Titel:
Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen eine zivilgerichtliche Berufungsentscheidung
Normenketten:
ZPO § 42
BV Art. 86 Abs. 1 S. 2, Art. 91
Leitsätze:
Teilweise unzulässige, im Übrigen unbegründete Verfassungsbeschwerde gegen zivilgerichtliche Entscheidungen im Berufungsrechtszug.
1. Aus dem Vorliegen eines Verfahrensfehlers kann nicht unmittelbar auf eine Besorgnis der Befangenheit geschlossen werden. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2. Geht das Gericht auf die wesentlichen Rechtsausführungen oder den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vorbringens schließen, sofern es nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstanziiert war. (Rn. 48) (redaktioneller Leitsatz)
3. Nicht jeder Verstoß gegen § 139 ZPO stellt zugleich eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör dar. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ob ein Beweisthema entscheidungserheblich ist, obliegt der materiellrechtlichen Einschätzung des zur Entscheidung berufenen Gerichts, welche verfassungsrechtlich nur daraufhin überprüfbar ist, ob sie gegen das Willkürverbot verstößt. (Rn. 50) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
gesetzlicher Richter, Besorgnis der Befangenheit, rechtliches Gehör, Hinweispflicht, Beweisantrag
Fundstelle:
BeckRS 2019, 68693
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 8. November 2019 Az. 14 S 8231/19, mit dem die Berufung der Beschwerdeführerin (Beklagte des Ausgangsverfahrens) zurückgewiesen wurde, sowie gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 20. Februar 2020 Az. 14 S 8231/19, mit dem die gegen das o. g. Urteil erhobene Anhörungsrüge verworfen wurde.
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1. Die Beschwerdeführerin schloss mit der Klägerin des Ausgangsverfahrens (P. GmbH), vertreten durch den Zeugen B., am 17. Januar 2018 einen Maklervertrag über den Verkauf einer der Beschwerdeführerin gehörenden, im Land Sachsen-Anhalt gelegenen Doppelhaushälfte. Vereinbart wurde eine Provision von 3% des Verkaufspreises. Als Kaufpreisvorstellung war im Maklervertrag ein Betrag in Höhe von 123.000,00 € genannt. Der Beschwerdeführerin war bekannt, dass die Klägerin auch für die Käuferseite entgeltlich tätig werden durfte. Die Doppelhaushälfte wurde zu einem Preis von 124.000,00 € angeboten und zu diesem Preis an zwei Personen (Herrn R. und Frau J.) verkauft. Der Kaufvertrag zwischen der Beschwerdeführerin und den Käufern wurde am 7. Mai 2018 vor einer Notarin abgeschlossen; die Klägerin rechnete mit den Käufern eine Provision von 5,95% (inkl. Umsatzsteuer) des Kaufpreises ab. Mit Rechnung vom 25. Mai 2018 forderte die Klägerin die Beschwerdeführerin auf, die Provision in Höhe von 3.720,00 € zu zahlen. Mit Schreiben vom 20. Juni 2018 erklärte die Beschwerdeführerin die Anfechtung des Maklervertrags wegen arglistiger Täuschung und berief sich hilfsweise auf die Verwirkung des Vergütungsanspruchs.
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2. Da trotz Mahnungen, zuletzt vom 27. Juni 2018, keine Zahlung erfolgte, machte die Klägerin gegen die Beschwerdeführerin vor dem Amtsgericht München Az. 432 C 12/19 einen Anspruch auf Zahlung der Provision aus dem Maklervertrag in Höhe von 3.720,00 € zuzüglich Verzugszinsen ab dem 28. Juni 2018 geltend.
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a) Die Beschwerdeführerin vertrat im Klageverfahren den Standpunkt, dass der Klägerin eine Maklerprovision aus mehreren Gründen nicht zustehe.
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Den Maklervertrag habe sie gemäß § 123 BGB wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten. Ein Anfechtungsgrund bestehe schon darin, dass die Klägerin sie über die Höhe der von der Käuferseite zu zahlenden Provision getäuscht habe. Den Maklerauftrag habe sie mit dem ausdrücklichen und wiederholten Hinweis erteilt, dass für sie das Wichtigste ein hoher Verkaufspreis sei. Deshalb habe sie den Zeugen B. nach der Höhe der Käuferprovision gefragt; dieser habe versichert, dass sich die Provision der Käuferseite „im Rahmen des allgemein Üblichen“ bewege. Deshalb sei sie fest davon ausgegangen, dass die Käuferseite zumindest nicht mehr Provision zahlen würde als sie selbst. Tatsächlich habe die Klägerin mit der Käuferseite eine Provision in Höhe von 7,14% vereinbart. Hierzu wurden als Beweis die Vertragsunterlagen der Käufer („Vorvertragliche Informationspflichten zum Kaufinteressenten/Maklervertrag“ bzw. „Kaufinteressent/Maklervertrag“, unterschrieben am 20. Februar 2018) als Anlage vorgelegt und einer der Käufer als Zeuge benannt. Wäre ihr dies bekannt gewesen, hätte sie den Maklervertrag nicht bzw. nicht zu den genannten Bedingungen abgeschlossen, weil sie befürchtet hätte, dass die Klägerin eher die Interessen der Käuferseite vertreten werde. Im Übrigen hätte der Differenzbetrag zwischen einer angenommenen Gesamtprovision von 6% und der tatsächlich erzielten Gesamtprovision von 10,14% in Höhe von rund 5.000,00 € ihr zufließen können und müssen. Warum die Klägerin letztlich nur eine Käuferprovision in Höhe von 5,95% des Kaufpreises in Rechnung gestellt habe, sei ihr nicht bekannt; insoweit würden jedoch dieselben Überlegungen gelten. Soweit sich die Höhe der Käuferprovision aus dem von der Klägerin übersandten Exposé ergeben habe, habe sie dieses erst am 9. Februar 2018, d. h. nach Abschluss des Maklervertrags, erhalten; überdies habe sie den Hinweis auf die Provisionshöhe übersehen. Hilfsweise erkläre sie die Anfechtung einer etwaigen damaligen Willenserklärung. Daraus ergebe sich außerdem, dass die Klägerin nicht ihre Interessen vertreten, sondern eigene finanzielle Interessen sowie die der Käuferseite verfolgt habe. Zum einen habe die Klägerin durch die Finanzierung des Kaufpreises zusätzlich Geld verdienen wollen. Um dieses Ziel zu erreichen, habe die Klägerin die Käuferseite (der es möglich gewesen wäre, das Objekt bar zu erwerben) hinsichtlich der Finanzierung des Erwerbs derart unter Druck gesetzt, dass die Veräußerung beinahe gescheitert wäre. Demgegenüber habe ihr der Zeuge B. auf Nachfrage versichert, dass die Klägerin natürlich eine Finanzierung anbieten werde, dies aber keine Rolle für die Vermittlung des Objekts spielen werde. Auch hierin liege eine Täuschung (und damit ein Anfechtungsgrund); hätte sie dies gewusst, hätte sie befürchten müssen, dass der Verkauf aus nicht in ihrem Interesse liegenden Gründen scheitert, und deshalb den Vertrag mit der Klägerin nicht abgeschlossen. Zum anderen habe die Klägerin gegenüber der Käuferseite offengelegt, dass es keine weiteren Kaufinteressenten gegeben habe. Über ein Kaufpreisangebot der Käuferseite über 125.000,00 € (vgl. S. 3/4 des Maklervertrags zwischen der Klägerin und den Käufern vom 20. Februar 2018) sei sie nicht informiert worden. Anderenfalls hätte sie versucht, zumindest 126.000,00 € zu erzielen, was die Käufer auch akzeptiert hätten; daran wäre aus Käufersicht das Geschäft jedenfalls nicht gescheitert (Beweis: Zeugnis des Käufers R.).
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Im Übrigen sei ein etwaiger Anspruch der Klägerin gemäß § 654 BGB wegen einer Treuepflichtverletzung verwirkt. Eine Doppeltätigkeit sei dann treuwidrig, wenn damit im konkreten Fall gegen Pflichten des Vertrags verstoßen werde. Nach herrschender Meinung verliere der Doppelmakler bei an sich erlaubter Doppeltätigkeit seinen Provisionsanspruch auch dann, wenn er vorsätzlich oder in einer dem Vorsatz nahekommenden Leichtfertigkeit den Interessen des Auftraggebers in so schwerwiegender Weise zuwidergehandelt habe, dass es unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben unbillig erscheine, wenn er den Maklerlohn erhielte. Vorliegend sei eine Verwirkung anzunehmen, weil ein Makler nicht zu Lasten des Verkäufers mit dem Kaufinteressenten eine überhöhte Provision vereinbaren dürfe, die im Ergebnis zu einer Ermäßigung des erzielten Kaufpreises führe. Zugleich liege eine schwerwiegende Aufklärungspflichtverletzung vor. Die Klägerin hätte die Beschwerdeführerin darüber aufklären müssen, dass mit der Käuferseite eine Vereinbarung zur Zahlung einer Provision von 7,14% geschlossen wurde, anstatt wahrheitswidrig zu versichern, dass sich die Käuferprovision „im Rahmen des allgemein Üblichen“ bewege. Dass die Klägerin als „ehrliche Maklerin“ in gleichem Maß die Interessen beider Seiten vertrete, sei bei dem vorliegenden Sachverhalt keineswegs sichergestellt, wenn nicht sogar fernliegend. Zumindest aber wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, die Provisionsvereinbarungen offen zu legen. Eine weitere erhebliche Treuepflichtverletzung liege darin, dass die Klägerin den Verkauf des Objekts aus Eigeninteresse gefährdet habe, weil sie gedroht habe, den Kauf „platzen“ zu lassen, wenn die Käufer nicht zugleich über die P.-Bank (eine derselben Unternehmensgruppe wie die Klägerin angehörende Bank) finanzierten. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung ließen die vorgenannten Umstände in Anwendung des § 654 BGB einen etwaigen Anspruch der Klägerin auf Maklerprovision entfallen.
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Überdies seien die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zur entgeltlichen Vertretung auch der Gegenseite intransparent und damit gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Denn der Verbraucher könne aus der Klausel nicht ersehen, dass es dem Makler ermöglicht werden solle, von der Gegenseite eine doppelt so hohe Provision zu verlangen wie vom Auftraggeber selbst. Damit würden Interessenkonflikte des Maklers verschleiert. Zugleich sei die Klausel überraschend gemäß § 305 c Abs. 1 BGB.
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Hilfsweise rechne sie mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.000,00 € zuzüglich Zinsen wegen des zu geringen Kaufpreises auf. Die Käufer wären bereit gewesen, das Objekt für 125.000,00 € zu erwerben. Ohne sie darüber zu informieren, habe die Klägerin aus unerfindlichen Gründen dafür gesorgt, dass nur 124.000,00 € vereinbart worden seien. Dies stelle sich als Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht dar, für die die Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 BGB hafte.
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b) Durch den Richter am Amtsgericht Dr. E. verurteilte das Amtsgericht München die Beschwerdeführerin mit Endurteil vom 23. Mai 2019, an die Klägerin 3.720,00 € nebst Zinsen seit 28. Juni 2018 zu zahlen. Der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. dem Maklervertrag vom 17. Januar 2018. Die Klägerin habe ihre Verpflichtung durch Vermittlung des notariellen Kaufvertrags erfüllt. Der erzielte Kaufpreis von 124.000,00 € liege zudem 1.000,00 € über der im schriftlichen Maklervertrag festgehaltenen „Kaufpreisvorstellung“ von 123.000,00 €.
