Inhalt

LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 20.05.2020 – 14 S 6820/19 WEG
Titel:

Anfechtung der Bestellung des Verwalters einer Wohnungseigentümergemeinschaft

Normenketten:
WEG § 23 Abs. 3, Abs. 4 S. 2
GewO § 34c Abs. 1 Nr. 4
Leitsätze:
1. Im Rahmen der ersten Bestellung eines neuen Verwalters haben die Wohnungseigentümer eine Prognose anzustellen, ob der zu Bestellende das ihm anvertraute Amt ordnungsgemäß ausüben wird. Hierbei steht den Eigentümern ein Beurteilungsspielraum zu. Dieser ist erst überschritten, wenn es objektiv nicht mehr vertretbar erscheint, dass die Eigentümer den Verwalter ungeachtet der gegen ihn sprechenden Umstände bestellen (ebenso BGH BeckRS 2012, 15963). (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zu den bei der anzustellenden Prognose zwingend zu berücksichtigenden Umständen gehört insbesondere die Bonität des zu Bestellenden. Ob von einer ausreichenden Bonität des zu Bestellenden auszugehen ist, bestimmt sich nach den finanziellen Mitteln, über welche er verfügt, nach dem Kredit, den er in Anspruch nehmen und nach den Sicherheiten, die es stellen kann. Eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung kann hierbei ggfs. eine fehlende Kapitalausstattung kompensieren. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der zu treffenden Entscheidung der Eigentümer zu berücksichtigen ist grundsätzlich auch der Umstand, dass der gewerblich tätige Verwalter zur Ausübung der Tätigkeit eine Gewerbeerlaubnis nach § 34c Abs. 1 Nr. 4 GewO benötigt. Wer als Verwalter gewerbsmäßig ohne die erforderliche Erlaubnis tätig wird, handelt ordnungswidrig und kann mit einem Bußgeld belangt werden. Als Verwalter ist daher ungeeignet, wer über keine entsprechende Erlaubnis verfügt, seine Bestellung widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Wohnungseigentümer dürfen einen Verwalter nicht aufs Geratewohl bestellen und sich etwa über Zweifel an der Bonität ohne weitere Prüfung hinwegsetzen. Besteht bei objektiver Betrachtung begründeter Anlass, die Bonität der als Verwalter vorgesehenen Person zu prüfen, halten sich die Wohnungseigentümer im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums nur, wenn sie diese Frage klären und ihre Entscheidung über die Bestellung auf einer Tatsachengrundlage (Unterlagen, Auskünfte, andere Erkenntnisse) treffen, die eine nachhaltig ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung erwarten lässt. Geschieht dies nicht, widerspricht der gleichwohl gefasste Bestellungsbeschluss der ordnungsgemäßen Verwaltung. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Eigentümerversammlung, Anfechtung der Verwalterwahl, Neuwahl, Bestellungsbeschluss, ordnungsgemäße Verwaltung, Prüfungspflicht, Gewerbeerlaubnis, Insolvenzverfahren
Vorinstanz:
AG Nürnberg, Endurteil vom 24.09.2019 – 25 C 1926/19 WEG
Fundstellen:
BeckRS 2020, 14817
LSK 2020, 14817
NJW-RR 2020, 1025
NZM 2020, 672
ZMR 2020, 886
ZWE 2020, 476

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg. vom, 24.09.2019, Az. 25 C 1926/19 WEG, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Nürnberg. ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar,
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 8.280,00 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Kläger sind als Eigentümer jeweils einer Wohnung im Anwesen ... die Klägerin zu 1) auch als Eigentümerin eines Tiefgaragenstellplatzes, Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft .... Die Beklagten sind die übrigen Eigentümer der WEG.
2
Durch Endurteil des Amtsgerichts Nürnberg. vom 24.09.2019, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, wurde der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 19.02.2019 zu dem Tagesordnungspunkt 3c „Wahl der Hausverwaltung ...“ für unwirksam erklärt.
