Inhalt

VG München, Urteil v. 12.04.2019 – M 19L DK 18.1180
Titel:

Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wegen Verstoßes gegen politische Treuepflicht (Unterstützung der „Reichsbürgerbewegung“)

Normenketten:
BayDG Art. 11, Art. 14 Abs. 2 S. 1, Art. 26 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
BeamtStG § 33 Abs. 1 S. 3, Abs. 2, § 34 S. 3, § 39
Leitsätze:
1. Ein Polizeibeamter begeht Dienstvergehen, wenn er in einem Fernsehinterview mit einem bekannten Verschwörungstheoretiker die Vereinbarkeit des dienstlichen Handelns der Polizei mit der geltenden Rechtsordnung in Frage stellt, auf einer der Reichsbürgerbewegung zuzuordnenden Veranstaltung eine Rede hält, einen „Letter of Confirmation and Acceptance“ an einen Journalisten sendet, mit dem er Entehrungen für einen bestimmten Betrag akzeptiere und überwiegend englisch-sprachige Dokumente nutzt, die Beglaubigungen der „Staatliche Selbstverwaltung Weser“ tragen. (Rn. 47, 35 – 36, 37, 41 und 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch wenn es sich bei der sog. „Reichsbürgerbewegung“ um keine homogene, streng zusammengehörige oder klar abgrenzbare Gruppe handelt, sondern die Bewegung mehrere, oft untereinander konkurrierende Gruppierungen in Deutschland umfasst, so dass nicht von einer geschlossenen „Reichsbürgerideologie“ oder homogenen Weltanschauung gesprochen werden kann, ist allen Denkansätzen im Wesentlichen gemein, dass sie die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als legitimer und souveräner Staat bestreiten und davon ausgehen, dass das Deutsche Reich fortbesteht und die Bundesrepublik völker- und verfassungsrechtlich illegal oder de jure nicht existent ist. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Beamter verstößt gegen die politische Treuepflicht, wenn er als Anhänger der „Reichsbürgerbewegung“ die Geltung des Grundgesetzes, die freiheitliche demokratische Grundordnung und die verfassungsmäßige Struktur der Bundesrepublik Deutschland verneint. (Rn. 48 und 50) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die (in Leitsatz 1) geschilderten Dienstvergehen des Beamten rechtfertigen seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch seine Dienstvergehen das Vertrauen des Freistaats Bayern und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, Polizeibeamter, Dozent an Fortbildungsinstitut der Bayerischen Polizei, Vertreten reichsbürgertypischer Ansichten, Dienstvergehen, reichsbürgertypische Ansichten, Verschwörungstheoretiker, Letter of Confirmation and Acceptance, Staatliche Selbstverwaltung Weser, politische Treuepflicht, Vertrauen der Allgemeinheit
Rechtsmittelinstanz:
VGH München, Urteil vom 10.12.2021 – 16a D 19.1155
Fundstelle:
BeckRS 2019, 49160

Tenor

I. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Mit der vorliegenden Disziplinarklage begehrt der Kläger die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis.
2
1. Der am 10. Oktober 1958 geborene Beklagte trat am 6. Februar 1976 als Polizeiwachtmeister in den Dienst der Bayerischen Bereitschaftspolizei. Die Anstellungsprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst bestand er am 17. November 1978 mit der Gesamtnote befriedigend (3,12; Platzziffer 169 von 592 Prüfungsteilnehmern). Nach Durchlaufen der Laufbahn für den mittleren Polizeivollzugsdienst bestand er am 12. November 1997 die Laufbahnprüfung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtnote befriedigend (3,27; Platzziffer 199 von 460 Teilnehmern). Nach Ernennungen zum Polizeikommissar (1.12.1997), Polizeioberkommissar (1.12.2000), Polizeihauptkommissar (1.3.2004), Polizeihauptkommissar, A12 (1.11.2010) folgte mit Wirkung vom 1. November 2015 die letzte Ernennung zum Ersten Polizeihauptkommissar (A 13). Der Beklagte war bis zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte am 19. Februar 2016 beim Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei im … der Bayerischen Polizei (…) in … als … tätig. In der letzten Beurteilung im Jahr 2012 erhielt er 15 Punkte, in der Beurteilung im Jahr 2009 14 Punkte.
3
Der Beklagte ist geschieden und hat eine Tochter und zwei Söhne.
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Er ist mit Ausnahme der hier vorgeworfenen Sachverhalte straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet.
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2. Mit Aktenvermerk vom 19. Februar 2016 leitete das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten ein. Ihm wurden Auftritte bei dem Fernsehsender … … und bei der Heimatgemeinde … vorgeworfen.
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Am selben Tag sprach es ein Verbot der Führung der Dienstgeschäfte nach § 39 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) aus und bestätigte es mit Schreiben vom 24. Februar 2016 schriftlich. Mit Schreiben vom 14. März 2016 legte der Beklagte hiergegen Widerspruch ein. Seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 20. Juni 2016 (M 5 S 16.1250) ab. Den Widerspruch wies das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 2016 zurück.
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Mit Aktenvermerk vom 11. April 2016 dehnte das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei die disziplinarrechtlichen Ermittlungen auf Äußerungen des Beklagten bei einem Mittagessen und bei einem Seminar sowie auf das Auslegen des Magazins „...“ im Lehrerzimmer aus. Mit Schreiben vom 4. Mai 2016 setzte es den Beklagten von der Durchführung des Disziplinarverfahrens in Kenntnis und setzte dieses gleichzeitig bis zum Abschluss eines Ermittlungs- oder eventuellen Strafverfahrens aus. Mit Schriftsatz vom 13. Mai 2016 bestellte sich dessen ehemaliger Bevollmächtigter. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 übernahm das Polizeipräsidium München das Disziplinarverfahren als Disziplinarbehörde. Mit Verfügung vom 11. November 2016 dehnte das Polizeipräsidium München das Disziplinarverfahren auf den Vorwurf aus, der Beklagte könnte hinter dem Impressum der Heimatgemeinde … stehen; um den Ermittlungserfolg nicht zu gefährden, setzte es den Beklagten hiervon vorerst nicht in Kenntnis. Mit Schreiben vom selben Tag setzte es das Disziplinarverfahren fort und dehnte es zudem auf den Vorwurf aus, der Beklagte werbe im Rahmen einer Nebentätigkeit unzulässiger Weise mit seiner Polizeizugehörigkeit. Mit Schreiben vom 24. November 2016 übersandte das Amtsgericht Traunstein auf Auskunftsersuchen des Polizeipräsidiums München vom 16. November 2016 Schriftverkehr aus einem ihn betreffenden familiengerichtlichen Verfahren. Mit Verfügung vom 25. November 2016 sah die Staatsanwaltschaft Traunstein von der Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens im Hinblick auf die Presseberichterstattung zu dem Vortrag vor der Heimatgemeinde … ab. Zwischen November 2016 und Januar 2017 holte das Polizeipräsidium München mehrere schriftliche Zeugenaussagen ein; am 15. Dezember 2016 vernahm es den Zeugen X.E. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2016 (M 19L DA 16.5200) erließ das Verwaltungsgericht München Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen hinsichtlich des dienstlichen Computers des Beklagten und eines Postfachs bei der ... AG. In der Folge wertete das Polizeipräsidium München die aus der Sicherstellung des dienstlichen Laufwerks des Beklagten gewonnenen Erkenntnisse aus. Unter dem 26. Januar 2017 gab der Leiter des … … ein Persönlichkeitsbild für den Beklagten ab. Mit Aktenvermerk vom 6. Februar 2017 zog das Polizeipräsidium München nach Art. 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) Urkunden aus einem den Beklagten betreffenden Ordner bei, der bei einer Durchsuchung des Anwesens von E.J.K. in … am 17. Januar 2017 gefunden worden war. Mit Schreiben vom 23. März 2017 dehnte es das Disziplinarverfahren erneut aus, und zwar auf den Schriftverkehr des Beklagten mit dem Amtsgericht Traunstein, die bei E.J.K. gefundenen Dokumente, eine E-Mail an Herrn T. und Internetzugriffe vom dienstlichen Computer aus; gleichzeitig beschränkte es das Disziplinarverfahren im Hinblick auf den Verdacht, er stehe hinter dem Impressum der Heimatgemeinde …, und hörte den Beklagten zur beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung und zur Einbehaltung von Bezügen an. Der ehemalige Bevollmächtigte äußerte sich mit Schriftsatz vom 19. Mai 2017. Mit Verfügung vom 21. Juni 2016 enthob das Polizeipräsidium München den Beklagten vorläufig des Dienstes und sprach die Einbehaltung von 40% der Dienstbezüge und der jährlichen Sonderzahlung aus. Mit Schreiben vom 29. August 2017 gab es ihm Gelegenheit zur abschließenden Äußerung. Hiervon machte der Beklagte mit Schriftsatz seines ehemaligen Bevollmächtigten vom 15. November 2017 gebraucht. Der derzeitige Bevollmächtigte zeigte den Wechsel in der Bevollmächtigung mit Schriftsatz vom 16. November 2017 an.
