Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 14.05.2020 – W 6 K 20.272
Titel:

Außerbetriebsetzung eines Kraftrades wegen fehlender Kfz-Haftpflichtversicherung 

Normenketten:
FZV § 25 Abs. 4
BayVwVfG Art. 28 Abs. 2 Nr. 1, Art. 43 Abs. 2
VwVfG § 43
Leitsätze:
1. Die Erledigung eines Verwaltungsaktes tritt erst ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Zulassungsbehörde muss unverzüglich nach Eingang der Mitteilung des Versicherers über die Beendigung des Versicherungsschutzes Maßnahmen zur Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs ergreifen, und zwar ohne vorherige Rückfragen bei der Versicherung oder dem Halter. Es kommt dabei auch nicht einmal darauf an, ob Versicherungsschutz objektiv tatsächlich bestanden hat. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Kostenrechtlicher Veranlasser ist nicht nur, wer eine Amtshandlung willentlich herbeigeführt hat, sondern auch, in wessen Pflichtenkreis sie erfolgt. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anfechtungsklage, Verpflichtung eines Halters, einen gültigen Nachweis über das Bestehen einer Haftpflichtversicherung vorzulegen, Außerbetriebsetzung, Erledigung eines Verwaltungsakts, Vollziehung vor Klageerhebung, Titelfunktion, Kostenentscheidung, Erledigung, Haftpflichtversicherung, Nachweis, Kostenschuldner, Verwaltungsakt, Versicherungsschutz
Fundstelle:
BeckRS 2020, 13785

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Verfügung des Beklagten, aufgrund derer das Kraftrad des Klägers wegen fehlender Kfz-Haftpflichtversicherung außer Betrieb gesetzt wurde.
2
1. Auf den Kläger ist seit dem 22. Mai 2015 ein Kraftrad mit dem amtlichen Kennzeichen … … zugelassen. Bei der Zulassung des Fahrzeugs wurde dem Landratsamt Aschaffenburg (nachfolgend: Landratsamt) eine Versicherungsbestätigung der DA Deutsche A. V. AG (nachfolgend: DA Versicherung) vorgelegt.
3
Am 8. Januar 2020 teilte die DA Versicherung dem Landratsamt mit, dass der Versicherungsschutz für das Fahrzeug des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen … … zum 20. Dezember 2019 geendet hat.
4
Mit Bescheid vom 8. Januar 2020 forderte das Landratsamt den Kläger auf, für das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … … innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheides entweder das Bestehen einer ausreichenden Kfz-Haftpflichtversicherung durch eine gültige Versicherungsbestätigung nachzuweisen oder den Fahrzeugschein und -brief sowie die Kennzeichenschilder des Fahrzeugs zu Entstempelung vorzulegen (Nr. 1). Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 2) und die zwangsweise Stilllegung angedroht (Nr. 3). Dem Kläger wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt (Nr. 4) und die Höhe auf 34,10 EUR, bestehend aus Gebühren i.H.v. 30,00 EUR und Auslagen i.H.v. 4,10 EUR, festgesetzt (Nr. 5).
5
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Versicherung mitgeteilt habe, dass für das genannte Fahrzeug keine Kfz-Haftpflichtversicherung mehr bestehe. Gemäß § 25 Abs. 4 FZV sei die Behörde verpflichtet, die Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs unverzüglich einzuleiten und durchzuführen. Die sofortige Vollziehung des Bescheides liege im besonderen öffentlichen Interesse gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, da alle Verkehrsteilnehmer einen berechtigten Anspruch darauf hätten, dass Fahrzeuge, für die keine dem Pflichtsicherungsgesetz entsprechende Haftpflichtversicherung mehr bestehe, durch sofortige Maßnahmen von der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr ausgeschlossen würden. Die Androhung des unmittelbaren Zwanges stütze sich auf Art. 29, 30, 32, 34 und 36 VwZVG und sei zur schnellstmöglichen Gefahrenabwehr erforderlich und verhältnismäßig. Die Kostenentscheidung beruhe auf §§ 1, 2, 4 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr GebOSt, Nr. 254, und § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG.
