Inhalt

VG München, Urteil v. 19.11.2019 – M 5 K 17.1858
Titel:

Erledigung durch Eintritt in den Ruhestand

Normenketten:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
BeamtStG § 21 Nr. 4
BGB § 839 Abs. 1 S. 1
BayBG Art. 48 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Ein Feststellungsinteresse besteht nicht, wenn sich die Bewerbung eines Beamten wegen Eintritts in den Ruhestand erledigt, die erstrebte Dienstpostenübertragung für ihn aber nicht mit einer höheren Besoldung verbunden gewesen wäre, so dass ein Schadensersatzprozess offensichtlch aussichtslos wäre.  (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine die Bewerbung eines Beamten ablehnende Entscheidung entfaltet grundsätzlich keine diskriminierende Wirkung und kann deshalb ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation nicht begründen. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Stellenbesetzung, Um-/Versetzungsbewerber, Erledigung durch Eintritt in den Ruhestand, Fortsetzungsfeststellungsklage, Verpflichtungssituation, Berechtigtes Feststellungsinteresse (verneint), Beabsichtigter Schadensersatzprozess, Verschulden, Rehabilitationsinteresse, Auswahlentscheidung, Beamter, berechtigtes Interesse, Besoldungsgruppe, Bewerber, Dienstposten, Dienstpostenbesetzung, Eintritt in den Ruhestand, Personalrat, Ruhestand, Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Verwaltungsrechtsweg, Versetzungsbewerber
Fundstelle:
BeckRS 2019, 46543

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Der am ... 1957 geborene Kläger stand bis … März 2018 als Erster Polizeihauptkommissar (Besoldungsgruppe A 13) in Diensten des Beklagten; mit Wirkung zum … April 2018 trat er in den Ruhestand ein. Der Kläger war ursprünglich auf einen Dienstposten als Sachbearbeiter der dritten Qualifikationsebene Abschnitt … (A 12/13) bestellt, jedoch bis einschließlich … Juli 2016 als Personalrat von seiner Dienstverpflichtung freigestellt, weshalb auf diesem Dienstposten ein anderer Beamter mit der Aufgabenwahrnehmung beauftragt war. Nachdem das Personalratsmandat des Klägers zum … August 2016 auslief, war ihm ein Dienstposten zu übertragen.
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Im Mitteilungsblatt Nummer 11/2016 vom 15. Juni 2016 wurde der Dienstposten als Leiter des Kommissariats K … - IuK-Kriminalität, E-Commerce, Wettbewerbsdelikte, Produktpiraterie, Datenschutz - des KFD * des Polizeipräsidiums M* … (Besoldungsgruppe A 12/13) ausgeschrieben. Auf diese Ausschreibung bewarben sich der Kläger als einziger Versetzungsbewerber sowie unter anderem der Beigeladene als Beförderungsbewerber. Der Beigeladene stand damals als Kriminalhauptkommissar (A 12) ebenfalls in Diensten des Beklagten.
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Vom … August 2016 bis einschließlich … Dezember 2016 sowie vom … Dezember 2016 bis einschließlich … März 2017 sowie ab dem … Juni 2017 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand war der Kläger dienstunfähig erkrankt.
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Mit Auswahlvermerk vom *. August 2016 entschied der Beklagte, die Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen. Der Hauptpersonalrat stimmte dem am … August 2016 zu. Mit Schreiben vom … November 2016 wurde dem Kläger die Auswahlentscheidung mitgeteilt.
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Mit Schriftsatz vom 25. November 2016 beantragte der Kläger beim Verwaltungsgericht München den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, dem Beklagten vorläufig zu untersagen, den ausgeschriebenen Dienstposten einem anderen Bewerber als dem Kläger zu übertragen, bevor nicht über die Bewerbung des Klägers bestandskräftig entschieden worden ist. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 6. Februar 2017 (M 5 E 16.5340) wurde der Antrag durch das Verwaltungsgericht München abgelehnt.