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3. Der Kläger erhob mit Schreiben vom 5. März 2018, beim Verwaltungsgericht München eingegangen am 12. März 2018, Disziplinarklage gegen den Beklagten mit dem Antrag,
ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
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Dem Beklagten wurde folgender Sachverhalt vorgeworfen:
10
1. Er mache sich Ideologie und Denkweise der sogenannten Reichsbürgerbewegung zu eigen und vertrete diese nach außen.
11
a. Er sei unter Bekanntgabe seines Berufs als Polizeibeamter einschließlich genauer Amtsbezeichnung und Zugehörigkeit zum … … in der Öffentlichkeit aufgetreten. Im Internet finde sich auf der Plattform YouTube ein Interview mit dem Verschwörungstheoretiker J C … im Sender …, aus dem deutlich werde, dass er die Thesen der Reichsbürgerbewegung für richtig befinde und unterstütze. Insbesondere stelle er die Gültigkeit des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in Frage, behaupte, dass Richter nur Recht sprechen könnten, wenn sie die Genehmigung der Alliierten hätten, und rufe junge Kollegen auf, ihr dienstliches Handeln im Hinblick auf diese Thesen zu überdenken.
12
b. Er sei am 16. Februar 2016 bei einer Veranstaltung der zur Reichsbürgerbewegung zählenden Heimatgemeinde Ch. als Redner aufgetreten und habe Empfehlungen für den Umgang mit Beamten gegeben. Auch hier habe er Beruf und Zugehörigkeit genannt.
13
c. Er habe am 11. Februar 2016 im Hinblick auf die Exekution des ehemaligen Ministerpräsidenten F. J. St. und des ehemaligen K. Landeshauptmannes J. H. Verschwörungstheorien gegenüber einem externen Referenten des … … und dem Institutsleiter Ltd. PD H. geäußert.
14
d. Im Rahmen eines vom 1. bis 5. Februar 2016 stattfindenden Seminars am … … habe er sich als Referent zu politischen Themen geäußert und dezidiert reichsbürgertypische Ansichten vertreten. Er habe behauptet, die Bundesrepublik existiere in der augenblicklichen Form nicht, die Polizei habe nicht die ausgeübten Aufgaben und Rechte, Frau M. sei keine Bundeskanzlerin. Er habe die Seminarteilnehmer weiter ermuntert, sein YouTube-Video anzusehen.
15
e. Er habe im Lehrerzimmer des … … mehrere Ausgaben des rechtspopulistischen Magazins ... ausgelegt.
16
f. In einem familiengerichtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht Traunstein habe er sich am 4. August 2014 in einem Telefonat mit der Rechtspflegerin dahin geäußert, dass die Bundesrepublik wohl nur eine Aktiengesellschaft sei. § 15 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sei wohl aufgehoben. Er habe dabei angegeben, Polizeibeamter zu sein. Unter dem 29. Juli 2014 habe er auf eine Anfrage des Amtsgerichts Traunstein das gerichtliche Schreiben an die „Firma“ Amtsgericht Traunstein zurückgesandt, dies mit den Worten, er weise das „Angebot“ zurück, obwohl ihm kein Angebot unterbreitet, sondern die Beibringung eines Nachweises verlangt worden sei.
17
g. Unter dem 22. Oktober 2016 habe er einen englischsprachigen Brief an den Journalisten X.E. verschickt, der der Redaktion am 25. Oktober 2016 zugestellt worden sei. Der Brief trage den Titel „Letter of Confirmation and Acceptance“. Darin bestätige er, wiederholt durch den Empfänger entehrt worden zu sein. Er akzeptiere die Entehrungen für einen zu zahlenden Betrag, der für den Einzelfall festgelegt werden müsse. Die „Vertragsbedingungen“ seien „privat und vertraulich“ und würden durch die Einbeziehung Dritter verletzt. Eine derartige Entehrung werde mit der Zahlung von 125.000 USD belegt.
18
h. Bei einer Durchsuchung am 17. Januar 2017 bei dem bekennenden Reichsbürger E.J.K. seien in einem separaten Ordner private Dokumente sichergestellt worden, die dem Beklagten zuzuordnen seien. Insoweit werden insbesondere folgende Dokumente genannt:
- mehrere Exemplare einer durch einen „... Notary Public Inc. H.str. 1, 0... L1.“ „beglaubigten“ und vom Beklagten unterzeichneten eidesstattlichen Versicherung „...“, bei der es inhaltlich um das Treffen der Heimatgemeinde … am 16. Februar 2016 gehe
- mehrere Exemplare einer ebenfalls derart „beglaubigten“, vom Beklagten unterschriebenen „Lebenderklärung“ des H … L S …
- mehrere Exemplare einer ebenfalls derart „beglaubigten“, vom Beklagten unterschriebenen und mit seiner Adresse versehenen „Sicherheitsvereinbarung“ („Security-Agreement“) zwischen dem „lebenden Mann aus Fleisch und Blut“ H … S … und dem Rechtsträger S …, H … L., über den Übergang von Eigentum und Rechten sowie eine eventuelle Schadensersatzforderung
- ein „Letter of Confirmation and Acceptance“, bei dem es sich um ein inhaltsgleiches, vom Beklagten unterschriebenes Exemplar des an Herrn X.E. zugestellten Briefes handle, sowie verschiedene, teilweise inhaltlich modifizierte Entwurfsfassungen.
19
i. In einer E-Mail vom 19. Februar 2016 an die dienstliche Adresse des Beklagten habe Herr Andreas T. diesen auf einen Bericht über seinen Vortrag bei der Heimatgemeinde … hingewiesen. Am selben Tag um 13:11 Uhr - unmittelbar nach der Suspendierung - habe der Beklagte Herrn T. von seiner dienstlichen E-Mail-Adresse wie folgt geantwortet:
„hab gerade Hausverbot bekommen…Suspendierung…Das volle Programm Laaaaaaaaaach…schönes WE A …! Thats life…so kenn ich den Laden!!!! Kann dir jetzt hier nicht mehr antworten… Meine Privat: …“
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j. Im Zeitraum vom 7. Januar bis 19. Februar 2016 habe er seinen dienstlichen PC genutzt, um private Internetzugriffe in erheblichem Umfang durchzuführen. Insbesondere habe er regelmäßig und mehrfach täglich auf die Webseiten <info...de>, <..tv>, <..tv>, die reichsbürgerische, staatsfeindliche, rechtspopulistische und/oder verschwörungstheoretische Inhalte enthielten, sowie vereinzelt auf die Reichsbürgerseiten <..ch> und <...de> zugegriffen. Beispielhaft werden einige Zugriffe mit Datum, Uhrzeit und Inhalt genannt.
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2. Entgegen einer Anordnung des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 4. Januar 2017 mache er auf der Seite <ontheway> für seine Nebentätigkeit als Trainer im Bereich Stress, Kommunikation und Konfliktmanagement noch immer mit seiner Zugehörigkeit zum Polizeidienst Werbung.
