsstätte benötigt werde. Bei der Klägerin handle es sich auch nicht um eine gemeinnützige Einrichtung, sodass die übersandten Informationen nur den Schluss zuließen, dass alle Fahrzeuge der Klägerin der Beitragspflicht unterlägen.
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Der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23. März 2018 per Fax gestellte Klageantrag auf Rückzahlung der für das Jahr 2014 nach Auffassung der Klägerin zu Unrecht geleisteten Beiträge lautete: „Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.042,12 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit November 2017 zu zahlen.“
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Mit Schriftsatz vom 21. September 2018 trug der Beklagte ergänzend vor, dass der Beitragsservice bei der Feststellung und Berechnung der Beitragspflicht im nicht privaten Bereich auf die Mitwirkung der Betriebsstätteninhaber angewiesen sei. Es sei nicht möglich, jede Betriebsstätte im Geltungsbereich des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags zu besichtigen und die konkrete Beitragspflicht selbst festzustellen. Aus diesem Grunde habe der Gesetzgeber gesetzliche Anzeige- und Auskunftspflichten normiert. Diese dienten dem Zweck, eine verlässliche Tatsachengrundlage für eine vollständige und gleichmäßige Erhebung des Rundfunkbeitrags zu ermitteln. Im Zuge der Umstellung seien die als Rundfunkteilnehmer geführten Betriebsstätteninhaber vom Beitragsservice angeschrieben und um Angaben betreffend Grund und Höhe der Beitragspflicht gebeten worden. Hierfür sei ein umfassendes Informationsschreiben sowie ein Antwortbogen vorgehalten worden. In dem Informationsschreiben sei ausdrücklich ausgeführt, dass für bestimmte Einrichtungen des Gemeinwohls nach § 5 Abs. 3 RBStV eine beschränkte Beitragspflicht gelte.
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Mit Schriftsatz vom 20. November 2018, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, erhöhten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin ihren geltend gemachten Rückforderungsanspruch um die nach ihrer Auffassung im Jahr 2015 zu viel entrichteten Rundfunkbeiträge. Nunmehr wurde folgender Antrag gestellt:
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Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 30.014,28 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7. November 2017 zu zahlen.
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Im Jahr 2015 habe die Klägerin nur 5 beitragspflichtige Kraftfahrzeuge gehabt.
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Mit Schriftsatz vom 28. November 2019, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, erhöhten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin den geltend gemachten Rückforderungsanspruch um die ihrer Auffassung nach im Jahr 2016 zu viel entrichteten Rundfunkbeiträge und stellten den Antrag:
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Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 44.356,44 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7. November 2017 zu zahlen.
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Im Jahr 2016 habe die Klägerin nur 5 beitragspflichtige Kraftfahrzeuge gehabt.
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Am 15. Januar 2020 fand eine mündliche Verhandlung statt. Im Rechtsgespräch wurde unter anderem erörtert, dass das Gericht bei der Berechnung der streitigen Rundfunkbeiträge im Ergebnis eine geringfügig vom Schriftsatz 28. November 2019 abweichende Summe ermittelte. Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin teilte mit, sich insoweit vermutlich verrechnet zu haben und beantragte für die Klägerin,
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den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 44.271,12 Euro nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit der jeweiligen Forderung für die Jahre 2014, 2015 und 2016 zu zahlen.
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Die Vertreterin des Beklagten beantragte,
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Das Gericht wies in der mündlichen Verhandlung auf die Problematik hin, dass § 1 Nr. 4 Freistellungs-Verordnung möglicherweise keine Rechtsgrundlage dafür darstelle, von einer Beitragsfreiheit der im Freistellungsverkehr eingesetzten Fahrzeuge der Klägerin auszugehen und die Rundfunkbeiträge schon deshalb nicht ohne Rechtsgrund geleistet wären.
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Der Beklagte erhielt für weiteren diesbezüglichen Vortrag eine Schriftsatzfrist von vier Wochen. Die Beteiligten erklärten gleichzeitig ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren ohne weitere mündliche Verhandlung.
