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FG München, Urteil v. 21.03.2019 – 14 K 1815/17
Titel:

Energiesteuerentlastung bei landwirtschaftlicher Nutzung eines Sattelzuges

Normenkette:
EnergieStG § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 57 Abs. 1 S. 1
Schlagworte:
Energiesteuer, Gesellschaft, Land- und Forstwirtschaft, Sattelzug, Steuerentlastung, Tierhaltung, Zugmaschine
Fundstelle:
BeckRS 2019, 8597

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Entscheidungsgründe

1
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). In ihrem landwirtschaftlichen Betrieb verwendete sie im Streitjahr (2015) eine MAN TGA 18 Sattelzugmaschine, welche an der Vorderseite über ein Zugmaul verfügte.
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Die Zugmaschine benutzte die Klägerin dazu, mit einem Spezialauflieger, auf dem ein Güllefass mit einem Inhalt von 30 m³ montiert war, Gülle von einem 20 km entfernten Milchbetrieb zu Ihren Feldrändern zu transportieren, um sie dann mit landwirtschaftlichen Maschinen auf die Felder auszubringen.
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In ihrem Antrag auf Steuerentlastung gemäß §§ 57 des Energiesteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (EnergieStG) machte sie unter anderem eine Entlastung für durch die Sattelzugmaschine verbrauchten Diesel-Kraftstoff in Höhe von insgesamt 1.780 l geltend.
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Abweichend hiervon setzte der Beklagte (das Hauptzollamt - HZA) mit Bescheid vom 18. Januar 2017 die Energiesteuerentlastung auf 4.649,12 EUR fest; den Verbrauch in der Sattelzugmaschine begünstigte es nicht.
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Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und trug unter anderem vor, dass die Zugmaschine eine Zugmaulvorrichtung habe. Einen Nebenantrieb könne sie montieren lassen, dieser würde allerdings ca. 3.000 EUR kosten, obwohl sie ihn gar nicht benötige.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 22. Juni 2017 wies das HZA den Einspruch als unbegründet zurück.
7
Am 21. Juli 2017 erhob die Klägerin Klage. Streitig sei, ob der ausschließlich von ihr für ihren biologischen Landwirtschaftsbetrieb genutzte Sattelzug, bestehend aus einer Zugmaschine und einem Spezialauflieger nach seiner Bauart und seinen Vorrichtungen für die Verwendung im landwirtschaftlichen Betrieb bestimmt sei. Sie unterliege mit ihrem Biohof strengen Auflagen und benötige dieses Fahrzeug dringend und ausschließlich für die Erfüllung dieser Auflagen. Der Einsatz verglichen mit einem Traktor, welcher nur 1/3 der Güllemenge transportieren könne, führe zu einer geringeren Belastung für die Umwelt, größerer Verkehrssicherheit und viel geringerer Verkehrsbehinderung. Anerkannt seien bereits Zugmaschinen mit Spezialaufbau zur Umladung von Dünger und Getreide, Zugmaschinen mit Spezialaufbau zur Beförderung von Rindern und Schweinen sowie Milchtankwagen. Daher sollte auch der streitgegenständliche Sattelzug begünstigt sein. Die Zugmaschine verfüge über einen Nebenantrieb zum Hauptmotor sowie ein Zugmaul an der Vorderseite. Die Begründung enthält ein Foto von einem Nebenantrieb.
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Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 18. Januar 2017 sowie die Einspruchsentscheidung vom 22. Juni 2017 dahingehend abzuändern, dass die Energiesteuerentlastung gemäß § 57 EnergieStG für das Jahr 2015 i.H.v. 5.110,40 EUR festgesetzt wird.
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Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Ein Nebenantrieb, dessen Vorhandensein die Klägerin nunmehr abweichend vom Einspruchsverfahren behaupte, sowie das an der Vorderseite des Fahrzeugs angebrachte Zugmaul seien keine objektiven Merkmale, die erkennbar dazu bestimmt seien, einem Verwendungszweck zu dienen, der einen spezifischen Bezug zur Land- und Forstwirtschaft habe. Ob der Sattelauflieger (Gülleauflieger) konstruktive Merkmale für die Verwendung im landwirtschaftlichen Bereich aufweise, sei unerheblich. Für die Beurteilung als komme es allein auf die Zugmaschine an; Zugmaschine und Auflieger bildeten insoweit keine Einheit.
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Hierauf entgegnete die Klägerin, der Auflieger sei ohne den Nebenantrieb gar nicht benutzbar. Was in außergerichtlichen Schreiben von Laien formuliert und von dem HZA nun anders interpretiert werde, sei demgegenüber unerheblich.
12
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze, die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 21. März 2019 Bezug genommen.
II.
13
Die Klage ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig, weil der Klägerin keine Steuerentlastung nach § 57 EnergieStG für den durch die Zugmaschine verwendeten Diesel-Kraftstoff zusteht.
14
Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift wird eine Steuerentlastung auf Antrag gewährt für nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 EnergieStG versteuerte Energieerzeugnisse, die in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft zum Betrieb von Ackerschleppern, von standfesten oder beweglichen Arbeitsmaschinen und Motoren sowie von Sonderfahrzeugen bei der Ausführung von Arbeiten zur Gewinnung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse durch Bodenbewirtschaftung oder durch mit Bodenbewirtschaftung verbundene Tierhaltung verwendet worden sind. Als Arbeitsmaschinen oder Sonderfahrzeuge in diesem Sinne gelten Maschinen und Fahrzeuge, die in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft verwendet werden und nach ihrer Bauart und ihren Vorrichtungen für die Verwendung in diesen Betrieben geeignet und bestimmt sind (§ 57 Abs. 3 EnergieStG).
15
Die Voraussetzung, dass ein Fahrzeug nach seiner Bauart und seinen Vorrichtungen für die Verwendung in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb bestimmt ist, ist bereits dann erfüllt, wenn das betreffende Fahrzeug bestimmte bauartbedingte Merkmale aufweist oder über besondere (technische) Vorrichtungen verfügt, aufgrund derer es in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben für Arbeiten zur Bodenbewirtschaftung oder zur bodengebundenen Tierhaltung eingesetzt zu werden pflegt. Erforderlich ist lediglich, dass das Fahrzeug aufgrund seiner objektiven Merkmale und Eigenschaften erkennbar dazu bestimmt ist, einem Verwendungszweck zu dienen, der einen spezifischen Bezug zur Land- und Forstwirtschaft hat. Allein der Umstand, dass das betreffende Fahrzeug, obgleich allgemein für die Beförderung von Personen und/oder Gütern hergerichtet, für die Verwendung in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb geeignet ist und dort tatsächlich verwendet wird, genügt für eine Einstufung als Sonderfahrzeug für die Land- und Forstwirtschaft dann nicht, wenn es an einem solchen, objektiv feststellbaren spezifischen Verwendungszweck fehlt, der in Bauart und Einrichtung zum Ausdruck kommt. Eine Steuervergünstigung ist auch für solche Energieerzeugnisse zu gewähren, die in einem Fahrzeug verwendet werden, das erkennbar für Transporte zur Beförderung von im eigenen Betrieb gewonnenen Erzeugnissen sowie von land- und forstwirtschaftlichen Bedarfsgütern durch den Betrieb (vgl. § 57 Abs. 4 Nr. 1 EnergieStG) bestimmt und dafür besonders hergerichtet ist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12. Dezember 2006 VII R 44/05, BFH/NV 2007, 1539; vom 12. Dezember 2006 VII R 42/05, BFH/NV 2007, 1051 zur vergleichbaren Regelung des § 25 b des Mineralölsteuergesetzes).
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Das trifft auf einen Viehtransporter mit festen Aufbauten zu (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1051). Die Voraussetzungen können sich auch aus spezifischen Merkmalen und Eigenschaften einer auf ein Standardfahrgestell montierten Ladefläche ergeben (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1539). Hierfür reichen zwar ein kurzer Radstand, ein Allradantrieb und eine zusätzliche Eisenplatte für ein höheres Leergewicht für sich genommen noch nicht aus; im Zusammenhang mit einem von einem spezialisierten Hersteller angefertigten Aufbau der Zugmaschine und den angebrachten besonderen technischen Vorrichtungen (Ladeschurre mit Kornschieber, Vorbereitung für eine Überladeschnecke mit Einbau eines zusätzlichen Ölmotors zum Anschluss an den Nebenantrieb) wird jedoch die besondere Zweckbestimmung eines Fahrzeugs deutlich (Urteil des Finanzgerichts - FG - München vom 10. April 2008 14 K 1406/07, nv). Sattelschlepperzugmaschinen ohne Besonderheiten in Bauart und Einrichtung sind hingegen keine Sonderfahrzeuge (vgl. Urteil des FG Sachsen vom 2. April 2008 2 K 1135/04, nv).
17
Nach diesen Grundsätzen steht der Klägerin keine Entlastung für den in der Zugmaschine verwendeten Diesel-Kraftstoff zu.
18
Maßgeblich ist vorliegend die Beurteilung der Zugmaschine als solcher, weil in dieser der Diesel verbraucht wird. Dieses Fahrzeug muss ein Sonderfahrzeug sein. Hierfür sind nach dem eindeutigen Wortlaut des § 57 Abs. 3 EnergieStG dessen Bauart und dessen Vorrichtungen maßgeblich. Der Spezialauflieger (Gülleauflieger) ist auch keine Vorrichtung der Zugmaschine, weil er mit ihr nicht dauerhaft verbunden ist und an die Zugmaschine ein beliebiger Sattelanhänger angeschlossen werden kann.
19
Die Zugmaschine als solche weist keinen objektiv feststellbaren spezifischen Verwendungszweck für die Landwirtschaft aufgrund ihrer Bauart oder Einrichtung auf. Hierauf deuten weder ein Zugmaul noch ein Nebenantrieb hin, weil diese Vorrichtungen auch bei Zugmaschinen für den allgemeinen Güterverkehr und insbesondere im Baugewerbe verbreitet sind.
20
Da die Zugmaschine und der Auflieger nicht einheitlich zu betrachten sind, unterscheidet sich der hier zu beurteilende Sachverhalt von den bereits entschiedenen Fällen eines Viehtransporters oder eines Sattelschleppers mit jeweils festen Spezialaufbauten, welche gerade selbst spezifisch landwirtschaftliche Besonderheiten aufwiesen.
21
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung.