Inhalt

AG Nürnberg, Endurteil v. 24.09.2019 – 25 C 1926/19 WEG
Titel:

Anfechtung der Verwalterwahl

Normenkette:
WEG § 23 Abs. 4 S. 2
Leitsätze:
1. Bei der Anfechtung der Verwalterwahl ist zu differenzieren, ob es sich um die Anfechtung einer Wiederwahl oder die Anfechtung einer ersten Wahl des Verwalters handelt. Im letzteren Fall kommt es auf eine Prognoseentscheidung an, nämlich ob aus Gründen, die in der Person des Verwalters liegen, oder aus objektiven Tatbeständen eine ordnungsmäßige Verwaltung nicht zu erwarten ist. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Verwalter muss zum einen gewährleisten, dass er im Haftungsfall Ersatz für einen entsprechenden Schaden der Wohnungseigentümergemeinschaft leisten kann. Er muss andererseits auch Gewähr dafür bieten, dass er auf Dauer einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb aufrecht erhält und seiner Aufgabe als Verwalter gerecht wird, insbesondere die ihm anvertrauten Gelder gemeinschaftsgetreu verwalten wird. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschlussanfechtungsklage, Eigentümerversammlung, Hausverwaltung, Wahl, ordnungsgemässe Verwaltung, Geeignetheit
Rechtsmittelinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 20.05.2020 – 14 S 6820/19 WEG
Fundstelle:
BeckRS 2019, 45523

Tenor

I. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 19.02.2019 zu TOP 3c „Wahl der Hausverwaltung …“
„die Wahl einer Hausverwaltung erfolgt unter gleichzeitiger Zustimmung zur Aufhebung des jetzigen Vertrages zur Hausverwaltung …, Haus-, Grundstücks- und Mietverwaltung. Mit der Wahl wird der Verwaltungsbeirat ermächtigt, für die WEG gemäß der Wahl den Verwaltervertrag zu unterschreiben und der Verwaltung eine Verwaltervollmacht zu erteilen“
wird für unwirksam erklärt.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 1) 50 % und die Beklagten 50 % jeweils zu gleichen Kopfteilen.
Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1) tragen die Beklagten, zu gleichen Kopfteilen 33 %. Im Übrigen trägt die Klägerin zu 1) ihre außergerichtlichen Kosten selber.
Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2) tragen die Beklagten jeweils zu gleichen Kopfteilen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt die Klägerin zu 1) zu 50 %. Im Übrigen tragen die Beklagten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 25.329,15 EUR, ab 19.03.2019 auf 8.280,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Kläger richten sich im Wege der Beschlussanfechtungsklage gegen einen in der Eigentümerversammlung vom 19.02.2019 gefassten Beschluss zur Wahl einer neuen Verwaltung.
2
Die Klägerin und die Beklagten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft …. Unstreitig lud der bisherige Verwalter … für den 19.02.2019 zur Eigentümerversammlung. In der Eigentümerversammlung vom 19.02.2019 wurden unter TOP 2 ein Beschluss zur Wahl einer Verwaltungsbeirätin gefasst, unter TOP 4 wurde zum Fensteraustausch alle Fenster im Haus 74 kein Antrag gestellt. Unter TOP 5 wurde die Jahresabrechnung 2017 genehmigt.
3
Insbesondere wurde unter TOP 3 zur Wahl einer neuen Hausverwaltung abgestimmt. Aus dem Protokoll ergibt sich, dass 3 Hausverwaltungen vorgestellt wurden, nämlich die Hausverwaltung … in … Hierzu ist aufgeführt: „u.a. Verwaltergebühr 23,00 EUR WE pro Monat und je zusätzliche Eigentümerversammlung 120,00 EUR, teilweise nach Stundensätzen, Laufzeit 3 Jahre.“
4
Der Beschlussantrag lautete: „Die Wahl (durch Abgabe der Stimmen/MEA) einer Hausverwaltung erfolgt unter gleichzeitiger Zustimmung zur Aufhebung des jetzigen Vertrages zur Hausverwaltung …, Haus-, Grundstücks- und Mietverwaltung. Mit der Wahl wird der Verwaltungsbeirat ermächtigt, für die WEG gemäß der Wahl den Verwaltervertrag zu unterschreiben und der Verwaltung eine Verwaltervollmacht zu erteilen.“ Unter c) wurde der Antrag zur Wahl der Hausverwaltung … mehrheitlich angenommen.
