Inhalt

VGH München, Beschluss v. 21.01.2020 – 8 ZB 19.192
Titel:

Die hinreichende Darlegung von Gründen zur Berufungszulassung

Normenketten:
GBO § 19
VwGO § 86 Abs. 1, § 108, § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 167 Abs. 1 S. 1
BGB § 138 Abs.1, § 323
ZPO § 767
Leitsätze:
1. Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Ausgangsgerichts sind im Hinblick auf § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Berufungszulassungsverfahren nur einer eingeschränkten Prüfung zugänglich. Für einen darauf gestützten Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genügt deshalb nicht allein der Vortrag, die Tatsachen seien anders als vom Verwaltungsgericht angenommen oder der Sachverhalt bzw. das Ergebnis einer Beweisaufnahme sei anders zu bewerten. (Rn. 11 – 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Auswirkungen eines Rechtsgeschäfts auf Interessen der Allgemeinheit können vom Verwaltungsgericht bei seiner Gesamtwürdigung durchaus berücksichtigt werden. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
3. Erst wenn alle in Betracht kommenden Aufklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, ohne dass bestimmte entscheidungserhebliche Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts feststehen, geht die Nichterweislichkeit der Tatsachen zu Lasten dessen, der daraus für sich günstige Rechtsfolgen herleitet, sofern nicht das materielle Recht eine andere Verteilung der Beweislast vorsieht. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
4. Zwar wird das wertneutrale abstrakte Verfügungsgeschäft in der Regel nicht von der Sittenwidrigkeit des Verpflichtungsgeschäfts erfasst (sog. Abstraktionsprinzip). Anders ist es aber, wenn die Unsittlichkeit gerade im Vollzug der Leistung liegt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden, abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Im Zulassungsantrag muss daher ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (Rn. 28 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berufungszulassung (abgelehnt), Vollstreckungsabwehrklage, subjektive Unmöglichkeit, sittenwidrige Eigentumsübertragung, Rücktritt vom Vergleichsvertrag, Berufungszulassung, Unmöglichkeit, Eigentumsübertragung, Vergleichsvertrag, Sittenwidrigkeit
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 06.12.2018 – RN 2 K 16.1236
Rechtsmittelinstanzen:
VGH München, Beschluss vom 02.03.2020 – 8 ZB 20.290
VerfGH München, Entscheidung vom 25.05.2021 – Vf. 38-VI-20
Fundstelle:
BeckRS 2020, 1172

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 6.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Vollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich.
2
Die Klägerin und ihr Ehemann sind Eigentümer (Gütergemeinschaft) des Wohngrundstücks FlNr. 174/16 Gemarkung S … Das südlich dieses Wohngrundstücks liegende Grundstück FlNr. 167/3 (N … Weg) übertrugen sie mit Auflassung vom 6. Februar 2013 an ihre Tochter.
3
Der Beklagte ist Eigentümer des Hausgrundstücks FlNr. 174/18, das im Norden an den N … Weg grenzt. Bis zum 17. September 2010 war er auch Eigentümer der im Osten an dieses Grundstück grenzenden Landwirtschaftsfläche FlNr. 174/2; seitdem ist die Ehefrau des Beklagten im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen.
4
Die Klägerin, der Beklagte und die Stadt M … schlossen am 17. August 2010 vor dem Verwaltungsgerichtshof einen Prozessvergleich. Darin verpflichteten sich die Klägerin und ihr Ehemann, an dem Grundstück FlNr. 167/3 zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Grundstücke FlNr. 174/18 und 174/2 ein Geh- und Fahrtrecht in Gestalt einer Grunddienstbarkeit einzuräumen (Ziff. III des Vergleichs). Der Beklagte verpflichtete sich, entlang der Grenzen zu den Grundstücken FlNr. 174/16, 174/3, 174 und 173/1 einen Streifen mit einer Tiefe von jeweils 15 m von jeglicher Bepflanzung durch Bäume, Sträucher oder Hecken freizuhalten und dem widersprechende vorhandene Bepflanzung bis 15. April 2011 zu beseitigen (Ziff. IV des Vergleichs).
