Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 11.02.2020 – B 1 K 18.1221
Titel:

Sondernutzungserlaubnis für Außengastronomie bei faktischen Konkurrenzverhältnissen

Normenketten:
BayStrWG Art. 18 Abs. 1 S. 1
VwGO § 42 Abs. 2, § 114 S. 1,§ 117 Abs. 3 S. 2
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2 S.1
BayGO Art. 21 Abs. 1, Abs. 5
GewO § 69
GG Art. 3 Abs. 1
BV Art. 118
Leitsätze:
1. Einer Klage auf "Neuvertrteilung" von Sondernutzungsflächen verschiedener Begünstigter fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Vorschriften über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für einen Bewerber haben grundsätzlich keine drittschützende Wirkung. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Ausnahme von dem Grundsatz fehlender Drittwirkung einer Sondernutzungserlaubnis ist auch nicht unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten zu machen, wenn der faktische Konkurrent eine Sondernutzungserlaubnis aufgrund zeitlicher Priorität erhalten hat. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein Antrag auf Erteilung einer Sondernnutzungserlaubnis ist nur zulässig, wenn ihm prüffähige Unterlagen über die Varianten ihrer Ausübung beigefügt sind. (Rn. 31 – 32) (redaktioneller Leitsatz)
5. Die Erwägungen der Ermessensentscheidung über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis müssen einen sachlichen Bezug zur Straße, namentlich zu den Belangen der Straßenbaulast und zu Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs haben. (Rn. 36 – 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
kein Rechtsschutzbedürfnis mangels verbescheidungsfähigen Antrags, Ermessensgerechte Ablehnungsentscheidung bzgl. der Erweiterung der bestehenden Sondernutzung auf bisher ungenutzte öffentliche Verkehrsflächen, Auswahlverfahren, Gehweg, Klagebefugnis, Sondernutzungserlaubnis, Ermessen, Straßenbaulast, Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, faktische Konkurrenz, Werbung, wirtschaftliches Interesse, Rechtsschutzbedürfnis, Gleichbehandlungsgrundsatz, prüffähige Unterlagen
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.05.2020 – 8 ZB 20.868
Fundstelle:
BeckRS 2020, 14725

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Erweiterung ihrer Sondernutzungserlaubnis für die Ausübung von Außengastronomie (Aufstellen von Mobiliar) auf öffentlichen Verkehrsflächen.
2
Die Klägerin ist Mieterin eines am Marktplatz … gelegenen Ladenlokals (Geschäftsfläche wurde teilweise von einer Privatperson und teilweise von der Beklagten angemietet) im Anwesen … (Stadthaus). Dort betreibt sie seit Anfang Mai 2017 eine Eisdiele und eine Schankwirtschaft. Im Anwesen Stadthaus befindet sich neben dem Laden der Klägerin ein Lottoladen und die Kaffeerösterei Sch.. Im hinteren Teil des gleichen Anwesens wird eine Bäckerei betrieben, die nicht direkt an den Marktplatz angrenzt.
3
Die Stadt … erließ am 11. Mai 2005 - letzte Änderung 18. April 2012 - eine Gestaltungsrichtlinie als Grundlage zur Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen unter Berücksichtigung städtebaulicher gestalterischer Gesichtspunkte (vgl. Behördenakte, S. 240 f.). Die Gestaltungsrichtlinie nimmt Bezug auf einen Lageplan (vgl. Behördenakte, S. 25), der zuletzt am 18. Januar 2017 geändert wurde und mögliche Sondernutzungsflächen ausweist. Die Kaffeerösterei und die Bäckerei besitzen jeweils bestandskräftige Sondernutzungserlaubnisse für die Außengastronomie (Aufstellen von Mobiliar) auf bestimmten Sondernutzungsflächen (vgl. hierzu schraffierte Flächen im Lageplan, Behördenakte S. 25).
4
Die Klägerin beantragte am 25. April 2017, am 5. Mai 2017 und am 22. Juni 2017 die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis gemäß Art. 18 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz und legte hierzu eine schriftliche Zustimmung der Mieterin des Lottoladens zur Nutzung von einem Meter Außenfläche entlang des Geschäfts vor. Daraufhin erteilte die Beklagte der Klägerin am 29. Juni 2017 eine widerrufliche Erlaubnis zur Ausübung einer Außengastronomie (Aufstellen von Mobiliar) und Werbeeinrichtungen auf öffentlichen Verkehrsflächen. Hierbei wurde der Klägerin erlaubt, zwei Tische mit je zwei Stühlen sowie einen kleinen Werbeständer und einen Sonnenschirm aufzustellen. Die Aufstellung habe nach dem, dem Bescheid beiliegenden Lageplan vom 18. Januar 2017 auf der Fläche vor dem „Laden privat“ zu erfolgen. Der Bescheid enthielt zudem etliche Bedingungen, Auflagen und Hinweise, unter anderem, dass der Fußgänger- und Anliegerverkehr stets zu gewährleisten sei und nicht durch die Sondernutzung gefährdet werden dürfe. Für Fußgänger sei ständig ein mindestens 1,50 m breiter Streifen auf dem Gehweg oder dem Plattenbelag freizuhalten. Bezüglich weiterer Details wird auf den Inhalt des Bescheids vom 29. Juni 2017 (Behördenakte S. 81 ff.) verwiesen.
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Im Folgenden kam es zur Erteilung von Verwarnungen gegenüber der Klägerin durch die Beklagte, da die Klägerin einen zusätzlichen Tisch mit Stühlen aufgestellt habe (Verwarnung vom 20. Juli 2017, Behördenakte S. 98 ff.). Zudem wurde am 29. August 2017 ein Bußgeldbescheid gegenüber der Klägerin erlassen, da die Mindestdurchgangsbreite von 2 m für Fußgänger nicht eingehalten worden sei. In einem anschließenden Ordnungswidrigkeitenverfahren hob das Amtsgericht … den Bußgeldbescheid auf, da in der erteilten Erlaubnis vom 29. Juni 2017 ein Mindestabstand von 1,5 m und nicht 2 m als Auflage festgesetzt wurde. Daraufhin berichtigte die Beklagte den Bescheid vom 29. Juni 2017 am 15. Juni 2018 wegen offensichtlicher Unrichtigkeit und legte einen Mindestabstand von 2 m fest (vgl. Behördenakte, S. 211 ff.). Am 30. Oktober 2018 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Gebühr in Höhe von 460,00 EUR wegen der Nutzung einer Fläche von insgesamt 7 m² (anstatt der erlaubten 2 m²) zur Außengastronomie fest. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth (Aktenzeichen B 1 K 18.1222).
