Titel:
Abgrenzung von Beleihung und Verwaltungshilfe
Normenketten:
BayKAG Art. 8 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 4
GO § 870 Abs. 3
BFV § 1, § 3 Abs. 1
WHG § 18a Abs. 2
VwGO § 87b Abs. 1, § 124a Abs. 1, § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 11, § 711
Leitsätze:
1. Verwaltungshelfer unterstützen die Verwaltungsbehörde bei der Durchführung bestimmter Verwaltungsaufgaben, werden aber - im Unterschied zum Beliehenen - nicht selbstständig tätig, sondern nehmen Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der Behörde wahr (Anschluss an BayVGH BeckRS 2017, 119882). (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG begründet keine Individualrechte. (Rn. 58) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Verwaltungshelfer, Abwasserbeseitigung, Abwassergebühr, Bescheid, Niederschlagswasser, Schmutzwasser, Widerspruch, Widerspruchsbescheid, Beleihung, Verwaltungshilfe
Fundstelle:
BeckRS 2020, 15422
Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Kläger sind Miteigentümer von Anwesen, die sich auf den Grundstücken … …, … … und …, … befinden.
2
Mit der Satzung der Stadt … für das Kommunalunternehmen „Abwasserentsorgung …“ Anstalt des öffentlichen Rechts vom 28. Dezember 2004, in der derzeit gültigen Fassung vom 29. Januar 2007, übertrug die Stadt … der Beklagten ab dem 1. Januar 2005 die Abwasserbeseitigung gemäß Art. 41 b Bayerisches Wassergesetz (BayWG) i.V.m. § 18 a Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG).
3
Gemäß § 2 Abs. 5 der Satzung übertrug die Stadt … der Abwasserentsorgung … (* …*) das Recht an ihrer Stelle
a) Satzungen über die Benutzung der Einrichtungen für die gemäß § 2 Abs. 1 übertragenen Aufgaben zu erlassen;
b) unter den Voraussetzungen des Art. 24 Abs. 2 GO durch Satzung einen Anschluss- und Benutzungszwang für die öffentliche Abwasserbeseitigung anzuordnen;
c) Satzungen über Gebühren, Beiträge und Entgelte für die Benutzung der Einrichtungen für die gemäß § 2 Abs. 1 übertragenen Aufgaben zu erlassen.
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Die … betreibt auf der Grundlage der Satzung für die öffentliche Entwässerungsanlage des Kommunalunternehmens „Abwasserentsorgung …“ - … (EWS) vom 29. November 2010 eine Entwässerungsanlage als öffentliche Einrichtung, an die die Anwesen der Kläger angeschlossen sind.
5
Seit dem 1. Januar 2015 ist die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Kommunalunternehmens „Abwasserentsorgung …“ - … (BGS/EWS) vom 1. Dezember 2014 in Kraft.
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Mit Veranlagungsbescheid vom 31. Januar 2017 (Nr. …; im Folgenden Bescheid 1) forderte die Beklagte von den Klägern Abwassergebühren für das Objekt …, … … für den Zeitraum 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016 in Höhe von 395,77 Euro (Schmutzwasser: 329,13 Euro und Niederschlagswasser: 66,64 Euro).
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Mit einem mit Rechtsbehelfsbelehrung:versehenen Änderungsgebührenbescheid vom 12. April 2018 (Nr. …; im Folgenden Bescheid 1a) nahm die Beklagte den Gebührenbescheid 1 vom 31. Januar 2017 mit Wirkung für die Vergangenheit zurück (Ziff. 1) und setzte die Abwassergebühren für den Zeitraum 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016 neu fest (Bl. 65 BA). Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel eingelegt. In der mündlichen Verhandlung nahm der Klägerbevollmächtigte die Klage gegen den Bescheid 1 zurück. Das Verfahren wurde insoweit abgetrennt und durch gesonderten Beschluss eingestellt.
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Mit Veranlagungsbescheid vom 26. Januar 2017 (Nr. …; im Folgenden Bescheid 2) forderte die Beklagte von den Klägern Abwassergebühren für den Zeitraum 2. Dezember 2015 bis 31. Dezember 2016 in Höhe von 442,75 Euro (Schmutzwasser: 258,75 Euro und Niederschlagswasser: 184,00 Euro) für das Objekt …, … Mit Bescheid vom 23. Februar 2017 (Nr. …; im Folgenden Bescheid 3) forderte die Beklagte von den Klägern Kanaleinleitungsgebühren für das Objekt …, … für den Zeitraum 1. Januar 2017 bis 1. Januar 2017 in Höhe von 0,00 Euro. Als Nachzahlung aus letzter Abrechnung wurde ein Betrag von 43,77 Euro für den Zeitraum 1. Januar 2016 bis 31. Dezember 2016 ausgewiesen (Bl. 36 GA). Dieser Bescheid 3 wurde mit Bescheid vom 22. April 2020 zurückgenommen (Bl. 218 GA).
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Die Bescheide waren jeweils mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen.
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Mit am 27. Februar 2017 eingegangenem Schreiben erhoben die Kläger Widerspruch gegen den Bescheid 2. Mit am 23. März 2017 eingegangenem Schreiben erhoben die Kläger Widerspruch gegen den Bescheid 3.
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Zur Begründung führten sie jeweils aus, sie hielten die Praxis der Gebührenfestsetzung für rechtswidrig. Seitens der … würden nur den Klägern gegenüber durch gesonderten Gebührenbescheid die Abwassergebühren festgesetzt. Das lasse den Schluss zu, dass die Gesamt-Abgabenerhebung nicht durch die … tatsächlich erfolge. Es werde weiterhin auf Basis der Betriebsvereinbarung mit den Stadtwerken die Abgabeerhebung durchgeführt. Es bleibe bei den Einwendungen, die bereits in anderen Verfahren geltend gemacht worden seien.