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Dieser Anspruch sei nicht durch wirksame Anfechtung erloschen. Es fehle bereits an einem Anfechtungsgrund. Eine arglistige Täuschung nach § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB sei nicht ersichtlich. Eine entgeltliche Tätigkeit auch für den anderen Teil sei ausdrücklich gestattet gewesen (Nr. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin). Außerdem sei eine Doppeltätigkeit im Immobilienvermittlungsgeschäft grundsätzlich zulässig. Soweit die Beschwerdeführerin ein Tätigwerden der Klägerin (auch) für die Käuferseite hätte ausschließen wollen, hätte dies einer entsprechenden Regelung im Maklervertrag bedurft. Soweit die Beschwerdeführerin – aus welchen Gründen und Motiven auch immer – eine Begrenzung der Maklerprovision im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Käuferseite hätte sicherstellen wollen, hätte dies ebenfalls einer entsprechenden Vereinbarung bedurft. Eine solche lasse sich dem Maklervertrag nicht entnehmen. Die Wirksamkeit etwaiger mündlicher Nebenabreden erschiene zudem im Licht der Nr. 9 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin fraglich. Soweit die Beschwerdeführerin ferner behaupte, die Käuferseite sei ebenfalls „getäuscht bzw. unter Druck“ gesetzt worden, sei – zumal wegen des Grundsatzes der Relativität der Schuldverhältnisse – schon nicht ersichtlich, wie sich ein solches angebliches Verhalten der Klägerin in rechtlich relevanter Weise auf das vorliegende Maklerverhältnis zwischen Klage- und Beklagtenpartei auswirken könnte. Der Vorwurf einer arglistigen Täuschung sei auch im Licht des Exposés, in welchem die käuferseits zu zahlende Provision der Höhe nach angegeben sei, im Ergebnis schwerlich nachvollziehbar. Auch sonstige Anfechtungsgründe seien nicht ersichtlich.
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Auch dem Einwand der Beschwerdeführerin, wonach der Anspruch nach § 654 BGB verwirkt sei, könne nicht gefolgt werden. Wie dargelegt sei die Doppeltätigkeit der Klägerin – insbesondere auch im vorliegenden Fall – nicht zu beanstanden.
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Die von der Beschwerdeführerin erklärte Eventualaufrechnung mit einem behaupteten Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.000,00 € gehe gleichermaßen ins Leere. Denn zum einen sei weder hinreichend substanziiert dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass die Käufer auch zur Zahlung eines höheren Kaufpreises bereit gewesen wären. Zum anderen sei in rechtlicher Hinsicht nicht schon dann von einem schuldhaft pflichtwidrigen Verhalten eines Maklers auszugehen, wenn dieser eine etwaige Kaufpreisvorstellung der Käuferseite im Rahmen seiner Vermittlungsbemühungen nicht vollumfänglich nach oben ausschöpfe. Lediglich ergänzend werde darauf hingewiesen, dass diese pauschal anmutende Unterstellung der Beschwerdeführerin auch deshalb nicht ohne Weiteres nachvollziehbar sei, weil die Klägerin bei einem (noch) höheren Kaufpreis (noch) mehr Provision erhalten hätte. Es sei daher kaum verständlich, warum die Klägerin pflichtwidrig die Erzielung eines (höheren) Kaufpreises von 125.000,00 € hätte vereiteln sollen. Hinzu komme, dass der letztlich erzielte Kaufpreis von 124.000,00 € im Ergebnis sogar über der schriftlich fixierten Kaufpreisvorstellung der Beschwerdeführerin von 123.000,00 € gelegen habe.
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Der augenscheinliche Standpunkt der Beschwerdeführerin, die Klägerseite habe ihre Interessen als Verkäuferin nicht gebührend gewahrt und pflicht- sowie treuwidrig gehandelt, erschließe sich auch unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht im Einzelnen. So sei im Ergebnis festzuhalten, dass der schriftlich fixierte Vertragszweck umgesetzt und die darin festgehaltene Kaufpreisvorstellung nicht nur erfüllt, sondern – wenngleich nur geringfügig – übertroffen worden sei.
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3. a) Ihre dagegen mit Schriftsatz vom 16. Juni 2019 eingelegte Berufung begründete die Beschwerdeführerin damit, dass das Amtsgericht ihren entscheidenden Tatsachenvortrag vollkommen übergangen bzw. fehlerhaft behandelt und so in mehrfacher Hinsicht gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen habe. Des Weiteren sei das Urteil in materiellrechtlicher Hinsicht unrichtig. Das Erstgericht habe ihren Sachvortrag verkannt. Sie habe nicht behauptet, dass eine unerlaubte Doppeltätigkeit vorgelegen habe, sondern dass sie von der Klägerin über die Höhe der von den Käufern zu zahlenden Provision getäuscht worden sei. Übergangen worden sei auch der Vortrag, eine zur Anfechtung berechtigende Täuschung wie auch ein infolge Nichtbeachtung durch die Klägerin zur Verwirkung führender Umstand liege darin, dass die Klägerin auf ausdrückliche Nachfrage versichert habe, die Frage, ob bzw. wo die Käufer den Kaufpreis finanzieren würden, spiele keine Rolle. Ebenfalls übergangen habe das Gericht den Sachvortrag in Bezug auf das Exposé; wenn es schon unzutreffend von einer vermeintlichen „Genehmigung“ ausgehe, hätte es sich mit der diesbezüglich hilfsweise erklärten Anfechtung auseinandersetzen müssen. Unberücksichtigt gelassen habe das Gericht ferner insbesondere, dass ein geringerer Kaufpreis erzielt worden sei als möglich gewesen wäre. Wenn das Amtsgericht – letztlich zu Unrecht – der Meinung sei, dass der Vortrag nicht ausreichend substanziiert sei, hätte es gemäß § 139 ZPO darauf hinweisen müssen. Tatsächlich habe sie ausführlich zu den Umständen des Vertragsabschlusses und zu den Gesprächen über die von den Käufern zu zahlende Provisionshöhe vorgetragen und den Vortrag unter Beweis gestellt. Auch aus dem Endurteil ergebe sich nicht, in welchem Punkt der angeblich unzureichende Sachvortrag konkretisierungsbedürftig sei. Überdies überspanne das Gericht die Anforderungen an die Substanziierungspflicht. Völlig übergangen habe das Amtsgericht die Argumentation zur Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin. Auch in materiellrechtlicher Hinsicht erweise sich das Endurteil als falsch. Ein Anfechtungsgrund nach § 123 BGB liege vor und die Anfechtung sei unstreitig erklärt worden. In mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft sei die Erwägung des Amtsgerichts, es hätte einer ausdrücklichen Vereinbarung zu einer Begrenzung der Provisionshöhe bedurft, die dafür beweisbelastete Beschwerdeführerin habe dazu aber nicht ausreichend vorgetragen; im Übrigen sei die Wirksamkeit einer derartigen mündlichen Nebenabrede im Hinblick auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin fraglich. Hilfsweise sei der Anspruch auf Maklerprovision verwirkt (§ 654 BGB). Im Rahmen der Gesamtwürdigung seien folgende Umstände zu berücksichtigen: Erstens sei die Beschwerdeführerin über die Höhe der von den Käufern zu zahlenden Provision getäuscht worden. Zweitens habe die Klägerin die Beschwerdeführerin nicht darüber informiert, dass die Käufer bereit gewesen seien, einen Kaufpreis von 125.000,00 € zu zahlen. Drittens hätte die Immobilie für einen Kaufpreis von mindestens 1.000,00 € mehr verkauft werden können. Viertens habe die Klägerin gegen ihre Pflicht, die Interessen der Beschwerdeführerin zu vertreten, verstoßen, indem sie entgegen der ausdrücklichen Vereinbarung die Käufer dazu gedrängt habe, über die Klägerin zu finanzieren, und damit den Abschluss des Kaufvertrags gefährdet sowie ausschließlich eigene Interessen verfolgt habe. Schließlich habe die Klägerin den Käufern nicht das gesamte Kaufobjekt gezeigt. Hilfsweise seien, wie ebenfalls bereits in der Klageerwiderung dargestellt worden sei, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin unwirksam. Äußerst hilfsweise habe die Beschwerdeführerin mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von 1.000,00 € aufgerechnet.
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Seit 1. Juni 2019 war der vormalige Richter am Amtsgericht Dr. E. Mitglied der für das von der Beschwerdeführerin eingeleitete Berufungsverfahren zuständigen 14. Zivilkammer beim Landgericht München I. Mit Verfügung vom 8. Juli 2019 stellte der Vorsitzende Richter am Landgericht F. fest, dass der Richter am Landgericht Dr. E. gemäß § 41 Nr. 6 ZPO von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen sei und die Berichterstattung bzw. Einzelrichterzuständigkeit nach der Geschäftsverteilung der 14. Zivilkammer durch seine Vertreterin, Richterin am Landgericht E., übernommen werde. Mit Beschluss der Kammer vom 8. Juli 2019 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen. Ebenfalls mit Datum vom 8. Juli 2019 erfolgte – aufgrund Verfügung der Richterin am Landgericht E. – die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 2. August 2019.
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Mit Schriftsatz vom 1. August 2019 lehnte die Beschwerdeführerin die Richterin am Landgericht E. wegen Besorgnis der Befangenheit ab; nach Übersendung der dienstlichen Stellungnahme der Richterin trug sie mit weiterem Schriftsatz vom 21. August 2019 ergänzend vor.
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Mit Beschluss vom 26. August 2019 wies das Landgericht München I den Befangenheitsantrag zurück. Vorliegend würden sich nicht im Ansatz Gründe ergeben, die ein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richterin rechtfertigen würden. Nach ihrer dienstlichen Stellungnahme habe sich die Richterin zu keinem Zeitpunkt mit dem Richter am Landgericht Dr. E. über das streitgegenständliche Verfahren inhaltlich ausgetauscht. Nach dessen Ausschluss sei die Übernahme des Verfahrens durch die geschäftsplanmäßige Vertreterin eine gesetzliche Folge des § 41 Nr. 6 ZPO. Allein hieraus mit Blick auf das ohne nähere Ausführungen behauptete „besondere kollegiale Näheverhältnis“ subjektiv an der Unvoreingenommenheit der Richterin zu zweifeln, rechtfertige keine Ablehnung. Soweit die Beschwerdeführerin ausführe, allein die Zugehörigkeit zum gleichen Spruchkörper würde ohne das Hinzutreten weiterer Umstände die Besorgnis der Befangenheit begründen, verkenne die Beschwerdeführerin augenscheinlich die von ihr selbst zitierten Kommentarfundstellen. Eine Besorgnis der Befangenheit könne sich in diesen Fällen allenfalls dann ergeben, wenn Richter am Landgericht Dr. E. selbst Partei des zugrundeliegenden Rechtsstreits gewesen wäre. Etwaige schwerwiegende Verletzungen des Anspruchs der Beschwerdeführerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch die erste Instanz könnten ebenfalls nicht zur Begründung eines Ablehnungsantrags der Berufungsrichterin führen. Soweit die Beschwerdeführerin ausführe, Zweifel an der Unvoreingenommenheit würden sich daraus ergeben, dass zum ersten Termin weder Zeugen geladen noch Hinweise erteilt worden seien, könnten behauptete Verfahrensfehler, falsche Rechtsanwendung oder die Verletzung rechtlichen Gehörs grundsätzlich nur im dafür vorgesehenen Rechtsmittelweg geltend gemacht werden. Sie stellten regelmäßig keinen Ablehnungsgrund dar. Rein vorsorglich werde noch darauf hingewiesen, dass entgegen der Begründung des Befangenheitsantrags nicht der Vorsitzende, sondern die abgelehnte Einzelrichterin selbst die Terminierung verfügt habe.