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Am 9. August 2018 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, dass ihr für die Freifläche vor dem großen Laden/Lokal eine Sondernutzung mit fünf Tischen mit je zwei Stühlen sowie entsprechender Sonnenschirme genehmigt werde (vgl. Behördenakte, S. 231).
7
Mit Bescheid vom 30. Oktober 2018 (ursprüngliches Datum 15. Juni 2018 wurde entsprechend berichtigt) - dem Bevollmächtigten der Klägerin am selben Tag zugestellt - lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 9. August 2018 auf Erweiterung einer Sondernutzungserlaubnis für Mobiliar einer Außengastronomie auf der Freifläche vor dem Lokal ab (Ziffer 1) und erhob Kosten für den Bescheid in Höhe von 303,50 EUR (Ziffer 2).
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Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass es zur Benutzung von Straßen über den Gemeingebrauch hinaus einer Erlaubnis der Straßenbaubehörde gemäß Art. 18 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) bedürfe. Entsprechend der von der Beklagten erlassenen Gestaltungsrichtlinie vom 11. Mai 2005 (Änderung vom 18. April 2012) könnten Sondernutzungen in der Tiefe bis zur Flucht der Laternenmasten zugelassen werden. Über die Tiefenbegrenzung für Außen- und Terrassengastronomie werde dabei je nach vorhandenem Spielraum entschieden. Entlang der Gebäudefronten sei eine Durchgangsbreite von 2 m von Überlagerungen freizuhalten. Die derzeit gültige Gestaltungsrichtlinie sehe nur in begrenztem Umfang Flächen zur Sondernutzung vor den Ladengeschäften des Stadthauses vor. Im Jahr 2014 seien zusätzliche Flächen unter Berücksichtigung funktionaler und stadtgestalterischer Gesichtspunkte (Arbeitsplan vom 9. Mai 2014, Stand Oktober 2015) zur Sondernutzung zur Verfügung gestellt und entsprechende Sondernutzungserlaubnisse an benachbarte Ladenlokale erteilt worden. Bereits aufgrund der Interessenbekundungen der Klägerin im Dezember 2016 seien nach verwaltungsinterner Prüfung weitere Flächen entlang der Hausfassade des Stadthauses zur Sondernutzung für den Betrieb von Außengastronomie in Aussicht gestellt worden. Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis liege im Ermessen der Beklagten. Hierbei seien die verschiedenartigen Nutzungsinteressen gegeneinander abzuwägen. Um den kommunikativen und gesellschaftlichen Zweck des Marktplatzes zu erfüllen, sei es erforderlich, dass für Rollstuhlfahrer oder Mütter mit Kinderwägen eine Durchgangsbreite von 2 m auf dem ebenen Plattenbelag frei bleibe. Bei der Bewilligung der benachbarten Sondernutzungsflächen sei diesem Bedürfnis Rechnung getragen worden. Im Zusammenhang mit der Prüfung weiterer möglicher Sondernutzungsflächen im Bereich des Stadthauses sei die Abstandsfläche von 2 m ebenso zu berücksichtigen. Zudem müsse beachtet werden, dass an jeder Gebäudeseite Sitzbänke, Müllkübel, Bäume und Laternen vorhanden seien, die dem Gemeingebrauch dienen würden. Die Sitzgelegenheiten seien so konzipiert, dass sie von beiden Seiten genutzt werden könnten, weshalb ein Freiraum auf beiden Seiten von mindestens 1 m Tiefe erforderlich sei. Eine Ausweitung der bereits bewilligten Sondernutzungsflächen in Richtung Marktinnenbereich sei daher nicht möglich. Die Klägerin habe die Sondernutzung auf einer Fläche beantragt, die bisher von keinem Wirtschaftsteilnehmer genutzt werde. Eine konkurrierende Nutzung gleicher Flächen durch zwei Antragsteller liege demnach nicht vor. Mangels Konkurrenzverhältnisses werde der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Es seien daher nur die sachlichen Gründe einer Bewilligung oder Ablehnung von bisher nicht beanspruchten Flächen zu prüfen gewesen, was, wie vorstehend ausgeführt, getan worden sei. Die Entscheidung sei geeignet, die Freihaltung der glatten Pflasterfläche zur Nutzung durch die Allgemeinheit zu gewährleisten. Eine Handlungsalternative, die weniger in die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin eingreife, sei nicht gegeben, sodass die Ablehnung erforderlich sei. Die Entscheidung sei auch angemessen, weil die Vorteile der Nutzung der Fläche durch die Allgemeinheit die wirtschaftlichen Nachteile der Klägerin überwiegen würden.
9
Unter dem 27. November 2018 - Eingang bei Gericht am 29. November 2018 - erhob die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten Klage und beantragte,
I. Den Ablehnungsbescheid der Stadt … - Ordnungsamt - vom 15. Juni 2018 auf Erweiterung der Sondernutzungserlaubnis, zugegangen am 31. Oktober 2018, Az.: …, aufzuheben.
II.
