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AG München, Endurteil v. 03.01.2019 – 472 C 20873/18
Titel:

Übernahmeerklärung einer öffentlichen Stelle bezogen auf Mietrückstand

Normenketten:
BGB § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 Alt. 2, § 780 S. 1, § 782
ZPO § 29a Abs. 1
GVG § 23 Nr. 2a
Leitsätze:
1. Für Klagen gegen die öffentliche Hand auf Zahlung von Mietschulden aufgrund einer Übernahmeerklärung nach § 569 Abs. 3 S. 1 BGB ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben. Sachlich und örtlich zuständig ist gemäß § 23 Nr. 2a GVG, § 29a Abs. 1 ZPO das Amtsgericht am Ort der Mietwohnung. (Rn. 16 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Übernahmeerklärung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB ist auch dann wirksam, wenn sie lediglich zur Abwendung der fristlosen Kündigung führt, jedoch die zugleich erklärte ordentliche Kündigung weiterhin wirksam bleibt.  (Rn. 21 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Übernahmeerklärung einer öffentlichen Stelle im Sinne des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 2 BGB stellt eine Schuldmitübernahme dar, durch den der Vermieter einen direkten Zahlungsanspruch gegen den Träger der Sozialhilfe erlangt. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es verstößt nicht gegen Treu und Glauben, wenn der Vermieter aufgrund der Übernahmeerklärung die vollständige rückständige Miete vom Träger der Sozialhilfe einzieht und sodann dennoch die Räumung aufgrund der weiterhin wirksamen ordentlichen Kündigung betreibt. (Rn. 33 – 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Wohnung, Mietrückstand, Schuldmitübernahme, Übernahmeerklärung, öffentliche Stelle, Kündigung, Treu und Glauben
Fundstellen:
BeckRS 2019, 74
ZMR 2019, 202
LSK 2019, 74
NJOZ 2019, 1634

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger € 5.595,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 28.04.2018 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von € 697,82 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 13.07.2018 zu bezahlen.
3. Die Widerklage wird abgewiesen.
4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
5. Das Urteil ist für die Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
6. Der Streitwert wird auf 5.595,20 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten im Rahmen einer Klage und Hilfswiderklage über die Verpflichtung der Beklagtenpartei zur Zahlung von rückständigen Mieten und Verfahrenskosten aus einem vorangegangenen mietgerichtlichen Verfahren aufgrund einer  Übernahmeerklärung der Beklagtenpartei.
2
Die Klägerin zu 2) und ihr seit dem 14.05.2018 verstorbener Ehemann und Vater des Klägers zu 1), Herr .. (Sterbeurkunde vom 18.05.2018, vorgelegt als Anlage K1), vermieteten mit Mietvertrag vom 19.01.2016 (im beigezogenen Verfahren 414 C 11960/17 vorgelegt als Anlage K1) eine 2-Zimmer-Wohnung im 2. Stock des Anwesens H., für eine monatliche Gesamtmiete von € 690,- (€ 590,- Nettomiete zzgl. Vorauszahlungen auf die Betriebs- und Heizungskosten von € 100,-) an Frau ... . Wegen aufgelaufener Mietrückstände der ehemaligen Mieterin ... in Höhe von insgesamt 3.105,- € kündigten die Klägerin zu 2) und ihr seit 18.05.2018 verstorbener Ehemann ...  das Mietverhältnis fristlose und hilfsweise ordentlich mit Anwaltsschreiben vom 17.06.2017 (im beigezogenen Verfahren 414 C 11960/17 vorgelegt als Anlage K2) und wiederholten diese ihre fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung erneut im Rahmen der Räumungsklage vom 17.06.2017 (Räumungsklage vom 17.06.2017 im beigezogenen Verfahren 414 C 11960/17).
3
Im beigezogenen Verfahren 414 C 11960/17 erging am 16.08.2017 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2017 Versäumnisurteil gegen die dortige Beklagte Frau ..., dieser wurde das Urteil nochmals schriftlich am 19.08.2017 zugestellt. Ein fristgerechter Einspruch gegen dieses Versäumnisurteil ging nicht ein, so dass dieses in Rechtskraft erwuchs. Die Kläger gingen sodann im Rahmen der Zwangsvollstreckung gegen Frau ... vor, welche aus der Wohnung ausziehen musste.
