Inhalt

LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 23.01.2020 – 2 S 7365/18
Titel:

Anspruch auf Erstattung der Kosten einer sog. "Analogleistung" (hier: Kosten für den Einsatz eines Femtosekundenlasers bei einer Kataraktoperation) in der privaten Krankenversicherung

Normenketten:
GOÄ § 6 Abs. 2, § 12 Abs. 1, Abs. 4
MBKK § 1 Abs. 1 S. 3 lit. a
VVG § 192 Abs. 1
Leitsätze:
1. In der Krankheitskostenversicherung setzt ein Aufwendungsersatzanspruch des Versicherungsnehmers nach § 1 Abs. 2, § 192 Abs. 1 VVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 S. 3 lit. a MBKK voraus, dass er seinerseits einem berechtigten und fälligen Vergütungsanspruch seines Behandlers ausgesetzt ist (vgl. BGH BeckRS 2003, 2935). (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Anspruch des Arztes auf Vergütung einer sog. "Analogleistung" ist nach § 12 Abs. 1, Abs. 4 GOÄ nur fällig, wenn die entsprechend bewertete Leistung für den Zahlungspflichtigen verständlich beschrieben und mit dem Hinweis "entsprechend" sowie der Nummer und der Bezeichnung der als gleichwertig erachteten Leistung versehen worden ist (vgl. BGH BeckRS 2007, 234 Rn. 12 ff.).  (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine vor der Operation und damit vor Rechnungsstellung erfolgte Beschreibung der Analogleistung kann nicht fälligkeitsbegründend wirken. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für die für die Abrechnungsfähigkeit einer nicht in der GOÄ aufgeführten ärztlichen Leistung als Analogleistung gem. § 6 Abs. 2 GOÄ erforderliche Selbständigkeit der ärztlichen Leistung kommt es darauf an, ob für diese eine eigenständige medizinische Indikation besteht (vgl. BGH BeckRS 2010, 2982 Rn. 10).  (Rn. 21 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
ärztliche Behandlung, Abrechnung, Honorar, Fälligkeit, private Krankenversicherung, Erstattungsfähigkeit, Analogleistung, Laser, Kataraktoperation, Femtosekundenlaser
Vorinstanz:
AG Erlangen, Urteil vom 16.10.2018 – 6 C 1807/17
Fundstelle:
BeckRS 2020, 12618

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Erlangen vom 16.10.2018, Az. 6 C 1807/17, abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 733,92 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

A.
1
In tatsächlicher Hinsicht wird zunächst auf den Tatbestand des Ersturteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO). Das Amtsgericht hat der Forderung des Klägers gegen den beklagten Krankenversicherer auf Erstattung restlicher 937,93 € für eine Katarakt-Operation unter Einsatz eines Femtosekunden-Lasers in Höhe von 733,92 € stattgegeben. Vom behandelnden Arzt sei der Einsatz des Lasers zutreffend unter Ansatz der GOÄ-Ziffer 5855 analog abgerechnet worden, wenngleich lediglich berechtigt mit dem 2,5-fachen, statt dem in Rechnung gestellten 3,5-fachen Satz.
2
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihren erstinstanzlichen Antrag auf Klageabweisung in vollem Umfang weiterverfolgt. Dem Kläger stünden keinerlei Ansprüche über die bereits auf die Rechnung vom … erbrachten Zahlungen hinaus mehr zu. Der Einsatz des Lasers sei keine selbstständige Leistung i.S.d. § 4 Abs. 2 a S. 1 GOÄ, sodass eine Analog-Abrechnung nach § 6 Abs. 2 GOÄ ausscheide. Der Lasereinsatz sei mit dem Zuschlag nach GOÄ-Nr. 441 ausreichend berücksichtigt und erstattet.
3
Auf entsprechenden Hinweis der Kammer mit Ladungsverfügung vom 19.06.2019, dass die streitgegenständliche (Rest-)Forderung mangels ordnungsgemäße Rechnungsstellung nach § 12 Abs. 1 GOÄ noch nicht fällig ist, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 7.8.2019 noch folgenden Hilfsantrag gestellt:
4
Die beklagte Partei wird verurteilt, den Kläger von der Forderung des Universitätsklinikums Erlangen aus der Rechnung vom …, Rechnungsnummer … in Höhe von 733,92 € freizustellen und an die Klagepartei außergerichtliche nicht anrechenbare Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 147,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit (16.1.2018) zu zahlen.
