Inhalt

VG München, Urteil v. 02.07.2019 – M 3 K 17.2575
Titel:

Bachelorstudium - Fristüberschreitung infolge Erkrankung

Normenketten:
FPSO § 45
FPSO § 39
APSO § 10 Abs. 7
APSO § 23 Abs. 3 Nr. 4
Leitsatz:
Der Kläger kann sich zu seinen Gunsten auf keine trifftigen Gründe für die Fristüberschreitung infolge seiner Erkrankung berufen.  (Rn. 33 – 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Studienfortschrittskontrolle, Fristüberschreitung, Keine triftigen Gründe glaubhaft gemacht, Bachelorstudiengang, Prüfungsbescheid, Abschlussprüfung, Studienfortschritt, Nachweis, Erkrankung, triftiger Grund, Anspruch auf Anerkennung, Prüfungsunfähigkeit, Prüfungsvorbereitungszeit
Fundstelle:
BeckRS 2019, 55825

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die Feststellung, sein Bachelorstudium endgültig nicht bestanden zu haben.
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Der Kläger studiert seit dem Wintersemester 2008/2009 bei der Beklagten im Bachelorstudiengang Elektrotechnik und Informationstechnik.
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Durch den Bachelor-Prüfungsausschuss der Fakultät wurden dem Kläger im Verlauf seines Studiums insgesamt sieben Fristverlängerungen zur Erfüllung der nach der Studienfortschrittskontrolle erforderlichen Mindestcreditsummen gewährt. Zuletzt hatte er nach dem Sommersemester 2015 eine Fristverlängerung erhalten.
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Nach diesem Sommersemester 2015 hätte der Kläger 120 Credits erzielen müssen. Aufgrund der Zusammenarbeit seitens der Beklagten mit der behandelnden Ärztin wurde dem Kläger eine siebte Fristverlängerung gewährt. Außerdem wurde der Kläger für das Wintersemester 2015/2016 beurlaubt, um sich ausschließlich der Therapie widmen zu können, deren Erfolgsaussichten bei konsequenter Therapie nach Auskunft der Ärztin als sehr gut eingeschätzt wurden.
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Somit hätte der Kläger erst nach dem Sommersemester 2016 120 Credits erbringen müssen.
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Zum Sommersemester 2016 nahm der Kläger sein Studium wieder auf und hatte nach Semesterabschluss insgesamt 111 Credits erbracht.
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Im Sommersemester 2016 war der Kläger zwischen 25. Juli 2016 und 26. September 2016 zu sechs Modulprüfungen angetreten, die er nicht bestand. Eine Modulprüfung am 21. September 2016 bestand er mit der Note 4,0.
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Mit Schreiben vom 11. November 2016, eingegangen am 14. November 2016, beantragte der Kläger erneut ein Semester verlängerter Prüfungsfrist und begründete dies damit, die Behandlung beim Klinikum Rechts der Isar sei erfolgreich abgeschlossen und seine Prüfungsangst sei seit Endes des Sommersemesters nicht mehr vorhanden. Somit könne er dieses Semester die Prüfungen ohne psychologische Beeinträchtigungen schreiben. Er habe insgesamt 111 Credits und somit fehlten nur noch neun Credits, um ihm zu ermöglichen, die Bachelorarbeit zu schreiben. Mit der Vorbereitungszeit im Wintersemester könne er dann die normalen 30 Credits pro Semester ablegen.
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Mit Bescheid vom 1. Dezember 2016 wurde dem Kläger mitgeteilt, sein Antrag auf Fristverlängerung sei vom Prüfungsausschuss mit Beschluss vom 16. November 2016 abgelehnt worden, da keine triftigen Gründe und Nachweise vorlägen, die eine weitere Fristverlängerung rechtfertigen würden. Der erforderliche Studienfortschritt könne somit nicht nachgewiesen werden. Daher sei die Bachelorprüfung im Studiengang Elektrotechnik und Informationstechnik endgültig nicht bestanden.
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Den dagegen vom Kläger mit Schreiben vom 12. Dezember 2016, eingegangen am 16. Dezember 2016, eingelegten und mit Schreiben vom 15. Februar 2017 begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2017, zugestellt am 11. Mai 2017, zurück.