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b) Mit dem angegriffenen Endurteil vom 8. November 2019 wies das Landgericht München I die Berufung der Beschwerdeführerin gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 23. Mai 2019 zurück. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die zulässige Berufung erweise sich im Ergebnis als unbegründet. Zweifel an den Feststellungen des Amtsgerichts, welche eine eigene Beweisaufnahme nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erforderlich gemacht hätten, bestünden nicht. Auf Grundlage der vom Amtsgericht festgestellten Tatsachen sei eine Rechtsverletzung im angefochtenen Urteil nicht erkennbar. Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils könne grundsätzlich verwiesen werden. Den hiergegen vorgebrachten Angriffen der Berufung bleibe der Erfolg verwehrt:
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Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin sei der Anspruch der Klägerin nicht durch wirksame Anfechtung erloschen. Ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum der Beschwerdeführerin oder eine Täuschungshandlung der Klägerin seien auch für das Berufungsgericht nicht erkennbar. Das Berufungsgericht teile die Auffassung des Amtsgerichts, wonach eine Doppeltätigkeit der Klägerin nicht zu beanstanden sei, uneingeschränkt. Ein qualifizierter Alleinauftrag habe nicht vorgelegen. Gemäß Nr. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sei eine entgeltliche Tätigkeit auch für den anderen Teil ausdrücklich gestattet gewesen. An der Wirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hege das Berufungsgericht keine rechtlichen Bedenken. Die (irrige) Vorstellung der Beschwerdeführerin über die Höhe der Käuferprovision stelle lediglich einen unbeachtlichen Motivirrtum dar. Soweit die Beschwerdeführerin darlegen wolle, die Käuferseite sei „getäuscht bzw. unter Druck gesetzt“ worden, so sei diese Behauptung bereits unsubstanziiert und gehe ins Blaue hinein. Zudem sei nicht erkennbar, inwiefern dies die Entscheidung der Beschwerdeführerin beeinflusst haben solle. Vielmehr sei dieser nach ihrem eigenen Vortrag bekannt gewesen, dass die Klägerin auch von den Käufern eine sich im Rahmen des Üblichen bewegende Provision verlangen werde. Die unstreitig letztlich von den Käufern verlangte Provisionshöhe von 5% sei bei Weitem noch als üblich anzusehen und habe der Vertragsfreiheit der Käufer und der Klägerin unterlegen. Da schon keine Täuschungshandlung der Klägerin ersichtlich sei, sei auch der Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Exposés unerheblich. Gleichfalls sei keine Täuschung der Klägerin über die Finanzierung des Kaufpreises ersichtlich. Vielmehr habe der Zeuge B. nach dem eigenen Vortrag der Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass die Klägerin eine Finanzierung anbieten werde. Es sei zudem nicht nachvollziehbar, inwiefern die Finanzierung „über die Klägerin“ Auswirkungen auf die Höhe des zu erzielenden Verkaufspreises gehabt haben soll.
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Die Beschwerdeführerin könne sich auch nicht auf eine Verwirkung des Anspruchs nach § 654 BGB berufen. Der Verweis auf die Entscheidung des Landgerichts München II vom 16. Mai 2019 Az. 11 O 134/18 gehe ins Leere. Danach müsse für die Annahme der Verwirkung der Makler subjektiv vorsätzlich oder mit dem Vorsatz nahekommender Leichtfertigkeit den Interessen des Auftraggebers in so schwerwiegender Weise zuwiderhandeln, dass er eines Lohns unwürdig erscheine. Diesen Anforderungen genüge bereits der eigene Vortrag der Beschwerdeführerin nicht. Es sei gerade nicht ersichtlich, dass der Zeuge B. Interessen der Beschwerdeführerin leichtfertig vernachlässigt habe, zumal ein um 1.000,00 € höherer Kaufpreis als der ursprünglich von der Beschwerdeführerin vorgestellte erzielt worden sei. Auch eine Gesamtwürdigung der Umstände führe nicht zu einer leichtfertigen Treuepflichtverletzung der Klägerin.
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Rechtsfehlerfrei gehe das Amtsgericht auch davon aus, dass die von der Beschwerdeführerin erklärte Eventualaufrechnung mit einem behaupteten Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.000,00 € ins Leere gehe. Die Beschwerdeführerin habe ihre unsubstanziierte Behauptung, dass die Käufer auch zur Zahlung eines höheren Kaufpreises bereit gewesen wären, erstinstanzlich bereits nicht unter Beweis gestellt. Eine solche Bereitschaft ergebe sich auch nicht aus den Anlagen B 3 und B 4. Ein schuldhaftes pflichtwidriges Handeln eines Maklers, der die Kaufpreisvorstellung noch um 1.000,00 € überschreite, sei nicht ersichtlich. Die Unterstellung der Beschwerdeführerin, die Käufer hätten bei Zahlung einer niedrigeren Provision einen höheren Kaufpreis bezahlt, sei gleichfalls unsubstanziiert und stelle reine Spekulation dar. Auch der Verweis auf Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. vom 18. Mai 1988 Az. 12 U 83/87 gehe ins Leere. Dieser Entscheidung habe ein Sachverhalt zugrunde gelegen, bei der der Makler gänzlich verschwiegen habe, auch von der anderen Vertragspartei eine Provision zu erhalten. Vorliegend sei der Beschwerdeführerin jedoch bewusst gewesen, dass die Klägerin auch von den Käufern eine Provision erhalten werde.
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c) Mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2019 erhob die Beschwerdeführerin Anhörungsrüge gemäß § 321 a ZPO und lehnte zugleich die Richterin am Landgericht E. erneut wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
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Das Endurteil des Landgerichts beruhe auf mehreren gravierenden Verstößen gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 91 Abs. 1 BV. Das Urteil erweise sich in mehreren Punkten als Überraschungsurteil. Zum einen sei nicht zu erwarten gewesen, dass am Ende der Sitzung überhaupt ein Endurteil verkündet werden würde. Nachdem eine einvernehmliche Lösung nicht habe erzielt werden können, habe die Vorsitzende sinngemäß geäußert, dass „man dann über eine Beweisaufnahme nachdenken müsse“. Auf die ausdrückliche Nachfrage, ob die Vorsitzende noch Hinweise erteilen werde, habe die Vorsitzende wiederum sinngemäß geäußert, dass sie sich dazu nicht in der Lage sehe. Zudem sei das Gericht nicht nach § 522 Abs. 2 ZPO verfahren. Im Übrigen habe das Gericht sie durch seine rechtsfehlerhafte Verfahrensweise auch um die Möglichkeit gebracht, die Berufung zurückzunehmen und Kosten zu sparen. Ferner habe das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen als unsubstanziiert behandelt, ohne zuvor einen entsprechenden Hinweis nach § 139 ZPO zu erteilen. Darüber hinaus habe das Gericht entscheidungserheblichen Sachvortrag sowie die daran anknüpfende rechtliche Argumentation der Beschwerdeführerin übergangen. Die Kammer verkenne bereits den Prüfungsmaßstab des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO und beschränke sich auf eine reine Rechtsfehlerkontrolle. Die Beschwerdeführerin habe in der Berufungsbegründung ausführlich dargelegt, auf welchen Verfahrensfehlern das Ersturteil beruhe und welches Tatsachenvorbringen es übergangen habe. Ausweislich der Urteilsgründe stütze das Gericht die Zurückweisung der Berufung maßgeblich darauf, dass „eine Doppeltätigkeit der Klägerin nicht zu beanstanden“ sei. Sie habe jedoch zu keinem Zeitpunkt die Doppeltätigkeit als solche beanstandet, sondern dass sie über andere Umstände getäuscht worden sei, insbesondere über die Höhe der von den Käufern zu zahlenden Provision. Soweit die Kammer den diesbezüglichen Vortrag aus Rechtsgründen anders werten wollte als das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. (Urteil vom 18.5.1988 Az. 17 U 83/87), müsste es sogar gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zulassen. Im Übrigen gehe es vorliegend um die Freiheit der Willensentschließung der Beschwerdeführerin bei Abschluss des Maklervertrags. Nicht zur Kenntnis genommen habe die Kammer auch den hilfsweisen Vortrag zur Verwirkung des Anspruchs auf Maklerlohn. Zum einen dürfe das Gericht einen Sachvortrag nicht als ungenügend bzw. unsubstanziiert behandeln, ohne vorher darauf hinzuweisen. Darüber hinaus seien der Vortrag und die rechtliche Argumentation umfangreich gewesen. Vergleichbares gelte für den Vortrag zum Schadensersatzanspruch. Da bereits das Erstgericht Vortrag und Argumentation der Beschwerdeführerin übergangen habe, habe das Berufungsgericht die Verfahrensfehler des Erstgerichts durch seine eigene Verletzung des rechtlichen Gehörs perpetuiert.
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Zur Begründung des Ablehnungsgesuchs nahm die Beschwerdeführerin vollinhaltlich Bezug auf das erste Ablehnungsgesuch vom 1. August 2019. Die darin dargestellten Ablehnungsgründe rechtfertigten nun im Zusammenspiel mit den vorstehend dargestellten schweren Verstößen der Richterin gegen das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs die Befürchtung, die abgelehnte Richterin könne nicht unbefangen und unvoreingenommen über die Anhörungsrüge entscheiden. Sowohl die Verfahrensleitung im Termin als auch das Urteil selbst begründeten die Vermutung, dass die Richterin die Akten nicht gelesen habe bzw. weder den Sachvortrag noch die rechtliche Argumentation habe zur Kenntnis nehmen wollen.