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Der Sachverhalt stehe zur Überzeugung des Klägers aufgrund der umfassenden disziplinarrechtlichen Ermittlungen fest. Soweit der Beklagte vortrage, kein Angehöriger der „Reichsbürgerbewegung“ zu sein, sei dies in Anbetracht des gezeigten Verhaltens im Ergebnis nicht glaubhaft. Die bei dem Interview mit dem Verschwörungstheoretiker Jo Conrad im Sender bewusst.tv getätigten Äußerungen entsprächen dem Gedankengut der Reichsbürgerbewegung. So habe der Beklagte etwa geäußert, dass die Shaef-Gesetze der Alliierten weiterhin Geltung hätten und Richter in Deutschland nur Recht sprechen könnten, wenn sie die Genehmigung der Alliierten hierfür hätten. Zudem habe er in Frage gestellt, ob „geltendes Recht“ auch „gültiges Recht“ sei. Weiter habe er geäußert, das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, dass alle Wahlen ungültig seien, weshalb der Gesetzgeber nicht legitimiert sei und in der Folge sämtliche Gesetze ungültig seien. Im Hinblick auf diese Ideen habe er an junge Kollegen appelliert, innerdienstliches Handeln zu überdenken. Dass er seine Thesen dabei teilweise in rhetorische Fragen eingekleidet habe, ändere nichts am Inhalt der Aussagen. Zum Ausräumen möglicher Zweifel sei ein Fernsehinterview sicher nicht das Mittel der Wahl. Ein hochrangiger Polizeibeamter, der derartigen Thesen durch demonstrative Ratlosigkeit über ihre Einordnung weitere Legitimität zuspreche, rufe den Anschein der Identifikation damit hervor. Durch seine Teilnahme am 16. Februar 2016 an der Veranstaltung der Heimatgemeinde …, deren Mitglieder der Reichsbürgerbewegung angehörten bzw. sich als „Reichsdeutsche“ ansähen, sei seine Verbundenheit zu der Bewegung erneut deutlich geworden. Von einem anwesenden Journalisten werde er mit den Worten zitiert „Ihr wisst doch selber, wie die BRD funktioniert. Muss ich dazu noch etwas sagen?“ Außerdem habe er ausgeführt: „Wenn solche Netzwerke größer werden, dann zerbröselt das System irgendwann.“ Im Nachgang zu der Berichterstattung zu seinem Auftritt habe er versucht, auf den berichterstattenden Journalisten mit reichsbürgertypischen Mitteln einzuwirken. Er habe ein reichsbürgertypisches Schreiben an diesen versandt und ihn mit der Zahlung einer 6-stelligen Summe im Falle weiterer Berichterstattung bedroht. Auch sein Verhalten gegenüber der Rechtspflegerin in einem familiengerichtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht Traunstein belege, dass er nach außen in reichsbürgertypischer Manier auftrete. Die dort aufgestellte Behauptung, die Bundesrepublik sei eine Aktiengesellschaft und Gesetze hätten keine Gültigkeit, entspreche klassischen reichsbürgertypischen Argumentationsmustern. In mindestens einem Fall habe er darüber hinaus in seiner Eigenschaft als Seminarlehrer reichsbürgertypische Ansichten vertreten. Schließlich werde das Vorbringen des Beklagten, kein Mitglied der Reichsbürgerbewegung zu sein, durch mehrere von ihm selbst unterzeichnete Urkunden eindeutig widerlegt. Insbesondere die „Lebenderklärung“ und die „Sicherheitsvereinbarung“ seien Dokumente, mit denen sich Mitglieder der Reichsbürgerbewegung klassischer Weise identifizierten. Soweit er diese Dokumente als „Hilfeschrei“ aufgrund der Presseberichterstattung bezeichne, erschließe sich nicht, warum er hierfür gerade auf originäre reichsbürgertypische Handlungsweisen zurückgreife. Abschließend bleibe festzuhalten, dass auch die sonstigen Ermittlungsergebnisse das Ergebnis stützten, dass er sich nicht von unhaltbaren verschwörungstheoretischen Inhalten distanziere, sondern diese vielmehr in erheblichem Umfang konsumiere und aktiv weiterverbreite. Insoweit seien die Aussagen zu den Hinrichtungen von F. J. St. und J. H., das Auslegen des Magazins ... im Lehrerzimmer und das Surfverhalten auf dem dienstlichen PC zu nennen.
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Mit seinem Verhalten habe der Beklagte ein schwerwiegendes Dienstvergehen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, indem er gegen seine politische Treuepflicht (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG), seine Pflicht zu Mäßigung und Zurückhaltung (§ 33 Abs. 2 BeamtStG), seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) und seine Gehorsamspflicht (§ 35 Satz 2 BeamtStG) verstoßen habe. Er habe die reichsbürgerische Gesinnung nicht nur mehrfach verbal, sondern auch mittels konkreter Handlungen (Einwirken auf Rechtspflegerin und Journalist) angewandt. Er habe sich gerade nicht zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekannt und sei auch nicht für diese eingetreten. Zudem habe er seine Thesen mit der Autorität seines Amtes untermauert, indem er sich jeweils als Polizeibeamter präsentiert habe. Ein Verstoß gegen die politische Treuepflicht sei wegen der engen Dienstbezogenheit stets als Vergehen innerhalb des Dienstes zu werten. Mit Blick auf die Nebentätigkeitswerbung verstoße er fortlaufend gegen die Pflicht zur Erfüllung dienstlicher Anordnungen und zur Befolgung allgemeiner Richtlinien. Ebenso stelle das private Internet-Surfverhalten vom dienstlichen PC in jedem einzelnen Fall einen Verstoß gegen die EDV-Rahmenrichtlinie dar. Die geschilderten Ereignisse begründeten ein einheitliches Dienstvergehen. Auch unter Würdigung der übrigen, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme relevanten Umstände sei insgesamt die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis geboten. Zu seinen Gunsten spreche, dass er bisher disziplinarrechtlich und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei und jedenfalls bis 2012 fachlich gute Leistungen gezeigt habe. Das Persönlichkeitsbild vom 26. Januar 2017 enthalte sehr positive und sehr negative Aspekte. Zu seinen Lasten spreche vor allem die Schwere des Dienstvergehens. In Fällen, in denen die politische Treuepflicht durch andauernde und nachhaltige Aktivitäten verletzt werde, die letztendlich den Staat selbst öffentlich in Frage stellten, sei der Beamte aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dass hierbei die Stellung als Polizeibeamter sowohl unter dem Aspekt der Autorität des Amtes in der Öffentlichkeit als auch unter dem Aspekt der Stellung als Fachlehrer in der Polizeifortbildung („Multiplikatorenfunktion“) bewusst ausgenutzt werde, trete hinzu. Er habe vorsätzlich und mit Blick auf die bereits geführten Kritikgespräche im vollen Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit gehandelt. Eine glaubhafte und endgültige Abkehr von der Reichsbürgerbewegung, die eine mildere Maßnahme denkbar erscheinen lasse, sei nicht erfolgt. Mit den Kritikgesprächen nach dem Auftritt bei bewusst.tv sei ihm eine „zweite Chance“ eröffnet worden, die er jedoch nicht genutzt habe. Sein Verhalten gehe weit über die hinnehmbaren Grenzen des Verhaltens eines „kritischen Geistes“, als welcher er geschildert werde, hinaus. Mit einer Weiterbeschäftigung wäre überdies ein erheblicher Ansehens- und Vertrauensverlust der Bayerischen Polizei verbunden. Erschwerend sei zu berücksichtigen, dass das Interview bei bewusst.tv und der Auftritt bei der Heimatgemeinde … einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden seien. Der Beklagte habe zudem seine Lehrveranstaltungen dazu missbraucht, seine reichsbürgerischen Ansichten zu vertreten. Auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbilds und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens wiege das Dienstvergehen so schwer, dass ihm mit der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme zu begegnen sei.