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Zugleich legte der Kläger mit Schreiben vom 25. November 2016 Widerspruch gegen den Bescheid vom … November 2016 ein. Es seien zwingende dienstliche Gründe im Sinne der Richtlinien über die Bestellung auf Dienstposten der Bayerischen Polizei (Bestellungsrichtlinien - RBestPol) für die Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens auf den Kläger gegeben, da auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten ein anderer Beamter säße. Der Kläger habe die Übertragung sowohl mit dem Personalchef des Polizeipräsidiums M* … als auch mit dem zuständigen Vorgesetzten des streitgegenständlichen Dienstpostens besprochen.
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Der Beigeladene wurde zum *. Dezember 2016 auf den streitgegenständlichen Dienstposten bestellt. Ebenfalls zum *. Dezember 2016 wurde ein neuer Dienstposten der Wertigkeit A 12/13 als Sachbearbeiter der dritten Qualifikationsebene beim Abschnitt … ausgebracht und der Kläger hierauf bestellt.
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Mit Widerspruchsbescheid vom … März 2017 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger habe aufgrund der Organisationsfreiheit des Beklagten keinen Anspruch auf Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens. Eine Stellenvergabe erfolge grundsätzlich unter sog. Aufstiegsbewerbern; nur im Ausnahmefall würden sog. Versetzungsbewerber berücksichtigt. Es seien keinerlei zwingende persönliche oder besondere dienstliche Gründe im Sinne der Bestellungsrichtlinien angeführt worden, die eine Versetzung erforderlich machen würden. Der Sachverhalt des Klägers sei bei der Entscheidung berücksichtigt worden. Aufgrund der Dienstunfähigkeit des Klägers habe seine weitere Verwendung bisher nicht mit ihm geklärt werden können.
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Mit Schriftsatz vom 26. April 2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Kläger Klage erhoben und mit Schriftsatz vom 28. Mai 2018 zuletzt beantragt,
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I. festzustellen, dass die Entscheidung des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom … November 2016 sowie der Widerspruchsbescheid derselben Behörde vom … März 2017 rechtswidrig waren und der streitgegenständliche Dienstposten „Leiter des Kommissariats … - IuK-Kriminalität, E-Commerce, Wettbewerbsdelikte, Produktpiraterie, Datenschutz - beim KFD * M* … (A12/A13)“ dem Kläger hätte übertragen werden müssen.
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II. festzustellen, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchverfahren notwendig war.
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Dem Kläger sei dadurch, dass ihm der streitgegenständliche Dienstposten nicht übertragen wurde, ein erheblicher gesundheitlicher, aber auch materieller Schaden entstanden. Der Kläger wolle diese Schäden einklagen, wofür die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Behördenhandelns Voraussetzung sei. Es hätten besondere dienstliche Gründe für die Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens mit dem Kläger vorgelegen. Diese hätten darin bestanden, dass der Kläger nach seiner Freistellung für seine Personalratstätigkeit einen neuen Dienstposten benötigte. Obwohl das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (Innenministerium) hierüber informiert gewesen sei, habe es sich nicht mit diesem Sachverhalt befasst. Daraus folge die Rechtswidrigkeit der getroffenen Entscheidung. Dem Kläger sei ein anderer Dienstposten übertragen worden, auf dem er jedoch nicht amtsangemessen beschäftigt worden sei. In der gesamten Vorgehensweise im Zusammenhang mit der Stellenbesetzung sei eine Herabwürdigung der Person des Klägers zu sehen. Dies habe dazu geführt, dass beim Kläger anhaltende psychosomatische Beschwerden aufgetreten seien. Der Kläger habe im Juli 2016 einen Dienstunfall erlitten. Durch die beleidigende Behandlung, die der Kläger durch das Innenministerium erfahren habe, habe sich der Heilungsprozess erheblich verzögert. Bei der dem Kläger zugewiesenen Stelle sei die Vorgesetztenfunktion entfallen. Die Aufgabe sei ihm erst zum … Mai 2017 zugewiesen worden. Für den Zeitraum von einem halben Jahr habe der Kläger kein Büro gehabt. Hätte der Kläger die streitgegenständliche Stelle erhalten, hätte er selbst entscheiden können, in welche Einsätze er gehe. Ihm seien daher möglicherweise Feiertags-, Nacht- oder andere Zuschläge entgangen. Darüber hinaus liege auch ein Rehabilitationsinteresse des Klägers vor, da seine Reputation durch das hiesige Verfahren angegriffen sei. Der Kläger werde als Vorsitzender der X. immer wieder von den Mitgliedern der Vereinigung darauf angesprochen, warum es ihm nicht gelungen sei, in eigener Sache etwas zu erreichen. Im Kollegenkreis sei er darauf angesprochen worden, wie es zu einer solchen Herabwürdigung durch die Chefetage habe kommen können. Die Kollegen hätten die Behandlung als Missachtung der Person des Klägers und seines erarbeiteten Status sowie als eine Kränkung seiner Ehre begriffen.