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Die Betriebsvereinbarung mit den Stadtwerken sei rechtswidrig. Insbesondere erfolge eine unzulässige Einbindung der GmbH in die öffentliche Abgabenerhebung. Zudem gehe die Klägerseite davon aus, dass die Entgelte, die die Stadtwerke … GmbH in Vollzug der Betriebsvereinbarung erhielten, Gegenstand unter anderem auch der Gebührenkalkulation seien. Da diese Kosten, die für die S. GmbH anfielen, jedoch rechtswidrig seien, dürften sie nicht in die kalkulatorischen Kosten einbezogen werden. Von daher liege eine Beitragsübererhebung vor, mithin seien der Satz sowohl der Niederschlagswassergebühr als auch der Schmutzwassergebühr rechtswidrig.
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Auf Nachfrage der Widerspruchsbehörde bei der Beklagten zur Vorgehensweise beim Vollzug der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Beklagten, führte diese aus (Bl. 45 Widerspruchsakte), das Betriebsführungsentgelt werde in der Gebührenkalkulation anteilig auf Schmutzwasser und Niederschlagswasser umgelegt. Die Gebührenabrechnung bei den Klägern erfolge folgendermaßen:
„Frischwasser und Gartenwasserverbrauch werden von (den Klägern) an die Stadtwerke … gemeldet. (Die Beklagte) fordert diese bei den Stw** an. (Die Beklagte) erstellt den Gebührenbescheid und errechnet die monatlichen Abschlagszahlungen. (Die Beklagte) meldet die Gebührenforderung und monatlichen Abschlagszahlungen an die Stw**. Die Stw** pflegen diesen Betrag in SAP. (Die Beklagte) verschickt den Gebührenbescheid.“ Bei den sonstigen Bürgern erfolge die Gebührenabrechnung so: „Bürger melden den Stw** den Wasserverbrauch und ggf. den Gartenwasserverbrauch. Stw** pflegen diesen in SAP. (Die Beklagte) prüft stichprobenartig und gibt den Stw** die Freigabe. Stw** verschicken die Bescheide.“
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Mit Widerspruchsbescheiden vom 15. August 2018 wies die Regierung … (Widerspruchsbehörde) die Widersprüche gegen die Bescheide 2 und 3 zurück. Zur Begründung führte sie zu Bescheid 2 aus, Grundlage für die Geltendmachung der Abwassergebühren sei die Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung (BGS/EWS) des Kommunalunternehmens „Abwasserentsorgung …“ - … - vom 7. Juli 2012. Der Bescheid sei rechtmäßig, da die Kläger zur Zahlung der festgesetzten Summe verpflichtet seien. Die Kläger würden darauf verweisen, dass die Gebührenerhebung nicht von den Stadtwerken durchgeführt werden dürfe, da dieses als privatrechtlich in Form einer GmbH organisierte Unternehmen nicht nur als Verwaltungshelfer, sondern sachentscheidend tätig werde, obwohl es keine Verwaltungsakte festsetzen dürfe.
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Gegenüber den Klägern seien die Verwaltungsakte jedoch von der …, einer öffentlich-rechtlichen Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR), erlassen worden. Unabhängig von der Frage, ob andere Bescheide in unzulässiger Weise festgesetzt würden, seien an der Festsetzung gegenüber den Klägern jedenfalls keine Fehler erkennbar (Bl. 48 f. BA).
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Bezüglich des Bescheids 3 wies die Widerspruchsbehörde den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2018 mit der Begründung zurück, dass dieser bereits unzulässig sei. Da der Bescheid keinerlei Zahlungsverpflichtungen für die Kläger festsetze, seien diese schon nicht beschwert (Bl. 67 f. BA).
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Mit Schriftsatz vom 24. September 2018, per Telefax eingegangen am selben Tag, ließen die Kläger Klage erheben mit dem Antrag:
„Die Bescheide der Beklagten vom 31.07.2017, 26.01.2017 und 23.02.2017 jeweils in der Form der Widerspruchsbescheide der Regierung … vom 15.08.2018, jeweils zugestellt am 23.08.2018, werden aufgehoben.“
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Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2019 (Bl. 49 GA), bei Gericht eingegangen per Telefax am gleichen Tag, erweiterten die Kläger ihre Klage
„gegen die aktuellen Bescheide vom 15.02.2019 in Anlage.“
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Folgende Bescheide vom 15.02.2019 waren der Klageerweiterung beigefügt: Bescheid-Nr. B- … (im Folgenden Bescheid 4) der …, in der von den Klägern Abwassergebühren für den Zeitraum 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 in Höhe von 455,17 Euro für das Objekt …, … … festgesetzt wurden. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen AN 19 K 20.00916 geführt. Bescheid-Nr. … (im Folgenden Bescheid 5) der …, in der von den Klägern Abwassergebühren für den Zeitraum 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 in Höhe von 700,06 Euro für das Objekt …, … festgesetzt wurden. Das Verfahren wird unter dem Aktenzeichen AN 19 K 20.00917 geführt. Die Bescheide waren jeweils mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen.
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Ein Widerspruchsverfahren wurde nicht durchgeführt.
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Die Klageerweiterung wurde damit begründet, es handle sich um Folgebescheide des bisherigen streitgegenständlichen Verfahrens.
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III. Die jetzigen und damaligen Kläger hatten bereits in der Vergangenheit Klagen gegen die hiesige und damalige Beklagte geführt. Mit Klage vom 26. Februar 2014 hatten sie beantragt, „die Bescheide“ der Beklagten vom 24. Januar 2014 betreffend Kanaleinleitungsgebühr (Schmutzwasser- und Niederschlagswasser) aufzuheben. Begründet war die damalige Klage damit, dass eine „enge Zusammenarbeit“ zwischen der öffentlich-rechtlich abgabenerhebenden Behörde im Entwässerungsbereich (Beklagte) und der als GmbH betriebenen Stadtwerke … bestünde. Zwischen der Beklagten und der Stadtwerke … GmbH bestünde ein Betriebsführungsvertrag, in dem die Beklagte die Stadtwerke … GmbH unter anderem bevollmächtige zum Erstellen und Versenden von Rechnungen oder Bescheiden im Namen und für Rechnung der Beklagten für laufende und einmalige Gebühren bzw. Entgelte (Anlage 1, Ziff. 4, 3. SPS des Vertrages vom 10. Januar 2005). In der Praxis würden Mitarbeiter der Stadtwerke … GmbH, die selbst den entsprechenden Wasserverbrauch feststellten, die Grundlagen ermitteln, die wiederum Basis der Abwassergebühr nach dem modifizierten Frischwassermaßstab sei. Ebenso würden die entsprechenden Gebühren durch einen Mitarbeiter der Stadtwerke … GmbH letztlich durch „Bescheid“ festgesetzt und von diesem zusammen mit den weiteren Versorgungsabrechnungen und Forderungen versandt. Es lägen damit keine Verwaltungsakte vor, da es am Handeln einer Behörde fehle (wurde weiter ausgeführt). Tatsächlich würden die „Bescheide“ auf Basis der Betriebsvereinbarung durch die Stadtwerke … GmbH gefertigt. Die Beklagte zahle hierfür ein entsprechendes Entgelt an die Stadtwerke … GmbH. Die Beklagte hatte dagegen ausgeführt, die Beklage sei nach außen in Erscheinung getreten. Es sei festzuhalten, dass die den Gebührenbescheiden zu Grunde liegende materielle Entscheidung über Grund und Höhe der Gebührenerhebung nicht von den Stadtwerken … GmbH getroffen würde, sondern von Mitarbeitern der Beklagten.