6
Der Bescheid wurde dem Kläger zusammen mit einer Kostenrechnung am 10. Januar 2020 zugestellt.
7
Nachdem der Kläger der Aufforderung im verfahrensgegenständlichen Bescheid nicht nachgekommen ist, erfolgte am 27. Januar 2020 die Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs (Entstempelung der Kennzeichenschilder) durch die Polizei.
8
Am 30. Januar 2020 wurde durch das Landratsamt festgestellt, dass am 29. Januar 2020 eine gültige elektronische Versicherungsbestätigung (eVB; Versicherungsschein-Nr. …*) der ERGO Versicherung AG (nachfolgend: ERGO Versicherung) eingegangen ist, bei der als Beginn des Versicherungsschutzes der 22. Mai 2016 genannt ist. Auf der in der Behördenakte befindlichen Versicherungsanzeige vom 29. Januar 2020 (Bl. 13 d.A.) findet sich u.a. folgender handschriftlicher Vermerk: „Nachstempelung bis 04/02/2020 möglich! Fehler von Versicherung!“
9
Mit E-Mail vom 2. Februar 2020 wandte sich der Kläger an das Landratsamt und trug vor, dass sein Kraftfahrzeug durchgängig versichert gewesen sei und bat um Klärung des Sachverhalts. Die Nachforschungen des Landratsamts ergaben, dass das betroffene Kraftrad des Klägers bis zum 19. Mai 2016 bei der DA Versicherung unter der Vertragsnummer … versichert war. Ab dem 22. Mai 2016 war das Kraftrad bei der ERGO Versicherung mit der Vertragsnummer … versichert. Zum 7. Oktober 2019 wurde von der DA Versicherung beim Landratsamt für das Kraftrad eine eVB mit der Nr.: … hinterlegt. Die DA Versicherung entzog jedoch die Deckung mit Datum 20. Dezember 2019 wegen Nichtzahlung. Am 30. Januar 2020 wurde von der DA Versicherung für das Kraftrad ein Vertrag vom 7. Oktober bis 21. Dezember 2019 erstellt.
10
Mit Schriftsatz vom 5. Februar 2020 zeigte der Bevollmächtigte des Klägers seine Vertretung an und legte gegen den Bescheid vom 8. Januar 2020 Widerspruch ein. Daraufhin wies ihn das Landratsamt daraufhin, dass ein Widerspruch nicht möglich ist.
11
Am 10. Februar 2020 erschien der Kläger persönlich bei der Zulassungsstelle zur Neusiegelung des Kennzeichens. Hierbei wurde ihm Einsicht in die elektronische Datenbank der Behörde gewährt, aus der sich ergibt, dass zunächst nur die eVB der DA Versicherung vom 22. Mai 2015 (Zulassungsdatum) vorgelegen hat und die eVB-Ü der ERGO Versicherung (zum 22. Mai 2016) erst am 29. Januar 2020 eingegangen ist.
12
Mit ergänzendem Schriftsatz vom 11. Februar 2020 teilte der Bevollmächtigte des Klägers dem Landratsamt mit, dass das Kraftrad seit dem 22. Mai 2016 bei der ERGO Versicherung AG durchgehend haftpflichtversichert sei. Es wurde ein entsprechendes Bestätigungsschreiben der ERGO Versicherung vom 4. Februar 2020 vorgelegt.
13
2. Am 10. Februar 2020 ließ der Kläger Klage erheben und beantragen,
den Bescheid vom 8. Januar 2020 aufzuheben.
14
Zur Begründung wurde vorgebracht, der Bescheid sei rechtswidrig, denn das Kraftrad mit dem amtlichen Kennzeichen … … sei seit dem 22. Mai 2016 durchgehend bei der ERGO Versicherung versichert gewesen. Zuvor habe eine Versicherung der DA Versicherung bis zum 21. Mai 2016 bestanden.
15
Das Landratsamt Aschaffenburg beantragte für den Beklagten,
die Klage abzuweisen.
