Inhalt

LG München I, Endurteil v. 25.04.2019 – 7 O 2141/17
Titel:

Frequenzumsetzung und Selektivität mit verschiedenen Filterdarstellungen als Patent

Normenketten:
ZPO § 110
EPÜ Art. 69
PatG § 9
Leitsätze:
1. Die Inanspruchnahme sachverständiger Beratung dient allgemein dazu, das Gericht in die Lage zu versetzen, den für die Bejahung oder Verneinung der zu beantwortenden Rechtsfrage (Patentfähigkeit, Ausführbarkeit, Verletzung) maßgeblichen (technischen) Sachverhalt festzustellen und zu verstehen. Welche Sachverhaltselemente insoweit von Bedeutung sind, hängt davon ab, was Gegenstand der Patentansprüche ist. Die Ermittlung des Inhalts der Patentansprüche ist ihrerseits Rechtserkenntnis, denn sie setzt voraus, dass die Patentansprüche unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen (§ 14 PatG) ausgelegt werden (BGH BeckRS 2015, 05908 - Stabilisierung der Wasserqualität).  (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dabei darf das Gericht die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens nicht ohne Weiteres übernehmen, sondern muss diese eigenverantwortlich daraufhin untersuchen, ob und inwieweit sie Angaben enthalten, die Aufklärung im Hinblick auf entscheidungserhebliche und allein von dem erkennenden Gericht zu beantwortende Fragen zu bieten vermögen (BGH BeckRS 2005, 14632 - Seitenspiegel).  (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Erfindung, pulse, Steuersignal, Eingangssignal, Typenbezeichnung, Dritter, Frequenzumsetzung, Fachmann, Sachverständiger, Auslegung Patent
Fundstelle:
BeckRS 2019, 6860

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 853 (Klagepatents) und nimmt die Beklagten wegen Patentverletzung in Anspruch. Patentanspruch 1 und 10 des Klagepatents lauten im englischen Original wie folgt:
„1. Apparatus for down-converting and filtering an input signal having a carrier frequency, comprising:
a) sampling means for sampling the input signal at a sampling frequency of less than twice the carrier frequency to produce an input sample of a down-converted image of the input signal, wherein said sampling means includes a switch and a capacitor, wherein said switch undersamples said input signal according to a control signal, and wherein the control signal includes pulses having non-negligible pulse widths, wherein said pulses cause said switch to close and sub-sample the input signal over said pulses, wherein energy is transferred from the input signal and stored using said capacitor during said pulses, and wherein the downconverted image is generated from the transferred energy;
b) delaying means for generating one or more delayed instances of an output signal; and
c) combining means for combining at least the input sample with the one or more delayed instances of the output signal to generate an instance of the output signal.
10. Apparatus according to any preceding claim, wherein the storage of energy using said capacitor substantially prevents accurate voltage reproduction of the input signal during said pulses.“
2
Die nachfolgend eingeblendeten Abbildungen (Figuren 24, 45 und 53A) zeigen bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung, was die Klägerin für die Figur 24 indes in Abrede stellt.
 
3
Die Beklagten vertrieben Smartphones der Beklagten zu 2), die mit dem angegriffenen Chip „PMB 5750“ ausgestattet waren.
4
Die Klägerin macht geltend, dass die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent wortsinngemäß verletze. Dies ergebe sich im Wesentlichen aus den von ihr durchgeführten Simulationen aufgrund eines umfangreichen Tech-Insights-Reports (vgl. insb. Anlagen KE8 und KE11).
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Die Klägerin beantragt und stellt klar, dass sich das Unterlassungsbegehren auf alle kerngleichen Ausführungsformen erstrecken soll:
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu zwei Jahren - wobei die Ordnungshaft an ihren gesetzlichen Vertretern zu vollstrecken ist -, zu unterlassen, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Mobilfunkgeräte - insbesondere das Mobilfunkgerät „P. “ (Modell A1778) - anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen, welche eine Vorrichtung zum Abwärtsmischen und Filtern eines Eingangssignals mit einer Trägerfrequenz enthalten, die aufweist:
a) eine Abtasteinrichtung zum Abtasten des Eingangssignals mit einer Abtastfrequenz von weniger als der zweifachen Trägerfrequenz, um einen Eingangsabtastwert eines abwärtsgemischten Bildes des Eingangssignals zu erzeugen, wobei die Abtasteinrichtung einen Schalter und einen Kondensator aufweist, wobei der Schalter das Eingangssignal entsprechend einem Steuersignal unterabtastet und wobei das Steuersignal Impulse mit nicht vernachlässigbaren Impulsbreiten aufweist, wobei diese Impulse bewirken, dass sich der Schalter schließt und das Eingangssignal über diese Impulse unterabgetastet wird, wobei während dieser Impulse Energie von dem Eingangssignal übertragen und unter Verwendung des Kondensators gespeichert wird und wobei das abwärtsgemischte Bild aus der übertragenen Energie erzeugt wird;
b) eine Verzögerungseinrichtung zum Erzeugen einer oder mehrerer verzögerter Instanzen eines Ausgangssignals;
c) eine Kombinationseinrichtung zum Kombinieren von mindestens dem Eingangsabtastwert mit der einen oder den mehreren verzögerten Instanzen des Ausgangssignals, um eine Instanz des Ausgangssignals zu erzeugen;
(Anspruch 1) insbesondere wenn die Energiespeicherung unter Verwendung des Kondensators während den Impulsen im Wesentlichen eine genaue Spannungsreproduktion des Eingangssignals verhindert (Anspruch 10);
2. der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagten seit dem 07.02.2017 die unter Ziffer I.1 bezeichneten Handlungen begangen haben, und zwar unter Angabe
a) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer sowie der Verkaufsstellen, für die die Erzeugnisse gemäß Ziffer I.1 bestimmt waren, und c) der Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse gemäß Ziffer I.1 sowie der Preise, die für die betreffenden Erzeugnisse bezahlt wurden,
wobei
- zum Nachweis der Angaben die entsprechenden Kaufbelege, nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine, Auftragsbestätigungen oder Zollscheine in Kopien vorzulegen sind,
- auf den Kaufbelegen geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
3. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen geordneten Verzeichnisses darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu Ziffer I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 07.02.2017 begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie - im Falle von in mehreren Teilbestellungen - durch Kennzeichnung der jeweils zusammengehörenden Teile der Bestellungen;
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und
- preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und der Anschriften der Abnehmer und Verkaufsstellen;
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und
- preisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger;
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebieten;
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden und der Klägerin gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten und in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten die durch ihre Einschaltung entstehenden Kosten trägt und ihn zugleich ermächtigt, der Klägerin auf Anfrage mitzuteilen, ob bestimmte Abnehmer, Angebotsempfänger und/oder Lieferungen in der erteilten Rechnung enthalten sind,
wobei die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben betreffend vorstehend a) bis c) durch Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen oder einem geeigneten Zugang dazu, hilfsweise: durch Übermittlung von Belegen (Rechnungen in Kopie) nachzuweisen ist, wobei geheimhaltungsbedürftige Details außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen;
4. die unter Ziffer I.1 bezeichneten, im Besitz gewerblicher Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung seit dem 07.02.2017 Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass die Kammer auf eine Verletzung des Klagepatents EP 853 erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagte zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird.