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Das erkennende Gericht hatte die Klage abgewiesen. Zur Begründung war ausgeführt, die Kanaleinleitungsgebühren und die Niederschlagswassergebühren seien durch Bescheide der Beklagten und damit durch Verwaltungsakte im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3b) KAG i.V.m. § 118 AO festgesetzt worden. Die Beklagte sei unzweifelhaft nach außen als Entscheidungsträger aufgetreten und habe das Tätigwerden des Privaten - die Stadtwerke … GmbH - als Geschäftsbesorger veranlasst, was für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes genüge. Materiellrechtlich sei es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Stadtwerke … GmbH als Verwaltungshelfer in die Festsetzung der Abwassergebühren eingebunden habe, wie es sich aus dem Betriebsführungsvertrag vom 24. August 2012 ergebe. Dabei würden die zulässigen Grenzen der Verwaltungshilfe nicht überschritten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akte AN 1 K 14.00297 Bezug genommen.
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Mit Beschluss vom 11. August 2015, 20 ZB 15.164, ließ der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung gegen das Urteil zu, weil zweifelhaft sei, ob und inwieweit im Hinblick auf den Betriebsführungsvertrag zwischen Beklagter und den Stadtwerken … GmbH vom 24. August 2012 noch Raum für eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit der Beklagten, hier des Erlasses von Abwassergebührenbescheiden, verbliebe, und ob und inwieweit die Stadtwerke … GmbH nur als Verwaltungshelferin tätig werde. Zu einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kam es nicht, weil die Parteien das Verfahren im Januar 2017 übereinstimmend für erledigt erklärten. Hintergrund des Erledigungserklärung war, dass die Beklagte die (damals) streitgegenständlichen Bescheide aufgehoben und durch Änderungsbescheide ersetzt hatte.
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Auf Nachfrage des Gerichts im hier gegenständlichen Verfahren, weshalb die Beklagte im o.g. Berufungsverfahren die Gebührenbescheide abgeändert habe, führte die Beklagte an, dass die dortigen Änderungsgebührenbescheide erlassen worden seien, nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 11. August 2015 angenommen habe, es sei zweifelhaft, ob die dortige und hiesige Beklagte beim Erlass des damals streitgegenständlichen Bescheides öffentlich-rechtlich tätig geworden sei.
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Mit Schreiben vom 24. Juli 2019, zugestellt am 26. Juli 2019, setzte das Gericht den Klägern eine Frist nach § 87b VwGO, binnen sechs Wochen die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren sie sich beschwert fühlten. Mit Schriftsatz vom 16. August 2019 führten die Kläger daraufhin aus, es gehe um die Kernfragen, die schon mehrfach Gegenstand auch des erkennenden Gerichts gewesen seien. Es gehe vor allem um die Frage, dass zu Unrecht ein Privater in die bescheidsmäßige Abwicklung der öffentlichen Abgabe eingebunden sei im Abgabeerhebungsverfahren, nämlich die Stadtwerke … GmbH. Auf das Verfahren AN 1 K 14.00297 werde Bezug genommen. Zudem stelle sich die kalkulatorische Frage, insbesondere ob es betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entspreche, dass die Beklagtenseite Verwaltungstätigkeiten privatisiere und einem Privaten - der Stadtwerke … GmbH - für klassische Verwaltungstätigkeiten ein Entgelt bezahle, wie sich dies aus dem Betriebsvertrag und der entsprechenden Abrechnung ergebe. Diese Kosten seien kalkuliert in der entsprechenden Abwassergebühr. Dies werde für rechtswidrig gehalten.
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Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2020 beantragte die Beklagte,
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Zudem willigte sie nicht in die Klageerweiterung ein.
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Zum Erlass der streitgegenständlichen Bescheide führte die Beklagte aus, Ausgangspunkt der Bescheidung sei eine Meldung der Kläger in Bezug auf den Verbrauch von Frischwasser an den Frischwasser-Versorger, die Stadtwerke … GmbH, gewesen. Dieser Mitteilung des Zählerstandes sei eine Ableseaufforderung der Stadtwerke … GmbH vorausgegangen. Die mitgeteilten Frischwasserverbrauchsstände habe die Beklagte bei der Stadtwerke … GmbH angefordert. Dann habe die Beklagte durch ihre Mitarbeiter eine Überprüfung der gemeldeten Frischwasserstände auf Plausibilität hin durchgeführt. Im Fall der Bescheide im Hinblick auf das Jahr 2017 hätten sich Nachfragen zur Plausibilität der gemeldeten Zählerstände ergeben, weshalb eine erneute Ablesung durch einen Ableser der Stadtwerke … GmbH veranlasst worden sei. Hiernach habe im Fall aller streitgegenständlichen Bescheide eine eigenständige und eigenhändige Prüfung der für den Bescheid relevanten Daten durch Mitarbeiter der Beklagten stattgefunden. Die Bescheide seien durch Mitarbeiter der Beklagten ausgefertigt und eigenhändig unterzeichnet worden. Das Verfahren vor Erlass der streitgegenständlichen Bescheide sei mithin das gleiche wie jenes, das den abgeänderten Gebührenbescheiden zu Grunde lag, die Gegenstand des Berufungsverfahrens 20 B 15.1727 gewesen seien. Dass jedenfalls diese geänderten Bescheide rechtlich nicht zu beanstanden gewesen seien, hätten die damaligen und hiesigen Kläger anerkannt, da sie die damalige Klage nach Erlass der Abänderungsbescheide zurückgenommen hätten.