24
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen, hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
25
Er trug vor, die Klageschrift leide unter wesentlichen Mängeln. Die Vorwürfe seien weitgehend unsubstantiiert. Teilweise sei nicht klar erkennbar, worin der disziplinarrechtliche Vorwurf bestehen solle. Er habe in dem Interview zu keinem Zeitpunkt die Bundesrepublik und ihre verfassungsmäßige Ordnung in Frage gestellt, sondern sich gerade zu ihr bekannt, was im Einzelnen dargestellte Äußerungen belegten. Die Behauptung des Institutsleiters sei in Frage zu stellen, weil dieser erst später zu dem Gespräch hinzugekommen sei. Der Seminarteilnehmer POK L. erinnere sich nicht an den genauen Wortlaut der Äußerungen; dessen Zeugeneinvernahme im Disziplinarverfahren sei unterblieben. Das Auslegen des Magazins „...“ sei nicht verboten. Hinsichtlich des Internetzugriffs vom dienstlichen Computer aus fehlten Anhaltspunkte zu den unzulässigen Inhalten der besuchten Seiten; übrig bleibe nur der Umstand, dass private Internetzugriffe nicht durchgeführt werden dürften. Er habe den Betreiber der Webseite <ontheway> zur Löschung der Nennung seiner Polizeizugehörigkeit aufgefordert; wenn dieser dem nicht nachgekommen sei, sei dies nicht ihm anzulasten. In der Disziplinarklage sei nicht dargestellt, hinsichtlich welcher disziplinarischen Vorwürfe die Ermittlungen ausgedehnt worden seien. Der Kläger ziehe den unrichtigen Schluss, dass Äußerungen, die teilweise kongruent mit reichsbürgertypischen Denkansätzen seien, zu der Annahme der fehlenden Verfassungstreue führen müssten. Tatsächlich lasse er keine Zweifel an seiner Verfassungstreue. Er betone lediglich, dass er sich Fragen stelle und keine Antworten bekomme. Trotz einer gewissen Kongruenz mit Themen, die man sonst Reichsbürgern zuschreibe, habe er nie die Berechtigung des Staates, der Verfassung oder der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in Frage gestellt. Er sei gedanklichen Verstrickungen unterlegen, die dadurch genährt worden seien, dass er auf seine Fragen keine Antworten erhalten habe. Seine kritische Haltung sei ihm nun offensichtlich zum Verhängnis geworden. Das Disziplinarverfahren habe ihm aber vor Augen geführt, dass er sich nicht hinreichend gemäßigt habe. Bei seinen Äußerungen bei bewusst.tv habe er sich auf die Veröffentlichung eines sächsischen Gewerkschaftsfunktionärs bezogen, die übersandt werde. Dem Kläger sei zwar zuzugestehen, dass allein die Präsenz bei dem Interview und der Heimatgemeinde … vorwerfbar seien; er habe jedoch zu keinem Zeitpunkt Staat und Verfassung in Frage gestellt. Auch seine sehr gute dienstliche Beurteilung spreche dafür, dass er sich mit seinem Beruf und seinem Dienstherrn identifiziere. Er habe seine Äußerungen bei …tv als von der Meinungsfreiheit gedeckt gesehen und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er diese als Privatperson tätige. Die Klage differenziere überdies nicht zwischen innerdienstlichem und außerdienstlichem Verhalten.
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Das Polizeipräsidium München entgegnete mit Schreiben vom 22. Mai 2018, die vorgeworfenen Äußerungen in dem Interview würden über die Beweismittelakte belegt. Bei dem sächsischen Gewerkschaftsfunktionär handle es sich um Volker Schöne, der als Fördermitglied ausgeschlossen, wegen seiner Aktionen strafrechtlich belangt worden und auch bei bewusst.tv aufgetreten sei. Die vom Beklagten getätigten Äußerungen seien über mehrere Jahre (zwischen Juli 2014 und Oktober 2016) und ungeachtet der dienstlichen Reaktionen mit reichsbürgertypischen Themen kongruent gewesen. Die ihm vorgeworfenen Dokumente seien im Rahmen einer Durchsuchung wegen waffenrechtlicher Verstöße bei dem bekennenden Reichsbürger E.J.K. aufgefunden und von Dieter Weser beglaubigt worden, der die Internetseite „SSW“ (Staatliche Selbstverwaltung Weser) mit typischem Gedankengut der Reichsbürger betreibe. Dass der Beklagte noch 2016 reichsbürgertypische, selbst unterschriebene Erklärungen von einem bekennenden Reichsbürger notariell beglaubigen lasse und diese zu Beginn 2017 bei einem weiteren bekennenden Reichsbürger gefunden würden, lasse sein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht glaubhaft erscheinen.
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Auf Aufforderung des Gerichts gab das Polizeipräsidium München mit Schreiben vom 25. März 2019 insbesondere an, welche Äußerungen aus den Auftritten bei bewusst.tv und der Heimatgemeinde Chiemgau dem Beklagten vorgeworfen würden und welche Erkenntnisse zu E.J.K. vorlägen.
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In der mündlichen Verhandlung vom 12. April 2019 hat das Gericht Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen Ltd. PD H. und POK L. Der Beklagte erklärte insbesondere, der Auftritt bei …tv und die Abgabe einer „Lebenderklärung“ seien eine große Dummheit gewesen. Er sei seinerzeit auf Widersprüche gestoßen, die sich nicht auflösen hätten lassen. Er habe sich in etwas verrannt. Im Übrigen wiederholten die Parteien ihre Anträge.
29
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Disziplinarakte, die Beweismittelakte, die vorgelegte Personalakte und die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

30
Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt (Art. 11 BayDG).
31
1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine wesentlichen Mängel auf. Im Hinblick auf das Interview auf dem Sender …tv und den Auftritt bei der Heimatgemeinde … hat der Kläger die Vorwürfe mit Schreiben vom 25. März 2019 präzisiert, was nach Art. 53 Abs. 3 Satz 1 BayDG zulässig ist. Die Nennung der weiteren Vorwürfe, auf die das Disziplinarverfahren nach und nach ausgedehnt wurde, in der Disziplinarklage ist nicht zwingend erforderlich, weil nach Art. 50 Abs. 1 Satz 2 BayDG nur der wesentliche Gang der Ermittlungen angegeben werden muss, wozu die Inhalte der einzelnen Ausdehnungen nicht zählen.
32
2. Das Gericht legt seiner Entscheidung im Wesentlichen den Sachverhalt zugrunde, der Gegenstand der Disziplinarklage ist. Lediglich die dort unter 1.i. vorgeworfene E-Mail vom 19. Februar 2016 an Herrn T. wird wegen des den Dienstherrn nicht herabwürdigenden oder beleidigenden Inhalts als nicht disziplinarwürdig angesehen und der unter 2. dargestellte Verstoß gegen die dienstliche Weisung, im Rahmen einer Nebentätigkeit als Trainer nicht mit der Polizeizugehörigkeit zu werben, wird nach Art. 54 Satz 1 BayDG ausgeschieden, weil er für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht ins Gewicht fällt.
33
Im Übrigen sieht das Gericht die Vorwürfe aus der Disziplinarklage als erwiesen an. Die im Folgenden unter 2.1. bis 2.6. dargestellten Vorwürfe tragen die Feststellung, dass der Beklagte sich jedenfalls teilweise Ideologie und Denkweise der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ zu eigen gemacht und diese Überzeugung nach außen vertreten hat. Die im Folgenden unter 2.7. bis 2.9. dargestellten Vorwürfe runden dieses Bild ab und werden zur Würdigung der Gesamtpersönlichkeit und Kennzeichnung der inneren Haltung des Beklagten herangezogen.
34
Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es sich bei der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ um keine homogene, streng zusammengehörige oder klar abgrenzbare Gruppe handelt. Vielmehr umfasst die Bewegung mehrere, oft untereinander konkurrierende Gruppierungen in Deutschland, so dass nicht von einer geschlossenen „Reichsbürgerideologie“ oder homogenen Weltanschauung gesprochen werden kann und diese Kategorisierung lediglich als „Arbeitstitel“ verwendet wird. Allerdings ist allen Denkansätzen im Wesentlichen gemein, dass sie die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als legitimer und souveräner Staat bestreiten. Sie gehen davon aus, dass das Deutsche Reich fortbesteht und die Bundesrepublik völker- und verfassungsrechtlich illegal oder de jure nicht existent ist. Die Bundesrepublik sei kein Staat, sondern eine privatrechtliche Organisation, die keine hoheitlichen Befugnisse habe. Mit dieser Auffassung geht einher, dass die „Reichsbürgerideologie“ konsequent das Grundgesetz, die Gesetze und die Legitimität staatlicher Institutionen sowie ihrer Repräsentanten gänzlich negiert oder zumindest in Frage stellt. Sie zweifelt weiter die Rechtsgültigkeit von Verwaltungshandeln an oder betrachtet dieses als bloßes Angebot, das zurückgewiesen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2017 - 21 CS 17.1300 - juris Rn. 14; VG Regensburg, U.v. 26.11.2018 - RN 10B DK 17.1988 - S. 17 f., n.v.; VG Trier, U.v. 14.8.2018 - 3 K 2486/18.TR - juris Rn. 67 ff.).
35
2.1. Der Beklagte hat im Jahr 2015 unter Bekanntgabe seines Berufs als Polizeibeamter auf dem Sender …tv ein Interview mit Jo Conrad, der als deutscher Verschwörungstheoretiker bezeichnet wird (Wikipedia) und zweifelhafte politische Ansichten vertritt, geführt. Als Beweismittel für diesen Vorwurf dient das noch auf YouTube veröffentlichte Video.