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Mit Schriftsatz vom 6. September 2017 hat der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei nicht gegeben. Ein Präjudizinteresse für den vom Kläger angedeuteten Staatshaftungsanspruch bestehe nicht, da die Staatshaftungsklage unter keinen denkbaren rechtlichen Gesichtspunkten erfolgsversprechend und damit aussichtslos sei. Der Kläger rüge nur allgemein und unsubstantiiert, dass ihm ein gesundheitlicher und materieller Schaden entstanden sei. Es fehle an der Darlegung der erforderlichen Kausalität. Auch der erforderliche materielle Schaden sei nicht nachvollziehbar begründet. Bei der Dienstpostenbesetzung handle es sich gerade nicht um eine Beförderungsentscheidung. Auch ein Rehabilitierungsinteresse des Klägers liege nicht vor. Die Auswahl eines Beförderungsbewerbers sei nicht geeignet, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen oder ihn in seinen Persönlichkeitsrechten zu verletzen. Ferne bleibe offen, inwiefern eine Auswahlentscheidung des Dienstherrn gegen den Kläger das Vertrauen der Mitglieder der X. in ihn beeinflussen könne.
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Der für den Dienstposten ausgewählte Beamte wurde mit Beschluss vom 2. Juli 2018 zum Verfahren beigeladen. Er hat keinen Antrag gestellt.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 19. November 2019 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zuletzt erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist bereits unzulässig, da der Kläger kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat.
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1. Soweit ein Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat, § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Auf erledigte Verpflichtungsbegehren, wie vorliegend, ist § 113 Abs. 1 Satz 4 entsprechend anzuwenden (vgl. BVerwG, U.v. 27.3.1998 - 4 C 14/96 -BVerwGE 106, 295; Schübel-Pfister in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Auflage 2019, § 113 VwGO, Rn. 127).
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a) Die Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens liegt vor, wenn der erstrebte Ausspruch des Gerichts aus tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich oder sinnvoll ist und die Klage daher wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses als unzulässig abgewiesen werden müsste (Schübel-Pfister in: Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 113 VwGO, Rn. 131). So liegt der Fall hier. Das ursprüngliche Begehren des Klägers, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom … November 2016 sowie dessen Widerspruchsbescheids vom … März 2017 zu verpflichten, dem Kläger die streitgegenständliche Stelle zu übertragen, hat sich mit dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand zum *. April 2018 aufgrund des Erreichens der Altersgrenze erledigt. Denn mit dem Eintritt in den Ruhestand wird das Beamtenverhältnis beendet (§ 21 Nr. 4 Beamtenstatusgesetz/BeamtStG). Die Um-/Versetzung auf einen Dienstposten ist dann nicht mehr möglich, da ein Dienstantritt und die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens nach Beendigung des Beamtenverhältnisses nicht mehr in Betracht kommen (vgl. Brockhaus in: Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Stand: Juli 2019, § 25 Rn 3-5).
