Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 14.03.2020 – B 4 K 17.155
Titel:

Rechtmäßigkeit der Vorauszahlungsbescheide über die Festsetzung eines Straßenausbaubeitrags

Normenkette:
BayKAG Art. 5 Abs. 5 S. 1, Art. 5a Abs. 9, Art. 19 Abs. 7
Leitsätze:
1. Ein Straßenausbaubeitrag kann nur erhoben werden, wenn die abzurechnende Anlage erstmals endgültig hergestellt und damit aus dem spezielleren Regime des Erschließungsbeitragsrechts entlassen worden ist. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Vorteilslage tritt bei einer Anbaustraße erst dann ein, wenn sie endgültig technisch fertiggestellt ist, das heißt dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abrechnungsgebiet, Erschließungsbeitragspflicht, Straßenausbaubeitrag, Vorauszahlungsbescheid
Fundstelle:
BeckRS 2020, 10911

Tenor

1. Die Vorauszahlungsbescheide der Beklagten über die Festsetzung eines Ausbaubeitrags vom 21.10.2015 für die Grundstücke Fl.-Nrn. … und …, Gemarkung…, in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes … vom 25.01.2017 werden aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit zweier Vorauszahlungsbescheide über die Festsetzung eines Straßenausbaubeitrags für die Erneuerung bzw. Verbesserung der … in … Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke Fl.-Nrn. … und …, Gemarkung … Das 604 m² große Grundstück Fl.-Nr. … ist mit einem Wohnhaus bebaut (Anwesen …) und wird straßenmäßig über die unmittelbar nördlich ans Grundstück heranführende … erschlossen. Das 655 m² große, unbebaute Grundstück Fl.-Nr. … schließt südlich an das Grundstück Fl.-Nr. … an und wird im Süden durch eine weitere, zum Schützenhaus führende Straße erschlossen.
2
Mit Bescheiden vom 21.10.2015, die dem Kläger am 22.10.2015 zugestellt wurden, setzte die Beklagte für die Erneuerung bzw. Verbesserung der … in … für das Grundstück Fl.-Nr. … eine Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von 3.871,04 EUR und für das Grundstück Fl.-Nr. … in Höhe von 2.640,46 EUR fest. Aus den Abrechnungsunterlagen ergibt sich, dass die Beklagte als abzurechnende Anlage die 570 m lange … von der Einmündung in die Staats straße … im Westen bis zur letzten Bebauung auf dem Grundstück Fl.-Nr. … im Osten heranzog. Sie stufte die … als Anlieger straße ein und legte einen umlagefähigen Ausbauaufwand von 248.857,51 EUR auf Gesamtnutzflächen von 50.516,61 m² um. Der Beitragssatz betrug 4,93 EUR/m², wobei das Grundstück Fl.-Nr. … unter Zugrundelegung eines Nutzungsfaktors von 1,3 mit einer beitragspflichtigen Grundstücksfläche von 785,20 m² sowie das Grundstück Fl.-Nr. … aufgrund der Anwendung einer Tiefenbegrenzung mit einer beitragspflichtigen Grundstücksfläche von 535,59 m² herangezogen wurden.
3
Gegen diese Bescheide erhob der Kläger am 10.11.2015 Widerspruch. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, seine Grundstücke lägen nicht an der abzurechnenden Anlage an. Die Gebietsabgrenzung der in das Abrechnungsgebiet einbezogenen Grundstücke sei offensichtlich willkürlich vorgenommen worden und daher nicht sachgerecht. Außerdem läge auch eine Ungleichbehandlung zum Nachteil der Anlieger der … gegenüber den Anliegern der Straßen „…“, „…“, „…“ sowie des „…“ vor, die zu keinen Beiträgen herangezogen worden seien. Weiter sei eine Erneuerungsmaßnahme nicht notwendig gewesen, da die Straße nach Abschluss der Wasserleitungs- und Kanalbaumaßnahmen ohne grundlegende Erneuerung in einen brauchbaren, ordnungsgemäßen Zustand zurückversetzt hätte werden können. Die Beklagte sei ihrer Unterhaltspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Der Kläger trug auch im Hinblick auf die Höhe der angesetzten Kosten weitere Einwendungen vor.
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Mit Schreiben vom 10.03.2016 vertiefte der Kläger seine Ausführungen und monierte, dass die … als Anlieger straße eingestuft worden sei. Richtigerweise hätte sie als Haupterschließungsstraße eingeordnet werden müssen. Außerdem sei es auch für einen unvoreingenommenen Betrachter erkennbar, dass sich die … am Ende verzweige. Ab dieser Verzweigung seien andere Straßenabschnitte gegeben.
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Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte diesen dem Landratsamt … als Widerspruchsbehörde vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2017, der dem Kläger mittels Postzustellungsurkunde am 27.01.2017 zugestellt wurde, wies das Landratsamt den Widerspruch zurück. Auf die Begründung des Widerspruchbescheids wird verwiesen.
6
Mit Telefax vom 24.02.2017 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und beantragt,
1.
Der Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 21.10.2015 (Az. …) für das Grundstück Fl.-Nr. … Gemarkung … (3.871,04 EUR) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.01.2017 wird aufgehoben.
2.
Der Vorausleistungsbescheid der Beklagten vom 21.10.2015 (Az. …) für das Grundstück Fl.-Nr. … Gemarkung … (2.640,46 EUR) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.01.2017 wird aufgehoben.
7
Zur Klagebegründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Beitragsbescheide seien rechtswidrig, da die gesamte … keine einheitliche Einrichtung bzw. Anlage darstelle. Die … ende mit dem Ende der tatsächlichen Ausbaumaßnahmen im westlichen Teil der … bis etwa in Höhe des Grundstücks Fl.-Nr. … Folglich würden die Grundstücke des Klägers nicht in das Abrechnungsgebiet fallen. Die „alte“ … von der Abzweigung der Staats straße … bis zur Straßengabelung „…“ (etwa bei Grundstück Fl.-Nr. …) bilde eine eigenständige Anlage. Am vorgenannten Grundstück teile sich die … in drei abgehende Straßen in unterschiedliche Richtungen. Die nach Nordosten abgehende Straße führe zum Wohngebiet am „…“, die nach Osten abgehende Straße führe zum Grundstück des Klägers, die nach Südosten abgehende Straße führe zum Wohngebiet „…“ und zum Schützenverein. Aus Sicht eines unbefangenen Beobachters lägen unterschiedliche Anlagen vor, wobei nicht auf Straßennamen abzustellen sei. Nach Abschluss der Baumaßnahme seien deutliche Unterschiede im Ausbauzustand und der Straßenausstattung zu erkennen. Untermauert werde diese These dadurch, dass die „neue“ … 1986 erstmals endgültig hergestellt worden sei. Die dabei anfallenden Erschließungsbeiträge seien ausschließlich von den Anliegern der „neuen“ … erhoben worden. Außerdem handle es sich bei der … um eine Haupterschließungsstraße. Bei der Einordnung einer Straße in eine Straßenkategorie sei auf die Zweckbestimmung abzustellen, wie sie sich aus einer Gesamtbewertung von Art und Größe der Gemeinde, deren weiterreichenden Verkehrsplanungen, der Lage und Führung der Straße im gemeindlichen Straßennetz und dem gewählten Ausbauprofil ergebe. Die Zweckbestimmung der … und deren Bedeutung in der Verkehrsplanung der Beklagten zeige sich aus der Begründung zum Bebauungsplan „…“ aus dem Jahr 1995. Darin sei zum Ausdruck gebracht worden, dass es sich bei der … um eine „leistungsfähige äußere Erschließungsstraße“ handle. Ihr Zweck sei es, den Verkehr des Baugebiets „…“ nach Süden abzuleiten. Ihre Bedeutung im gemeindlichen Verkehrsnetz sei bereits damals mehr als eine Anlieger straße gewesen. Es sei deshalb widersprüchlich, wenn die Beklagte nun die … als Anlieger straße kategorisiere. Von der … gingen vier Seitenstraßen ab, die jede für sich zu großflächigen Baugebieten führe. Damit betrage der Anteil am innerörtlichen Verkehr mindestens gleich viel wie der eigentliche Anliegerverkehr. Schließlich habe es die Beklagte unterlassen, Vorteile aus den Maßnahmen des Zweckverbands zur Wasserversorgung anzurechnen. Kostenersparnisse müssten an die Beitragspflichtigen weitergeleitet werden. In Ergänzung der Klagebegründung legte der Kläger ein Schreiben vom 22.05.2017 vor, in dem er im Wesentlichen seine bereits außergerichtlich vorgebrachten Einwände wiederholte.
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Mit Schriftsatz vom 15.03.2017 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Zur Klageerwiderung wird mit Schriftsatz vom 31.07.2017 ausgeführt, die von der Beklagten vorgenommene Anlagenbildung sei nicht zu beanstanden. Abzustellen sei dabei auf das Erscheinungsbild der Anlage nach der Ausbaumaßnahme. Danach zeige sich die … als ein eigenständiges Element im Straßennetz der Beklagten. Auch sei nicht erforderlich, die Anlage auf der gesamten Länge ihre Erstreckung auszubauen. Vielmehr genüge es, wenn mindestens ¼ der Anlagenlänge einem Ausbau unterworfen werde. Auch die Einstufung der … als Anlieger straße sei gerechtfertigt. Die Straße „…“ und das dort befindliche kleine Baugebiet mit acht Wohnhäusern könne zwar nur über die … erreicht werden, dies mache die … aber nicht zur innerörtlichen Durchgangsstraße. Für alle anderen Straßen, die von der … abzweigten, bestünden weitere Anbindungen an das öffentliche Verkehrsnetz, sodass diese nicht auf die … angewiesen seien. Auch eine Vorteilsanrechnung wegen der Erneuerung der Wasserversorgungsleitung komme nicht in Betracht. Die … sei auch erneuerungsbedürftig gewesen. Nach der Rechtsprechung werde ein Ausbaubedarf einer Straße nach Ablauf von 20-25 Jahren regelmäßig vermutet. Es komme dabei auch nicht darauf an, ob die Unterhaltungsmaßnahmen objektiv und nach der Finanzkraft der Gemeinde ausreichend gewesen seien. Im konkreten Fall habe auch angesichts des Straßenzustands ein konkreter Ausbaubedarf bestanden.
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Der Prozessbevollmächtigte des Klägers legte mit Schriftsätzen vom 22.09.2017 und 08.12.2017 Stellungnahmen des Klägers vom 08.09.2017 (inklusive dreier Anlagen) und vom 27.11.2017 vor, in dem dieser seine Argumente vertiefte. Er nimmt insbesondere nochmals zur Einordnung der Straßenkategorie sowie zur Anlagenbildung Stellung.
11
Am 24.10.2018 führte das Gericht eine Ortseinsicht durch. Im Rahmen der Ortseinsicht wurde festgestellt, dass sich die Grundstücke Fl.-Nrn. … und …, auf denen die … u.a. errichtet wurde, nicht im Eigentum der Beklagten, sondern im Privateigentum befinden. Auf die im Rahmen der Ortseinsicht gefertigte Niederschrift wird im Übrigen verwiesen. Mit Schriftsatz vom 05.02.2019 legte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten sämtliche Erschließungsbeitragssatzungen vor und wies darauf hin, dass für den östlichen Teil der … 1986 im Wege der Kostenspaltung Erschließungsbeiträge erhoben worden seien.
12
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

13
Die zulässige Klage ist begründet. Die Vorauszahlungsbescheide der Beklagten vom 21.10.2015 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts … vom 25.01.2017 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
14
1. Die Gemeinden können gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (vgl. Art. 19 Abs. 7 KAG) sollen für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach Art. 5a KAG zu erheben sind. Dabei kann gem. Art. 5 Abs. 5 Satz 1 KAG für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, eine Vorauszahlung auf den Beitrag verlangt werden, wenn mit der Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung der Einrichtung begonnen worden ist. Durch die Änderung des KAG zum 01.01.2018 bleiben vor diesem Zeitpunkt erlassene Vorauszahlungsbescheide unberührt (Art. 19 Abs. 8 KAG).
15
1.1 Ein Straßenausbaubeitrag kann jedoch nur erhoben werden, wenn die abzurechnende Anlage erstmals endgültig hergestellt und damit aus dem spezielleren Regime des Erschließungsbeitragsrechts entlassen worden ist (Schmitz, Erschließungsbeitragsrecht, 2018, § 1 Rn. 5, Rn. 9 m.w.N.). Im vorliegenden Fall wurde der an den Grundstücken des Klägers anliegende Teil der … noch nie erstmals endgültig hergestellt, weshalb dafür bisher noch keine sachliche Erschließungsbeitragspflicht (Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 133 Abs. 2 Baugesetzbuch - BauGB) entstanden ist. Eine Erschließungsanlage ist dann erstmals endgültig hergestellt, wenn die satzungsmäßigen Merkmalsregelungen erfüllt werden (Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 132 Nr. 4 BauGB). Nach den von der Beklagten vorgelegten Erschließungsbeitragssatzungen gehören ab der Erschließungsbeitragssatzung vom 19.10.1978 zu den Merkmalen der endgültigen Herstellung alle Maßnahmen, die durchgeführt werden müssen, damit die Gemeinde das Eigentum oder eine Dienstbarkeit an den für die Erschließungsanlage erforderlichen Grundstücken erlangt. Zu den „erforderlichen“ Grundstücken gehören alle Flächen, die zu einer Erschließungsanlage (Art. 5a Abs. 2 Nr. 1 KAG), hier dem östlichen Teil der … als zum Anbau bestimmte öffentliche Straße, zählen. Dabei ist nicht auf die planerischen Vorgaben abzustellen. Vielmehr kommt es auf den tatsächlichen Umfang der Anlage an, selbst wenn eine planabweichende, planunterschreitende oder planüberschreitende Errichtung der Anlage vorliegt (BVerwG, U.v. 15.02.1991 - 8 C 56/89 - juris Rn. 15 ff.). Bei dem vom Gericht am 24.10.2018 durchgeführten Augenschein wies der Kläger darauf hin, dass der Teil der …, an dem seine Grundstücke angrenzten, nicht vollständig im Gemeindeeigentum stehe. Nach Überprüfung durch die Beklagte wurde festgestellt, dass die Grundstücke Fl.-Nrn. … und … nicht im Eigentum der Gemeinde stehen. Auch Dienstbarkeiten sind diesbezüglich nicht eingetragen. Auf den genannten Grundstücken wurden jedoch wesentliche Teile der … (östlicher Teil) errichtet, weshalb nicht alle Herstellungsmerkmale erfüllt sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2015 - 6 ZB 15.1402 - juris Rn. 8; U.v. 16.11.2018 - 6 BV 18.445 - juris Rn. 20). Für die Frage der endgültigen Herstellung einer Erschließungsanlage ist es entgegen den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ohne Belang, dass bei der Erhebung der Erschließungsbeiträge für den östlichen Teil der … im Jahre 1986 im Wege der Kostenspaltung vorgegangen wurde und eine Umlegung der Kosten für den Grunderwerb der Straße zunächst nicht erfolgte. Im von der Beklagten vorgelegten Erschließungsbeitragsbescheid vom 27.01.1986 wurde diesbezüglich ein gesonderter Bescheid angekündigt. Tatsächlich wurde der Grunderwerb jedoch nicht abgeschlossen, weshalb eine endgültige Herstellung des östlichen Teils der … bis heute nicht vorliegt. Mithin ist die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen nicht möglich.
16
1.2 Die Vorauszahlungsbescheide vom 21.10.2015 können auch nicht als Vorausleistungen auf den Erschließungsbeitrag (Art. 5a Abs. 9 KAG i.V.m. § 133 Abs. 3 BauGB) aufrechterhalten werden (vgl. dazu Schmitz, a.a.O., § 1 Rn. 8). Die Erhebung einer Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag scheitert, weil die Ausschlussfrist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b Doppelbuchst. bb Spiegelstrich 1 KAG, die auch für die Festsetzung von Vorausleistungen gilt (vgl. BayVGH, U.v. 16.11.2018 - 6 BV 18.445 - juris Rn. 24 f.), abgelaufen ist. Nach dieser Bestimmung ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, nicht mehr zulässig; liegt ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht nach Art. 5 Abs. 2a KAG vor und kann der Beitrag deswegen nicht festgesetzt werden, beträgt die Frist 25 Jahre. Die Bemessung der Ausschlussfrist mit 20 bzw. 25 Jahren begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BayVGH, U.v. 24.2.2017 - 6 BV 15.1000 - BayVBl. 2017, 522 Rn. 29; U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl. 2014, 241 Rn. 22; U.v. 12.3.2015 - 20 B 14.1441 - juris Rn. 25).
17
Die fristauslösende Vorteilslage ist im vorliegenden Fall mit der technischen Fertigstellung der Anlage „… - östlicher Teil“ bereits vor dem Jahr 1986 eingetreten. Denn der Begriff „Eintritt der Vorteilslage“ knüpft an rein tatsächliche, für den möglichen Beitragsschuldner erkennbare Gegebenheiten an und lässt rechtliche Entstehungsvoraussetzungen für die Beitragsschuld, wie insbesondere den vollständigen Grunderwerb als Merkmal der endgültigen Herstellung, außen vor (BayVGH, U.v. 24.2.2017 - 6 BV 15.1000 - BayVBl. 2017, 522 Rn. 30). Die Vorteilslage tritt bei einer Anbau straße, wie der BayVGH wiederholt entschieden hat, dann (und erst dann) ein, wenn sie endgültig technisch fertiggestellt ist, das heißt dem gemeindlichen Bauprogramm für die flächenmäßigen und sonstigen Teileinrichtungen sowie dem technischen Ausbauprogramm vollständig entspricht (vgl. BayVGH, U.v. 14.11.2013 - 6 B 12.704 - BayVBl. 2014, 241 Rn. 22; B.v. 30.3.2016 - 6 ZB 15.2426 - juris Rn. 9; B.v. 29.6.2016 - 6 ZB 15.2786 - juris Rn. 15). Nach dem Vorbringen der Parteien wurde der östliche Teil der … vor Erlass der Erschließungsbeitragsbescheide und damit vor dem Jahre 1986 technisch endgültig fertiggestellt. Zum Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Bescheide vom 21.10.2015 war sowohl die 20-jährige als auch die 25-jährige Ausschlussfrist abgelaufen.
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.