5
Nach weiteren rechtlichen Hinweisen vom 26.09.2019 hat der Kläger mit Schriftsatz vom 17.10.2019 nachfolgenden weiteren Hilfsantrag gestellt:
6
Es wird festgestellt, dass die Beklagte im Rahmen des Krankenversicherungsvertrages verpflichtet ist für den noch offenen Betrag der Arztrechnung Nr. … vom … in Höhe von 733,92 € einzustehen.
7
Mit Schriftsatz vom 04.11.2019 hat die Klägervertreterin eine „berichtigte Rechnung“ betreffend die streitgegenständliche Operation vorgelegt (Anlage K8). Mit Verfügung vom 11.11.2019 hat die Kammer einen weiteren rechtlichen Hinweis erteilt.
8
Eine Beweisaufnahme hat im Berufungsverfahren nicht stattgefunden. Im Übrigen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.8.2019 sowie ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
9
Nach Zustimmung der Parteien hat die Kammer mit Beschluss vom 12.12.2019 die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung beschlossen, wobei die Frist zur Einreichung von Schriftsätzen auf den 07.01.2020 bestimmt war.
B.
10
Die zulässige Berufung erweist sich als begründet. Das Amtsgericht ist zu Unrecht von einem Leistungsanspruch des Klägers aus dem streitgegenständlichen Krankenversicherungsvertrag (§ 1 Abs. 2, § 192 Abs. 1 VVG) ausgegangen. Auch in den Hilfsanträgen kann die Klage nicht durchdringen. Als insgesamt unbegründet ist die Klage deshalb abzuweisen, sodass auf die Berufung der Beklagten das angegriffene Urteil aufzuheben war.
11
I. Der Hauptantrag des Klägers auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 937,93 € zuzüglich vorgerichtlicher Anwaltskosten und Zinsen ist unbegründet.
12
1. Nach maßgeblichen Sachstand ist allerdings davon auszugehen, dass die Honorarforderung des behandelnden Arztes dem Kläger gegenüber (zwischenzeitlich) fällig ist.
13
a) In der Krankheitskostenversicherung setzt ein Aufwendungsersatzanspruch des Versicherungsnehmers nach § 1 Abs. 2, § 192 Abs. 1 VVG in Verbindung mit den einschlägigen Versicherungsbedingungen - mutmaßlich, wenngleich durch die Parteien nicht vorgelegt: § 1 Abs. 1 S. 3 lit. a MBKK - voraus, dass er seinerseits einem berechtigten Vergütungsanspruch seines Behandlers ausgesetzt ist (BGH 12.3.2003 - IV ZR 278/01, VersR 2003, 581; OLG Karlsruhe 21.11.2006 - 12 U 38/06, VersR 2007, 679). Der Vergütungsanspruch des Behandlers muss fällig sein (OLG Karlsruhe Urt. v. 24.5.2007 - 19 U 88/06, BeckRS 2008, 6708; Langheid/Wandt/Kalis, 2. Aufl. 2017, VVG § 192 Rn. 19; Rogler in Rüffer/Halbach/Schimikowski, Versicherungsvertragsgesetz, 3. Aufl. § 1 MBKK Rn. 2).
14
Die Kammer hat die Parteien mit der Terminsverfügung vom 19.6.2019 darauf hingewiesen, dass sich der als Anlage K1 vorgelegten streitgegenständlichen Arztrechnung nicht entnehmen lässt, dass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 4 GOÄ eingehalten sind. Demnach muss bei Abrechnung einer „Analogleistung“ (hier: Nr. 5855) die entsprechend bewertete Leistung für den Zahlungspflichtigen verständlich beschrieben und mit dem Hinweis „entsprechend“ sowie der Nummer und der Bezeichnung der als gleichwertig erachteten Leistung versehen werden. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die streitgegenständliche Forderung noch nicht fällig (§ 12 Abs. 1 GOÄ BGH 21.12.2006 - III ZR 117/06, NJW-RR 2007, 494).
15
b) In der zunächst als Anlage K1 vorgelegten und streitgegenständlichen Rechnung ist die Gebührenziffer 5855 jedoch ohne den erforderlichen Hinweis auf ihre entsprechende Anwendung aufgeführt. Damit war die streitgegenständliche (Rest-)Forderung des behandelnden Arztes gegenüber dem Kläger (noch) nicht fällig (Spickhoff/Spickhoff, 3. Aufl. 2018, GOÄ § 12 Rn. 9).