10
Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides der Stadt … vom 15. Juni 2018 die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
11
Die Klage wurde damit begründet, dass die Klägerin mit ihrem Antrag die angemessene Zuteilung einer Außenfläche, entsprechend der Länge der Fensterfront und der Größe der Ladenfläche im Vergleich zu den Mitbewerbern, mindestens jedoch 5 Tische, nach neuer Aufteilung der Außenflächen unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes begehre. Die Fensterfront des Stadthauses weise eine Gesamtlänge von 38,64 m auf. Hiervon nehme die Fensterfront des Lottoladens 6,50 m, die der Klägerin 11,64 m und die der Kaffeerösterei 9,48 m ein. Zudem bestehe ein 1,6 m breiter Durchgang, der zur Bäckerei führe. Die Bäckerei verfüge über eine Sondernutzungserlaubnis für ca. 80 Sitzplätze im Außenbereich, obwohl sie lediglich einen kleinen Laden in der Passage habe, der nicht an der äußeren Fensterfront des Stadthauses liege. Die Kaffeerösterei habe eine Sondernutzungserlaubnis für ca. 50 Sitzplätze. Der Klägerin sei bisher lediglich eine Sondernutzungsfläche für zwei Tische mit vier Sitzplätzen zugestanden worden, obwohl sich ihr Geschäft über die größte Fensterfrontfläche erstrecke. Da es im Rahmen der Nutzung von öffentlichen Wegeflächen regelmäßig zu einem Konflikt zwischen den widerstreitenden Interessen der Beteiligten komme, seien im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung widerstreitende Interessen gegeneinander abzuwägen und praktische Konkordanz herzustellen. Hierbei habe auch der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG besondere Bedeutung. Die Behörde dürfe bei der Verteilung der zur Verfügung stehenden Gesamtaußenfläche wesentlich gleiche Sachverhalte nicht ungleich behandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebiete es, die Größe des Betriebes in die Bemessung und Verteilung der Außenbewirtschaftungsflächen zu berücksichtigen. Zudem sei in die Abwägung einzubeziehen, dass die Klägerin längere Öffnungszeiten als ihre Konkurrenten habe und Touristen ein Interesse an Sitzplätzen von Lokalen mit langen Öffnungszeiten hätten. Darüber hinaus habe die Kundschaft ein Interesse daran, optisch zu erkennen, ob Sitzplätze zum jeweiligen Betrieb gehören würden. Die derzeitige Außenbestuhlungssituation führe zu Unklarheiten bei Passanten. Außerdem müsse gewährleistet werden, dass alle Betriebe eine gleiche Chance hätten. Es sei nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, dass Sondernutzungserlaubnisse so lange und fortdauernd erteilt werden würden, dass sich deren Inhaber auf einen gewissen Bestandsschutz berufen könnten. Daher hätten die Betreiber konkurrierender Läden keinen Schutz vor dem Widerruf ihrer Sondernutzungserlaubnis sowie der Neuverteilung der Nutzungsflächen. Die Klägerin beanspruche unter Beachtung der genannten Kriterien eine Gleichbehandlung, d. h., die gesamten vorhandenen Flächen für die Außenbestuhlung nach sachgerechten Kriterien ermessensfehlerfrei neu aufzuteilen. Entgegen der bisherigen Zuteilung stehe der Klägerin eine erheblich größere Anzahl an Sitzplätzen zu. Obwohl die Beklagte die Erweiterung der Sondernutzungserlaubnis abgelehnt habe, verlange sie nunmehr mit Gebührenbescheid vom 30. Oktober 2018 eine Gebühr für diese abgelehnte Fläche.
12
Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2019 beantragte die Beklagte,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
13
Die Beklagte erwiderte, dass die Klägerin bereits vor Abschluss des Mietvertrages für das Ladenlokal über die sehr beschränkten Möglichkeiten der Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsflächen für den Betrieb ihrer Außengastronomie informiert worden sei. Der gerügte Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei im Rahmen der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens und der Abwägung der verschiedenen Nutzungsinteressen ebenso berücksichtigt worden. Der Prioritätsgrundsatz sei ein legitimes Auswahlkriterium, wenn andere, im konkreten Fall bessere Kriterien nicht zur Verfügung stünden. Insbesondere seien andere Auswahlkriterien nicht besser geeignet, da bei der Prüfung und Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis keine privaten Interessen zu beachten seien, sondern die weitgehende Schonung des Gemeingebrauchs an öffentlichen Straßen sowie die Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Vordergrund stünden.
14
Daraufhin replizierte der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 19. März 2019, dass der Prioritätsgrundsatz keine Anwendung finde, da dieser nur bei punktuellen und einmaligen Veranstaltungen berücksichtigungsfähig sei, nicht jedoch bei dauerhaften Mietverhältnissen. Die Sondernutzungserlaubnis biete gerade keinen Bestandsschutz, vielmehr sei sie bewusst vom Gesetzgeber widerruflich ausgestaltet worden, um neueren Veränderungen und Entwicklungen Rechnung zu tragen. Neue Gegebenheiten würden neue Ermessensentscheidungen, bei denen der Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten sei, erfordern. Die Klägerin habe erst nach Abschluss des zivilrechtlichen Mietvertrages von der Ungleichbehandlung bei der Vergabe der Sondernutzungsflächen erfahren. Der Klägerin werde lediglich eine Bestuhlung unmittelbar vor ihrem Fenster zugestanden, während anderen Beteiligten deutlich mehr Platz gewährt werde. Die Klägerin habe ein wirtschaftliches Interesse an der Außenbestuhlung, da ohne diese ihre finanzielle Existenz gefährdet werde. Eine Neuregelung würde nicht zu einer Erweiterung der Außenflächen, sondern zu einer sachgerechten Umverteilung führen. Die Beklagte wende zudem unterschiedliche Maßstäbe zur Gewährleistung des Fußgänger- und Anliegerverkehrs an. In anderen Gegenden … müsse lediglich ein 1,50 m breiter Streifen auf dem Gehweg oder dem Plattenbelag freigehalten werden. Auch die Anordnung der Sitzbänke auf dem Marktplatz verstoße gegen den Gleichheitssatz.