4
Mit Schreiben des Herrn ... für die Beklagtenpartei vom 03.08.2017 (vorgelegt als Anlage K7) gerichtet an den anwaltlichen Vertreter der jeweiligen Klagepartei beider Verfahren teilte Herr ... für die Beklagtenpartei auszugsweise folgendes mit:
„Die Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit würde gerne die offenen Mietrückstände und die Kosten des Verfahrens in dem Mietrechtsstreit ...  ./. ... übernehmen. Wir bitten um Zusendung einer aktuellen Forderungsaufstellung“
5
Unmittelbar nach Erhalt des Schreibens vom 03.08.2017 telefonierte der Klägervertreter mit Herrn ..., bedankte sich für die Bereitschaft zur Übernahme der Mietschulden und teilte diesem die bestehenden Mietrückstände vorab mündlich mit, wobei eine schriftliche Übersendung einer Forderungsaufstellung angekündigt wurde.
6
Mit Schreiben des Herrn ... für die Beklagtenpartei vom 25.08.2017 (vorgelegt als Anlage K2) wiederum gerichtet an den anwaltlichen Vertreter der jeweiligen Klagepartei beider Verfahren teilte Herr Prems für die Beklagtenpartei auszugsweise folgendes mit:
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Landeshauptstadt München, Sozialreferat, Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit sichert als Träger der Sozialhilfe die Übernahme der im Zeitpunkt des Zugangs dieser Erklärung bestehenden Mietschulden zu.
2. Aufforderung. Wir bitten nochmals um eine Aufstellung der offenen Mietschulden. sowie die durch den Kündigungs- und Räumungsrechtsstreit angefallenen Gerichtsgebühren und die Kosten Ihrer anwaltlichen Vertretung, die mit der Klageerhebung bis zum Zeitpunkt des Zugangs dieser Erklärung entstanden sind,
für ..., wohnhaft in H., 
zu, um die Kündigung Kraft Gesetzes unwirksam werden zu lassen (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB).
Mit Anwaltsschreiben des Klägervertreters für die Klagepartei vom 12.10.2017 (vorgelegt als Anlage K9) wurde der Beklagtenpartei eine Forderungsaufstellung in Höhe von € 7.665,20 übersandt. Daraufhin erklärte Herr ... in einem Telefonat mit dem Klägervertreter am 23.10.2017, dass dem Klägervertreter bei seiner Aufstellung vom 12.10.2017 ein Rechenfehler unterlaufen sei und der Rückstand nur 5.865,- € betrage. Herr ... sagte sodann am 23.10.2017 telefonisch zum Klägervertreter:
„Sobald wie die korrigierte Aufstellung erhalten haben, überweisen wir Ihnen das Geld.“
7
Mit Anwaltsschreiben für die Klagepartei vom 23.10.2017 (vorgelegt als Anlage K3) teilte der Klägervertreter der Beklagtenpartei sodann die bestehenden Mietschulden und Kosten mit und bat um Zahlung. Mit Anwaltsschreiben des Klägervertreters vom 11.04.2018 (vorgelegt als Anlage K4) mahnte die Klagepartei die Zahlung von 5.595,20 € rückständiger Mieten und Gerichtskosten von der Beklagtenpartei an und setzte eine Zahlungsfrist bis spätestens 27.04.2018. Gleichzeitig forderte der Klägervertreter mit anwaltliche Kostennote vom 11.04.2018 (vorgelegt als Anlage K5) die vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 697,82 € von der Beklagtenpartei. Die Beklagtenpartei verweigerte mit Schreiben vom 07.05.2018 (vorgelegt als Anlage K6) jegliche Zahlung.
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Am 14.05.2018 verstarb der Ehemann der Klägerin zu 2) und Vater des Klägers zu 1) Herr ... und wurde von den hiesigen Klägern im Wege gesetzlicher Erbfolge beerbt.
9
Mit Schriftsatz der Beklagtenpartei vom 17.08.2018 erhob diese hilfsweise Widerklage gegen die Klagepartei auf Freistellung aus einer etwaigen Verpflichtung aus einer Schuldmitübernahme für den Fall der Annahme einer wirksamen Schuldmitübernahme durch das Gericht. Die Hilfswiderklage wurde der Klagepartei am 27.08.2018 wirksam zugestellt.
10
Die Parteien beantragen zuletzt:
Die Kläger:
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger € 5.595,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 28.04.2018 zu bezahlen.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von € 697,82 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Klageerhebung zu bezahlen.
3.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Beklagte:
1.
Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
2.
