Inhalt

VGH München, Beschluss v. 13.05.2020 – 6 ZB 20.577
Titel:

Kein Anspruch eines Zeitsoldaten auf Dienstzeitverkürzung

Normenketten:
SG § 40 Abs. 7 S. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
Leitsätze:
1. Die Vorschrift des § 40 Abs. 7 S. 1 SG dient ausschließlich dem öffentlichen Interesse an einer ausgewogenen Personalstruktur der Bundeswehr. Sie dient nicht dem individuellen Interesse des jeweiligen Soldaten. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer allein im öffentlichen Interesse bestehenden, aber statuswirksamen Vorschrift ist die Rechtsschutzgewährleistung auf den Schutz vor einer willkürlichen Anwendung beschränkt. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es entspricht dem grundsätzlichen Interesse der Bundeswehr, dass Zeitsoldaten die einmal vereinbarte Dienstzeit auch ableisten. Dies gilt in besonderer Weise für Soldaten, die eine besondere Qualifikation zB durch ein Studium während ihrer Zeit als Soldat erreicht haben. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Soldatenrecht, Soldat auf Zeit, Dienstzeitverkürzung, besondere Qualifikation, Bundeswehr, Dienstleistung, dienstliches Interesse, Studium
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 29.01.2020 – M 21a K 18.3014
Fundstelle:
BeckRS 2020, 14705

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 29. Januar 2020 - M 21a K 18.3014 - wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 31.984,62 € festgesetzt.

Gründe

1
Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
2
Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.
3
Das Verwaltungsgericht hat mit überzeugenden Gründen angenommen, dass der Kläger keinen Anspruch nach § 40 Abs. 7 Satz 1 SG auf die beantragte Dienstzeitverkürzung um vier Monate hat und auch nicht eine erneute Verbescheidung seines Antrags verlangen kann, weil die Beklagte diesen in rechtmäßiger Weise abgelehnt hat. Der Zulassungsantrag wirft keine Fragen auf, denen in einem Berufungsverfahren weiter nachzugehen wäre.
4
Nach § 40 Abs. 7 Satz 1 SG kann die Dienstzeit eines Soldaten auf Zeit auf dessen Antrag verkürzt werden, wenn dies im dienstlichen Interesse liegt. Die Vorschrift dient ausschließlich dem öffentlichen Interesse an einer ausgewogenen Personalstruktur der Bundeswehr und wirkt sich allenfalls reflexiv zugunsten des antragstellenden Soldaten aus (vgl. Scherer/Alf/Poretschkin/Lucks, Soldatengesetz, 10. Aufl. 2018, § 40 Rn. 15). Sie dient nicht dem individuellen Interesse des jeweiligen Soldaten, sondern soll das Ausscheiden qualifizierten Personals verhindern und die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte aufrechterhalten. Bei einer solchen, allein im öffentlichen Interesse bestehenden, aber statuswirksamen Vorschrift ist die Rechtsschutzgewährleistung auf den Schutz vor einer willkürlichen Anwendung beschränkt (BayVGH, B.v. 14.1.2019 - 6 ZB 18.2238 - juris Rn. 11; B.v. 12.9.2006 - 15 ZB 06.112 - juris Rn. 4).
5
Die Ablehnung des vom Kläger gestellten Antrags auf Dienstzeitverkürzung lässt keine Willkür erkennen. Insbesondere ist es nicht von Bedeutung, ob nach Ansicht des Klägers selbst oder einzelner seiner Vorgesetzten die Dienststelle über genügend Personal verfügt, der Kläger also in seiner dienstlichen Funktion dort nicht benötigt werde. Ob ein Bedarf an der Dienstleistung einzelner Zeitsoldaten besteht, ist ausschließlich von der hierfür zuständigen personalbearbeitenden Stelle der Bundeswehr zu beurteilen, welche allein in der Lage ist, die überörtliche Gesamtpersonallage einzuschätzen und den zukünftigen Bedarf an Soldaten zu prognostizieren. Die jeweilige Personallage am einzelnen Standort ist daher nicht ausschlaggebend. Hier darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass es dem grundsätzlichen Interesse der Bundeswehr entspricht, dass Zeitsoldaten die einmal vereinbarte Dienstzeit auch ableisten und hiervon nur im Ausnahmefall abgewichen werden darf. Dies gilt in besonderer Weise für Soldaten, die eine besondere Qualifikation z.B. durch ein Studium während ihrer Zeit als Soldat erreicht haben; dies kann ein weiterer Grund sein, ein dienstliches Interesse an der Verkürzung der Dienstzeit zu verneinen (Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 3. Auflage 2016, § 40 Rn. 48).
6
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Sätze 2 und 3 GKG.
7
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).