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Mit Beschluss vom 23. Januar 2020 wies das Landgericht München I den Befangenheitsantrag der Beschwerdeführerin vom 13. Dezember 2019 gegen die Richterin am Landgericht E. zurück. Der Ablehnungsantrag sei jedenfalls unbegründet. Soweit die Beschwerdeführerin auf das erste Ablehnungsgesuch Bezug nehme, könne vollumfänglich auf die Gründe des Beschlusses vom 26. August 2019 verwiesen werden. Allein der Umstand, dass die Richterin zulasten der Beschwerdeführerin entschieden habe, rechtfertige den Vorwurf ganz offensichtlich nicht. Darüber hinaus stelle die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Richterin habe „die erstinstanzlichen Verfahrensfehler ihres nunmehrigen Kammerkollegen perpetuiert“, eine ganz offensichtlich haltlose reine Vermutung dar. Auch die Behauptung der Beschwerdeführerin, es bestehe „die Vermutung“, dass die abgelehnte Richterin „die Akten nicht gelesen“ habe bzw. „weder den Sachvortrag noch die rechtliche Argumentation (der Beschwerdeführerin) zur Kenntnis“ habe nehmen wollen, stelle eine ganz offensichtlich ins Blaue hinein gestellte reine Vermutung dar. Aus dem Endurteil vom 8. November 2019 ergebe sich vielmehr das Gegenteil. Die Richterin habe die wesentliche Argumentation erfasst und abgehandelt, sich der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin aber augenscheinlich nicht angeschlossen. Weder habe die abgelehnte Richterin die Mitwirkung der Parteien auf Verfahrensgestaltung und ihre Einflussnahme auf die Entscheidungsgrundlage sachwidrig beschnitten noch sei auch nur im Ansatz ersichtlich, dass das prozessuale Vorgehen einer ausreichenden rechtlichen Grundlage entbehrt hätte. Selbst wenn Verstöße gegen das Prozessrecht vorlägen, ließe sich vorliegend der Vorwurf der Befangenheit nicht begründen. Insbesondere die Nichterteilung von Hinweisen rechtfertige nicht den Vorwurf der Befangenheit, zumal rechtliche Hinweise nach der Vorschrift des § 139 ZPO nicht ausnahmslos und in jedem Fall zu geben seien, sondern lediglich dann, wenn es sich um einen Gesichtspunkt handle, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten habe. Die Urteilsverkündung selbst entspreche der gesetzlichen Vorschrift des § 310 Abs. 1 Alt. 1 ZPO. Auch die von der abgelehnten Richterin geäußerte Möglichkeit einer Beweisaufnahme rechtfertige den Vorwurf der Befangenheit nicht, sondern stelle ersichtlich eine lediglich im Rahmen der mündlichen Verhandlung geäußerte vorläufige Meinungsäußerung dar. Im Übrigen trage die Beschwerdeführerin lediglich Umstände vor bzw. stelle Behauptungen auf, die sich gegen die Richtigkeit des Endurteils richteten. Solche Einwendungen rechtfertigten aber den Vorwurf der Befangenheit selbst dann nicht, wenn sie zuträfen.
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d) Mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 20. Februar 2020 verwarf das Landgericht die Anhörungsrüge. Eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör oder sonstiger Verfahrensgrundrechte durch die angegriffene Entscheidung sei nicht erkennbar. Aus den Ausführungen der Anhörungsrüge ergebe sich nicht, was auf entsprechende Hinweise des Gerichts gemäß § 139 ZPO Entscheidungserhebliches vorgetragen worden wäre. Dies wäre jedoch Voraussetzung, um die Kausalität einer Verletzung der Prozessleitungspflicht darzulegen und überprüfbar zu machen. Die Anhörungsrüge erschöpfe sich vielmehr lediglich in der Wiederholung erstinstanzlichen Vortrags. Es bleibe weiterhin nicht erkennbar, inwiefern selbst eine „Unterdrucksetzung der Käuferseite“ die Entscheidungen der Beschwerdeführerin beeinflusst haben solle. Gleichfalls sei weiterhin keine Täuschung der Klägerin über die Finanzierung des Kaufpreises ersichtlich. Vielmehr habe der Zeuge B. nach eigenem Vortrag der Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass die Klägerin den Käufern eine Finanzierung anbieten werde. Es bleibe nicht nachvollziehbar, inwiefern die Finanzierung über die Klägerin Auswirkungen auf die Höhe des zu erzielenden Verkaufspreises gehabt haben solle. Eine Täuschung oder ein schuldhaftes pflichtwidriges Handeln der Klägerin, welche die unstreitige ursprüngliche Kaufpreisvorstellung der Beschwerdeführerin noch um 1.000,00 € überschreite, sei auch nach den Ausführungen der Anhörungsrüge nicht erkennbar.
27
e) Mit Beschluss vom 22. April 2020 verwarf das Landgericht darüber hinaus die mit Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 21. Februar 2020 erhobene weitere Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 23. Januar 2020 als unzulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Anhörungsrüge gegen den nicht nach § 567 Abs. 1 ZPO anfechtbaren Beschluss vom 23. Januar 2020 sei spätestens in dem Zeitpunkt entfallen, in dem mit Beschluss vom 20. Februar 2020 die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin gegen das Endurteil verworfen worden sei. Denn im Fall des vollständigen Abschlusses einer Instanz könne ein Ablehnungsgrund nicht mehr geltend gemacht werden. Lediglich vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die Anhörungsrüge in der Sache auch unbegründet gewesen wäre. Unabhängig von der Frage, ob der Beschwerdeführerin die dienstliche Stellungnahme der abgelehnten Richterin vom 20. Januar 2020 vor der Entscheidung vom 23. Januar 2020 bekannt zu geben war oder nicht, liege jedenfalls eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht vor. Die dienstliche Stellungnahme habe sich in folgendem Satz erschöpft: „Die mündliche Verhandlung vom 8. November 2019 habe ich geleitet und das Endurteil am 8. November 2019 erlassen und verkündet.“ Mit einer Übersendung dieser Stellungnahme hätte daher bei der Beschwerdeführerin kein irgendwie gearteter Erkenntnisgewinn eintreten können.
28
1. Mit ihrer am 27. April 2020 eingegangenen Verfassungsbeschwerde vom 23. April 2020 macht die Beschwerdeführerin geltend, sie sei durch das Endurteil des Landgerichts München I vom 8. November 2019 sowie durch den Beschluss vom 20. Februar 2020 in ihren Rechten aus Art. 91 Abs. 1 BV i. V. m. Art. 118 Abs. 1 BV sowie aus Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV verletzt. Der Beschluss, mit dem über die Anhörungsrüge entschieden worden sei, enthalte ausnahmsweise eine eigene Rechtsverletzung.
29
a) Das Endurteil des Landgerichts vom 8. November 2019 verletze das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 91 Abs. 1 BV und verstoße zugleich gegen das Willkürverbot gemäß Art. 118 Abs. 1 BV, weil sich das Urteil in mehrfacher Hinsicht als Überraschungsurteil erweise. Die Beschwerdeführerin habe nicht damit rechnen können, dass am Ende der Sitzung überhaupt ein Urteil verkündet werden würde, jedenfalls nicht ein die Berufung zurückweisendes Urteil. Außerdem habe das Gericht ihren Vortrag ohne vorherige Hinweise (§ 139 ZPO) und zu Unrecht als unsubstanziiert zurückgewiesen. Sie habe erstens dazu vorgetragen, dass die Käufer unter Druck gesetzt worden seien, über die Klägerin zu finanzieren. Zweitens seien die Käufer bereit gewesen, einen um 1.000,00 € höheren Kaufpreis (125.000,00 €) zu bezahlen, was die Klägerin der Beschwerdeführerin nicht mitgeteilt bzw. vereitelt habe. Drittens wirke sich die Höhe der Gesamtprovision zwangsläufig auf die Höhe des Verkaufserlöses aus. Darüber hinaus seien entscheidungserheblicher Sachvortrag sowie die daran anknüpfende rechtliche Argumentation übergangen bzw. schlicht ignoriert worden. So habe sie zu keinem Zeitpunkt die Doppeltätigkeit der Klägerin beanstandet, sondern insbesondere den Umstand, dass sie über die Höhe der von den Käufern zu zahlenden Provision getäuscht worden sei. Es fehle jegliche Auseinandersetzung mit ihrem zentralen Vorbringen; Beweisantritte seien übergangen worden. Soweit das Berufungsgericht ausgeführt habe, der Vortrag, die Käuferseite sei „unter Druck gesetzt worden“, den Kauf über die Klägerin zu finanzieren, sei unsubstanziiert und ins Blaue hinein vorgetragen worden, treffe dies nicht zu. Konkrete Ausführungen hierzu seien bereits mit der Klageerwiderung erfolgt. In der Klageerwiderung habe sie außerdem hilfsweise umfangreich zur Verwirkung des Anspruchs auf Maklerlohn vorgetragen. Auch dieser Vortrag sei vom Berufungsgericht nicht zur Kenntnis genommen bzw. sie sei nicht darauf hingewiesen worden, dass der Vortrag nicht ausreichend substanziiert sei. Vergleichbares gelte für ihren Vortrag zu dem zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch; ein Beweisantrag hierzu sei im Übrigen gestellt worden. Bei Abwägung aller besonderen Umstände des Verfahrens bestehe Anlass für begründete Zweifel daran, dass die erkennende Richterin im Berufungsverfahren frei von Willkür gehandelt habe. Das angefochtene Endurteil des Landgerichts beruhe auf diesem mehrfachen Verstoß des Berufungsgerichts gegen das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
30
b) Das Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV werde insbesondere durch eine verfassungsrechtlich fehlerhafte Anwendung der zivilprozessualen Vorschriften über die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit verletzt. Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV sei zunächst schon dadurch verletzt, dass der Vorsitzende der Kammer verfügt habe, dass nicht nach § 522 Abs. 2 ZPO zu verfahren, sondern zu terminieren sei, nicht aber die zuständige Einzelrichterin. Letztlich sei die Terminierung ein deutliches Signal dafür gewesen, dass die Berufung nicht aussichtslos sei, während die erkennende Richterin jedoch der gegenteiligen Meinung gewesen sei und die Berufung am Ende der Sitzung ohne jeglichen Hinweis zurückgewiesen habe. Jedenfalls liege eine Verletzung des Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV dadurch vor, dass beide Befangenheitsanträge der Beschwerdeführerin zu Unrecht zurückgewiesen worden seien. Allein das besondere kollegiale Näheverhältnis der zuständigen Einzelrichterin zu dem Richter, der das erstinstanzliche Urteil gefällt habe, rechtfertige die Besorgnis der Befangenheit. Dies gelte nicht nur für Fälle, in denen ein Mitglied eines Spruchkörpers über einen Rechtsstreit zu entscheiden habe, in dem ein anderes Mitglied des gleichen Spruchkörpers Partei des Rechtsstreits sei (vgl. Stackmann in MüKo ZPO, 5. Aufl. 2016, § 42 ZPO Rn. 9). Vorliegend träten besondere Umstände hinzu. Der „böse Schein“ der Befangenheit liege vor, weil in der Berufung schwerwiegende Verfahrensverstöße des Erstrichters gerügt worden seien, der Erstrichter nunmehr Kammerkollege der Berufungsrichterin sei, diese ihrerseits verfahrensfehlerhaft verfahren sei und unter Übergehung sämtlichen entscheidungserheblichen Vorbringens der Beschwerdeführerin die fehlerhafte erstinstanzliche Entscheidung perpetuiert habe. Das angefochtene Urteil bzw. die angefochtenen Beschlüsse beruhten auch auf der gerügten Rechtsverletzung.
31
c) Der Beschluss des Landgerichts vom 20. Februar 2020 (und mittelbar auch der Beschluss vom 23. Januar 2020) verletzten ihr Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 91 Abs. 1 BV. Sie habe mit Erhebung der Anhörungsrüge zugleich einen neuerlichen Befangenheitsantrag gegen die Berufungsrichterin gestellt. Über diesen sei mit Beschluss vom 23. Januar 2020 entschieden worden, ohne dass ihr rechtliches Gehör zur dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richterin gewährt worden sei. Nach Zusendung der dienstlichen Äußerung hätte sie ihre Argumentation weiter vertieft. Da nicht ausgeschlossen sei, dass die Entscheidung der Kammer über den Befangenheitsantrag dann anders ausgefallen wäre, beruhe der Beschluss vom 23. Januar 2020 auch auf der Gehörsverletzung, die sich sodann im nachfolgenden Beschluss über die Anhörungsrüge fortsetze. Gegen den Beschluss vom 23. Januar 2020 habe sie ebenfalls Anhörungsrüge erhoben und zugleich beantragt, mit der Entscheidung über die Anhörungsrüge gegen das Berufungsurteil zuzuwarten, was jedoch nicht geschehen sei. Insoweit stelle der Beschluss vom 20. Februar 2020, mit dem die Anhörungsrüge zurückgewiesen worden sei, (ausnahmsweise) einen eigenen Gehörsverstoß dar und beruhe auf der Gehörsverletzung.