36
Vorzuwerfen ist dem Beklagten insoweit bereits, dass er überhaupt in dieser Sendung mit zweifelhafter politischer Ausrichtung und unter Hinweis auf seine Polizeizugehörigkeit aufgetreten ist. Vorzuwerfen ist ihm weiter, dass er nicht gegen die Äußerungen der ebenfalls anwesenden Zollbeamtin eingeschritten ist, die ihre hoheitlichen Befugnisse aktiv verneint („Nach dem gültigen Recht darf ich nichts von dem tun, was ich gerade tue“; bei 12:06) und stattdessen die Zusammenfassung des Moderators bejaht hat, dass das, was sie beruflich machen müsse, keine Grundlage habe und sie sich im Grunde genommen strafbar mache (bei 12:45). Im Schwerpunkt vorzuwerfen sind dem Beklagten jedoch seine eigenen Äußerungen, mit denen er - überwiegend in einer Rhetorik ohne klaren Satzbau - dem Thema der Sendung entsprechend die Vereinbarkeit des dienstlichen Handelns der Polizei mit der geltenden Rechtsordnung in Frage gestellt hat. Seine Äußerungen sind dabei im Lichte der staatskritischen Ausrichtung des Senders und der Eingangsfrage des Moderators an ihn und die anwesende Zollbeamtin zu sehen, ob und inwieweit Wunschvorstellung bei der Berufswahl und Realität überhaupt noch übereinstimmten. Der Beklagte hat insbesondere ausgeführt:
- dass ein Gewerkschaftsvorsitzender geäußert habe, dass durch die Zweiten Bundesbereinigungsgesetze der Geltungsbereich des OWiG, der Strafprozessordnung, der Zivilprozessordnung aufgehoben worden sei (bei 8:50).
- „Meine Frage: wer hat die Zweiten Bundesbereinigungsgesetze installiert? Warum wurde das gemacht? Wenn es mit diesem Geltungsbereich so ist - und ich sage das OWiG gilt anscheinend nur noch in Luftfahrzeugen, glaube ich, und Schiffen: Warum wird dann der Geltungsbereich nicht wiederhergestellt? Was hindert uns daran?“ (bei 18:40)
- „Jetzt meine Frage: „Wir wählen alle vier Jahre. Das ist doch ungültig. … Wie kann dann eine Partei, die eigentlich nicht rechtmäßig installiert ist, Gesetze erlassen? Und welche Gültigkeit haben diese Gesetze? Also, das ist jetzt ein Konstrukt. Da baut alles aufeinander auf.“ (ab 20:20)
- „BRD-GmbH … höchstrichterlich festgestellt, dass die Weimarer Verfassung nicht außer Kraft ist, dass also das Deutsche Reich in den Grenzen, ich glaube 1937 oder so, noch Bestand hat, auch noch rechtsfähig - glaube ich - wäre, aber nur nicht handlungsfähig. Da kommst du ins Grübeln und sagst: Moment amal, wenn es das noch gibt, warum sind wir heute hier? Was ist dann die BRD? Und daraus kommen natürlich viele Beiträge, wo man sagt: GmbH, Handelsrecht, warum ist jetzt die BRD eine Rechtsgesellschaft und was ist meine Rolle jetzt hier?“ (ab 23:16)
- „Bei uns in der Firma, oder in der Behörde, oder bezeichnen wir es, wie man will, …“ (bei 24:50)
- „Aber wir wissen natürlich auch über diese Shaef-Gesetze, die ja laut Alliierten-Besatzungsrecht noch bestehen, dass also hier nur ein Richter Recht sprechen kann, wenn er die Genehmigung der Alliierten hat, … Und da wird halt von Juristen gesagt: das übergehen sie. Also meine Frage: wissen sie es nicht? Wollen sie es nicht wissen?“ (ab 25:10)
- „Oder auch dieser 15er Gerichtsverfassungsgesetz, der aufgehoben wurde: Gerichte sind staatliche Gerichte. Was sind sie dann, wenn sie staatliche Gerichte nicht mehr sind? Scheingerichte, Privatgerichte? Ich weiß es nicht.“ (bei 26:20)
- „Also, ich bin 40 Jahre in der Firma - was hat sich verändert? Was ist wichtig in der Firma?“ (bei 29:50)
- „… dann habe ich das Amtsgericht angeschrieben: Also danke für Ihr Angebot. Sie sind gelistet im Handelsregister usw.“ (bei 33:10)
- „Ist geltendes Recht gültiges Recht?“ (bei 34:20)
- „Gibt´s das mit dem Grundgesetz noch, ist das noch gültig oder nicht? (bei 34:40)
- „Und da klärt man die Leute natürlich auch nicht auf über die Rechtslage, die wirkliche, weil wahrscheinlich oder ich befürchte mal, hier vielleicht ein Kartenhaus zusammenbrechen würde.“ (bei 58:35)
- [Von Richtern/Staatsanwälten] „… wird alles ins Reine geblasen, das Grundgesetz hat Gültigkeit, es besteht, du brauchst dir keine Gedanken machen. … Aber wer sich mehr mit den Dingen auseinandersetzt, weiß, dass es hier bilaterale Abkommen gibt, die das wieder aushebeln.“ (bei 1:05:30)
37
2.2. Der Beklagte hat weiter am 16. Februar 2016 bei einer Veranstaltung der Heimatgemeinde …, die - wie ihre Aktion mit den Mensch-Kennzeichen zeigt - der Reichsbürgerbewegung zuzuordnen ist, eine Rede gehalten. Dieser Umstand sowie einige der getätigten Äußerungen stehen fest aufgrund der Aussage des anwesenden und im Disziplinarverfahren am 15. Dezember 2016 als Zeugen gehörten Journalisten X.E., an deren Wahrheitsgehalt das Gericht keine Zweifel hat. Der Zeuge berichtete nachvollziehbar über die Aussagen des Beklagten, und zwar nicht nur über solche mit ihn belastendem Inhalt. Die nochmalige Einvernahme des Zeugen im gerichtlichen Verfahren war nicht erforderlich, da der Beklagte keine konkreten Äußerungen des Zeugen in Abrede gestellt hat.
38
Auch insoweit ist dem Beklagten bereits vorwerfbar, dass er auf einer Veranstaltung dieser Vereinigung überhaupt aufgetreten ist und Beruf und Einsatzgebiet explizit genannt hat bzw. diese Umstände ohnehin allen Anwesenden bekannt waren. Vorzuwerfen sind ihm daneben die Äußerungen, die das Polizeipräsidium München im Schreiben vom 25. März 2019 (dort S. 6) im Einzelnen angegeben hat. Diese zeugen weit mehr von einer Sympathie mit den von Seiten des Publikums vertretenen Ideen als von der von ihm bekundeten Absicht, zu zeigen, „wie Polizei funktioniert“ und ein Bindeglied zwischen der Heimatgemeinde Chiemgau und klar statuierten Aufgaben und Anliegen der Polizei zu bilden.
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2.3. Der Beklagte hat weiter in einem vom 1. bis 5. Februar 2016 am … stattfindenden Seminar während seines Parts zum Konfliktmanagement politische Äußerungen mit reichsbürgertypischen Inhalten getätigt. Dieser Umstand steht fest aufgrund der glaubhaften und schlüssigen Angaben des Zeugen POK L., die im behördlichen Disziplinarverfahren und in der mündlichen Verhandlung übereinstimmten und frei von Belastungseifer waren. Der Beklagte hat insbesondere geäußert, dass die Bundesrepublik nicht existiere, die Polizei nicht die ausgeübten Aufgaben und Rechte habe und Frau M.keine Bundeskanzlerin sei. Er hat die Seminarteilnehmer weiter ermuntert, sich seinen Auftritt bei …tv auf YouTube anzusehen.
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2.4. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 29. Juli 2014 ein Anschreiben des Amtsgerichts Traunstein an ihn an die „Firma“ zurückgesandt, dies mit den Worten, er weise das „Angebot“ zurück, obwohl ihm kein Angebot unterbreitet, sondern die Beibringung eines Nachweises verlangt worden war; daneben hat er dem Amtsgericht Traunstein dessen Firmeneigenschaft mittels eines Auszugs vorgehalten. Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund seiner Schreiben (DA S. 143 f.). Er hat außerdem am 4. August 2014 telefonisch gegenüber der Rechtspflegerin geäußert, dass die Bundesrepublik wohl nur eine Aktiengesellschaft und § 15 GVG wohl aufgehoben sei. Dies steht fest aufgrund eines von ihr gefertigten Aktenvermerks vom selben Tag (DA Bl. 147). Auch wenn sie seine Äußerungen nicht wörtlich wiedergeben kann, sind ihr jedoch die inhaltliche Tendenz und seine Berufung auf die Tätigkeit bei der Polizei in Erinnerung geblieben.