15
Mit Schriftsatz vom 7. Mai 2019 trug die Beklagte vor, dass das Gestaltungskonzept für den Marktplatz nicht gegen den Gleichheitssatz verstoße, sondern Bestandteil des ganzheitlichen Konzepts zur Aufwertung der Aufenthalts- und Gestaltungsqualität des Zentrums der … Altstadt sei. Nach Abwägung der verschiedenen Nutzungen und Funktionen des Marktplatzes seien die Gestaltungsrichtlinien erlassen worden. Da die Besucherfrequenz auf dem Marktplatz höher sei als auf anderen Flächen …, müsse ein Abstand von 2 m gesetzt werden. Der Klägerin seien diese stadtgestalterischen Gesamtzusammenhänge sowie die Gestaltungsrichtlinie schon frühzeitig erläutert worden.
16
Unter dem 9. Juli 2019 ergänzte die Klägerin ihren Vortrag dahingehend, dass es nicht um das Gestaltungskonzept als solches, sondern um die ermessensgerechte Aufteilung der vorhandenen Flächen unter Beachtung des Gleichheitssatzes und der Veränderlichkeit einer einmal getroffenen Entscheidung gehe. Entgegen der Darstellung der Beklagten sei die ursprüngliche Durchgangsbreite auf 1,50 m und nicht auf 2,0 m festgelegt gewesen. Die Gestaltungsrichtlinie sei offensichtlich auch nicht starr festgeschrieben, da kommerzielle Werbung durchaus vorhanden sei und ein Pflanzenkübel bereits alternativlos entfernt worden sei. Es werde nochmals betont, dass die vorhandene Aufteilung der Sitzplätze den Anforderungen an eine städtische Gestaltung und Nutzung derzeit nicht gerecht werde. Sie sei kontraproduktiv zu den touristischen Zielen der Stadt. Die derzeitige Verteilung sei ermessensfehlerhaft und daher zu korrigieren.
17
Die Beklagte äußerte sich zuletzt mit Schreiben vom 22. August 2019 und führte an, dass die Neuanpflanzung des Pflanzenkübels bereits geplant sei.
18
Bezüglich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 11. Februar 2020 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf den Inhalt der Gerichtsakte - auch im Verfahren B 1 K 18.1222 - und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19
1. Die Klägerin begehrt im Wege der Verpflichtungsklage eine Neuverteilung der gesamten vor dem Stadthaus in … zur Verfügung stehenden Sondernutzungsflächen, mindestens jedoch die Erweiterung ihrer bisherigen Sondernutzungserlaubnis um weitere drei Tische mit jeweils zwei Stühlen und Sonnenschirmen (insgesamt fünf Tische mit jeweils zwei Stühlen).
20
2. Die erhobene Verpflichtungsklage ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.
21
a. Die Verpflichtungsklage ist zum Teil unzulässig, da der Klägerin zum einen im Hinblick auf den gestellten Antrag auf die ermessengerechte Neuverteilung der gesamten Sondernutzungsfläche vor dem Stadthaus in … bereits die Klagebefugnis fehlt (vgl. aa.). Zum anderen besteht für fast alle (außer einer) Ausgestaltungsmöglichkeiten einer Erweiterung der bestehenden Sondernutzungsfläche kein Rechtsschutzbedürfnis (siehe bb.).
22
aa. Die Klägerin ist nach § 42 Abs. 2 VwGO nicht klagebefugt hinsichtlich ihres Begehrens auf ermessensfehlerfreie Neuverteilung der bestehenden Sondernutzungsfläche vor dem Stadthaus in … Die Klagebefugnis setzt voraus, dass zumindest die Möglichkeit der von der Klägerin behaupteten Rechtsverletzung besteht. Dies bedeutet, dass die Anwendung von Rechtssätzen möglich erscheinen muss, die abstrakt auch dem Schutz von Personen zu dienen bestimmt sind, die sich in der Lage der Klägerin befinden. Bei der Verpflichtungsklage genügt es nicht, dass die Klägerin Adressatin eines ablehnenden Bescheids geworden ist. Vielmehr hat die Klägerin bei der Verpflichtungsklage im Rahmen des § 42 Abs. 2 VwGO substantiiert darzulegen, dass sie einen Anspruch auf den Erlass des begehrten Verwaltungsakts haben kann. Das Verwaltungsgericht hat deshalb anhand des klägerischen Vortrags zu prüfen, ob es überhaupt eine öffentlich-rechtliche Anspruchsnorm gibt, die das Begehren der Klägerin stützen kann, und des Weiteren, ob es nicht von vornherein ausgeschlossen ist, dass gerade die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 23.7.2009 - 8 B 08.3282 - juris Rn. 32).
23
Der Klägerin fehlt die Klagebefugnis bezüglich der Neuverteilung der Sondernutzungsflächen vor dem Stadthaus, da eine derartige Neu- bzw. Umverteilung zunächst den Widerruf der bereits bestandskräftigen Sondernutzungserlaubnisse der Bäckerei und der Kaffeerösterei bedeuten würde und die Klägerin gerade keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Widerruf der Sondernutzungserlaubnisse ihrer Konkurrenten gegen die Beklagte nach Art. 49 BayVwVfG hat.