32
d) Mit Schriftsatz vom 10. Mai 2020 trägt die Beschwerdeführerin ergänzend zu dem Beschluss vom 22. April 2020 vor, der ihr am 4. Mai 2020 zugegangen sei. Es entspreche ersichtlich nicht den Tatsachen, dass ihr der Inhalt der dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richterin zum Zeitpunkt der Entscheidung am 23. Januar 2020 positiv bekannt gewesen sei. Die dienstliche Stellungnahme vom 20. Januar 2020 sei ihr erst mit Verfügung des Landgerichts vom 2. März 2020 übersandt worden.
33
2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat von einer Stellungnahme abgesehen.
34
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 20. Februar 2020 richtet, da diese Entscheidung keine eigenständige Beschwer schafft. Die eine Nachholung rechtlichen Gehörs ablehnende Entscheidung (hier nach § 321 a ZPO) lässt allenfalls eine bereits durch die Ausgangsentscheidung eingetretene Verletzung rechtlichen Gehörs fortbestehen, indem die „Selbstkorrektur“ durch die Fachgerichte unterbleibt, schafft aber keine eigenständige Beschwer (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 2.10.2013 VerfGHE 66, 179/186; vom 7.8.2019 – Vf. 97-VI-13 u. a. – juris Rn. 48; vom 25.1.2021 – Vf. 4-VI-20 – juris Rn. 14; vom 20.4.2021 – Vf. 44-VI-20 – juris Rn. 27; vom 23.3.2022 – Vf. 36-VI-21 – juris Rn. 25). Dass der Beschluss vom 20. Februar 2020, wie von der Beschwerdeführerin behauptet, ausnahmsweise eine eigenständige Beschwer schafft, weil er auf einem beachtlichen eigenständigen Gehörsverstoß beruht (vgl. oben unter II. 1. c)), wird offensichtlich schon nicht entsprechend den auf Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG beruhenden Darlegungsanforderungen aufgezeigt.
35
Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 23. Januar 2020 (Zurückweisung des Befangenheitsantrags gegen die Richterin E.) wurde erst am 21. Februar 2020 erhoben. Die Beanstandung, über diese sei vor dem Beschluss vom 20. Februar 2020 nicht entschieden worden bzw. eine in dieser Anhörungsrüge angekündigte Stellungnahme sei nicht abgewartet worden, geht schon deswegen ins Leere. Soweit die Beschwerdeführerin meint, der Beschluss vom 23. Januar 2020 sei mangels vorangegangener Übersendung der dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richterin unter Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör zustande gekommen und diese Gehörsverletzung setze sich im Beschluss vom 20. Februar 2020 fort, ist auch dies offensichtlich unsubstanziiert. So trägt sie lediglich vor, dass, aber nicht wie sie nach Zusendung der dienstlichen Äußerung „ihre Argumentation für die Besorgnis der Befangenheit vertieft“ hätte. Ausführungen dazu, was bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs konkret vorgetragen worden wäre, um eine günstigere Entscheidung zu erreichen, und wie dies die Entscheidung hätte beeinflussen können, gehören jedoch zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Rüge eines Verstoßes gegen Art. 91 Abs. 1 BV (VerfGH vom 25.1.2021 – Vf. 4-VI-20 – juris Rn. 24 m. w. N.). Ein Gehörsverstoß durch den Beschluss vom 23. Januar 2020 ist daher bereits nicht hinreichend dargelegt. Eine Folgewirkung für den angegriffenen Beschluss vom 20. Februar 2020 kommt schon deswegen nicht in Betracht.
36
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 8. November 2019 richtet, ist sie – insoweit unter Zurückstellung von Bedenken im Hinblick auf ihre hinreichende Substanziierung nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG (vgl. hierzu z.B. VerfGH vom 12.4.2021 – Vf. 14-VI-18 – juris Rn. 15; vom 9.8.2021 – Vf. 111-VI-20 – juris Rn. 33) – jedenfalls unbegründet.
37
Der Verfassungsgerichtshof überprüft gerichtliche Entscheidungen nur in engen Grenzen. Er ist kein Rechtsmittelgericht; es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen dahingehend zu kontrollieren, ob die tatsächlichen Feststellungen zutreffen oder ob die Gesetze richtig ausgelegt und angewandt wurden. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde beschränkt sich die Prüfung vielmehr auf die Frage, ob die Gerichte gegen Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen haben, die ein subjektives Recht des Beschwerdeführers verbürgen. Ist die angefochtene Entscheidung – wie hier – unter Anwendung von Bundesrecht ergangen, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.1.1990 VerfGHE 43, 12/17 f.; vom 5.10.2017 BayVBl 2018, 164 Rn. 18; vom 21.12.2020 – Vf. 20-VI-18 – juris Rn. 23; vom 24.8.2022 – Vf. 9-VI-21 – juris Rn. 49). In verfahrensrechtlicher Hinsicht überprüft der Verfassungsgerichtshof Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, bei entsprechender Rüge auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt wurde, das, wie z. B. das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV) oder der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV), mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.3.1997 VerfGHE 50, 60/62; vom 26.6.2013 VerfGHE 66, 94/97 m. w. N.; vom 27.1.2016 – Vf. 106-VI-14 – juris Rn. 24; vom 24.8.2022 – Vf. 9-VI-21 – juris Rn. 49).
38
Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab liegt ein Verstoß gegen die hier als verletzt gerügten Normen der Bayerischen Verfassung, insbesondere gegen Verfahrensgrundrechte, nicht vor.
39
1. Das Recht auf den gesetzlichen Richter aus Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV wurde nicht verletzt.
40
Das Grundrecht aus Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV gewährleistet, dass die Zuständigkeit des Gerichts rechtssatzmäßig festgelegt sein muss, und untersagt auch jede willkürliche Verschiebung innerhalb der Justiz. Es darf kein anderer als der Richter tätig werden und entscheiden, der in den allgemeinen Normen der Gesetze und in den Geschäftsverteilungsplänen der Gerichte dafür vorgesehen ist (VerfGH vom 15.11.2018 – Vf. 10-VI-17 – juris Rn. 18 m. w. N.; vom 4.1.2023 – Vf. 27-VI-22 – juris Rn. 31). Das Recht auf den gesetzlichen Richter wäre auch bei einer willkürlichen, also unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbaren, schlechthin unhaltbaren, offensichtlich sachwidrigen, eindeutig unangemessenen Ablehnung eines Befangenheitsantrags verletzt (VerfGH vom 14.9.2005 VerfGHE 58, 190/194; vom 22.9.2015 BayVBl 2016, 426 Rn. 26; vom 28.1.2020 – Vf. 80-VI-18 – juris Rn. 21).
41
a) Die Beschwerdeführerin sieht ihr Recht auf den gesetzlichen Richter zunächst dadurch verletzt, dass angeblich der Vorsitzende der Kammer und nicht die zuständige Einzelrichterin die Ladung für den ursprünglich am 2. August 2019 vorgesehenen Termin verfügt habe. Diese Behauptung trifft jedoch bereits nicht zu, worauf die Beschwerdeführerin im Beschluss des Landgerichts vom 26. August 2019 (dort Ziffer II. 4)) hingewiesen worden ist. Aus den vom Verfassungsgerichtshof beigezogenen Akten des zivilgerichtlichen Verfahrens ergibt sich eindeutig, dass der Vorsitzende mit Verfügung vom 8. Juli 2019 lediglich festgestellt hatte, dass Richter am Landgericht Dr. E. gemäß § 41 Nr. 6 ZPO von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen sei und die Berichterstattung bzw. Einzelrichterzuständigkeit nach der Geschäftsverteilung der Kammer durch seine Vertreterin, Richterin am Landgericht E., übernommen werde. Mit Beschluss der Kammer vom selben Tag wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 526 Abs. 1 ZPO). Die von diesen beiden Vorgängen gesondert ebenfalls am 8. Juli 2019 verfügte Terminierung wurde ausweislich der Unterschrift zweifelsfrei von der Richterin am Landgericht E. unterzeichnet. Dass die Beschwerdeführerin dies aus den ihr vorliegenden Unterlagen ohne eine Akteneinsicht nicht selbst nachvollziehen konnte, ändert nichts an den Tatsachen. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass in der Verfügung des Vorsitzenden unter Ziffer 4. auf eine „weitere Verfügung gesondert“ verwiesen wurde und (mit anderer Handschrift) daneben „Terminierung anbei“ vermerkt war. Soweit die Beschwerdeführerin meint, die Einzelrichterin hätte nach § 522 Abs. 2 ZPO verfahren müssen, zeigt sie keine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter auf. Sie setzt sich schon nicht damit auseinander, dass aus dem Vorliegen eines Verfahrensfehlers nicht unmittelbar auf eine Besorgnis der Befangenheit geschlossen werden kann (vgl. BGH vom 29.1.2021 – AnwSt (B) 4/20 – juris Rn. 9); im Übrigen kommt ein Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO durch den Einzelrichter nicht in Betracht (vgl. Heßler in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 522 Rn. 30; vgl. auch § 523 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
42
b) Auch ist es – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin – verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht den Befangenheitsantrag der Beschwerdeführerin vom 1. August 2019 gegen die Richterin am Landgericht E. mit Beschluss vom 26. August 2019 zurückgewiesen hat. Auf die Zurückweisung des erst nach dem in Rede stehenden Urteil vom 8. November 2019 gestellten weiteren Befangenheitsantrag durch Beschluss vom 23. Januar 2020 kommt es hier nicht an.
43
Nach § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Fall, wenn aus der Sicht einer Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Nicht erforderlich ist dagegen, dass tatsächlich eine Befangenheit vorliegt. Vielmehr genügt es, dass die aufgezeigten Umstände geeignet sind, der betroffenen Partei Anlass zu begründeten Zweifeln zu geben; denn die Vorschriften über die Befangenheit von Richtern bezwecken, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität zu vermeiden (BGH vom 27.2.2020 – III ZB 61/19 – juris Rn. 11 m. w. N.).
44
Die Beschwerdeführerin begründet die Besorgnis der Befangenheit im Wesentlichen mit der Zugehörigkeit der zuständigen Einzelrichterin zum gleichen Spruchkörper wie der erstinstanzlich zuständige Richter (der nach Wechsel an das Berufungsgericht nunmehr nach § 41 Nr. 6 ZPO von der Ausübung des Richteramts in diesem Berufungsverfahren kraft Gesetzes ausgeschlossen war) und dem deshalb bestehenden besonderen kollegialen Näheverhältnis. Dabei übersieht sie jedoch – trotz entsprechenden Hinweises im Beschluss des Landgerichts München I vom 26. August 2019, mit dem sie sich nicht auseinandersetzt –, dass sich die von ihr zitierten Kommentarfundstellen nur darauf beziehen, dass ein Kollegialitätsverhältnis dann ausnahmsweise die Besorgnis der Befangenheit begründen kann, wenn der Richterkollege selbst Partei des fraglichen Rechtsstreits ist (vgl. aktuell Vollkommer in Zöller, ZPO, § 42 Rn. 12 und 12 a), bzw. auf Fälle eines besonderen Näheverhältnisses des Richters im Sinn von Ehe, Verwandtschaft oder Schwägerschaft zu einem Prozessbeteiligten (vgl. Stackmann in MüKo ZPO, 5. Aufl. 2016 bzw. 6. Aufl. 2020, jeweils § 42 Rn. 9). Es ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht eine vergleichbare Fallkonstellation vorliegend verneint hat und auch keine besonderen, die Besorgnis der Befangenheit begründenden Umstände darin gesehen hat, dass die Beschwerdeführerin mit ihrer Berufung schwerwiegende Verletzungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den damaligen Richter am Amtsgericht und jetzigen Kammerkollegen geltend gemacht hat. Jedenfalls stellt sich der Beschluss vom 26. August 2019 keinesfalls als willkürlich im oben dargelegten Sinn dar. Vielmehr ist die Übernahme eines Verfahrens durch den geschäftsplanmäßigen Vertreter Folge des Ausschlusses nach § 41 Nr. 6 ZPO; damit ist regelmäßig (innerhalb der jeweiligen Prüfungskompetenz des Rechtsmittelgerichts) eine Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung auf etwaige verfahrensrechtliche oder materiellrechtliche Fehler verbunden.
45
Soweit die Beschwerdeführerin eine Besorgnis der Befangenheit auch darin zu erkennen meint, dass die Richterin am Landgericht E. ihrerseits verfahrensfehlerhaft und nicht frei von Willkür gehandelt habe, ist schon eine hinreichend substanziierte Darlegung solcher Verstöße (zumal vor Entscheidung über den hier allein maßgeblichen ersten Befangenheitsantrag) sehr zweifelhaft. Jedenfalls greifen diese Vorwürfe nicht durch (vgl. nachstehende Ausführungen).
46
2. Eine Verletzung des Anspruchs der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) durch das Urteil des Landgerichts München I vom 8. November 2019 liegt nicht vor.
47
a) Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs hat eine zweifache Ausprägung: Zum einen untersagt er dem Gericht, seiner Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten. Zum anderen gibt er den Beteiligten einen Anspruch darauf, dass rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird, soweit es aus verfahrens- oder materiellrechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 29.10.1993 VerfGHE 46, 293/296; vom 6.4.2001 VerfGHE 54, 29/31 f.; vom 20.4.2021 – Vf. 44-VI-20 – juris Rn. 32 m. w. N.; vom 7.4.2022 – Vf. 66-VI-19 – juris Rn. 27).
48
Das Gericht wird durch den Grundsatz des rechtlichen Gehörs aber nicht verpflichtet, auf alle Ausführungen oder Anliegen eines Beteiligten einzugehen. Hat das Gericht die Ausführungen eines Beteiligten entgegengenommen, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie bei der Entscheidung erwogen worden sind (VerfGH vom 29.6.2004 VerfGHE 57, 62/66; vom 8.10.2013 – Vf. 71-VI-13 – juris Rn. 58; vom 7.7.2020 – Vf. 68-VI-19 – juris Rn. 30). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls klar und deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 8.7.2020 – Vf. 93-VI-19 – juris Rn. 35 m. w. N.; vom 7.4.2022 – Vf. 66-VI-19 – juris Rn. 27). Geht das Gericht etwa auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vorbringens schließen, sofern es nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstanziiert war (VerfGH vom 9.2.1994 VerfGHE 47, 47/52; vom 8.10.2013 NStZ-RR 2014, 50; vom 8.7.2020 – Vf. 93-VI-19 – juris Rn. 35). Entsprechendes gilt für die wesentlichen Rechtsausführungen einer Partei (VerfGH vom 20.12.2021 – Vf. 18-VI-21 – juris Rn. 29). Hingegen ergibt sich aus Art. 91 Abs. 1 BV kein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung eines Beteiligten anschließt, also „auf ihn hört“. Die Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör kann auch nicht damit begründet werden, die vom Gericht vertretene Auffassung sei unrichtig (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 8.7.2020 – Vf. 93-VI-19 – juris Rn. 35 m. w. N.; vom 7.4.2022 – Vf. 66-VI-19 – juris Rn. 27).
49
Nicht jeder Verstoß gegen § 139 ZPO stellt zugleich eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör dar. Das Grundrecht des Art. 91 Abs. 1 BV begründet keine allgemeine und unbegrenzte Aufklärungs- und Hinweispflicht. Das Gericht ist verfassungsrechtlich nicht gehalten, die Rechtslage mit den Parteien zu erörtern, sie auf alle möglicherweise maßgeblichen Umstände hinzuweisen oder vor dem Erlass seiner Entscheidung darzulegen, welchen Sachverhalt oder welche Rechtsmeinung es seiner Entscheidung zugrunde legen wird (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 13.3.1998 VerfGHE 51, 49/54; vom 28.11.2005 VerfGHE 58, 266/269 f.; vom 29.1.2014 BayVBl 2014, 448 Rn. 35; vom 7.4.2022 – Vf. 66-VI-19 – juris Rn. 30). Hinweis-, Aufklärungs- und Erörterungspflichten, die über die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen hinausgehen, sich zu dem der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt zu äußern, sind, auch wenn sie im einfachen Prozessrecht verankert sind, nicht von der Schutzwirkung des Rechts auf Gehör umfasst (VerfGH vom 9.8.1991 VerfGHE 44, 96/102; BayVBl 2014, 448 Rn. 35; vom 7.4.2022 – Vf. 66-VI-19 – juris Rn. 30). Mit der Behauptung, das Gericht habe die Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1 ZPO verletzt, kann daher ein Verstoß gegen Art. 91 Abs. 1 BV grundsätzlich nicht dargetan werden. Verletzungen der Aufklärungspflicht können nur dann zu einem Verstoß gegen Art. 91 Abs. 1 BV führen, wenn das Gericht einen vor seiner Entscheidung überhaupt nicht erörterten tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und dadurch dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Parteien nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen konnten. In einem solchen Fall legt das Gericht seiner Entscheidung letztlich einen Sachverhalt zugrunde, zu dem sich die Parteien nicht äußern konnten (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGHE 44, 96/102; 58, 266/270; BayVBl 2014, 448 Rn. 35; vom 7.4.2022 – Vf. 66-VI-19 – juris Rn. 30). Allerdings bewahrt Art. 91 Abs. 1 BV die Parteien auch nicht schlechthin davor, dass das Gericht seine Entscheidung aus Gründen trifft, mit denen sie nicht gerechnet haben (VerfGH vom 12.2.2008 – Vf. 12-VI-07 – juris Rn. 23).
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Einen Verstoß gegen Art. 91 Abs. 1 BV kann auch die Ablehnung eines entscheidungserheblichen Beweisantrags begründen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass das Gericht das Prozessrecht diesbezüglich in einer Weise auslegt und handhabt, die unter Berücksichtigung des Anspruchs auf rechtliches Gehör unvertretbar ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 25.5.2011 VerfGHE 64, 61/67; vom 27.1.2016 BayVBl 2016, 671 Rn. 26; vom 2.3.2017 – Vf. 1-VI-16 – juris Rn. 19; vom 20.4.2021 – Vf. 44-VI-20 – juris Rn. 39). Ob ein Beweisthema entscheidungserheblich ist, obliegt der materiellrechtlichen Einschätzung des zur Entscheidung berufenen Gerichts, welche verfassungsrechtlich nur daraufhin überprüfbar ist, ob sie gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV) verstößt (VerfGH vom 29.5.2012 – Vf. 116-VI-11 – juris Rn. 29). Die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen wird erst dann überschritten, wenn ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird (VerfGH vom 12.3.2018 – Vf. 40-VI-17 – juris Rn. 41; BVerfG vom 22.5.2015 – 1 BvR 2291/13 – juris Rn. 5).
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b) Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt sich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör hier nicht feststellen.
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aa) Die Beschwerdeführerin geht von einer Überraschungsentscheidung aus, weil sie nicht damit habe rechnen können, dass am Ende der Sitzung überhaupt ein Urteil ergehen würde. Dies begründet sie damit, dass die Richterin in der mündlichen Verhandlung – nachdem eine einvernehmliche Lösung zwischen den Parteien nicht zustande gekommen war – sinngemäß geäußert habe, dass man über eine Beweisaufnahme nachdenken müsse, und außerdem – auch auf ausdrückliche Nachfrage – keine Hinweise erteilt worden seien bzw. solche nicht hätten erteilt werden können. Da das Gericht zudem nicht nach § 522 Abs. 2 ZPO verfahren sei und terminiert habe, habe es zu erkennen gegeben, dass es das angefochtene Urteil für überprüfungsbedürftig halte. Letztlich habe das Gericht die Klägerin um die Möglichkeit gebracht, ihre Berufung zurückzunehmen und Kosten zu sparen. Zur weiteren Begründung hat die Beschwerdeführerin pauschal auf ihre Darstellung des Berufungsverfahrens Bezug genommen.
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Hiermit teilt die Beschwerdeführerin jedoch ausschließlich ihre Einschätzung der Sach- und Rechtslage mit, ohne einen Verfassungsverstoß aufzuzeigen. So ist bereits objektiv nicht nachvollziehbar, wie eine vorläufige Meinungsäußerung in der mündlichen Verhandlung, wonach man über eine Beweisaufnahme (lediglich) nachdenken müsse, von der Beschwerdeführerin dahingehend verstanden werden konnte, dass ein (die Berufung zurückweisendes) Urteil nicht ergehen werde. Angesichts ihrer Verurteilung durch das Amtsgericht mit Urteil vom 23. Mai 2019 musste die Beschwerdeführerin mit der Möglichkeit eines Unterliegens im Berufungsverfahren rechnen, zumal auch nach ihrem eigenen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht gerade keine eingehende Erörterung der Sach- und Rechtslage stattgefunden hatte. Folgt das Berufungsgericht – wie hier – der erstinstanzlichen Entscheidung, ist zudem nicht ersichtlich, welche verfassungsrechtlich relevanten Hinweispflichten bestanden haben könnten. Vielmehr gilt umgekehrt, dass ein Hinweis durch das Berufungsgericht insbesondere dann zu erteilen ist, wenn es der Entscheidung der ersten Instanz nicht folgen will (vgl. VerfGH vom 12.2.2008 – Vf. 12-VI-07 – juris Rn. 25 mit Hinweis auf BGH vom 28.9.2006 NJW-RR 2007, 17; vom 20.11.2019 – Vf. 2-VI-19 – juris Rn. 24 m. w. N.). Dass ein Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO nach Übertragung auf den Einzelrichter gar nicht (mehr) in Betracht kam, wurde bereits dargelegt (vgl. unter 1. a)). Zudem lässt eine Nichtanwendung dieser Verfahrensweise ohnehin keinen (sicheren) Rückschluss auf den Ausgang des Berufungsverfahrens zu. Ob mündlich verhandelt oder die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen wird, liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsgerichts. Eine Terminierung und Entscheidung durch Urteil nach mündlicher Verhandlung ist auch bei unbegründeter Berufung nie ein Verfahrensverstoß, der eine Revision begründet (vgl. Heßler in Zöller, ZPO, § 522 Rn. 31). § 310 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmt schließlich ausdrücklich, dass das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, oder in einem sofort anzuberaumenden Termin verkündet wird.