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Die Klage sei unbegründet. Zu Unrecht wendeten sich die Kläger gegen die angebliche Einbindung eines Privaten in die bescheidsmäßige Abwicklung der öffentlichen Abgabe. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers sei unsubstantiiert. Innerhalb der nach § 87b VwGO gesetzten Frist hätten die Kläger allein diese „Einbindung“ der Stadtwerke … GmbH gerügt, ohne die tatsächlichen Umstände zu konkretisieren, aus denen sich die angebliche Rechtswidrigkeit ergebe. Auch würden die Kläger die offenkundigen Unterschiede der hier streitgegenständlichen Bescheide im Vergleich zu jenen verkennen, die Gegenstand des Klageverfahrens AN 1 K 14.00297 gewesen seien. Die Klage müsse bereits deswegen scheitern, da an den rechtlich maßgeblichen Stellen keine Einbeziehung der Stadtwerke … GmbH in den Bescheidserlass stattgefunden habe. Die Stadtwerke … GmbH habe nur insoweit mitgewirkt, als sie der Beklagten die Frischwasserzählerstände mitgeteilt habe. Alle weiteren Tätigkeiten bezüglich des Bescheidserlasses seien ausschließlich von eigenen Personen der Beklagten vorgenommen worden. Im Folgenden legte die Beklagte die Maßstäbe für die Zulässigkeit der Einschaltung eines Verwaltungshelfers dar, aus denen sich ergebe, dass die Stadtwerke … GmbH in dem geringen Umgang, in dem sie vorliegend Hilfstätigkeiten ausgeübt habe, als Verwaltungshelfer tätig geworden sei (Bl. 145 ff. GA). So habe die Stadtwerke … GmbH bei den streitgegenständlichen Bescheiden die anderweitig mitgeteilten Frischwasserzählerstände an die Beklagte mitgeteilt. Dies sei ein technischer Handlungsbeitrag von vollkommen untergeordneter Bedeutung. Nach außen hin würde die Stadtwerke … GmbH im Verhältnis zu den Klägern nicht tätig. Ob und inwieweit die Stadtwerke … GmbH in anderen Fällen umfangreicher in den Prozess des Bescheidserlasses eingebunden sei, sei für das vorliegende Klageverfahren bedeutungslos, da die Kläger nur gegen die an sie gerichteten Bescheide klagen könnten.
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Auch sei bezeichnend, dass die Kläger mit keinem Wort darauf eingingen, an welchen konkreten Arbeitsschritten der Stadtwerke … GmbH sie sich störten.
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Betreffend die von den Klägern geltend gemachte Rechtswidrigkeit der Gebührenkalkulation trägt die Beklagte vor, dem Schriftsatz vom 16. August 2019 sei nicht zu entnehmen, an der Wahrnehmung welcher Aufgaben durch die Stadtwerke … GmbH konkret sich die Kläger störten und deswegen die Berücksichtigung der diesbezüglichen Entgelte bei der Gebührenkalkulation für unrechtmäßig hielten. Maßgeblich seien die Verträge zur Betriebsführung des Kommunalunternehmens … durch die Stadtwerke … GmbH vom 24. August 2012 für die zunächst streitgegenständlichen Bescheide bzw. vom 19. Juli 2019 (Anmerkung: gemeint ist wohl der 20. Juli 2017) für die durch die - widersprochene - Klageänderung einbezogenen Bescheide. Diesen Verträgen seien die zu erbringenden Betriebsführungsleistungen beigefügt. Auf diese Verträge mit Anlagen wird Bezug genommen (Bl. 150-172 GA). In Bezug auf die von den Klägern angesprochenen hoheitlichen Tätigkeiten im Rahmen des Erlasses von Gebührenbescheiden finde sich im Vertrag vom 24. August 2012 auf Seite 8 ausdrücklich der Hinweise „Die … wird bei der Abrechnung der Einleitungsgebühren von der Stadtwerke … GmbH als Verwaltungshelfer unterstützt“. In Bezug auf die Entgeltkalkulation finde sich dort auch folgender Hinweise: „Jährliche Erstellung der Entgeltkalkulation einschließlich der Nachkalkulation für das vorgehende Wirtschaftsjahr, soweit privatrechtliche Entgelte und keine öffentlich-rechtlichen Abgaben betroffen sind.“ Im Vertrag vom 19. Juli 2019 (Anmerkung: gemeint ist wohl der 20. Juli 2017) sei bezüglich der Gebührenkalkulation ausgeführt: „Unterstützung bei der Erstellung der Gebührenkalkulation einschließlich der Nachkalkulation für das vorhergehende Wirtschaftsjahr.“ Insoweit sei von den Klägern nichts vorgetragen noch ersichtlich, was die Rechtswidrigkeit der Kalkulation der Gebühren anbetreffen könne.
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Abschließend wies die Beklagte daraufhin, dass das Betriebsführungsentgelt in der Gebührenkalkulation unter den Betriebskosten „Verwaltung und Sonstiges“ mit einem Verteilungsschlüssel von 78,1% auf das Schmutzwasser und von 21,9% in Bezug auf das Niederschlagswasser auf den Gebührenschuldner umgelegt werde. Im Bereich Niederschlagswasser erfolge eine zusätzliche Verteilung auf die Grundstücksentwässerung in Bezug auf Privatleiter (72%) und auf die Straßenentwässerung der Stadt … mit 28%. Auch insoweit sei von den Klägern nichts vorgetragen, was die Rechtswidrigkeit begründen könne.
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Mit Schreiben vom 12. März 2020 forderte das Gericht die Kläger auf, zu substantiieren, woran sie die Rechtswidrigkeit im Abgabeerhebungsverfahren festmachten.