16
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass am 8. Januar 2020 die DA Versicherung eine Anzeige über den Wegfall des Versicherungsschutzes zum 20. Dezember 2019 übermittelt habe. Da zu diesem Zeitpunkt keine gültige Versicherungsbestätigung von einer anderen Versicherungsgesellschaft vorgelegen habe, sei der angefochtene Bescheid zu erlassen gewesen. Erst am 29. Januar 2020 sei dem Landratsamt eine gültige Versicherungsbestätigung der ERGO Versicherung mit Beginn 22. Mai 2016 übermittelt worden. Die Gebühren für den Bescheid vom 8. Januar 2020 i.H.v. 34,10 EUR sowie für die durchgeführte Zwangsentstempelung am 27. Januar 2020 mit Auslagen der Polizei i.H.v. 106,60 EUR seien zurecht festgesetzt worden.
17
Die Kostenverfügung vom 11. Februar 2020 hinsichtlich der Kosten für die Einleitung und Durchführung der Zwangsentstempelung i.H.v. 106,60 EUR (Gebühr 100,00 EUR, Auslagen der Polizei 6,60 EUR) wurde im Hinblick auf die erhobene Klage mit Verfügung vom 19. Februar 2020 ausgesetzt.
18
Mit Schriftsätzen vom 30. März 2020 und 4. Mai 2020 trug der Bevollmächtigte des Klägers vertiefend vor, dass sich aus der Versicherungsbestätigung der ERGO Versicherung vom 4. Februar 2020 ergebe, dass das betroffene Kraftrad seit dem 22. Mai 2016 durchgehend versichert gewesen sei; die Versicherung bei der DA Versicherung habe hingegen nur bis zum 21. Mai 2016 bestanden. Mit Versicherungswechsel im Jahre 2016 habe das Landratsamt die entsprechende Versicherungsbestätigung der ERGO Versicherung erhalten. Ein weiterer Versicherungswechsel habe nicht stattgefunden. Da es im Jahr 2019 zu keinem Neuabschluss eines Versicherungsvertrags mit der DA Versicherung gekommen sei (kein Antragseingang bis zum 3.12.2019), sei der Vertrag von der DA Versicherung storniert worden und die vorläufige Deckung zum 20. Dezember 2019 wurde gekündigt. Es sei daher unzutreffend, dass am 8. Januar 2020 keine gültige Versicherungsbestätigung vorgelegen habe, die Voraussetzungen des § 25 FZV hätten nicht vorgelegen. Überdies sei der Bescheid vom 8. Januar 2020 wegen der unterbliebenen Anhörung rechtswidrig. Wäre eine Anhörung durchgeführt worden, hätte der Kläger darauf hinweisen können, dass das Fahrzeug unverändert bei der ERGO Versicherung versichert sei.
19
3. Mit Beschluss vom 16. April 2020 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
20
Mit Schreiben vom 30. April 2020 bzw. 4. Mai 2020 erklärten sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne Durchführung der mündlichen Verhandlung einverstanden.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

22
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
23
Die Klage gegen den Bescheid des Landratsamts vom 8. Januar 2020 hat keinen Erfolg, denn sie ist schon teilweise unzulässig. Soweit sie zulässig ist, ist sie jedenfalls unbegründet.
24
1. Soweit sich die am 10. Februar 2020 erhobene Klage gegen die Androhung der Außerbetriebsetzung (Nr. 3 des Bescheides vom 8. Januar 2020) richtet, ist sie unzulässig, da sich der Bescheid insoweit durch die am 27. Januar 2020 erfolgte Vollziehung bereits erledigt hatte, Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG. Die erhobene Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist damit insoweit unstatthaft.
25
2. Die Anfechtungsklage gegen die Ziffern 1, 4 und 5 des Bescheids des Landratsamts Aschaffenburg vom 8. Januar 2020 ist zulässig, jedoch unbegründet. Denn der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Klägern nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
26
2.1. Insbesondere hat sich die Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides nicht in sonstiger Weise i.S.v. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG erledigt, da die dort enthaltene Regelung einen Anknüpfungspunkt für die Erhebung von Vollstreckungskosten darstellt.
