Titel:
Rechtsschutz im gestuften Stellenbesetzungsverfahren
Normenketten:
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 33 Abs. 2
VwGO § 44a S. 1, § 67 Abs. 4 S. 4, S.7, § 123
RDGEG § 3, § 5
Leitsätze:
1. Zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens kann in Stellenbesetzungsverfahren nur die Auswahlentscheidung (oder der Abbruch des Verfahrens) als abschließende Sachentscheidung gemacht werden. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein noch andauerndes Stellenbesetzungsverfahren ist erst mit einer abschließenden behördlichen Entscheidung zu Gunsten eines Bewerbers oder dem Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens beendet. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Ablehnung der Bewerbung eines Antragstellers stellt sich lediglich als Vorbereitungshandlung der verfahrensabschließenden Auswahl- oder Abbruchentscheidung dar. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
4. § 44a VwGO gilt auch für Anträge nach § 123 VwGO. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
5. Verfahrenshandlungen iSd § 44a VwGO sind behördliche Handlungen, die im Zusammenhang mit einem schon begonnenen und noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahren stehen und der Vorbereitung einer regelnden Sachentscheidung dienen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Dienstpostenbesetzung, Behördliche Verfahrenshandlung im Vorfeld der Sachentscheidung, Anordnungsgrund, Auswahlverfahren, Auswahlentscheidung, Verfahrenshandlung, Vorbereitungshandlung, Bestenauslese, Bewerbungsverfahrensanspruch, Stellenbesetzungsverfahren, Abbruchentscheidung, Unterlassungsanspruch
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Beschluss vom 20.07.2020 – 3 CE 20.1463
Fundstelle:
BeckRS 2020, 12920
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 21.875,23 EUR festgesetzt.
Gründe
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Der Antragsteller steht als Technischer Oberrat (Besoldungsgruppe A 14) in Diensten der Antragsgegnerin; er ist im Baureferat tätig.
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Am … Oktober 2019 schrieb die Antragsgegnerin die Stelle der Sachgebietsleiterin und des Sachgebietsleiters Verkehrsinfrastruktur Sonderprojekte (Besoldungsgruppe A 15, Entgeltgruppe E 15 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst/TVöD) beim Baureferat, Hauptabteilung Tiefbau, Abteilung Straßenplanung- und bau aus. Bewerben konnten sich Bewerber, die über ein Hochschulstudium der Fachrichtung Bauingenieurwesen oder einer vergleichbaren ingenieurwissenschaftlichen Fachrichtung und langjährige Berufserfahrung in der Bauabwicklung komplexer Tiefbaumaßnahmen verfügen sowie insbesondere mehrjährige Führungserfahrung und Managementqualitäten im Sinne der Grundsätze für Führung und Zusammenarbeit mitbringen.
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Auf diese Stelle bewarben sich u.a. der Antragsteller sowie der Beigeladene.
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Am … Januar 2020 erhielt der Antragsteller über das E-Recruiting-System der Antragsgegnerin die Mitteilung, dass seine Bewerbung mangels mehrjähriger Führungserfahrung nicht berücksichtigt werden könne. Gegen dieses Schreiben legte der Antragsteller mit Schreiben vom … Januar 2020 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden wurde.
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Mit Schreiben vom … … 2020 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin auf, ihm bis spätestens … Januar 2020 die Begründung für die Ablehnung seiner Bewerbung mitzuteilen, sowie zu bestätigen, dass die Zweiwochenfrist erst nach Eingang der relevanten Informationen zu laufen beginnt.
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Mit Schreiben vom … Januar 2020 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass seine Bewerbung mangels mehrjähriger Führungserfahrung nicht weiter berücksichtigt werden könne. Zudem wies sie darauf hin, dass Rechtsbehelfe gegen eine Verfahrenshandlung nur gleichzeitig mit einem Rechtsbehelf gegen die Sachentscheidung zulässig seien und dass der Antragsteller über den Ausgang des Verfahrens abschließend informiert werde.
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Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2020, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und beantragt,
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Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Stelle Sachgebietsleiter/in Verkehrsinfrastruktur Sonderprojekte nicht zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden wurde.
