Inhalt

LG München I, Endurteil v. 30.01.2019 – 10 HK O 19617/17
Titel:

Nichtigkeit der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung

Normenketten:
StGB § 266 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1, § 709
Leitsatz:
Der Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft ist aufgrund der Satzung möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen würde. Das bedeutet, dass ein Grund vorliegen muss, der ein solches Gewicht hat, dass den Beklagten ein weiteres Verbleiben der Klägerinnen in der Gesellschaft nicht mehr zugemutet werden kann. Der Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft ist immer ultima ratio. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
beherrschte Gesellschaft, Darlehensvertrag, Geschäftsführender Gesellschafter, Gesellschafterbeitrag, Gesellschafterbeschluss, Gesellschaftervereinbarung, Gesellschafterversammlung, Grundschuld, Ordentliche Kündigung, Wirksamkeit
Rechtsmittelinstanz:
OLG München, Beschluss vom 08.05.2020 – 23 U 1212/19
Fundstelle:
BeckRS 2019, 63667

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagten aufgrund von deren Kündigung vom 17.2.2017 zum 31.12.2017 aus der … als Gesellschafter ausgeschieden sind.
2. Die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der … durch welche die Klägerinnen aus der … ausgeschlossen wurden, werden für nichtig erklärt.
3. Es wird festgestellt, dass die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der … wonach die Beklagten ihre Kündigungserklärungen aufgehoben und für gegenstandslos erklärt haben, die Weiterführung des Gesellschaftsvertrags unter Berücksichtigung des Ausscheidens der … beschlossen haben und der Gesellschaftsvertrag zwischen den Beklagten erneut abgeschlossen wurde, nichtig sind.
4. Die Beklagten werden verurteilt, bei der Anmeldung ihres Ausscheidens aus der … zum Handelsregister des Amtsgerichts München … mitzuwirken, insbesondere die Anmeldung ihres Ausscheidens aus der … zum … zu unterzeichnen.
5. Der Beklagten zu 1) wird untersagt, die Geschäfte für die … zu führen und die … zu vertreten.
6. Der Beklagten zu 1) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung gemäß Ziffer 5. ein vom Gericht festzusetzendes Ordnungsgeld in Höhe von bis zu … angedroht, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten.
7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
8. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerinnen als Gesamtschuldner 30 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 70 % zu tragen.
9. Das Urteil ist in Ziffer 4 gegen die Beklagten zu 1) und 2) jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,00 €, im Übrigen jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 75.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Klägerinnen begehren Feststellung der Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen.
2
Die Klägerin zu 2) und der Beklagten zu 2) waren jedenfalls jeweils … München …), die Klägerin zu 1) und der Beklagte zu 1) waren jedenfalls jeweils geschäftsführende Gesellschafter (vgl. Anl. K 1 und K 2). Der Beklagte zu 2) ist Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Rechtsanwältin … Klägerin zu 1) und der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin zu 2). Die Klägerin zu 2) und der Beklagte zu 2) schlossen ergänzend zum Gesellschaftsvertrag (Anl. K 1) eine Gesellschaftervereinbarung (Anl. K 5). Einziger Vermögensgegenstand der … ist das Grundstück München … welches nach Durchführung von Baumaßnahmen verwertet werden sollte. Das Grundstück wurde am 27.04.2018 veräußert.
3
Die … (im Folgenden: …, eine vom Beklagten zu 2) beherrschte Gesellschaft überwies der … unstreitig 1.619.000,00 €. Zwischen den Parteien ist streitig, ob es sich insoweit um ein Darlehen handelt oder ob es sich um die Erfüllung der Einlageverpflichtung des Beklagten zu 2) handelt. Ein schriftlicher Darlehensvertrag existiert nicht.
4
Die Parteien sind zerstritten, die Streitigkeiten begannen bereits Ende 2016. Mit Schreiben vom 17.2.2017 (Anl. K 6 und K 7) kündigten die Beklagten ihre Beteiligung an der … mit Wirkung zum 31.12.2017. Mit Schreiben vom 29.09.2017 kündigte die … das aus ihrer Sicht hingegebene Darlehen zum 15.01.2018 (Anl. K 10).