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Mit Schreiben vom 4. Februar 2020 erklärte der Beklagte, dass sich die Rechtsgrundlage der Beitragsfreiheit der Kraftfahrzeuge der Klägerin aus § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 letzter Hs. RBStV ergebe. Danach seien „Omnibusse, die für den öffentlichen Personennahverkehr nach § 2 des „Gesetzes zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs“ eingesetzt werden“ von der Beitragspflicht ausgenommen. Diese Norm werde seit Einführung des RBStV so ausgelegt, dass die Kraftfahrzeuge, die wie diejenigen der Klägerin unter § 1 Nr. 4 Freistellungs-Verordnung fallen, beitragsfrei seien. In dem Schriftsatz wird ein Auszug aus dem Protokoll einer Telefonschalte der AG Rundfunkgebührenrecht vom 30. Oktober 2012 wiedergegeben. Demnach hielt die AG eine erweiternde Gesetzesauslegung vor dem Hintergrund, dass der Freistellungsverkehr in der überwiegenden Mehrzahl Beförderungen für Institutionen betrifft, die nach § 5 Abs. 3 RBStV privilegiert sind, für gut vertretbar. Würden diese Einrichtungen die Fahrten selbst mit eigenen Fahrzeugen durchführen, wären diese von der Abgeltungsregel des § 5 Abs. 3 Satz 2 RBStV erfasst und nicht (für die zugelassenen Kraftfahrzeuge) beitragspflichtig. Führten nun die Einrichtungen die Beförderungen nicht selbst durch, sondern übertrügen diese Aufgabe auf ein Unternehmen im Freistellungsverkehr, dann solle das Ergebnis (kein weiterer Rundfunkbeitrag) dadurch nicht anders ausfallen. Im Ergebnis sollten daher auch Fahrzeuge, die im sogenannten Freistellungsverkehr eingesetzt werden, ebenfalls als beitragsfrei behandelt werden. Aufgrund dieses Telefonprotokolls stehe für die Vertreterin des Beklagten fest, dass die Rundfunkanstalten bereits bei Inkrafttreten des RBStV Kraftfahrzeuge im Freistellungsverkehr beitragsfrei gestellt hätten. Dem Schreiben war die Kopie eines Schreibens des Südwestrundfunks vom 5. November 2012 an dem Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. beigefügt. Darin ist ausgeführt, dass nach § 5 Abs. 3 RBStV mit der Beitragspflicht auch die Beitragspflicht für Kraftfahrzeuge, die auf die Einrichtung zugelassen oder von der Einrichtung genutzt sind mit abgegolten sei. Im Ergebnis blieben damit Fahrzeuge im Freistellungsverkehr - ebenso wie Fahrzeuge des ÖPNV - beitragsfrei.
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Der Beklagte trägt im Schreiben vom 4. Februar 2020 weiter vor, der die Interessen der Klägerin vertretende Verband sei entsprechend informiert gewesen und die Information sei auf der Internetseite „Rundfunkbeitrag.de“ bereitgestellt worden. Das Versäumnis der Klägerin könne nicht dem Beklagten angelastet werden. Die Leistungsklage sei (deshalb) abzuweisen.
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Mit Schriftsatz vom 4. März 2020 erwiderte die Klägerin, der Beklagte habe nochmals bestätigt, dass Fahrzeuge, die ausschließlich im Freistellungsverkehr eingesetzt seien, in der Beitragspflicht begünstigt seien. Die Beförderungskosten würden in beiden Fällen von den gemeinnützigen Einrichtungen getragen, einmal in Gestalt der Zurverfügungstellung von Fahrzeugen mit Fahrer, im anderen Fall durch Entrichtung eines Beförderungsentgelts an das Beförderungsunternehmen. Würden die beiden Fälle unterschiedlich behandelt, so wäre die Einrichtung, die nicht eigene Fahrzeuge und Personal bereitstellen könne, schlechter gestellt, da das Beförderungsunternehmen als Teil des Beförderungsentgelts den regulären Rundfunkbeitrag der gemeinnützigen Einrichtung einrechnen müsste. Die gemeinnützige Einrichtung würde über den Umweg des Beförderungsentgelts entgegen der ausdrücklichen Regelung in § 5 Abs. 2 RBStV den vollen Rundfunkbeitrag entrichten. Aus systematischen Gründen und nach Sinn und Zweck der Regelung sei § 5 Abs. 2 Nr. 2 letzter Halbsatz RBStV dahingehend auszulegen das auch Fahrzeuge, die im Freistellungsverkehr für gemeinnützige Einrichtungen verwendet würden, hinsichtlich der Beitragspflicht wie Fahrzeuge einer gemeinnützigen Einrichtung selbst zu behandeln seien.