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Mit der am 15.03.2019 eingegangenen Klage erhob die Klägerin zu 1) zunächst Klage auf Ungültigerklärung der Beschlüsse zu TOP 2, TOP 3, TOP 4, TOP 7.1 und 7.2. Mit am 19.03.2019 zunächst per Fax eingegangener Klageschrift kündigte die Klägerin zu 1) sodann den nunmehr gestellten Antrag an.
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Die Kläger behaupten, die Wahl des Hausverwalters … widerspreche ordnungsgemäßer Verwaltung.
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Zum einen stehe der Hausverwalter … im Lager der Mehrheitseigentümer. Herr … habe beide Mehrheitseigentümer nämlich die … sowie die … zuvor in Verhandlungen gegenüber der Hausverwaltung vertreten. Es sei davon auszugehen, dass diese Tätigkeit gegen Entgelt erfolgt sei. Die begründete Besorgnis der Neutralität mache eine Person ungeeignet, Verwalter zu sein. Es fehle auch die für die Neubestellung des Verwalters erforderliche Bonität. Über das Vermögen des Hausverwalters … sei mit Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 16.01.2018 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass Herr … die Erlaubnis nach 34 c Gewerbeordnung (GewO) beantragt hat. Am Gebäude … in …, der …, befinde sich kein Schild, das auf ein dort befindliches Büro des Herrn …hinweise. Die Beklagten gestünden zu, dass Herr … auf Räumung seiner Büroräume verklagt worden sei und einen Räumungsvergleich mit einer Räumungsfrist zum 31.07.2019 abgeschlossen habe. Auch dies spreche gegen geordnete Verhältnisse. Zudem sei der Beschlussinhalt unbestimmt. Der Wortlaut könne nicht nachvollzogen werden. Zudem sei kein ordnungsgemäßer Verwaltungsbeirat der Wohnungseigentümergemeinschaft vorhanden. Weder mit der Einladung noch bei der Versammlung sei ein Verwaltervertrag und eine Verwaltervollmacht betreffend der Hausverwaltung … vorgelegt worden. Die Eigentümer sollen also über etwas Beschluss gefasst haben, dessen Inhalt ihnen unbekannt sei. Zudem könne ein objektiver Leser des Beschlusstextes dem Wortlaut nicht entnehmen, zu genau welchen Konditionen eine Bestellung des Verwalters erfolgte. Einzig das Verwalterhonorar mit 23,00 EUR pro Wohneinheit pro Monat sei klar zu erkennen, wie auch die Kosten für eine zusätzliche Eigentümerversammlung. Aber schon die Formulierung teilweise nach Stundensätzen sei völlig unbestimmt, da weder bekannt sei, für was Stundensätze in Ansatz gebracht werden sollten und in welcher Höhe. Somit sei auch der Beschluss zur Ermächtigung zum Abschluss eines Verwaltervertrages mit der neuen Hausverwaltung konsequenterweise für ungültig zu erklären.
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Zudem entspreche die Wahl der Hausverwaltung … auch deswegen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil der Inhaber der Hausverwaltung in keinster Weise persönlich geeignet sei, das Amt eines Wohnungseigentumsverwalters auszuüben. Zum einen seien gemäß dem Gesetz zur Einführung einer Berufszulassungsregelung für gewerbliche Immobilienmakler und Wohnimmobilienverwalter Erlaubnisvoraussetzungen für den Wohnimmobilienverwalter geordnete Vermögensverhältnisse Zuverlässigkeit und eine Berufshaftpflichtversicherung. Ferner benötige ein Wohnimmobilienverwalter künftig eine Erlaubnis nach § 34 c der Gewerbeordnung. Unter Berücksichtigung der Übergangsfrist hätte letztlich bis zum 01.03.2019 hätte Herr … die erforderliche Erlaubnis beantragen müssen. Zudem verfüge der Inhaber der streitgegenständlichen Hausverwaltung auch nicht über die entsprechenden Kenntnisse im Wohnungseigentumsrecht.
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Die Klägerin zu 1) beantragt daher:
Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 19.2.2019 zu TOP 3c „Wahl der Hausverwaltung …“
„Die Wahl einer Hausverwaltung erfolgt unter gleichzeitiger Zustimmung zur Aufhebung des jetzigen Vertrages der Hausverwaltung …, Haus-, Grundstücks- und Mietverwaltung. Mit der Wahl wird der Verwaltungsbeirat ermächtigt, für die WEG gemäß der Wahl den Verwaltervertrag zu unterschreiben und der Verwaltung eine Verwaltervollmacht zu erteilen“
wird für unwirksam erklärt.