16
Auf den Einwand des Klägers, dass er ausweislich des als Anlage K5 vorgelegten Formulars vor der Operation über die dabei anfallenden Kosten aufgeklärt worden sei (vgl. auch Schreiben der Abrechnungsstelle vom …, Anlage K6), kommt es deshalb nicht an. Im Übrigen fordert § 12 Abs. 1 GOÄ eine „dieser Verordnung entsprechende Rechnung“, was nach Wortlaut und Sinn dieser Regelung wohl bedeuten muss, dass eine vor der Operation und damit vor Rechnungsstellung erfolgte Beschreibung der Analogleistung nicht fälligkeitsbegründend wirken kann.
17
Aus diesem Grund geht auch der Hinweis des Klägers auf die im Berufungsverfahren nachgereichte „Begründung“ des behandelnden Arztes vom 15.7.2019 fehl. Im Übrigen handelt es sich bei diesem Schriftstück lediglich um eine Beschreibung des streitgegenständlichen Laser-Operationsverfahrens und eine Begründung dessen medizinischer Notwendigkeit im Einzelfall. Schließlich kann auch die vom behandelnden Arzt ausgestellte „Begründung“ nicht an die Stelle der nach § 12 Abs. 4 GOÄ dem Rechnungssteller abverlangten Formalia treten. Rechnungssteller ist hier aber eine private Abrechnungsstelle, an die die streitgegenständliche Forderung wohl abgetreten bzw. zur Einziehung überlassen worden ist.
18
c) Mit Schriftsatz vom 04.11.2019 wurde sodann eine „berichtigte Rechnung“ vorgelegt (Anlage K8). Der darin liegende neue Sachvortrag unterliegt, wenngleich erst im Berufungsverfahren erstmalig erfolgt, nicht der Präklusion (BGH 21.12.2006 - III ZR 117/06, NJW-RR 2007, 494).
19
In dieser Rechnung wird nun die Gebühr 5855 sowohl in ihrer unmittelbaren Anwendung als auch der hier streitgegenständlichen entsprechenden Anwendung („analog“) beschrieben. Bedenken gegen die Fälligkeit der Rechnung bzw. des darauf beruhenden Honoraranspruchs bestehen damit nicht mehr.
20
2. Ein Leistungsanspruch des Klägers besteht aber deswegen nicht, weil dieser seinerseits keinem berechtigten Vergütungsanspruch seines Behandlers ausgesetzt ist (zu diesem Erfordernis BGH 12.3.2003 - IV ZR 278/01, VersR 2003, 581; OLG Karlsruhe 21.11.2006 - 12 U 38/06, VersR 2007, 679). Ein berechtigter Gebührenanspruch besteht nur, wenn dieser mit den einschlägigen gebührenrechtlichen Bestimmungen vereinbar ist (BGH 14.1.1998 - IV ZR 61/97, r+s 1998, 165; OLG Karlsruhe 28.3.2017 - 12 U 143/16, r+s 2017, 313; Weidensteiner in Boetius/Rogler/Schäfer, Rechtshandbuch Private Krankenversicherung § 38 Rn. 98). Diesen, ihm obliegenden Nachweis hat der Kläger allerdings nicht erbracht.
21
a) Da der Einsatz des Femtosekundenlasers in der aktuellen Fassung der GOÄ nicht berücksichtigt ist, kommt eine Abrechnung des Einsatzes nur als sogenannte „Analog-Leistung“ in Betracht. Nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 GOÄ ist eine solche Abrechnung „entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses“ möglich, wenn es sich um eine selbständige ärztliche Leistung handelt, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen ist. Für die damit maßgebliche Frage der Selbständigkeit der ärztlichen (Laser-)Leistung kommt es darauf an, ob für diese eine eigenständige medizinische Indikation besteht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2010 - III ZR 147/09 -, juris Rn. 10 m.w.N.).
22
In diesem Zusammenhang hat die Kammer mit weiterem Hinweis vom 11.11.2019 darauf aufmerksam gemacht, dass das vom BGH hervorgehobene Kriterium der eigenständigen medizinischen Indikation des Lasereinsatzes grundsätzlich in zweierlei Richtungen verstanden werden könnte: Zum einen dahingehend, dass der Einsatz des Lasers alleine und für sich genommen indiziert sein muss. Für eine solche Auslegung spricht allerdings nichts, denn der Einsatz des Lasers alleine hätte für sich genommen keinen Sinn gehabt (vgl. Huml, jurisPR-VersR 8/2019 Anm. 5). Folglich ist auch von Klägerseite dahingehend auch nichts behauptet worden. Damit spricht alles für ein Verständnis des Kriteriums der „eigenständigen medizinischen Indikation“ dahingehend, dass der Einsatz des Lasers im Kontext der Gesamt-OP hinterfragt werden muss (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 09. Mai 2019 - 4 U 28/16 -, juris Rn 29: eigenständige medizinische Indikation etwa bei Kindern oder bei Patienten mit verlagerten Linsen).