24
Im Hinblick auf einen Anspruch auf den Widerruf einer bestandskräftigen Sondernutzungserlaubnis in Bezug auf die Nutzung der öffentlichen Verkehrsfläche vor dem Anwesen Stadthaus in … führte das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth bereits im Gerichtsbescheid vom 12. März 2014, Az.: B 1 K 13.694, Folgendes aus:
„Da es sich bei dieser Sondernutzungserlaubnis um einen rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt handelt, kann er nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG nur mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Vorliegend ist der Widerruf zwar gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG im Verwaltungsakt vorbehalten worden. Dieser Widerruf steht aber ebenfalls im Ermessen der Beklagten (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, Rn. 28 zu § 49). Ein subjektives öffentliches Recht auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen Widerruf hat ein Dritter nur bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung (vgl. BayVGH, U.v. 23.7.2009 - 8 B 08.3282 - m.w.N.; Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 9 zu § 49). Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei einer Sondernutzungserlaubnis nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG jedoch grundsätzlich nicht um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung (vgl. BayVGH, U.v. 23.7.2009 - 8 B 08.3282, B.v. 24.11.2003 - 8 CS 03.2279 in BayVBl 2004, 533 und B.v. 17.9.2003 - 8 C 03.1543). Diese Auffassung hat auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt (BVerfG, B.v. 26.5.2011 - 1 BvR 1452/10). Die einem Verwaltungsakt zugrunde liegende Norm kann nur dann als sogenannte Schutznorm angesehen werden, wenn in dem sachlichen und personellen Schutzbereich dieser Norm ein besonderer Bezug zu Dritten festzustellen ist. Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG vermittelt grundsätzlich keinen Drittschutz. Das in Art. 18 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 BayStrWG vorgegebene Entscheidungsprogramm der Straßenbaubehörde, das der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zugrunde liegt, stellt auf eine Benutzung der gewidmeten Straßenfläche ab, die nicht mehr gemeingebräuchlich ist, weil sie nicht vorwiegend zu Zwecken des Verkehrs erfolgt (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2003 a.a.O.; vom 24.11.2003 a.a.O.). Da der Straße als Verkehrsfläche eine wichtige Mittlerfunktion zukommt, soll die Behörde durch das in Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG enthaltene Verbot mit Erlaubnisvorbehalt in die Lage versetzt werden zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit eine abweichende Nutzung der Verkehrsfläche noch mit den Belangen des Straßenrechts - vor allem, wie sie in den Vorschriften des Straßen- und Wegerechts, aber zum Teil auch in den Vorschriften des Straßenverkehrsrechts zum Ausdruck kommen (vgl. BayVGH vom 20.1.2004 - 8 N 02.3211) - vereinbar ist. Auf den Punkt gebracht geht es dabei um die Frage, ob die straßenfremde Nutzung mit den Belangen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vereinbar und insoweit gemeinverträglich sei. Im Einzelfall könnten hier auch noch Belange des Umfelds der Straße in städtebaulichen oder baupflegerischen Vorschriften mit eine Rolle spielen, soweit sie einen eindeutigen Bezug zur Straße aufweisen (vgl. BayVGH, U.v. 20.1.2004 - 8 N 02.3211; Wiget in Zeitler, BayStrWG, Stand: 15.2.2009, Rn. 26 zu Art. 18). Die Grenze des Entscheidungsprogramms der Sondernutzungserlaubnis liegt aber dort, wo nicht mehr um die Nutzung der Straßenverkehrsfläche, sondern um die Nutzung der auf ihr aufgestellten oder in sonstiger Weise aufgebrachten Anlagen oder Sachen gestritten wird.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof stellt weiter fest, dass vom Schutzzweck des Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG ein Ausgleich zeitlich und örtlich gegenläufiger Interessen nur dann angesprochen wird, wenn es sich um in ihrer Art unterschiedliche Nutzungen verschiedener Straßenbenutzer handelt. Sofern es sich um eine gleichartige Nutzung auf derselben Straßenfläche handeln soll, kommt danach der Sondernutzungserlaubnis nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG eine Ausgleichs- und Verteilungsfunktion in diesem Sinne nicht zu. Denn Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG stellt keine typische Auswahlnorm dar, sondern hat vor allem das öffentliche Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs im Blick (vgl. auch Art. 17 Abs. 5 Satz 1, Art. 19 Abs. 2 BayStrWG). Sonach hat die Behörde bei ihrer Ermessensentscheidung nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG nicht ein Auswahlverfahren wie beispielsweise bezüglich der Teilnahme an einer festgesetzten Veranstaltung im Sinne von §§ 69 f. GewO durchzuführen. Allein aus der faktischen Konkurrenzsituation zwischen zwei Bewerbern um eine Sondernutzungserlaubnis für dieselbe Straßenfläche ergibt sich keine in Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG nicht vorgesehene rechtliche Konkurrenzsituation, die allein eine Drittwirkung der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Folge haben könnte. Nur in Ausnahmefällen kann sich ergeben, dass den Vorschriften über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis eine drittschützende Wirkung zukommt.“
25
Entsprechend der obigen Ausführungen hat die Klägerin daher nur dann einen Rechtsanspruch, wenn eine Ausnahmesituation vorliegt, d. h., wenn zum Beispiel die Erlaubnis den Anliegergebrauch unzumutbar beeinträchtigt (vgl. Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Werkstand: 29. EL März 2019, Art. 18 Rn. 17). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Durch die der Kaffeerösterei und der Bäckerei erteilten Sondernutzungserlaubnisse wird in keiner Weise in das Eigentumsrecht der Eigentümer - bei denen es sich zum Teil um die Beklagte handelt - der von der Klägerin gemieteten Ladenlokale eingegriffen. Allein aus dem Umstand, dass die von ihr gemieteten Ladenflächen unmittelbar an die gewidmete Verkehrsfläche des Marktplatzes angrenzen, erwachsen keinerlei Sonderrechte. Die Vorschriften über das Rechtsinstitut des Anliegergebrauchs gewähren dem Straßenanlieger nur in sehr eingeschränktem Ausmaß eine einklagbare Rechtsposition, wenn durch eine Sondernutzungserlaubnis die für das Grundstück erforderlichen Zufahrten und Zugänge unzumutbar beeinträchtigt oder sonst eine Nutzung des Grundeigentums verhindert werden würden. Einen Anspruch, das Straßengrundstück - und damit fremdes Eigentum - vorrangig gegenüber anderen Personen nutzen zu können, vermittelt der Anliegergebrauch dagegen nicht. Außerdem ist die von der Klägerin beabsichtigte gastronomische Nutzung der Sondernutzungsfläche lediglich der Wahrnehmung von Erwerbschancen zuzuordnen und vermittelt schon aus diesem Grund keine einklagbare Rechtsposition.