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b) Die Fortsetzungsfeststellungklage ist daher zwar statthaft, jedoch liegt das in diesem Fall erforderliche berechtigte Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht vor. Ein solches liegt bei Verpflichtungsbegehren vor, wenn mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit eine Verbesserung der Rechtsposition des Klägers im Hinblick auf das Interesse verbunden ist, das hinter der erstrebten (und nun nicht mehr zu erreichenden) Leistung steht (BVerwG, U.v. 26.3.1981 - 3 C 134/79 - DVBl 1981, 975; Wolff in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018; § 113 Rn. 309). In der Rechtsprechung haben sich im Wesentlichen vier Hauptfallgruppen herausgebildet, bei deren Vorliegen regelmäßig ein berechtigtes Feststellungsinteresse zu bejahen ist: die Fälle der Wiederholungsgefahr, die Fälle einer fortdauernden grundrechtsrelevanten Beeinträchtigung, die Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozesses sowie Fälle eines Rehabilitationsinteresses (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14/12 - BVerwGE 146, 303; BVerwG, U.v. 21.1.2015 - 10 C 11/14 - BVerwGE 151, 179).
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aa) Eine Wiederholungsgefahr oder eine fortdauernde grundrechtsrelevante Beeinträchtigung ist nicht ersichtlich und wird auch von der Klagepartei nicht geltend gemacht.
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bb) Auch die von Klägerseite geltend gemachte Absicht, eine Schadensersatzklage wegen der Nichtübertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens zu erheben, kann kein anzuerkennendes besonderes Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründen. Dazu macht der Kläger geltend, dass ihm durch die rechtswidrige Nichtübertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens ein erheblicher gesundheitlicher, aber auch materieller Schaden entstanden sei.
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(1) Das Vorliegen eines Präjudizinteresses erfordert die ernstliche Absicht, einen nicht offensichtlich aussichtslosen zivilgerichtlichen Schadensersatzprozess führen zu wollen. Für die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage in dieser Konstellation sprechen die allgemeinen, dieses Institut rechtfertigenden Gründe sowie Gründe der Prozessökonomie, weil die Zivilgerichte an die Entscheidung der sachnäheren Verwaltungsgerichte gebunden sind. Dementsprechend ist kein Präjudizinteresse gegeben, wenn bereits ein Schadensersatzprozess vor den Verwaltungsgerichten betrieben wird oder wenn künftig allein ein Schadensersatzanspruch im Verwaltungsrechtsweg geltend gemacht werden soll. In diesen Fällen gibt es keinen Unterschied in der Sachnähe und Sachkunde der konkurrierenden Verwaltungsgerichte (Schübel-Pfister, a.a.O., § 113 Rn. 114).
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Die Bevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung am 19. November 2019 lediglich allgemein von einem Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der Nichtübertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens gesprochen. Eine endgültige Festlegung, ob dieser wegen einer Amtspflichtverletzung vor den ordentlichen Gerichten oder aus dem Beamtenverhältnis heraus vor dem Verwaltungsgericht geltend gemacht werden soll, erfolgte nicht. Das Präjudizinteresse kann dem Kläger in dieser Hinsicht daher noch nicht abgesprochen werden.
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(2) Auch die Absicht, einen Amtshaftungsprozess zu führen, begründet jedoch kein Feststellungsinteresse, wenn dieser offensichtlich aussichtslos ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 8.12.1995 - 8 C 37/93 - BVerwGE 100, 83; BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14/12 - BVerwGE 146, 303; BayVGH, B.v. 26.6.2015 - 4 ZB 15.150 - juris Rn. 10). Bei der Prüfung dieses Ausschlusskriteriums ist ein strenger Maßstab anzulegen. Offensichtliche Aussichtslosigkeit liegt nur vor, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt besteht und sich dies ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt. Von einer offensichtlichen Aussichtslosigkeit ist beispielsweise dann auszugehen, wenn offensichtlich das für einen Amtshaftungsanspruch erforderliche Verschulden fehlt (BVerwG, U.v. 3.6.2003 - 5 C 50/02 - juris Rn. 9; Schübel-Pfister, a.a.O., § 113 Rn. 117).
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(3) Dies ist vorliegend, auch unter Anwendung eines strengen Maßstabes, der Fall.