II. Die Beklagten werden verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder in ihrem Eigentum befindlichen, unter Ziffer I.1 bezeichneten Erzeugnisse an einen von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der Vernichtung auf Kosten der Beklagten herauszugeben.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziffer I.1 bezeichneten Handlungen seit dem 07.02.2017 entstanden ist oder noch entstehen wird.
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Die Beklagten beantragen,
1.
die Klage abzuweisen;
2.
hilfsweise den Rechtsstreit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren über den Rechtsbestand des deutschen Teils des europäischen Patents 853 B1 (DE 037.7) auszusetzen.
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Die Beklagten treten der Patentverletzung entgegen und machen im Wesentlichen geltend, dass der angegriffene Chip systemisch wie folgt aufgebaut sei:
.
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Die Klägerin hat Prozesskostensicherheit gemäß § 110 ZPO geleistet. In den mündlichen Verhandlungen am 14. und am 15. März 2019 hat die Kammer den Sachverständigen Prof. Dr. van Waasen angehört.
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Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen, auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 16. November 2017 sowie vom 14. und 15. März 2019 und auf die erteilten Hinweise der Kammer (besonders zur vorläufigen Auslegung des Klagepatents) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

10
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
11
Das Klagepatent betrifft nach seiner Bezeichnung eine integrierte Frequenzumsetzung und Selektivität mit verschiedenen Filterdarstellungen. Gegenstand des Klagepatents ist gemäß Patentanspruch 1 eine Vorrichtung, die zum Abwärtsmischen („down-converting“) und Filtern eines Eingangssignals mit einer Trägerfrequenz geeignet ist. Der nebengeordnete Patentanspruch 11 regelt das entsprechende Verfahren hierfür.
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1. Betroffen ist das Gebiet der Funktechnik. Das Klagepatent beschäftigt sich mit der Umwandlung der Trägerfrequenz in niederfrequente Informationssignale auf der Empfängerseite. In der Beschreibung des Klagepatents wird die Funktionsweise eines herkömmlichen Empfängers erläutert. In Figur 1 wird hierzu dessen Blockschaltbild und in Figur 2 ein Flussdiagramm über den Betrieb des herkömmlichen Empfängers abgebildet.
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Grundsätzlich führt ein Empfänger drei Aufgaben aus: Frequenzauswahl, Verstärkung und Frequenzumsetzung (Beschreibungsstelle [0068] der Klagepatentschrift im englischen Original, auf das im Folgenden allein Bezug genommen wird). Demgemäß setzt in einem herkömmlichen Empfänger (wie in Figur 1) der Mischer die Frequenz um, der Bandauswahl- und der Kanalauswahlfilter wählen die Frequenz aus und der LNA (=Low Noise Amplifier) und der Verstärker verstärken das Signal [0068].
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2. Das Klagepatent kritisiert, dass der Verstärker im letzten Schritt sowohl die erwünschte Signalkomponente als auch eine unerwünschte Störkomponente verstärke [0012]. Werde die im Durchlassbereich des Kanalauswahlfilters liegende Störkomponente einmal erzeugt, folge sie der erwünschten Signalkomponente in allen nachgeschalteten Verarbeitungsschritten [0013]. Dies mache den Empfang der erwünschten Komponente schwierig oder gar unmöglich, was die Leistungsfähigkeit des Empfängers vermindere und seine Anwendbarkeit begrenze [0014].
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Zudem führt die Beschreibung vier weitere Schriften aus dem Stand der Technik an: Die erste Schrift (DE-4 237 692 C1) offenbart einen digitalen Funksignalempfänger, der ein Zwischenfrequenzsignal digital umsetzt, das digitale Signal mit einem digitalen Allpassfilter filtert und das gefilterte Signal mit einem digitalen Mischer mit niedrigerer Rate abtastet [0015]. Die zweite Schrift (US-A-5 557 641) betrifft einen Empfänger und einen Sender, bei denen die Signal-Aufwärtsmischung und Abwärtsmischung teilweise durch eine ladungsgekoppelte Vorrichtung durchgeführt wird [0016]. Das dritte zitierte Dokument (WO 96/02977) offenbart einen Alias-Effektgesteuerten Frequenz-Abwärtsmischer unter Verwendung einer Abtast-Halteschaltung oder einer Verfolgungs-Halteschaltung [0017]. Während schließlich die WO 96/39750 eine Funkfrequenzempfangsschaltung offenbart, die eine Abtast-Halteschaltung verwendet, um einen analogen HF-Kanal unterabzutasten[0018].
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3. Hieraus lässt sich die Problemstellung des Klagepatents ableiten, einen verbesserten Empfänger zur Verfügung zu stellen.
17
Hierfür schlägt Patentanspruch 1 in Verbindung mit dem geltend gemachten Unteranspruch 10 in merkmalsmäßiger Gliederung und unter fast vollständiger Auflösung der Zweckangaben (die verbleibende ist kursiv gedruckt) vor:
0. Vorrichtung, die zum Abwärtsmischen („for down-converting“) und Filtern eines Eingangssignals mit einer Trägerfrequenz geeignet ist, umfassend:
1. eine Abtasteinrichtung („sampling means“) (45),
1.1 die zum Abtasten („sampling“) des Eingangssignals (40; 18) mit einer Abtastfrequenz von weniger als der zweifachen Trägerfrequenz geeignet ist,
1.2 die Abtasteinrichtung (45) weist einen Schalter (55) und einen Kondensator (65) auf,
1.2.1 der Schalter unterabtastet („under-samples“) das Eingangssignal (40; 18) über die Impulse eines Steuersignals (35),
1.2.1.1 das Steuersignal (35) weist Impulse mit nicht vernachlässigbaren Impulsbreiten auf,
1.2.1.2 diese Impulse bewirken, dass sich der Schalter (55) schließt,
1.2.1.3 während dieser Impulse wird Energie von dem Eingangssignal (40; 18) übertragen und
1.2.2 der Kondensator (65) speichert die Energie („energy is … stored using said capacitor“),
1.2.2.1 die Verwendung des Kondensators zur Energiespeicherung verhindert im Wesentlichen eine exakte Spannungsreproduktion des Eingangssignals (40; 18) (Unteranspruch 10);
1.3 die Abtasteinrichtung kann einen Eingangsabtastwert eines abwärtsgemischten Bilds (22) des Eingangssignals (40; 18) erzeugen,
1.3.1 das abwärtsgemischte Bild (22) wird aus der übertragenen Energie erzeugt („is generated from the transferred energy“);
2. eine Verzögerungseinrichtung (80),
2.1 die zum Erzeugen einer oder mehrerer verzögerter Instanzen eines Ausgangssignals (50) geeignet ist;
3. eine Kombinationseinrichtung (15),
3.1 die zum Kombinieren von mindestens dem Eingangsabtastwert mit der einen oder den mehreren verzögerten Instanzen des Ausgangssignals (50) geeignet ist,
3.2 um eine Instanz des Ausgangssignals (50) zu erzeugen.