5
Bereits am 28.9.2017 hatte die Beklagte zu 1), vertreten durch den Beklagten zu 2) ohne Kenntnis und ohne die gemäß § 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags erforderliche Zustimmung der Klägerinnen das Grundstück der … mit einer Grundschuld über 1,8 Millionen € zugunsten der … belastet, für die … ein abstraktes Schuldversprechen in entsprechender Höhe zugunsten der … abgegeben und die … der sofortigen Zwangsvollstreckung durch die … unterworfen (Anl. K 11). Den Beklagten wurden rechtsgeschäftliche Verfügungen über das Grundstück aufgrund einer von den Klägerinnen erwirkten einstweiligen Verfügung des Landgerichts München I vom 14.11.2017 (… ) untersagt.
6
Mit Schreiben vom 17.11.2017 lud die Klägerin zu 1) form- und freistgerecht zu einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der … am 28.11.2017 um 17 Uhr ein, mit dem Ziel über den Ausschluss der Beklagten Beschluss fassen zu lassen (vgl. Anlagen K 17). Die in Gesellschafterversammlung sollte sodann vereinbarungsgemäß in der Kanzlei des damaligen Rechtsvertreters der Beklagten Rechtsanwalt … stattfinden (Anl. K 18). Am 28.11.2017 um 17 Uhr erschienen zur Gesellschafterversammlung Rechtsanwältin … für die Klägerinnen mit Rechtsanwalt … teilte jedenfalls mit, der Beklagte zu 2) werde nicht erscheinen und er sei nicht befugt „heute irgendetwas zu machen“. Außerdem verweigerte Rechtsanwalt … das Abhalten der Gesellschafterversammlung in seinen Kanzleiräumen. Die Gesellschafterversammlung wurde sodann ohne die Beklagten im Flur des Anwesens … abgehalten. Die Klägerinnen beschlossen den Ausschluss der Beklagten aus der … sowie die Einziehung der Geschäftsanteile des Beklagten zu 2) (vgl. Anlage K 19). Den Beklagten wurde die Ausschließung zusammen mit dem Protokoll der Gesellschafterversammlung mitgeteilt; der Aufforderung ihre Zustimmung zur Registerberichtigung zu erteilen kamen die Beklagten nicht nach (Anl. K 22, K 23).
7
Rechtsanwalt … teilte am 30.11.2017 (Anl. K 20) mit, er vertrete die Beklagten nicht mehr.
8
Mit Schreiben vom 28.11.2017 berief die Beklagte zu 1) eine Gesellschafterversammlung für den 06.12.2017 ein mit dem Ziel die Klägerinnen auszuschließen (vgl. Anlage K 23). Die Einladungsschreiben befanden sich am 28.11.2017 jedenfalls gegen 22.20 Uhr im Briefkasten der Klägerinnen. Die Klägerinnen widersprachen der Einberufung und Durchführung der Versammlung (vergleiche Anlage K 24). Rechtsanwältin … nahm dennoch vorsorglich für die Klägerinnen an der Versammlung teil. Über die Bestimmung eines Versammlungsleiters sowie die Protokollführung konnte keine Einigkeit erzielt werden. Bei den Abstimmungen stimmte Frau … gegen die Ausschlüsse und stellte jeweils fest, dass die Beschlüsse nicht wirksam zustande gekommen waren (vgl. Anl. K 25). Der Beklagte zu 2) stimmte für den Ausschluss der Klägerinnen und stellte seinerseits fest, dass die Beschlüsse wirksam zustande gekommen waren.
9
Lt. Anlage B 24 existiert ein in einer unter Verzicht auf alle Formen und Fristen am 28.12.2017 abgehaltenen Gesellschafterversammlung von den Beklagten gefasster Beschluss, wonach die Beklagten ihre Kündigungserklärungen aufgehoben und für gegenstandslos erklärt haben, die Weiterführung des Gesellschaftsvertrags unter Berücksichtigung des Ausscheidens der … Gruppe beschlossen haben und der Gesellschaftsvertrag zwischen den Beklagten erneut abgeschlossen wurde.