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Die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz bei Amtspflichtverletzung nach Art. 34 Satz 1 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Grundgesetz/GG) i.V.m. § 839 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) setzt eine Amtspflichtverletzung eines Beamten, einen Schaden, die Kausalität zwischen der Amtspflichtverletzung und dem entstandenen Schaden sowie ein Verschulden des verantwortlichen Beamten voraus. Gegenstand des hier geltend gemachten Schadensersatzanspruchs ist die mögliche Verletzung des Anspruchs des Klägers auf fehlerfreie Ermessensausübung des Beklagten bei der getroffenen Auswahlentscheidung. Die Frage eines etwaigen Schadensersatzanspruchs wegen nicht amtsangemessener Beschäftigung ist gerade nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
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(a) Es ist bereits äußerst fraglich, ob die Auswahlentscheidung des Beklagten rechtswidrig war und damit eine Amtspflichtverletzung vorliegt. Insbesondere ist zweifelhaft, ob ein besonderer dienstlicher Grund für die vorrangige Versetzung des Klägers vorgelegen hat. Gemäß Nr. 7 Satz 2 RBestPol können Umsetzungs- bzw. Versetzungsbewerber vorrangig bestellt werden, wenn es besondere dienstliche Gründe erfordern. Für eine Versetzung nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Beamtengesetzes/BayBG auf den ausgeschriebenen Dienstposten muss allgemein ein dienstliches Bedürfnis bestehen. Das dienstliche Bedürfnis leitet sich primär aus rein behördlichen Erfordernissen her; dabei spielt das Planungskonzept des Dienstherrn eine entscheidende Rolle. Ein dienstliches Bedürfnis kann etwa gegeben sein, wenn ein Beamter verstorben oder in den Ruhestand getreten ist und Ersatz notwendig ist. Auch können Personaldispositionen notwendig werden, weil der Arbeitsanfall zu- oder abnimmt, also eine Behörde Personalverstärkung notwendig hat oder umgekehrt Personal abgezogen werden kann (BVerwG, U.v. 27.5.1975** - II A 4.72 - Buchholz 232 § 26 Bundesbeamtengesetz/BBG Nr. 16; Baßlsperger in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Bayerisches Beamtengesetz, Stand: August 2019, Art. 48 Rn. 32b). Das Vorliegen besonderer dienstlicher Gründe ist dabei enger auszulegen als das eines dienstlichen Bedürfnisses nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayBG (VG … U.v. 11.12.2013 - M 5 K 12.6165 - juris). Die Übertragung eines neuen Dienstpostens nach Ende der Freistellungsphase aufgrund einer Personalratstätigkeit ist wohl nicht mit den oben genannten Fällen besonderer dienstlicher Gründe vergleichbar, da es an einem behördlichen Erfordernis fehlt. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass eine Ermessensreduzierung auf Null für eine Versetzung des Klägers auf gerade diesen Dienstposten vorgelegen hätte.
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Im Übrigen ist auch fraglich, ob der Kläger sich überhaupt auf das Vorliegen eines besonderen dienstlichen Grundes berufen kann. Denn wie oben dargelegt, leitet sich das dienstliche Bedürfnis bzw. der besondere dienstliche Grund primär aus rein behördlichen Erfordernissen her und liegt daher in der Sphäre des Dienstherrn. Dagegen liegen zwingende private Gründe (Nr. 7 Satz 4 RBestPol) naturgemäß in der Sphäre des Beamten.
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(b) Dies kann vorliegend jedoch offen gelassen werden. Die Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung des Beklagten und die damit verbundene Nichtauswahl des Klägers unterstellt, ist jedenfalls weder eine Kausalität zwischen der Auswahlentscheidung des Beklagten und dem vorgetragenen Schaden noch ein Verschulden eines für den Dienstherrn handelnden Bediensteten erkennbar.
