Titel:
Substantiierungsanforderungen an eine Mängelrüge betr. eine Heizungsanlage
Normenkette:
ZPO § 522 Abs. 2, § 531 Abs. 2
Leitsatz:
Die pauschale Behauptung einer Unterdimensionierung einer Heizungsanlage reicht ohne Darlegung konkreter Mangelsymptome für einen schlüssigen Vortrag zum Nachbesserungsverlangen nicht aus. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nachbesserung, Heizungsanlage, Mangel, Substantiierung, Heizlast
Vorinstanzen:
OLG München, Hinweisbeschluss vom 15.04.2019 – 27 U 1045/19 Bau
LG Kempten, Urteil vom 13.02.2019 – 11 O 1532/18 Bau
Rechtsmittelinstanz:
VerfGH München, Entscheidung vom 09.09.2020 – Vf. 75-VI-19
Fundstelle:
BeckRS 2019, 48038
Tenor
1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 13.02.2019, Aktenzeichen 11 O 1532/18 Bau, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) und vorliegender Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000,00 € festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger begehrt Nachbesserung einer Heizungsanlage. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) Bezug genommen, § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt das Landgericht aus, dass die Heizungsanlage dem geschuldeten Leistungssoll entspreche und substanziierte Mangelbehauptungen nicht vorlägen.
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Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger. Er beantragt im Berufungsverfahren (Bl. 44 d.A.):
1. Das Urteil des Landgerichts Kempten vom 13.2.2019 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die Heizungsanlage in dem Wohn- und Geschäftsgebäude des Klägers in … K., M.straße 7 und 9, nachzubessern.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4
In dem erst am 28.5.2019, d.h. außerhalb der gesetzten und nochmals antragsgemäß verlängerten Stellungnahmefrist, bei Gericht eingegangenen Schreiben vom 28.5.2019 beantragt der Kläger hilfsweise:
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Der Beklagte wird verpflichtet, die Heizungsanlage in dem Wohn- und Geschäftsgebäude des Klägers in … K., M.straße 7 und 9, so nachzubessern, dass sie eine Heizlast von mindestens 72 KW aufweist.
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Zur Begründung seines Rechtsmittels führt der Kläger im wesentlichen aus, dass das Erstgericht die Symptomtheorie verkannt und die Substanziierungsanforderungen überspannt habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvortrags wird auf die Berufungsbegründung vom 20.3.2019 (Bl. 44 ff. d.A.) und die Stellungnahmen vom 22.5.2019 (Bl. 58 ff. d.A.) sowie vom 28.5.2019 (Bl. 63 f. d.A.) Bezug genommen.
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Der Beklagte verteidigt das Ersturteil und beantragt im Berufungsverfahren (Bl. 43 d.A.):
1. Die Berufung des Klägers und Berufungsklägers gegen das Endurteil des Landgerichts Kempten, Az: 11 O 1532/18, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger und Berufungskläger trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.
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Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 13.02.2019, Aktenzeichen 11 O 1532/18 Bau, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
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Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 15.4.2019 (Bl. 48 ff. d.A.) Bezug genommen, § 522 Abs. 2 S. 3 ZPO.
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Die Stellungnahme des Beklagten vom 22.5.2019 (Bl. 58 ff. d.A.), ergänzt mit - außerhalb der gesetzten Stellungnahmefrist eingegangenem - Schreiben vom 28.5.2019, enthält keine neuen Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten. Insbesondere werden die bereits mehrfach aufgezeigten Substanziierungsmängel nicht „geheilt“. Im Einzelnen:
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1. Der Hinweis, dass bereits in der Klageschrift die erforderliche Nennwärmeleistung von 90 KW für eine Fläche von ca. 900 m² benannt wurde, geht fehl. Hier vermengt der Kläger das geschuldete Leistungssoll mit etwaigen Mängeln. Ein Leistungssoll von 90 KW wurde klägerseits nicht belegt. Insoweit stellt das „Fehlen von 90 KW-Leistung“ nicht schon per se einen Mangel dar. Ein solcher läge erst dann vor, wenn konkrete Tatsachen der Mangelhaftigkeit der Anlage im Übrigen dargelegt werden. Dies ist bislang nach wie vor nicht erfolgt. Der bloße Rückzug auf die pauschale Behauptung der „Unterdimensionierung“ ist unzureichend (vgl. Ersturteil, Senatshinweis). Konkrete Mangelsymptome sind bis heute nicht konkret dargelegt. Im Gegenteil. Bei Lichte besehen führt der Kläger selbst schriftsätzlich aus, dass es solche Mangelerscheinungen gar nicht gibt. So wird im Schriftsatz vom 29.1.2019 (dort S. 2) wie folgt ausgeführt:
„Was die Symptomrechtsprechung angeht, so kann sie hier keine Anwendung finden und muss sie auch nicht. Denn die zu geringe Dimensionierung zeigt sich als Symptom ja erst nach einem Gebrauch von 10 Jahren. Dann wird sie aufgrund der Unterdimensionierung so störanfällig werden, dass man sie austauschen muss (vergleichbar mit einem unterdimensionierten Motor, der dauernd mit Vollgas gefahren werden muss).“
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2. Die innerhalb der Stellungnahmefrist zum Senatshinweis erfolgte Vorlage der Heizlastabschätzung (Anlage 1) ist kaum nachvollziehbar. Das Blätterkonvolut enthält einen handschriftlichen Vermerk „mit 761 m² gerechnet“ - wesha…, Kläger geht von 900 m² a…, weist als Auftraggeber eine „A, GmbH“ - wer ist das ? und enthält keine Zusammenfassung im Fließtext. Eine substanziierte Auseinandersetzung mit der Heizlastabschätzung enthält auch der fristgemäße Schriftsatz vom 22.5.2019 nicht. Die Bewertung des Klägers „kommt zu dem Ergebnis, dass die Norm nicht eingehalten ist“ vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, zumal in dem Zahlenkonglomerat auch von einer Auslegungs-Heizleistung von 61.184 W die Rede ist, die klägerseits auf S. 4 der Stellungnahme vom 22.5.2019 einfach „hochgerechnet wird“.