10
Die Klägerinnen sind der Auffassung, die Beschlüsse über den Ausschluss der Beklagten seien formell und materiell rechtmäßig gefasst worden. Frau … habe Absage des Beklagten zu 2) vom 28.11.2017 (Anl. B 21) erst im Laufe des späteren Abends zur Kenntnis genommen. Der Versammlungsort sei einvernehmlich verlegt worden, die Gesellschafterversammlung sei sodann ordnungsgemäß durchgeführt und die Beschlüsse mit der nötigen Mehrheit gefasst worden. Die Nichtteilnahme der Beklagten an der Versammlung sei unschädlich, denn gemäß § 10 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages erfolge der Ausschluss durch einstimmigen Beschluss der übrigen Gesellschafter. Die Ausschließung sei auch materiell gem. § 10 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages rechtmäßig, da die Beklagten habe nämlich ihre Geschäftsführungs- bzw. Gesellschafterpflichten wegen der Bestellung der Grundschuld etc. zu Gunsten der … aufs Gröbste verletzt hätten.
11
Die … habe nämlich weder eine Grundschuld noch ein Schuldversprechen beanspruchen können, unabhängig von der Frage ob die … einen Darlehensrückzahlungsanspruch habe oder nicht. Die Beklagte zu 1), vertreten durch den Beklagten zu 2) habe eine gravierende Belastung des Gesellschaftsvermögens vorgenommen, ohne dass irgendein Unternehmensinteresse der … erkennbar gewesen sei dem damit Rechnung getragen worden wäre. Denn die Grundschuld habe er nicht etwa der Beschaffung des Geldes, sondern ausschließlich und allein mit dem Interesse der … des Beklagten zu 2) an einer Absicherung und vereinfachter Durchsetzung eines vermeintlich Rückzahlungsanspruchs gedient. Mit dem abstrakten Schuldversprechen sei zudem ein völlig eigenständiger Anspruch für die … begründet worden. Bei alledem seien die Grenzen im Innenverhältnis der Gesellschafter bewusst umgangen worden. Ein derartiges Verhalten sei zudem strafrechtlich als Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB zu qualifizieren. Zudem hätten die Beklagten Vorbereitungen getroffen der … das Grundstück, also faktisch das gesamte Gesellschaftsvermögen ohne Wissen der Klägerinnen und erst recht ohne die gemäß § 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nötige Zustimmung der Klägerinnen zu entziehen. Dies sei nur durch die zufällige Kenntniserlangung und die einstweilige Verfügung des Landgerichts München I vom 14.11.2018 verhindert worden. Bei alledem habe der Beklagte zu 2) aus reinem Eigennutz gehandelt, dies ergebe sich auch aus der Eidesstattlichen Versicherung des Beklagten zu 2) vom 22.11.2017 (Anl. K 43).
12
Jedenfalls aber seien die Beklagten zum 31.12.2017 auf Grund ihrer Kündigung ausgeschieden.
13
Die Beschlüsse betreffend die Ausschließung der Klägerinnen seien sowohl formell als auch materiell rechtswidrig.
14
Die Beklagten seien nämlich zum Zeitpunkt der Versammlung vom 6.12.2017 nicht mehr Gesellschafter der … sondern bereits wirksam ausgeschlossen gewesen. Im Übrigen seien die Beschlüsse bereits deshalb formell rechtswidrig, weil die Einberufungsfrist nicht eingehalten worden sein. Die Beschlüsse seien materiell rechtswidrig, weil es an einem wichtigen Grund für die Ausschließung der Klägerinnen fehle. Die behaupteten Pflichtverletzungen der Klägerinnen lägen nicht vor. Selbst wenn man die Behauptungen der Beklagten in der Tischvorlage als wahr unterstellen würde, würde das an dem Ergebnis nichts ändern, denn die Beklagten hätten das beanstandete Verhalten nach eigenem Bekunden monatelang hingenommen. Daraus ergebe sich, dass die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses für die Beklagten gerade nicht unzumutbar sei.
15
Der Gesellschafterbeschluss vom 28.12.2017 sei schon deshalb nichtig, weil die Beklagten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht mehr Gesellschafter gewesen seien.