5
Der Beklagte entfernte mit Billigung seiner Ehefrau als Eigentümerin im September 2011 auf dem Grundstück FlNr. 174/2 zahlreiche Bäume. Dass er damit seiner Verpflichtung aus Ziffer IV des Vergleichs vollständig nachgekommen ist, bestreitet die Klägerin; sie begehrt die Beseitigung von Bepflanzungen auch auf dem Hausgrundstück FlNr. 174/18.
6
Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin, die Vollstreckung aus dem Prozessvergleich vom 17. August 2010 für unzulässig zu erklären und die erteilte vollstreckbare Ausfertigung herauszugeben, mit Urteil vom 6. Dezember 2018 abgewiesen. Der Klägerin sei die Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts an dem Grundstück FlNr. 167/3 nicht unmöglich geworden. Die Eigentumsübertragung des Grundstücks an ihre Tochter sei sittenwidrig und damit nichtig, weil sie einzig und allein bezweckt habe, der Vollstreckung aus dem Prozessvergleich zu entgehen.
7
Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Die Annahme eines subjektiv sittenwidrigen Handelns aller Vertragsparteien sei vom Verwaltungsgericht zu Unrecht unterstellt worden. Die Nichtigkeit des Notarvertrags hätte auch nicht die Unwirksamkeit der Auflassung zur Folge. Zudem habe sich der Beklagte selbst rechtsmissbräuchlich verhalten.
II.
8
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (§ 124 Abs. 2 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
9
1. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
10
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (BVerfG, B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16; B.v. 16.7.2013 - 1 BvR 3057/11 - BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546 = juris Rn. 19). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (BVerfG, B.v. 16.1.2017 - 2 BvR 2615/14 - IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19).
11
Nach diesem Maßstab zeigt der Zulassungsantrag keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils auf.
12
1.1 Mit ihrem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, die Übereignung des Grundstücks FlNr. 167/3 sei weder zum Zweck der vorweggenommenen Erbfolge noch zur Realisierung eines geplanten Bauvorhabens erfolgt, sondern allein in der Absicht, die Vollstreckung der Verpflichtung zur Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts aus dem Prozessvergleich zu verhindern, wendet sich die Klägerin in der Sache gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Ausgangsgerichts. Solche Fehler sind im Hinblick auf § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Berufungszulassungsverfahren nur einer eingeschränkten Prüfung zugänglich (BayVGH, B.v. 19.10.2018 - 8 ZB 18.1235 - BayVBl 2019, 237 = juris Rn. 25 f.; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 19). Für einen darauf gestützten Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genügt nicht allein der Vortrag, die Tatsachen seien anders als vom Verwaltungsgericht angenommen oder der Sachverhalt bzw. das Ergebnis einer Beweisaufnahme sei anders zu bewerten (VGH BW, B.v. 11.2.2019 - 12 S 2789/18 - juris Rn. 19; OVG NW, B.v. 21.6.2012 - 18 A 1459/11 - juris Rn. 9; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 67). Vielmehr müssen gute Gründe aufgezeigt werden, dass die tatsächlichen Feststellungen augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung des Sachverhalts genügt dafür nicht (BVerwG, B.v. 26.9.2016 - 5 B 3.16 D - juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 21.1.2013 - 8 ZB 11.2030 - ZfW 2013, 176 = juris Rn. 17).
13
Solche zur Zulassung der Berufung führende Mängel lassen sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen. Das Vorbringen, eine Zufahrt über das Grundstück FlNr. 167/3 zum östlichen Bereich des Grundstücks FlNr. 174/16, das die Tochter der Klägerin bebauen wolle, sei baulich sinnvoll, kann die auf die Zeitspanne von drei Jahren zwischen Grundstücksübertragung (Februar 2013) und Vorbescheidsantrag (15.4.2016) gestützten Glaubhaftigkeitszweifel des Verwaltungsgerichts nicht entkräften. Auch die erstinstanzliche Überzeugung, die Tochter der Klägerin habe den Hintergrund der Grundstücksübertragung gekannt, zieht der Zulassungsantrag nicht ernstlich in Zweifel. Der Einwand, deren vorgebliche Vereitelungsabsicht stütze das Ersturteil nicht auf Tatsachen, sondern auf bloße Vermutungen, greift nicht durch. Die subjektiven Umstände des Tatbestandes des § 138 Abs. 1 BGB sind häufig einem direkten Nachweis nicht zugänglich und können oft nur aus den objektiven Umständen erschlossen werden (BGH, U.v. 7.3.2013 - VII ZR 68/10 - BGHZ 196, 299 = juris Rn. 21; U.v. 18.12.2008 - VII ZR 201/06 - BGHZ 179, 213 = juris Rn. 11). Dies hat das Verwaltungsgericht getan und die familiäre Nähe der Beteiligten, ein fehlendes Eigeninteresse der Tochter der Klägerin an dem Grundstück und deren Widersetzen gegen die Eintragung eines Geh- und Fahrtrechts gewürdigt (vgl. UA S. 12). Diese Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Ausgangsgerichts erweist sich als nachvollziehbar; die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung des Sachverhalts genügt für die Darlegung eines Zulassungsgrunds nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht. Ob der Beklagte davon ausgegangen ist, dass eine Eigentumsübertragung die Vollstreckung aus dem Prozessvergleich verhindern kann, ist ohne rechtliche Bedeutung. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht verkannt, dass die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts anhand der Verhältnisse im Zeitpunkt seiner Vornahme zu beurteilen ist (BGH, U.v. 12.4.2016 - XI ZR 305/14 - BGHZ 210, 30 = juris Rn. 46; Ellenberger in Palandt, BGB, 79. Aufl. 2020, § 138 Rn. 9). Das Nichterscheinen der Tochter der Klägerin zur mündlichen Verhandlung im Verfahren RN 2 K 17.744 am 13. September 2018 durfte gleichwohl als Indiz für ein fehlendes Eigeninteresse im Zeitpunkt der Eigentumsübertragung im Februar 2013 gewertet werden.
14
Die Bewertung der Eigentumsübertragung als sittenwidrig erweist sich auch nicht deshalb als fehlerhaft, weil das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Gesamtwürdigung das Vertrauen in einen Prozessvergleich als erheblich schutzbedürftig eingestuft hat. Die Auswirkungen eines Rechtsgeschäfts auf Interessen der Allgemeinheit können durchaus berücksichtigt werden (vgl. BGH, U.v. 25.1.2006 - VIII ZR 398/03 - NVwZ-RR 2007, 47 = juris Rn. 31; Ellenberger in Palandt, BGB, § 138 Rn. 8). Dass eine Vereitelung des Prozessvergleichs, den auch die Stadt M … abgeschlossen hat, Auswirkungen auf deren Belange haben kann, liegt auf der Hand. Eine Betroffenheit als Partei des Prozessvergleichs setzt entgegen der Auffassung des Zulassungsantrags nicht voraus, dass das strittige Geh- und Fahrtrecht (Ziffer III des Vergleichs) speziell im Interesse der Gemeinde eingeräumt worden sein müsste.
15
Soweit sich der Zulassungsantrag auf die Beweislast des Beklagten für das Vorliegen der Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit beruft, verkennt er den Umfang der gerichtlichen Amtsaufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Erst wenn alle in Betracht kommenden Aufklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, ohne dass bestimmte entscheidungserhebliche Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts feststehen, geht die Nichterweislichkeit der Tatsachen zu Lasten dessen, der daraus für sich günstige Rechtsfolgen herleitet, sofern nicht das materielle Recht eine andere Verteilung der Beweislast vorsieht (BVerwG, B.v. 10.1.2007 - 8 B 41.06 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 354 = juris Rn. 3; B.v. 16.10.1995 - 7 B 163.95 - NJW 1996, 409 = juris Rn. 8). Vorliegend gelangte das Verwaltungsgericht indessen aus den objektiven Umständen zu der Überzeugung, dass die Grundstücksübertragung auf die Tochter der Klägerin einzig und allein dem Zweck diente, eine subjektive Unmöglichkeit im Hinblick auf die Vollstreckung der Verpflichtung zur Einräumung eines Geh- und Fahrtrechts aus Ziffer III des Vergleichs herbeizuführen (vgl. UA S. 11).
16
1.2 Auch das klägerische Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe sich nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, dass sich der Beklagte selbst rechtsmissbräuchlich verhalten habe, rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung.
17
Soweit sich der Zulassungsantrag gegen die erstinstanzliche Bewertung wendet, der Beklagte habe die Hintergründe der Auflassung des Grundstücks FlNr. 174/2 vom 31. August 2010 an seine Ehefrau nachvollziehbar erklärt (vgl. Urteile im Verfahren Az. RN 2 K 17.744 UA S. 18 und RN 2 K 18.857 UA S. 11), zieht er die Richtigkeit des angegriffenen Urteils nicht ernstlich in Zweifel. Selbst wenn man von der Sittenwidrigkeit dieses Rechtsgeschäfts zwischen dem Beklagten und dessen Ehefrau ausginge, ist nicht erkennbar, inwiefern dies die Nichtigkeitsfolge betreffend die klägerische Eigentumsübertragung an die Tochter aus § 138 Abs. 1 BGB entfallen ließe. Abgesehen davon wendet sich die Klägerin auch insoweit gegen die verwaltungsgerichtliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung, auf die ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur unter den oben angeführten Voraussetzungen (vgl. oben Rn. 12) gestützt werden kann. Solche zur Zulassung der Berufung führende Mängel lassen sich dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen. Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Senats im Parallelverfahren Az. 8 ZB 19.193 (B.v. 21.1.2020 Rn. 16) verwiesen.
18
1.3 Das Verwaltungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Nichtigkeitsfolge aus § 138 Abs. 1 BGB nicht nur das Verpflichtungsgeschäft, sondern zudem die Auflassung des Grundstücks betrifft. Zwar wird das wertneutrale abstrakte Verfügungsgeschäft in der Regel nicht von der Sittenwidrigkeit des Verpflichtungsgeschäfts erfasst (sog. Abstraktionsprinzip, vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, § 138 Rn. 20; Mansel in Jauernig, BGB, 17. Aufl. 2018, § 138 Rn. 25). Anders ist es aber, wenn die Unsittlichkeit gerade im Vollzug der Leistung liegt (BGH, U.v. 12.4.2016 - XI ZR 305/14 - BGHZ 210, 30 = juris Rn. 46). So liegt der Fall hier, da die Eintragung des Geh- und Fahrtrechts gerade durch die Übereignung des Grundstücks vereitelt werden sollte. In einem solchen Fall erfasst die Sittenwidrigkeit des Verpflichtungsgeschäfts auch die Auflassung (vgl. BGH, U.v. 20.1.2006 - V ZR 214/04 - NJW-RR 2006, 888 = juris Rn. 8; OVG Berlin-Bbg, U.v. 8.12.2016 - OVG 2 B 7.14 - juris Rn. 24 f.). Das vom Zulassungsantrag angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, U.v. 22.1.1992 - VIII ZR 374/89 - NJW-RR 1992, 593 = juris Rn. 18) betraf einen anders gelagerten Sachverhalt; die Sittenwidrigkeit des dortigen Rechtsgeschäfts hatte seinen Schwerpunkt in der schuldrechtlichen Verpflichtung.
19
1.4 Das Zulassungsvorbringen, selbst wenn man von der Nichtigkeit der Eigentumsübertragung nach § 138 Abs. 1 BGB ausginge, könnte die Klägerin die Eintragung des Geh- und Fahrtrechts nicht nach § 19 GBO bewilligen, geht fehl. Geht man von der Nichtigkeit der Auflassung aus, ist die Klägerin noch Eigentümerin (in Gütergemeinschaft), auch wenn ihre Tochter im Grundbuch eingetragen ist. Das Grundbuch ist somit unrichtig mit der Folge, dass die Klägerin und ihr Ehemann berechtigt sind, die materiell-rechtlich erforderliche Erklärung für die Bestellung des Geh- und Fahrtrechts (§ 873 Abs. 1 BGB) abzugeben. Für die Wirksamkeit dieser Erklärung ist es nicht erforderlich, dass die Klägerin als Eigentümerin des zu belastenden Grundstücks eingetragen ist. Entgegen der Auffassung des Zulassungsantrags kann der „wahre“ Eigentümer auch die formellrechtliche Eintragungsbewilligung nach § 19 GBO wirksam abgegeben; bewilligungsberechtigt ist er und nicht der „Bucheigentümer“ (BGH, U.v. 20.1.2006 - V ZR 214/04 - NJW-RR 2006, 888 = juris Rn. 11 ff.).
20
Im Übrigen ist es der Klägerin nicht deshalb unmöglich, eine Willenserklärung zur Belastung des Grundstücks abzugeben, weil auch ihr Ehemann, mit dem sie in Gütergemeinschaft verheiratet ist, hieran mitwirken muss.
21
1.5 Der Zulassungsantrag legt auch nicht schlüssig dar, dass die Verpflichtung der Klägerin aus Ziffer III des Prozessvergleichs durch den mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 5. September 2018 erklärten Rücktritt nach § 323 BGB entfallen wäre. Der Senat teilt die Bedenken des Verwaltungsgerichts, dass ein Rücktritt von dem mehrseitigen materiellrechtlichen Vergleichsvertrag, an dem auch die Stadt M … beteiligt war, durch ausschließliche Erklärung gegenüber dem Beklagten wirksam ausgeübt werden kann (vgl. BayVGH, U.v. 21.3.2019 - 13 A 18.1676 - juris Rn. 49 zu § 143 Abs. 1 BGB). Abgesehen davon legt der Zulassungsantrag nicht schlüssig dar, dass der Beklagte seine Verpflichtung aus Ziffer IV des Vergleichs erheblich verletzt hat (§ 323 Abs. 1 und 5 Satz 2 BGB). Der Beklagte hat auf dem Grundstück FlNr. 174/2 zahlreiche Bäume beseitigt (vgl. B.v. 21.1.2020 im Parallelverfahren 8 ZB 19.193 Rn. 16). Dass er aus Ziffer IV des Vergleichs nicht nur die Beseitigung auf FlNr. 174/2, sondern auch auf seinem Hausgrundstück FlNr. 174/18 schuldet, hat die Klägerin nicht schlüssig belegt. Der Wortlaut der Ziffer IV des Vergleichs stützt eine solche Auslegung nicht, weil die dort u.a. aufgeführten Grundstücke FlNr. 174/3, 174 und 173/1 nicht an das Hausgrundstück FlNr. 174/18 grenzen. Dass das Hausgrundstück FlNr. 174/16 im Vergleich aufgeführt ist, ohne unmittelbar an FlNr. 174/2 zu grenzen, steht dem nicht entgegen, weil die dort zwischen den Grundstücken liegende Fläche der FlNr. 167/3 sehr schmal ist, sodass ein Bezug der Freihaltungs- und Beseitigungsverpflichtung nur auf FlNr. 174/2 nicht sinnwidrig erscheint.
22
1.6 Der mit dem Zulassungsantrag vorgebrachte Einwand, die Zwangsvollstreckung sei mangels Vollstreckungsklausel gegenüber der Klägerin unzulässig, betrifft schon keine materiellrechtliche Einwendung im Sinne des § 767 Abs. 1 ZPO, die den durch den Vollstreckungstitel festgestellten Anspruch selbst betrifft. Einwendungen betreffend die Vollstreckungsklausel zählen hierzu nicht (vgl. Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 40. Aufl. 2019, § 767 Rn. 20b; Herget in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 767 Rn. 13).
23
2. Der Rechtsstreit weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
24
Die Kläger sehen besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten in denselben Fragen, die sie auch zum Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts angeführt haben. Diese Fragen sind weder besonders komplex noch fehleranfällig (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 - 8 ZB 10.2931 - BayVBl 2012, 147 = juris Rn. 28) und können - wie oben ausgeführt - ohne nennenswerten Aufwand im Zulassungsverfahren geklärt werden.
25
3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
26
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung liegt nur dann vor, wenn die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich ist, bisher höchstrichterlich oder durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt ist und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist (BayVGH, B.v. 3.8.2017 - 8 ZB 15.2642 - juris Rn. 29; Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 36). Der Rechtsmittelführer muss daher eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren und darlegen, weshalb diese für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) und klärungsbedürftig ist, sowie aufzeigen, weshalb ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BayVGH, B.v. 3.8.2017 - 8 ZB 15.2642 - juris Rn. 29 m.w.N.).
27
Daran fehlt es hier. Der Zulassungsantrag formuliert keine Tatsachen- oder Rechtsfrage, deren grundsätzliche Bedeutung geklärt werden könnte. Dass die Vollstreckung einer dem Schuldner objektiv oder subjektiv unmöglich gewordenen Handlung nicht in Betracht kommt, ist in der Rechtsprechung geklärt (vgl. nur BGH, B.v. 27.11.2008 - I ZB 46/08 - NJW-RR 2009, 443 = juris Rn. 13). Ob dies im Fall der Klägerin infolge der Auflassung des Grundstücks an ihre Tochter anzunehmen ist, hat keine über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende Bedeutung.
28
4. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist nicht in einer Weise dargetan, die den Anforderungen in § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt.
29
Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden, abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Im Zulassungsantrag muss daher ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 20.4.2017 - 8 B 56.16 - juris Rn. 5; B.v. 22.10.2014 - 8 B 2.14 - juris Rn. 21 ff.).
30
Diesen Anforderungen wird das Vorbringen im Zulassungsantrag nicht gerecht. Die Kläger geben lediglich eine Passage aus dem Beschluss des Senats vom 22. Juli 2016 (Az. 8 C 14.2114 - juris Rn. 10) zur Frage des Vorliegens subjektiver Unmöglichkeit auf Basis einer Bewertung der Eigentumsverhältnisse an dem Grundstück FlNr. 167/3 wieder, ohne divergierende Rechtssätze gegenüberzustellen. Dass der Senat im angeführten Beschluss seinerzeit zu dem Schluss gelangt ist, dass die Tochter der Klägerin Eigentümerin des Grundstücks wurde, bedeutet nicht, dass das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts, das sich auf neue Erkenntnisse aus der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2018 stützt und zum gegenteiligen Ergebnis kommt, von einem dort aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht.
31
5. Die Zulassung der Berufung wegen eines Verfahrensmangels, auf dem das Ersturteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), scheidet ebenfalls aus.
32
Die gerügten Verstöße gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) und den Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) liegen nicht vor. Das Vorbringen, das Verwaltungsgericht hätte die tatsächlichen Umstände eines subjektiv sittenwidrigen Handelns näher aufklären müssen, erfüllt nicht die Darlegungsanforderungen einer erfolgreichen Aufklärungsrüge. Diese erfordert bei anwaltlich vertretenen Beteiligten insbesondere auch die Darlegung, dass ein Beweisantrag erstinstanzlich gestellt wurde oder dass sich dem Ausgangsgericht die weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 8.7.2016 - 2 B 57.15 - ZBR 2017, 41 = juris Rn. 13; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 75).
33
Daran fehlt es hier. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren keinen Beweisantrag gestellt, obwohl die Frage einer möglichen Sittenwidrigkeit des (dinglichen) Vertrags, mit dem der Tochter der Klägerin das Grundstück FlNr. 167/3 übertragen werden sollte, erörtert wurde (vgl. Sitzungsprotokoll im Parallelverfahren Az. RN 2 K 17.744 S. 2). Der Zulassungsantrag legt auch nicht dar, inwiefern sich dem Erstgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung hätte aufdrängen müssen.
34
Aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich im Übrigen keine Pflicht eines Gerichts, der von einer Partei vertretenen Rechtsauffassung zu folgen. Nur wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergibt, dass das Gericht aus seiner Sicht erhebliche, zum Kern des Beteiligtenvorbringens gehörende Gesichtspunkte nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hat, ist Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (BVerwG, B.v. 18.1.2017 - 8 B 16.16 - ZIP 2017, 463 = juris Rn. 4; OVG NW, B.v. 17.12.2019 - 4 A 4236/19 - juris Rn. 2). Dies ist vorliegend weder dargelegt noch sonst erkennbar.
35
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.7.1 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
36
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).