26
Auch ein von der Klägerin geltend gemachter Anspruch auf eine ermessensgerechte Neuverteilung der bestehenden Sondernutzungsflächen aus dem Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), Art. 118 Abs. 1 Bayerische Verfassung (BV) besteht nicht. Hierzu wird im Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 12. März 2014, Az.: B 1 K 13.694, ausgeführt:
„Für eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die Vorschriften über die Erteilung einer straßen- und wegerechtlichen Sondernutzungserlaubnis keine Drittwirkung entfalten, kann sich die Klägerin auch nicht auf eine Verletzung des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV berufen. Denn die Klägerin und der Beigeladene standen zu keiner Zeit als im Ausgangspunkt gleichberechtigte Antragsteller um die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für dieselbe Straßenfläche nebeneinander. Die Klägerin hat den Laden in dem Anwesen … nach eigenem Vortrag erst seit 01.06.2013 angemietet und erstmals am 07.08.2013 eine Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von Mobiliar auf der Fläche vor ihrem Geschäft beantragt. Zu diesem Zeitpunkt war der Beigeladene schon im Besitz der Sondernutzungserlaubnis für die jetzt umstrittene Fläche, nämlich seit 05.02.2009. Zugunsten des Beigeladenen greift daher der Prioritätsgrundsatz ein. Dieses von der Beklagten angewandte Prioritätsprinzip ist nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ein legitimes Auswahlkriterium, wenn andere, im konkreten Fall bessere Kriterien nicht zur Verfügung stehen (vgl. BayVGH, B.v. 23.07.2009 - 8 B 08.3282; Dürig in Maunz/Dürig/Herzog/ Scholz, Grundgesetz, Stand: 1.1.2009, Rn. 229, 232 zu Art. 3 Abs. 1). Bei der Sondernutzung an einer öffentlichen Straße handelt es sich weder um die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung der Gemeinde im Rahmen von Art. 21 Abs. 1 und 5 GO (vgl. BayVGH, B.v. 23.7.2009 a.a.O.; U.v. 22.11.2006 - 8 BV 05.1918 in BayVBl 2007, 690/691) noch um die Teilnahme an einer festgesetzten Veranstaltung im Sinne von §§ 69 f. GewO. Die dort angewandten Auswahlverfahren bei beschränkter Kapazität nach dem Gesichtspunkt der Eignung oder nach dem Rotationsprinzip sind bei der Entscheidung über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen nicht besser geeignet (BayVGH, B.v. 23.7.2009 a.a.O.). Die Klägerin verkennt, dass bei der Prüfung eines Antrags auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nicht private Interessen zu beachten sind, sondern nach dem Gesetzeszweck die weitgehende Schonung des Gemeingebrauchs an den öffentlichen Straßen nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG (vgl. Art. 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2a Satz 5 BayStrWG) sowie die Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs (vgl. Art. 17 Abs. 5 Satz 1, Art. 19 Abs. 2 BayStrWG). Auch dies ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, B.v. 23.7.2009 a.a.O.; B.v. 24.11.2003 - 8 CS 03.2279 in BayVBl 2004, 533 und B.v. 12.12.2007 - 8 CS 07.2952).“
27
Selbiges ist auf die Situation der Klägerin zu übertragen. Die Klägerin stand der Kaffeerösterei sowie der Bäckerei zu keiner Zeit als im Ausgangspunkt gleichberechtigte Antragstellerin um die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für dieselbe Straßenfläche gegenüber. Die Bäckerei besitzt bereits seit dem Jahr 2009 eine bestandskräftige Sondernutzungserlaubnis, die Kaffeerösterei seit dem Abschluss des gerichtlichen Verfahrens im Jahr 2014. Zum Zeitpunkt der Eröffnung der Ladengeschäfte der Klägerin im Jahr 2017 und der erstmaligen Beantragung der Sondernutzungserlaubnis sowie deren Erweiterung am 9. August 2018 waren die Kaffeerösterei und die Bäckerei daher schon im Besitz ihrer Sondernutzungserlaubnisse. Zugunsten der beiden benachbarten Ladengeschäfte greift daher der Prioritätsgrundsatz entsprechend den obigen Ausführungen.
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Nach alldem besitzt die Klägerin keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die insgesamt zur Verfügung stehende Sondernutzungsfläche nach pflichtgemäßem Ermessen neu verteilt und hierfür die bestehenden Sondernutzungserlaubnisse der Kaffeerösterei und der Bäckerei widerruft.
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Eine Klagebefugnis der Klägerin besteht deshalb lediglich bezüglich der begehrten Erweiterung der bestehenden Sondernutzungserlaubnis auf bisher ungenutzten öffentlichen Verkehrsflächen.
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bb. Der Klage fehlt zudem teilweise das Rechtsschutzbedürfnis. Lediglich bezüglich des Antrags auf Erweiterung der bestehenden Sondernutzungserlaubnis um drei zusätzliche Tische mit jeweils zwei Stühlen und Sonnenschirmen entlang der Hausfassade des von der Klägerin gemieteten Lokals (Vermieter ist die Beklagte) besteht ein Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich aller weiteren Variationsmöglichkeiten einer Erweiterung ihrer bestehenden Sondernutzungserlaubnis fehlt der Klage das Rechtsschutzbedürfnis, da die insoweit gestellten Anträge mangels hinreichend konkreter Antragstellung im behördlichen Verfahren nicht verbescheidungsfähig sind. Die Klägerin hat bei der Beklagten diesbezüglich schon keine hinreichend prüffähigen Unterlagen vorgelegt und auch im gerichtlichen Verfahren nur hinsichtlich der vorgenannten einen Variante eine ausreichende Klarstellung vorgenommen.