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Die Antragsgegnerin habe es versäumt, dem Antragsteller mitzuteilen, dass sie sich an die Verpflichtung, den Antragsteller über das endgültige Ergebnis des Auswahlverfahrens sowie über die Gründe der Ablehnung seiner Bewerbung rechtzeitig zu unterrichten, halten werde. Der Antragsteller habe Führungserfahrung im Baureferat Tiefbau ab 1988 erworben. Die Antragsgegnerin stütze sich auf eine formalistische Betrachtung nach Aktenlage. Diese entspreche jedoch nicht den Tatsachen. Der Antragsteller arbeite seit vielen Jahren in dem streitgegenständlichen Sachgebiet als Stellvertreter des Leiters und habe Leitungsaufgaben alleine wahrgenommen, wenn der Leiter abwesend oder die Stelle nicht besetzt gewesen sei. Seit Sommer 2018 führe er zudem ein Großprojekt und habe insoweit auch offiziell die Personalverantwortung. Seit der bisherige Leiter des Sachgebiets befördert worden sei, leite der Antragsteller das gesamte Sachgebiet. Auch in den bestandskräftigen dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers würde sich widerspiegeln, dass dieser die Voraussetzungen für die Leitung des Sachgebiets erfülle. So werde beispielsweise in der Beurteilung vom … Juni 2003 die Bearbeitung von Großprojekten des Straßenbaus aufgeführt und festgestellt, dass der Antragsteller es verstehe, das Leistungspotential der Mitarbeiter zu entwickeln und zielgerecht einzusetzen. In der Beurteilung vom … September 2007 werde festgestellt, dass der Antragsteller als Führungspersönlichkeit anerkannt werde. Des Weiteren seien in dieser Beurteilung sowie in der Beurteilung vom … Juli 2012 die Abschnitte für Führungskräfte ausgefüllt worden. Bei Auswahlentscheidungen sei wesentlich auf den Inhalt der dienstlichen Beurteilungen abzustellen. Die Antragsgegnerin könne sich darüber nicht mit der Behauptung hinwegsetzen, die dienstlichen Beurteilungen seien fehlerhaft, zumal die Antragsgegnerin aus dieser Feststellung keinerlei Konsequenzen gezogen habe. Die Führungserfahrung des Antragstellers ergebe sich auch aus der Arbeitsplatzbeschreibung. Der Antragsteller verfüge zudem über die geforderten Managementqualitäten. Der bisher von der Antragsgegnerin ausgewählte Bewerber verfüge nicht über die notwendigen Kenntnisse und mehrjährigen Tätigkeiten im Vergaberecht sowie im Bereich öffentlicher Genehmigungsverfahren.
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Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2020 hat die Antragsgegnerin die Behördenakten vorgelegt und beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Der Antrag sei jedenfalls im Zeitpunkt der Antragstellung unzulässig gewesen, da das Auswahlverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen sei und daher kein Rechtsschutzbedürfnis bestanden habe. Dem Antragsteller sei ausdrücklich mitgeteilt worden, dass er über den Ausgang des Verfahrens informiert werde. Die Antragstellung sei daher verfrüht erfolgt. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers sei nicht verletzt, da der Antragsteller das konstitutive Anforderungsprofil „mehrjährige Führungserfahrung“ nicht erfülle. Der Antragsteller habe daher zwingend aus dem Stellenbesetzungsverfahren ausscheiden müssen. Die streitgegenständliche Stelle erfordere umfassende Führungsqualitäten, insbesondere in den Bereichen der Personalführung und der organisatorischen Leitung des Sachgebiets. Daher sei es im Sinne der Bestenauslese gerechtfertigt und nicht sachwidrig von den Bewerbern zwingend zu erwarten, dass sie über mehrjährige Führungserfahrung verfügen. Die verbindliche Definition von Führung sei seit 1997 im städtischen Gleichstellungskonzept festgeschrieben. Die Übernahme von Sachaufgaben wie Stellvertreterpositionen mit einer Abwesenheitsvertretung sei ausdrücklich nicht erfasst. Zwar würden dabei führungsähnliche Aufgaben anfallen können, mangels personalrechtlicher bzw. disziplinarischer Kompetenzen sei der Stellvertreter jedoch keine Führungskraft im Sinne der Definition. Eine reine Abwesenheitsvertretung, könne nicht als Führungsaufgabe anerkannt werden. Der Antragsteller leite die Arbeitsgruppe erst seit … August 2018, sodass keine „mehrjährige“ Führungserfahrung vorliege. Des Weiteren teilte die Antragsgegnerin mit, dass das Auswahlverfahren inzwischen abgeschlossen sei und geplant sei, die Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen.
