Inhalt

VG Ansbach, Urteil v. 07.05.2020 – AN 1 K 19.00948
Titel:

Zins- und Tilgungsraten sind kein nachehelicher Unterhalt, der für einen Familienzuschlag berechtigt

Normenketten:
BayBeamtVG Art. 69 Abs. 1
BayBesG Art. 36 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
BGB § 1585, § 1585c
Leitsatz:
Eine Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt „aus der Ehe“ ist nicht anzunehmen, wenn die konkrete Unterhaltsverpflichtung durch eine Kapitalabfindung abgelöst wurde, da mit Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung die Unterhaltspflichten des Ehegatten erloschen sind. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erlöschen einer Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten durch eine Kapitalabfindung, atypische Kapitalabfindung in Form einer Vertragsübernahme eines gesamtschuldnerischen Darlehns durch den Unterhaltspflichtigen, Familienzuschlag, nachehelicher Unterhalt, Ruhegehalt, Beamter, Anwaltsvergleich, Darlehensvertrag, Zins- und Tilgungsraten, Unterhaltsleistung
Fundstelle:
BeckRS 2020, 11993

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt für den Zeitraum 1. Januar 2019 bis einschließlich August 2021 die Zahlung eines Familienzuschlages der Stufe 1 wegen Zahlung nachehelichen Unterhaltes.
2
Der Kläger (Besoldungsgruppe A 11) ist seit Ende September 1998 im Ruhestand. Er war seit … 1969 mit Frau …, geb. …, verheiratet.
3
Mit rechtskräftigem Endbeschluss des Amtsgerichts … - Abteilung für Familiensachen - vom 7. Februar 2017 (…) wurde die Ehe geschieden.
4
Der Kläger und seine damalige Ehefrau haben gemeinsam am 9. September 2013 ein Darlehen (Nr. …) bei der …Bank … aufgenommen. Gemäß Ziffer 14 wurde als weitere Darlehensbedingungen vereinbart, dass Sondertilgungen bis zur Höhe von 2.500,00 Euro pro Kalenderjahr in Beträgen von mindestens 1.000,00 EUR möglich seien. Nicht ausgeschöpfte Sondertilgungen würden verfallen und könnten in den Folgejahren nicht nachgeholt werden. Sondertilgungen könnten nur aus vorhandenen Eigenmitteln geleistet werden. Bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses seien etwaige Sondertilgungen nicht berücksichtigt worden.
5
Mit notariellem Ehevertrag (Scheidungsvereinbarung) vom … 2016 (Notar … …, Urk Rolle Nr. …) vereinbarten die damaligen Eheleute … unter dessen Ziffer II. Gütertrennung, da sie seit dem … 2015 getrennt leben und die Scheidung beabsichtigen würden. Weiter wurden in Ziffer III. des Ehevertrages Regelungen zum Zugewinnausgleich getroffen. Nach Ziffer IV. des Ehevertrages sollten hinsichtlich des Versorgungsausgleichs und nachehelichen Unterhalts keine Regelungen getroffen werden, vielmehr sollten die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 1569 ff. BGB gelten.
6
Zudem schlossen der Kläger und seine geschiedene Ehefrau am 18. Dezember 2018/28. Dezember 2018 einen Anwaltsvergleich, dessen § 1 lautet:
„Die Beteiligten sind derzeit noch Gesamtschuldner eines Darlehens bei der …Bank … … zur Darlehensnummer … Dieses Darlehen wird mit einer monatlichen Zins- und Tilgungsleistung in Höhe von 565,00 € zurückgeführt, jeweils im Dezember beträgt die Annuität 577,00 €. Zum 31.12.2018 beträgt die Restschuld 17.092,05 €. Die monatliche Zins- und Tilgungsrate haben die Beteiligten bisher je hälftig getragen. Letztmals wird Zins- und Tilgungsrate für den Monat Dezember 2018 von den Beteiligten je hälftig getragen.
Für die Zeit ab Januar 2019 übernimmt der geschiedene Ehemann das bislang gemeinsame Darlehen zur Alleinschuld und trägt Sorge dafür, dass die geschiedene Ehefrau vollständig aus der Haftung durch die …Bank entlassen wird. Er stellt die geschiedene Ehefrau von jeglichen Zahlungsverpflichtungen auf die Darlehensschuld ab Januar 2019 im Innen- und Außenverhältnis vollständig frei.“
7
In § 2 des Anwaltsvergleiches verpflichtete sich der Kläger zu einer einmaligen Abfindungszahlung in Höhe von 12.000,00 EUR für rückständige und künftige nacheheliche Unterhaltsansprüche.
