Inhalt

LArbG München, Urteil v. 13.11.2019 – 11 Sa 377/19
Titel:

Zuschlagspflichtige Arbeitszeiten eines Busfahrers - Arbeitsvertragsauslegung

Normenketten:
BGB § 611
RiLi 2003/88/EG Art. 3 Nr. 5
ZPO § 138 Abs. 3, § 286
MTV § 7 Ziff. 5 Nr. 2a, Nr. 2b
MTV C § 8 Ziff. 2, § 15 Abs. 3
ArbGG § 64 Abs. 6 S. 1, § 66 Abs. 1, Abs. 2, § 72 Abs. 2 Ziff. 2
Leitsatz:
Parallelentscheidung zu BAG, BeckRS 2019, 44093 (dort dokumentiert).  (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zulage, Betriebsrat, Betriebsvereinbarung, Entgeltfortzahlung, Tarifvertrag, finanzieller Ausgleich, Gewerkschaft, Vertragspraxis, Verwirkung, Treu und Glauben
Vorinstanz:
ArbG Rosenheim, Endurteil vom 27.02.2019 – 4 Ca 146/17
Rechtsmittelinstanz:
BAG Erfurt, Urteil vom 16.06.2021 – 10 AZR 32/20
Weiterführende Hinweise:
Revision zugelassen
Fundstelle:
BeckRS 2019, 44092

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichtes Rosenheim (Az.: 4 Ca 146/17) vom 27.02.2019 wird zurückgewiesen.
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Arbeitsgerichtes Rosenheim (Az.: 4 Ca 146/17) vom 27.02.2019 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über die Zahlung von übertariflichen Zulagen aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung in einem bestehenden Arbeitsverhältnis.
2
Die Beklagte betreibt ein Busunternehmen, das im öffentlichen Personennahverkehr verschiedene Linienbusverbindungen bedient. Der Kläger ist seit 02.05.1989 bei der Beklagten als Busfahrer beschäftigt. Der Kläger erbringt seine Arbeitsleistung ausgehend vom Betrieb der Beklagten in X.
3
Der Arbeitsvertrag der Parteien datiert vom 12.04.1989 (Bl. 4-6 d. A.). Zur Vergütung ist darin Folgendes geregelt:
„[…] 6. Tätigkeitsvergütung
a) Der Stundenlohn beträgt brutto DM z. Zt. DM 14,27 Schichtzulage 10% Einmannfahrerzulage 10% Soweit für die Zahlung der Zulagen die tariflichen Voraussetzungen nicht vorliegen, erfolgt die Zahlung insoweit übertariflich.
[…]
c) Die übertariflichen Leistungen werden freiwillig, jederzeit nach freiem Ermessen widerruflich gewährt. Auf tarifliche Lohnerhöhungen können sie durch Erklärung des Arbeitgebers auch rückwirkend zum Zeitpunkt der Tariferhöhung ganz oder teilweise angerechnet werden.
[…] 7. Zahlung der Vergütung
Die Überweisung der Vergütung erfolgt jeweils bis zum Monatsletzten bargeldlos“ (Bl. 5 d.A).
4
Zur Anwendbarkeit von Tarifverträgen auf das Arbeitsverhältnis ist in Ziff. 10 des Arbeitsvertrags Folgendes vereinbart:
„10. Kollektivregelungen
Das Arbeitsverhältnis unterliegt im Übrigen den für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträgen für die gewerblichen Arbeitnehmer im Omnibusverkehr in ihrer jeweils letzten Fassung. Die Tarifverträge können im Büro eingesehen werden.“ (Bl. 6 d. A.).
5
Am 24.08.1995 schlossen die Beklagte und deren Betriebsrat die „9. Betriebsvereinbarung“ (Bl. 126/127 d. A.). Diese lautet auszugsweise wie folgt:
„[…] 2. Garantie für die Zahlung übertariflicher Zulagen Soweit Zulagen übertariflich gewährt werden, verzichtet die C. darauf, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, diese
- nach freiem Ermessen jederzeit zu widerrufen
- durch Erklärung ganz oder teilweise auf tarifliche Lohnerhöhungen anzurechnen.
Die in Anlage 2 der vor der dem 01.09.1995 abgeschlossene Verträge bzw. in Ziff. 6 oder 7 der Verträge älterer Form insoweit getroffenen Festlegungen sind damit gegenstandslos. […]“ (Bl. 126/127 d. A.).
6
Am 01.04.2000 traten zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands abgeschlossene Haustarifverträge in Kraft, namentlich der Manteltarifvertrag (im Folgenden auch: MTV C.) vom 08.02.2000 (Bl. 195-212 d. A.) und der „Tarifvertrag über Löhne und Gehälter“ mit Lohn- und Gehaltstabellen als Anlage, ebenfalls vom 08.02.2000 (Bl. 217-223 d. A.).
7
Die Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (Transnet) teilte ihren Mitgliedern im Rahmen eines Vorwortes zum Tarifvertrag für die Beschäftigten der C. und E. u.a. folgendes mit (vom Kläger vorgelegt Bl. 629 d.A.):
„ … Es gibt auch viel Positives. Zum Beispiel, dass künftige Tariferhöhungen mit den Zuschlägen berechnet werden. So ist es ein großer Erfolg, dass diese Zulagen (10% bis 29%) in die Stundenlöhne integriert wurden…“.
8
In der Broschüre der Gewerkschaft war auch ein Vergleich der Zahlungen nach den Tarifverträgen der ÖTV/LBO und der Transnet angefügt, die auch die Stundenlöhne und Zulagen nach ÖTV und die Stundenlöhne des Haustarifvertrages gegenüberstellten (Bl.630 d.A.).
9
Die Beklagte rechnete spätestens ab 01.06.2000 keine Schichtzulagen und Einmannfahrerzulagen zugunsten des Klägers ab und zahlte diese entsprechend nicht mehr aus. Die genannten Haustarifverträge sehen diese Zulagen nicht vor.
10
Der MTV C. i.d.F. vom 16.10.2015 enthält in § 9 folgende Regelung zu Ausschlussfristen:
㤠9 Ausschlussfristen
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. […] Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Leistungen unwirksam zu machen.“ (Bl. 236 d. A.).
11
Hinsichtlich der Höhe eines zu zahlenden Urlaubsentgelts sowie der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall enthalten die Tarifverträge folgende Regelungen:
„Der Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer der C. i.d.F. vom 16.10.2015 enthält u.a. folgende Regelung:
㤠8 Urlaubsentgelt
[…] 2. Das Urlaubsentgelt des gewerblichen Arbeitnehmers bemisst sich nach dem Arbeitsverdienst, den er in den letzten zwölf Abrechnungsmonaten vor dem Beginn des Urlaubs nach Tarifvertrag erhalten hat, mit Ausnahme der Spesen und von Einmalzahlungen. Das tägliche Urlaubsentgelt errechnet sich aus 1/312 des in Satz ermittelten Jahresverdienstes. […]“ (Bl. 243 d. A.).“
12
Der MTV C. i.d.F. vom 16.10.2015 enthält in § 8 folgende Regelung:
„[…] 2. Bis zur Dauer von sechs Wochen wird der Lohn entsprechend § 8, Ziff. 2 ETV C. weiterbezahlt. […]“ (Bl. 236 d. A.).
13
Es liegen vor die für den Kläger bestimmten Stundennachweise vom 01.08.2016 bis 31.08.2017 (Bl. 140-152 d. A.) sowie vom 01.09.2017 bis 31.08.2018 (Bl. 488-499 d. A.).
14
Ausweislich dieser Stundennachweise leistete der Kläger folgende Arbeitsstunden (rechte Spalte) gemäß Dienstplan („Dienstplan STD.“):

August 2016

32,15

September 2016

145,17

Oktober 2016

158,30

November 2016

99,85

Dezember 2016

49,77

Januar 2017

165,73

Februar 2017

152,85

März 2017

85,12

April 2017

63

Mai 2017

102,28

Juni 2017

145,17

Juli 2017

166,73

August 2017

26,38

September 2017

100,22

Oktober 2017

165,45

November 2017

163

Dezember 2017

158,80

Januar 2018

158,80

Februar 2018

88

März 2018

137,40

April 2018

150,67

Mai 2018

9,38

Juni 2018

134

Juli 2018

169,70

August 2018

24,63

15
Die Vergütung des Klägers betrug in diesem Zeitraum Euro 14,09 brutto je Arbeitsstunde.
16
Der Kläger machte mit Schreiben vom 26.01.2017 (Bl. 7/8 d. A.) Ansprüche auf Zahlung der Schichtzulage und Einmannfahrerzulage für die letzten sechs Monate in Höhe von Euro 2.985,96 gegenüber der Beklagten geltend. Die Beklagte wies mit E-Mail vom 09.02.2017 (Bl. 9 d. A.) die Ansprüche zurück. Mit Schreiben vom 02.08.2018 (Bl. 536 d. A.) machte der Kläger Ansprüche auf Zahlung der Schichtzulage und Einmannfahrerzulage für die letzten sechs Monate in Höhe von Euro 2.985,96 gegenüber der Beklagten geltend. Die Beklagte wies die Ansprüche mit Schreiben vom 13.08.2018 (Bl. 537 d. A.) zurück. Mit Schriftsatz vom 25.10.2017 trug der Kläger die Arbeitsstunden zur Berechnung der Zuschläge für die Monate August 2016 bis einschließlich August 2017 vor. Die Zustellung der Klageerweiterung vom 22.10.2018 (Bl. 459-478 d.A.) an die Beklagte erfolgte am 24.10.2018 (Bl. 500 d.A.).
17
Der Kläger behauptete erstinstanzlich, er sei im streitgegenständlichen Zeitraum jeweils im Schichtdienst i.S.d. Arbeitsvertrages tätig gewesen und er habe jeweils auch ohne zusätzliche Kontrollkraft den Bus gefahren, habe also die Fahrscheinkontrolle ggf. selbst wahrgenommen. Hinsichtlich zusätzlich vergütungspflichtiger Arbeitszeit trug der Kläger zunächst vor, seine Arbeitszeit habe 167 Stunden je Monat betragen. Sodann machte sich der Kläger die Inhalte der vorgelegten Stundennachweise zu eigen und trug vor, die jeweils darin in der Rubrik „Dienstplan STD.“ und „Zusatzleist.“ ausgewiesenen Stunden seien hinsichtlich der Zuschläge maßgeblich, weil diese die Tätigkeiten des Klägers wiedergeben würden, an denen er gefahren sei. Dies sei auch in der Vergangenheit seit 1995 so gehandhabt worden. Er nahm insoweit Bezug auf die vorgelegten Arbeitszeitnachweise ab Dezember 1995 bis Dezember 2000 (Bl. 288-358 d. A.). Er bestritt, dass die Zulagen in vollem Umfang in die im Hausvertrag neu verhandelten Stundensätze eingeflossen seien.
18
Der Kläger war erstinstanzlich der Meinung, dass sich die zuschlagspflichtigen Arbeitszeiten aus den Arbeitszeitnachweisen in der Rubrik „Dienstplan STD.“ und „Zusatzleist.“ ergeben würden. Ebenso seien diejenigen Zeiten zuschlagspflichtig, in denen er Entgeltfortzahlung wegen bestehender Arbeitsunfähigkeit oder Urlaubsentgelt wegen der Urlaubsnahme erhalten habe; dies wegen des jeweils geltenden sog. Lohnausfallprinzips. Die Klausel in Ziff. 6 lit. c) des Arbeitsvertrages sei intransparent und als sog. Kombiklausel unwirksam. Die Verweisungsklausel in Ziff. 10 des Arbeitsvertrages sei ebenfalls intransparent und unwirksam, weil sich aus der Bestimmung nicht ergebe, auf welchen Tarifvertrag der Arbeitsvertrag Bezug nehme.
19
Der Kläger hat zunächst in der Klageschrift vom 09.03.2017 folgenden Klageantrag angekündigt:
„2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab Dezember 2016 gemäß dem Arbeitsvertrag vom 12.04.1989 i.V.m.d. Betriebsvereinbarung Nr. 9 Ziff.
2) und den jeweils gültigen Tarifverträgen eine Schicht- und Einmannfahrerzulage in Höhe von jeweils 10% des auf diese Schicht entfallenden Stundenlohns zu bezahlen.“
20
Mit Schriftsatz vom 22.08.2018 (Bl. 436-438 d. A.) hat der Kläger stattdessen folgenden Klageantrag angekündigt:
„Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab Januar 2017 für die Dauer des Arbeitsverhältnisses eine Schicht- und Einmannfahrerzulage in Höhe von jeweils 10% des auf diese Schicht entfallenden für Busfahrer der Beklagten aktuellen üblichen Stundenlohns zu bezahlen, sofern der Kläger alleine, d.h. ohne weiteres Fahr- oder Kassierpersonal der Beklagten fährt, und/oder in Schicht fährt, d.h. nach einem vom Arbeitgeber vorbereiteten Zeitplan versetzt an der gleichen Arbeitsstelle mit anderen Arbeitnehmern arbeitet.“ (Bl. 437 d. A.)
21
Der Kläger stellt zuletzt erstinstanzlich folgende Anträge:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.985,96 Euro brutto Restvergütung für den Zeitraum 01.07.2016 - 31.12.2016 zu bezahlen.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.099,36 Euro brutto Vergütung für den Zeitraum 01.01.2017 - 31.08.2018 zu bezahlen.
22
Die Beklagte beantragte erstinstanzlich,
die Klage abzuweisen. Sie war erstinstanzlich der Auffassung, die Regelung in Ziff. 6 des Arbeitsvertrages stelle nicht die Vereinbarung einer übertariflichen Leistung dar. Zur Zeit des Vertragsabschlusses habe für Mitglieder der Gewerkschaft Anspruch auf die streitigen Zulagen als tarifvertragliche Leistungen bestanden. Der Kläger habe ungeachtet einer Gewerkschaftszugehörigkeit diese Leistungen ebenfalls erhalten, und zwar in dem Umfang, der sich für ihn im Falle der Tarifgebundenheit ergeben hätte. Daher sei die arbeitsvertragliche Regelung so zu verstehen, dass nur bei grundsätzlich bestehendem Anspruch auf Zahlung von Zulagen nach dem Tarifvertrag und im Einzelfall fehlenden Tatbestandsvoraussetzungen nach dem Tarifvertrag der Zahlungsanspruch - insoweit übertariflich - erhalten bleibt. Mit Inkrafttreten der Haustarifverträge zum 01.03.2000 habe es eine Neuordnung der Vergütung gegeben, in dem die bisherigen Zulagen aufgrund neuer tariflicher Vergütungssätze in die Grundvergütung einbezogen worden seien. Dies ergebe sich daraus, dass die Grundtabellengehälter um 20% gestiegen seien und das neue Tarifwerk die streitigen Zulagen nicht enthalte. Daher fehle die Voraussetzung des grundsätzlichen Bestehens eines tarifvertraglichen Anspruchs auf die Zahlung der Zulagen, der ggf. um übertarifliche Zahlungen nach dem Arbeitsvertrag ergänzt würde. Sie war der Meinung, Ziff. 2 der „9. Betriebsvereinbarung“ sei nicht anwendbar, weil es sich nicht um eine übertarifliche Zulage handele. Ferner habe der Kläger - das Vorliegen der Vereinbarung einer übertariflichen Zulage unterstellt - nicht substantiiert vorgetragen und bewiesen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zahlung der Zulagen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen seien die gleichen, wie die der einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen; aus der Verwendung gleicher Begrifflichkeiten und der fehlenden abweichenden Definition im Arbeitsvertrag folge, dass insoweit kein anderes inhaltliches Verständnis maßgeblich sein könne.
23
Die eingereichten Stundennachweise seien nicht hinreichend, weil aus ihnen nicht hervorgehe, dass der Kläger zu den von ihm dargelegten Stunden im Einmannfahrerbetrieb oder in Schichtbetrieb tätig gewesen ist. Eine tagesgenaue Darlegung, zu welchen Schichten und in welchem Umfang er Leistungen als Busfahrer im Einmannfahrerbetrieb oder im Schichtbetrieb erbracht habe, ergebe sich hieraus nicht. Sie war auch der Meinung, dass allenfalls die Lenkzeiten des Klägers zuschlagspflichtig seien, die sich jedoch aus den vorgelegten Stundennachweisen nicht ergeben würden. Aus dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifwerk ergebe sich ebenfalls nicht der streitige Anspruch auf Zahlung der Zulagen. Der Anspruch des Klägers sei auch verwirkt, weil seit der Einstellung der Zahlung der Zulagen ab spätestens Juni 2000 bis zur Geltendmachung ein erheblicher Zeitraum liege. Im Hinblick auf die geänderten Gehaltsabrechnungen mit der Erhöhung des Grundlohns und des Wegfalls der Zulagen, die der Kläger über einen Zeitraum vom 17 Jahren hingenommen habe, habe die Beklagte auch davon ausgehen können, dass die Zahlung der streitgegenständlichen Zulagen nicht mehr verlangt würden. Rein vorsorglich werde nochmals der Widerruf der Zahlung der Einmannfahrer- und Schichtzulage erklärt.
24
Das Arbeitsgericht Rosenheim hat mit dem angefochtenen Endurteil der Klage in Höhe eines Betrages von € 5.327,35 stattgegeben. Es hat dies damit begründet, dass der Kläger einen entsprechenden Zahlungsanspruch aufgrund der individualvertraglichen Vereinbarung in Ziff. 6 des Arbeitsvertrages der Parteien habe. Bei diesen Regelungen handle es sich um eine eigenständige vertragliche Vergütungszusage. Dies ergebe die Auslegung des Arbeitsvertrages, wonach die Regelung der Schicht- und Einmannfahrerzulage in Ziff. 6 des Arbeitsvertrages der Parteien sowohl nach dem objektiven Empfängerhorizont als auch nach den Grundsätzen für die Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen aufgrund ihres eindeutigen Wortlauts nur als eigenständige, von der Anwendbarkeit und den Voraussetzungen eines Tarifvertrages unabhängige Zusage verstanden werden könne. Unabhängig davon, dass diese Zulagen auch in dem zum damaligen Zeitpunkt im Betrieb der Beklagten anwendbaren Tarifvertrag in dieser Höhe vorgesehen waren, regelte der Arbeitsvertrag in Ziff. 6 a unter der Überschrift „Tätigkeitsvergütung“ nicht nur die Art und Höhe der Zulagen, sondern im weiteren auch ausdrücklich, dass - soweit die tariflichen Voraussetzungen nicht vorlägen - die Zahlung der Zulagen „übertariflich“ erfolge. Wenn letztlich nur die tarifliche Situation hätte abgebildet werden sollen, hätte es dieser ausdrücklichen Verselbständigung gegenüber den tariflichen Voraussetzungen nicht bedurft. Der Satz beziehe sich auch speziell auf die Zulagen und stelle keine allgemeine Bezugnahme auf die einschlägigen Tarifverträge dar, die für ältere Arbeitsverträge im Zweifel als Gleichstellungsabrede hätten verstanden werden können. Ferner stehe die Regelung auch im systematischen Zusammenhang mit Ziff. 6 c, wonach übertarifliche Leistungen jederzeit nach freiem Ermessen widerruflich gewährt würden bzw. eine Anrechenbarkeit auf tarifliche Lohnerhöhungen vorgesehen sei. Unabhängig von der Wirksamkeit dieser Klausel würde die Regelung in Ziff. 6 a in der Zusammenschau mit c keinen Sinn ergeben, wenn man die Benennung der Zulagen unter Verweis auf Ziff. 10 des Arbeitsvertrages als bloße Information über die derzeitige tarifliche Situation ohne eigenen Regelungsgehalt oder als bloße Gleichstellungsabrede verstehen würde. Auch für die tatbestandlichen Voraussetzungen der Zulagen seien diese Auslegungsgrundsätze heranzuziehen, d. h. für die Schichtarbeit die Begrifflichkeit in der allgemeinen arbeitsrechtlichen Bedeutung, wonach insbesondere wesentlich sei, dass eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren Zeitraum als die wirkliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinaus anfällt und daher von mehreren Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge, teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit, erbracht werde. Nach dem Sinn und Zweck einer Schichtzulage solle dem Arbeitnehmer ein finanzieller Ausgleich dafür gewährt werden, dass die Schichtarbeit erheblich auf seinen Lebensrhythmus einwirkt und es dadurch zu Erschwerungen komme (unter Hinweis auf BAG vom 02.10.1996 - 10 AZR 236/96). Inhaltlich übereinstimmend würde auch Art. 3 Nr. 5 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG Schichtarbeit als jede Form der Arbeitsgestaltung kontinuierlicher oder nicht kontinuierlicher Art mit Belegschaften, bei der Arbeitnehmer nach einem bestimmten Zeitplan, auch im Rotationsturnus, sukzessive an den gleichen Arbeitsstellen eingesetzt werden, sodass sie ihre Arbeit innerhalb eines tages- oder wochenumfassenden Zeitraums zu unterschiedlichen Zeiten verrichten müssen, definieren. Dagegen vermöge die Auffassung der Beklagten, die Begrifflichkeit sei gemäß der Definition in § 7 Ziff. 5 Nr. 2 a und b des MTV Nr. 4 für alle arbeiterrentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer des privaten Omnibusgewerbes in Bayern auszulegen, nicht zu überzeugen. Denn die vertragliche Regelung stelle gerade eine Vereinbarung einer übertariflichen Zulage dar. Somit sei ein weites Begriffsverständnis zugrunde zu legen. Die Auslegung der Begrifflichkeit Einmannfahrer ergebe sich bereits aus dem Wortlaut, wonach das Fahrzeug im Linienverkehr lediglich mit einem Arbeitnehmer besetzt sei, der sämtliche anfallende Tätigkeiten wahrnehmen müsse. Auch sei die Einmannfahrerzulage nicht nur für tatsächliche Lenkzeiten zu zahlen. Nach Sinn und Zweck der Zulage sei diese für die gesamte Zeit zu erbringen, in der ein Arbeitnehmer eine Buslinie ohne zusätzliche Hilfskraft im Fahrzeug bediene. Die Rechtfertigung der Zulage sei daher nicht primär an das Fahren des Fahrzeuges geknüpft, sondern an die im gesamten Linienbetrieb zusätzlich anfallenden Tätigkeiten, wie der Verkauf und die Kontrolle von Fahrscheinen, die gerade in Standzeiten stattfänden. Daher sei eine Differenzierung nach Lenk- und Haltezeiten nicht gerechtfertigt. Unter Berücksichtigung dieser tatbestandlichen Voraussetzungen lägen die Anspruchsvoraussetzungen im streitgegenständlichen Zeitraum für die nach dem Dienstplan geleisteten Arbeitsstunden vor. Maßgebliche Grundlage für die Zulagen sei die in den Stundennachweisen in der Rubrik „Dienstplan STD“ angegebenen Arbeitsstunden. Der Kläger habe insoweit taggenau die von ihm nach Dienstplan der Beklagten erbrachten Arbeitsstunden vorgetragen. Entsprechend sei das pauschale Bestreiten der Beklagten unzureichend. Die Beklagte hätte sich nicht darauf beschränken