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Soweit die Beschwerdeführerin ausführt, sie hätte auf ihren bisherigen Vortrag verwiesen bzw. diesen gegebenenfalls vertieft, wenn das Gericht sie darauf hingewiesen hätte, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe, zeigt sie auch nicht auf, dass die Entscheidung auf einem (insoweit unterstellten) Gehörsverstoß beruhen könnte. Denn es ist bereits nicht ersichtlich, welcher konkrete Vortrag der Beschwerdeführerin zu einer für sie günstigeren Entscheidung hätte führen können. Bloße Wiederholungen ihres Vortrags hätten jedenfalls kein anderes Ergebnis erwarten lassen.
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bb) Die Beschwerdeführerin hält die Entscheidung außerdem – erneut unter pauschaler Bezugnahme auf ihre Darstellung des Berufungsverfahrens – deshalb für überraschend, weil Sachvortrag als unsubstanziiert behandelt worden sei, ohne hierauf vorher hinzuweisen und so die Möglichkeit zur Konkretisierung zu geben. Damit habe das Berufungsgericht zugleich die Substanziierungsanforderungen überspannt. Denn sie habe im gesamten Verfahren immer wieder ausführlich und unter Beweisantritt zu den entscheidungserheblichen Umständen vorgetragen.
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(1) Tatsächlich hat das Berufungsgericht den Vortrag der Beschwerdeführerin, die Käufer seien „getäuscht bzw. unter Druck gesetzt worden“, über die Klägerin zu finanzieren, u. a. als unsubstanziiert angesehen. Anders als die Beschwerdeführerin meint, hielten jedoch weder das Amts- noch das Landgericht diesen Vortrag letztlich für entscheidungserheblich. Beide Gerichte haben sich im Rahmen der Prüfung einer etwaig wirksamen Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB mit ihm auseinandergesetzt und darauf hingewiesen, dass – zumal wegen des Grundsatzes der Relativität der Schuldverhältnisse – nicht erkennbar sei, inwiefern dies die Entscheidungen der Beschwerdeführerin beeinflusst haben solle. Diese Beurteilung erscheint jedenfalls vertretbar, zumal die Beschwerdeführerin selbst zugestanden hatte, dass der Zeuge B. sie darüber informiert habe, dass die Klägerin natürlich eine Finanzierung anbieten werde (wobei dies aber keine Rolle für die Vermittlung des Objekts spielen werde). Die Beschwerdeführerin hätte sich hiermit im Berufungsverfahren näher auseinandersetzen können; eines Hinweises bedurfte es dazu nicht. Mangels aus Sicht des Landgerichts gegebener Entscheidungserheblichkeit war auch keine Beweisaufnahme geboten; im Übrigen hat dieses nicht den Vortrag der Beschwerdeführerin in tatsächlicher Hinsicht übergangen, sondern hierzu lediglich eine andere Rechtsmeinung vertreten. Ein Gehörsverstoß ist nicht erkennbar.
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Soweit die Beschwerdeführerin darauf hinweist, dass dieser Gesichtspunkt auch für die Frage einer Verwirkung des Anspruchs auf Maklerlohn nach § 654 BGB zu berücksichtigen gewesen wäre, ist ihr zwar zuzugeben, dass weder das Amts- noch das Landgericht diesen Gesichtspunkt ausdrücklich erwähnt haben. Da sie ihn aber in ihren Urteilen keinesfalls übersehen haben, muss mangels entgegenstehender klarer Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass sie ihn auch bei der Prüfung der Frage einer etwaigen Verwirkung mitberücksichtigt haben. Das Berufungsgericht weist darauf hin, dass für die Annahme einer Verwirkung der Makler subjektiv vorsätzlich oder mit dem Vorsatz nahekommender Leichtfertigkeit den Interessen des Auftraggebers in so schwerwiegender Weise zuwiderhandeln müsste, dass er eines Lohnes unwürdig erscheine. Dieser Grundsatz steht mit der Kommentarliteratur in Einklang (vgl. Meier in BeckOGK BGB, § 654 Rn. 24 mit Hinweisen insbesondere auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs; Althammer in MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, § 654 Rn. 21). Wenn das Landgericht es bei der hier vorliegenden Sachverhaltskonstellation als nicht ersichtlich ansieht, dass der Zeuge B. Interessen der Beschwerdeführerin leichtfertig vernachlässigt habe, zumal ein um 1.000,00 € höherer Kaufpreis als ursprünglich vorgestellt erzielt worden sei, und weiter annimmt, dass auch eine Gesamtwürdigung der Umstände nicht zu einer leichtfertigen Treuepflichtverletzung führe, ist dieses Ergebnis nachvollziehbar und kann ohne Weiteres unter Berücksichtigung des in Rede stehenden Vortrags der Beschwerdeführerin gefunden worden sein. Zu bedenken ist hier auch, dass es nach dem eigenen Vortrag der Beschwerdeführerin keine weiteren Kaufinteressenten neben den späteren Käufern gegeben hat und die Klägerin aufgrund ihrer zulässigen und der Beschwerdeführerin bekannten Doppeltätigkeit (unabhängig von der jeweils konkreten Höhe der Provision) als sog. „ehrlicher Makler“ zur Neutralität zwischen Verkäuferin und Käufern verpflichtet war. Schließlich ist der Kaufvertrag mit der Beschwerdeführerin zustande gekommen, obwohl die Käufer letztlich nicht über die P.-Bank finanziert haben.
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Überdies hat die Beschwerdeführerin weder mit ihrer Anhörungsrüge noch mit der Verfassungsbeschwerde substanziiert dargelegt, was sie bei (aus ihrer Sicht) ausreichender Gehörsgewährung ergänzend vorgetragen hätte und dass nicht auszuschließen sei, dass dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung geführt hätte (vgl. VerfGH vom 25.1.2021 – Vf. 4-VI-20 – juris Rn. 19). Auch im Übrigen sind tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass das angefochtene Urteil auf dem behaupteten Gehörsverstoß beruhen könnte, nicht ersichtlich.
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(2) Der Vorhalt der Beschwerdeführerin, das Berufungsgericht sei im Rahmen der Prüfung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs zu Unrecht davon ausgegangen, sie habe nicht substanziiert dargelegt, dass die Käufer zur Zahlung eines (um 1.000,00 €) höheren Kaufpreises bereit gewesen wären, vermag ebenfalls keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu begründen. So hat die Beschwerdeführerin zum Beweis ihres Vortrags zwar Vertragsunterlagen zwischen der Klägerin und den späteren Käufern als Anlage zur Klageerwiderung vorgelegt. Hierbei handelte es sich um „Vorvertragliche Informationspflichten zum Kaufinteressenten/Maklervertrag“ sowie um ein Papier „Kaufinteressent/Maklervertrag“; in dem zweiten Dokument ist eine Kaufpreisvorstellung in Höhe von 125.000 € genannt. Es erschließt sich daraus jedoch nicht, ob sich diese Kaufpreisvorstellung überhaupt bereits auf das konkrete Objekt bezog. Zudem ist nicht ersichtlich, dass die Bereitschaft der Käufer zur Zahlung dieses Betrags – und damit die Frage der Substanziierung des diesbezüglichen Tatsachenvortrags der Beschwerdeführerin – für das Landgericht letztlich entscheidungserheblich war. Das Amtsgericht hatte ausdrücklich neben dem Gesichtspunkt der Substanziierung des entsprechenden Vortrags („zum einen“) ausgeführt („Zum anderen“), dass in rechtlicher Hinsicht nicht schon dann von einem schuldhaft pflichtwidrigen Verhalten eines Maklers auszugehen sei, wenn dieser eine etwaige Kaufpreisvorstellung der Käuferseite im Rahmen seiner Vermittlungsbemühungen nicht vollumfänglich ausschöpft. Dem folgend („auch für das Berufungsgericht“) hat auch das Landgericht ein pflichtwidriges Handeln verneint, wobei es zudem auf die Überschreitung der Kaufpreisvorstellung der Beschwerdeführerin um 1.000 € abstellte. Nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Landgerichts ändert sich somit auch unter Zugrundelegung des diesbezüglichen Tatsachenvortrags der Beschwerdeführerin nichts am Ergebnis, sodass ein entscheidungserheblicher Gehörsverstoß ausscheidet. Diese Rechtsauffassung ist im Übrigen auch ohne weiteres nachvollziehbar. So war die Klägerin (unabhängig von der Höhe der jeweiligen Provisionen) genauso gegenüber den Käufern zur Neutralität verpflichtet. Angesichts des Umstands, dass es keine weiteren Kaufinteressenten gegeben hatte und die Immobilie dennoch zu dem im Exposé genannten Preis veräußert worden ist (womit die Preisvorstellung der Beschwerdeführerin um 1.000,00 € überschritten worden ist), ist es jedenfalls vertretbar, wenn das Amtsgericht und mit ihm das Landgericht – insoweit unter Zugrundelegung des Vortrags der Beschwerdeführerin – ein schuldhaft pflichtwidriges Verhalten der Klägerin verneinen. Zu bedenken ist hierbei, dass umgekehrt die Käufer genauso gut von der Klägerin hätten verlangen können, sie über die um 1.000,00 € niedrigere Kaufpreisvorstellung der Beschwerdeführerin zu informieren. Auf die von der Beschwerdeführerin angebotenen Beweise, insbesondere eine Vernehmung des Zeugen R., kam es nach der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts nicht entscheidungserheblich an. Nachdem das Landgericht außerdem die Entscheidung des Amtsgerichts vollumfänglich bestätigt hatte, ist auch nicht ersichtlich oder vorgetragen, aus welchen Gründen und inwieweit das Berufungsgericht verfassungsrechtlich verpflichtet gewesen sein könnte, der Beschwerdeführerin hierzu ergänzende Hinweise zu erteilen.
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(3) Soweit die Beschwerdeführerin meint, die Höhe der Käuferprovision wirke sich naturgemäß auf die Höhe des Verkaufserlöses aus, hat das Berufungsgericht den Vortrag zur Kenntnis genommen, diese Mutmaßung jedoch als unsubstanziiert und reine Spekulation angesehen. Unter welchem Gesichtspunkt diese Beurteilung verfassungsrechtlich zu beanstanden sein sollte, legt die Beschwerdeführerin nicht dar; es ist auch nicht ersichtlich. Für den Kaufpreis einer Immobilie sind zahlreiche Faktoren von Bedeutung. Lediglich einer davon mag (wie die Beschwerdeführerin geltend macht) das Gesamtbudget sein, welches den Käufern zur Verfügung steht. Allerdings ist nichts dafür ersichtlich, dass eine niedrigere Käuferprovision zwangsläufig zu einem spiegelbildlich höheren Verkaufserlös führt. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt a. M. vom 18. Mai 1988 (NJW-RR 1988, 1199) bezieht, hat bereits das Landgericht in seinem Urteil zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Entscheidung ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen hatte, bei dem der Makler gänzlich verschwiegen bzw. zu Unrecht in Abrede gestellt hatte, auch von der anderen Vertragspartei eine Provision zu erhalten. Zudem gilt im Hinblick auf die Entscheidungserheblichkeit das oben im Zusammenhang mit der Zahlungsbereitschaft der Käufer Ausgeführte.