Die Kläger tragen samt verbindlich die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte beantragt zudem widerklagend:
Für den Fall der Wirksamkeit der Schuldmitübernahme werden die Kläger samtverbindlich verurteilt, die Beklagte aus der Verpflichtung der Schuldmitübernahme/Bürgschaft freizustellen.
Die Kläger beantragen insoweit:
Die Hilfswiderklage wird kostenpflichtig abgewiesen.
11
Die Kläger sind der Auffassung, dass die Beklagte aufgrund einer wirksamen Schuldmitübernahme zur Zahlung der Mietrückstände einschließlich der Gerichtskosten aus dem vorangegangenen Verfahren mit der ehemaligen Mieter ... der Kläger verpflichtet sei. Das Schreiben der Beklagten vom 25.08.2017 stelle bereits die Annahme einer solchen Schuldmitübernahme dar, welche die Beklagte mit Schreiben vom 03.08.2017 angeboten habe, jedenfalls aber ein wirksames Angebot, welches die Kläger mit Schreiben vom 23.10.2017 angenommen hätten. Die Beklagte sei darüber hinaus aufgrund des Telefonats zwischen Herrn Prems und dem Klägervertreter vom 23.10.2017 aufgrund eines dort erklärten Schuldanerkenntnisses verpflichtet, den Klagebetrag zu bezahlen.
12
Die Beklagte ist der Auffassung, dass keine wirksame Verpflichtung im Wege einer Schuldmitübernahme vorgenommen werden konnte, da jedenfalls das Schreiben vom 25.08.2017 zu allgemein gehalten sei und insbesondere nicht den konkreten Zahlungsbetrag aufzeigen würde, so dass eine Schuldmitübernahme aufgrund der durch die Kläger erfolgte Zwangsvollstreckung der ehemaligen Mieterin unwirksam sei, was aus dem Zweck der Übernahmeerklärung folge. Aus dem Telefongespräch vom 23.10.2017 ließe sich keine wirksame Übernahmeerklärung mehr konstruieren, da zu diesem Zeitpunkt die Heilungsfrist längst abgelaufen gewesen sei.
13
Mit Verfügung des Amtsgerichts München vom 12.11.2018 (Bl. 39 dort Ziffer 2.2) wurde das Verfahren 414 C 11960/17 auf Antrag der Kläger beigezogen. Das Amtsgericht München hat mit den Parteien am 05.12.2018 zur Güte und anschließend streitig verhandelt, wobei umfangreiche rechtliche Hinweise erteilt wurden. Zur Ergänzung des Parteivortrags wird auf die jeweiligen Schriftsätze der Parteien einschließlich Anlagen vollumfänglich Bezug genommen, gleiches gilt für das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 05.12.2018. Am 10.12.2018 ging ein nicht nachgelassene Schriftsatz der Kläger ein. Am 21.12.2018 ging ein nachgelassener Schriftsatz der Beklagten ein.

Entscheidungsgründe

14
Der Rechtsstreit ist zur Entscheidung reif, insbesondere musste keine Beweisaufnahme durchgeführt werden. Berücksichtigt wurde der nachgelassene Schriftsatz der Beklagtenpartei vom 21.12.2018. Ebenfalls berücksichtigt wurde der nicht nachgelassene und lediglich Rechtsausführungen beinhaltende Schriftsatz der Kläger vom 10.12.2018. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO war nicht erforderlich.
15
Die Klage ist vollumfänglich zulässig und begründet. Die hilfsweise Widerklage ist zwar zulässig, aber unbegründet.
1. Teil: Zur Klage
A. Zulässigkeit der Klage
16
Der Rechtsweg zu den Zivilgerichten ist nach richtiger Ansicht eröffnet, auch wenn vorliegend die Zahlungspflicht einer juristischen Person des öffentlichen Rechts aufgrund eine öffentlich erklärten Übernahmeerklärung ebendieser in Rede steht (BVerwG NJW 1994, 1169; Schmidt-Futterer/Blank, 13. Auflage 2017, § 569 BGB Rn. 45).
17
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht München sachlich und örtlich zuständig, § 23 Nr. 2 a GVG, § 29 a Abs. 1 ZPO.
18
Das Amtsgericht München ist vorliegend wegen der Bindungswirkung des nach Klagezustellung ergangenen Verweisungsbeschlusses des Landgerichts München vom 05.11.2018 (Bl. 35/37 d.A.) sachlich zuständig, da dieser nicht willkürlich ist und aufgrund hilfsweise gestellten Verweisungsantrag der Kläger erfolgte.