dürfen, das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Schichtzulage zu negieren, es wäre vielmehr an ihr gewesen, im Einzelnen dazu vorzutragen, an welchen Tagen bzw. zu welchen Zeiten der Kläger nicht als Einmannfahrer bzw. in Schicht für sie tätig gewesen sei. Entsprechend gelte der Vortrag des Klägers nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Demgegenüber seien ausgewiesene Arbeitszeiten, in denen der Kläger sogenannte Zusatzdienste verrichtet habe, hinsichtlich der Zulagen nicht zu berücksichtigen. Im Gegensatz zu den dienstplanmäßig erbrachten Arbeitsstunden würden die dort aufgeführten Arbeitszeiten anlassbezogen anfallen, beispielsweise in Form von Fahrgeldabrechnungen. Den Arbeiten liege somit weder eine Schichteinteilung durch die Beklagte zugrunde, noch stellten sie zwingend die Erbringung von Arbeitsleistung in Form von „Fahrtätigkeiten“ im Linienbusbetrieb dar. Es sei unbehelflich, dass der Kläger vorgetragen habe, in der Vergangenheit seien diese Zeiten ebenfalls bei der Zuschlagszahlung berücksichtigt worden. Ein Anspruch hieraus ergebe sich nicht. Vielmehr hätte der Kläger die tatbestandlichen Voraussetzungen insoweit vortragen müssen. Diese Zeiten seien daher nicht zu berücksichtigen. Ebenfalls nicht zu berücksichtigen seien die Zeiten, in denen der Kläger Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit und Urlaubsentgelt erhalten habe. § 8 Ziff. 2 MTV C. sowie § 8 Ziff. 2 des Entgelttarifvertrages für die Arbeitnehmer der C. würden insoweit abweichende Regelungen zur Berechnung der Höhe dieser Entgeltersatzleistungen beinhalten. Diese Regelungen würden zur Anwendung gelangen gem. Ziff. 10 des Arbeitsvertrages. Nach diesen tarifvertraglichen Regelungen sei ein näher definierter Durchschnitt der Vergütung der letzten zwölf Abrechnungsmonate zu bilden und zu zahlen. Entsprechende Daten zur Ermittlung dieser Durchschnittsvergütung habe der Kläger nicht vorgetragen. Darüber hinaus seien die Ansprüche mit Ausnahme der Ansprüche für die Monate Januar und Februar 2017 sowie September 2017 bis einschließlich Januar 2018 nicht erloschen. Die Ansprüche des Klägers seien nicht durch den Abschluss der Haustarifverträge, die die Zulagen nicht mehr vorgesehen hätten und stattdessen den Grundstundenlohn erhöhten, erloschen. Der Haustarifvertrag habe den arbeitsvertraglichen Anspruch des Klägers nicht ablösen können. Der arbeitsvertragliche Anspruch des Klägers bestehe gerade darin, dass ihm, vorbehaltlich eines Widerrufs bzw. Anrechnungsrechts der Beklagten, die genannten Zulagen unabhängig von tariflichen Voraussetzungen zusätzlich zum Stundenlohn bezahlt werde. Selbst wenn der Haustarifvertrag auf den Kläger tarifrechtlich zur Anwendung käme, weil er Mitglied der vertragsschließenden Gewerkschaft sei, habe der Kläger wegen des Günstigkeitsprinzips Anspruch auf die ihm arbeitsvertraglich zugesagten übertariflichen Leistungen. Die Verweisung auf die für die Beklagten geltenden Tarifverträge erfolge nur im Übrigen und betreffe damit nicht speziell geregelte Ansprüche. Für eine einvernehmliche Änderung des Arbeitsvertrages anlässlich des Abschlusses des Haustarifvertrages gebe es keine Anhaltspunkte. Der Anspruch des Klägers sei auch nicht durch Widerruf der Zulage bzw. Anrechnung erloschen, da einer etwaigen Anrechnung bzw. einem Widerruf die Regelung der 9. Betriebsvereinbarung vom 24.08.1995 entgegenstehe. Jedoch seien die Ansprüche des Klägers für die Monate Januar und Februar 2017 sowie September 2017 bis einschließlich Januar 2018 erloschen, weil sie nicht fristgerecht unter Berücksichtigung der tarifvertraglichen Ausschlussklausel geltend gemacht worden seien. Entsprechende Regelungen des Tarifvertrages fänden aufgrund der Bezugnahmeklausel in Ziff. 10 des Arbeitsvertrages Anwendung. Entsprechend sei der anwendbare Tarifvertrag bestimmbar. Jedoch seien für die Monate Januar und Februar 2017 sowie für die Monate September 2017 bis einschließlich Januar 2018 Ansprüche nicht hinreichend geltend gemacht und deshalb verfallen. Die einmalige Geltendmachung von Ansprüchen sei nicht ausreichend, ebenso wenig die Erhebung des Feststellungsantrages. Den Ansprüchen des Klägers könne auch nicht die Einrede der Verwirkung entgegengehalten werden. Allein die Tatsache, dass der Kläger ihm zustehende Ansprüche während des aktiven Bestands seines Arbeitsverhältnisses im Rahmen der kurzen Ausschlussfrist nicht jeweils geltend gemacht habe, schaffe grundsätzlich, ohne Hinzutreten weiterer Umstände, kein Vertrauen darauf, der Arbeitnehmer werde auf diese Ansprüche auch in Zukunft umfänglich verzichten. Es habe vielmehr eines zusätzlichen Umstandsmomentes bedurft, welches nicht gegeben sei. Der Kläger sei bloß seit dem Jahr 2000 untätig gewesen.
25
Gegen dieses der Beklagten am 13.06.2019 zugestellte Endurteil richtet sich die Berufung der Beklagten mit Schriftsatz vom 27.06.2019, am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, sowie bei Zustellung ebenfalls am 13.06.2019 an ihn die Berufung des Klägers mit Schriftsatz vom 10.07.2019, am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht München eingegangen.
26
Der Kläger ist im Rahmen der Berufung der Auffassung, dass er Anspruch auf weitere von ihm eingeklagte € 7.757,97 Zulagen besitze. Denn nach Sinn und Zweck der Zulagen sei laut erstgerichtlichem Urteil für die gesamte Zeit, in der der Arbeitnehmer eine Buslinie ohne zusätzliche Hilfskraft im Fahrzeug bediene, die Zahlung der Einmannfahrerzulage gerechtfertigt. Sie sei gerade nicht an das Fahren des Fahrzeuges geknüpft. Entsprechend sei die Zulage auch für Dienste zu zahlen, die unter der Rubrik „Zusatzdienste“ verrichtet seien. Denn dabei handle es sich um die zusätzlichen Fahrten, die über den normalen Dienstplan hinaus angeordnet wurden oder um kleinere Wartungsarbeiten und ähnliches, welche der Kläger ebenfalls alleine und in Schicht ausgeübt habe. Es gebe keinen sachlichen Differenzierungsgrund, warum die Einmannfahrer- und die Schichtzulage hier nicht anfallen sollten. Dem habe auch die Zahlung der Zulagen über zehn Jahre hinweg entsprochen. Des Weiteren sei das Arbeitsgericht auch fälschlicherweise davon ausgegangen, dass bei Arbeitsunfähigkeit und Urlaub die genannten Zuschläge nicht anfallen würden. Die Ansprüche würden sich nach dem Lohnausfallprinzip aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz bzw. aus dem Bundesurlaubsgesetz ergeben. Es sei unerheblich, dass der Tarifvertrag abweichende Regelungen enthalte. Zwar sei nach den dortigen Regelungen ein dort näher definierter Durchschnitt der Vergütungen der letzten Abrechnungsmonate zu bilden und zu bezahlen. Nachdem der Arbeitnehmer aber ganzjährig und für jeden Tag, an dem er tätig sei, sogar für jede Stunde, in der er tätig