35
Mit Schriftsatz vom 31. März 2020 führten die Kläger unter anderem aus, nach § 1 des Betriebsführungsvertrags (BFV) übertrage(!) die … als öffentlich-rechtlicher Träger den privat-rechtlichen Stadtwerken die (gesamte) Betriebsführung der Abwasserbeseitigung im Stadtgebiet … Nach § 3 Abs. 1 BFV setzten die Stadtwerke auch für die Vertragsdurchführung grds. eigenes Personal sowie eigene Betriebsmittel ein. Sie stellten in allen Bereichen, die Aufgaben der … blieben, soweit möglich, eine effektive Aufgabendurchführung auf Seiten der … sicher. Dazu bedienten sich die Stadtwerke des Personals bzw. der Betriebsmittel der … Insoweit gingen die arbeitsrechtlichen Weisungsbefugnisse auf die Stadtwerke über. Bereits diese Formulierungen zeigten, dass es sich bei der Einschaltung der Stadtwerke nicht mehr um eine reine Verwaltungshelfertätigkeit handle, sondern diese letztendlich Herrin der kompletten Betriebsführung der … sei. Auch aus der Präambel ergebe sich nichts anderes. Aus allem ergebe sich, dass es sich bei der … letztendlich nur noch um eine Rechtshülse handle, was z.B. auch die Anzahl der Mitarbeiter zeige, die tatsächlich bei der … selbst noch beschäftigt sein sollen, zumal diese der umfassenden arbeitsrechtlichen Weisungsbefugnis der Stadtwerke unterlägen. Im technischen Bereich erfüllten die Stadtwerke insbesondere die Leitung und Organisation dieses Bereichs im Personalwesen, im Bereich der Personalbeschaffung, Verwaltung, Planung, Statistik und Berichtswesen, Organisation der Ausbildung, Schulung. Im relevanten kaufmännischen Bereich erfolgten die Leitung und Organisation durch die Stadtwerke. Soweit ausgeführt werde, dass die … bei der Abrechnung der Einleitungsgebühren von den Stadtwerken … lediglich als Verwaltungshelfer unterstützt werde, so stehe dies mit den vorherigen Aufgabenübertragungen klar im Widerspruch. Es handle sich nicht nur um eine Unterstützung, sondern faktische Durchführung und Verantwortung. Aufgrund der Aufgaben unter Ziffer 3 verbliebe für die … kein Raum mehr für eigenständiges Verwaltungshandeln. Faktisch handle es sich um eine mangels gesetzlicher Grundlage unzulässige, „Beleihung“ eines Privaten.
36
Die hier gewählte Konstellation verstoße gegen den Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG. Insbesondere die Abgabenerhebung gehöre zu den hoheitsrechtlichen Befugnissen. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts in der vorherigen Entscheidung, dass es sich dabei nicht um eine drittschützende Norm handle, sei unzutreffend. Als Adressat des Bescheides sei die Prüfung nicht auf drittschützende Normen beschränkt.
37
Darüber hinaus rügten die Kläger infolge des Betriebsführungsvertrages und insbesondere der diesbezüglichen Entgeltvereinbarung (§ 4 BFV) in Form eines Betriebsführungsentgelts die Gebührenkalkulation. In den öffentlich-rechtlichen Gebühren sei das Betriebsführungsentgelt der Stadtwerke (Pauschalvergütung) als Ausgabe enthalten. Diese Ausgabe sei jedenfalls zum überwiegenden Teil nicht ansatzfähig, da Entgelte enthalten seien, die vom öffentlichen Träger auszuführen seien und über die bloße Verwaltungshelfertätigkeit deutlich hinausgingen. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Stadtwerke … GmbH ein auf Gewinnerzielung gerichtetes Unternehmen sei und darüber hinaus Gesellschafter nicht nur die Stadt …, sondern zu einem wesentlichen Anteil auch ein gänzlich privatrechtliches Unternehmen sei. Da die Abgabenerhebung allerdings ausschließlich dem Kostendeckungsprinzip unterliege, würden hier Kosten eingepreist, die auf Gewinnerzielung gerichtet seien im Rahmen der gesamten Betriebsführung und folglich nicht auf die reine Kostendeckung begrenzt seien. Wegen der weiteren diesbezüglichen Ausführungen wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.
38
Bescheid 3 wurde mit Bescheid vom 22. April 2020 zurückgenommen (Bl. 218 GA). Daraufhin wurde die Hauptsache insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt, vom Gericht das Verfahren insoweit abgetrennt und durch gesonderten Beschluss eingestellt.
39
Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2020 führte die Beklagte aus, der Schriftsatz des Klägers vom 6. April 2020 (gemeint ist wohl der 31. März 2020) habe das Gericht nach Ablauf der sechswöchigen Frist aus der Verfügung vom 24. Juli 2019 erreicht, die den Klägern gemäß § 87 b Abs. 1 VwGO gesetzt worden sei. Diese Verspätung sei nicht entschuldigt. Der Schriftsatz enthalte Erklärungen, deren Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würden. In diesem Umfang seien die Erklärungen zurückzuweisen. Soweit die Kläger die Gebührenkalkulation rügten, könnten sie auch mit diesen Einwänden nicht durchdringen. Unter Berücksichtigung der Maßstäbe, die für die Gebührenkalkulation im Fall der Einbeziehung privater Verwaltungshelfer gelten würden, seien die streitgegenständlichen Bescheide nicht zu beanstanden. Gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG solle das Gebührenaufkommen die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten einschließlich der Kosten für die Ermittlung und Anforderung von einrichtungsbezogenen Abgaben decken. Dazu gehörten auch Entgelte für in Anspruch genommene Fremdleistungen durch private Verwaltungshelfer. Die von kommunalen Körperschaften oder Anstalten an private Verwaltungshelfer zu zahlenden Entgelte seien nicht ungeprüft in die Gebührenkalkulation zu übernehmen. Kontrollmaßstab sei das allgemeine gebührenrechtliche Gebot der Erforderlichkeit. Dies sei vorliegend gewahrt. Innerhalb der Frist nach § 87b VwGO, und auch nicht außerhalb der Frist, hätten die Kläger nicht dargelegt, welche in der jeweiligen Anlage aufgeführten Leistungen sie als im Zusammenhang mit der Abwasserentsorgung als nicht erforderlich ansehen würden. Die Kläger würden verkennen, dass es insoweit nicht genüge darzulegen, dass die entsprechenden Leistungen nicht durch die Stadtwerke … hätten erbracht werden dürfen, sondern dass es um die Erforderlichkeit der diesbezüglichen Leistungen an sich gehe. Im Ergebnis könne die Notwendigkeit des „Ob“ der dort aufgeführten Leistungen auch nicht in Zweifel gezogen werden. Die Kläger würden keinerlei Anhaltspunkt benennen, inwieweit die angefallenen Betriebsführungsentgelte nicht dem Grundsatz der Erforderlichkeit genügen könnten. Überflüssige Maßnahmen seien in dem Leistungskatalog nicht enthalten. Überhöhte und unangemessene Aufwendungen würden nicht abgerechnet. Auch die Behauptung der Kläger, die maßgebenden Betriebsführungsverträge vom 20. Juli 2017 und 24. August 2012 seien unter Verstoß gegen die Regelungen des europäischen Vergaberechts geschlossen worden, könne offen bleiben, da die streitgegenständlichen Bescheide auch dann rechtmäßig wären, wenn ein Verstoß gegen das europäische Vergaberecht vorläge. Schließlich wird noch darauf hingewiesen, dass neben den tatsächlichen IST-Kosten ein Gewinnzuschlag in Höhe von 3 Prozentpunkten verrechnet würde. Auf die weiteren Ausführungen im Schriftsatz wird Bezug genommen.