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Der Kläger zu 2) beantragt,
den gleichen Beschluss für ungültig, hilfsweise für nichtig zu erklären.
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Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
12
Die Beklagten behaupten, dass die Mehrheitseigentümerin, die … sämtliche Miteigentumsanteile am 21.01.2019 verkauft habe und nicht mehr Miteigentümerin sei. Herr … sei als WEG-Verwalter uneingeschränkt geeignet. Er sei viele Jahre als selbständiger Rechtsanwalt und dabei insbesondere auf dem Gebiet des Wohnungseigentumsrechts tätig gewesen. Daneben betreibe Herr … seit vielen Jahren die Hausverwaltung. Somit sei Herr … in besondere Weise befähigt, die als WEG-Verwalter für die Beklagten anfallenden Aufgaben in rechtlicher kaufmännischer und technischer Hinsicht zu erfüllen. Herr … stehe auch nicht im Lager der Mehrheitseigentümerin …. Er habe im Frühjahr 2018 die Mehrheitseigentümerin vereinzelt gegenüber Dritten vertreten, auch bei Besprechungen mit der Vorverwaltung. Seither hat Herr … die Mehrheitseigentümerin nicht mehr als Bevollmächtigter vertreten. Eine Prokura der Mehrheitseigentümerin habe er nicht gehabt. Die von den Klägern befürchtete Interessenkollision bestehe somit nicht. Herr … habe die Erlaubnis nach § 34 c der Gewerbeordnung beantragt. Diese sei ihm am 17.06.2019 auch erteilt worden. Die Vermögensverhältnisse des Herrn … seien geordnet. Das anhängige Insolvenzverfahren stehe dem nicht entgegen. Weder die zuständige Aufsichtsbehörde noch der Insolvenzverwalter hätten Herrn … die Ausübung des Gewerbes gemäß § 12 Gewerbeordnung untersagt. Nach, der Feststellung des Insolvenzverwalters sei ausreichend Masse vorhanden, um das Insolvenzverfahren ordnungsgemäß zu führen und abzuschließen. Herr … habe keinen Restschuldbefreiungsantrag gestellt. Im Übrigen habe der Insolvenzverwalter den Betrieb der Hausverwaltung ausdrücklich aus dem Insolvenzverfahren freigegeben. Die Hausverwaltung des Herrn … unterhalte eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung. Die Rechtsanwaltskammer Nürnberg habe Herrn … die Zulassung als Rechtsanwalt nicht entzogen. Vielmehr habe Herr … die Zulassung als Rechtsanwalt wegen der Aufgabe der Rechtsanwaltskanzlei zurückgegeben. Herr … habe als WEG-Verwalter alle Miteigentümer über die Einleitung des Anfechtungsverfahrens und über den weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens im Rahmen seiner gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtung informiert. Selbstverständlich befinde sich am Gebäude … ein Firmenschild, das auf die Hausverwaltung des Herrn … hinweise ebenso an der Briefkastenanlage und im Stockwerk. Tatsächlich habe sich Herr … im Räumungsverfahren mit der Vermieterin vergleichsweise darauf geeinigt, dass das Mietverhältnis noch bis zum 31.07.2019 fortdauere. Danach werde Herr … andere Räume beziehen. Es habe sich im Verfahren herausgestellt, dass es keine Mietzinsrückstände gegeben habe. Der Beschlussinhalt sei nicht unbestimmt. Die Konditionen seien in der Eigentümerversammlung vor der Abstimmung erläutert worden. Die Stundensätze seien den Beklagten auf den mit Herrn … abgeschlossenen Vorvertrag bekannt gewesen. Die Verwalterverträge der zur Wahl gestellten Hausverwaltungen seien mit der Einladung zur Versammlung mitgeschickt worden.
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Das Gericht hat Beweis nicht erhoben. In der mündlichen Verhandlung vom 23.07.2019 wurde der Verwalter der Beklagten Herr … informatorisch gehört sowie die Kläger. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen. Im Übrigen wird wegen des Sachvortrags der Parteien und der Anträge auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.7.2019 Bezug genommen.
14
Mit Beschluss vom 25.4.2019 wurde das Verfahren … betreffend den Kläger … zu den Verfahren … gemäß § 47 WEG verbunden.
15
Das Gericht hat Beweis nicht erhoben. Der Verwalter wurde informatorisch gehört. Insoweit wird auf das Protokoll vom 23.07.2019 Bezug genommen. Wegen des Sachvortrags der Parteien und der Anträge wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.07.2019 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16
Die zulässige Klage ist begründet.
17
1. Das Amtsgericht Nürnberg ist gemäß §§ 23 Nr. 2 c GVG ausschließlich sachlich und, gemäß § 43 Nr. 4 WEG ausschließlich örtlich zuständig.
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2. Die Anfechtungs- und Begründungsfrist ist gewahrt. Die Klage der Klägerin zu 1) ist am 15.03.2019 und die Klage des Klägers zu 2) am 19.03.2019, somit innerhalb der bis zu diesem Tage dauernden Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG eingegangen. Die Klage wurde am 28.03.2019, somit demnächst im Sinn des § 167 ZPO, an den Verwalter als Zustellungsvertreter der beklagten übrigen Eigentümer zugestellt. Die Klage der Klägerin zu 1) ist spätestens am 04.04.2019 zugestellt worden, nachdem sich unter diesem Datum der Beklagtenvertreter angezeigt hat. Die Klagen sind auch innerhalb der Klagefrist begründet worden.
19
3. Der Beschluss zur Verwalterwahl unter TOP 3 c war gemäß § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG insgesamt für ungültig zu erklären, da er ordnungsgemaßer Verwaltung widerspricht.
20
Bei der Anfechtung der Verwalterwahl ist zu differenzieren, ob es sich um die Anfechtung einer Wiederwahl oder die Anfechtung einer ersten Wahl des Verwalters handelt. Im letzteren Fall kommt es auf eine Prognoseentscheidung an, nämlich ob aus Gründen, die in der Person des Verwalters liegen, oder aus objektiven Tatbeständen eine ordnungsmäßige Verwaltung nicht zu erwarten ist (vgl. Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 6. Auflage 2019, § 26 WEG, Rn. 63). Der Verwalter Herr … war zwar schon in der Eigentümerversammlung vom 28.06.2018 als Verwalter gewählt worden. Jedoch ist dieser Beschluss im Verfahren … mit Urteil vom 17.01.2019 für ungültig erklärt worden. Das Gericht legt daher hier ebenfalls die Maßstäbe einer Prognoseentscheidung an. Es sind somit vorliegend die gesamten Umstände des Einzelfalls abzuwägen. Zwar steht einerseits die Vertrags- bzw. Bestellungstreue im Vordergrund. Dem Verwalter darf nicht leichtfertig sein Amt entzogen werden. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass der Verwalter erhebliche wirtschaftliche Interessen der Eigentümergemeinschaft betreut und auch maßgeblichen Einfluss darauf hat, ob die anstehenden Probleme in der Gemeinschaft gelöst werden können (vgl. Jennissen, a.a.O., Rn. 63 b). An die Person des gewählten Verwalters sind dann wiederum höhere qualitative Anforderungen zu stellen, wenn der Verwalter seine Wahl majorisieren konnte und/oder er eine besondere Nähe zum errichtenden Bauträger hat. Die Wahl ist dann nicht per se unzulässig, aber es sind erhöhte Anforderungen zu stellen (Jennißen, a.a.O., Rn. 67). Nach Auffassung der Rechtsprechung sind für die Beurteilung, ob die Verwalterwahl rechtswidrig war, nur Gründe zu berücksichtigen, die im Zeitpunkt der Beschlussfassung bekannt waren (Jennißen a.a.O., Rn. 70).
21
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hält das Gericht daher die Verwalterwahl für ungültig.
22
Die Geeignetheit des Verwalters ist hier besonders kritisch zu betrachten, nachdem zumindest eine gewisse Nähe zur Mehrheitseigentümerin, der Ersten bzw. Dritten … besteht. Zumindest hat der gewählte Verwalter Herr … in seiner informatorischen Anhörung ebenfalls angegeben, dass er vom Vertreter der Firma … nämlich einen Herrn … angesprochen und gebeten worden ist, an der Eigentümerversammlung vom 28.06.2018 teilzunehmen und von diesem auch gebeten worden ist, als Verwalter tätig zu werden. Dass die Firma … nicht mehr Mehrheitseigentümerin ist, ist nicht ausreichend dargelegt.