3
Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Erstgericht aus, der Beschluss sei gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG für ungültig zu erklären, da er der ordnungsgemäßen Verwaltung widerspreche. Bei der Anfechtung der Verwalterwahl sei zu differenzieren, ob es sich um die Anfechtung einer Wiederwahl oder die Anfechtung einer ersten Wahl des Verwalters handele. Im letzteren Falle komme es auf eine Prognoseentscheidung an, nämlich, ob aus Gründen, die in der Person des Verwalters liegen oder aus objektiven Tatbeständen eine ordnungsgemäße Verwaltung nicht zu erwarten sei. Vorliegend sei der Verwalter zwar schon in der Eigentümerversammlung vom 28.06.2018 erstmals zum Verwalter gewählt worden. Jedoch sei dieser Beschluss nachfolgend in Verfahren 244 C 5129/18WEG durch Urteil vom 17.01.2019 für ungültig erklärt worden. Es seien daher hier ebenfalls die Maßstäbe einer Prognoseentscheidung anzulegen und die gesamten Umstände des Einzelfalls abzuwägen.
4
Die Geeignetheit des Verwalters sei hier besonders kritisch zu betrachten, nachdem zumindest eine gewisse Nähe zur Mehrheitseigentümerin bestünde. Dass diese Firma nicht mehr Mehrheitseigentümerin sei, sei nicht ausreichend dargelegt. Zudem seien Bonitätsgesichtspunkte zu prüfen, der Verwalter müsse gewährleisten, dass er im Haftungsfall Ersatz für einen entsprechenden Schaden der Wohnungseigentümergemeinschaft leisten könne, außerdem auch Gewähr dafür bieten, dass er auf Dauer einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb aufrechterhalten und seine Aufgabe als Verwalter gerecht werden könne, Insbesondere die ihm anvertrauten Gelder gemeinschaftsgetreu verwalten werde. Die Bonität des gewählten Verwalters sei aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen aber nicht zweifelsfrei. Auch wenn mittlerweile eine Berufshaftpflichtversicherung nachgewiesen worden sei, könne dies lediglich eine Gefährdung von Schadenersatzansprüchen der Gemeinschaft widerlegen. Zudem habe diese Versicherungsbestätigung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung gerade nicht vorgelegen. Zur Ausübung des Beurteilungsermessens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hätte aber Anlass zur Prüfung der Bonität und auch des Versicherungsschutzes sowie einer vorliegenden Gewerbeerlaubnis aufgrund bekannter Insolvenz bestanden. Eine solche Gewerbeerlaubnis habe der Verwalter nämlich erst am 26.02.2019 beantragt. Weitere Zweifel ergäben sich daraus, dass zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 23.07.2019 die zukünftige Anschrift der Hausverwaltung noch nicht festgestanden habe, es habe zudem Probleme mit der Zustellung unter der alten Adresse der Hausverwaltung gegeben. Zusammenfassend stehe somit fest, dass die Eigentümer, die die Bestellung des Verwalters beschlossen haben, ihren Beurteilungsspielraum überschritten hätten. Die Bestellung widerspreche der ordnungsgemäßen Verwaltung.
5
Gegen das dem Beklagtenvertreter am 25.09.2019 zugestellte Endurteil des Amtsgerichts Nürnberg. legten die Beklagten mit Schriftsatz vom 24.10.2019, eingegangen per Telefax am 25.10.2019, Berufung ein.
6
Mit der bei Gericht am 25.11.2019 eingegangenen Berufungsbegründung, mit der die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgen, machen sie geltend, das Amtsgericht habe den Beschluss rechtsirrig für ungültig erklärt.
7
Rechtsfehlerhaft habe das Amtsgericht den falschen Maßstab zur Beurteilung des Bestellungsbeschlusses gewählt, es wären die Maßstäbe für eine Wiederwahl des Verwalters heranzuziehen gewesen, da der Verwalter in der Eigentümerversammlung vom 28.06.2018 bereits bestellt worden war und seine Tätigkeit bis zur Eigentümerversammlung vom 19.02.2019 ununterbrochen und pflichtgemäß ausgeübt habe. Die Aufhebung des Bestellungsbeschlusses vom 28.06.2018 sei aus rein formalen Gründen - nämlich des Nichtvorliegens an Alternativangeboten - erfolgt. Zudem sei der Bestellungsbeschluss vom 28.06.2018 in einer besonderen Situation gefasst worden, da die Vorverwaltung überraschend das Amt niedergelegt hätte.