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2.5. Der Beklagte hat unter dem Datum des 22. Oktober 2016 einen „Letter of Confirmation and Acceptance“ an den Journalisten X.E. gesandt, in dem er ausführt, dass er wiederholt von diesem entehrt worden sei und die Entehrungen für einen bestimmten Betrag akzeptiere, der für den Einzelfall festgelegt werden müsse. Die „Vertragsbedingungen“ seien dabei „privat und vertraulich“ und würden durch die Einbeziehung Dritter verletzt. Für diesen Fall würde eine Zahlung von 125.000 USD anfallen. Dem bei Reichsbürgern typischen Verhalten entsprechen dabei die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch eine Privatperson und das Verlangen einer hohen Vertragsstrafe. Dieses Verhalten steht fest aufgrund der bei der Disziplinarakte befindlichen Kopie des Briefes. Dessen Entwurf wurde überdies bei E.J.K., einer ebenfalls der Reichsbürgerszene zuzuordnenden Person, aufgefunden und polizeilich beschlagnahmt.
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2.6. Der Beklagte hat außerdem folgende Dokumente erstellt bzw. erstellen lassen:
- mehrere Exemplare einer durch einen „… Notary Public Inc. … 1, … …“ „beglaubigten“ und von ihm unterzeichneten eidesstattlichen Versicherung „..“, in der er den Ablauf der Veranstaltung der Heimatgemeinde … am 16. Februar 2016 aus seiner Sicht darstellt
- mehrere Exemplare einer ebenfalls derart „beglaubigten“ und von ihm unterschriebenen „Lebenderklärung“
- mehrere Exemplare einer ebenfalls derart „beglaubigten“, von ihm unterschriebenen und mit seiner Adresse versehenen „Sicherheitsvereinbarung“ („Security-Agreement“) zwischen dem „lebenden Mann aus Fleisch und Blut“ H … S … und der juristischen Person/Rechtsperson S …, H … L., über den Übergang von Eigentum und Rechten sowie eine eventuelle Schadensersatzforderung
- einen „Letter of Confirmation and Acceptance“, bei dem es sich um ein inhaltsgleiches, vom Beklagten unterschriebenes Exemplar des an Herrn X.E. zugestellten Briefes handelt, sowie verschiedene, teilweise inhaltlich modifizierte Entwurfsfassungen.
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Diese überwiegend englisch-sprachigen Dokumente wurden bei einer polizeilichen Durchsuchung am 17. Januar 2017 bei dem bekennenden Reichsbürger E.J.K. aufgefunden und beschlagnahmt. Sie tragen Beglaubigungen durch den ebenfalls der Reichsbürgerszene zuzuordnenden Dieter Weser, der die „Staatliche Selbstverwaltung Weser“ proklamiert hat.
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2.7. Der Beklagte hat bei einem Mittagessen am 11. Februar 2016 mit dem externen Referenten T., zu dem der Leiter des BPFI Ltd. PD H. nachträglich hinzu kam, angegeben, dass F. J. St. und J. H. exekutiert worden seien. Dies steht fest aufgrund der glaubhaften und schlüssigen Aussage von Ltd. PD H. in der mündlichen Verhandlung, die mit seiner schriftlichen Aussage vom 9. Januar 2017 im behördlichen Disziplinarverfahren übereinstimmt. Der Zeuge hat die Möglichkeit, dass er die Aussage des Beklagten missverstanden haben könnte, weil er nachträglich zum Mittagessen hinzukam, nachvollziehbar ausgeschlossen.
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2.8. Dem Beklagten ist weiter vorzuwerfen, dass er das Magazin „...“ im Lehrerzimmer ausgelegt hat. Wissenschaftler und Journalisten bewerten die monatlich erscheinende politische Zeitschrift „als verschwörungsideologisches Querfront-Magazin und ordnen sie dem Rechtspopulismus zu. Seit 2015 präsentiert sich „...“ als Sprachrohr der rechtspopulistischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) und der islamfeindlichen Pegida-Bewegung“ (aus Wikipedia).
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2.9. Der Beklagte hat seinen dienstlichen Computer zudem in der Zeit zwischen 7. Januar und 19. Februar 2016 in erheblichem Umfang für private Internetzugriffe genutzt. Insoweit wird auf die in der Disziplinarklage (dort S. 4 f.) unter Angabe von Datum und Uhrzeit dargestellten Zugriffe verwiesen, insbesondere auf die Seiten des Kopp-Verlags sowie von bewusst.tv und quer-denken.tv, die allesamt problematische politische Inhalte mit reichsbürgertypischen, staatsfeindlichen, rechtspopulistischen und verschwörungstheoretischen Tendenzen enthalten.
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3. Durch sein Verhalten hat der Beklagte ein Dienstvergehen begangen. Er hat gegen seine politische Treuepflicht (vgl. 3.1.), seine Pflicht zu Mäßigung und Zurückhaltung, seine Gehorsamspflicht und seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (vgl. 3.2.) verstoßen.
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3.1. Die unter 2.1. bis 2.6. dargestellten Verlautbarungen des Beklagten begründen einen Verstoß gegen die politische Treuepflicht aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG. Diese Regelung fordert, dass Beamtinnen und Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung i.S.d. Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. Das Bundesverfassungsgericht (B.v. 6.5.2008 - 2 BvR 337/08 - juris Rn. 17; ähnlich bereits B.v. 22.5.1975 - 2 BvL 13/73 - juris Ls. 2) führt hierzu aus:
„Berufsbeamte und Berufsrichter unterliegen einer politischen Treuepflicht, die zu den von Art. 33 Abs. 5 GG garantierten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählt. Gemeint ist damit nicht eine Verpflichtung, sich mit den Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Regierung zu identifizieren. Gemeint ist vielmehr die Pflicht zur Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dem der Beamte dienen soll, mit der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates zu identifizieren. Dies schließt nicht aus, an Erscheinungen dieses Staates Kritik üben zu dürfen, für Änderungen der bestehenden Verhältnisse - innerhalb des Rahmens der Verfassung und mit den verfassungsrechtlich vorgesehenen Mitteln - eintreten zu können, solange in diesem Gewand nicht eben dieser Staat und seine verfassungsmäßige Grundlage in Frage gestellt werden. Unverzichtbar ist, dass der Beamte den Staat und die geltende verfassungsrechtliche Ordnung bejaht, sie als schützenswert anerkennt, in diesem Sinne sich zu ihnen bekennt und aktiv für sie eintritt. Der Beamte, der dies tut, genügt seiner Treuepflicht und kann von diesem Boden aus auch Kritik äußern und Bestrebungen nach Änderungen der bestehenden Verhältnisse - im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung und auf verfassungsmäßigen Wegen - unterstützen. Die Treuepflicht gebietet, den Staat und seine geltende Verfassungsordnung zu bejahen und dies nicht bloß verbal, sondern auch dadurch, dass der Beamte die bestehenden verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften beachtet und erfüllt. Die politische Treuepflicht fordert mehr als nur eine formal korrekte, im Übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten, dass er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren.“
49
Weiter fordert das Bundesverfassungsgericht für die Annahme einer disziplinarrechtlichen Relevanz der Verletzung der politischen Treuepflicht Folgendes (B.v. 6.5.2008 - 2 BvR 337/08 - juris Rn. 31; ebenso bereits B.v. 22.5.1975 - 2 BvL 13/73 - juris Rn. 45):
„Dabei ist zu beachten, dass sich der umschriebene Inhalt der Treuepflicht des Beamten nicht völlig mit dem Inhalt der disziplinär zu ahndenden Treuepflichtverletzung des Beamten deckt, weil zum letztgenannten Tatbestand ein Minimum an Gewicht und an Evidenz der Pflichtverletzung gehört. Das bloße Innehaben einer Überzeugung und die bloße Mitteilung, dass man diese habe, ist nicht in jedem Fall eine Verletzung der Treuepflicht, die dem Beamten auferlegt ist; dieser Tatbestand ist aber jedenfalls dann überschritten, wenn der Beamte aus seiner der Verfassung widersprechenden politischen Überzeugung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugung zieht.“
50
Diese Anforderungen sind jedenfalls dann nicht gewährleistet, wenn ein Beamter als Anhänger der „Reichsbürgerbewegung“ die Geltung des Grundgesetzes, die freiheitliche demokratische Grundordnung und die verfassungsmäßige Struktur der Bundesrepublik Deutschland verneint (OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 15.3.2018 - 10 L 9/17 - juris Rn. 56 ff.; VG Regensburg, U.v. 26.11.2018 - RN 10 B DK 17.1988 - S. 17, n.v.; VG Trier, U.v. 14.8.2018 - 3 K 2486/18.TR - juris Rn. 53 ff.; VG München, U.v. 8.2.2018 - M 19L DK 17.5914 - n.v.). Dies hat der Beklagte - entgegen seinem Vortrag im Klageverfahren - sehr wohl getan, zwar nicht explizit in dem Interview auf bewusst.tv, aber Anfang August 2014 gegenüber der Rechtspflegerin am Amtsgericht Traunstein und in dem Anfang Februar 2016 stattfindenden Seminar. Die Anforderungen der politischen Treuepflicht sind ferner auch dann nicht gewährleistet, wenn ein Beamter die Geltung des Grundgesetzes, die freiheitliche demokratische Grundordnung und die verfassungsmäßige Struktur der Bundesrepublik Deutschland lediglich in Frage stellt, weil für die politische Treuepflicht unverzichtbar ist, dass er diese „bejaht, sie als schützenswert anerkennt, in diesem Sinne sich zu [ihr] bekennt und aktiv für sie eintritt“ (BVerfG, B.v. 6.5.2008 - 2 BvR 337/08 - juris Rn. 17). Ein solches aktives Bekenntnis hat der Beklagte insbesondere bei seinen Auftritten bei …tv und der Heimatgemeinde … jedoch nicht abgegeben. Mit der politischen Treuepflicht nicht vereinbar ist es ferner, wenn der Beamte - wie der Beklagte es getan hat - politisch zweifelhafte Behauptungen Dritter referiert und „ihnen dann auch noch durch demonstrative Ratlosigkeit über deren Einordnung weitere Legitimität zuspricht“ (Disziplinarklage S. 11), anstatt ihnen klar entgegenzutreten. Mögliche Unklarheiten oder Zweifelsfragen hätte der Beklagte intern ausräumen müssen, nicht aber damit an die Öffentlichkeit gehen dürfen, insbesondere nicht an einen bekanntermaßen staatskritischen bis staatsfeindlichen Adressatenkreis. Vertritt ein Beamter reichsbürgertypische Inhalte, ist es unerheblich, ob er Mitglied in einer entsprechenden Gruppierung ist, zu anderen Angehörigen der Reichsbürgerbewegung Kontakt hat oder seine Äußerungen selbst als reichsbürgertypisch einstuft.