16
Da die Beklagten als Gesellschafter der … mit Beschluss vom 28.11.2017 und Zustellung desselben am 28.11.2017 wirksam aus der Gesellschaft ausgeschieden sein, seien die Beklagten verpflichtet, an der erforderlichen Registerberichtigung mitzuwirken. Weil die Klägerinnen befürchten müssten, dass sich die Beklagten trotz der Beendigung ihrer Gesellschafterstellung weiter als Gesellschafter der … gerieren, sei es der Beklagten zu 1) zu untersagen, dass sie Geschäftsführungs – oder Vertretungshandlungen für die … vornimmt.
17
Die Klägerinnen beantragen:
I. Es wird festgestellt, dass die Beklagten jeweils mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der … vom 28.11.2017 wirksam aus der … ausgeschlossen wurden.
Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass die Beklagten aufgrund von deren Kündigung vom 17.2.2017 zum 31.12.2017 aus der … als Gesellschafter ausgeschieden sind.
II. Es wird festgestellt, dass die Beschlüsse, der Gesellschafterversammlung der … vom 6.12.2017, durch welche die Klägerinnen aus der … ausgeschlossen wurden, nichtig sind.
III. Die Beklagten werden verurteilt, bei der Anmeldung ihres Ausscheidens aus der … zum Handelsregister des Amtsgerichts München … mitzuwirken, insbesondere die Anmeldung ihres Ausscheidens aus der … zu unterzeichnen.
IV. Der Beklagten zu 1) wird untersagt, die Geschäfte für die … zu führen und die … zu vertreten.
V. Der Beklagten zu 1) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung gemäß Ziffer IV. ein vom Gericht festzusetzendes Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,00 € angedroht, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten.
VI. Es wird festgestellt, dass die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der … vom 28.12.2017, wonach die Beklagten ihre Kündigungserklärungen aufgehoben und für gegenstandslos erklärt haben, die Weiterführung des Gesellschaftsvertrags unter Berücksichtigung des Ausscheidens der … Gruppe beschlossen haben und der Gesellschaftsvertrag zwischen den Beklagten erneut abgeschlossen wurde, nichtig sind.
18
Die Beklagten beantragen:
Klageabweisung.
19
Die Beklagten behaupten, die hinter den Klägerinnen stehende Familie … habe sich das auf Kosten des Beklagten zu 2) angeschaffte, weiter finanzierte und im Wert gesteigerte Grundstück einverleibt um diesen dann leer ausgehen zu lassen.
20
Die Beklagten behaupten es sei vereinbart worden, dass die Gesellschaft lediglich die Kosten für einen von den Klägerinnen zu stellenden Generalunternehmer zu tragen hatten, zudem sollten … 80.000 € gem. Ziffer I 1 der Ergänzungsvereinbarung erhalten. Die übrigen Kosten gem. Ziffer I 2 der Ergänzungsvereinbarung seien als Gesellschafterbeitrag von … vereinbart worden. Stattdessen seien betreffend diese Leistungen entgeltliche Verträge mit der MTL geschlossen worden und auf diese Weise Zahlungen der … an die Kläger bzw. mit diesen verbundene Unternehmen geflossen, zum Teil seien Leistungen auch doppelt abgerechnet worden. Die Klägerinnen hätten über die Bereitschaft Gesellschafterbeiträge auf eigene Kosten erbringen zu wollen und die Zahlungen der … als Darlehen behandeln zu wollen getäuscht.