8
Bei Ansatz der Maßstäbe für die Wiederwahl hätten konkrete Umstände in der Vergangenheit dargelegt werden müssen, die ein fehlerhaftes Verwalterhandeln begründen und eine Wiederholungsgefahr erkennen lassen. Ein solcher wichtiger Grund liege nicht vor. Fehlerhaft sei das Amtsgericht auch davon ausgegangen, dass eine „gewisse Nähe“ des Verwalters zur Mehrheitseigentümerin bestünde. Die Bitte eines Wohnungseigentümers, das Verwalteramt zu übernehmen, lasse nicht auf ein Abhängigkeitsverhältnis schließen. Die Mehrheitseigentümerin sei zudem zum 30.07.2019 aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschieden. Vollkommen unzutreffend habe das Amtsgericht festgestellt, dass die wirtschaftliche Bonität des Verwalters unzureichend und er deshalb ungeeignet sei, Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Verwalters mache diesen als WEG-Verwalter nicht ungeeignet. Die selbstständige Tätigkeit des Verwalters sei vom Insolvenzverwalter ausdrücklich aus dem Insolvenzverfahren freigegeben worden. Am 17.06.2019 habe der Verwalter auch die erforderliche Erlaubnis nach § 34 c Gewerbeordnung erhalten. Außerdem sei allen Wohnungseigentümern bei der Beschlussfassung am 19.02.2019 bekannt gewesen, dass über das Vermögen des Verwalters ein Insolvenzverfahren anhängig sei. Auch dies habe sie nicht daran gehindert, den Verwalter zu bestellen, Fehlende persönliche Mittel des WEG-Verwalters könnten zudem durch eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung kompensiert werden, welche bei dem Verwalter auch bereits seit dem 25.08.2018 bestanden habe. Es sei nicht relevant, dass die Versicherungsbestätigung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht vorgelegen habe. Relevant seien nur wichtige Gründe in der Person des Verwalters, die bei der Beschlussfassung am 19.02.2019 bekannt gewesen seien. Eine fehlende Vermögenshaftpflichtversicherung sei jedoch von keinem Eigentümer geltend gemacht worden. Unzutreffend sei es auch, auf eine mangelhafte Bonität des Verwalters zu schließen, weil er noch keine gewerberechtliche Erlaubnis gehabt habe. Dieser Umstand sei keinem der Wohnungseigentümer am 19.02.2019 bekannt gewesen.
9
Auch die Räumungsverpflichtung und das Nichtfeststehen der zukünftigen Anschrift stünde einem geordneten Verwalterhandeln nicht entgegen. In der mündlichen Verhandlung vom 23.07.2019 habe der Verwalter als mögliche künftige Adresse das Büro in der ... N., angegeben. Tatsächlich werde dort der Geschäftsbetrieb inzwischen unterhalten. Für die Zwischenzeit habe er einen Nachsendeauftrag auf seine Privatanschrift bei der Post erteilt.
10
Die Beklagten beantragen:
1. Das Urteil des Amtsgerichts Nürnberg., Az. 25 C 1926/19 WEG, zugestellt am 25.09.2019, wird aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.
11
Die Kläger beantragen:
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
12
Die Kläger verteidigen die erstinstanzliche Entscheidung.
13
Der Kläger zu 2) rügt darüber hinaus die Prozessvollmacht des Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Zwar sei der Verwalter aufgrund seiner gesetzlichen Vertretungsmacht gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG befugt, die Wohnungseigentümer im Außenverhältnis umfassend zu vertreten, was auch bedeute, dass der Verwalter einen Rechtsanwalt für die beklagten Wohnungseigentümer beauftragen und grundsätzlich Rechtsmittel einlegen könne. Andererseits habe der Verwalter bei seiner Entscheidung den entgegenstehenden Willen einzelner Wohnungseigentümer zu respektieren. Tatsache sei, dass zum Beispiel die Miteigentümerin ... wohl kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung habe einlegen wollen, da diese ebenfalls nicht mit der derzeitigen Verwaltung einverstanden sei. Dies habe die Eigentümerin jedoch nicht dem Verwalter bekannt geben können, da ihr das erstinstanzliche Urteil nicht rechtzeitig mit der Aufforderung, mitzuteilen, ob Rechtsmittel eingelegt werden solle, zugeleitet worden sei. Der Verwalter habe also, ohne hierzu eine entsprechende Ermächtigung der Eigentümer einzuholen, voll umfassend Rechtsmittel eingelegt. Es sei davon auszugehen, dass keiner der übrigen Beklagten Berufung habe einlegen wollen, da kein Miteigentümer den Wunsch habe, die Verwaltung mit dem derzeitigen Verwalter fortzusetzen.