51
Nach den im Disziplinarverfahren getroffenen Feststellungen hat der Beklagte in den Auftritten bei …tv und der Heimatgemeinde …, dem Anfang Februar 2016 am … stattfindenden Seminar und den schriftlichen und mündlichen Äußerungen gegenüber dem Amtsgericht Traunstein - zum Teil mehrfach - zum Ausdruck gebracht, dass er
- Wahlen für ungültig erachtet
- und damit auch die von der gewählten Legislative erlassenen Gesetze
- die Gültigkeit des Grundgesetzes in Frage stellt
- geltendes Recht, wie etwa das OWiG, nicht anerkennt
- die Bundesrepublik Deutschland für nicht existent hält oder jedenfalls ihre Staatseigenschaft in Zweifel und die Möglichkeit in Betracht zieht, dass sie eine bloße GmbH, Aktiengesellschaft oder sonstige nach Handelsrecht tätige Rechtsgesellschaft ist
- Frau M. nicht als Bundeskanzlerin ansieht
- Gerichte nicht als unabhängige und staatliche Gerichte ansieht, sondern sich die Frage stellt, ob sie als Scheingerichte oder Privatgerichte agieren und ob sie wirklich frei und unabhängig entscheiden
- das Amtsgericht Traunstein als Firma und eine von diesem an ihn gerichtete hoheitliche Aufforderung als Angebot ansieht, das er ablehnen kann
- die Polizei teilweise als „Firma“ betrachtet und ihre die Zuständigkeit und Befugnisse jedenfalls teilweise verneint.
52
Durch diese beispielhaft dargestellten Bekundungen und die von ihm verwendeten und für den Sprachgebrauch der „Reichsbürgerbewegung“ typischen Formulierungen hat der Beklagte gezeigt, dass er jedenfalls teilweise das Gedankengut dieser Bewegung verinnerlicht hat. Seine Äußerungen gehen dabei über dasjenige hinaus, was von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt. Der disziplinare Vorwurf geht nicht dahin, dass der Beklagte seine Meinung kundgetan, sondern dahin, dass er sich mit verfassungsfeindlichen Strömungen identifiziert oder jedenfalls mit ihnen sympathisiert hat.
53
Diese Hinwendung zur Reichsbürgerbewegung wird verdeutlicht durch den an den Journalisten X.E. gesandten Brief mit einer hohen Ausgleichsforderung und die weiteren bei einer Hausdurchsuchung bei dem Reichsbürger E.J.K. aufgefundenen Dokumente. Diese für die Reichsbürgerszene typischen Erklärungen, die der Beklagte noch nach dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte abgegeben hat, belegen eindrücklich seine gedankliche Verstrickung. Als weiterer Beleg hierfür dienen auch seine Kontakte zu den Reichsbürgern E.J.K., Dieter Weser und Volker Schöne. Statt als Entlastung zu dienen, wie wohl beabsichtigt, belegt die Berufung auf letzteren in der Klageerwiderung die Hinwendung des Beklagten zu dieser Szene.
54
Die fehlende Abgrenzung zu verschwörungstheoretischem, rechtspopulistischem und staatsfeindlichem Gedankengut wird auch deutlich durch das Auslegen des Magazins „...“ im Lehrerzimmer, den mehrfachen Besuch insbesondere der Internetseiten <info.kopp-verlag.de>, <bewusst.tv>, <quer-denken.tv> und die Äußerung beim Mittagessen. Dass das Lesen der genannten Publikationen nicht der kritischen Auseinanderersetzung mit den vertretenen Ideen im Rahmen verantwortungsvoller Polizeiarbeit diente, belegen die dokumentierten Äußerungen des Beklagten, in denen er Gelesenes als plausibel referiert, nicht aber kritisch zurückweist.
55
Der Annahme eines Dienstvergehen steht dabei nicht entgegen, dass die einzelnen Äußerungen für sich genommen nicht strafrechtlich relevant sind; dies schließt einen Verstoß gegen die dem Beklagten obliegende Verfassungstreuepflicht nicht aus (BVerwG, U.v. 17.11.2017 - 2 C 27.17 - juris Rn. 84). Weiter kommt es auch nicht darauf an, dass die politische Überzeugung des Beklagten bislang keinen nennenswerten Einfluss auf die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten im Übrigen hatte und es nicht zu konkreten Beanstandungen seiner Dienstausübung gekommen ist (BVerwG, U.v. 17.11.2017 - 2 C 27.17 - juris Rn. 85).
56
3.2. Neben dem Verstoß gegen die politische Treuepflicht begründen die mündlichen und schriftlichen Äußerungen des Beklagten weiter einen Verstoß gegen seine Pflicht zu Mäßigung und Zurückhaltung (§ 33 Abs. 2 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG). Mit dem Internetsurfen auf seinem dienstlichen Computer hat er weiter gegen allgemeine Richtlinien verstoßen (§ 35 Satz 2 BeamtStG i.V.m. der EDV-Rahmenrichtlinie).
57
4. Das Fehlverhalten des Beklagten stellt sich dabei sowohl als inner- als auch als außerdienstliches dar.
58
Der Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG begründet ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i.S.v. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG. Die Pflicht zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung ist unteilbar und nicht auf den dienstlichen Raum beschränkt (BVerwG, U.v. 17.11.2017 - 2 C 25.17 - juris Rn. 85; BayVGH, U.v. 28.11.2001 - 16 D 00.2077 - juris Rn. 155; VG Magdeburg, U.v. 30.3.2017 - 15 A 16/16 - juris Rn. 45). Ein Verstoß gegen die politische Treuepflicht als verfassungsrechtlich verankerte Kernpflicht ist deshalb stets als Dienstvergehen innerhalb des Dienstes zu werten, selbst wenn die pflichtwidrigen Handlungen außerhalb des Dienstortes und der Dienstzeit verübt wurden (Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, § 33 BeamtStG Rn. 109).
59
Innerdienstlich ist auch der Verstoß gegen allgemeine Richtlinien i.S.d. § 35 Satz 2 BeamtStG.