21
Die Beklagten tragen vor, die Ausschlüsse der Klägerinnen aus der … seien rechtmäßig gewesen. Die Ausschließung der Klägerinnen sei formell wirksam. Die Einladung zur Gesellschafterversammlung sei von einem Boten am 28.11.2017 um 15.03h in den Briefkasten der Klägerinnen geworfen worden, die Ladungsfrist sei somit gewahrt. Wichtiger, die Ausschließung rechtfertigender Grund sei der Abzug von Gesellschaftsvermögen durch die Klägerinnen. Die Klägerinnen hätten nicht nur im Rahmen des Erwerbs des Grundstückes der Gesellschaft einen Gesamtschaden in Höhe von 105.000,00 € zugefügt, sondern auch bei Mittel der Gesellschaft ohne erkennbaren Bezug zu dem Immobilienprojekt oder den sonstigen Gesellschaftsgegenstand der Gesellschaft verwendet, zudem ein auf Mehrfachzahlungen für identische Leistungen gerichtetes System mit sich überschneidenden Pauschalen und Einzelrechnungen errichtet. Durch den Abschluss von Verträgen mit erheblichen Schnittmengen zum Generalunternehmervertrag hätten die Klägerinnen das Potential geschaffen Gesellschaftsmittel doppelt und dreifach abzugreifen. Es habe sich bei diesen Vorgängen um außergewöhnliche Maßnahmen der Geschäftsführung handelt, die erforderliche Zustimmung der Beklagten habe nicht vorgelegen. Scheinbar projektbezogenen Zahlungen vom Geschäftskonto seien nicht nachvollziehbar und hätten einmal mehr dazu gedient die Gesellschaft in Bereicherungsabsicht zu schädigen. Das Bankkonto der Gesellschaft sei bereits Ende Februar 2017 leergeräumt gewesen (Anlage B 13). Als Gegenleistung hätten die Klägerinnen lediglich einzelne unfertige, völlig außer Verhältnis zum Mittelabfluss stehende Bauleistungen präsentiert. Durch den Abzug von Geschäftsvermögen sei der Gesellschaft ein Mindestschaden in Höhe von ca. 727.000 € entstanden. Der Umstand, dass die Klägerinnen aktiv den Ausschluss der Beklagten in der Gesellschafterversammlung zum 28.11.2007 unter Berufung auf § 5 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages, den sie selbst zu keinem Zeitpunkt beachtet hätten, betrieben hätten sei massiv treuwidrig und stelle einen weiteren Grund für den Ausschluss der Klägerinnen dar.
22
Ein wichtiger Grund für die Ausschließung der Beklagten in der Gesellschafterversammlung vom 28.11.2017 habe nicht bestanden. Die Behauptung der Klägerinnen, die Zahlungen der … in Höhe von knapp 1,7 Millionen € sei Gesellschaftereinlage des Beklagten zu 2) entbehre jeder Grundlage und sei eine Vertragsverletzung. Es sei vor und nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags und seiner Ergänzungsvereinbarung stets vereinbart bzw. besprochen gewesen, dass die Zahlungen der … als Darlehen erfolgen und von der … so behandelt werden. Die Bestellung einer Sicherungsgrundschuld sei die einzige Möglichkeit gewesen die Insolvenz der … zu verhindern. Die Insolvenzreife sei von den Klägerinnen verursacht worden. Beide Gesellschaftergruppen, hätten sich im Jahr 2017 um Kaufinteressenten bemüht, die Gespräche der Beklagten mit dem Interessenten … seien noch nicht so konkret gewesen, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung veranlasst gewesen wäre.
23
Der Ausschließungsbeschluss vom 28.11.2017 sei zudem formell unwirksam. Der Beklagte zu 2) habe sich am 28.11.2017 dazu entschieden, Rechtsanwalt … Mandat zu entziehen, worüber die Kläger mit E-Mail vom 28.11.2018, 15:17h (Anl. B 21) informiert worden seien, es habe die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestanden. Die Gesellschafterversammlung habe nicht an dem im Ladungsschreiben genannten Versammlungsort und auch nicht an dem vereinbarten Versammlungsort stattgefunden, es liege ein Verstoß gegen zwingende formelle Vorschriften vor. Der vom Ausschluss betroffene Gesellschafter hätte zudem zwingend angehört werden müssen. Die Beklagten hätten davon ausgehen dürfen, dass eine neue Gesellschafterversammlung einberufen werden würde. Eine gezielte Vereitelung der Durchführung der Gesellschafterversammlung liege nicht vor.
24
In der Gesellschafterversammlung vom 28.12.2017 sei von den Beklagten als allein verbleibenen Gesellschaftern beschlossen worden, dass die Kündigungserklärungen vom 17.02.2017 (Anl. K 6) einvernehmlich aufgehoben und für gegenstandslos erklärt werden, ferner dass der Gesellschaftsvertrag mit den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird.
25
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbeingens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2018 Bezug genommen.
26
Vortrag der Klägerinnen nach Schluss der mündlichen Verhandlung konnte nur berücksichtigt werden, soweit er nachgelassen war.

Entscheidungsgründe

27
Die zulässige Klage ist lediglich im zuerkannten Umfang begründet und war daher im Übrigen abzuweisen.