B. Begründetheit der Klage
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Die Klage ist vollumfänglich begründet, da den Klägern ein Anspruch auf Zahlung von 5.595,20 € einschließlich gesetzlicher Verzugszinsen seit 28.04.2018 und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 697,82 zuzüglich gesetzlicher Verzugszinsen seit 13.07.2018 zusteht.
20
Die Verpflichtung zur Zahlung der in der Höhe unstreitigen Mietrückstände und Gerichtskosten aus dem beigezogenen Verfahren 414 C 11960/17 der Beklagten in Höhe von 5.595,20 € folgt aus einer wirksamen Schuldmitübernahme gemäß § 569 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 BGB in Verbindung mit den Regeln der sog. Schuldmitübernahme (Schuldbeitritt) sowie eines wirksamen Schuldversprechens aus §§ 780 S. 1, 782 BGB. Die Verpflichtung zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 697,82 € folgt als Verzugsschaden aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB, gleiches gilt für die gesetzlichen Verzugszinsen, § 288 Abs. 1 BGB.
I. Wirksame Schuldmitübernahme der Beklagtenpartei
21
Bei der durch den Gesetzgeber in § 569 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 2 BGB eingeräumten Heilungsmöglichkeit einer auf Zahlungsverzug nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB gestützten außerordentlichen fristlosen Kündigung handelt es sich nach absolut herrschender Meinung um eine Heilungsmöglichkeit, die weder direkt noch analog auf eine zugleich erklärte ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB angewendet werden kann (BGH NZM 2005, 334; Palandt/Weidenkaff, 77. Auflage 2018, § 569 Rn. 17). Vorliegend wurde im beigezogenen Verfahren 414 C 11960/17 mit Schreiben vom 17.06.2017 sowohl die fristlose als auch hilfsweise die ordentliche Kündigung wegen des unstreitigen Mietrückstands ausgesprochen.
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Die gleichzeitige Erklärung von einer fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung ist auch wirksam und es wird nicht etwa die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung nach erfolgter Heilung der fristlosen Kündigung wegen der Rückwirkung der Heilung unwirksam: Ein Vermieter, der eine fristlose Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs hilfsweise oder vorsorglich mit einer ordentlichen Kündigung verknüpft, bringt bei der gebotenen Auslegung seiner Erklärungen nämlich zum Ausdruck, dass die ordentliche Kündigung in allen Fällen Wirkung entfalten soll, in denen die zunächst angestrebte sofortige Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund einer - entweder schon bei Zugang des Kündigungsschreibens gegebenen oder nachträglich gemäß § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB (unverzügliche Aufrechnung durch den Mieter) oder gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB (Schonfristzahlung oder behördliche Verpflichtung) rückwirkend eingetretenen - Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung fehlgeschlagen ist (so explizit und völlig zu Recht BGH Urteil vom 19.09.2018 - VIII ZR 231/17).
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Nach richtiger und auch hier vertretener Auffassung handelt es sich bei der Übernahmeerklärung einer öffentlichen Stelle im Sinne von § 569 Abs. 3 Nr. 2 Alt. 2 BGB um eine Erklärung zivilrechtlicher Natur, die dogmatisch als Schuldmitübernahme einzuordnen ist (BayObLG RE v. 7.9.1994, WuM 1994, 598; Schmidt-Futterer/Blank, 13. Auflage 2017, § 569 BGB Rn. 45). Aufgrund einer solchen Verpflichtung bleibt der Mieter weiterhin zur Zahlung verpflichtet, der Vermieter erwirbt jedoch einen zusätzlichen Anspruch gegen den liquiden Träger Sozialhilfe, so dass Mieter und Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner haften. Die Übernahmeerklärung bedarf keiner besonderen Form und ist deshalb auch mündlich oder per Telefax möglich (Münch-Komm/Häublein, 7. Auflage 2016, § 569 Rn. 31; Schmidt-Futterer/Blank, 13. Auflage 2017, § 569 BGB Rn. 46). Sie muss gegenüber dem Vermieter abgegeben werden und diesem oder seinem Prozessbevollmächtigten innerhalb der Schonfrist zugehen (LG Hamburg WuM 1996, 340). Die Erklärung muss klar und eindeutig sein und den gesamten Rückstand erfassen, wie er zum Zeitpunkt der Abgabe der Verpflichtungserklärung besteht.