23
In erster Linie sind daher Bonitätsgesichtspunkte zu prüfen. Der Verwalter muss zum einen gewährleisten, dass er im Haftungsfall Ersatz für einen entsprechenden Schaden der Wohnungseigentümergemeinschaft leisten kann. Er muss andererseits auch Gewähr dafür bieten, dass er auf Dauer einen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb aufrecht erhält und seiner Aufgabe als Verwalter gerecht wird, insbesondere die ihm anvertrauten Gelder gemeinschaftsgetreu verwalten wird (vgl. Landgericht Frankfurt, 13. Zivilkammer, Entscheidung vom 04.12.2013, 2-13 S 94712, Rn. 13 m.w.N.). Die Bonität des Hausverwalters … ist nicht zweifelsfrei, da mit Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 16.01.2018 (Az. IN 1735/16) das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden ist. Auch wenn mittlerweile zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine Berufshaftpflichtversicherung durch Bestätigung der ERGO Versicherung vom 21.03.2019 nachgewiesen worden ist, vermag dies lediglich eine Gefährdung von Schadensersatzansprüchen der Gemeinschaft widerlegen. Zudem lag unwidersprochen diese Versicherungsbestätigung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht vor. Zur Ausübung des Beurteilungsermessens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hätte aber Anlass zur Prüfung der Bonität und auch des Versicherungsschutzes sowie einer vorliegenden Gewerbeerlaubnis aufgrund bekannter Insolvenz bestanden. Weiterhin steht nämlich fest, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beurteilung, nämlich der Beschlussfassung am 19.02.2019, der Verwalter … noch keine Gewerbeerlaubnis beantragt hatte. Dieser Antrag ist ausweislich des als Anlage B1 vorgelegten Erlaubnisbescheids vom 17.06.2019 erst am 26.02.2019 beantragt worden.
24
Weitere Zweifel ergeben sich daraus, dass nach eigenen informatorischen Angaben des Verwa - ters nach Räumungsverpflichtung zum 31.07.2018 zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 23.07.2019 die zukünftige Anschrift der Hausverwaltung noch nicht fest stand. Noch nach mündlicher Verhandlung sei nach Angaben des Beklagtenvertreters die Adresse des Verwalters der Beklagten weiterhin die …. Unter diese Adresse sind aber auch gerichtliche Zustellungen nicht erfolgt. Die Zustellung in beiden Verfahren wurde auf den Postzustellungsurkunden von Amts wegen seitens der Zusteller auf eine andere Adresse korrigiert.
25
Zusammenfassend steht somit fest, dass die Eigentümer, die die Bestellung des Verwalters … beschlossen haben, ihren Beurteilungsspielraum überschritten haben. Die Bestellung widerspricht daher ordnungsgemäßer Verwaltung.
26
4. Bei Bemessung des Streitwertes für die Anfechtung der Verwalterwahl war gemäß § 49 a GKG das Fünffache des klägerischen Interesses entscheidend. Gemäß § 49 a GKG ist der Streitwert in Wohnungseigentumssachen auf 50 % des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen. Er darf das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das fünffache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten. Der Wert darf in keinem Fall den Verkehrswert des Wohnungseigentums des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen übersteigen. Ausgehend von einer dreijährigen Verwaltungszeit und der vereinbarten Vergütung in Höhe von 23,00 EUR für jede Wohneinheit beträgt das Interesse jedes Klägers 23,00 EUR im Monat × 36 Monate, somit 4.140,00 EUR. Beide Kläger verfügen jeweils über eine Wohnung in der Wohnungseigentümergemeinschaft. Das fünffache klägerische Interesse beträgt daher 4.140,00 EUR für die Klägerin zu 1) und weitere 4.140,00 EUR für den Kläger zu 2). Insgesamt sind dies daher 8.280,00 EUR.
27
Soweit die Klägerin zu 1) mit der ersten Klageschrift vom 14.03.2019 weitere Beschlüsse angefochten hat, wird der Streitwert insoweit wie folgt festgesetzt:
28
Für den Beschluss zu TOP 2 (Wahl neuer Beiräte) 500,00 EUR.
29
Zu TOP 4 wird kein Streitwert festgesetzt, da insoweit kein Antrag gestellt wurde.
30
Zu TOP 7 ist auf das fünffache Interesse der Klägerin zu 1) an der Jahresabrechnung 2017 Bezug zu nehmen. Der einfache Anteil der Klägerin an den Kosten betrug im Jahr 2017 3.309,83 EUR. Das Fünffache davon ist 16.549,15 EUR.
31
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 1, Abs. 2, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO (vgl. Jennissen, § 46 WEG, Rn. 8/).
32
6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.