28
1. Zum Komplex Gesellschafterversammlung vom 28.11.2017: Der Feststellungsantrag der Klägerin ist unbegründet, die Klage war daher insoweit abzuweisen.
29
Nach Auffassung der Kammer sind die auf der Gesellschafterversammlung vom 28.11.2017 gefassten Beschlüsse jedenfalls formell rechtswidrig und nichtig, weil die Gesellschafterversammlung nicht am vereinbarten Versammlungsort stattfand. Vereinbarter Versammlungsort war ein Konferenzraum in den Kanzleiräumen des vormaligen Beklagtenvertreters …. Es kann dahinstehen, ob der Beklagte zu 2) Rechtsanwalt … das Mandat bereits im Vorfeld der Gesellschafterversammlung entzogen hatte. Denn die Klägerinnen tragen selbst vor, dass sich Rechtsanwalt … jedenfalls entschieden hatte, seine Kanzleiräume nicht für eine Gesellschafterversammlung zur Verfügung zu stellen. Die Klägerinnen haben sodann die Gesellschafterversammlung im Flur des Anwesens … in München, nach eigenem Vortrag vor der Eingangstür zur Kanzlei … abgehalten. Es handelte sich bei diesem Versammlungsort nicht um den Versammlungsort, auf den sich die Parteien im Vorfeld des 28.11.2017 verständigt hatten. Es kann dahinstehen, dass sich die Klägerinnen auf einen Versammlungsort im Flur des Anwesens … verständigt hatten. Denn dieser neue Versammlungsort ist weder derjenige, der in den Einladungsschreiben (Anl. K 17), noch derjenige auf den sich die Gesellschafter vor dem 28.11.2017 einvernehmlich verständigt hatten. Die Beklagten hatten der Verlegung des Versammlungsorts nicht zugestimmt. Die Klägerinnen können auch nicht damit gehört werden, dass die Beklagten, wenn denn der Beklagte zu 2) zu der Gesellschafterversammlung erschienen wäre, unweigerlich zu der Gesellschafterversammlung hätte gelangen müssen. Denn die Beklagten wären nicht verpflichtet gewesen, an einer Gesellschafterversammlung im Hausflur eines Anwesens teilzunehmen, zumal Thema der Gesellschafterversammlung der Ausschluss der Beklagten aus der Gesellschaft und die Erörterung der Ausschlussgründe war. Es kann keinem Gesellschafter zugemutet werden diese Themen quasi „öffentlich“ zu besprechen. Im Übrigen ist der von dem Ausschlussbeschluss betroffene Gesellschafter auch wenn er kein Stimmrecht hat jedenfalls zwingend anzuhören. Der Beklagte zu 2) durfte auch davon ausgehen, dass die Klägerinnen in Anbetracht des angekündigten Fernbleibens des Beklagten zu 2) und der … erteilten Weisung „nichts tun zu dürfen“ die Gesellschafterversammlung an einem anderen Termin abhalten würden. Hinreichende Anhaltspunkte für ein treuwidriges Verhalten der Beklagten liegen nicht vor. Treuwidrigkeit kann beim erstmaligen Fernbleiben von einer Gesellschafterversammlung lediglich in ganz eindeutigen Fällen angenommen werden. Um einen solchen Fall handelt es sich nach Auffassung der Kammer vorliegend nicht. Zum einen hatte der Beklagte zu 2) sein Fernbleiben auch Frau Rechtsanwältin ... jedenfalls vor Beginn der Gesellschafterversammlung mitgeteilt hatte. Die Mitteilung der Mandatsbeendigung vom 30.11.2017 und das Verhalten des Rechtsanwalts … legen nahe, dass der Beklagte zu 2) jedenfalls an der Gesellschafterversammlung nicht mehr von ... beraten werden wollte. Die Klägerinnen können auch nicht einwenden, dass es dann unmöglich wäre eine Gesellschafterversammlung abzuhalten. Es stand den Klägerinnen frei zeitnah eine weitere Gesellschafterversammlung einzuberufen. Die Hürden für die Annahme eines treuwidrigen Fernbleibens wären dann deutlich geringer.