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Im Einzelnen:
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a) Vorliegend ist bereits im Schreiben des Sachbearbeiters der Beklagten ... vom 03.08.2017 (Anlage K7) an den Klägervertreter ein ausreichend bestimmtes Angebot einer solchen Übernahmeerklärung zu sehen, da insbesondere durch die Bezugnahme auf die Fachstelle zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit deutlich wird, dass die Erklärung im Rahmen von § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB angegeben werden soll, eine zusätzliche Nennung der betreffenden Vorschrift ist unschädlich. Aus der Erklärung wird auch deutlich, dass alle Mietrückstände mitsamt der Kosten des Räumungsrechtsstreits übernommen werden - daher wird auch um Zusendung einer entsprechenden Forderungsaufstellung gebeten. Irgendwelche Bedingungen oder ähnliches sind nicht enthalten, so dass es sich beim Schreiben vom 03.08.2017 um ein wirksames Angebot auf Abschluss einer Schuldmitübernahme handelt, §§ 133, 157 BGB i.V.m. § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB.
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Dieses Angebot hat der Klägervertreter für die Vermieter im Rahmen des Telefonats mit Herrn ... im Nachgang des Schreibens vom 03.07.2017 ausdrücklich angenommen, wobei der genaue Zahlungsbetrag telefonisch durch den Klägervertreter mitgeteilt wurde. Damit wurde eine wirksame Schuldmitübernahme geschlossen, die nachfolgenden Zusendungen von Forderungsaufstellungen und korrigierten Forderungsaufstellungen haben keine konstituierende Wirkung mehr.
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b) Jedenfalls mit Zusendung des Schreibens vom 25.08.2017 (Anlage K 2) durch den Sachbearbeiter der Beklagten Herr ...  an den Klägervertreter wurde ein durch den Klägervertreter im Rahmen des Telefonats nach dem 03.07.2018 mündlich erklärtes Angebot einer Schuldmitübernahme nach Maßgabe von § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB wirksam angenommen. Das Schreiben vom 25.08.2017 ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht bedingt und deswegen unwirksam. Das Schreiben erklärt unbedingt eine Übernahme aller Mietrückstände und Kosten des Räumungsrechtsstreits, der erst auf Zeile 10 erklärte Zusatz „um die Kündigung kraft Gesetzes unwirksam werden zu lassen“, ändert hieran nichts. Es handelt sich dabei nur um eine mitgeteilte Motivlage der Beklagtenpartei, jedenfalls aber nur um eine unschädliche Potestativbedingung, da die rechtliche Frage, ob die fristlose Kündigung unwirksam geworden ist, keine Bedingung im Rechtssinne darstellt (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, 13. Auflage 2017, § 569 BGB Rn. 48, der zu Recht ausführt, dass es unschädlich ist, wenn im Schreiben klargestellt wird, dass die Mietrückstände nur übernommen werden, wenn die Rechtsfolge von § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB eingreift).
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Hieran ändern auch die Ausführungen der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 21.12.2018 nichts. Irrig ist die Rechtsmeinung der Beklagten, die Erklärung vom 25.08.2017 sei deshalb unwirksam, weil die Höhe der übernommenen Mietrückstände unklar sei, weil generell die Möglichkeit von Mietrückständen bestehe, welche zu einer Mietminderung kraft Gesetzes führen würden. Eine Entscheidung, ob eine Erklärung ausreichend bestimmt ist, kann naturgemäß nur konkret auf jeden Einzelfall bezogen entschieden werden. Die Beklagte hat zugegeben, dass im vorliegenden Fall keinerlei Mietminderungen bestanden, so dass diese konkrete Grundlage entscheidend ist. Die Meinung der Beklagten hätte zur Folge, dass eine wirksame Übernahmeerklärung überhaupt nicht mehr abgegeben werden könnte, da in jedem Mietverhältnis die generelle Möglichkeit von Mietmängel besteht und eine Überprüfung durch den Sachbearbeiter der Beklagten innerhalb der Schonfrist naturgemäß nicht möglich ist.
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Die Auffassung der Beklagten ist noch aus einem weiteren Grund neben der Sache: Selbst wenn Mietmängel bestünden, würden diese nur das Verhältnis Vermieter - Mieter betreffen, nicht das davon strikt zu trennende und unabhängige Schuldverhältnis Vermieter - Landeshauptstadt München (Grundsatz der Relativität der Schuldverhältnisse). Die Verpflichtung aus einer Schuldmitübernahme würde durch eine nachträglich erklärte Aufrechnung wegen angebliche Mietmängel durch den Mieter nicht berührt, da Grundlage der Schuldmitübernahme und der jeweiligen übernommenen Forderungshöhe nur ist, was mündlich oder schriftlich zwischen der Vermieterpartei und der Landeshauptstadt München vereinbart wurde, so dass nachträglich gel end gemachten Mietminderungen durch den Mieter nur insoweit für die Schuldmitübernahme relevant werden können, als dass diese möglicherweise Anfechtungsrechte nach §§ 119, 121 BGB begründen können.