23
b) Eine eigenständige medizinische Indikation für den Einsatz des Lasers hat der Kläger allerdings nicht behauptet.
24
In der Klage wird zur in Anspruch genommenen Analog-Abrechnung nach § 6 Abs. 2 GOÄ lediglich ausgeführt, dass selbstständige ärztliche Leistungen berechnet werden könnten und es inzwischen aufgrund der Selbstständigkeit der Leistung und der Nichtaufnahme im Gebührenverzeichnis in der Rechtsprechung weit verbreitet sei, den Einsatz des Lasers analog abzurechnen. Ein Hinweis auf die selbstständige medizinische Indikation oder gar ein entsprechendes Beweisangebot erfolgt in diesem Zusammenhang nicht. Bereits in der Klageerwiderung (S. 4, Gerichtsakte S. 13) hat die Beklagte hingegen darauf hingewiesen, dass eine selbstständige Leistung nur dann gegeben ist, wenn für sie eine eigenständige medizinische Indikation besteht. Das Amtsgericht hat sodann einen Beweisbeschluss nach § 358 a ZPO erlassen, um zu klären, ob der „Einsatz eines Femtosekundenlasers … und der Ansatz der GOÄ-Nr. 5855 analog … abzurechnen [sei] und nicht nach der GOÄ-Nr. 441.“ Nähere rechtliche Vorgaben hat das Amtsgericht dem Sachverständigen allerdings entgegen § 404 ZPO nicht gemacht (vgl. z.B. BGH VersR 1996, 959). Folglich wird im schriftlichen Gutachten des Sachverständigen auch nur ausgeführt, dass die Anwendung des Lasers einen deutlichen medizinischen Mehrwert darstelle und die Analog-Abrechnung die erbrachte Leistung in gebührendem Maße würdige. Es handele sich hierbei um eine eigenständige bzw. selbständige Leistung. Näher ausgeführt wird dies jedoch weder in medizinischer noch rechtlicher Hinsicht, auch nicht im Rahmen der mündlichen Anhörung des Sachverständigen. In seinem Urteil geht das Gericht auf den maßgeblichen Aspekt der eigenständigen medizinischen Indikation vor dem Hintergrund der einschlägigen BGH-Rechtsprechung zu § 6 Abs. 2 GOÄ nicht ein.
25
Mit der Berufung weist die Beklagte erneut darauf hin, dass es an der Selbstständigkeit der ärztlichen Leistung nach § 6 Abs. 2 GOÄ fehle, ebenso wie an einer eigenständigen Indikation für den Einsatz des Lasers. Mit seiner Berufungserwiderung weist der Kläger lediglich darauf hin, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen die Anwendung des Lasers nach GOÄ-Nr. 5855 korrekt abgerechnet sei.
26
Mit der Ladungsverfügung hat die Kammer dann neben den Hinweisen zur (damals noch) fehlenden Fälligkeit der Honorarforderung darauf hingewiesen, dass Bedenken hinsichtlich einer Analog-Abrechnung bestünden: „Hier dürfte es zur maßgeblichen Frage der Selbständigkeit der ärztlichen (Laser-)Leistung darauf ankommen, ob für diese eine eigenständige medizinische Indikation besteht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2010 - III ZR 147/09 -, juris Rn. 10).“ Im Weiteren hat sich der Kläger auf Vortrag zur Fälligkeit der Honorarforderung beschränkt. Vor diesem Hintergrund hat die Kammer nach zwischenzeitlichem Hinweis zu prozessualen Bedenken mit weiterem Hinweis vom 11.11.2019 erneut auf die Bedeutung der eigenständigen medizinischen Indikation hingewiesen: „Dabei wird der Frage Bedeutung zukommen, ob das vom BGH hervorgehobene Kriterium der eigenständigen medizinischen Indikation des Lasereinsatzes dahingehend zu verstehen ist, dass der Einsatz des Lasers alleine und für sich genommen indiziert sein muss (wofür nichts spricht; vgl. Huml, jurisPR-VersR 8/2019 Anm. 5) oder im Kontext der Gesamt-OP (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 09. Mai 2019 - 4 U 28/16 -, juris Rn 29).“
27
Gleichwohl hat der Kläger bis zum Ablauf der Schriftsatzfrist vom 07.01.2020 nicht behauptet oder vorgetragen, geschweige denn Beweis dafür angeboten, dass gerade in seinem Fall der Einsatz des Lasers eine selbstständige ärztliche Leistung gewesen sei, weil hierfür eine eigenständige medizinische Indikation bestanden habe. Die Kammer sieht sich auch nicht in der Lage, eine entsprechende Behauptung „zwischen den Zeilen“ des Vortrags der Klägerseite zu erkennen.