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Offenkundig erkennt der Kläger selbst die eingeschränkte Aussagekraft dieses „Privatgutachtens“, da auf S. 2 der Stellungnahme vom 22.5.2019 wie folgt formuliert wird: „Aus dem jetzt vorgelegten Privatgutachten entlässt sich ebenso wenig eine weitere Substantiierung darlegen.“
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3. Soweit außerhalb der Stellungnahmefrist ein weiteres Sanitär-/Heizungs-Planungsunternehmen auf knapp sechs Zeilen (!) eine Heizlast von 72.000 Watt „errechnet“/empfiehlt, ist dies unerheblich. Zum einen ist der Vortrag verspätet (§ 531 Abs. 2 ZPO) und zum anderen werden dadurch konkrete Mängel der streitgegenständlichen Heizungsanlage (unzureichende Erwärmung der Wohnung xy, kaltes Wasser am Tag xy, …) gerade nicht belegt.
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4. Soweit auf S. 3 der Stellungnahme neuerlich das Schreiben der Firma w. & w. b. angesprochen wird, kann auf Ziff. 3 des Senatshinweises Bezug genommen werden. In dem Schreiben ist gerade kein konkreter Mangel belegt, sondern lediglich von einer „nicht optimalen Konzeption“ der Heizungsanlage die Rede.
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5. Soweit auf S. 3 der Stellungnahme weitere „Störungsrechnungen“ aufgelistet werden, geht auch dies fehl. Abgesehen davon, dass Störungen an sich kein sicheres Indiz für Mängel sind (vgl. Ziffer 2 im Senatshinweis), begnügt sich der Kläger dieses Mal mit einer datums- und betragsmäßigen Auflistung. Es werden nicht (einmal) die konkreten Störungsursachen benannt und auch keine konkreten Rechnungsbelege vorgelegt.
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6. Auf der Grundlage des Tatsachenvortrags der Klägerseite kam die Erholung eines Sachverständigengutachtens nicht in Betracht. Die pauschale Behauptung einer Unterdimensionierung ist keinem Sachverständigenbeweis zugänglich. Hierauf hat das Gericht frühzeitig und ausreichend hingewiesen (vgl. Protokoll vom 9.1.2019, dort wörtlich: „Symptome nicht geschildert“, „Substanziierungspflicht“). Zudem wurde dem Kläger hierzu eine dreiwöchige Stellungnahmefrist eingeräumt. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt fern.
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7. Soweit am Ende des Schriftsatzes vom 22.5.2019 mitgeteilt wird, dass der Sachverständige nunmehr ein Schild mit „55 KW“ am Heizkessel entdeckt habe, ist auch dies unbehelflich. Der Vortrag ist weder konkret (wer hat konkret was, wo genau und wann entdeckt) noch rechtzeitig innerhalb der Berufungsbegründungsfrist (§ 531 Abs. 2 ZPO). Bislang war unstreitig, dass ein 60 KW-Kessel geliefert wurde.
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Selbst wenn ein 55 KW-Kessel geliefert worden wäre, fehlt es an einer substanziierten Mangelbeschreibung. Soweit die Berufung auf S. 2 des Schriftsatzes vom 22.5.2019 ausdrücklich die Frage aufwirft, ob man hierzu „etwa Temperaturaufzeichnungen vornehmen soll“, so wäre dies durchaus ein gangbarer Weg gewesen. In der Praxis des erkennenden Bausenates werden derartige Aufzeichnungen immer wieder gefertigt und vorgelegt, um eine substanziierte Mängelrüge vorzunehmen.
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8. Soweit im ohnehin verspäteten Schriftsatz vom 28.5.2019 hilfsweise eine Nachbesserung auf eine Heizlast von mindestens 72 kW eingefordert wird, geht auch dieser Antrag ins Leere. Neben der auch hier fehlenden substanziierten Mangelbeschreibung ist ein entsprechendes vertragliches Leistungssoll nicht zur gerichtlichen Überzeugung bewiesen.
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Die Berufung war damit - wie angekündigt - zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.