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Die Klägerin müsse sich das Schreiben des SWR vom 5. November 2012 an den Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer e.V. nicht zurechnen lassen, da sie nicht Mitglied dieses Verbandes sei. Die Klägerin führe ausschließlich Behindertenfahrten mit Kleinbussen mit weniger als 8 Sitzplätzen durch. Der Verband vertrete deshalb nicht die Interessen der Klägerin. Aufgrund der körperlichen und geistigen Einschränkungen der beförderten Kinder sei es auch nicht möglich, größere Fahrzeuge einzusetzen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakte Bezug genommen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2020.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Leistungsklage ist unbegründet.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückerstattung von 44.271,12 EUR.
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1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von Rundfunkbeiträgen nach § 10 Abs. 3 Satz 1 RBStV.
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Erstattungsvoraussetzung ist, dass ein Rundfunkbeitrag ohne rechtlichen Grund entrichtet wurde. Die Regelung über die Erstattung rechtsgrundlos entrichteter Rundfunkbeiträge ist Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass eine mit der Rechtslage nicht übereinstimmende Vermögenslage auszugleichen ist (BayLT-Drs. 16/7001, S. 22).
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Die Klägerin ist jedoch nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV zur Entrichtung von jeweils einem Drittel des Rundfunkbeitrags für die auf die GmbH zugelassenen Kraftfahrzeuge verpflichtet.
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1.1 Die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 letzter Hs. für Omnibusse, die für den öffentlichen Personennahverkehr nach § 2 des Gesetzes zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs - RegG - eingesetzt werden ist nicht einschlägig. Die Klägerin betreibt keine Omnibusse im öffentlichen Personennahverkehr.
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Nach § 2 RegG ist öffentlicher Personennahverkehr im Sinne dieses Gesetzes die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Verkehrsmitteln im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen. Dies entspricht Art. 2a) der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste aus Schiene und Straße. „Öffentlicher Personenverkehr“ in diesem Sinne bezeichnet Personenbeförderungsleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, die für die Allgemeinheit diskriminierungsfrei und fortlaufend erbracht werden.
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Nach dem unstreitigen Vorbringen betreibt die Klägerin Beförderungen mit Kraftfahrzeugen durch oder für Schulträger zum und vom Unterricht, von körperlich, geistig oder seelisch behinderten Personen mit Kraftfahrzeugen zu und von Einrichtungen, die der Betreuung dieser Personenkreise dienen und mit Kraftfahrzeugen durch oder für Kindergartenträger zwischen Wohnung und Kindergarten i.S.d. § 1 Nr. 4 d, g, i Freistellungs-Verordnung. Es handelt sich bei ihren Kraftfahrzeugen somit gerade nicht um allgemein zugängliche Beförderungsmittel sondern um die Beförderung ganz bestimmter Nutzerkreise.
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Der Gesetzesbegründung zum 15. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 letzter Hs. RBStV kann nicht entnommen werden, dass die Ausnahme von der Beitragspflicht für Kraftfahrzeuge über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch Beförderungsmittel erfassen soll, die nicht für den öffentlichen Personennahverkehr eingesetzt werden (BayLT Drs. 16/7001 v. 21.1.2011, Seite 17 f.).