14
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die bei den Akten befindlichen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
15
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
1.
16
Die Berufung ist zulässig.
17
Soweit der Kläger zu 2) die Prozessvollmacht des Prozessbevollmächtigten der Beklagten und - zumindest mittelbar - die Vertretungsbefugnis des amtierenden Verwalters rügt, bestreitet er jedenfalls nicht, dass den Prozessbevollmächtigten der Beklagten seitens des amtierenden Verwalters, dessen Bestellung bis zur Rechtskraft der angefochtenen Entscheidung gemäß § 23 Abs. 4 S. 2 WEG als wirksam zu behandeln ist, ursprünglich eine entsprechende Prozessvollmacht und auch der Auftrag zur Einlegung der Berufung erteilt wurde und dies grundsätzlich von der gesetzlichen Vertretungsmacht eines Verwalters gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG gedeckt ist.
18
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Vertretungsmacht des amtierenden Verwalters vorzeitig beendet worden wäre. Zwar endet die Vertretungsmacht des Verwalters, wenn ein einzelner Wohnungseigentümer bei Gericht anzeigt; dass er sich künftig selbst vertreten werde (BGH, 18.10.2019, V ZR 286/18, zitiert nach juris). Eine solche Anzeige auch nur eines Eigentümers geschweige denn aller verklagter Eigentümer liegt aber nicht vor.
19
Die Wohnungseigentümer können dem Verwalter durch Mehrheitsbeschluss zudem auch Weisungen für die Prozessführung erteilen (BGH, 18.10.2019, V ZR 286/18, Rn. 27, zitiert nach juris), also etwa die Weisung, keine Berufung einzulegen. Dass es zu einer entsprechenden Beschlussfassung gekommen sei, behauptet der Kläger zu 2) jedoch ebenfalls nicht. Weisungen eines einzelnen Wohnungseigentümers wären unbeachtlich (BGH, a.a.O.). Da der Verwalter andererseits vollumfänglich zur Prozessführung auch in der Berufung befugt ist, bedarf es einer Weisung der Eigentümer zur Berufungseinlegung nicht.
20
Bei dieser Sachlage ist vom Fortbestand der Vertretungsbefugnis des Verwalters auch im Berufungsverfahren und erst recht von der Wirksamkeit der Prozessvollmacht der Prozessbevollmächtigten der Beklagten auszugehen.
2.
21
Indes ist die Berufung nicht begründet.
22
Gemäß § 513 ZPO kann eine Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Eine Rechtsverletzung nach § 546 ZPO ist gegeben, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
23
Solches ist nicht ersichtlich.
24
Zu Recht ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 19.02.2019 zu dem Tagesordnungspunkt 3c, durch den die Hausverwaltung ... zum Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft bestellt wurde, der ordnungsgemäßen Verwaltung widerspricht und daher für ungültig zu erklären ist. Die Kammer teilte diese Auffassung und macht sie sich ausdrücklich - auch in der Begründung - zu Eigen.
25
Nur ergänzend ist auszuführen:
2.1
26
Wie das Erstgericht richtig gesehen hat, sind für die Überprüfung, ob der angefochtene Beschluss den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung gemäß § 21 Abs. 3 und 4 WEG entspricht, vorliegend die Maßstäbe für die Neuwahl des Verwalters heranzuziehen und nicht die für die Wiederwahl eines Verwalters geltenden Grundsätze. Denn von einer Wiederwahl im eigentlichen Sinne kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil der erstmalige Beschluss zur Bestellung des erneut gewählten Verwalters, der Beschluss vom 28.06.2019, durch Urteil des Amtsgerichts Nürnberg. vom 17.01.2019 in dem Verfahren 244 C 5129/18WEG, rechtskräftig für ungültig erklärt wurde. Wird der Bestellungsbeschluss aber rechtskräftig für ungültig erklärt, ist er als von Anfang an nichtig anzusehen, der Verwalter verliert rückwirkend seine Verwalterstellung (siehe Bärmann-Becker, WEG, 14. Aufl., Rn, 66 zu § 26 WEG), Dementsprechend liegt schon aus formalen Gründen keine Wiederwahl vor, auch wenn der Verwalter faktisch einige Monate lang seine Tätigkeit ausübte. Würden im Falle der gerichtlichen Ungültigerklärung eines Beschlusses über die erstmalige Bestellung eines Verwalters bei einer erneuten Wahl desselben Verwalters die - milderen - Maßstäbe für die Wiederwahl gelten, könnte die Mehrheit der Eigentümer den strengen Maßstab für die erstmalige Bestellung eines Verwalters durch bloße Wiederholung der Bestellung umgehen und so letztlich die Verwalterwahl in ihrem Sinne manipulieren.