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c) Das Gericht kann letztlich die Argumentation der Beklagtenpartei grundsätzlich nicht nachvollziehen: Wenn man die Argumente der Beklagten ernst nimmt, wäre eine wirksame Übernahmeerklärung faktisch kaum mehr möglich, da diese entweder zu unbestimmt oder unter eine Bedingung erteilt wäre. Dann aber wäre der Beklagtenpartei grundlegend die Möglichkeit genommen, eine Unwirksamkeit der fristlosen Zahlungsverzugskündigung herbeizuführen, weil nur eine wirksame Übernahmeerklärung Heilungswirkung zeitigt. Es ist dabei durchaus gerichtsbekannt, dass die Formulierung der Übernahmeerklärung vom 25.08.2017 absolut üblich ist und in vielen Fällen in einer vergleichbaren Fassung so verwendet wird. Wie die Beklagte auf die ihr nicht bekannte Frage nach generell möglichen Mietminderungen eingehen soll, verbleibt das Geheimnis der Beklagtenpartei.
II. Wirksames Schuldversprechen der Beklagtenpartei
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Letztlich ist die Beklagte jedenfalls aufgrund eines wirksamen Schuldversprechens nach §§ 780 S. 1, 782 Alt. 1 BGB zur Zahlung der in der Höhe unstrittigen Mietrückstände einschließlich Gerichtskosten verpflichtet. Der Klägervertreter übersandte mit Schreiben vom 12.10.2017 (Anlage K9) eine Forderungsaufstellung an den Sachbearbeiter der Beklagtenpartei und telefonierte am 23.10.2017 mit ebendiesem. Die im Gespräch vom 23.10.2018 gemachte Erklärung des Sachbearbeiters „Sobald wir die korrigierte Aufstellung erhalten haben, überweisen wir Ihnen das Geld“ ist nur als Annahme eines durch die Forderungsaufstellung vom 12.10.2018 angebotenen Schuldversprechens auslegbar, §§ 133, 157 BGB. Eine Übernahmeerklärung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB war aufgrund Ablaufs der Schonfrist nicht mehr möglich, sehr wohl aber eigenständige rechtliche Verpflichtungsgründe wie ein Schuldversprechen. Dieses war vorliegend auch wegen der übersandten schriftlichen Forderungsaufstellung mündlich wirksam gemäß § 782 Alt. 1 BGB. Das Abrechnungsverhältnis bei § 782 BGB umfasst nämlich jede vertragsmäßige Feststellung eines Rechnungsergebnisses aus verschiedenen Einzelposten und zwar auch dann, wenn keine Verrechnung, sondern nur wie hier eine Addition der Schuldposten einer Vertragspartei erfolgt (BGH WM 1962, 346 MünchKomm/Habersack, 7. Auflage 2017, § 782 BGB Rn. 3). Daher war die mündlich erklärte Annahme wirksam, da diese auf Grund der genannten Abrechnung abgegeben wurde. Diesen Punkt übersieht die Beklagtenpartei in ihrem nachgelassenen Schriftsatz vom 21.12.2018 völlig.
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Jedenfalls stellt das Telefongespräch am 23.10.2018 mit der vorhergegangenen Übersendung einer Forderungsaufstellung die wirksame Einigung über eine wirksame Schuldübernahme in der Form von § 414 BGB dar, da eine Schuldübernahme auch formfrei möglich ist (Palandt/Grüneberg, 77. Auflage 2018, Überblick vor § 414 BGB Rn. 3). Der Beklagtenvertreter übersieht dabei völlig, dass die Frage der abgelaufenen Heilungsfrist des § 569 BGB zu diesem Zeitpunkt naturgemäß nicht dazu führt, dass nicht trotzdem eine vollwirksame Schuldübernahme geschlossen werden kann, nur dass eine solche Schuldübernahme dann keinesfalls mehr eine Heilung der fristlosen Kündigung hervorrufen kann. Konsequenterweise stellt sich dann die Frage, warum ein Sachbearbeiter der Beklagten nochmals nach Ablauf der Heilungsfrist eine Schuldübernahme erklärt, wo doch zu diesem Zeitpunkt unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt mehr eine Heilung der fristlosen Kündigung möglich war. Diese Frage ist hier jedoch nicht von streitentscheidender Bedeutung.