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4. Diese Lehre bedarf in drei Punkten näherer Erläuterung:
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a) Eine Abtasteinrichtung („sampling means“) gemäß Merkmal 1 betrifft eine Vorrichtung, nämlich Mittel („means“), die funktional geeignet sind, ein hochfrequentes zeitkontinuierliches Eingangssignal in ein zeitdiskretes Ausgangssignal umzuwandeln, das eine niedrigere Frequenz besitzt.
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aa) Das Klagepatent definiert Abtasten („sampling“) nicht. Abtasten („sampling“) besitzt für den Fachmann diesen Wortsinn, weil es ein bekannter und allgemein feststehender technischer Begriff ist. Dieses Verständnis hat der Sachverständige in seiner Anhörung vom 14. März 2019 (Protokoll S. 3 = Bl. 689 d. A.) bestätigt.
21
Die Inanspruchnahme sachverständiger Beratung dient allgemein und diente auch vorliegend dazu, das Gericht in die Lage zu versetzen, den für die Bejahung oder Verneinung der zu beantwortenden Rechtsfrage (Patentfähigkeit, Ausführbarkeit, Verletzung) maßgeblichen (technischen) Sachverhalt festzustellen und zu verstehen. Welche Sachverhaltselemente insoweit von Bedeutung sind, hängt davon ab, was Gegenstand der Patentansprüche ist. Die Ermittlung des Inhalts der Patentansprüche ist ihrerseits Rechtserkenntnis, denn sie setzt voraus, dass die Patentansprüche unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen (§ 14 PatG) ausgelegt werden (BGH GRUR 2015, 472 - Stabilisierung der Wasserqualität). Die Kammer war sich dabei darüber bewusst, dass das Gericht die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens nicht ohne weiteres übernehmen darf und sachverständige Äußerungen vom Tatrichter vielmehr eigenverantwortlich daraufhin zu untersuchen sind, ob und inwieweit sie Angaben enthalten, die Aufklärung im Hinblick auf entscheidungserhebliche und allein von dem erkennenden Gericht zu beantwortende Fragen zu bieten vermögen (BGH GRUR 2006, 131, 133 - Seitenspiegel). Die Kammer hatte insoweit keinen Anlass, an den vom Sachverständigen gegebenen Erläuterungen zu zweifeln. Diese konnten daher der eigenverantwortlichen Auslegung und Entscheidung durch die Kammer zugrunde gelegt werden.
22
Fachmann ist hiernach ein Telekommunikationsingenieur mit Hochschulabschluss, also ein Universitätsabsolvent der Elektrotechnik mit Spezialisierung im Bereich Mikroelektronik oder Nachrichtentechnik, der über mehrjährige Berufserfahrung im Bereich Mobilfunk bei einem maßgeblichen Entwicklungsbetrieb verfügt.
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bb) Dem Klagepatent und seiner Beschreibung liegt das oben dargestellte Verständnis zugrunde.
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(A) So sieht sich der so definierte Fachmann durch Merkmale des Patentanspruchs 1 in diesem Verständnis bestätigt. Anspruch 1 bezieht sich in Merkmal 1.1 auf die sog. Nyquist-Rate [0193], die ein zeitdiskretes und kein zeitkontinuierliches Signal betrifft. Sein Verständnis wird ferner durch die Merkmalsgruppe 1.2.1 bekräftigt, in der es um das Unterabtasten („under-sampling“) geht. Um abzutasten und abwärts zu wandeln, zeigt die Klagepatentschrift dem Fachmann zumindest als eine ausdrücklich genannte Möglichkeit einen sog. Sample-and-Hold-Circuit [0224 und Figur 45]. Allein bei zeitdiskreten Signalen ergibt Merkmal 3.2 Sinn, wenn Instanzen des Ausgangssignals erzeugt werden sollen. Denn die patentgemäßen Verzögerungs- und Kombinationseinrichtungen betreffen abgetastete, zeitdiskrete Signale. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass Instanzen des (von der Verzögerungseinrichtung erzeugten) Ausgangssignals angesprochen sind (Merkmal 2.1, 3.1 und 3.2). Zum anderen wird in Merkmal 3.1 erneut der Eingangsabtastwert adressiert. Aus der Beschreibung ergibt sich mehrfach ([0078], [0144], [0222), dass Abtastwerte („samples“) und Instanzen („instances“) gleichzusetzen sind. Daher muss die Verzögerungseinrichtung geeignet sein, eine oder mehrere verzögerte Instanzen eines zeitdiskreten Ausgangssignals zu erzeugen. Dies steht besonders mit den beschriebenen Ausführungsbeispielen [0222 ff.] und den Figuren 24 und 45 im Einklang. Der Fachmann wird hierfür eine Schaltungsanordnung vorsehen, die ein zeitdiskretes Signal verarbeiten kann, wie dies z. B. mit dem Sample-and-Hold-Circuit gezeigt wird. Eine mögliche Ausführung einer patentgemäßen Kombinationseinrichtung ist ein Addierer („adder“), der die verzögerten und skalierten Eingangsabtastwerte und die verzögerten und skalierten Instanzen des Ausgangssignals kombiniert, um Instanzen des Ausgangssignals zu erzeugen [0094]. Außerdem sind - wie der Sachverständige ausgeführt hat (Protokoll vom 14. März 2019 S. 4 = Bl. 690 d. A.) - aus technischer Sicht in der Schrift Filter gezeigt, die nur gültig sind, wenn ihnen zeitdiskrete Signale (zur Filterung) zugeführt werden, weil die beschriebene Filterung nur bei zeitdiskreten Werten sinnvoll ist.
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(B) Gleichfalls sieht der Fachmann sein Verständnis durch die Beschreibung bestätigt. Im zitierten Stand der Technik sind Schriften genannt, die durchgängig das Abtasten („sampling“) in diesem Sinn betreffen. Zudem weist [0083] in diese Richtung.