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Die von der Klägerin durchgeführten Beförderungen sind zwar nach § 1 Nr. 4 von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes freigestellt. Der RBStV enthält jedoch keine Regelung dahingehend, dass für Kraftfahrzeuge, die im Rahmen der Freistellungs-Verordnung eingesetzt werden, kein Rundfunkbeitrag zu entrichten ist oder diese Beförderungen öffentlichen Personennahverkehr darstellen oder diesem gleichstehen.
41
1.2 Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Abgeltungsregelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 RBStV berufen, wonach für Kraftfahrzeuge gemeinnütziger Einrichtungen, Vereine und Stiftungen, wenn diese ausschließlich für Zwecke der Einrichtung genutzt werden, der Beitrag mit einem Drittelbeitrag abgegolten ist. Sie trägt selbst vor, nicht gemeinnützig zu sein.
42
Die von der AG Rundfunkgebührenrecht im Rahmen einer Telefonschalte getroffene Vereinbarung, dass auch Fahrzeuge, die im sogenannten Freistellungsverkehr eingesetzt werden, als beitragsfrei behandelt werden, findet keine Stütze im Gesetzeswortlaut. Sie ist auch nicht durch Gesetzesauslegung des RBStV zu erzielen.
43
Das Bundesverfassungsgericht hat den Rundfunkbeitrag als im Wesentlichen mit der Verfassung vereinbar erklärt (Ausnahme Zweitwohnungen; U.v. 18.7.2018 - 1 BvR 1675/16 u.a. - juris = NVwZ 2018, 1293). § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 RBStV bietet keine Handhabe, das Regelungskonzept des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags zu korrigieren (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.2.2018 - 6 C 48,16 6 C, BVerwGE 161, 224 Rn. 10 zur Härtefallregelung des § 4 Abs. 1 RBStV).
44
Die typisierenden Tatbestände für Ausnahmen von der Rundfunkbeitragspflicht sind abschließend im RBStV geregelt. Der Katalog ist im Hinblick auf die gebotene enge Auslegung auch nicht durch Analogien erweiterbar.
45
Eine planwidrige Regelungslücke ist nicht gegeben. Ob eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Gesetzgebers erfassten Fälle in den gesetzlichen Vorschriften tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht alle Fälle erfasst, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung erfasst sein sollten (BVerwG, U.v. 30.10.2019 - 6 C 10.18 - juris - Rn. 19).
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Diese Voraussetzungen einer planwidrigen Regelungslücke sind nicht erfüllt.
47
Schon die enumerative Aufzählung der Betriebsstätten, für die höchstens 1/3 des Rundfunkbeitrags zu entrichten ist, in Verbindung mit der Abgeltungsregelung für Kraftfahrzeuge in § 5 Abs. 3 Satz 1 und 2 RBStV spricht gegen eine erweiternde Auslegung und Anwendung auf Betriebsstätten die nicht zu den genannten Einrichtungen gehören. Der Wortlaut der Regelung ist abschließend.
48
Die von der Abgeltungsregelung erfassten Tatbestände sind aber auch aufgrund des Normzwecks als abschließend anzusehen.
49
In § 5 Abs. 3 RBStV wird eine Ausnahme von der Staffelregelung für bestimmte Betriebsstätten festgelegt. Es handelt sich um eine Nachfolgeregelung zu § 5 Abs. 7,8 und 10 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags -RGebStV -, der auf Antrag eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht für Rundfunkempfangsgeräte vorsah. Gem. § 5 Abs. 8 RGebStV trat die Gebührenbefreiung nur ein, wenn der Rechtsträger gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken im Sinne der §§ 51 bis 68 der Abgabenordnung diente. Desgleichen, wenn bei dem Betrieb oder der Einrichtung eines Rechtsträgers diese Voraussetzungen vorliegen. Bei Krankenhäusern, Altenwohnheimen, Altenheimen und Altenpflegeheimen genügte es, wenn diese Einrichtungen gemäß § 3 Nr. 20 des Gewerbesteuersgesetzes von der Gewerbesteuer befreit sind. Nach § 5 Abs. 10 RGebStV waren Zweitgeräte, die in öffentlichen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schulen, staatlich genehmigten oder anerkannten Ersatzschulen oder Ergänzungsschulen, soweit sie auf gemeinnütziger Grundlage arbeiten, von dem jeweiligen Rechtsträger der Schule zu Unterrichtszwecken zum Empfang bereitgehalten werden, von der Rundfunkgebühr befreit.