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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zur Problematik der Antragstellung in Bezug auf die Sondernutzung von Containern in seinem Beschluss vom 15. Dezember 2017 (Az.: 8 ZB 16.2117 - juris Rn. 11) ausgeführt:
„Ob mit dem Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis hinreichend prüffähige Unterlagen vorgelegt worden sind, beurteilt sich am materiell-rechtlichen Maßstab des Art. 18 Abs. 1 BayStrWG. Hiernach ist maßgeblich, ob und inwieweit die Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch (Art. 14 BayStrWG) hinaus diesen beeinträchtigen kann. Im Blickfeld steht die Straße als Verkehrsfläche, die abweichend von dieser Funktion genutzt werden soll, und die Prüfung, ob die straßenfremde Nutzung nach behördlichem Ermessen mit den Belangen des Straßen- und Wegerechts vereinbar ist (BayVGH, U.v. 20.1.2004 - 8 N 03.3211 - BayVBl 2004, 336 = juris Rn. 78). Im Kern geht es um die Frage, ob die straßenfremde Nutzung mit den Belangen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vereinbar und insoweit gemeinverträglich ist (BayVGH, B.v. 24.11.2003 - 8 CS 03.2279 - BayVBl 2004, 533 = juris Rn. 6). Die Erlaubnisbehörde muss anhand des Antrags in die Lage versetzt werden, zu prüfen, ob und ggf. inwieweit eine abweichende Nutzung der Verkehrsfläche noch mit den Belangen des Straßenrechts vereinbar ist (BayVGH, B.v. 24.11.2003 - 8 CS 03.2279 - BayVBl 2004, 533 = juris Rn. 6).“
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Zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihren Antrag auf Erweiterung der bestehenden Sondernutzungsfläche um drei zusätzliche Tische mit jeweils zwei Stühlen und Sonnenschirmen dahingehend konkretisiert, dass diese entlang der Fensterfassade ihres Ladengeschäftes und damit parallel zur Sondernutzungsfläche der Kaffeerösterei aufgestellt werden sollen. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat die hierfür zu nutzende Fläche in den Lageplan (vgl. Gerichtsakte S. 78) eingetragen und damit die Voraussetzungen eines prüffähigen Antrags geschaffen. Für alle weiteren Variationsmöglichkeiten, Tische auf noch freien Verkehrsflächen vor dem Ladengeschäft der Klägerin aufzustellen, fehlt bereits ein hinreichend konkreter und damit prüffähiger Antrag. Der am 9. August 2018 gestellte Antrag auf Erweiterung der bestehenden Sondernutzungsfläche ist zu pauschal und daher nicht verbescheidungsfähig. Es wird nicht hinreichend erkennbar, wie und wo zusätzliche Tische aufgestellt werden sollen. Aufgrund der Vielzahl an Varianten der Aufstellung von Mobiliar ist die Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs für die Beklagte nicht absehbar und damit prüffähig.
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b. Soweit ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin besteht, hat die erhobene Verpflichtungsklage in der Sache keinen Erfolg. Die Ablehnungsentscheidung der Beklagten erweist sich als rechtmäßig, da über den Anspruch der Klägerin auf Erweiterung der Aufstellung von Außenmobiliar ermessensfehlerfrei entschieden und die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt wurde (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 VwGO).
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Maßstab für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ist nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG, ob und inwieweit die Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus diesen beeinträchtigen kann. Im Blickfeld der Erlaubnisbehörde steht daher die Straße als Verkehrsfläche, die abweichend von dieser Funktion genutzt werden soll, und die Prüfung, ob die straßenfremde Nutzung nach behördlichem Ermessen mit den Belangen des Straßen- und Wegerechts vereinbar ist (vgl. BayVGH, U. v. 20.1.2004 - 8 N 02.3211 - juris Rn. 78). Die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach Art. 18 Abs. 1 BayStrWG steht daher im Ermessen der Straßenbaubehörde, es besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Erlaubnis, sondern nur ein Anspruch auf fehlerfreien Ermessensgebrauch (vgl. Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Werkstand: 29. EL März 2019, Art. 18 Rn. 26 m. w. N.).
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Nach § 114 S. 1 VwGO unterliegt die Ermessensausübung der handelnden Behörde (Art. 40 BayVwVfG) nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Das Gericht kann insoweit nur überprüfen, ob die Behörde ihr Ermessen überhaupt ausgeübt hat, ob sie bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat oder ob sie von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.
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Die Ermessenausübung hat dem Normzweck des Art. 18 BayStrWG entsprechend sachbezogen nach den Umständen des Einzelfalls zu erfolgen. Daher darf sie sich bei der Erteilung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis nur an Gründen orientieren, die einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Zu diesen Gründen zählen vorrangig die in Art. 18 Abs. 2 Satz 2 BayStrWG ausdrücklich genannten Belange der Straßenbaulast und der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Daneben können aber auch baugestalterische oder städtebauliche Belange, wie etwa der Schutz eines bestimmten Straßen- oder Ortsbilds, berücksichtigt werden, sofern sie einen sachlichen Bezug zur Straße haben und auf einem konkreten Gestaltungskonzept der Gemeinde beruhen (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 - 8 ZB 10.2931 - juris Rn. 19 m. w. N.). Die Ermessensausübung kann hierbei durch verwaltungsinterne Richtlinien oder Anordnungen für eine gleichmäßige Handhabung allgemein geregelt werden (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 - 8 ZB 10.2931 - juris Rn. 20; Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Werkstand: 29. EL März 2019, Art. 18 Rn. 26 m. w. N.).
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Ein Fall des Ermessensnichtgebrauchs liegt nicht vor, da die Beklagte das ihr vom Gesetzgeber eingeräumte Ermessen offensichtlich erkannt und eine Ermessensentscheidung vorgenommen hat (vgl. Ausführungen im Bescheid vom 30. Oktober 2018).
