Inhalt

VGH München, Beschluss v. 07.05.2019 – 21 B 18.2644
Titel:

Unstatthafte Berufung gegen Endurteil

Normenkette:
VwGO § 124 Abs. 1, Abs. 4
Leitsätze:
1. Die Auslegung einer Rechtsmittelschrift als Zulassungsantrag gem. § 124a Abs. 4 VwGO ist bei einer ausdrücklichen Bezeichnung des Rechtsmittels als „Berufung“ und bei Fehlen eines Anhalts für einen davon abweichenden Willen nicht möglich. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Umdeutung eines zunächst als „Berufung“ bezeichnetetn Rechtsmittels scheidet aus, auch wenn der Klägerbevollmächtigte in einem späteren Schriftsatz das Rechtsmittel als „Antrag auf Zulassung der Berufung“ bezeichnet, dies aber erst erfolgt, nachdem die für diesen Antrag gem. 124a Abs. 4 S. 1 VwGO zu wahrende Monatsfrist abgelaufen war. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Waffenrecht, Berufung mangels Zulassung nicht statthaft, Keine Auslegung oder Umdeutung in einen Antrag auf Zulassung der Berufung, Rechtsmittel, Zulässigkeit
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 13.11.2018 – RN 4 K 17.1603
Fundstelle:
BeckRS 2019, 9761

Tenor

I. Die Berufung wird verworfen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 13. November 2018 wird der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren und für das Berufungsverfahren auf jeweils 12.500,00 Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Der Kläger wendet sich gegen den mit Bescheid des Landratsamts L. vom 1. August 2017 verfügten Widerruf seiner Waffenbesitzkarten und die dazu ergangenen Nebenentscheidungen.
2
Das Verwaltungsgericht Regensburg hat die Klage mit Urteil vom 13. November 2018 abgewiesen.
3
Gegen das am 22. November 2018 zugestellte Urteil hat der Klägerbevollmächtigte am 18. Dezember 2018 „Berufung“ eingelegt und mit Schriftsatz vom 19. Februar 2019 den „Antrag auf Zulassung der Berufung“ begründet.
II.
4
Die Entscheidung über die Berufung konnte durch Beschluss ergehen, weil sich das Rechtsmittel als unzulässig erweist und die Beteiligten hierzu gehört wurden (§ 125 Abs. 2 VwGO).
5
1. Die Berufung ist nicht statthaft. Das Rechtsmittel der Berufung gegen Endurteile steht den Beteiligten nur zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder vom Oberverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtshof) zugelassen wird (§ 124 Abs. 1 VwGO). Obgleich eine solche Zulassung nicht erging, legte der Bevollmächtigte des Klägers trotz der dem angegriffenen Urteil beigefügten zutreffenden und vollständigen Rechtsmittelbelehrungausdrücklich „Berufung“ ein.
6
Eine Auslegung der Rechtsmittelschrift als Zulassungsantrag gemäß § 124a Abs. 4 VwGO ist angesichts der ausdrücklichen Bezeichnung des Rechtsmittels als „Berufung“ und mangels jeglichen Anhalts für einen davon abweichenden Willen nicht möglich. Eine Umdeutung scheidet ebenfalls aus. Der Klägerbevollmächtigte hat zwar mit Schriftsatz vom 19. Februar 2019 das Rechtsmittel als „Antrag auf Zulassung der Berufung“ bezeichnet. Allerdings geschah das erst, nachdem die für diesen Antrag gemäß 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO zu wahrende Monatsfrist abgelaufen war (vgl. dazu BVerwG, U.v. 27.8.2008 - 6 C 32/07 - NJW 2009, 162/163). Nach Zustellung des Urteils am 22. November 2018 endete die Frist für den Zulassungsantrag am 24. Dezember 2018 (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB).
7
Selbst wenn die Berufung in einen Antrag auf Zulassung der Berufung umgedeutet werden könnte, wäre das unbehelflich. Der Kläger hätte in diesem Fall entgegen § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils dargelegt. Die Frist endete am Dienstag, den 22. Januar 2019 (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1BGB). Dementgegen ging dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof die Begründung des Rechtsmittels erst am 19. Februar 2019 zu.
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
9
3. Die Streitwertänderung und -festsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. v. 18. Juli 2013 (abgedr. in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Anhang). Danach ist unabhängig von der Anzahl der im Streit befindlichen Waffenbesitzkarten einmalig 5.000,00 Euro für eine Waffenbesitzkarte einschließlich einer Waffe anzusetzen. Für jede weitere in den Waffenbesitzkarten eingetragene Waffe (hier 10 Waffen) ist ein Betrag von 750,00 Euro hinzuzurechnen. Das führt für den Widerruf der Waffenbesitzkarten des Klägers zu einem Wert von 12.500,00 Euro (5.000,00 Euro + 10 x 750,00 Euro).
10
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) bestehen nicht.