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Der ausgewählte Beamte wurde mit Beschluss vom 20. April 2020 zum Verfahren beigeladen. Er hat keinen Antrag gestellt.
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Gegen die abschließende Besetzungsentscheidung der Antragsgegnerin hat die Antragstellerpartei am 6. Mai 2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht München gestellt, über den noch nicht entschieden wurde (M 5 E 20.2020).
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - hat keinen Erfolg.
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1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d.h. die bei summarischer Überprüfung der Rechtssache hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache.
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2. Für den vorliegenden Antrag besteht schon kein Rechtsschutzbedürfnis.
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a) Der Antrag des Antragstellers zielt darauf ab, der Antragsgegnerin bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über die Bewerbung zu untersagen, die Stelle des Sachgebietsleiters / der Sachgebietsleiterin Verkehrsinfrastruktur Sonderprojekte zu besetzen und damit das Stellenbesetzungsverfahren weiter durchzuführen. Mit diesem auf vorbeugenden Rechtsschutz gerichteten Unterlassungsanspruch wendet sich der Antragsteller gegen eine behördliche Verfahrenshandlung. Daher begehrt er hier unzulässigerweise vorbeugenden Rechtsschutz im Hinblick auf die im Zeitpunkt der Antragstellung erst noch zu treffende Auswahlentscheidung, ohne jedoch ein besonderes (qualifiziertes) Rechtsschutzinteresse hierfür im Einzelnen darzulegen (vgl. OVG LSA, B.v. 9.2.2006 - 1 O 30/06 - juris, m.w.Nw.).
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Dass die abschließende Besetzungsentscheidung zwischenzeitlich ergangen ist, ändert daran nichts. Denn die Zwischenmitteilung über den Ausschluss aus dem weiteren Verfahren und die Mitteilung der verfahrensabschließenden Auswahlentscheidung betreffen verschiedene Streitgegenstände.
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Nach § 44a Satz 1 VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidungen zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Ein unter Verstoß gegen § 44a VwGO erhobener Antrag ist unzulässig. Der Regelung des § 44a VwGO liegt das Modell der Rechtsschutzkonzentration zugrunde (BVerwG, U.v. 1.9.2009 - 6 C 4/09 - BVerwGE 134, 368/376), die Vorschrift räumt der Effektivität des Verwaltungshandelns Vorrang vor der jederzeitigen Sicherung eines korrekten Verfahrensablaufs ein und soll verhindern, dass Gerichte in derselben Sache eventuell mehrfach in Anspruch genommen werden (vgl. Hoppe in: Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 44a Rn. 1). § 44a VwGO gilt auch für Anträge nach § 123 VwGO (Hoppe, a.a.O, § 44a Rn. 12), da bereits der Wortlaut weit gefasst ist und sich auf alle Rechtsbehelfe bezieht. Darüber hinaus schließt der Sinn der Vorschrift aus, einen Anspruch auf eine isolierte behördliche Verfahrenshandlung im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durchzusetzen (BVerwG, B.v. 6.4.2006 - 2 VR 2/05 - juris).