50
Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 RBStV tritt anstelle einer unterschiedlichen Behandlung - komplette oder teilweise Befreiung - die einheitliche Obergrenze von einem Drittel des Rundfunkbeitrags. Nur für die in Satz 1 genannten Betriebsstätten sind mit dem Betriebsstättenbeitrag gemäß § 5 Abs. 3 S. 2 RBStV sämtliche Beitragspflichten für auf die Einrichtung zugelassene Kraftfahrzeuge abgegolten. Durch den Entfall des Gerätebezuges fällt die Unterscheidung zwischen Geräten zur Nutzung durch die Beschäftigten, zu Einrichtungszwecken oder durch Dritte weg. Die genannten Träger haben damit für Ihre Einrichtungen eine berechenbare Belastungsgrenze (BayLT Drs. 16/7001 v. 21.1.2011, Seite 18). Aus dieser Gesetzesbegründung geht klar hervor, dass nur die genannten Einrichtungen privilegiert sein sollen, nicht jedoch andere Betriebe, die - wie die Klägerin - mit diesen Einrichtungen in geschäftlichem Kontakt stehen, aber selbst gerade nicht privilegiert sind. Mit der gleichen Begründung, wie sie für die Klägerin vorgebracht wird - kalkulatorische Umlegung der für die Kraftfahrzeuge anfallenden Rundfunkbeiträge auf die gemeinnützigen Einrichtungen - könnten ansonsten andere Betriebe (beispielsweise Cateringfirmen, Hausmeisterdienste), soweit sie solche gemeinnützigen Einrichtungen bedienen, die Privilegierung für ihre dafür eingesetzten Kraftfahrzeuge in Anspruch nehmen.
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Der abschließende Charakter der Ausnahmetatbestände ist ferner nicht im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG bedenklich. Die Abgeltungsregelung für die Kraftfahrzeuge gemeinnütziger Einrichtungen stellt ein zulässiges, nicht willkürliches Differenzierungskriterium dar. Die Einbeziehung eines Unternehmens in die Privilegierung, das - wie die Klägerin - weder gemeinnützig noch für die im Gesetz genannten bestimmten Zwecke (wie z.B. Feuerwehr, Polizei, Bundeswehr usw.) tätig ist, würde diesem gegenüber Konkurrenten einen gleichheitswidrigen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Die von der AG Rundfunkgebührenrecht getroffene erweiternde Gesetzesauslegung widerspricht auch deshalb nach Auffassung des Gerichts dem Sinn und Zweck der Ausnahmeregelung.
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Darüber hinaus ist, wie auch der vorliegende Fall zeigt, der Nachweis, dass ausschließlich solche Beförderungen vorgenommen werden, in der Praxis schwierig und unter Umständen mit hohem verwaltungstechnischen Aufwand verbunden.
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Vom Gericht wird nicht infrage gestellt, dass sich die sogenannte AG Rundfunkgebührenrecht in einer Telefonschalte am 30. Oktober 2012 auf eine erweiternde Gesetzesauslegung dahingehend, dass Kraftfahrzeuge, die unter § 1 Nr. 4 Freistellungsverordnung fallen beitragsfrei sein sollen, geeinigt haben mag. Es liegt jedoch nicht in der Kompetenz der Rundfunkanstalten, sondern des Landesgesetzgebers (Art. 70 Abs. 1 GG), bestimmte Kraftfahrzeuge beitragsfrei zu stellen.
54
Die Klägerin hat die Rundfunkbeiträge für die Kraftfahrzeuge ihres Betriebes somit nicht ohne Rechtsgrund bezahlt. Eine Erstattungspflicht des Beklagten nach § 10 Abs. 3 Satz 1 RBStV besteht daher nicht.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO §§ 708 ff der Zivilprozessordnung.
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4. Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO.