Titel:
Hundesteuer als Jahresaufwandssteuer - Rechtmäßigkeit einer Stichtagsregelung in Hundesteuersatzung
Normenkette:
VwGO § 75
Leitsatz:
Bei der Hundesteuer als Jahresaufwandssteuer ist die pauschale Differenzierung danach, ob die Voraussetzungen der Besteuerung drei Monate oder weniger vorliegen und je nachdem die gesamte Steuer oder keine Steuer entsteht, sachgerecht und nicht zu beanstanden. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
ursprüngliche Untätigkeitsklage, Hundesteuer ist Jahresaufwandssteuer, Stichtag
Fundstelle:
BeckRS 2020, 10886
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
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Mit Schreiben vom 4. April 2019 erließ die Verwaltungsgemeinschaft … als Behörde der Gemeinde … gegenüber dem Kläger einen Bescheid über Hundesteuer, BS Nr. … für den Hund …, Wurfdatum … 2012, in Höhe von 52,00 Euro für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2019. Der Akte ist nicht zu entnehmen, wann der Bescheid versandt wurde.
2
Mit Schreiben vom 20. Mai 2019, bei der Verwaltungsgemeinschaft … eingegangen am 27. Mai 2019 erhob der Kläger Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Bescheid.
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Mit Schreiben vom 27. Mai 2019 teilte die Verwaltungsgemeinschaft … dem Kläger mit, dass die Steuerpflicht entfalle, wenn die Voraussetzungen nur in weniger als drei aufeinanderfolgenden Kalendermonaten erfüllt werden, der Hund jedoch am 15. April verstorben sei. Der Kläger habe den Hund drei aufeinanderfolgende Kalendermonate im Jahr 2019 gehalten, weshalb die Hundesteuer für das Jahr 2019 zu zahlen sei.
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Mit Schreiben vom 2. Juni 2019, bei Gericht eingegangen am 6. Juni 2019 erhob der Kläger Klage gegen den Bescheid BS Nr … der VG …/Gemeinde … für den Hund … Zur Begründung führte er aus, der Hund sei am 15. April verstorben. Für ihn sei dennoch die Steuer für ein ganzes Jahr zu zahlen. Auch senke sich die Hundesteuer vom zweiten Hund nicht. Es sei ihm unverständlich, Steuern für ein totes Tier zu bezahlen. Es sei ihm auch keine Auskunft darüber erteilt worden, warum es sich um eine jährliche Festsetzung handle.
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Mit Schreiben vom 13. Juni 2019 verwies die Beklagte auf ihr Schreiben vom 27. Mai 2019 an den Kläger, wonach gem. § 4 der Hundesteuersatzung die Steuerpflicht entfalle, wenn ihre Voraussetzungen nur in weniger als drei aufeinanderfolgenden Kalendermonaten erfüllt seien. Der Hund sei erst am 15. April 2019 verstorben und damit steuerpflichtig.
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Mit Schreiben vom 28. August 2019, einem Mittwoch, wies das Landratsamt … als Widerspruchsbehörde den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte es aus, dass der Bescheid rechtmäßig sei, da der Steuertatbestand hinsichtlich des Hundes erfüllt sei. Die Hundesteuer sei eine Jahresaufwandsteuer, was bedeute, dass sie für die Dauer eines Kalenderjahres in voller Höhe erhoben werde, unabhängig davon, ob die Steuerpflicht erst im Laufe eines Jahres eingetreten oder während des Jahres weggefallen sei.
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Mit Schreiben vom 18. September 2019, bei Gericht eingegangen am 23. September 2019 teilte der Kläger mit, er halte die Hundesteuersatzung weiterhin für rechts- bzw. verfassungswidrig. Eine womöglich anteilige Berechnung gebe es auch bei der Autosteuer. Er klage gegen „Art. 4 Abs. 1 Teil VI HSTS Erl. 5“. In der mündlichen Verhandlung präzisierte er seinen Antrag:
Der Bescheid vom 4. April 2019 wird insoweit aufgehoben, als er über 26,00 Euro hinausgeht.
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Die Kammer hat nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit mit Beschluss vom 29. Januar 2020 der Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.
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Mit Schreiben vom 27. April 2020 zeigte die Beklagte ihre Vertretung an und stellte folgenden Antrag:
Die Klage wird abgewiesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, wegen der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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1. Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Die Klage ist zulässig. Im Zeitpunkt der Klageerhebung war noch kein Widerspruchsbescheid erlassen, so dass die Klage ursprünglich als Untätigkeitsklage im Sinne des § 75 VwGO auszulegen war, mit der der Kläger die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides begehrt.
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Nach § 75 VwGO ist der Klageweg ohne das Ergebnis des Widerspruchsbescheids abwarten zu müssen, eröffnet, wenn über einen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann jedoch nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs erhoben werden, § 75 Satz 2 VwGO. Vorliegend hat der Kläger am 27. Mai 2019 Widerspruch erhoben. Die Klageerhebung erfolgte am 6. Juni 2019, der Widerspruchsbescheid wurde am 28. August 2019 erlassen und damit nach Ablauf der drei Monate. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Widerspruchsbescheid nicht spätestens bereits wenige Tage vorher und damit innerhalb der Dreimonatsfrist hätte ergehen können, vor allem, weil es sich vorliegend nicht um eine komplexe Sach- und Rechtslage handelt. Als maßgeblich für den Zeitpunkt des Fristablaufs kommt es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an, nicht hingegen den Zeitpunkt der Klageerhebung, BVerwG, Urteil vom 24.02.1994 - 5 C 24/92.
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Auch die weitere Voraussetzung, dass der Widerspruch innerhalb der Monatsfrist nach § 70 Abs. 1 VwGO erhoben werden muss, ist erfüllt. Zwar wurde der Bescheid am 4. April 2019 erlassen, der Widerspruch erst am 27. Mai 2019 erhoben. Aus der Akte ist jedoch nicht ersichtlich, wann der Bescheid von der Behörde versandt wurde, so dass für etwaige Bekanntgabefiktionen kein Raum ist.
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Mit Schreiben des Klägers vom 18. September 2019, in der er auf das Zeichen des Widerspruchsbescheides Bezug nimmt, erklärte der Kläger, die Hundesteuersatzung weiterhin für verfassungswidrig zu halten. Dieses Schreiben ist zugunsten des nicht anwaltlich vertretenen Klägers als Umstellung der Klage auf Aufhebung des ursprünglichen Bescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides auszulegen.
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Diese Klageänderung ist auch zulässig, da sie sachdienlich im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO ist, weil sie dazu beiträgt, den Streit zwischen den Parteien ohne Rücksicht auf seine bisherige Einkleidung endgültig auszuräumen.
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2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Auf den Widerspruchsbescheid wird Bezug genommen, § 117 Abs. 5 VwGO. Nur ergänzend führt das Gericht aus:
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§ 1 Satzung für die Erhebung der Hundesteuer vom 15. November 2012 der Gemeinde … (HStS) in Verbindung mit § 4 Abs. 1 HStS ist rechtmäßig. Danach unterliegt die Hundehaltung einer gemeindlichen Jahresaufwandssteuer, deren Steuerpflicht nach § 4 Abs. 1 HStS dann entfällt, wenn ihre Voraussetzungen in weniger als drei aufeinanderfolgenden Kalendermonaten erfüllt werden. Umgekehrt bedeutet das, dass die Steuer insgesamt fällig wird, wenn die Voraussetzungen in mindestens drei Monaten, wie dies bei dem am 15. April 2019 verstorbenen Hund der Fall ist, erfüllt sind. Die Beklagte hat bei der Bestimmung des Steuergegenstandes und des Steuersatzes einen weit reichenden Entscheidungsspielraum. Dieser ist erst überschritten, wenn es keinen sachlichen Grund für die Regelung gibt. Vorliegend ist sachgerecht, pauschal danach zu differenzieren, ob die Voraussetzungen der Besteuerung drei Monate oder weniger vorliegen und je nachdem die gesamte Steuer oder keine Steuer entsteht. Bei der Hundesteuer handelt es sich um eine Jahressteuer. Zur Vermeidung von Härtefällen ist die Bestimmung in § 4 Abs. 1 HStS ausreichend. Weitergehende Billigkeitsmaßnahmen, etwa eine anteilige Erstattung der Hundesteuer bei nur halbjährlicher Hundehaltung sind angesichts des Charakters der Hundesteuer als Jahresaufwandssteuer auch nicht notwendig, (vgl. Ecker Ecker, Kommunalabgaben in Bayern Teil 3, 32.00 Rn. 3.4). Die Festlegung eines Stichtages, zu dem die volle Steuerpflicht entsteht ist auch deswegen ausreichend und damit sachgerecht, weil der Verwaltungsaufwand unter Berücksichtigung der mit der Hundesteuer erzielten Einnahmen in einem angemessenen Verhältnis steht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.