40
Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2020 erwiderte die Klägerin unter anderem, dass anhand den von der Beklagten zur Gebührenkalkulation vorgelegten Zahlen in keiner Weise überprüfbar sei, inwieweit die Beklagte dem Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung entsprochen habe. Aus den vorgelegten Unterlagen sei es auch für das Gericht nicht nachprüfbar, ob die Gebührenkalkulation rechtmäßig sei. Auf den Schriftsatz wird wegen der weiteren Ausführungen verwiesen.
41
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtssowie die beigezogenen Gerichtsakten AN 1 K 14.00297 und 20 B 15.1727 und die Behördenakte Bezug genommen. Bezüglich der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Der Verwaltungsrechtsweg ist vorliegend eröffnet. Unabhängig davon, ob die Beklagte im Wege des Bescheidserlasses hätte vorgehen dürfen, ist sie jedenfalls nach außen hin öffentlich-rechtlich tätig geworden. Der Bescheid ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen und wurde augenscheinlich auch von der Beklagten erlassen, wie sich dem Briefkopf entnehmen lässt.
43
Die zulässigen Klagen sind unbegründet. Der Bescheid vom 26. Januar 2017 (Bescheid 2) - AN 19 K 18.01867 - sowie die Bescheide 4 - AN 19 K 20.00916 - und 5 - AN 19 K 20.00917 - jeweils vom 15. Februar 2019 über die Festsetzung von Abwassergebühren sind rechtmäßig.
44
1. Die Bescheide finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 8 Abs. 1 KAG i.V.m. §§ 9 ff. Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Beklagten vom 1. Dezember 2014. Danach können Gemeinden für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen Benutzungsgebühren erheben, worunter auch die von der … betriebene Entwässerungsanlage fällt.
45
Die Beklagte, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, betreibt auf der Grundlage des Art. 89 Abs. 2 Satz 1 GO i. V. m. § 2 Abs. 1 der Satzung der Stadt … für das Kommunalunternehmen „Abwasserentsorgung …“ vom 28. Dezember 2004 seit dem 1. Januar 2005 eine derartige Einrichtung, an die die Grundstücke der Kläger angeschlossen sind (vgl. § 1 Abs. 1 EWS der Beklagten vom 29.11.2010).
46
Die Beklagte hat von der ihr durch § 2 Abs. 5 c) der Satzung der Stadt … für das Kommunalunternehmen „Abwasserentsorgung …“ i. V. m. Art. 89 Abs. 2 Satz 3 GO eingeräumten Ermächtigung durch den Erlass der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzungen vom 1. Dezember 2014 (BGS/EWS) Gebrauch gemacht.
47
Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen dieser Satzung und die materiell-rechtliche Gültigkeit des Gebührenteils der Satzung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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2. Der Bescheid wurde auch von der Beklagten als Anstalt des öffentlichen Rechts, § 1 Abs. 1 Satzung der Stadt … für das Kommunalunternehmen „Abwasserentsorgung …“ vom 29. Januar 2007, und nicht von einem Privaten, der Stadtwerke … GmbH, erlassen. Die Beklagte ist öffentlich-rechtlich tätig geworden. Die Stadtwerke … GmbH war nur nachgeordnet und damit lediglich als Verwaltungshelfer tätig. Der Schwerpunkt der zum Bescheidserlass notwendigen Schritte lag bei der Beklagten.
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3. Die in Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistete Organisationshoheit der Gemeinden gibt den Gemeinden das Recht, bei der Schaffung und Unterhaltung von Einrichtungen und Unternehmen privatrechtliche Gestaltungsformen zu wählen und zwar auch in der Weise, dass sie eine selbständige juristische Person des Privatrechts gründen, der sie den Betrieb der Einrichtung übertragen. Dies kann in Verbindung mit der Übertragung von Hoheitsbefugnissen geschehen, dann liegt eine Beleihung vor. Sofern, wie im streitgegenständlichen Verfahren, vom Privaten keine Hoheitsrechte wahrgenommen werden, liegt die Tätigkeit eines Verwaltungshelfers vor; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 1. Oktober 2009, Az. 6 S 99/09. Dabei ist es eine Frage des Einzelfalls, ob noch Verwaltungshilfe oder bereits eine Abgabe der Entscheidungsverantwortung vorliegt, die die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Bescheide zur Folge hätte.