8
Der Kläger unterwarf sich bezüglich §§ 1 und 2 des Anwaltsvergleiches der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen.
9
Darüber hinaus verzichteten der Kläger und seine Ehefrau in § 3 gegenseitig auf jedweden nachehelichen Unterhalt, ausdrücklich auch für den Fall der Not, sowie veränderter tatsächlicher oder rechtlicher Verhältnisse und nahmen die Verzichtserklärungen wechselseitig an.
10
Die …Bank … bestätigte der geschiedenen Ehefrau des Klägers mit Schreiben vom 23. Januar 2019, dass sie wunschgemäß aus der gesamtschuldnerischen Mithaft für das Darlehen entlassen worden sei. Somit hafte künftig der Kläger als alleiniger Darlehensnehmer für die Darlehensverbindlichkeiten.
11
Der Kläger reichte eine Erklärung zum Bezug bzw. zur Überprüfung von familienbezogenen Leistungen (FL-Erklärung) vom 6. März 2017 bei dem Beklagten ein. Gemäß Ziffer 3.1 gewähre der Kläger seit 1. März 2017 eine monatliche Unterhaltszahlung in Höhe von 650,00 EUR. Zum Nachweis wurde ein entsprechender Kontoauszug vorgelegt, gemäß dem die Zahlung „unter Vorbehalt der Neuberechnung“ erfolgt sei.
12
Der Beklagte stellte daraufhin ab März 2017 Zahlungen des Familienzuschlages der Stufe 1 aufgrund der Scheidung ein und teilte dem Kläger mit Schreiben vom 9. März 2017 (Bl. 153 der Behördenakte) mit, dass die Kopie eines Überweisungsträgers nicht als Beleg über bestehende Unterhaltsverpflichtungen ausreichen würde. Ferner wurde ausgeführt, dass eine Unterhaltspflicht auf Gesetz oder Vertrag beruhen könne und durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachgewiesen werden müsse. Freiwillige Unterhaltsleistungen würden keinen Anspruch auf Familienzuschlag begründen.
13
Nachdem der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 2. Mai 2017 eine Mitteilung über die Umsetzung des Versorgungsausgleichs der Deutschen Rentenversicherung Bund übermittelte, reichte er mit weiterem Schreiben vom 16. Juni 2017 einen Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund nach. Der Kläger legte bei dem Beklagten auf entsprechende Anforderung vom 15. März 2018 hin, eine weitere FL-Erklärung mit weiteren Anlagen vor.
14
Der Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 27. März 2018 mit, dass nach wie vor eine Unterhaltsverpflichtung nicht belegt sei (Bl. 230 der Behördenakte). Weiter führte der Beklagte aus, dass in Fällen, in denen durch Rechtskraft oder eine Vereinbarung eine Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten bestehe, bei Nachweis der tatsächlichen Unterhaltszahlung, mindestens in der Höhe des Familienzuschlages der Stufe 1, der Ehegattenanteil im Familienzuschlag wieder gewährt werden könne.
15
Daraufhin übermittelte der Kläger mit Schreiben vom 23. Januar 2019 dem Beklagten den Anwaltsvergleich zwischen ihm und seiner geschiedenen Ehefrau vom 18. Dezember 2018/ 28. Dezember 2018.
16
Mit Schreiben vom 11. März 2019 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass bis zum 31. Dezember 2018 ein Anspruch auf Zahlung des Familienzuschlages der Stufe 1 gegeben sei, da gemäß § 2 der Unterhaltsvereinbarung vom 7. Januar 2019 [gemeint ist der Anwaltsvergleich vom 18. Dezember 2018/28. Dezember 2018] für rückständige und zukünftige nacheheliche Unterhaltsansprüche einem Abfindungsbetrag in Höhe von 12.000,00 EUR an die geschiedene Ehefrau des Klägers gezahlt worden sei. Der Ehegattenanteil im Familienzuschlag in der Stufe 1 ab dem 1. Januar 2019 stehe dem Kläger nicht mehr zu, da in § 3 der Unterhaltsvereinbarung ein nachehelicher Unterhaltsverzicht geregelt worden sei.