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Von besonderer Bedeutung ist insoweit die Figur 24:
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Als Schaltung des Moduls 45 wird eine „track and hold“-Schaltung gezeigt. Als solche hat sie der Sachverständige eingeordnet (Protokoll vom 14. März 2019 S. 9 = Bl. 695 d. A.). Diese Einordnung wird durch Zeile 2602 der Figur 15 bekräftigt, wie der Sachverständige ebenfalls erläutert hat (Protokoll vom 15. März 2019 S. 4 = Bl. 700 d. A.). Wenn auf der linken Seite der Figur 24 Signale von einer Antenne eingespeist werden, ermöglicht die gezeigte Ausführung mittels des Schalters 55A das Abtasten („sampling“). Durch wiederholtes Öffnen und Schließen des Schalters 55A wird aus dem eingespeisten Signal ein zeitdiskretes Signal erzeugt. Die Werte, die sich im Kondensator 65A einstellen, sind Abtastwerte. In der Ausführungsform gemäß Figur 24 können die Abtastwerte von links nach rechts, also von Kondensator 65A zu Kondensator 65B, in dem Moment weitergegeben werden, wenn sich der Schalter 55B schließt. Insofern wird gemäß Figur 24 mittels des Schalters 55A abgetastet und mittels der gegenläufigen, also der niemals gleichzeitig geöffneten, Schalter 55A und 55B des Moduls 45 die Verzögerung erzeugt, wie es auch der Sachverständige erläutert hat (Protokoll vom 14. März 2019 S. 9 = Bl. 695 d. A.).
28
Dieses Verständnis steht im Einklang mit der Ausführungsform, wie sie in Figur 53A offenbart wird. Diese erläutert die Bauteile 55A und 65A näher, wie sie in Figur 24 (links im Kasten 45) gezeigt sind. Allein in dem Fall, wenn eine Vorrichtung gemäß Figur 53A um eine (nicht gezeigte) niederohmige Last rechts von der Box 16 ergänzt werden sollte, wird - wie der Sachverständige auf Frage der Klägerin ausgeführt hat (Protokoll vom 14. März 2019 S. 7 = Bl. 693 d. A.) - ein zeitkontinuierliches Signal erzeugt, dessen Form sich ändert, wenn sich der Schalter öffnet und schließt. Insofern bestätigt die Ausnahme (zeitkontinuierliches Signal) die Regel (zeitdiskretes Signal), weil in diesem Sonderfall die Energie einfach „durchrauscht“ und mangels hinreichenden Widerstands nicht im Kondensator gehalten werden kann.
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(C) Unteranspruch 10 ändert an dieser Auslegung von Abtasten („sampling“) nichts.
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Unteranspruch 10 konkretisiert den Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht einengend, sondern stellt lediglich klar, dass gewisse Qualitätstoleranzen (nach unten) nicht vom Patentschutz ausgenommen sein sollen und fängt diese quasi schleppnetzartig ein. Aus Sicht der Kammer erscheint es durchaus sinnvoll wenn klargestellt wird, inwiefern für eine verschlechterte Ausführungsform, jedenfalls auch, Schutz beansprucht werden soll.
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Nach dem Gegenstand von Unteranspruch 10 kann der Kondensator, wenn er zur Energiespeicherung verwendet wird, im Wesentlichen eine exakte Spannungsreproduktion des Eingangssignals verhindern. Damit adressiert Unteranspruch 10 das Bilden eines Mittelwerts, bei dem kein exaktes Abbild der angelegten Eingangsspannung entsteht. Insofern handelt es sich bei diesem Gegenstand zwar gegenüber der in Figur 24 gezeigten Ausführungsform von Patentanspruch 1 um eine verschlechterte Ausführungsform.
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Entgegen der Auffassung der Klägerin schließt dieser Gegenstand aus folgenden Gründen aber weder „sample-andhold“- noch „track-and-hold“-Schaltungen aus.
33
Erstens wird - wie der Sachverständige festgestellt hat (Protokoll vom 15. März 2019 S. 3 = Bl. 699 d. A) - in Figur 24 bereits selbst eine solche verschlechterte Ausführung gezeigt, indem sich auf der linken Seite das Zeichen „VI“ befindet, was die Spannung symbolisiert, und rechts davon „R7 50“ steht, was einen Widerstand von 50 Ohm bezeichnet. Im Zusammenhang mit dem Kondensator 65A wirkt diese Anordnung elektrotechnisch als Tiefpassfilter und trägt dazu bei, dass nur eine unscharfe Abbildung der Spannung VI in der Vorrichtung gemäß Figur 24 erzeugt werden kann (Protokoll vom 15. März 2019 S. 3 = Bl. 699 d. A). Diesen plausiblen Feststellungen schließt sich die Kammer an.
34
Zweitens folgt aus der Beschreibung in [0147 ff.], besonders in [0151], dass die Vorrichtung gemäß Figur 55 wie folgt betrieben werden kann: Der erste Schalter wird so angesteuert, dass sich im ersten Kondensator z. B. vier Abtastwerte der Eingangsspannung ansammeln und dieser gemittelte Wert erst später durch die Ansteuerung des zweiten Schalters weitergereicht wird. Der Fachmann weiß, dass durch Bilden eines Mittelwerts durch Rauschen verursachte Störungen vermindert werden können. Diese Beschreibung lässt sich auf die Ausführungsform gemäß Figur 24 übertragen, auch wenn sie auf Figur 55 zugeschnitten ist. Der angesprochene Fachmann unternimmt aus technischer Sicht diesen Versuch, was der Sachverständige festgestellt hat (Protokoll vom 15. März 2019 S. 3 = Bl. 699 d. A.). Dem schließt sich die Kammer an. Hierfür sprechen zum einen, dass die Bezugszeichen und die Bezeichnungen der Elemente in beiden Figuren übereinstimmen. Zum anderen besteht, wenn man sich bei Figur 24 die lediglich fakultativen „unity gain modules“ 75A und 75B wegdenkt, das Modul 45 aus zwei Sets von Schaltern mit Kondensatoren, während in der Figur 55 hiervon ein Set gezeigt ist.
35
Drittens ergibt sich aus der Beschreibung [0221], welche Effekte Manipulationen der Zeit bewirken. Es wird aber nicht beschrieben, was der Fachmann ausführen soll, um den „power transfer“ zu erhöhen. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht diese Beschreibungsstelle dem bisherigen Auslegungsergebnis nicht entgegen. Auch der Sachverständige erkennt aus technischer Sicht hierin keine Abweichung von der in Figur 24 gezeigten „track and hold“-Schaltung (Protokoll vom 15. März 2019 S. 4 = Bl. 700 d. A.). Der Sachverständige hat festgestellt, dass aus technischer Sicht ein Durchschnittsentwickler, der vor die Aufgabe gestellt wird, eine Vorrichtung zu entwickeln, die den Effekt des Unteranspruchs 10 zeigt, sich in erster Linie an der für das Patent zentralen Figur 24 orientieren und erkennen würde, dass dort der Widerstand mit 50 Ohm eingezeichnet ist (Protokoll vom 15. März 2019 S. 4 = Bl. 700 d. A.). Er würde versuchen, diesen Widerstand zu erhöhen, weil dies dazu führt, dass keine exakte Reproduktion der Eingangsspannung erhalten wird (Protokoll vom 15. März 2019 S. 4 = Bl. 700 d. A.). Dies wäre dann (lediglich) eine schlechte oder schlechtere „track and hold“-Schaltung (Protokoll vom 15. März 2019 S. 5 = Bl. 701 d. A.). Diesen Feststellungen schließt sich die Kammer an, weil sie plausibel sind.