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a) Für die Annahme der Tätigkeit der Stadtwerke … GmbH als Verwaltungshelfer ist - in Abgrenzung zum selbständigen Tätigwerden eines Privaten - hier maßgebend, dass sie im Rahmen einer untergeordneten Tätigkeit auf Weisung der Behörde tätig geworden ist. Eine eigenständige Ausübung hoheitlicher Gewalt ist mit ihrer Stellung als Verwaltungshelfer nicht verbunden. Verwaltungshelfer unterstützen die Verwaltungsbehörde bei der Durchführung bestimmter Verwaltungsaufgaben, werden aber - im Unterschied zum Beliehenen - nicht selbstständig tätig, sondern nehmen Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der Behörde wahr; vgl. Bay VGH Urteil vom 1.6.2017, Az. 20 B 16.2241. Er wird für eine Behörde nach außen im Auftrag, im Namen und nach Weisung der Behörde tätig und unterstützt die Behörde im Rahmen untergeordneter Tätigkeiten vorbereitend oder rein ausführend bei der Wahrnehmung der weiterhin der Behörde zugewiesenen Aufgaben. Der Verwaltungshelfer handelt also ohne eigene verwaltungsrechtliche Kompetenz, übt keine eigene Hoheitsmacht aus, weshalb seine Handlungen der Verwaltung zugerechnet werden (vgl. Schoch/Schneider VwGO § 40 Rn. 281; BeckOK VwVfG/ Ronellenfitsch, § 1 Rn. 74; BeckOK VwGO/ Reimer § 40 Rn. 80). Der Verwaltungshelfer tritt bei der Abgabe von Erklärungen als eine Art Bote auf. Dabei kommt bei direkt nach außen wirkenden Durchführungsmaßnahmen des Verwaltungshelfers der Unselbständigkeit im Handeln, dem technischen Charakter der Handlung sowie der Sachnähe zur öffentlichen Aufgabe sowie deren Hoheitscharakter indizielle Bedeutung zu (Schoch/Schneider VwGO § 40 Rn. 285). Über die Tätigkeit eines Verwaltungshelfers geht es dann hinaus, wenn der „Verwaltungshelfer“ eigenständig die vollständige Einzelveranlagung übernimmt, also Daten ermittelt, Satzungsnormen anwendet, rechtliche Tatbestände prüft und Bescheide - wenn auch in fremdem Namen - erlässt, da in diesem Fall der eigentliche Entscheidungsträger der Verwaltungshelfer und nicht die Behörde ist, vgl. dazu OVG Thüringen, Urteil vom 14.12. 2009, Az. 4 KO 482/09.
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b) Die Stadtwerke … GmbH ist vorliegend nur als Verwaltungshelfer tätig geworden. Sowohl im Rahmen der intern bleibenden Tätigkeiten wie auch beim Auftreten nach außen liegen reine Hilfstätigkeiten vor. Hoheitliche Maßnahmen hat nur die Beklagte wahrgenommen. Nach unbestrittenem Vortrag hat die Beklagte die Gebührenbescheide selbst erstellt und die monatlichen Abschlagszahlungen berechnet, nachdem ihr von der Stadtwerke … GmbH die Zählerstände gemeldet worden sind, was eine rein unterstützende Tätigkeit darstellt. Die Entscheidung über die Gebührenhöhe lag bei der Beklagten. Das von der der Beklagten eigenständig ermittelte Ergebnis hat die Beklagte der Stadtwerke … GmbH mitgeteilt, die dieses dann in „Systeme, Anwendungen und Produkte“ (SAP) eingegeben hat, was ebenfalls eine unselbständige, rein ausführende Tätigkeit ist. Die Gebührenbescheide wurden von den Beklagten selbst an die Kläger versandt. Auf den an die Kläger versandten Bescheiden ist als Absender nur die Beklagte genannt, so dass auch das tatsächliche Auftreten nach außen für das Tätigwerden der Beklagten selbst spricht, die von der Stadtwerke … GmbH als Verwaltungshelfer lediglich unterstützt wurde. Die Beklagte war bei Erlass der streitgegenständlichen Bescheide alleiniger Entscheidungsträger, die Stadtwerke … GmbH auf rein unterstützende Tätigkeiten beschränkt. Diese Aufgabenteilung geht auch konform mit dem Betriebsführungsvertrag vom 24. August 2012 (Grundlage für AN 19 K 18.01867) - sowie vom 20. Juli 2017 (Grundlage für AN 19 K 20.00916 und AN 19 K 20.00917):
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(1) Die Betriebsführungsverträge regeln in erster Linie die kaufmännische und technische Betriebsführung, vgl. § 2 des jeweiligen Betriebsführungsvertrages. Die kaufmännische Betriebsführung umfasst grundsätzlich den „inneren“ Aufgabenbereich, wozu unter anderem Buchführung, geordnete Aufbewahrung der Geschäftskorrespondenz, Beschäftigung ausreichenden Personals etc. gehören (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon). Der technischen Betriebsführung unterfällt insbesondere die Instandhaltung der technischen Anlagen. Im Betriebsführungsvertrag vom 24. August 2012 sind, anders als im Betriebsführungsvertrag vom 20. Juli 2017, die Tätigkeiten in § 2 Abs. 2 und 3 noch genauer definiert. Die zu erbringenden Betriebsführungsleistungen werden in der jeweiligen Anlage 1 zum Betriebsführungsvertrag genauer beschrieben. Dabei ist die Anlage 1 zum Betriebsführungsvertrag vom 20. Juli 2017 zurückhaltender formuliert als die zum Betriebsführungsvertrag vom 24. August 2012. So werden in der Anlage 1 zum späteren Vertrag die von der Stadtwerke … GmbH zu erbringenden Betriebsführungsleistungen erheblich deutlicher als reine Unterstützungstätigkeiten formuliert als in der früheren Anlage. Diese neuen Formulierungen heben die rein unterstützende Leistung der Stadtwerke deutlich hervor. Die Neuformulierung spiegelt jedoch keine geänderte Praxis der Tätigkeiten der Stadtwerke … GmbH wider. Vielmehr wurden die Formulierungen den tatsächlichen Gegebenheiten angepasst, um weitere Irritationen zum Tätigkeitsumfang der Stadtwerke … GmbH zu vermeiden, wie der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung ausführte. Aus den - nunmehrigen - Formulierungen wie zum Beispiel „Unterstützung bei Personalbeschaffung, -verwaltung, -planung, -statistik und -berichtswesen“, vgl. Punk 2 Spstr. 1 der Anlage 1, oder „Beratung über Leitung und Organisation des kaufmännischen Bereichs“ vgl. Punkt 3 Spstr. 3 der Anlage 1, wird die rein unterstützende Tätigkeit deutlich. Unter Punkt 4. „Weitere Leistungen und Arbeiten der technischen und kaufmännischen Verwaltung im Rahmen des Betriebsführungsentgeltes“ ist Spstr. 3 unverändert geblieben. Dieser lautet nach wie vor: „Die … wird bei der Abrechnung der Einleitungsgebühren von der Stadtwerke … GmbH als Verwaltungshelfer unterstützt“. Auch diese Formulierung, die anders als die anderen Leistungen, die sich überwiegend auf das reine Internum beziehen, ein Tätigwerden in Bezug auf Dritte umfasst, stellt auf die unterstützende Tätigkeit, nämlich ausdrücklich auf den „Verwaltungshelfer“ ab. Wie oben bereits ausgeführt, wurde bei Erlass der streitgegenständlichen Bescheide auch nicht über die hier festgeschriebene reine Verwaltungshelfertätigkeit hinausgegangen.