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Eine Schadensersatzpflicht setzt unter anderem voraus, dass der Schaden ohne das Verhalten des in Anspruch Genommenen nicht eingetreten wäre: Das Verhalten muss für den Schaden kausal geworden sein (Oetker in: Münchner Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 249 Rn. 103). Vorliegend hat die Klagepartei den Zusammenhang zwischen der getroffenen Auswahlentscheidung des Beklagten und dem vorgetragenen Schaden weder dargelegt noch ist ein solcher ersichtlich. Soweit die Klagepartei einen Gesundheitsschaden geltend macht, ist jedenfalls die Kausalität zwischen der Nichtauswahl des Klägers und dem Gesundheitsschaden völlig offen. Es ist nicht dargelegt, inwiefern allein die getroffene Auswahlentscheidung zu einem gesundheitlichen Schaden beim Kläger geführt haben soll. Bezüglich des geltend gemachten materiellen Schadens ist bereits fraglich, inwiefern ein solcher besteht. Bei der Dienstpostenbesetzung handelte es sich für den Kläger nicht um eine Beförderungsentscheidung, da er bereits ein Amt der Besoldungsgruppe A 13 innehatte und der streitgegenständliche Dienstposten für die Besoldungsgruppe A 12/A 13 ausgeschrieben war. Durch die Nichtauswahl ist dem Kläger daher kein materieller Schaden in Gestalt von entgangenen Bezügen entstanden. Soweit der Kläger vorträgt, dass auf dem streitgegenständlichen Dienstposten die Möglichkeit bestanden hätte, Feiertags-, Nacht- oder andere Zuschläge zu erhalten, stellt dies keinen ersatzfähigen Schaden dar. Der Anspruchsberechtigte muss grundsätzlich eine messbare Einbuße in Geld erlitten haben (Oetker in: Münchner Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 249 Rn. 28). Die bloße Möglichkeit, zusätzliche Besoldungsansprüche erwerben zu können, ist für die Begründung eines Schadens zu vage und unkonkret.
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Des Weiteren ist ein Verschulden des verantwortlichen Beamten, d.h. vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln, erforderlich. Vorsatz bedeutet „Wissen und Wollen“ einer Amtspflichtverletzung (BGH, U.v. 8.2.1965 - III ZR 170/63 - juris Rn. 25), was vorliegend nicht gegeben ist. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Nach diesem objektiv-abstrakten Sorgfaltsmaßstab ist auf die Anforderungen abzustellen, deren Beachtung von den verantwortlichen Beamten generell erwartet werden kann. Jeder Inhaber eines öffentlichen Amtes muss die Sach- und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Mittel gewissenhaft prüfen und sich aufgrund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden (VG München* …, U.v. 30.7.2013 - M 5 K 12.6336 - juris Rn. 31). Dem wurde vorliegend Genüge getan.
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Das Innenministerium hat mit Bescheid vom … November 2016 dem Kläger mitgeteilt, dass der Dienstposten dem Beigeladenen übertragen werden soll, da es nach eingehender Prüfung keine Gründe für eine vorrangige Versetzung des Klägers gesehen und daher die Auswahlentscheidung unter den Beförderungsbewerbern getroffen hat. Nach Rücksprache mit dem Polizeipräsidium M* … war dem Innenministerium bekannt, dass für den Kläger nach Ende seiner Personalratstätigkeit eine neue Verwendung gefunden werden muss, da auf seinem Dienstposten ein anderer Beamter mit der Aufgabenwahrnehmung beauftragt war. Dies hat das Innenministerium ausweislich des Aktenvermerks vom … August 2016 auch bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Da der Kläger jedoch ab *. August 2016 auf unabsehbare Zeit dienstunfähig erkrankt war, wurden im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung keine Gründe für eine vorrangige Versetzung gesehen. Die Möglichkeiten einer Verwendung des Klägers sollten mit diesem geklärt werden, sobald er den Dienst wieder angetreten hat. Die Sach- und Rechtslage ist daher - von der Tatbestandswie der Rechtsfolgenseite - gewissenhaft durch das Innenministerium geprüft worden. Die Rechtsauffassung basiert auf vernünftigen Überlegungen und ist gegenüber dem Kläger ausführlich begründet worden. Auch der Hauptpersonalrat hat die streitgegenständliche Besetzungsentscheidung gebilligt. Das Innenministerium hat sich auch mit den Einwänden des Klägers gegen den Bescheid vom *. November 2016 eingehend befasst und am … März 2017 einen ausführlich begründeten Widerspruchsbescheid erlassen. Ein Verschulden des Beklagten kommt daher offensichtlich nicht in Betracht.