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Die ablehnende Entscheidung, keine zusätzliche Außenbestuhlung entlang der Häuserfassade des Ladengeschäfts der Klägerin zuzulassen, beruht auf einer ordnungsgemäßen Abwägung der relevanten Belange, sodass ein Ermessensfehlgebrauch nicht gegeben ist. Die von der Stadt erlassene Gestaltungsrichtlinie, deren Rechtmäßigkeit und Gültigkeit von der Klägerin nicht angezweifelt wurde, dient insoweit ermessenslenkend und für eine gleichmäßige Handhabung der Verteilung der Sondernutzungsflächen. Die Gestaltungsrichtlinie beruht auf Erwägungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie den kulturellen und sozialen Zwecken des Marktplatzes. Die Beklagte stellte im Rahmen ihrer ablehnenden Entscheidung maßgeblich auf die Gestaltungsrichtlinie und die darin getroffene Entscheidung, nur im begrenzten Maße Flächen für eine Sondernutzung freizugeben ab. Für die von der Klägerin begehrte Fläche entlang der Hausfassade ihres Ladengeschäfts bestehen keine ausgewiesenen Sondernutzungsflächen. Grund hierfür sind Erwägungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Die Gestaltungsrichtlinie sieht einen von Überlagerungen freizuhaltenden Durchgang für Fußgänger, Menschen mit Rollatoren oder Krücken, Rollstuhlfahrern oder Eltern mit Kinderwägen von mindestens 2 m Breite entlang des Marktplatzes vor. Die dauerhafte Freihaltung dieses Durchgangs würde bei der Aufstellung von Tischen entlang der Hausfassade durch die Klägerin nicht eingehalten werden können, da sie ihre Tische parallel zur Sondernutzungsfläche der Kaffeerösterei aufstellen möchte. Bereits derzeit besteht nur ein Abstand von 2 m zwischen der Hausfassade und der beginnenden Sondernutzungsfläche der Kaffeerösterei. Würde die Klägerin Tische mit einer Tiefe von 50 cm bzw. 60 cm aufstellen, würde ein Durchgang von 2 m Breite nicht mehr gewahrt werden und so die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt werden. Zusätzlich zu diesem Belang beruhte die ablehnende Entscheidung auch auf den kulturellen und sozialen Zwecken des Marktplatzes sowie dem Interesse der Marktbesucher an genügend öffentliche Sitzbänke, Beleuchtungs- und Müllentsorgungsanlagen. Die Beklagte berücksichtigte im Rahmen ihrer Abwägungsentscheidung und der Ermittlung aller hierfür relevanten Aspekte auch die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin an einer Ausdehnung ihrer bestehenden Sondernutzungserlaubnis und prüfte im Rahmen der Verhältnismäßigkeit, ob mildere Mittel zur Verfügung stehen. Bei ihrer Abwägungsentscheidung gewichtete die Stadt die Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs entsprechend der Gestaltungsrichtlinie (Abstandsflächen) stärker als das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an einer Nutzung von öffentlichen Verkehrsflächen entgegen des Gemeingebrauchs. Daher überwogen die in der Gestaltungsrichtlinie angeführten Belange das wirtschaftliche Interesse der Klägerin. Ein Abwägungsdefizit liegt daher nicht vor. Dass die Beklagte den Gleichheitssatz nicht primär (erfolgte erst im gerichtlichen Verfahren) in ihre Abwägung einbezogen hat, stellt ebenso keinen Abwägungsmangel dar, da bei der von der Klägerin beantragten Aufstellung von Mobiliar entlang der Außenfront ihres Ladens die Sondernutzung auf einer bisher ungenutzten Fläche begehrt wurde. Daher bestand und besteht keine Konkurrenzsituation. Die Nichtberücksichtigung des Gleichheitssatzes bei der Prüfung der Freigabe weiterer öffentlicher Verkehrsflächen zur Sondernutzung stellt daher keinen Abwägungsmangel dar.
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Auch hat die Beklagte ihr Ermessen nicht missbräuchlich ausgeübt. Die Beklagte hat keine sachfremden Erwägungen in ihre Entscheidung einfließen lassen. Die Gestaltung durch Bäume, Pflanzenkübel, Sitzbänke und Laternen dient dem Gemeingebrauch und steht im Interesse der Marktbesucher. Diese Belange weisen daher einen sachlichen Bezug zur öffentlichen Straße auf und stellen keine sachfremden Motive dar. Ebenso beruht die im Rahmen der Aufstellung der Gestaltungsrichtlinie getroffene Entscheidung, einen mindestens 2 m breiten Durchgang für Fußgänger auf dem glatten Pflaster entlang des Marktplatzes freizuhalten, auf der sachlichen Erwägung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Entgegen des Vortrags der Klägerseite schreibt das Bayerische Straßen- und Wegegesetz keine Durchgangsbreite von 1,5 m anstatt der geforderten 2 m vor. Lediglich in anderen, weniger besucherfrequentierten Bereichen … wird nur ein Abstand von 1,5 m gefordert. Die Beklagte trug hierzu vor, dass der Abstand von 1,5 m nach einer Absprache mit dem Behindertenbeauftragten für Rollstuhlfahrer und Rollatoren festgesetzt wurde, für den Marktplatz aufgrund der höheren Besucherzahl jedoch 2 m als notwendig erachtet wurden. Hieraus wird ersichtlich, dass der Durchgang für Fußgänger von 2 m Breite nicht willkürlich gewählt, sondern auf sachlich gerechtfertigten Belangen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beruht. Die Ablehnung der beantragten Sondernutzung entlang der Fensterfront des Ladengeschäfts und parallel zur Sondernutzungsfläche der Kaffeerösterei war daher ermessensgerecht, da weder bei einer Tischtiefe von 60 cm, noch bei einer Tiefe von 50 cm die notwendige Abstandsfläche von 2 m eingehalten werden würde. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch bei einer Abstandsfläche von nur 1,50 m die ablehnende Entscheidung nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen würde. Bei einer Tischtiefe von 50 cm müsste die Beklagte berücksichtigen, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht davon auszugehen ist, dass sich die Gäste der Klägerin an die Abmessung der geforderten Abstandsflächen halten werden und Tische und Stühle auch anders positionieren würden, sodass der geforderte Durchgang von 1,50 m nicht dauerhaft gewährleistet werden könnte.
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3. Gegen die in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Kostenfeststellung, deren Aufhebung die Klägerin begehrt, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Solche wurden von Seiten der Klägerin auch nicht vorgetragen. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 8 Abs. 1 Satz 2 KG i. V. m. Nr. 630 der Verwaltungskostensatzung der Stadt … und Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG.
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4. Die Klägerin trägt als unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis bedurfte es angesichts der - wenn überhaupt anfallenden - jedenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht, zumal diese auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.