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b) Merkmalsgruppe 1.3 beschäftigt sich mit dem Empfang des Eingangssignals, das über die Frequenz beim Empfänger ankommt.
37
Mit übertragener Energie in Merkmal 1.3.1 ist die über den geschlossenen Schalter übertragene Energie gemeint, die erfindungsgemäß (im Wesentlichen) im Kondensator gespeichert worden ist und aus der das abwärtsgewandelte Bild erzeugt wird.
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Die Begriffe Spannung und Energie sind hier synonym zu verwenden. Das gilt ebenso für Merkmal 1.2.2. Denn der Fachmann weiß, dass der Kondensator Energie speichern kann, wenn die Spannung erhöht und aufgebaut werden kann. Dementsprechend kann Merkmal 1.3.1 sinngleich lauten, das abwärtsgemischte Bild wird aus der übertragenen Spannung erzeugt. Diese Beurteilung hat der Sachverständige aus seiner technischen Sicht bestätigt (Protokoll vom 14. März 2019 S. 4 = Bl. 690 d. A.).
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Klagepatentgemäß ist die Energie relevant, die im Kondensator gespeichert ist. Dass Energie (unabhängig davon, welche weiteren Maßnahmen ergriffen werden) auch an dem Kondensator vorbeifließen kann, so dass hinter dem Kondensator Energieanteile zusammentreffen, die zuvor im Kondensator gewesen sind und die, die nicht zuvor im Kondensator gewesen sind, steht dem nicht entgegen. Zwar kann man den Anteil der Energie beeinflussen, der zur Bilderzeugung beiträgt, indem man den Widerstand unendlich klein ausgestaltet. Dann wirkt der Kondensator aber nicht mehr als solcher, weil die Energie einfach „durchrauscht“. Solange ein hinreichender Widerstand vorhanden ist, wird die Energie im Kondensator gespeichert und für die Bilderzeugung verwendet, was der Sachverständige aus seiner technischen Sicht bestätigt hat (Protokoll vom 14. März 2019 S. 4 = Bl. 690 d. A.).
40
Beim patentgemäßen Abtasten wird bei geschlossenem Schalter ein „Sample“ genommen und auf dem Kondensator gespeichert. Öffnet sich der Schalter, wird aus der auf dem Kondensator gespeicherten Energie das zeitdiskrete Signal gebildet. Der Eingangsabtastwert ist dieses zeitdiskrete Signal, das abgenommen und im Kondensator gespeichert worden ist. Mit abwärtsgemischtem Bild des Eingangssignals ist die Signalform, das Kurvenbild, gemeint, das unter Verwendung der auf dem Kondensator gespeicherten Energie (Ladung) erzeugt werden soll, die mit dem genommenen Signalausschnitt korreliert.
41
c) Aus den oben dargelegten und aus den noch folgenden Gründen tritt die Kammer der Klägerin nicht bei, dass Merkmal 1.3.1 der Schlüssel zum Verständnis des Gegenstands von Patentanspruch 1 sei und es sich beim Gegenstand von Patentanspruch 1 und 10 um „Energy Transfer Sampling“ handele.
42
aa) Dieses „Energy Transfer Sampling“ zeige nach der Auffassung der Klägerin einen Weg auf, direkt aus der Energie des Eingangssignals, das von der Antenne empfangen werde, das abwärtsgewandelte und gefilterte Abbild zu erzeugen. Erfindungsgemäß werde aber kein zeitdiskretes Signal erzeugt, weil die Abtasteinrichtung aus einem Schalter und einem Kondensator bestehe. Da zur klagepatentgemäßen Abtasteinrichtung dieser Kondensator gehöre, erzeuge die Anordnung zwingend ein zeitkontinuierliches Signal. Es sei für den Fachmann klar, dass nach dem Kondensator ein niederohmiger Widerstand anliegen müsse. So werde beim „Energy Transfer Sampling“ von der übertragenen Energie nur ein Anteil im Kondensator gespeichert, dies betreffe aber nicht die gesamte übertragene Energie. Vielmehr sei die in Merkmal 1.3.1 beanspruchte Energie eine Mischung aus der Energie, die aus dem Kondensator gelange und aus der Energie, die am Kondensator vorbeifließe. Diese beiden Energieströme überlagerten sich. Gezeigt sei dies z. B. in Figur 53A und werde in den [0205, 0206 und 0221] beschrieben. Besonders zeige die Erfindung das „Energy Transfer Modul“ in [0206]. Außerdem ergebe sich aus [0079] und [0246], dass die Erfindung nicht auf den diskreten oder digitalen Betrieb beschränkt sei, so dass nach Annahme der Klägerin diese auch bei diskreten und kontinuierlichen Signalen oder bei einer Kombination aus beiden ausgeführt werden könne. Daher sei mit Abtasten („sampling“) herkömmliches Mischen gemeint und die in Figur 24 gezeigte Schaltung sei folglich (nach Auffassung der Klägerin) nicht patentgemäß. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 erfasse auch wegen Unteranspruchs 10 keine „sample and hold“- oder „track-and-hold“-Schaltungen.
43
bb) Diese Auslegung der Klägerin überzeugt die Kammer nicht. Sie ist nach Auffassung der Kammer und unter Berücksichtigung der Feststellungen des Sachverständigen, denen sich die Kammer anschließt, nicht frei von Rechtsfehlern.
44
(A) Statt Abtasten („sampling“) Mischen bzw. statt der Funktion ein zeitdiskretes Signal zu erzeugen, das Generieren eines zeitkontinuierlichen Signals zu verstehen, verstößt gegen einen patentrechtlichen Auslegungsgrundsatz. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 27. November 2018 - X ZR 16/17 - Scheinwerferbelüftungssystem) ist bei der Auslegung eines Patentanspruchs zu berücksichtigen, dass sich ein Patent mit seiner Lehre von dem in ihm beschriebenen Stand der Technik abzugrenzen sucht, so dass dieser nicht beansprucht wird.
45
Die Klagepatentschrift beschreibt in Absätzen [0008 ff.] und zeigt in Figuren 4D bis 4G, wie bei herkömmlichen Empfängern eine gewisse, einmal erzeugte Störsignalkomponente nicht mehr herausgefiltert werden könne, die der erwünschten Signalkomponente in allen nachgeschalteten Verarbeitungsschritten folge, was den Empfang der erwünschten Komponente schwierig oder gar unmöglich mache und die Leistungsfähigkeit des Empfängers vermindere sowie seine Anwendbarkeit begrenze.