sei, zuschlagsberechtigt sei, müsse der Zuschlag auch in diese Vergütung einfließen. Insofern sei es auch nicht erforderlich, die im Tarifvertrag geregelte Durchschnittsvergütung im Einzelnen zu errechnen. Schließlich seien auch die Ansprüche nicht zum Teil verfallen aufgrund der tariflichen Ausschlussklauseln. Hinreichende Geltendmachung der Ansprüche sei bereits durch die Feststellungsklage erfolgt, da auch das BAG in der Erhebung einer Feststellungsklage, nämlich der Kündigungsschutzklage, eine hinreichende Geltendmachung sehe. Entsprechend sei sogar die unbezifferte unzulässige Leistungsklage ausreichend. Die Höhe des Anspruches müsse nicht zwingend mitgeteilt werden, wenn dem Schuldner die Forderung bekannt sei und von ihm ohne weiteres errechenbar sei. Dies sei vorliegend bei den Lohnansprüchen gegeben. Auch sei die Ausschlussfrist bei schwebenden Verhandlungen gehemmt. Insoweit sei unberücksichtigt geblieben, dass mit Schriftsatz vom 15.03.2018 mitgeteilt wurde, das Verfahren solle ruhen bis zur Entscheidung des Berufungsverfahrens im Musterverfahren F.. Entsprechend der Regelung in § 15 Abs. 3 MTV C. sei zudem auch für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruches ausreichend. Im vorliegenden Fall handle es sich um denselben Sachverhalt. Bei richtiger Auslegung der Zulagenvorschriften seien diese immer zu zahlen, wenn der Kläger das Fahrzeug bewege, auch bei Wartungs- und weiteren Arbeiten. Schließlich sei auch die vertragliche Inbezugnahmeklausel auf den Tarifvertrag intransparent, da eine Vielzahl von Tarifverträgen hier in Betracht kämen und ein expliziter Tarifvertrag in der Bezugnahmeklausel nicht genannt sei. Auch liege eine überraschende Klausel vor. Die Ausschlussfristenklausel sei zudem auch intransparent, weil Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz oder Ansprüche im Zusammenhang mit der Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nicht ausgenommen seien und auch der Hinweis, dass die Geltendmachung in Textform genüge, fehle. Auch gehe die Regelung hinsichtlich der Zulagen als Individualabrede vor. Schließlich verstoße die Berufung auf die Ausschlussfrist auch gegen Treu und Glauben, da wegen des Ruhens im Zusammenhang mit dem Musterverfahren durch das Verhalten des Arbeitgebers ein Untätigbleiben des Arbeitnehmers veranlasst worden sei.
27
Der Kläger beantragte insoweit zuletzt:
28
Unter Abänderung des am 27.02.2019 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichtes Rosenheim, Kammer Traunstein, Az.: 4 Ca 146/17, wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere € 7.757,97 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen.
29
Die Beklagte beantragte insoweit:
Zurückweisung der Berufung.
30
Die Beklagte ist der Auffassung, dass der Kläger keine weitergehenden Zulagenansprüche habe, zumal unstreitig gestellt worden sei, dass mit der Einführung des Haustarifvertrages im Jahre 2000 die vorher tarifvertraglich normierten Einmannfahrer- und Schichtzulagen im Grundlohn des Klägers aufgegangen seien und seitdem an Tariflohnerhöhungen teilgenommen hätten. Dies ergebe auch die vom Kläger vorgelegte Anlage K30 im Vorwort der Transnet Gewerkschaft zum Haustarifvertrag. Daher sei die Einlassung des Klägers, er erhalte die Zulagen seit dem Jahr 2000 nicht mehr ausgezahlt, nachweislich falsch. Faktisch würde eine Verurteilung zur weiteren Zahlung der Zulagen dazu führen, dass der Kläger insgesamt 40% Zulagen auf den Grundstundenlohn erhalte. Eine derartige Erhöhung des Lohns würde die Beklagte auch in eine wirtschaftliche Schieflage bringen. Nur soweit die tariflichen Voraussetzungen für die Zulagen nicht vorlägen, sollten die Zulagen aufgrund arbeitsvertraglicher Regelung ergänzend gezahlt werden. Nachdem die arbeitsvertragliche Anspruchsgrundlage keine Tatbestandsvoraussetzungen normiere für die beiden Zulagen, würden die Voraussetzungen nach dem Tarifvertrag gelten. Es sei die Einmannfahrerzulage für die Leistungsverdichtung, die durch die Wahrnehmung des Fahrscheinverkaufs und Auskunftserteilung durch den Einmannfahrer anfielen, zu zahlen. Für Leerfahrten, Vor- und Nacharbeiten, Abfertigungen, Reinigungszeiten, Tanken, Arbeitsunterbrechungen, Pausen usw. sei daher die Einmannfahrerzulage weder nach tariflicher noch nach subsidiärer arbeitsvertraglicher Rechtsgrundlage zu zahlen. Diese Zeiten würden an jedem Arbeitstag des Klägers in erheblichem Umfang anfallen. Zusatzleistungen wiederum könnten bereits sprachlich nicht unter den Wortlaut einer Schichtzulage subsummiert werden. Auch diese Zusatzleistungen würden in erheblichem Umfang anfallen, auch in unterschiedlichen Höhen. Nachdem nicht für die gesamte tägliche Gesamtarbeitszeit die Zulagen zu zahlen seien, müsse der Kläger auch im Einzelnen darlegen und beweisen, wann er entsprechende, die Zulagen auslösende, Tätigkeiten erbracht habe. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass die Verschmelzung der Zulagen mit dem Grundlohn im Tarifvertrag erfolgt sei. Zwar hätten die Arbeitsvertragsparteien offenkundig übersehen, dass dies erfolgt sei und damit auch nicht verhindert, dass die Anwendung der Klausel sinnwidrig möglich sei. Jedoch sei durch die gemeinsame konkludente und tatsächliche Handhabung über ein Jahrzehnt hinaus das gemeinsame Verständnis dokumentiert. Es sei irrelevant, ob der Kläger durch seine Hinnahme der Einstellung der Zulagenauszahlung einen Rechtsverzicht erklärt habe. Der Kläger habe jedenfalls durch sein Verhalten zu erkennen gegeben, dass er die Höhe des ausgezahlten Lohnes nach Einstellung der eigenständigen Zulagenauszahlung im Jahr 2000 als richtig ansah. Ansonsten hätte er die Zahlung beanstandet. Jedenfalls sei dieses klägerische Verhalten zur Auslegung des Verständnisses der Arbeitsvertragsparteien heranzuziehen. Übereinstimmend sei die Klausel nicht als eigenständige Zulagenklausel und Anspruchsgrundlage verstanden worden. Schließlich sei dieser Anwendungswille auch eindeutig aus dem sprachlichen Kontext, in dem die Zulagen in den Arbeitsvertrag eingebettet seien, aus der Bezugnahme in der Klausel auf die tariflichen Voraussetzungen und die jahrelange Handhabung der Arbeitsvertragsparteien, nämlich die Einstellungen der Zahlungen der Zulagen über mehr als 15 Jahre hinaus, dokumentiert. Darüber hinaus komme der Kläger auch seinen Darlegungs- und Beweislasten nicht nach. Entsprechend der Rechtsprechung zur Überstundenvergütung habe der Kläger im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, an welchen Tagen und zu welchen Tageszeiten er entsprechende zulagenauslösende Tätigkeiten erbracht habe. Nicht für jede Stunde sei eine Zulage zu zahlen. Eine Zulagenzahlung sei nur für eine Ableistung einer über die regulär geschuldete Tätigkeit hinaus geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Der reguläre Einsatz des Klägers habe eine Zulage nicht ausgelöst. Auch seien in den täglichen Diensten erhebliche Tätigkeiten des Klägers angefallen, die auch nach Verständnis des Klägers keine Einmannfahrerzulage auslösen würden. Diese Tätigkeiten seien in den Dienstplänen aufgeführt. Dabei handle es sich insbesondere um 15 täglich anfallende Tätigkeiten der Omnibusfahrer, wie Reinigen, Tanken, Bereitschaft, Vorarbeit, Nacharbeit, Pausen, Abfertigungen, bezahlte Arbeitsunterbrechung usw.. Daher genüge der Kläger mit seiner Veranschlagung der Gesamtstundenzahl nicht seiner Darlegungs- und Beweislast. Auch der Verweis auf die vorgelegten Unterlagen sei unzureichend, da sich den Unterlagen lediglich Dienstbeginn und Dienstende entnehmen ließen und kein Nachweis über entsprechend vergütungsrelevante Tätigkeiten zu entnehmen sei. Entsprechend seien auch in den Dienstplänen beispielshaft bestimmte Tätigkeiten aufgeführt, welche jedenfalls keine Zulagen auslösen könnten. In den Zeiten sei der Kläger nicht als Einmannfahrer tätig gewesen. Hinsichtlich der Zusatzdienste seien entsprechend der Darlegungen des Arbeitsgerichts keine Zulagen zu zahlen. Da es sich nicht um entsprechende Tätigkeiten, d.h. Arbeitsleistungen in Form von Fahrtätigkeit, angereichert um weitergehende Tätigkeiten, wie Fahrscheinverkauf, handle, seien diese Zusatzdienste tatsächlich zum einen nicht hinreichend dargelegt und bewiesen worden, zum anderen auch nicht von den Voraussetzungen erfasst, weil sie z. B. nur anlassbezogen und außerhalb der Schichterteilung anfielen. Die Beklagte bestritt, bisher für diese Dienste Zulagen bezahlt zu haben, jedenfalls würde aus einer fehlerhaften Übung in der Vergangenheit kein Rechtsanspruch erwachsen. Auch die Ausführung zu den Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und des Urlaubs des Arbeitsgerichtes seien zutreffend. Nicht jede Stunde sei zulagenbewehrt, sodass tatsächlich die Durchschnittsberechnung hätte angestellt werden müssen. Auch die Ausschlussfrist greife zutreffender Weise ein. Insoweit ergebe sich aus der Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag auch keine Intransparenz, weil genau bestimmbar sei, welcher Tarifvertrag letztlich anzuwenden sei. Andere Tarifverträge seien schon aufgrund fehlender Mitgliedschaft der Beklagten im tarifschließenden Verband nicht einschlägig. Maßgeblich seien allein die Haustarifverträge. Da lediglich zwei Tarifverträge für den Omnibusverkehr G. gelten würden, greife der speziellere Haustarifvertrag. Daher sei der Tarifvertrag eindeutig bestimmbar, was ausreichend sei. Die Ansprüche seien auch nicht hinreichend geltend gemacht worden. Insbesondere sei nicht ausreichend die Geltendmachung mittels Feststellungsklage. Der Feststellungsantrag sei bereits unzulässig gewesen. Daher sei er auch nicht geeignet, die tarifliche Ausschlussfrist zu wahren. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass zwischenzeitlich stattgefundene tarifliche Lohnerhöhungen seit 01.01.2012 im Umfang von 7,2% jedenfalls auf die Zulagen anzurechnen seien. Dem stünde auch die Betriebsvereinbarung Nr. 9 nicht entgegen, da sie nur Anwendung fände für zum 01.09.1995 neu eingestellte Omnibusfahrer.
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Im Rahmen der eigenen Berufung der Beklagten ist diese der Auffassung, dass die von Seiten des Arbeitsgerichtes getroffene Auslegung ergebe, wie bereits oben zur Berufung des Klägers dargestellt, dass jedenfalls neben den bereits über die Vergütung im Haustarifvertrag beinhaltete Zulagenzahlung hinaus keine weitere Zulagenzahlung geschuldet sei. Denn entweder sei der tarifliche Anspruch geschuldet oder der arbeitsvertragliche Anspruch. Beide Ansprüche nebeneinander seien nicht geschuldet. Der Kläger solle nach der vertraglichen Regelung maximal 20% auf den Stundenlohn als Zulagen erhalten. Die Ansicht des Arbeitsgerichts würde aber dazu führen, dass praktisch ein 40%iger Zuschlag vorliege. Die tariflichen Voraussetzungen hätten beim Kläger letztlich seit dem Jahr 2000 vorgelegen durch Zahlung des erhöhten Lohns des Haustarifvertrages, sodass daneben die arbeitsvertragliche Regelung nicht zum Tragen komme. Entsprechend sei auch von einer gesteigerten Darlegungs- und Beweislast auszugehen des Klägers, da dieser nicht für jegliche Tätigkeiten die Zulagen beanspruchen könne. Insoweit wiederholt die Beklagte die Ansicht zur Darlegungs- und Beweislast, wie bereits oben zur Berufung des Klägers geschildert. Schließlich seien die Zulagen jedenfalls durch Tariflohnerhöhungen konsumiert worden. Auch würden jedenfalls tarifliche Ausschlussfristen eingreifen. Eine hinreichende Geltendmachung sei lediglich in der Vorlage der Arbeitszeitnachweise zu sehen.
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Die Beklagte beantragte daher zuletzt:
Das Urteil des Arbeitsgerichtes Rosenheim vom 27.02.2019, Az.: 4 Ca 146/17, wird abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
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Der Kläger beantragte diesbezüglich zuletzt:
Zurückweisung der Berufung der Beklagten.
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Der Kläger war insoweit weiterhin der Auffassung, dass die arbeitsvertraglichen Zulagenansprüche neben den tarifvertraglichen bestehen würden. Diese würden nicht in einem akzessorischen Verhältnis zueinanderstehen. Die Zulagen seien auch nicht durch die Zahlungen im Haustarifvertrag abgegolten. Jedenfalls ergebe das Günstigkeitsprinzip, dass die im Arbeitsvertrag getroffene günstigere Individualvereinbarung den Tarifvertrag verdränge. Diese günstigere Individualvereinbarung sei daher anzuwenden. Nachdem die Beklagte in der Vergangenheit bis zum Jahr 2000 immer auf sämtliche Stunden die Zulagen gezahlt habe, sei auch davon auszugehen, dass Busfahrer für jede Stunde die Zulage erhalten sollten. Die Zulagen seien auch nicht versehentlich gezahlt worden. Eine Zahlung von 40% finde nicht statt. Der Kläger habe die Zulage seit dem Jahr 2000 von 20% nicht verstetigt erhalten. Der Kläger habe lediglich ein tarifliches Grundgehalt erhalten. Dies werde auch in Lohnabrechnungen als Tariflohn bezeichnet. Wenn der Haustarifvertrag auch nichts explizit dazu regle, dass der Zulagenanspruch sich durch den Aufschlag im Grundlohn aufgelöst habe, liege eine entsprechende Regelung nicht vor. Selbst bei Vorliegen müsse sie nach dem Günstigkeitsprinzip zurücktreten. Der Kläger habe auch seiner Darlegungs- und Beweislast genügt. Entsprechende Aufzeichnungen seien letztlich vom Arbeitgeber zu führen. Soweit er die Aufzeichnung hinsichtlich der jeweiligen Tätigkeiten nicht führe, kehre sich die Beweislast um. Nachdem bezüglich der Einmannfahrerzulage ohnehin die Zulage für jede Tätigkeit bei Führen des Fahrzeuges zu zahlen sei, was auch sämtliche damit zusammenhängende Tätigkeiten erfasse, sei die Einmannfahrerzulage ohnehin für jede Stunde, die auch dargelegt sei, geschuldet. Gleiches gelte auch für die Schichtzulage. Standzeiten habe es eigentlich nicht gegeben. Auch Steh- und Wartezeiten seien zuschlagspflichtig. Die Beklagte habe zudem auch auf die Anrechnung der übertariflichen Zulagen auf den Tariflohn verzichtet bzw. stehe dieser Anrechnung die Betriebsvereinbarung Nr. 9 nach Ziff. 2 entgegen. Die Beklagte habe auch eine Anrechnung niemals erklärt. Dies sei auch für die Vergangenheit nicht möglich. Eine solche Anrechnung würde sich wegen des unterschiedlichen Lohns der Mitarbeiter auch als mitbestimmungspflichtig erweisen. Eine solche Mitwirkung sei aber nicht erfolgt. Hinreichend Geltendmachung im Sinne der Verfallsfristen sei erfolgt.