30
2. Zum Komplex Gesellschafterversammlung vom 06.12.17: Der Feststellungsantrag Ziffer 2 der Klage ist insoweit begründet, als die in der Gesellschafterversammlung vom 06.12.2017 gefassten Beschlüsse jedenfalls materiell rechtswidrig und daher für nichtig zu erklären waren.
31
Die Klägerinnen wurden formal wirksam gemäß § 6 Abs. 3 der Satzung zu der Gesellschafterversammlung geladen. Gemäß § 6 Abs. 3 der Satzung der Gesellschaft beginnt die Wochenfrist mit der Absendung der Einladung, es kommt nicht darauf an, zu welcher Tageszeit die Einladung im Briefkasten aufgefunden wurde. Die Gesellschafter haben diese Bestimmung der Satzung autonom vereinbart. Vorliegend ist zudem zu bedenken, dass die Einladung zudem noch am Tage der Absendung in den Briefkasten der Klägerinnen gelangte.
32
Die Gesellschafterbeschlüsse sind nicht nichtig, weil die Beklagten zum Zeitpunkt der Gesellschafterversammlung nicht mehr Gesellschafter der … waren. Zwar wurde der Ausschluss der Beklagten von Rechtsanwältin … als Versammlungsleiterin jeweils festgestellt. Diese Beschlussfeststellung hat jedoch nicht die vorläufige Wirksamkeit der festgestellten Beschlüsse zur Folge, weil die auf der Gesellschafterversammlung vom 28.11.2017 – wie oben ausgeführt – nichtig sind.
33
Die Gesellschafterbeschlüsse sind jedoch rechtswidrig, weil ein wichtiger Grund für den Ausschluss der Klägerinnen nicht bestand. Der Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft ist gem. § 10 Abs. 1 der Satzung möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen würde. Das bedeutet, dass ein Grund vorliegen muss, der ein solches Gewicht hat, dass den Beklagten ein weiteres Verbleiben der Klägerinnen in der Gesellschaft nicht mehr zugemutet werden kann. Der Ausschluss eines Gesellschafters aus der Gesellschaft ist immer ultima ratio. Vorliegend haben die Beklagten durch ihr eigenes Verhalten widerlegt, dass das Verbleiben der Klägerinnen in der Gesellschaft für sie unzumutbar war. Denn der Beklagte zu 2) hat bereits Anfang 2017 festgestellt, dass das Konto der Gesellschaft leergeräumt war und auf dem Grundstück – so jedenfalls die Behauptung der Beklagten – kein wesentlicher Baufortschritt zu erkennen war. Obwohl die Beklagten ihrem Bekunden am 23.01.2017 Auskünfte über den Verbleib des Vermögens verweigert wurden und sie bereits am 17.02.2017 der Auffassung waren, Gesellschaftsvermögen sei veruntreut worden, sahen sie bis Ende 2017 davon ab, den Ausschluss der Klägerinnen aus der Gesellschaft zu betreiben, sondern erklärten die ordentliche Kündigung des Gesellschaftsvertrags zum 31.12.2017. Es kann dahinstehen, ob den Beklagten zu diesem Zeitpunkt bereits sämtliche Kontobewegungen bekannt waren bzw. bekannt war, dass Herr … Kontovollmacht hatte. Wie sich aus dem Schreiben vom 06.04.2017 (Anl. K 28) ergibt, waren die von den Beklagten beanstandeten Geldabflüsse im Wesentlichen bekannt, gleichwohl sahen die Beklagten von einem Ausschluss der Klägerinnen auch nachdem die Vergleichsverhandlungen gescheitert waren ab. Im Übrigen kann nicht außer Betracht bleiben, dass die Beklagten den Ausschluss der Klägerinnen zu einem Zeitpunkt fassten, als ihr eigenes Ausscheiden aus der Gesellschaft kurz bevor stand. In einer solchen Situation sind an die Annahme eines wichtigen Grundes, der den weiteren Verbleib der Klägerinnen für einen Zeitraum von nur ca. 3 Wochen für die Beklagten unzumutbar macht hohe Anforderungen zu stellen. Hinzu kommt, dass die Beklagten selbst hinter dem Rücken der Klägerinnen den wesentlichen Vermögensgegenstand der Gesellschaft mit einer Grundschuld zu Gunsten der vom Beklagten zu 2) beherrschten … belasteten. Es kann insoweit dahinstehen, ob die Zahlungen der … als Darlehen zu qualifizieren sind oder nicht und ob die nicht mit den Klägerinnen abgesprochenen Maßnahmen allein der Abwendung der Insolvenz der Gesellschaft dienten. Denn in jedem Fall hätte die Zustimmung der Klägerinnen eingeholt werden müssen. Angesichts der kurzen Ladungsfrist von einer Woche war es auch ohne größere Zeitverzögerung möglich eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Angesichts dieser Umstände kann ein wichtiger Grund, der den Verbleib der Klägerinnen in der … für die Beklagten unzumutbar machte, nicht angenommen werden.
34
3. Zum Komplex Gesellschafterbeschluss vom 28.12.2018: Der Feststellungsantrag ist begründet.
35
Der Gesellschafterbeschluss vom 28.11.2018 ist nichtig, da die Klägerinnen nicht wirksam aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden waren und zu dieser Gesellschafterversammlung unstreitig nicht geladen wurden. Die Gesellschafterbeschlüsse vom 06.12.2017 sind auch nicht vorläufig wirksam und wären die Klägerinnen in der Folge nicht mehr als Gesellschafterinnen zu behandeln gewesen, weil es an der erforderlichen Feststellung der auf der Gesellschafterversammlung vom 06.11.2017 gefassten Beschlüsse durch einen Versammlungsleiter fehlt.
36
4. Der Hilfsantrag gemäß Ziffer 1 der Klageanträge ist begründet. Die Beklagten sind jedenfalls auf Grund der von ihnen selbst am 17.02.2017 ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen zum 31.12.2107 aus der Gesellschaft ausgeschieden.
37
Diese Kündigungen sind nicht auf Grund der in der Gesellschafterversammlung vom 28.12.2017 gefassten Beschlüsse hinfällig, denn die auf dieser Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse sind nichtig. Die Kammer vermag der Auffassung der Beklagten nicht zu folgen, dass die Beklagten so zu stellen sind, als wären diese Kündigungen nicht ausgesprochen worden. Die Beklagten haben diese Kündigungen anwaltlich vertreten auf Grund eines eigenständigen Willensentschlusses ausgesprochen. Sie hätten anstatt ordentlich zu kündigen ihre Rechte als Gesellschafter und Geschäftsführer wahrnehmen und in der Gesellschaft ggf. unter Ausschluss der Klägerinnen verbleiben können. Etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Klägerinnen auf Naturalrestitution dergestalt, dass die einseitigen Kündigungserklärungen der Beklagten als gegenstandslos zu betrachten sind, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Es erschließt sich schon nicht, inwiefern die ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen eine Selbstschädigung der Beklagten darstellen. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten den Beschluss die ordentliche Kündigung des Gesellschaftsvertrags auszusprechen in Konsequenz eines Handelns der Klägerinnen, welches von den Beklagten für rechtmäßig gehalten wurde fassten.
38
5. Da die Beklagten zum 31.12.2107 aus der Gesellschaft ausgeschieden sind, sind sie zur Mitwirkung bei Anmeldung ihres Ausscheidens aus der … zum Handelsregister des Amtsgerichts München … verpflichtet, insbesondere die Anmeldung ihres Ausscheidens aus der … zu unterzeichnen und waren die Beklagten daher entsprechend zu verurteilen.
39
6. Da die Beklagte zu 1) mit ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft zum 31.12.2017 nicht mehr persönlich haftende Gesellschafterin der … ist, ist sie seit diesem Zeitpunkt nicht mehr befugt, die Geschäfte der Gesellschaft zu führen.
40
Da die Beklagte zu 1), vertreten durch den Beklagten zu 2) hinter dem Rücken der Klägerinnen in der Vergangenheit Handlungen als Geschäftsführerin vorgenommen hat und das Ausscheiden der Beklagten aus der Gesellschaft streitig ist, ist auch zu befürchten, dass die Beklagte zu 1) sich weiterhin als persönlich haftende, geschäftsführende Gesellschafterin geriert und war ihr daher die weitere Tätigkeit als geschäftsführende Gesellschafterin strafbewehrt zu untersagen.
41
7. Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 92 Abs. 1, 709 ZPO.
Streitwert: § 3 ZPO.