46
Dieser Stand der Technik betrifft das Mischen und dieses wird klagepatentgemäß durch das Abtasten („sampling“) ersetzt. Beide Lösungen sind technisch ähnlich, weil das Abtasten eines Signalverlaufs mit weniger als der doppelten Bandbreite („Unterabtasten“) ein ähnliches Signal wie beim Einsatz eines Mischers ergibt. Das Eingangssignal wird in beiden Fällen in eine Art Zwischenfrequenz versetzt. Der Weg dorthin ist jedoch unterschiedlich. Zwar greift die Beschreibung des Klagepatents das eingangs geschilderte technische Problem nicht mehr auf und der Kammer wird darin der Zusammenhang von Problemstellung und Aufgabe nicht erläutert. Aber der Sachverständige hat in seiner Anhörung eine Erklärung für den Zusammenhang vermutet (Protokoll vom 14. März 2019 S. 5 = Bl. 691 d. A.). Wenn das Mischen des Stands der Technik durch das Abtasten („sampling“) ersetzt werde, können die nachgeschalteten Filter kleiner dimensioniert werden (Protokoll a. a. O.).
47
(B) Die Auslegung der Klägerin steht nicht mit dem Wortsinn von Patentanspruch 1 im Einklang, sondern findet ihre Stütze alleine in dessen Wortlaut. Diese Auslegung allein anhand des Wortlauts widerspricht aber Art. 69 EPÜ, wichtigen Beschreibungsstellen und im Klagepatent gezeigten Figuren. Folgte man dieser wortlautgemäßen Auslegung würden mindestens zwei für die Beschreibung zentrale Ausführungsformen vom Gegenstand des Klagepatents nicht erfasst, was nach der Rechtsprechung des Bundegerichtshofs wenn möglich zu vermeiden ist. Denn werden in der Beschreibung eines Patents mehrere Ausführungsbeispiele als erfindungsgemäß vorgestellt, sind die im Patentanspruch verwendeten Begriffe im Zweifel so zu verstehen, dass sämtliche Beispiele zu ihrer Ausfüllung herangezogen werden können. Nur wenn und soweit sich die Lehre des Patentanspruchs mit der Beschreibung und den Zeichnungen nicht in Einklang bringen lässt und ein unauflösbarer Widerspruch verbleibt, dürfen diejenigen Bestandteile der Beschreibung, die im Patentanspruch keinen Niederschlag gefunden haben, nicht zur Bestimmung des Gegenstands des Patents herangezogen werden (BGH GRUR 2015, 972 - Kreuzgestänge).
48
Ohne Erfolg macht daher die Klägerin geltend, dass Figur 24 bloß vermeintliche Ausführungsbeispiele der Erfindung zeige, was der Fachmann entgegen der „rätselhaften“, „fernliegenden“, „gänzlich verfehlten“, „unhaltbaren“ und „unvertretbaren vorläufigen“ Auffassung der Kammer unschwer erkenne (Schriftsatz der Klägerin vom 22. Februar 2019 S. 9/10 = Bl. 667/668 d. A.).
49
Figur 24 zeigt vielmehr - wie der Sachverständige bestätigt hat (Protokoll vom 15. März 2019 S. 6 = Bl. 702 d. A.) - eine „track-and-hold“-Schaltung, die ein zeitdiskretes Signal erzeugt und gemäß der nach dem eingangs dargelegten Verständnis abgetastet werden kann. Dem steht das mit Bezugszeichen 75A bezeichnete Element nicht entgegen. So erläutert [0172], dass die in Figur 24 mit Bezugszeichen 75A bis 75G gezeigten „unity gain modules“ optional sind, so dass zwei Fälle (mit und ohne diese Module) zu untersuchen sind.
50
Sind einerseits die „unity gain modules“ vorhanden, führen sie - wie der Sachverständige ausgeführt hat (Protokoll vom 14. März 2019 S. 8 = Bl. 694 d. A.) - dazu, dass sich im Kondensator 65B dieselbe ungeminderte Ladung und (damit auch) die gleiche Spannung wie im Kondensator 65A in dem Zeitpunkt einstellen, in dem sich der Schalter 55B schließt. Die dort gezeigte Schaltung ermöglicht das Abtasten („sampling“) und die Werte, die sich dort einstellen, sind Abtastwerte bzw. „sampling“-Werte. Durch das Wiederholen des Öffnens und Schließens dieses Schalters wird ein zeitdiskretes Signal erzeugt und die Abtastwerte werden in Figur 24 von links nach rechts von Kondensator zu Kondensator weitergegeben. Insofern wird Energie übertragen. Bei dieser Ausgestaltung mit „unity gain modules“ wird Energie aus der Batterie in Signale umgesetzt.
51
Wird andererseits das Modul 75A weggelassen und der Kondensator nicht von einem „unity gain module“ unterstützt, erzeugt das in Figur 24 gezeigte „Downconvert and Delay Module 45“ ein Abbild des Eingangssignals. Dann handelt es sich - wie der Sachverständige bestätigt hat (Protokoll vom 14. März 2019 S. 8/9 = Bl. 694/695 d. A.) - bei der vorhandenen Spannung um ein Abbild der Spannung des Eingangssignals, wobei die Energie hierfür (im Gegensatz zur Option mit den Elementen 75A ff.) nur aus dem Eingangssignal (und nicht aus der Batterie) bezogen wird. In Figur 24 ist das jedenfalls bei den Kondensatoren 65A und 65B der Fall, soweit links Signale von einer Antenne eingespeist werden. Die dort gezeigten, jeweils rechts befindlichen Schalter verhindern, dass die Energie aus dem links befindlichen Kondensator „nach rechts durchrauscht“. Die Schaltung des Moduls 45 der Figur 24 ist eine „track-and-hold“-Schaltung. Im Einklang mit den Ausführungen des Sachverständigen (Protokoll vom 14. März 2019 S. 8 = Bl. 694 d. A.) funktioniert die in Figur 24 gezeigte Vorrichtung dann erfindungsgemäß. Die im Kondensator 65A vorhandene Ladung wird in dem Zeitpunkt, in dem sich der Schalter 55B schließt, zur Hälfte auf den Kondensator 65B übertragen, weil beide Kondensatoren gleichgroß sind. Dies folgt aus der übereinstimmenden Angabe „1p“ für beide Kondensatoren, was der Sachverständige bestätigt hat (Protokoll vom 14. März 2019 S. 8 = Bl. 694 d. A.). Bei dieser Ausgestaltung (ohne „unity gain modules“) halbiert sich zwar die Spannung bei jedem Wechsel von Kondensator zu Kondensator, aber die Energie aus dem Signal wird in die abwärtsgemischten Bilder verwandelt. Die Spannungsreduktion ist - wie der Sachverständige ausgeführt hat (Protokoll vom 14. März 2019 S. 8 = Bl. 694 d. A.) - unkritisch, weil die Information dieselbe bleibt, die übertragen wird. Nach Angaben des Sachverständigen (Protokoll vom 14. März 2019 S. 8 = Bl. 694 d. A.) kann dieser Vorgang solange durchgeführt werden, bis ein Mindestmaß an Spannung unterschritten wird. Diesen plausiblen Feststellungen schließt sich die Kammer an.