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Im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 27.06.2019, 10.07.2019, 05.09.2019, 12.09.2019, 22.10.2019, 24.10.2019, 07.11.2019 sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet, die zulässige Berufung der Beklagten hingegen in vollem Umfang begründet.
I.
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Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaften Berufungen der Parteien sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 und 2, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO). Sie sind daher zulässig.
II.
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Die Berufung des Klägers ist unbegründet, da der Kläger schon keinen Anspruch auf die von ihm zusätzlich geltend gemachten Zulagen, die Einmannfahrerzulagen und Schichtzulagen, über die bereits geleisteten Zahlungen hinaus besitzt. Demgegenüber ist die Berufung der Beklagten begründet, weil die streitgegenständlichen Ansprüche, die der Kläger geltend gemacht hat, grundsätzlich nicht bestehen, vielmehr die arbeitsvertraglichen Ansprüche des Klägers erfüllt sind. Demgemäß konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben, war vielmehr die Berufung der Beklagten vollumfänglich erfolgreich.
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1. Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf Zahlung der Einmannfahrer- bzw. Schicht zulage für die streitgegenständlichen Zeiträume vom 01.07.2016 bis 31.08.2018 über die bereits erhaltene Vergütung für diesen Zeitraum hinaus, da die arbeitsvertragliche Regelung hinsichtlich der Zahlung der Einmannfahrerzulage und der Schichtzulage dem Kläger zwar einen eigenständigen Anspruch zugesteht, dieser jedoch hinsichtlich seiner Voraussetzungen nicht erfüllt ist, da die dem Kläger für diesen Zeitraum zustehenden Vergütungsansprüche inklusive der Zulagenansprüche von der Beklagten durch Erfüllung der tarifvertraglichen Ansprüche bereits erfüllt sind.
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a) Das Arbeitsgericht hat zutreffend und auch im Einklang mit dem in einem Parallel verfahren vor der 1. Kammer des LAG München ergangenen Urteils (Az. 1 Sa 154/17) eine eigenständige vertragliche Vergütungszusage angenommen.
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aa) Entsprechend der Grundsätze der Auslegung von Arbeitsverträgen gemäß §§ 133, 157 BGB, wonach die dem Vertrag zugrundeliegenden Willenserklärungen nach dem objektiven Empfängerhorizont so zu verstehen sind, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste, sowie den Auslegungsgrundsätzen allgemeiner Geschäftsbedingungen, wonach die Klauseln nach objektivem Inhalt und typischen Sinn so auszulegen sind, wie sie von einem verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise im Rechtsverkehr Beteiligten zu verstehen sind, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind, kann nach den zutreffenden Darlegungen des Arbeitsgerichtes die Regelung der Schicht- und Einmannfahrerzulage in Ziff. 6 des Arbeitsvertrages aufgrund des Wortlauts nur als eigenständige, von der Anwendbarkeit und den Voraussetzungen eines Tarifvertrages unabhängige Zusage verstanden werden. Denn bereits die in Ziff. 6 a) vorgesehene Regelung, wonach die Schicht- und Einmannfahrerzulagen, soweit die tariflichen Voraussetzungen nicht vorliegen, übertariflich gezahlt werden, zeigt eindeutig, dass hier nicht nur die tarifliche Regelung wiederholt und erneut abgebildet werden sollte, denn dann hätte es tatsächlich einer ausdrücklichen Verselbständigung gegenüber der tariflichen Voraussetzung nicht bedurft. Insofern wäre die Regelung sogar widersprüchlich, weil sie ja gerade von den Voraussetzungen des Tarifvertrages abgekoppelt werden sollte. Auch steht die Regelung letztlich im systematischen Zusammenhang mit Ziff. 6 c, wonach die übertarifliche Leistung jederzeit nach freiem Ermessen widerruflich gewährt wird, bzw. eine Anrechenbarkeit auf tarifliche Lohnerhöhungen vorgesehen ist. Denn zu Recht hat das Arbeitsgericht in Anlehnung an das Urteil der
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1. Kammer des LAG darauf hingewiesen, dass die Regelung in Ziff. 6 a in Zusammenhang mit c keinen Sinn ergeben würde, wenn man die Benennung der Zulagen unter Verweis auf Ziff. 10 des Arbeitsvertrages als bloße Information über die derzeitige tarifliche Situation ohne eigenen Regelungsgehalt oder als bloße Gleichstellungsabrede verstehen würde. Denn dann würde sich tatsächlich die Frage nach einem Widerruf oder der Anrechnung auf tarifliche Lohnerhöhungen nicht stellen.
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bb) Aus dieser Eigenständigkeit der arbeitsvertraglichen Regelung hinsichtlich der Schicht- und Einmannfahrerzulage folgt aber nicht zwingend, dass auch ein entsprechender Anspruch auf diese besteht, da die Regelung des Arbeitsvertrages in Ziff. 6 a), wonach „soweit die tariflichen Voraussetzungen nicht vorliegen“ die Einmannfahrerzulagen übertariflich gezahlt werden, gleichzeitig beinhaltet, dass jedenfalls neben einer tariflichen Zahlung der Zulagen nicht ein weiterer arbeitsvertraglicher Anspruch existieren soll. Zu Recht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass, sollte der Kläger einen entsprechenden Zulagenanspruch in Höhe von je 10% der Grundvergütung bereits nach Tarifvertrag besitzen und bezahlt erhalten haben, daneben nicht noch ein weiterer Anspruch in gleicher Höhe aufgrund der arbeitsvertraglichen Regelung geschuldet ist. Letztlich bestreitet dies auch der Kläger nicht, der auch seinerseits nicht etwa eine 40%ige Zuschlagshöhe, d. h. 20% aus Tarifvertrag + 20% aus dem Arbeitsvertrag, für gerechtfertigt erachtet. Auch der Kläger sieht nur einen einmaligen Anspruch, in Höhe von 20% insgesamt, der sich aus dem Arbeitsvertrag, bezogen auf die tarifliche Grundvergütung ergeben soll. Die oben genannte Formulierung in Ziff. 6 a) zeigt also, dass der arbeitsvertragliche Anspruch nur dann in Kraft treten und den Anspruch auslösen soll, soweit nicht bereits nach den tariflichen Voraussetzungen eine entsprechende Zulage verlangt werden kann. Ist dies der Fall, hat der Kläger schon einen tariflichen Anspruch, der vorrangig vor den arbeitsvertraglichen Anspruch tritt. Denn nur „soweit“ die tariflichen Voraussetzungen nicht vorliegen, ergibt sich der arbeitsvertragliche übertarifliche Anspruch. Soweit aber die tariflichen Voraussetzungen erfüllt sind, besteht der arbeitsvertragliche Anspruch nicht darüber hinaus.