27
Ein Verwaltungsakt bleibt gemäß Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG wirksam, solange er nicht erledigt ist. Nicht zur Erledigung führt die Vollziehung eines Verwaltungsaktes, soweit von dem Verwaltungsakt noch weiterhin Folgen für das Vollstreckungsverfahren ausgehen können. Dies gilt auch dann, wenn eine Rückgängigmachung der Vollziehung oder eine Folgenbeseitigung nicht mehr in Betracht kommt. So kann der Verwaltungsakt die Grundlage für einen Bescheid über die Vollstreckungskosten sein; Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes sind aber bei einer (späteren isolierten) Anfechtung des Kostenbescheids unbeachtlich (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 43 Rn. 41c; BVerwG NVwZ 2009, 122). Die Erledigung eines Verwaltungsaktes tritt folglich erst ein, wenn dieser nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu erzeugen oder wenn die Steuerungsfunktion, die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (BVerwG, Buchholz 316 § 43 VwVfG Nr. 11; BVerwG, Buchholz 316 § 43 VwVfG Nr. 10 = NVwZ 1998, 729).
28
Nachdem der Kläger der Aufforderung in Ziffer 1 des Bescheides nicht nachgekommen ist, beauftragte der Beklagte die Polizeiinspektion Aschaffenburg am 20. Januar 2020 mit der Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs, welche ausweislich der Mitteilung der Polizeiinspektion Aschaffenburg am 27. Januar 2020 (Bl. 6 d.A.) durch Entstempelung der Kennzeichenschilder des Fahrzeugs erfolgte. Für diese Maßnahme im Rahmen der Vollstreckung werden Kosten i.H.v. 106,60 EUR erhoben (vgl. Kostenverfügung v. 11.2.2020).
29
2.2. Die Verfügung in Ziffer 1 des Bescheids vom 8. Januar 2020, innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung entweder das Bestehen einer ausreichenden Kfz-Haftpflichtversicherung nachzuweisen oder das Fahrzeug außer Betrieb zu setzen, ist rechtmäßig, da die Voraussetzungen des § 25 Abs. 4 FZV zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses gegeben waren.
30
Gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 FZV ist die Zulassungsbehörde verpflichtet, unverzüglich die Außerbetriebsetzung eines Fahrzeugs anzuordnen, wenn sie durch eine Anzeige des Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherers oder auf andere Weise erfährt, dass für das Fahrzeug keine dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (mehr) besteht. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass Kraftfahrzeuge, für die eine Haftpflichtversicherung nicht abgeschlossen ist, nicht am Straßenverkehr teilnehmen, und dass Verkehrsteilnehmer, die bei Unfällen geschädigt werden, auf jeden Fall Versicherungsschutz genießen. Die Zulassungsbehörde muss unverzüglich nach Eingang der Mitteilung des Versicherers über die Beendigung des Versicherungsschutzes Maßnahmen zur Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs ergreifen, und zwar ohne vorherige Rückfragen bei der Versicherung oder dem Halter. Es kommt dabei auch nicht einmal darauf an, ob Versicherungsschutz objektiv tatsächlich bestanden hat (st. Rspr. BVerwG, vgl. u.a. U.v. 22.10.1992 - 3 C 2/90 - juris; st. Rspr. BayVGH, vgl. u.a. B.v. 31.7.2008 - 11 ZB 08.188 - juris; B.v. 9.5.2018 - 11 C 18.845 - juris). Das gesetzliche Ziel, Verkehrsteilnehmer vor unversicherten Fahrzeugen zu schützen, wäre - auch in Anbetracht der großen Zahl der Vorgänge - nicht erreichbar, müsste die Zulassungsstelle die hinter den jeweiligen Versicherungsbestätigungen und Anzeigen stehenden Versicherungsverhältnisse erforschen und beurteilen. Die Zulassungsstelle ist zur Erfüllung ihrer Aufgaben vielmehr darauf angewiesen, dass Versicherer und Halter das in § 23 Abs. 3 und § 25 Abs. 1 FZV formalisierte System von Versicherungsnachweis und Beendigungsanzeige durch elektronische Übermittlung bestimmungsgemäß handhaben. Für fehlerhaftes Verhalten des Versicherers kann nicht die Zulassungsbehörde einstehen, die aufgrund der materiell-rechtlichen Vorgaben der Fahrzeugzulassungsverordnung nicht zu einer Überprüfung der Richtigkeit der Mitteilung des Versicherers verpflichtet ist. Es ist daher sachgerecht, dem Kraftfahrzeughalter die Folgen selbst eines fehlerhaften Verhaltens „seines“ Versicherers aufzubürden, zumal er sich im Rahmen des privatrechtlichen Versicherungsvertrags schadlos halten kann (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.1992 - 3 C 2/90 - juris).