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Verfahrenshandlungen im Sinne des § 44a VwGO sind behördliche Handlungen, die im Zusammenhang mit einem schon begonnenen und noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahren stehen und der Vorbereitung einer regelnden Sachentscheidung dienen (BVerwG, U.v. 1.9.2009 - 6 C 4/09 - BVerwGE 134, 368/373 m.w.N.). Rechtsschutz besteht grundsätzlich erst gegen die Sachentscheidung selbst, die das entsprechende Verfahren zum Abschluss bringt. Im Rahmen des dann möglichen Antrags oder der Klage überprüft das Gericht inzident auch die vorbreitenden Verfahrenshandlungen. Zum Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens kann daher in Stellenbesetzungsverfahren nur die Auswahlentscheidung (oder der Abbruch des Verfahrens) als abschließende Sachentscheidung gemacht werden (BayVGH, U.v. 4.12.2012 - 7 ZB 12.1816 - juris; B.v. 30.04.2009 - 7 CE 09.661- juris; OVG Münster, B.v. 11.9.2007 - 6 B 1094/07 - juris). Der Ausschluss selbstständiger Rechtsbehelfe erfasst solche behördlichen Maßnahmen, die Teil eines konkreten Verwaltungsverfahrens sind, ohne selbst Sachentscheidung zu sein. Der erfolgten Ablehnung des Antragstellers kommt keine eigenständige Sachentscheidungsqualität zu, da sie im Zusammenhang mit dem bereits begonnenen und noch nicht abgeschlossenen Stellenbesetzungsverfahren zu sehen ist (vgl. VG Wiesbaden, B.v. 28.1.2009 - 8 L 682/08.WI - juris). Das noch andauernde Verfahren ist mithin erst mit einer abschließenden behördlichen Entscheidung zu Gunsten eines Bewerbers oder dem Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens beendet. Die Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers stellt sich daher lediglich als Vorbereitungshandlung der verfahrensabschließenden Auswahl- oder Abbruchentscheidung dar.
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Soweit der Bevollmächtigte des Antragstellers vorträgt, der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 30.04.2009 - 7 CE 09.661- juris) gehe ausdrücklich von einer Zulässigkeit aus, ist dem nicht zu folgen. Der Beschluss geht lediglich von der Zulässigkeit der Beschwerde aus; die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, in der die Eilanträge als unzulässig abgelehnt wurden, da gerichtlicher Rechtsschutz erst mit der Bekanntgabe der Ablehnung des Konkurrenten zulässig sei, wird nicht in Frage gestellt.
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Der von der Antragstellerpartei zitierte Absatz des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. März 2006 (Az: 2 VR 2/05, Rn.5) kann vorliegend keine Berücksichtigung finden, da er eine andere Problematik betrifft. Darin ging es gerade nicht um ein beamtenrechtliches Stellenbesetzungsverfahren, sondern um das Verfahren einer Einstellung in den höheren Dienst (beim Bundesnachrichtendienst). In einem Einstellungsverfahren konkurrieren aber gerade nicht mehrere Bewerber um einen bestimmten Dienstposten. Dementsprechend findet eine weitere Benachrichtigung des abgelehnten Bewerbers über die erfolgreichen Bewerber auch nicht statt. Die Mitteilung der Nichtzulassung zum Auswahlverfahren für die Einstellung in den höheren Dienst bringt das Verfahren daher zum Abschluss und ist einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Bei Stellenbesetzungsverfahren stellt jedoch erst die Auswahl eines bestimmten Bewerbers die abschließende Sachentscheidung dar. Daher ist auch erst diese einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich.
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Soweit der Bevollmächtigte des Antragstellers vorträgt, dass der Orientierungssatz 2 sowie Randnummer 10 des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. März 2006 (Az: 2 VR 2/05, Rn.5) eine andere Problematik betreffen, ist dies zwar zuzugeben. Die Kernaussage, dass die Regelung des § 44a VwGO auch für Anträge nach § 123 VwGO gilt, da der Wortlaut weit gefasst ist und sich auf alle Rechtsbehelfe bezieht und dass darüber hinaus es der Sinn der Vorschrift ausschließt, einen Anspruch auf eine isolierte behördliche Verfahrenshandlung im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durchzusetzen, findet jedoch Anwendung.