52
cc) Unabhängig von diesen Überlegungen überzeugt die klägerische Auslegung die Kammer aufgrund von drei weiteren Aspekten in der Sache nicht.
53
(A) Sofern die Klägerin für ihre Auffassung auf [0205, 0206 und 0221] abstellt, ergibt sich kein anderer Gegenstand:
54
Der in [0206] aufgeführte Begriff „energy transfer module“ weist in keine andere Richtung. Für den Sachverständigen gehört dieser Begriff nicht zum Wortschatz des Fachmanns; er scheint in dieser Schrift erstmals verwendet worden zu sein (Protokoll vom 14. März 2019 S. 4 = Bl. 690 d. A.). Da er kein Fachbegriff ist, besitzt dieser Begriff keine allgemein definierte Bedeutung. Nach den Feststellungen des Sachverständigen (Protokoll vom 14. März 2019 S. 5 = Bl. 691 d. A.) wird in einer klagepatentgemäßen Vorrichtung Energie übertragen, welche Anteile indes „direkt“ und welche durch den Kondensator fließen, hängt - wie oben erläutert - von der konkreten Ausgestaltung und Dimensionierung der Elemente der Vorrichtung ab.
55
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin auf [0079] und auf [0246]. Der Sinngehalt dieser Stellen erschöpft sich darin, dass sie der allgemeinen Freizeichnung dienen. Ihnen ist zu entnehmen, dass die Erfindung nicht auf nur zeitkontinuierliche oder auf nur zeitdiskrete Verarbeitungen eingeschränkt sein soll. Was dies technisch bedeutet, ist dort aber nicht erläutert. Nach der oben dargestellten Auslegung der Kammer ergibt sich dies auch nicht aus der Gesamtoffenbarung. Dieses Verständnis hat der Sachverständige aus technischer Sicht bestätigt und ausgeführt, dass eine analoge Delayline meist frequenzabhängig ist und sich dann eine zeitdiskrete Implementierung schwierig gestaltet (Protokoll vom 14. März 2019 S. 6 = Bl. 692 d. A.). Aus technischer Sicht hat der Sachverständige diese Stelle als übliche „Freizeichnungsklausel“ eingeordnet (Protokoll vom 14. März 2019 S. 6 = Bl. 692 d. A.).
56
Unabhängig davon hat der Gegenstand von Patentanspruch 1 stets den dynamischen Betriebszustand des Frequenzumsetzers im Blick. Denn nur wenn - wie der Sachverständige ausgeführt hat (Protokoll vom 14. März 2019 S. 5 = Bl. 691 d. A.) - der Frequenzumsetzer kontinuierlich mit einem Eingangssignal versorgt wird und dieses kontinuierlich weiter verarbeitet wird, ist die Vorrichtung zum Abwärtsmischen und -filtern in der Lage. Bis dahin bedarf es - aus technischer Sicht (Protokoll vom 14. März 2019 S. 5 = Bl. 691 d. A.) - eines Einschwingens, so dass künstliche aufgeteilte Zeitabschnitte bei der Betrachtung außen vor bleiben müssen.
57
(B) Das klägerische Verständnis wird dem Durchschnittsfachmann durch die Ansprüche und die Beschreibung nicht offenbart. Denn in der Sache betreffen die Überlegungen der Klägerin zum „energy transfer“ aus technischer Sicht einen passiven Mischer (Protokoll vom 15. März 2019 S. 5 = Bl. 701 d. A.). Passive Mischer sind systemisch grundlegend anders als der in der Klagepatentschrift beschriebene und gezeigte Gegenstand. Besonders widerspricht er den Angaben in der Patentschrift, die zeitdiskrete Signale betreffen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen kommt ein Fachmann allein mit den Informationen aus der Patentschrift nicht auf den Gedanken, als Ausführungsform von Patentanspruch 1 einen Mischer vorzusehen. Für einen solchen Schritt seien vielmehr eindeutige Hinweise erforderlich, z. B. dass in einer Figur (als mögliche Ausführungsform) ein solcher Mischer gezeigt wird, verbunden mit den weiteren nachgeschalteten Teilen. Das ist jedoch nicht der Fall. Die einzelnen Hinweise in den Absätzen [0205, 0206 und 0221] reichen - aus sachverständiger technischer Sicht - dem Durchschnittsfachmann nicht, den Gegenstand grundlegend anders als in den gezeigten Figuren und den zentralen Beschreibungsstellen zu verstehen, auch wenn die Annahme der Klägerin zutreffen mag, dass Merkmal 1.3.1 davon spricht, dass das abwärtsgemischte Bild aus der übertragenen Energie erzeugt wird.
58
(C) Insofern sich die Klägerin schließlich auf die WO 00/24117 bezieht, ist dies ohne Erfolg. Von ausschlaggebender Bedeutung ist, dass die Stellen, an denen die Klagepatentschrift dieses Dokument zitiert [0144, 0147, 0264 und 0291], nicht unmittelbar in dem inhaltlichen Zusammenhang stehen, wofür die Klägerin dieses Dokument heranziehen möchte. Zwar wird in [0144] eine verbesserte Energieübertragung während der Frequenzumsetzung angesprochen. Mit dem von der Klägerin geltend gemachten Energiefluss am Kondensator hat dies aber nichts zu tun. Auch wird in [0147] auf das in Figur 55 gezeigte Abwärtsmischungs- und Verzögerungsmodul Bezug genommen und erwähnt, dass die Erfindung auf andere Ausführungsformen dieses Moduls ausgerichtet ist, die in der Klagepatentschrift und ferner in der WO 00/24117 beschrieben seien. Dies bedeutet aber nicht, dass hiervon die in dieser Schrift in den Figuren 82A/B gezeigte und auf Seite 102 Zeile 8 bis Seite 103 Zeile 30 beschriebene Ausführung ebenfalls konkret erfasst werden soll.
II.
59
Die angegriffenen Ausführungsformen machen von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch.
60
1. Merkmal 1 wird nicht verwirklicht. Mangels Abtastens („sampling“) ist keine patentgemäße Abtasteinrichtung gegeben. Die angegriffene Ausführungsform verarbeitet an der angegriffenen Stelle - dies ist zwischen den Parteien unstreitig - zeitkontinuierliche Signale und erzeugt dort keine zeitdiskreten.