31
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war der Beklagte nach Eingang der Anzeige der DA Versicherung vom 8. Januar 2020 für das Kraftrad mit dem amtlichen Kennzeichen … … verpflichtet, umgehend den Betrieb dieses Fahrzeugs zu untersagen und dessen Außerbetriebsetzung anzuordnen bzw. alternativ zur Vermeidung einer Außerbetriebsetzung die Vorlage eines Nachweises über gültigen Versicherungsschutz anzufordern. Ausweislich der Aktenlage und dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten lag der Behörde zum Zeitpunkt der Anzeige der DA Versicherung am 8. Januar 2020 keine weitere Meldung über das Bestehen einer Haftpflichtversicherung vor, vielmehr erfolgte eine entsprechende Mitteilung der ERGO Versicherung erst am 29. Januar 2020. Es kann dahinstehen, ob die ERGO Versicherung gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 FZV den Versicherungswechsel im Jahr 2016 bei der Zulassungsbehörde angezeigt hatte, da jedenfalls die DA Versicherung am 7. Oktober 2019 eine Versicherungsbestätigung über den - am Ende nicht zustande gekommenen - Versicherungsvertrag an die Zulassungsbehörde übermittelt hatte. Nachdem kein Vertrag zwischen dem Kläger und der DA Versicherung zustande gekommen ist, kündigte die DA Versicherung gegenüber dem Kläger die vorläufige Deckung am 3. Dezember 2019 zum 20. Dezember 2019 (vgl. Schreiben der DA Versicherung v. 2.3.2020, vorgelegt mit Schriftsatz d. Kl. v. 30.3.2020) und teilte diesen Umstand am 8. Januar 2020 wiederum der Zulassungsbehörde mit. Folglich bestand zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses kein Nachweis über das Bestehen einer Haftpflichtversicherung für das Kraftrad des Klägers.
32
Entgegen der klägerseits vertretenen Auffassung war keine Anhörung erforderlich, da von dieser gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG aufgrund der besonderen Eilbedürftigkeit abgesehen werden konnte. Ebenso ist unerheblich, dass für das Kraftrad des Klägers durchgehend Versicherungsschutz bestanden hat. Die Behörde hat bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 Abs. 4 FZV keinerlei Ermessensspielraum, weder in der Hinsicht ob sie tätig wird, noch wie sie tätig wird, sondern hat das Fahrzeug unverzüglich außer Betrieb zu setzen, ohne weitere Ermittlungen anzustellen. Folglich kommt es nicht auf das objektive Bestehen einer Haftpflichtversicherung, sondern ausschließlich auf den Kenntnisstand der Behörde hierüber an.
33
Der Bescheid wurde zu Recht gegenüber dem Kläger als amtlich eingetragenem Halter des Fahrzeugs erlassen (§ 25 Abs. 3 und Abs. 4 FZV). Die Pflicht, für einen ununterbrochenen Nachweis eines Versicherungsschutzes bei der Zulassungsbehörde Sorge zu tragen, trifft den Fahrzeughalter (BayVGH, B.v. 7.1.2008 - 11 C 07.3164 - juris). Das folgt aus § 1 PflVG, wonach der Halter eine ausreichende Haftpflichtversicherung abzuschließen und aufrechtzuerhalten hat. Folglich ist der Fahrzeughalter selbst dann richtiger Adressat der Anordnung zur Außerbetriebsetzung, wenn diese aufgrund einer irrtümlichen bzw. versehentlichen oder nicht rechtzeitigen oder sonst unzutreffenden Mitteilung seines Haftpflichtversicherers erfolgt ist.