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Dagegen erhob der Kläger zur Niederschrift am Montag, dem 12. Juni 2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragte zuletzt,
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den Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Mai 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Verlängerung der Studienfortschrittskontrolle um ein weiteres Semester zu bewilligen.
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Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 2. Februar 2018 begründete der Kläger die Klage dahingehend, er habe für die beantragte Fristverlängerung triftige Gründe unverzüglich vorgebracht.
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Der Kläger sei vom September 2015 bis September 2016 in einer Therapie wegen Prüfungsangst am Klinikum rechts der Isar gewesen und deshalb auch im Wintersemester 2015/2016 beurlaubt gewesen. Diese langwierige und intensive Therapie habe dazu geführt, dass der Kläger sich in der Lage gesehen habe, sich zu den Prüfungen anzumelden, aber nicht genügend Vorbereitungszeit für alle Prüfungen, die im August und September 2016 stattgefunden hätten, gehabt habe, um sich mit der nötigen Sorgfalt vorzubereiten. Die mangelnde Vorbereitungszeit sei durch die Prüfungsangst medizinisch indiziert, kausal durch die Krankheit bedingt und somit schon alleine ein triftiger Grund.
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Auch die Teilnahme am Hyperloop-Wettbewerb stelle einen triftigen Grund dar. Zwar basiere diese auf einem freiwilligen Entschluss des Klägers, es handele sich dabei jedoch um eine Tätigkeit, die nicht alleine dem Interesse des Klägers diene, sondern vor allem den Interessen der Beklagten, zu deren weltweit guten Ruf der Gewinn dieses Wettbewerbs beitrage.
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Der Kläger habe die Gründe auch unverzüglich vorgebracht, nämlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt, zu dem dies von ihm in zumutbarer Weise hätte erwartet werden können. Es könne dem Prüfling nicht verwehrt werden, zunächst zu versuchen, sich durch eigene kritische Selbstprüfung Klarheit zu verschaffen, ob sein Leistungsvermögen erheblich eingeschränkt gewesen sei. Je eindeutiger die Situation sei, desto weniger zeitaufwendig wären diese Überlegungen. Im vorliegenden Fall sei die Situation auch für den Kläger alles andere als klar gewesen. Nach der langen Therapie gegen seine Prüfungsangst sei er überzeugt gewesen, diese überwunden zu haben. Somit habe er auch die Prüfungen angetreten. Anschließend seien ihm aber vermehrt Zweifel gekommen, ob er seine gesundheitliche Situation richtig eingeschätzt habe. Diese Entscheidungsfindung habe durchaus einen erheblichen Zeitraum in Anspruch genommen, was bei psychischen Erkrankungen keine Seltenheit sei. Gleichwohl stelle sie sich noch als unverzüglich dar und bewege sich noch im zumutbaren Bereich.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Anfang Juni 2016 habe die Schriftführerin des Prüfungsausschusses Rücksprache mit den den Kläger behandelnden Ärzten gehalten. Nach deren Auskunft habe der Kläger gut auf die Therapie angesprochen. Er habe seine Vorhaben für die nächste Prüfungsperiode mit der behandelnden Ärztin abgestimmt und sich zu Prüfungen im Umfang von 25 Credits angemeldet. Ende September 2016 habe im Beisein des Klägers ein erneutes Telefonat zwischen der Schriftführerin des Prüfungsausschusses und der behandelnden Ärztin stattgefunden. Letztere habe den Kläger für geheilt gehalten.
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Die Klage sei unbegründet.
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Die Wiederaufnahme des regulären Studiums im Sommersemester 2016 sowie die Auswahl der abzulegenden Modulprüfungen seien nach Rücksprache mit den behandelnden Ärzten erfolgt. Der Kläger könne sich schon aus diesem Grund nicht darauf berufen, dass er krankheitsbedingt nicht ausreichend Vorbereitungszeit gehabt hätte. Aus diesem Grund sei auch ausgeschlossen, dass seine Leistungsfähigkeit im Prüfungszeitraum ganz erheblich eingeschränkt gewesen sei. Soweit im Sommer 2016 noch etwaige leichte Leistungseinschränkungen bestanden haben sollten, so sei dies hinzunehmen gewesen. Es bestünde kein Anspruch darauf, nur in Bestform Prüfungen abzulegen. Überdies sei eine etwaige noch bestehende leichte Einschränkung der Leistungsfähigkeit schon dadurch kompensiert gewesen, dass der Kläger im Sommersemester nicht 30 Credits hätte erbringen müssen, sondern nur Prüfungen im Umfang von lediglich 15 Credits, von denen er aber nur eine im Umfang von 6 Credits bestanden habe.