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(2) An dem Ergebnis ändert auch der von der Klägerseite angeführte § 3 des Betriebsführungsvertrages nichts. Zum einen stehen die genannten Sätze unter der Paragraphenüberschrift „Durchführung des Vertrages“ und der Vertrag regelt in § 2 und in der Anlage dazu den Umfang der Betriebsführungsleistungen, bei denen es sich, wie unter II. 3. b) beschrieben, um Hilfstätigkeiten handelt. Zum anderen sind die Sätze „Die Stadtwerke bedienen sich hierzu des Personals bzw. der Betriebsmittel der … Insoweit geht die arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis auf die Stadtwerke über“ nicht mehr im Betriebsführungsvertrag vom 20. Juli 2017 enthalten. Der Satz „(Die Stadtwerke) stellen in allen Bereichen, die Aufgaben der … bleiben - soweit möglich - eine effektive Aufgabendurchführung auf Seiten der … sicher“ ist so, wie er im Betriebsführungsvertrag vom 20. Juli 2017 steht, zudem nicht aussagekräftig. Ob die Stadtwerke … GmbH die Aufgaben für die Beklagte wahrnimmt oder sich die Stadtwerke … GmbH zurückzieht, um die Aufgabenwahrnehmung durch die Beklagte nicht zu gefährden, wird nicht klar, da es hier an einem Zusammenhang fehlt.
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c) An diesem Ergebnis ändert auch nichts die von der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung vorgelegte „Zahlungserinnerung“, die mit „Stadtwerke … GmbH“ überschrieben ist. Im gegenwärtigen gerichtlichen Verfahren sind ausschließlich die streitgegenständlichen Bescheide Streitgegenstand und einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Die vorgelegte „Zahlungserinnerung“ bezieht sich jedoch auf einen hier nicht der Überprüfung zugänglichen Bescheid.
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d) In Zusammenschau der Betriebsführungsverträge incl. Anlagen und dem tatsächlichen Vorgehen bei Bescheidserlass wird nach dem oben Ausgeführten deutlich, dass die Beklagte die Bescheide erlassen hat und die Stadtwerke … GmbH dabei lediglich eine Hilfsfunktion innehatte.
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4. Die Kläger können sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass bei Erlass der streitgegenständlichen Gebührenbescheide gegen Art. 33 Abs. 4 GG verstoßen wurde.
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Nach dieser Bestimmung ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
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Der Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG begründet jedoch keine Individualrechte. Er enthält lediglich eine objektiv-rechtliche Verfassungsregelung. Diese dient nicht dem Schutz oder den Interessen des Einzelnen. Sie garantiert lediglich institutionell das Strukturprinzip, dass hoheitsrechtliche Befugnisse in der Regel durch Beamte wahrgenommen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.2.1988 - 2 BvR 1324/87 - NVwZ 1988, 523). Auch ein Anspruch des Einzelnen auf fehlerfreie Ausübung des Organisationsermessens lässt sich darauf nicht stützen (BVerwG, Urteil vom 26.10.2000 - 2 C 31/99, NVwZ-RR 2001, 253).
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5. Das Vorbringen der Klägerseite bezüglich der fehlerhaften Gebührenkalkulation wird gemäß § 87 b Abs. 3 VwGO nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens als verspätet zurückgewiesen, womit es als präkludiert unberücksichtigt bleibt. Die Klägerseite hat innerhalb der ihr nach § 87 b VwGO gesetzten Frist, binnen sechs Wochen die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung sie sich beschwert fühle, und die am 6. September 2019 endete, lediglich mit einem Satz die Frage aufgeworfen, ob es betriebswirtschaftlichen Grundsätzen entspreche, dass die Beklagtenseite Verwaltungstätigkeiten privatisiere und einem Privaten für klassische Verwaltungstätigkeiten ein Entgelt bezahle. Nähere Erläuterungen hierzu oder das Ausführen von Beweismitteln erfolgte nicht. Erstmals mit Schriftsatz vom 31. März 2020 und damit weit nach Ablauf der Präklusionsfrist konkretisierte die Klägerseite ihr diesbezügliches Vorbringen etwas, jedoch bleibt auch dieser Vortrag völlig unsubstantiiert. Welche Leistungen nicht für erforderlich gehalten würden und wo ein erhöhtes Entgelt erhoben werde, wurde nicht dargelegt. Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2020 erhoben die Kläger erstmals vergaberechtliche Einwände. Dieser Vortrag bleibt wie die vorherigen Ausführungen zur Gebührenkalkulation völlig unsubstantiiert. Gründe dafür, dass ihr ein detaillierter Vortrag unmöglich war, sind weder ersichtlich noch vorgetragen worden. Eine weitere gerichtliche Aufklärung bis zur mündlichen Verhandlung war nicht mehr möglich, so dass eine Berücksichtigung des klägerischen Vorbringens das Verfahren nicht nur unerheblich verzögern und zu weiteren Ermittlungen veranlassen würde. Die Überprüfung der Gebührenkalkulation ist nicht ohne geringen Aufwand vorzunehmen. Das Gericht weist das diesbezügliche Vorbringen daher als verspätet zurück.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.