III. Keine Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB
33
Die Vorgehensweise der Klagepartei verstößt auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Die Vorgehensweise der Kläger im beigezogenen Verfahren mag zwar moralisch als wenig beispielhaft erscheinen - wälzt sie doch das realisierte Insolvenzrisiko der von ihr selbst ausgesuchten Mieterpartei ohne Gegenleistung auf die Allgemeinheit der Steuerzahler ab - rechtlich ist es jedoch nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben wegen der Durchführung der Zwangsräumung durch die Kläger gegen die vormalige Mieterin kommt schon aus den Gründen der Relativität der Schuldverhältnisse nicht in Betracht (siehe oben). Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt immer nur innerhalb eines Schuldverhältnisses und bindet nur die jeweiligen Vertragspartner, mit anderen Worten: Ein Verhalten der Kläger gegenüber einer anderen Person als der Beklagten kann niemals einen Verstoß gegen § 242 BGB zu Lasten der Beklagten darstellen, allenfalls zu Lasten der vormaligen Mieterin ... . Ein Verstoß gegen § 242 BGB vermag das Gericht ungeachtet dessen nicht zu erkennen. Im beigezogenen Verfahren erging am 16.08.2017 Räumungsversäumnisurteil gegen die vormalige Mieterin, gegen das kein Einspruch eingelegt wurde. Über die Umstände und Motive der Mieterin vermag das Gericht nicht zu spekulieren, jedenfalls ist die nicht erfolgte Einspruchseinlegung durch die Mieterin naturgemäß kein Umstand, der einen Verstoß der Vermieterpartei gegen § 242 BGB begründen kann. Dies gilt umso mehr, als die Beklagt bereits am 03.08.2017 und damit lange vor Erlass des Versäumnisurteils ein wirksames Übernahmeangebot abgegeben hat (siehe oben). Auch das Schreiben vom 25.08.2017 erfolgte noch innerhalb der Einspruchsfrist. Es wäre an der Beklagten gewesen sicherzustellen, dass die vormalige Mieterin diejenigen Rechtsmittel tatsächlich einlegt, um eine Heilungsmöglichkeit überhaupt zu ermöglichen und nicht wie vorliegend eine Übernahmeerklärung abzugeben ohne sicherzustellen, dass die Übernahmeerklärung nicht nur der Vermieterpartei einen zusätzlichen liquiden Schuldner auf Kosten der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, sondern auch die Möglichkeit für den Mieter eröffnet, die fristlose Kündigung unwirksam werden zu lassen. Letzteres ist naturgemäß dann ausgeschlossen, wenn ein Räumungsurteil als Versäumnisurteil nicht durch den Mieter fristgerecht angegriffen wird.
34
Letztlich hat sich im vorliegenden Fall nur die Unsicherheit verwirklicht, die auf ein aus Sicht des Gerichts erhebliches Versagen des Gesetzgebers zurückzuführen ist: Die Tatsache nämlich, dass nur die fristlose Zahlungsverzugskündigung durch eine Übernahmeerklärung nachträglich geheilt werden kann und nicht auch eine darauf hilfsweise gestützte ordentliche Kündigung. Ein Verstoß gegen § 242 BGB liegt unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vor.
III. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten
35
Die Verpflichtung zur Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 697,82 € folgt als Verzugsschaden aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB, gleiches gilt für die gesetzlichen Verzugszinsen, §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Mit Schreiben der Kläger vom 11.04.2018 haben diese den in der Hauptsache eingeklagten Betrag bei der Beklagten angemahnt und eine angemessene Zahlungsfrist bis 27.04.2018 gesetzt, so dass sich die Beklagte spätestens seit 28.04.2018 im Schuldnerverzug befand, § 193 BGB analog. Die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten waren auf Grundlage eines Gegenstandswerts von € 5.595,20 und der Zugrundelegung einer 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich einer 0,3 Erhöhungsgebühr, Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer in Höhe von insgesamt € 697,82 ersatzfähig und spätestens seit 13.07.2018 zu verzinsen, da die Klage am 12.07.2018 wirksam an die Beklagte zugestellt wurde.
2. Teil: Zur Widerklage
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Die Hilfswiderklage der Beklagten ist zwar zulässig, aber unbegründet.