2.2
27
Im Rahmen der ersten Bestellung eines neuen Verwalters haben die Wohnungseigentümer eine Prognose anzustellen, ob der zu Bestellende das ihm anvertraute Amt ordnungsgemäß ausüben wird. Hierbei steht den Eigentümern ein Beurteilungsspielraum zu. Dieser ist erst überschritten, wenn es objektiv nicht mehr vertretbar erscheint, dass die Eigentümer den Verwalter ungeachtet der gegen ihn sprechenden Umstände bestellen (BGH, 22.06.2012, V ZR 190/11, Rn. 8, zitiert nach juris; Bärmann-Becker, a.a.O., Rn. 58 zu § 26 WEG, m.w.N.).
2.2.1
28
Zu den bei der anzustellenden Prognose zwingend zu berücksichtigenden Umständen gehört insbesondere die Bonität des zu Bestellenden. Denn die Bestellung einer (natürlichen oder juristischen) Person zum Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft entspricht nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn dessen finanzielle Leistungsfähigkeit ihn für die Übernahme des Verwalteramts geeignet erscheinen lässt. Fehlen dem zu Bestellenden nämlich die erforderlichen finanziellen Mittel, bietet er keine hinreichende Gewähr dafür, dass er auf Dauer einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb aufrechterhalten und seiner Aufgabe als Verwalter gerecht werden kann.
29
Ob von einer ausreichenden Bonität des zu Bestellenden auszugehen ist, bestimmt sich nach den finanziellen Mitteln, über welche er verfügt, nach dem Kredit, den er in Anspruch nehmen und nach den Sicherheiten, die es stellen kann. Eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung kann hierbei ggfs. eine fehlende Kapitalausstattung kompensieren (Bärmann-Becker, a.a.O., Rn. 59 zu § 26 WEG).
2.2.2
30
Bei der zu treffenden Entscheidung der Eigentümer zu berücksichtigen ist grundsätzlich auch der Umstand, dass der gewerblich tätige Verwalter zur Ausübung der Tätigkeit eine Gewerbeerlaubnis nach § 34 c Abs. 1 Nr. 4 GewO benötigt. Wer als Verwalter gewerbsmäßig ohne die erforderliche Erlaubnis tätig wird, handelt ordnungswidrig und kann mit einem Bußgeld belangt werden. Als Verwalter ist daher ungeeignet, wer über keine entsprechende Erlaubnis verfügt, seine Bestellung widerspricht ordnungsmäßiger Verwaltung (Bärmann-Becker, a.a.O., Rn. 58 zu § 26 WEG).
2.2.3
31
Grundlage für die Prognoseentscheidung der Wohnungseigentümer sind die im Zeitpunkt der Beschlussfassung bekannten Tatsachen, nachträglich bekannt gewordene Gründe sind an sich irrelevant. Andererseits dürfen die Wohnungseigentümer jedoch einen Verwalter nicht aufs Geratewohl bestellen und sich etwa über Zweifel an der Bonität ohne weitere Prüfung hinwegsetzen. Besteht bei objektiver Betrachtung begründeter Anlass, die Bonität der als Verwalter vorgesehenen Person zu prüfen, halten sich die Wohnungseigentümer im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums nur, wenn sie diese Frage klären und ihre Entscheidung über die Bestellung auf einer Tatsachengrundlage (Unterlagen, Auskünfte, andere Erkenntnisse) treffen, die eine nachhaltig ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung erwarten lässt. Geschieht dies nicht, widerspricht der gleichwohl gefasste Bestellungsbeschluss der ordnungsgemäßen Verwaltung (BGH, 22.06.2012, V ZR 190/11, Rn. 21, zitiert nach juris).
32
Im Hinblick darauf, dass gemäß § 34c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GewO die Gewerbeerlaubnis nach § 34 c Abs. 1 Nr. 4 GewO in der Regel zu versagen ist, wenn der Antragsteller in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt - was beispielsweise bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers der Fall sein kann -, ist bei Kenntnis von Umständen, die auf eine mangelnde Bonität des zu bestellenden Verwalters hinweisen, vor dessen Bestellung auch zu klären, ob eine solche Erlaubnis vorliegt bzw, erteilt werden kann.
2.3
33
Vorliegend sind die Wohnungseigentümer diesen Prüfungspflichten nicht in dem erforderlichen Maß nachgekommen.
34
Unstreitig war den Eigentümern bekannt, dass über das Vermögen des Verwalters das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Dennoch stellten die Eigentümer keine weiteren Nachforschungen an, ob der später bestellte Verwalter - trotz des Insolvenzverfahrens und der damit fragwürdigen Bonität - zur Übernahme des Amtes geeignet sei. Es kann dahinstehen, ob die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bewerbers stets ein Grund ist, von dessen Bestellung zum Verwalter abzusehen oder ob dessen mangelnde Bonität beispielsweise durch eine entsprechende Haftpflichtversicherung oder in anderer geeigneter Art und Weise kompensiert werden kann. Denn vorliegend haben die Eigentümer schlichtweg überhaupt keine weitergehenden Nachforschungen zur Bonität des dann bestellten Verwalters angestellt, obwohl aufgrund des eingeleiteten Insolvenzverfahrens dazu fraglos Anlass bestand. So war der Verwalter zwar beispielsweise seit August 2018 im Besitz einer entsprechenden Haftpflichtversicherung - welche wie oben dargelegt die fehlende Bonität u.U. kompensieren kann. Eine entsprechende Nachfrage der Eigentümer oder gar eine Aufforderung, eine entsprechende Bestätigung vorzulegen, gab es jedoch nicht.
35
Gleiches gilt zu der an sich gebotenen Prüfung, ob der Verwalter im Besitz einer Erlaubnis nach § 34 c GewO sei, was im Übrigen zum Zeitpunkt der Bestellung durch den angefochtenen Beschluss gerade nicht der Fäll war. Auch insoweit erfolgte weder eine Nachfrage noch eine Überprüfung.
36
Im Ergebnis entsteht somit fest, dass - obwohl den Wohnungseigentümer bekannt war, dass über das Vermögen des später bestellten Verwalters das Insolvenzverfahren eröffnet worden war - keinerlei Überprüfung der Bonität bzw. des Vorliegens einer Gewerbeerlaubnis nach § 34 c GewO erfolgte. Schon deshalb ist davon auszugehen, dass die Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung ihren Beurteilungsspielraum überschritten haben und der gefasste Beschluss nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. Auf den Umstand, dass eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung schon bestanden hat und auf den nachträglich gestellten Antrag des bestellten Verwalters hin eine Gewerbeerlaubnis erteilt wurde, kommt es danach überhaupt nicht mehr an, Die Wohnungseigentümer durften die Bonität des bestellten Verwalters nicht einfach unterstellen. Sie mussten sie vielmehr klären (wörtlich für einen gleich gelagerten Fall: BGH, a.a.O., Rn. 22). Gleiches gilt für die Frage des Vorliegens einer Gewerbeerlaubnis. Dies unterlassen zu haben, führt zur Überschreitung des Beurteilungsspielraums und damit dazu, dass der Bestellungsbeschluss nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht und für ungültig zu erklären ist.
III.
37
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10 ZPO.
38
2. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
39
Einer Rechtssache kommt dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dabei dann, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt (Zöller-Heßler, ZPO, 33. Aufl., Rn, 11 zu § 543 ZPO). Diese Voraussetzungen liegen ersichtlich nicht vor, die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur umstritten.
40
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 49 a GKG bestimmt und entspricht der zutreffenden, unbeanstandet gebliebenen amtsgerichtlichen Wertfestsetzung.