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cc) Auch ein Rehabilitationsinteresse des Klägers besteht nicht. Hat ein Verwaltungsakt außer seiner - erledigten - belastenden Wirkung zusätzlich einen diskriminierenden, ehrenrührigen Inhalt, der dem Ansehen des Betroffenen abträglich ist, so kann das ideelle Interesse an einer Rehabilitierung, also an der Beseitigung dieser Rufminderung, eine Fortsetzungsfeststellungsklage rechtfertigen, wenn es nach der Sachlage als schutzwürdig anzuerkennen ist (allgM; vgl. BVerwG, U.v. 9.2.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161; BVerwG, U.v. 21.11.1980 - 7 C 18/79 - BVerwGE 61, 164; BVerwG, B.v. 17.12.2001 - 6 B 61/01 - NVwZ-RR 2002, 323). Hierfür genügt allerdings nicht ein abstraktes Interesse an der endgültigen Klärung der Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungshandelns ohne Rücksicht darauf, ob abträgliche Nachwirkungen dieses Handelns fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Sachentscheidung wirksam begegnet werden könnte (BVerwG, U.v. 21.11.1980 - 7 C 18/79 - BVerwGE 61, 164). Auch der Wunsch nach Genugtuung reicht nicht aus (BVerwG, B.v. 4.3.1976 - I WB 54/74 - BVerwGE 53, 134; VGH BW, U.v. 8.5.1989 - 1 S 722/88 - NVwZ 1990, 378). Vielmehr besteht mit Blick auf Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ein berechtigtes ideelles Interesse an einer Rehabilitierung nur, wenn sich aus der angegriffenen Maßnahme eine Stigmatisierung des Betroffenen ergibt, die geeignet ist, sein Ansehen in der Öffentlichkeit oder im sozialen Umfeld herabzusetzen (BVerwG, U.v. 16.5.2013 - 8 C 14/12 - BVerwGE 146, 303). Diese Stigmatisierung muss Außenwirkung erlangt haben und noch in der Gegenwart andauern (Schübel-Pfister, a.a.O., § 113 Rn. 119).
36
Eine die Bewerbung eines Beamten ablehnende Entscheidung entfaltet grundsätzlich ebenso wenig diskriminierende Wirkung (BVerwG, U.v. 25.8.1988 - 2 C 62/85 - BVerwG NVwZ 1989, 158) wie ein diesbezüglicher Verwaltungsrechtsstreit (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 2 C 27/15 - BVerwGE 156, 272; Schübel-Pfister, a.a.O., § 113 Rn. 121). Sie ist grundsätzlich nicht geeignet, das soziale Ansehen des Betroffenen herabzusetzen, da sie keinen diskriminierenden Inhalt hat, sondern lediglich die Ablehnung sowie deren Gründe mitteilt. Auch die die Bewerbung des Klägers ablehnende Entscheidung des Innenministeriums vom … November 2016 lässt keinerlei diskriminierenden, ehrenrührigen Inhalt erkennen, der das soziale Ansehen des Klägers herabsetzt oder ihn in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Es wird lediglich mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, den Dienstposten dem Beigeladenen zu übertragen sowie die diese Entscheidung tragenden Gründe, nämlich das Nichtvorliegen zwingender persönlicher oder besonderer dienstlicher Gründe im Sinne der Bestellungsrichtlinien. Ein Rehabilitierungsinteresse besteht daher nicht.
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2. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Feststellung gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren notwendig war, erübrigt sich daher. Es entspricht der Billigkeit nach § 162 Abs. 3 VwGO, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da er keinen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO nicht ausgesetzt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).