61
2. Unabhängig von Merkmal 1 wird Merkmal 1.3.1 nicht verwirklicht.
62
a) Für die Behauptung, dass die angegriffene Ausführungsform die patentierte Lehre benutzt, ist in der Regel der Verletzungskläger darlegungs- und beweispflichtig, weil dies eine für ihn günstige Tatsache ist. Vermag der Kläger plausible Anhaltspunkte aufzuzeigen, aus denen sich ergibt, dass dies der Fall ist, trifft den Beklagten in aller Regel eine sekundäre Darlegungslast im Hinblick auf die Funktion der angegriffenen Ausführungsform, weil nach Treu und Glauben solche Tatsachen mitgeteilt werden müssen, die der mit der Darlegung und Beweisführung belasteten Partei nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Erschwerungen zugänglich sind, während ihre Offenlegung für den Gegner sowohl ohne weiteres möglich als auch zumutbar erscheint (vgl. Grabinski/Zülch in: Benkard, Patentgesetz, 11. Auflage 2015, § 139 Rn. 116). Es ist dann Aufgabe des Klägers, diese Ausführungen des Beklagten zu widerlegen, wenn sie aus seiner Sicht nicht zutreffen sollten.
63
b) Unabhängig davon, ob die Klägerin insoweit überhaupt hinreichend plausibel den Verletzungsvorwurf dargetan hat, ist sie jedenfalls beweisfällig geblieben.
64
aa) Der Vortrag der Klägerin zur Verwirklichung von Merkmal 1.3.1 ist nach Überzeugung der Kammer bereits nicht geeignet, die Patentbenutzung insoweit aufzuzeigen.
65
Zwar hat die Klägerin hinsichtlich der Funktion des vorhandenen Kondensators vorgetragen (insb. Schriftsatz vom 18. Mai 2018 samt Anlage KE11 S. 10 bis 13 und Protokoll vom 15. März 2019 S. 6 = Bl. 702 d. A.), indem sich aus Anlage KE11 S. 10 ergebe, dass der Schalter 55 geschlossen und auf S. 12 offen sei. Das Ergebnis des abwechselnden Öffnens und Schließens des Schalters zeige dann S. 13 der Anlage KE11. Dies sei das abwärtsgewandelte Bild, das Komponenten von Energie, die an dem Kondensator vorbeigeflossen seien (S. 10), und von Energie umfasse, die aus dem Kondensator stammten (S. 12).
66
Dieser klägerische Vortrag ist nicht geeignet, den hinreichend substantiierten Vortrag der Beklagten zu widerlegen. Die Beklagte hat insofern dargelegt, wie die angegriffene Ausführungsform funktioniert (Protokoll vom 15. März 2019 S. 6/7 = Bl. 702/703 d. A.). Besonders hat sie vorgetragen, dass die von der Klägerin identifizierten Kondensatoren dem Mischen dienen (Protokoll vom 15. März 2019 S. 6/7 = Bl. 702/703 d. A.). Hierauf hat die Klägerin nicht den gesamten Report vorgelegt, auf dem ihre Simulation beruht, oder zumindest die einzelnen Parameter und Settings der durchgeführten und eingeführten Simulationen vollständig offengelegt. Sie betrachtet vielmehr weiterhin einen (kleinen) Ausschnitt, ohne den Vortrag der Beklagten in der Sache zu widerlegen. Insofern beruft sie sich bloß darauf, dass der Vortrag der Beklagten „so nicht richtig sein könne“ und nur funktioniere, wenn der ADC-Wandler überhaupt keinen Widerstand hätte (Protokoll vom 15. März 2019 S. 7 = Bl. 703 d. A.).
67
bb) Jedenfalls hat die Klägerin ihren Vortrag nicht bewiesen, wie in der angegriffenen Ausführungsform das abwärtsgemischte Bild aus der übertragenen Energie erzeugt wird, weil die Energie, die durch die von ihr identifizierten Kondensatoren der angegriffenen Ausführungsform abfließt, nicht die übertragene Energie im Sinn des Merkmals 1.3.1 ist. Unabhängig davon können diese Kondensatoren nach der Beweisaufnahme sogar entfallen, ohne dass sich an der hier betrachteten Funktion der angegriffenen Ausführungsform etwas (Maßgebliches) ändern würde.
68
Die Klägerin hat zum Beweis ihrer (oben dargelegten) Behauptung um Einvernahme des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung gebeten. Dieser hat aus technischer Sicht die Angaben der Beklagten bestätigt, dass dem von der Klägerin identifizierten Kondensator die Funktion zukommt, unerwünschte Signalkomponenten herauszufiltern (Protokoll vom 15. März 2019 S. 7 = Bl. 703 d. A.). Es findet ein Mischprozess statt. Außerdem hat er festgestellt, dass man diese Kondensatoren weglassen könne, ohne dass sich an der Funktion maßgeblich etwas änderte. Sie beeinflussten das Nutzsignal nicht. Sie filterten lediglich unerwünschte Komponenten heraus. Zudem befänden sich hinter den Kondensatoren noch Breitbandfilter (Protokoll vom 15. März 2019 S. 7 = Bl. 703 d. A.). Diesen Ausführungen und Feststellungen schließt sich die Kammer an, weil sie plausibel sind.
69
3. Unabhängig von den Merkmalen 1 und 1.3.1 werden auch die Merkmale 2 und 3 nicht verwirklicht, weil die angegriffene Ausführungsform an der relevanten Stelle mit zeitkontinuierlichen Signalen und nicht mit zeitdiskreten arbeitet.
III.
70
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
IV.
71
Die Klägerin hat am 9. April 2019 (u.a. betreffend Vorgänge im Erteilungsverfahren des Klagepatents), und die Beklagte hat am 16.4.2019, also jeweils nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, einen nicht nachgelassenen Schriftsatz eingereicht.
72
1. Sofern darin Angriffsmittel vorgebracht werden, dürfen diese nicht berücksichtigt werden, § 296a ZPO.
73
2. Das Gericht braucht die mündliche Verhandlung nicht wiederzueröffnen. Der Inhalt dieses Schriftsatzes bietet keinen Anlass für weitere Aufklärung.
74
Die Ausführungen der Klägerin betreffen im Wesentlichen die Auslegung des Klagepatents gemäß Merkmal 1 und Unteranspruch 10. Ihr zentrales Argument, der Sachverständige habe bestätigt, eine klagepatentgemäße Abtasteinrichtung mit einem Schalter und einem Kondensator erzeuge bei Verwendung einer niederohmigen Last ein zeitkontinuierliches Signal, hat die Kammer im Rahmen der Auslegung bereits hinreichend gewürdigt.
75
Im Übrigen beruht das vorliegende Urteil auf zwei selbständigen Begründungssträngen. Selbst wenn die rechtlichen Ausführungen der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 9. April 2019 als zutreffend zugrunde gelegt werden würden, würde der zweite Begründungsstrang greifen und die Klage wäre immer noch abzuweisen. Für eine Wiedereröffnung bleibt daher kein Raum.