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Weiter spreche auch der übrige Lebenssachverhalt dagegen, dass der Kläger krankheitsbedingt nicht genügend Vorbereitungszeit gehabt habe. Der Kläger habe durchaus über genug Zeit, Kraft und Energie verfügt, um am Hyperloop-Wettbewerb teilzunehmen, von ihm sei jedoch zu erwarten gewesen, dass er seine volle Kraft, Aufmerksamkeit und Konzentration auf die erfolgreiche Ablegung der anstehenden Prüfungen in den Pflichtmodulen richte. Die Teilnahme an dem Wettbewerb sei auch nicht als Grund für die Fristversäumnis zu beachten.
23
Damit lägen keine prüfungsrechtlich relevanten Gründe für die Fristversäumnis vor.
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Die Geltendmachung vermeintlicher Gründe sei auch nicht unverzüglich erfolgt. Der Kläger sei seit Herbst 2015 in regelmäßiger fachärztlicher Behandlung gewesen. Nach der ärztlichen Einschätzung sei er im Sommersemester 2016 soweit genesen gewesen, dass er an Modulprüfungen habe teilnehmen können. Hieran müsse sich der Kläger festhalten lassen.
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Die Veröffentlichung aller Prüfungsergebnisse sei Ende Oktober 2016 abgeschlossen gewesen. Seine vermeintlichen Gründe für die Fristversäumnis habe der Kläger jedoch erst Mitte Februar 2017 geltend gemacht. Von Unverzüglichkeit könne somit nicht ausgegangen werden.
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Die Streitsache wurde am 2. Juli 2019 mündlich verhandelt. Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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Der Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2016 und der Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2017 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auch die Ablehnung der Anerkennung triftiger Gründe für die Fristüberschreitung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da er auf die Anerkennung keinen Anspruch hat (§ 113 Abs. 5 VwGO).
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Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 1. Dezember 2016 ist § 39 Abs. 4 der Fachprüfungs- und Studienordnung für den Bachelorstudiengang Elektrotechnik und Informationstechnik an der T. Universität M. (FPSO) vom 8. Juli 2008 i.V.m. § 23 Abs. 3 Nr. 4 der Allgemeinen Prüfungs- und Studienordnung für Bachelor- und Masterstudiengänge an der T. Universität M. (APSO) vom 18. März 2011 in der Fassung der zweiten Änderungssatzung vom 5. September 2013. Danach ist eine Abschlussprüfung endgültig nicht bestanden, wenn der erforderliche Studienfortschritt gemäß § 10 APSO nicht nachgewiesen werden kann. Nach § 39 FPSO i.V.m. § 10 Abs. 3 APSO gelten die noch nicht erbrachten Modulprüfungen, wenn Studierende die Fristen nach § 10 Abs. 3 APSO überschreiten, als abgelegt und endgültig nicht bestanden, sofern nicht triftige Gründe gemäß § 10 Abs. 7 APSO vorliegen. Nach § 39 FPSO i.V.m. § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 APSO sind in sechsemestrigen Bachelorstudiengängen in den in der FPSO festgelegten Modulen bis zum Ende des sechsten Fachsemesters mindestens 120 Credits zu erbringen. Aufgrund der dem Kläger in der Vergangenheit gewährten Fristverlängerungen haben sich die erforderlichen Credits verschoben und er hatte zum Ende des 13. Fachsemesters mindestens 120 Credits, bis zum Ende des 14. Fachsemesters mindestens 150 Credits und bis zum Ende des 15. Fachsemesters mindestens 180 Credits zu erbringen.
30
Vorliegend hatte der Kläger bis zum Ende seines 13. Fachsemesters im Sommersemester 2016 insgesamt 111 Credits erreicht. Damit wurde die Credithürde von 120 Credits nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 APSO unterschritten.
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Die Aufhebung des Prüfungsbescheids vom 1. Dezember 2016 setzt daher die Anerkennung der vom Kläger vorgetragenen Umstände als triftige Gründe i.S.d. § 10 Abs. 5, Abs. 7 APSO voraus. Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Anerkennung triftiger Gründe nach § 10 Abs. 7 APSO.