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b) Schließlich ist es auch zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes/GG nicht geboten, dem Antragsteller die Möglichkeit zu eröffnen, noch während des laufenden Auswahlverfahrens gegen die ergangene Ablehnung vorzugehen. Zwar erkennt die Rechtsprechung durchaus Fallgestaltungen an, in denen § 44a VwGO einschränkend auszulegen ist, weil andernfalls ausreichender Rechtsschutz nicht gewährleistet wäre. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Ausschluss zu unzumutbaren Nachteilen führen würde, die in einem späteren Prozess nicht mehr vollständig beseitigt werden könnten (BVerfG, B.v. 24.10.1990 - 1 BvR 1028/90 -NJW 1991, 415/416; BVerwG, B.v.14.7.2004 - 6 B 30/04 - juris.). Insbesondere ist der Eingriff in den Bewerbungsverfahrensanspruch unterlegener Bewerber aus Gründen der beamtenrechtlichen Ämterstabilität mit dem Grundrecht auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG nur dann vereinbar, wenn unterlegene Bewerber ihren Bewerbungsverfahrensanspruch vor der Ernennung in der grundrechtlich gebotenen Weise gerichtlich geltend machen können (BVerwG, U.v. 4.11.2010 - 2 C 16/09 - BVerwGE 138, 102). Es muss mithin sichergestellt sein, dass ein unterlegener Bewerber die Auswahlentscheidung des Dienstherrn vor der beamtenrechtlichen Ernennung in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen kann, das den inhaltlichen Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG genügt. Insoweit muss der Dienstherr zunächst die Auswahlentscheidung vor deren Vollziehung den unterlegenen Bewerbern mitteilen; der abgelehnte Bewerber hat einen Anspruch auf Mitteilung des endgültigen Auswahlergebnisses (VG Wiesbaden, B.v. 28.1.2009 - 8 L 682/08.WI - juris). Daher wird dem Grundsatz effektiven Rechtsschutzes dadurch genügt, dass der unterlegene Bewerber nach einer Auswahlentscheidung zugunsten eines Mitbewerbers vor der Aushändigung der Ernennungsurkunde seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Durchführung des Auswahlverfahrens unter Einhaltung der wesentlichen Verfahrensvorschriften im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes geltend machen kann mit dem Ziel, die Besetzung der Stelle mit dem ausgewählten Bewerber vorläufig zu verhindern (BayVGH, U.v. 4.12.2012 - 7 ZB 12.1816 - juris; OVG NRW, B.v. 15.9.2010 - 6 A 1966/08 - NVwZ-RR 2011, 65/66; OVG Bremen, B.v. 20.8.2010 - 2 B 162/10 - juris). Hierdurch wird zugleich dem Recht des Bewerbers gemäß Art. 33 Abs. 2 GG auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung ausreichend Rechnung getragen (vgl. BVerfG, B.v. 12.7.2011 - 1 BvR 1616/11 - juris).
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Weshalb hiervon ausgehend die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes in Bezug auf einen Bewerbungsverfahrensanspruch konkret gegenüber der Antragsgegnerin ausnahmsweise nicht - mehr - gegeben sein sollte, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Denn dass im hier streitigen Besetzungsverfahren die verfassungsrechtlich begründete Informationspflicht gegenüber den unterlegenen Bewerbern missachtet worden ist, ist nicht erkennbar und wird auch vom Antragsteller nicht substantiiert dargetan.
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Vielmehr hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller rechtzeitig zugesagt, diesen über das endgültige Ergebnis des Auswahlverfahrens sowie über die Gründe für die Ablehnung seiner eigenen Bewerbung zu unterrichten. Der Antragsteller hat mit Schreiben vom … Januar 2020 die Antragsgegnerin aufgefordert, ihm bis spätestens … Januar 2020 die Gründe für seine Ablehnung mitzuteilen. Dies hat die Antragstellerin am … Januar 2020 getan und darüber hinaus dem Antragsteller zugesagt, dass dieser über den weiteren Fortgang des Besetzungsverfahrens informiert werde. Der ebenfalls am … Januar 2020 bei Gericht eingegangene Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher verfrüht erhoben worden.
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Mit Schreiben vom … April 2020 hat die Antragsgegnerin schließlich dem Antragsteller den Ausgang des Besetzungsverfahrens mitgeteilt. Gegen die abschließend getroffene Besetzungsentscheidung ist gerichtlicher Rechtsschutz zulässig und auch bereits eingelegt. Die Antragstellerpartei hat dagegen am 6. Mai 2020 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, über den noch nicht entschieden wurde (M 5 E 20.2020).
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3. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten unter Billigkeitsgesichtspunkten selbst, da er sich mangels Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
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4. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. dem Streitwertkatalog der Verwaltungsgerichtsbarkeit, nämlich ein Viertel der ruhegehaltsfähigen Jahresbezüge des Antragstellers im angestrebten Amt im Zeitpunkt der Antragstellung einschließlich der jährlichen Sonderzahlung (87.500,92 EUR - Bl. 30 d. A.; davon ¼ = 21.875,23 EUR; vgl. BayVGH, B.v. 3.7.2019 - 3 CE 19.1118 unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung aus B.v. 11.8.2017 - 3 CS 17.512 - juris).