17
Das Schreiben war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen.
18
Der Kläger ließ daraufhin mit Schreiben vom 3. April 2019 durch seine anwaltlichen Bevollmächtigten Widerspruch erheben. Im Wesentlichen wurde dargestellt, dass zwischen dem Kläger und seiner geschiedenen Ehefrau Unterhaltsansprüche streitig gewesen seien und man diese abschließend in einem Anwaltsvergleich geregelt habe. Der Vergleich sei zur Beilegung des Streites über die Höhe und die Dauer der nachehelichen Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau geschlossen worden. Aus § 1 des Anwaltsvergleiches ergebe sich, dass der Kläger für die Zeit ab Januar 2019 zum Zwecke der Abfindung und Erledigung des nachehelichen Unterhaltes anstelle seiner geschiedenen Ehefrau deren hälftigen Zins- und Tilgungsbeitrag auf die zum 31. Dezember 2018 bestehende Restschuld des Darlehens bei der …Bank in Höhe von 17.092,05 EUR leiste, er insofern seine geschiedene Ehefrau durch die Übernahme der vollen monatlichen Rate von deren Verpflichtung die Hälfte hiervon zu tragen, vollständig freistelle. Aus einem Tilgungsplan ergebe sich, dass der Kläger zur Abgeltung des nachehelichen Unterhaltes bis einschließlich August 2021 anstelle einer Unterhaltszahlung für seine geschiedene Ehefrau deren hälftigen Gesamtschuldneranteil an diesem Darlehen zahle. Der Kläger hätte genauso seiner Ehefrau monatlich diesen Betrag als Unterhalt leisten können und diese hätte dann ihrerseits wiederum mit dem empfangenen Unterhalt das Darlehen bedienen können. So zahle der Kläger direkt in Erfüllung seiner Unterhaltsverpflichtung auf die eigentlich hälftige Gesamtschuld seiner geschiedenen Ehefrau die gesamte Darlehensrate.
19
Da der Kläger somit anstelle einer laufenden monatlichen Unterhaltszahlung direkt an seine geschiedene Ehefrau auf dem Vereinbarungswege zur Abgeltung und Abfindung weitere Unterhaltsansprüche die Zahlung ihrer hälftigen gesamtschuldnerischen Rate an die … Bank übernommen habe, erfülle der Kläger hiermit seine nachehelichen Unterhaltsverpflichtungen, so dass dem Kläger bis zur vollständigen Erfüllung der Darlehensschuld im August 2021 der Familienzuschlag der Stufe 1 zu gewähren sei, da er bis zu diesem Zeitpunkt in Umsetzung des Anwaltsvergleiches Ehegattenunterhalt leiste.
20
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2019 wurde der Widerspruch zurückgewiesen (Ziffer 1.) und verfügt, dass der Familienzuschlag der Stufe 1 ab 1. Januar 2019 dem Kläger nicht zustehe (Ziffer 2.).
21
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die vollständige Übernahme der Tilgung eines Darlehens keine relevante Unterhaltsleistung darstelle, weshalb kein Familienzuschlag der Stufe 1 gewährt werden könne.
22
Mit Schreiben vom 10. Mai 2019, am selben Tag bei Gericht per Fax eingegangen, ließ der Kläger durch seine anwaltlichen Bevollmächtigten Klage erheben und beantragen,
1.
den Bescheid des Landesamtes …, Dienststelle …, vom 11. März 2019 in der Form des Widerspruchsbescheides des Landesamtes …, Dienststelle …, vom 11. April 2019 aufzuheben und
2.
dem Kläger antragsgemäß ab 1. Januar 2019 den Familienzuschlag der Stufe 1 wegen Zahlung nachehelichen Unterhaltes bis August 2021 weiter zu gewähren;
3.
die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen.
23
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger und seine geschiedene Ehefrau die Frage des nachehelichen Unterhaltes nicht in der notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung regeln hätten können, da die Rentenversicherungsträger und das Landesamt … zum damaligen Zeitpunkt den gesetzlichen Versorgungsausgleich noch nicht umgesetzt hätten. Der Kläger habe die Unterhaltsangelegenheit abschließend und einmalig mit seiner geschiedenen Ehefrau regeln wollen, weshalb man sich im Rahmen eines Anwaltsvergleiches über den nachehelichen Unterhalt geeinigt habe, gemäß dem der Kläger die Kreditraten seiner geschiedenen Ehefrau übernehmen habe sollen.