32
Nach § 10 Abs. 7 Satz 1 APSO müssen die Gründe für die Fristversäumnis oder den Rücktritt von einer Prüfung dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht werden. Nach § 10 Abs. 7 Satz 3 APSO kann für den Fall, dass eine Erkrankung geltend gemacht wird, der Prüfungsausschuss im Einzelfall oder vor Beginn eines Prüfungstermins durch Aushang des Prüfungsausschusses und des Prüfungsamtes allgemein die Vorlage eines ärztlichen, vertrauensärztlichen oder amtsärztlichen Attestes verlangen, das Beginn und Ende der krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit ausweisen muss. Der Prüfungsausschuss kann Verhinderungsgründe nur für den Zeitraum anerkennen, für den sie glaubhaft gemacht sind (§ 10 Abs. 7 Satz 5 Alt. 1 APSO).
33
Der Kläger hat triftige Gründe für die Fristüberschreitung nicht glaubhaft gemacht. Ob die Vorlage des ärztlichen Attests vom 8. Juni 2017 noch unverzüglich war, kann vorliegend dahinstehen, da der Kläger jedenfalls damit nicht glaubhaft machen konnte, dass im Sommersemester 2016 triftige Gründe für die Fristüberschreitung in Gestalt einer Erkrankung vorlagen.
34
Zu den „wichtigen“ bzw. „triftigen Gründen“ zählen beim Rücktritt unter anderem Erkrankungen, die die Annahme einer Prüfungsunfähigkeit rechtfertigen (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 414, 173 f.). Es ist Aufgabe der Prüfung, die wirkliche Befähigung des Kandidaten festzustellen, so dass es dem Grundsatz der Chancengleichheit widerspräche, ihn an einem Prüfungsergebnis festzuhalten, das durch eine von ihm zunächst nicht erkannte erhebliche Störung seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt worden ist (vgl. BayVGH, U.v. 16.4.2002 - 7 B 01.1889 - juris Rn. 17). Zwar geht es im Fall der Fristüberschreitung nicht um die Leistungsfähigkeit des Prüflings in einer einzelnen Prüfung, sondern darum, ob der Prüfling fähig ist, innerhalb eines Semesters eine bestimmte Mindestzahl von Leistungsnachweisen zu erbringen. Da aber auch diesbezüglich die Leistungsfähigkeit des Prüflings (innerhalb der Zeitspanne eines Semesters) der Anknüpfungspunkt ist, können in Hinblick auf die Chancengleichheit auch insofern nur gesundheitliche Beeinträchtigungen berücksichtigt werden, die die Leistungsfähigkeit des Prüflings während des maßgeblichen Zeitraums bzw. eines großen Anteils davon erheblich verminderten. Dementsprechend trifft auch die APSO keine Unterscheidung zwischen Gründen, die bei einem Rücktritt anzuerkennen sind, und Gründen, die bei einer Fristüberschreitung nach § 10 Abs. 5 APSO anzuerkennen sind.
35
Um einem Missbrauch bei der Anerkennung triftiger Gründe für Fristüberschreitungen wirksam vorzubeugen und den Grundsatz der Chancengleichheit zu wahren, hat nach § 10 Abs. 7 Satz 1 APSO der Studierende die triftigen Gründe in Gestalt der Erkrankung glaubhaft zu machen. Das ärztliche Attest hat dabei die Funktion, die gesundheitliche Beeinträchtigung des Prüflings zu beschreiben und anzugeben, welche Beeinträchtigungen sich daraus für das Leistungsvermögen im maßgeblichen Zeitraum ergeben, um eine sachgerechte Beurteilung der Prüfungsbehörde zu ermöglichen. Die Notwendigkeit der Angabe von Befundtatsachen folgt daher bereits aus der Nachweisfunktion des ärztlichen Attests, ohne dass es einer entsprechenden Regelung in der Prüfungsordnung bedürfte (für den Rücktritt OVG NW, B.v. 19.11.2014 - 14 A 884/14 - juris Rn. 6, 7)
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Der Kläger hat mit seinem Antrag vom 11. November 2016 keinerlei triftige Gründe für eine weitere Fristverlängerung vorgebracht. Vielmehr hat er selbst vorgetragen, seine Behandlung beim Klinikum Rechts der Isar sei erfolgreich abgeschlossen und seine Prüfungsangst sei seit Ende des Sommersemesters nicht mehr vorhanden. Somit könne er im Wintersemester 2016/17 die Prüfungen ohne psychologische Beeiträchtigungen schreiben. Einen Nachweis über den Zeitpunkt des Wegfalls der Prüfungsangst legte er nicht vor.