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cc) Darüber hinaus rügt die Beschwerdeführerin, dass das Berufungsgericht wesentlichen, entscheidungserheblichen Sachvortrag übergangen und dafür Sachvortrag zugrunde gelegt habe, den es nicht gegeben habe. Es habe den Kern des Tatsachenvorbringens schlichtweg nicht zur Kenntnis genommen und die Gehörsverletzungen des Erstgerichts perpetuiert. Sachvortrag sei ignoriert und Beweisantritte seien übergangen worden.
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(1) Soweit die Beschwerdeführerin ihre Verfassungsbeschwerde ganz wesentlich auf die Behauptung stützt, sowohl das Amts- als auch das Landgericht hätten sich in ihren Urteilen lediglich mit der Frage der Zulässigkeit einer Doppeltätigkeit durch die Klägerin befasst, ist dies offensichtlich nicht zutreffend und vermag somit einen Gehörsverstoß nicht zu begründen.
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Die Gerichte haben den Vortrag der Beschwerdeführerin, wonach es ihr insbesondere um eine arglistige Täuschung über die Höhe der Käuferprovision gehe, entgegengenommen und berücksichtigt; dies ergibt sich zweifelsfrei aus den Urteilen. So schreibt das Amtsgericht im Tatbestand seines Urteils: „Sie [die Beschwerdeführerin] fühlt sich von der Klagepartei insbesondere über die Höhe der von den Käufern der Immobilie an die Klagepartei zu zahlenden Provision getäuscht und geht vor diesem Hintergrund von einer wirksamen Anfechtung … aus.“ In den Entscheidungsgründen legt das Amtsgericht dann dar, dass es an einem Anfechtungsgrund fehle; für eine arglistige Täuschung nach § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB sei nichts ersichtlich. „Soweit die Beklagte [Beschwerdeführerin] – aus welchen Gründen und Motiven auch immer – eine Begrenzung der Maklerprovision im Verhältnis zwischen der Klagepartei und der Käuferseite hätte sicherstellen wollen, hätte dies ebenfalls einer entsprechenden Vereinbarung bedurft. … Der Vorwurf einer arglistigen Täuschung ist auch im Lichte des Exposés, in welchem die käuferseits zu zahlende Provision der Höhe nach angegeben ist, im Ergebnis schwerlich nachvollziehbar.“ Das Landgericht hat in seinem Urteil ausgeführt, dass das Urteil des Amtsgerichts keinen rechtlichen Bedenken begegne, und die vom Gericht der ersten Instanz festgestellten Tatsachen zugrunde gelegt (vgl. § 529 ZPO). Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils wurde verwiesen und ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum der Beschwerdeführerin oder eine Täuschungshandlung der Klägerin im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB verneint. Die (irrige) Vorstellung der Beschwerdeführerin über die Höhe der Käuferprovision stelle lediglich einen unbeachtlichen Motivirrtum dar.
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Im Ergebnis ist das Berufungsgericht damit lediglich der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin nicht gefolgt, was jedoch keinen Gehörsverstoß begründet. Die auf Bundesrecht beruhende Bewertung der Sach- und Rechtslage durch das Berufungsgericht ist im Übrigen nachvollziehbar. Insbesondere setzt eine arglistige Täuschung Vorsatz voraus, der sich inhaltlich auf Täuschungshandlung und Irrtumserregung beziehen muss (vgl. Rehberg in BeckOGK BGB, § 123 Rn. 18; Armbrüster in MüKo BGB, 9. Aufl. 2021, § 123 Rn. 18).
65
Die Beschwerdeführerin hatte selbst in ihrer Klageerwiderung, im Schriftsatz vom 30. April 2019 (dort unter Ziffer 4.) sowie mit ihrem Berufungsschriftsatz (lediglich) vorgetragen, der Zeuge B. habe ihr versichert, dass sich die Provision der Käuferseite „im Rahmen des allgemein Üblichen“ bewegen werde. Wenn die Beschwerdeführerin deshalb davon ausging, dass die Käufer nicht mehr Provision zahlen würden als sie selber, so kann vertretbar angenommen werden, dass dieser Irrtum jedenfalls nicht, zumindest nicht vorsätzlich, durch die Klägerin bzw. den Zeugen B. hervorgerufen war. Zudem hat die Beschwerdeführerin in ihrer Klageerwiderung selbst auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin hingewiesen, in denen eine Provision von mindestens 3,57% inkl. Umsatzsteuer benannt ist. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass eine Provision von bis zu 7,14% noch üblich ist (vgl. BT-Drs. 19/15827 vom 11.12.2019 S. 10).
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Außerdem war es bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser vom 12. Juni 2020 (BGBl S. 1245), mit dem die §§ 656 a ff. BGB eingefügt worden sind, vielerorts üblich, dass der Käufer die gesamte Maklerprovision allein trug (vgl. BT-Drs. 19/15827 S. 1), ohne dass dies zum Anlass genommen wurde, eine Pflichtverletzung des Maklers gegenüber dem Verkäufer anzunehmen. Ziel der gesetzlichen Neuregelung war es vielmehr, Käufer (sofern es sich beim Kaufobjekt um eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus handelt) von Maklerkosten, die sie nicht verursacht haben und die nicht primär in ihrem Interesse angefallen sind, zu entlasten (vgl. BT-Drs. 19/15827 S. 1, 11). Vorliegend wurde später tatsächlich eine Käuferprovision in Höhe von 5,95% (inkl. Umsatzsteuer) abgerechnet. Das Berufungsgericht hat außerdem den Vortrag der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen, sodass eine Beweiserhebung insoweit nicht entscheidungserheblich und daher nicht notwendig war. Den Zeugen B. hatte die Beschwerdeführerin überdies zu diesem Aspekt nicht benannt.
67
Wenn die Beschwerdeführerin mit ihrer Verfassungsbeschwerde nunmehr ausführt, der Zeuge B. habe ihr versichert, dass die Käufer eine Provision ungefähr in der Höhe ihrer eigenen Provision (also 3%) zahlen müssten, weicht dies von dem Vortrag im zivilgerichtlichen Verfahren ab.
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Dass sich die Gerichte zusätzlich mit der Frage befasst haben, ob eine Doppeltätigkeit der Klägerin hier überhaupt zulässig gewesen ist (und dies im Ergebnis bejaht haben), begründet ebenfalls keinen Gehörsverstoß. Letztlich handelt es sich um einen vorgeschalteten Prüfungspunkt, der sich – so die Doppeltätigkeit rechtswidrig gewesen wäre – zugunsten der Beschwerdeführerin ausgewirkt hätte.
69
(2) Trifft danach die Behauptung der Beschwerdeführerin, das Landgericht München I habe sich ausschließlich mit der Frage der Zulässigkeit der Doppeltätigkeit der Klägerin beschäftigt, nicht zu, so kann auch der Argumentation der Beschwerdeführerin, wonach dies der Grund gewesen sei, dass ihr weiterer Vortrag zur Anfechtung der Freigabe des Exposés, zur Verwirkung und zur Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch nicht zur Kenntnis genommen worden sei, nicht gefolgt werden. Insoweit wurde bereits umfassend dargestellt, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beschwerdeführerin sehr wohl in seinem Kern zur Kenntnis genommen und auch berücksichtigt hat. Lediglich das Ergebnis der rechtlichen Würdigung ist nicht im Sinn der Beschwerdeführerin ausgefallen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergibt sich daraus gerade nicht. Die Beschwerdeführerin setzt sich ihrerseits auch gar nicht im Einzelnen argumentativ mit der angefochtenen gerichtlichen Entscheidung auseinander, sondern wiederholt letztlich auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren abermals ihre anderslautende Rechtsauffassung. Auch dass das angefochtene Urteil des Landgerichts auf dem geltend gemachten Gehörsverstoß beruhe, ist nicht ansatzweise dargelegt und auch nicht ersichtlich. Die bloße Behauptung der Beschwerdeführerin, sie hätte im Falle entsprechender gerichtlicher Hinweise ihren Vortrag weiter vertieft, genügt nicht.
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Bezüglich des weiteren Vortrags der Beschwerdeführerin wird lediglich ergänzend auf Folgendes hingewiesen:
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Der Hinweis im Urteil des Landgerichts auf die „unstreitig letztlich von den Käufern verlangte Provisionshöhe von 5%“ bezog sich – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin – offensichtlich auf die im Ergebnis von der Klägerin in Rechnung gestellte Käuferprovision. Dass diese niedriger als 7,14% gewesen ist, war zwischen den Parteien unstreitig. Die unterschiedlichen Angaben mit 5,95% (Beschwerdeführerin) bzw. 5% (Urteil des Landgerichts) erklären sich aus der unterschiedlichen Betrachtungsweise einmal mit bzw. einmal ohne Umsatzsteuer.
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Dazu, aus welchen Gründen das Berufungsgericht hier verfassungsrechtlich verpflichtet gewesen wäre, ein Sachverständigengutachten zur Höhe einer üblichen Provision einzuholen, trägt die Beschwerdeführerin nichts Näheres vor.
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Es kann nicht festgestellt werden, dass das Berufungsgericht verkannt hätte, dass es vorliegend um die Freiheit der Willensentschließung der Beschwerdeführerin beim Abschluss des Maklervertrages ging, nicht jedoch um die Vertragsfreiheit der Käufer und der Klägerin. Das Berufungsgericht ist lediglich zu dem Ergebnis gelangt, dass die Willensentschließung der Beschwerdeführerin nicht in einer Art und Weise beeinträchtigt wurde, die zu einer Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB berechtigen würde.
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Schließlich hat das Berufungsgericht auch den Vortrag der Beschwerdeführerin zur Frage der Wirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Es wurden jedoch ausdrücklich keine rechtlichen Bedenken gegen deren Wirksamkeit gesehen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese unter Anwendung von Bundesrecht ergangene Bewertung sind nicht ersichtlich.
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3. Bei dieser Sachlage verstößt das angefochtene Urteil des Landgerichts München I auch nicht gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV). Willkürlich wäre eine gerichtliche Entscheidung nur dann, wenn sie bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich wäre und sich der Schluss aufdrängte, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Selbst eine fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts begründet allein noch keinen Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV. Die Entscheidung dürfte unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar erscheinen; sie müsste schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 7. August 2013 VerfGHE 66, 144/152; vom 5.12.2017 – Vf. 55- VI-16 – juris Rn. 21; vom 24. August 2022 – Vf. 9-VI-21 – juris Rn. 53 m. w. N.).
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Die Beschwerdeführerin trägt hierzu keine neuen Gesichtspunkte oder verfassungsrechtlichen Erwägungen vor, sondern verweist lediglich auf eine „abwägende Würdigung aller vorgetragenen Umstände“. Diese begründen aber, wie bereits dargelegt, gerade keine Willkür. Insbesondere sind die bereits im Rahmen der Prüfung eines etwaigen Gehörsverstoßes eingehend dargestellten, auf Bundesrecht beruhenden materiellen Erwägungen des Landgerichts offensichtlich nicht unvertretbar und somit auch im Licht von Art. 118 Abs. 1 BV von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.
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Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).