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Den Verstoß gegen die Pflicht zu Zurückhaltung und Mäßigung (§ 33 Abs. 2 BeamtStG) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) sieht das Gericht als inner- und außerdienstlichen an, je nachdem, in welchem Kontext die jeweiligen Äußerungen erfolgten. Die Äußerung in dem Seminar ist deshalb ebenfalls als innerdienstliche zu qualifizieren, die übrigen Äußerungen als außerdienstliche, weil diese weder formell in das Amt des Beamten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden waren (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 50/13 - juris Rn. 29). Als Dienstvergehen ist außerdienstliches Fehlverhalten von Beamten nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG dabei nur zu qualifizieren, wenn es nach den besonderen Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen der Bürger in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier bei den Beklagten als Polizeibeamten erfüllt. Die Verneinung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland, der Geltung von Gesetzen, der Legitimation von Gerichten - und auch schon ihre Infrage-Stellung - durch einen Beamten schaden der gesamten öffentlichen Verwaltung in besonderem Maße und beeinträchtigen das Vertrauen der Bevölkerung in das Beamtentum als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung.
61
5. Der Beklagte hat die ihm obliegenden Pflichten dabei schuldhaft verletzt. Ihm ist vorsätzliches Handeln zur Last zu legen, weil er die ihm vorgeworfenen Äußerungen mit Wissen und Wollen getätigt hat.
62
6. Die zu treffende Bemessungsentscheidung führt zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Freistaats Bayern und der Allgemeinheit endgültig verloren hat.
63
Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild des Beamten und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 6/14 - juris Rn. 12; U.v. 18.6.2015 - 2 C 9/14 - juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 5.10.2016 - 16a D 14.2285 - juris Rn. 55). Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (BayVGH, U.v. 29.6.2016 - 16b D 13.993 - juris Rn. 36).
64
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch die Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.
65
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze ist das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Da sich die Bemessung der Disziplinarmaßnahme vorrangig nach der schwersten Verfehlung richtet, kommt dem Gewicht des Verstoßes gegen die Pflicht zur Verfassungstreue im Fall des Beklagten richtungsweisende Bedeutung zu. Da die Variationsbreite der Verfassungstreuepflichtverletzungen zu groß ist, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen, gibt es zwar keine disziplinare Regelrechtsprechung (vgl. VG Trier, U.v. 14.8.2018 - 3 K 2486/18.TR - juris Rn. 102). Dennoch erscheint bei der Verletzung der politischen Treuepflicht in der besonders schweren Form verfassungsfeindlicher Aktivitäten grundsätzlich eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten (Zängl, BayDG, Stand Aug. 2018, MatR II, Rn. 117). Die Grundlagen des Beamtenverhältnisses lassen es nicht zu, Personen mit der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt zu betrauen, die die freiheitliche demokratische Verfassungsordnung ablehnen (BVerwG, U.v. 17.11.2017 - 2 C 25/17 - juris Rn. 91).
66
Die schuldhafte Missachtung der politischen Treuepflicht ist disziplinarrechtlich von erheblicher Bedeutung, weil die Einhaltung dieser Pflicht unverzichtbare beamtenrechtliche Kernpflicht ist. Das Verhalten des Beklagten macht deutlich, dass er die Amtspflicht, sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung i.S.d. Grundgesetzes zu bekennen und für deren Einhaltung einzutreten, nicht erfüllt. Er hat die Grundfeste der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in einer Vielzahl von Äußerungen negiert oder jedenfalls in Frage gestellt. Sein Verhalten ist geeignet, einen erheblichen Ansehens- und Vertrauensverlust herbeizuführen. Durch die schwerwiegende Verletzung seiner Grundpflichten aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG hat er das Vertrauen sowohl der Allgemeinheit wie auch des Dienstherrn in eine zukünftige amtsentsprechende Dienstführung zerstört. Die verfassungsrechtliche Konstituierung einer wehrhaften Demokratie schließt es aus, dass der Staat, dessen verfassungsmäßiges Funktionieren auch von der freien inneren Bindung seiner Amtsträger an die geltende Verfassung abhängt, zur Ausübung staatlicher Gewalt Amtsträger im Dienst belässt, die die freiheitliche demokratische Grundordnung in grundsätzlicher Weise ablehnen (vgl. BVerfG, B.v. 6.5.2008 - 2 BvR 337/08 - juris Rn. 18 und 22). Bringt ein derartiges Verhalten bereits einen jeden Beamten an den Rand seiner Tragbarkeit, so gilt dies erst recht für einen Polizeibeamten, dessen Kernaufgabe darin besteht, zu gewährleisten, dass die freiheitliche demokratische Grundordnung vorbehaltlos und loyal gegenüber dem Staat und der Allgemeinheit geschützt wird. Diese Kernaufgabe kann nicht erfüllen, wer die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und damit auch seinen eigenen Beamtenstatus in Frage stellt (vgl. VG Trier, U.v. 14.8.2018 - 3 K 2486/18.TR - juris Rn. 102 f.). Außerdem begegnen Dienstherr, Kollegen und vor allem Bürger einem Polizeibeamten, der das Gedankengut der Reichsbürgerszene in der Öffentlichkeit vertritt, mit Unverständnis und bringen ihm nicht mehr das erforderliche Vertrauen entgegen, was letztlich zu einem Ansehensschaden der Polizei führt (ähnlich VG Ansbach, U.v. 29.11.2018 - AN 13a D 18.00600 - juris Rn. 262). Dies gilt umso mehr für den Beklagten, der durch seine Vortragstätigkeit eine Multiplikatorenfunktion innehat. Seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist deshalb angesichts der Schwere der Pflichtenverstöße die konsequente und notwendige Ahndungsmaßnahme.
67
Der vom Beklagten im Klageverfahren schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten Distanzierung misst das Gericht kein solches Gewicht bei, dass hiervon abgesehen werden könnte. Er hat sein reichsbürgertypisches Gedankengut zwischen Sommer 2014 (gegenüber dem Amtsgericht Traunstein) und Oktober 2016 (Errichtung von Urkunden) und damit über einen Zeitraum von über zwei Jahren kundgetan. Zudem hat er in dem Gespräch mit Ltd. PD H. am 25. September 2015 nach dessen Bekunden geäußert, dass er sich intensiv und über viele Jahre mit der zugrunde liegenden politischen Thematik beschäftigt habe. Weiter hat er trotz dessen warnenden Hinweises in diesem Gespräch seine reichsbürgertypischen Äußerungen unbeirrt fortgesetzt. Selbst nach dem Verbot der Führung der Dienstgeschäfte hat er sich nicht mit den gängigen Mitteln hiergegen oder gegen die in seinen Augen unrichtige Berichterstattung über seinen Vortrag bei der Heimatgemeinde Chiemgau gewehrt, sondern stattdessen mehrere klassisch reichsbürgertypische Urkunden errichtet. Da der Beklagte seine entsprechenden Bekundungen über einen so langen Zeitraum, nach intensiver Auseinandersetzung mit der Thematik und trotz entsprechender Warnungen getätigt hat, geht das Gericht davon aus, dass er sich die Sichtweise der Reichsbürgerbewegung bewusst zu eigen gemacht hat. Seine Äußerungen im gerichtlichen Verfahren sieht es deshalb als überwiegend prozesstaktischer Natur an und misst ihnen kein ausreichendes Gewicht bei, um eine endgültige Abkehr von dem vorgeworfenen Gedankengut glaubhaft belegen zu können. Gerade im Hinblick auf die stets guten bis sehr guten Leistungen des Beklagten, sei es in seiner eigenen Ausbildung, sei es in seiner Dienstleistung, erscheint seine Bekundung, er habe sich lediglich in etwas verrannt und sein Verhalten sei eine Dummheit gewesen, nicht überzeugend.
68
7. Von der danach auszusprechenden Höchstmaßnahme ist hier auch nicht deshalb zu Gunsten einer milderen Disziplinarmaßnahme abzuweichen, weil ein Milderungsgrund vorliegt, der geeignet ist, das schwere Dienstvergehen des Beklagten als weniger gravierend erscheinen zu lassen.
69
Als Milderungsgrund kommen hier seine fehlende straf- und disziplinarrechtliche Vorbelastung und seine bis 2015 sehr guten dienstlichen Leistungen in Betracht. Angesichts der Schwere des festgestellten Dienstvergehens können jedoch weder die fehlende straf- und disziplinarrechtliche Vorbelastung noch die guten dienstlichen Leistungen zum Ausspruch einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Diese Umstände stellen ein normales Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar. Sie sind nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens so abzumildern, dass von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte. Die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist - selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen - für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derartige Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BayVGH, U.v. 18.3.2015 - 16a D 09.3029 - juris Rn. 96).
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8. Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Zudem darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem Beamtenverhältnis als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen endgültig zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, U.v. 11.10.2017 - 16a D 15.2758 - juris Rn. 56).
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Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.