34
2.3. Gegen die Rechtmäßigkeit der Kostenentscheidung (Ziffern 5 und 6 des Bescheids) bestehen keine Bedenken.
35
Der Kostenausspruch und die Kostenfestsetzung (Gebühren und Auslagen) finden ihre gesetzliche Grundlage in § 6a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 StVG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt).
36
Gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3 StVG werden Kosten für Maßnahmen im Zusammenhang mit der Außerbetriebsetzung von Kraftfahrzeugen und Anhängern erhoben. Es dürfen grundsätzlich nur Kosten für rechtmäßige Amtshandlungen erhoben werden (vgl. Art. 16 Abs. 5 KG, § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG). Vorliegend entsprach das Tätigwerden des Beklagten, nämlich der Erlass des die Kostenentscheidung bedingenden Grundverwaltungsakts nach § 25 Abs. 4 FZV den gesetzlichen Anforderungen (s.o.).
37
Gegen die Kostenfestsetzung bestehen auch im Übrigen keine Einwände. Die Gebührenfestsetzung beruht auf § 1 Abs. 1 GebOSt i.V.m. Gebühren-Nummer 254 der Anlage zu § 1 GebOSt. Gemäß § 6a Abs. 3 Satz 1 StVG, § 6 GebOSt sind die Vorschriften des Verwaltungskostengesetzes - VwKostG - anzuwenden, soweit nicht die §§ 1 bis 5 GebOSt abweichende Regelungen über die Kostenerhebung, die Kostenbefreiung, den Umfang der zu erstattenden Auslagen, der Kostengläubiger- und Kostenschuldnerschaft enthalten. Nach Gebühren-Nummer 254 Satz 1 der Anlage zu § 1 GebOSt ist für „Sonstige Anordnungen nach der Fahrzeug-Zulassungsverordnung“ ein Gebührenrahmen von 14,30 EUR bis 286,00 EUR vorgesehen. Sind - wie in diesem Fall - Rahmensätze für Gebühren vorgesehen, so ist bei der Festsetzung der Gebühr im Einzelfall der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand zu berücksichtigen, § 9 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG (vgl. auch BayVGH, B.v. 12.8.2011 - 11 C 11.1785 - juris). Zur Zahlung der Kosten ist verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst hat (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG, § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt). Die Kosten werden von Amts wegen festgesetzt. Kosten, die infolge einer unrichtigen Behandlung der Sache durch die Behörde entstanden sind, werden nicht erhoben (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG).
38
Die Kosten wurden zu Recht gegenüber dem Kläger als Halter des Fahrzeugs und damit Veranlasser der Amtshandlung festgesetzt. Kostenrechtlicher Veranlasser ist nicht nur, wer eine Amtshandlung willentlich herbeigeführt hat, sondern auch, in wessen Pflichtenkreis sie erfolgt (BVerwG, U.v. 22.10.1992 - 3 C 2/90 - juris). Dies trifft auf den Kläger zu. Die Höhe der vorliegend festgesetzten Kosten für die Bescheidsgebühr von 30,00 EUR ist nicht zu beanstanden. Die Bestimmung der konkreten Gebührenhöhe innerhalb eines normativ eröffneten Rahmens stellt grundsätzlich eine Ermessensentscheidung dar. Ermessensfehler sind vorliegend nicht ersichtlich. Die festgesetzten Kosten bewegen sich im unteren Bereich des gesetzlich vorgesehenen Gebührenrahmens und es bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass dieser Betrag den für die getroffenen Maßnahmen entstandenen Verwaltungsaufwand überschreiten würde.
39
Gemäß § 2 GebOSt hat der Kostenschuldner auch Auslagen zu zahlen, wonach gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt auch die Entgelte für Zustellungen - wie hier vorliegend per Postzustellungsurkunde - anfallen.
40
3. Nachdem die Klage keinen Erfolg hat, war sie mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.