24
Der Beklagte trat dem mit Schreiben vom 7. Juni 2019 entgegen und beantragte,
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens
25
Ein Anspruch auf den Ehegattenanteil im Familienzuschlag bestehe für geschiedene Beamte gem. Art. 69 Abs. 1 BayBeamtVG i.V.m. Art. 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBesG nur, wenn sie gegenüber dem früheren Ehegatten zum Unterhalt verpflichtet seien. Wann eine Verpflichtung zum Unterhalt bestehe, richte sich mangels eigenständiger Regelung im Besoldungsrecht nach §§ 1570 ff. BGB. Eine vertragliche Regelung zwischen den Parteien könne eine gesetzliche Unterhaltspflicht nicht begründen, nur konkretisieren. An einer gesetzlichen Unterhaltspflicht fehle es, wenn die konkrete Unterhaltsverpflichtung durch eine Kapitalabfindung abgelöst worden sei (vgl. VG Ansbach, U.v. 11.3.2015 - AN 11 K 14.00768 - juris Rn. 25).
26
Es könne offenbleiben, ob dem Kläger für die Vergangenheit zu Recht der Ehegattenanteil im Familienzuschlag gewährt worden sei. Jedenfalls hätten der Kläger und seine damalige Ehefrau in § 3 des Abfindungsvergleichs über den 31. Dezember 2018 hinaus auf jedweden nachehelichen Unterhalt verzichtet, was zum Erlöschen des Unterhaltsanspruchs ab dem 1. Januar 2019 geführt habe (vgl. BVerwG, U.v. 12.3.1991 - 6 C 51/88 - juris Rn. 29). Nichts Anderes ergebe sich daraus, dass der Kläger sich zur Schuldübernahme aus dem Darlehen ab 1. Januar 2019 verpflichtet habe. Denn diese sei ebenfalls Bestandteil der Abfindungsvereinbarung, mit dem der Kläger sich von einer evtl. Unterhaltspflicht befreit habe. Mangels Unterhaltsverpflichtung ab dem 1. Januar 2019 bestehe kein Anspruch mehr auf die Gewährung des Ehegattenanteils im Familienzuschlag.
27
Mit Schreiben vom 5. Mai 2020 führten die anwaltlichen Bevollmächtigten des Klägers ergänzend aus, dass bezüglich des nachehelichen Unterhaltes die geschiedene Ehefrau des Klägers zunächst einen lebenslangen monatlichen Ehegattenunterhalt in Höhe von 245,00 EUR, der zuletzt auf 277,00 EUR erhöht worden sei, geltend gemacht habe. Da der Kläger nicht lebenslang mit einer monatlichen Unterhaltszahlung belastet sein wollte, habe man einen Vergleichsvorschlag mit einer Abfindungsregelung sowie einer zeitlich begrenzten monatlichen Unterhaltszahlung für die Dauer der Laufzeit eines bis dahin gemeinsamen gesamtschuldnerischen Darlehens angeboten. Daraufhin habe man dem Kläger angeboten, durch Zahlung von 30.000,00 EUR insgesamt die Unterhaltsangelegenheit zu erledigen. Alternativ könne der Kläger einen Teilbetrag leisten und darüber hinaus die hälftige Darlehensrate der geschiedenen Ehefrau übernehmen. Der Kläger habe sich daraufhin dafür entschieden, die hälftige Ratenzahlungsverpflichtung in Höhe von 282,50 EUR von Januar 2019 bis Juli 2021, in Summe 8.546,02 EUR, als laufenden monatlichen Unterhalt zu tragen und eine Abfindung in Höhe von 12.000,00 EUR zu zahlen.
28
Diese Vereinbarung sei in dem Anwaltsvergleich festgehalten worden. Um sicherzustellen, dass die geschiedene Ehefrau des Klägers nicht von der Bank in Anspruch genommen werden könne, sei eine Schuldübernahme des Klägers erfolgt. Um klarzustellen, dass mit diesen monatlichen Unterhaltszahlungen bis Juli 2021 und der Zahlung des einmaligen Abfindungsbetrages in Höhe von 12.000,00 EUR die Angelegenheit abschließend erledigt worden sei, hätten beide Ehegatten auf darüber hinausgehende Unterhaltsansprüche verzichtet. Aus der Vorbemerkung des Anwaltsvergleiches ergebe sich eindeutig, dass der Vergleich geschlossen worden sei, um die in Streit stehende Höhe und Dauer eines möglichen Unterhaltsanspruches zu klären. In § 3 des Anwaltsvergleiches sei eindeutig formuliert, dass die Beteiligten „darüber hinaus“ auf Unterhaltsansprüche verzichten würden. Der Kläger habe sich wie bei einer durch Vergleich geregelten Unterhaltsleistung hinsichtlich seiner monatlichen Freistellungsverpflichtung nach § 1 des Anwaltsvergleiches der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterworfen. § 1 des Anwaltsvergleiches enthalte eine monatliche Unterhaltszahlung für den Zeitraum Januar 2019 bis Juli 2021 in Höhe von 282,50 EUR, die dadurch erfüllt werde, dass der Kläger anstelle der geschiedenen Ehefrau deren hälftige Ratenzahlungsverpflichtung übernehme. Der Kläger hätte genauso an seine geschiedene Ehefrau 282,50 EUR monatlich zahlen können.
29
Für den Kläger sei ohne Zweifel gewesen, dass die Zahlung der 282,50 EUR als Unterhaltszahlung neben der Zahlung der Abfindung für rückständige und weitergehende Unterhaltsansprüche Grundlage für den darüber hinaus erklärten gegenseitigen Verzicht gewesen sei. Selbst die Finanzbehörden würden die Zahlungsvereinbarungen als laufende Unterhaltszahlung ansehen, die der Unterhaltspflichtige im Wege des begrenzten Realsplittings steuerlich absetzen könne. Vor diesem Hintergrund könne der Beklagte keine andere Rechtsauffassung vertreten.
30
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

31
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
32
Der Bescheid vom 11. März 2019 und der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 11. April 2019 sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, da dem Kläger kein Anspruch auf Familienzuschlag der Stufe 1 wegen der Zahlung nachehelichen Unterhaltes zusteht (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
33
Die Voraussetzungen der Art. 69 Abs. 1 BayBeamtVG, Art. 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBesG liegen nicht vor, da der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. August 2021 aus der Ehe nicht zum Unterhalt verpflichtet ist.
34
Der Kläger bezieht ein Ruhegehalt. Nach Art. 69 Abs. 1 BayBeamtVG finden auf den Familienzuschlag die für Beamte und Beamtinnen geltenden Vorschriften des Bayerischen Besoldungsgesetzes Anwendung.
35
Zur Stufe 1 des Familienzuschlages gehören geschiedene Beamte und Beamtinnen sowie Beamte und Beamtinnen, deren Ehe oder Lebenspartnerschaft aufgehoben oder für nichtig erklärt ist, wenn sie gegenüber dem früheren Ehegatten oder dem früheren Lebenspartner im Sinn des § 1 des Lebenspartnerschaftsgesetzes aus der letzten Ehe oder Lebenspartnerschaft zum Unterhalt verpflichtet sind und diese Unterhaltsverpflichtung mindestens die Höhe des Betrags der Stufe 1 der maßgebenden Besoldungsgruppe erreicht, Art. 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayBesG. Die Gewährung von Familienzuschlag hat die Funktion, eine Kompensation der laufenden Unterhaltsbelastung des Beamten sicherzustellen.
36
Was unter der gesetzlichen Formulierung „aus der letzten Ehe oder Lebenspartnerschaft zum Unterhalt verpflichtet“ zu verstehen ist, richtet sich mangels eigenständiger Regelung im Besoldungsrecht nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (BVerwG, U.v. 12.3.1991 - 6 C 51/88 - juris Rn. 25).
37
Es kann letztlich dahinstehen, ob die geschiedene Ehefrau des Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Unterhaltsanspruch gegen ihn hat, §§ 1569 ff. BGB, da eine etwaige Unterhaltspflicht mit Abschluss des Anwaltsvergleiches erloschen ist.