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Erst im Widerspruchsverfahren gegen den Prüfungsbescheid vom 1. Dezember 2016 trug der Kläger mit E-Mail vom 15. Februar 2017 erstmals als Argumente vor, dass seine Prüfungsangst im August 2016 endlich geheilt worden sei, was aber nicht bedeute, dass auch die Vorbereitungszeit für alle Prüfungen die im August und September 2016 stattgefunden hätten, gegegeben gewesen sei. Zudem habe er im Februar 2016 angefangen, sich an dem WARR Hyperloop zu beteiligen, was, nachdem der Wettbewerb gewonnen worden sei, den Ruf der Beklagten weltweit gestärkt habe.
38
Triftige Gründe für eine weitere Fristverlängerung sind in diesem Vortrag nicht zu erkennen. Insoweit folgt das Gericht der Begründung des Widerspruchsbescheids (§ 117 Abs. 5 VwGO).
39
Ergänzend dazu ist darauf hinzuweisen, dass eine bestehende Prüfungsangst mit Krankheitswert in Prüfungssituationen auftritt und verhindert, in diesen Situationen eigentlich präsentes Wissen abzurufen. Prüfungsangst vermag allerdings einen Prüfling nicht daran zu hindern, sich auf Prüfungen durch Lernen von Prüfungsstoff vorzubereiten.
40
Nachdem der Kläger selbst vorträgt, seine Prüfungsangst sei im August 2016 beseitigt gewesen, kann ein triftiger Grund für die am Endes des Sommersemesters 2016 stattgefundenen Prüfungen weder in einer (nicht mehr bestehenden) Prüfungsangst noch in einer zu kurzen Prüfungsvorbereitungszeit gesehen werden.
41
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Kläger noch am 9. Juni 2017 eingereichten ärztlichen Attest vom 8. Juni 2016, da dieses weder konkret auf Dauer und Art der beim Kläger vorhandenen Einschränkung der Leistungsfähigkeit eingeht und wohl aus diesem Grund auch nur um eine Kulanzregelung für den Kläger bittet.
42
Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen, dass sich auch aus der Stellungnahme der Schriftführerin des Bachelor-Prüfungsausschusses vom 20. März 2017 ergibt, dass die behandelnde Ärztin bereits bei einem Telefonat am 7. Juni 2016 den Kläger als geheilt angesehen hat und dass der Kläger die Prüfungen, zu denen er angetreten ist, in Absprache und im Einvernehmen mit der behandelnden Ärztin absolviert hat.
43
Der Kläger hat seine Gründe für die Fristüberschreitung auch nicht unverzüglich angezeigt.
44
Selbst wenn man davon ausgeht, dass triftige Gründe noch bis spätestens nach Erhalt des Prüfungsbescheids des Semesters, in dem die Probleme aufgetreten sind, vorgebracht werden können, ist dies vorliegend nicht mehr unverzüglich geschehen. Gründe wurden vom Kläger weder bei Antragstellung am 11. November 2016 noch bei Widerspruchseinlagung gegen den Prüfungsbescheid am 12. Dezember 2016 genannt, sondern erstmals mit Widerspruchsbegründung am 15. Februar 2017. Dies kann nicht mehr als unverzügliche Glaubhaftmachung im Sinne des § 10 Abs. 7 APSO angesehenn werden
45
Infolgedessen besteht kein Anspruch des Klägers auf Anerkennung triftiger Gründe. Ohne eine Anerkennung triftiger Gründe für die Fristüberschreitung gelten jedoch nach § 39 Abs. 4 FPSO i.V.m. § 10 Abs. 3 APSO die noch nicht erbrachten Modulprüfungen als abgelegt und endgültig nicht bestanden. Nach § 45 FPSO i.V.m. § 23 Abs. 3 Nr. 4 APSO ist die Bachelorprüfung im Studiengang Elektrotechnik und Informationstechnik wegen des fehlenden Nachweises des erforderlichen Studienfortschritts endgültig nicht bestanden.
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Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.