A. Zulässigkeit der Widerklage
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Die Hilfswiderklage ist zulässig.
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I. Sie wurde ordnungsgemäß gemäß §§ 253 Abs. 1, 261 Abs. 2 ZPO erheben und ist bestimmt genug gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
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II. Das Amtsgericht München ist sachlich und örtlich zuständig, § 23 Nr. 2 a GVG, §§ 12, 13 ZPO. Auf § 33 ZPO kommt es insoweit nicht an.
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III. Die besonderen Prozessvoraussetzungen der Widerklage liegen vor. Die Klage war bei Widerklageerhebung rechtshängig. Es liegt Parteiidentität vor. Ob § 33 ZPO über eine reine Zuständigkeitsregel hinaus auch eine eigene Sachurteilsvoraussetzung ist (so die ständige Rechtsprechung des BGH), kann offen bleiben. Der fehlende sachliche Zusammenhang im Sinne von § 33 ZPO wurde jedenfalls durch rügelose Einlassung des Klägers geheilt, § 295 ZPO. Thomas/Putzo/Hüßtege, 39. Auflage 2018, § 33 Rn. 7 a.E.; Knöringer, Rn. 12.04). Darüber hinaus ist auch die Konnexität zu bejahen, da die Gegenstände von Klage und Widerklage auf demselben Rechtsverhältnis - der Übernahmeerklärung der Beklagten - beruhen.
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IV. Die Hilfswiderklage ist auch als sog. Eventualwiderklage zulässig (Thomas/Putzo/Hüßtege, 39. Auflage 20189, § 33 Rn. 14 m.w.N.). Die Beklagte hat deutlich gemacht, dass die Widerklage nur unter der innerprozessualen Bedingungen erhoben werden soll, dass das Gericht im Rahmen der Klage von einer wirksamen Übernahmeerklärung der Beklagtenpartei ausgeht, mithin die Klage erfolgreich ist. Damit bezieht sich das Eventualverhältnis darauf, dass die Klage erfolgreich ist, was zulässig ist (BGH NJW 2009, 148). Die innerprozessuale Bedingung ist auch eingetreten, so dass über die Hilfswiderklage zu entscheiden ist.
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V. Der Hilfswiderklage steht auch nicht eine anderweitige Rechtshängigkeit nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entgegen, da vorliegend (noch) nicht nur das kontradiktorische Gegenteil widerklagend verlangt wird. Eine Identität des Streitgegenstands wird von der herrschenden Meinung angenommen, wenn der Beklagte den Streit in seiner Umkehrung anhängig macht und das kontradiktorische Gegenteil der in der Hauptsacheklage ausgesprochenen Rechtsfolge begehrt (BGH NJW 1993, 2684; NJW 2003, 3058). Vorliegend fordert die Beklagte im Rahmen der Hilfswiderklage aber die Freistellung von einer unwirksamen Verpflichtung aus Bereicherungsrecht, so dass nach richtiger Ansicht der zugrunde liegende Lebenssachverhalt ein anderer ist, so dass § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht entgegensteht (Musielak/Voit, 15. Auflage 2018, § 322 Rn. 21 f.).
B. Begründetheit der Widerklage
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Die Hilfswiderklage ist jedoch unbegründet, weil der Beklagten kein Freistellungsanspruch aus Bereicherungsrecht zusteht. Die wirksame Verpflichtung aus der eingegangenen Übernahmeerklärung und des Schuldversprechens stellt jeweils ein Rechtsgrund zu Behaltendürfen im Sinne von § 812 BGB dar, so dass keine ungerechtfertigte Bereicherung vorliegt. Im Übrigen ist die Entscheidung im Rahmen der Klage präjudiziell für die Hilfswiderklage (vgl. dazu Musielak/Voit, 15. Auflage 2018, § 322 Rn. 22). Ein Verstoß gegen § 242 BGB liegt wie oben ausgeführt nicht vor.
3. Teil: Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709 S. 1, S. 2 ZPO.
4. Teil: Streitwert
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Der Streitwert beträgt ausweislich der Höhe des gestellten Klageantrags € 5.595,20, Nebenforderungen werden hierbei nicht berücksichtigt, § 62 GKG i.V.m. §§ 3, 4 ZPO. Die Hilfewiderklage ist nicht streitwerterhöhend, weil sie den gleichen Gegenstand wie die Klage betrifft, § 45 Abs. 1 S. 3 GKG.