38
In der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 12.3.1991 - 6 C 51/88 - juris Rn. 29; BVerwG, U.v. 30.1.2003 - 2 C 5 /02 - NJW 2003, 1886; VG Ansbach, U.v. 11.3.2015 - AN 11 K 14.00768 - juris Rn. 25), der sich die erkennende Kammer anschließt, ist anerkannt, dass eine Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt „aus der Ehe“ nicht anzunehmen ist, wenn die konkrete Unterhaltsverpflichtung durch eine Kapitalabfindung abgelöst wurde (BVerwG, U.v. 30.1.2003 - 2 C 5/02 - NJW 2003, 1886), da mit Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung, wovon vorliegend auch der Kläger Gebrauch gemacht hat, die Unterhaltspflichten des Ehegatten erloschen sind, §§ 1585 Abs. 1 und 2, 1585c BGB.
39
Die in § 2 des Anwaltsvergleiches vorgesehene Kapitalabfindung in Höhe von 12.000,00 EUR sollte nach dem Willen der Vertragsparteien einen möglichen Unterhaltsanspruch der Ehefrau des Klägers zum Erlöschen bringen (§ 1585 Abs. 2 BGB). Das ist mit der unbestrittenen Zahlung des Betrags durch den Kläger an seine geschiedene Ehefrau geschehen (§ 362 Abs. 1 BGB).
40
Die Unterhaltspflicht ist außerdem dadurch weggefallen, dass die geschiedene Ehefrau in § 3 des Anwaltsvergleiches auch auf jeglichen nachehelichen Unterhalt ausdrücklich verzichtet hat. Da der Kläger nach dem bürgerlichen Recht nicht zum nachehelichen Unterhalt verpflichtet ist, hat er keinen Anspruch auf den Familienzuschlag der Stufe 1.
41
Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die vorliegende Fallgestaltung eine Abweichung zu der zuvor zitierten Rechtsprechung dahingehend aufweist, dass der Kläger neben einer einmaligen Abfindungszahlung zusätzlich monatlich zu zahlende Zins- und Tilgungsraten eines Darlehens zu tragen hat. In den zuvor genannten Entscheidungen leistete der Kläger jeweils lediglich eine einmalige Abfindungszahlung, ohne darüber hinaus weitere Zahlungen an den geschiedenen Ehegatten oder einen Dritten zu erbringen.
42
Die in dem Anwaltsvergleich getroffenen Regelungen sind nach Auffassung der Kammer insgesamt einer einmaligen Kapitalabfindung gleichzusetzen.
43
Die geschiedene Ehefrau des Klägers haftete als Gesamtschuldnerin gemeinsam mit dem Kläger für die Verbindlichkeiten aus dem Darlehen vom 9. September 2013. Mangels abweichender Regelungen waren die geschiedene Ehefrau des Klägers und der Kläger sowohl im Außen- (§ 420 BGB) als auch im Innenverhältnis (§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu gleichen Teilen verpflichtet, d.h. sie hatten die Darlehenssumme je zur Hälfte zu tragen. Hierfür spricht auch, dass in § 1 des Anwaltsvergleiches davon ausgegangen wird, dass die Beteiligten die Zins- und Tilgungsrate je zur Hälfte zu tragen hatten.
44
Die Kammer folgt jedoch der Auffassung des Klägers nicht, dass in dem Anwaltsvergleich vereinbart worden sei, dass jedenfalls die monatlich zu zahlenden Zins- und Tilgungsleistungen als Unterhaltsleistung anzusehen seien. Hierfür könnte sprechen, dass gemäß der Vorbemerkung des Anwaltsvergleiches dieser zur Beilegung eines Streites über nacheheliche Unterhaltsansprüche abgeschlossen wurde. Zudem wurden die Regelungen zur Darlehensübernahme durch den Kläger in § 1 des Anwaltsvergleiches und die einmalige Abfindungszahlung in § 2 des Anwaltsvergleiches voneinander getrennt geregelt und in § 3 des Anwaltsvergleiches vereinbart, dass darüber hinaus auf jedweden nachehelichen Unterhalt verzichtet wird.
45
Trotz dieser Ausgestaltung stellen die monatlichen Zahlungen des Klägers bezüglich des Darlehens jedoch keine monatlichen Unterhaltsleistungen dar. Aufgrund des Anwaltsvergleiches erfolgte letztlich eine Haftungsentlassung für die geschiedene Ehefrau des Klägers bezüglich des Darlehens vom 9. September 2013. Demnach sind die vertraglichen Zahlungspflichten der geschiedenen Ehefrau des Klägers aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB erloschen. Zwar wurde an die geschiedene Ehefrau des Klägers keine tatsächliche Geldleistung in Form einer Abfindungszahlung erbracht, jedoch ist das Erlöschen der Zahlungsverpflichtung der geschiedenen Ehefrau aus Sicht der Kammer mit einer Abfindungszahlung gleichzusetzen. Grund hierfür ist, dass eine Inanspruchnahme der geschiedenen Ehefrau des Klägers bezüglich des Darlehens nicht mehr in Betracht kommt, da der Kläger alleine in sämtliche Rechte und Pflichten des Darlehensvertrages, sei es im Wege einer Vertragsübernahme gem. §§ 398 ff. und 414 ff. BGB entsprechend (Heinig in BeckOGK/BGB, Stand: 1.3.2020, § 414 Rn. 40) oder einer Schuldübernahme gem. §§ 414 ff. BGB, eingetreten ist. Die darlehensgebende Bank hat in Folge der getroffenen Vereinbarung die geschiedene Ehefrau des Klägers mit Schreiben vom 23. Januar 2019 aus der gesamtschuldnerischen Mithaft für das Darlehen entlassen. Dies ist aus Sicht der Kammer mit einer Abfindungszahlung gleichzusetzen, auch wenn diese in Form einer atypischen Leistung durch die Befreiung der Ehefrau des Klägers von weiteren Zahlungsverbindlichkeiten erbracht worden ist.
46
Hieran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Kläger die Darlehensraten weiterhin monatlich zu zahlen hat. Zwar kann ein Dritter schuldbefreiend an den Gläubiger Leistungen bewirken, §§ 362 Abs. 2, 185 BGB, jedoch ist die Zahlungsverpflichtung der Ehefrau des Klägers zum 1. Januar 2019 erloschen. Diese Zahlungen stellen somit lediglich den tatsächlichen Vollzug einer alleine den Kläger treffenden Zahlungsverpflichtung dar und können daher nicht als monatliche Unterhaltsleistung angesehen werden.
47
Weiterhin spricht gegen die Behandlung der monatlichen Zins- und Tilgungsratenzahlungen des Klägers als monatliche Unterhaltsleistung, dass der Kläger deren Dauer durch die in Ziffer 14 des Darlehensvertrages vom 9. September 2013 für zulässig erklärten Sondertilgungen bzw. eine sofortige Ablöse, gegebenenfalls gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 BGB, verkürzen könnte. Dadurch könnte der Kläger jedoch die Dauer der Unterhaltsleistung beeinflussen, was ebenfalls gegen eine Anerkennung als Unterhaltsleistung spricht.
48
Letztlich steht dem Kläger auch kein Anspruch aus einer vorhergehenden Beratung bzw. einer Zusicherung zu. Aus den beiden Schreiben vom 9. März 2017 (Bl. 153 der Behördenakte) und 27. März 2018 (Bl. 230 der Behördenakte) geht nicht hervor, dass der Beklagte dem Kläger zum Abschluss des Anwaltsvergleiches geraten habe, vielmehr enthalten die Schreiben lediglich allgemeine rechtliche Hinweise. Insbesondere ergibt sich aus den vorgelegten Behördenakten nicht, dass der Beklagte gegenüber dem Kläger erklärt habe, dass die Regelungen in dem Anwaltsvergleich einen Anspruch auf Gewährung des Familienzuschlages der Stufe 1 begründen könnten.
49
Eine Zusicherung scheitert vorliegend jedenfalls daran, dass eine solche nicht schriftlich erteilt wurde, Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, zumal sich in den vorgelegten Behördenakten hierzu nichts findet. Inwieweit dem Kläger daher seitens eines Sachbearbeiters weitergehende Auskünfte erteilt worden sein mögen, ist daher nicht von Entscheidungsrelevanz.
50
Zudem wurde der Anwaltsvergleich dem Beklagten vor Abschluss offensichtlich nicht zur Prüfung vorgelegt, so dass auch diesbezüglich keine Ansprüche hergeleitet werden können.
51
Die Klage war daher abzuweisen.
52
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
53
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.