28
c) Nach alledem sind die tatsächlichen bzw. medizinischen Voraussetzungen dafür nicht dargetan, dass der Einsatz des Lasers bei der Augen-Operation des Klägers sich so darstellte, dass die Voraussetzungen für dessen Abrechnung nach GOÄ-Nr. 5855 analog anzunehmen wären und folglich die Beklagte als Krankenversicherer bedingungsgemäß Erstattung zu erbringen hätte.
29
II. Die Klage kann auch in den Hilfsanträgen keinen Erfolg haben.
30
1. Die Hilfsanträge konnten allerdings zulässig noch im Berufungsverfahren gestellt werden.
31
Soweit der Kläger statt der ursprünglich geforderten Leistung in gleicher Höhe nunmehr Freistellung von der streitgegenständlichen Arztrechnung bzw. die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten aus dem streitgegenständlichen Krankenversicherungsvertrag auf Basis der streitgegenständlichen Arztrechnung begehrt, handelt es sich hierbei um nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageänderungen, da Freistellungs- und Zahlungsanspruch (BGH 25.11.1993 - IX ZR 51/93, NJW 1994, 944) bzw. Zahlungs- und Feststellungsanspruch (BGH 01.06.2017 - VII ZR 277/15, NJW 2017, 3521) nur unterschiedliche Ausprägungen ein und desselben Anspruchs sind. Diese Klageänderung ist im Berufungsverfahren nicht an den Anforderungen des § 533 ZPO zu messen (BGH 21.3.2018 - VIII ZR 68/17, NZM 2018, 444, 452).
32
2. Unabhängig davon, dass der Versicherungsnehmer einer Krankheitskostenversicherung lediglich Anspruch auf (unmittelbare) Erstattung von Aufwendungen hat und damit keinen Anspruch auf Freistellung von ihn belastenden Forderungen (vgl. OLG Karlsruhe Urt. v. 24.5.2007 - 19 U 88/06, BeckRS 2008, 6708), scheitert ein etwaiger Freistellungsanspruch als „Minus“ aus denselben Gründen wie ein Leistungsanspruch: Dem Kläger ist nach den vorstehenden Ausführungen der Nachweis des grundlegenden Ansatzpunktes für eine Analog-Abrechnung nicht gelungen. Damit besteht auch kein Ansatzpunkt für eine Freistellung von einer (eben nicht nachweislich berechtigt abgerechneten und bestehenden) Forderung.
33
3. Aus denselben Erwägungen ist auch der hilfs-hilfsweise gestellte Feststellungsantrag unbegründet. Von dessen Zulässigkeit geht die Kammer allerdings aus, da die den Kern des Rechtsstreits bildende Frage nach der Zulässigkeit einer Analog-Abrechnung im Rahmen der Begründetheit des Feststellungsantrags abschließend aufgeklärt hätte werden müssen. Im Übrigen nimmt die Kammer insoweit auf Ihren Hinweis vom 26.9.2019 Bezug.
34
III. Nach alledem war der Berufung der Beklagten stattzugeben und die Forderung des Klägers in Haupt- und Hilfsanträgen sowie auch hinsichtlich der Nebenforderungen abzuweisen
C.
35
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
36
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
37
Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. Soweit die Kammer im Vorfeld darauf hingewiesen hat, dass angesichts der Vielzahl sich widersprechender Entscheidungen und der grundsätzlichen Bedeutung der Frage nach der zutreffenden Abrechnung einer Katarakt-Operation unter Einsatz eines Femtosekundenlasers eine Zulassung der Revision geboten sei, ist dies durch die die Klageabweisung letztlich tragenden Gründe überholt: Die Kammer ging bei ihrem Hinweis auf die Zulassung der Revision davon aus, dass die Frage, ob auf der Grundlage der feststehenden BGH-Rechtsprechung zur Auslegung des § 6 Abs. 2 GOÄ (BGH, Urteil vom 21. Januar 2010 - III ZR 147/09 -, juris) eine Analog-Abrechnung der Katarakt-Operation grundsätzlich zulässig ist, inhaltlich zu entscheiden gewesen wäre. Hierzu ist es allerdings deswegen nicht gekommen, da der Kläger die Voraussetzungen einer selbstständigen Indikation, wie sie die Kammer der Rechtsprechung des BGH folgend ihren Erwägungen zugrunde legt, bereits in tatsächlicher Hinsicht nicht vorgetragen hat.