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b) Diese Voraussetzungen des arbeitsvertraglichen Anspruchs sind jedoch nicht erfüllt, da der Kläger bereits nach dem abgeschlossenen Haustarifvertrag letztlich ab Juni 2000 die Einmannfahrer- und Schichtzulage über den dort im Haustarifvertrag vorgesehenen Lohn erhalten hat, und insoweit die tariflichen Voraussetzungen für den Erhalt dieser Zulagen vorlagen für den Kläger, sodass die arbeitsvertragliche Anspruchsgrundlage nicht zum Tragen kam.
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aa) Mit Einführung des Manteltarifvertrages vom 08.02.2000, geschlossen zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (MTV C., Bl. 195 ff. d. A.), wurden die Einmannfahrer- und Schichtzulagen zwar eigenständig im Tarifvertrag nicht mehr vorgesehen, jedoch wurden sie nicht vollständig aufgegeben, sondern vielmehr in der Gesamtgrundlohnvergütung integriert. Dies ergibt zumindest die Auslegung des Tarifvertrages.
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bb) Tarifverträge sind wegen ihres normativen Charakters wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei einem unbestimmten Wortsinn sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit dies im Text seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. BAG vom 23.07.2019 - 3 AZR 377/18; vom 25.09.2018 - 3 AZR 402/17).
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cc) Vom reinen Wortsinn der tarifvertraglichen Regelung her ergäbe sich zwar demnach kein Hinweis darauf, dass in den in den Tarifverträgen der C., also im Manteltarifvertrag und im Entgelttarifvertrag, vorhandenen Regelungen die Einmannfahrer- und Schichtzulage beinhaltet ist, jedoch ist in § 6 des Manteltarifvertrages unter Ziff. 3 jedenfalls vorgesehen, dass die Vergütung für Mehr-, Nacht-, Sonntags-, Feiertags- und Schichtarbeit sowie die Zuschläge und Zulagen eines Abrechnungsmonats jeweils am 25. des darauffolgenden Monats angewiesen werden. Insofern ist die letztlich im Lohntarifvertrag (vgl. Bl. 643 ff. d. A.) enthaltene Darlegung des Tariflohns insoweit nicht eindeutig, als nicht erkennbar ist, inwieweit hier tatsächlich Zuschläge im Einzelnen ausgewiesen sind. Die dort dargestellten Löhne ergeben sich lediglich aus Lohntabellen, der Stundenlohn nach der Regelung in § 2 des Lohntarifvertrages aus der Dividierung durch 167. Somit ist in der Lohntabelle für Arbeiter über sechs Jahre, wie bei dem Kläger vorliegend, ein Stundenlohn von 23,34 DM vorgesehen. Der Manteltarifvertrag, der auf Zuschläge und Zulagen auch für Schichtarbeit sowie weitere Zulagen verweist, regelt in § 8 zuschlagspflichtige Arbeit, wobei dort eine explizite Schichtzulage zum Beispiel nicht mehr geregelt ist. Auch neben den sonstigen Zuschlägen für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, sind keine weiteren Zulagen geregelt. Insoweit erscheint der Manteltarifvertrag, soweit er in § 6 zur Vergütung solcher Arbeit Zulagenregelungen enthält, widersprüchlich und auslegungsbedürftig. Dabei ist nach der oben genannten Regelung insbesondere auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien, zumindest sofern und soweit dies im Text seinen Niederschlag gefunden hat, abzustellen. Nach den vorliegenden Unterlagen, insbesondere aber dem Vorwort der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands zum Tarifvertrag für die Beschäftigten der C. (vgl. Bl. 629 d. A.) ergibt sich zumindest als klarer Wille der Tarifvertragsparteien, der im Übrigen auch dem der Beklagten nach eigener Darlegung entspricht, dass die Zulagen (10% - 29%) in die Stundenlöhne integriert wurden. Nachdem im Tarifvertrag selbst noch Zu schläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit geregelt sind, kann sich diese Darlegung nur beziehen auf die weitergehenden Zulagen, insbesondere die 10%ige Einmannfahrer- bzw. Schichtzulage. Insofern hat zwar der Kläger bestritten, dass die Zulagen in den Lohn aufgenommen wurden, aus den hier eindeutig vorliegenden Unterlagen hat das Gericht aber in freier Beweiswürdigung sämtlicher Umstände gemäß § 286 ZPO die Überzeugung gewonnen, dass es dem tatsächlichen Willen der Tarifvertragsparteien entsprach, die Zulagen in dieser Form in die Löhne zu integrieren und aufzunehmen, wie es auch die Gewerkschaft in ihrem Vorwort dargestellt hat. Das Vorwort der Gewerkschaft ist allerdings nicht Bestandteil des Tarifvertrages. Der beabsichtigte Wille der Tarifvertragsparteien muss aber als solcher im Text des Tarifvertrages seinen Niederschlag gefunden haben. Insofern erscheint es allerdings als ausreichend, dass über die Zuschlagsregelung im Manteltarifvertrag und letztlich in der im Tarifvertrag in den Lohntabellen geregelten Lohnhöhe ersichtlich ist, dass der normale Grundlohn letztlich von 19,45 DM exakt um 20% auf 23,34 DM angehoben wurde, woraus sich dieser Wille der Tarifvertragsparteien zumindest andeutungsweise nachvollziehen lässt.
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dd) Manifestiert und umgesetzt wurde dies letzten Endes dann auch, ersichtlich aus den Lohnabrechnungen der Busfahrer, wie etwa auch beim Kläger dahingehend, dass dessen Lohn von 19,45 DM (vgl. Bl. 363 d. A.) ab Juni 2000 (vgl. Bl. 364 d. A.) auf exakt diese 23,34 DM erhöht wurde. Während vorher noch die Zulagen im Einzelnen ausgewiesen waren, waren sie letztlich danach nicht mehr in den Lohnabrechnungen ausgewiesen. Dort erscheint lediglich der erhöhte Tariflohn.
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c) Der Arbeitsvertrag des Klägers beinhaltet letztlich in Ziff. 6a) die Regelung der Tätigkeitsvergütung des Klägers. Dort ist insbesondere beinhaltet, dass der Kläger Anspruch auf den Grundstundenlohn zuzüglich 10% Schicht- und 10% Einmannfahrerzulage haben soll. Diese Regelung zeigt aber, dass der Kläger letztlich insgesamt eine Vergütung erhalten soll, bestehend aus einem Grundlohn und den jeweiligen 10%igen Zulagen. Wie oben dargelegt aber der Wille der Tarifvertragsparteien zeigt, war der im Haustarifvertrag ab dem Jahr 2000 geregelte Lohn letztlich nichts anderes als die Zahlung eines derartigen Grundlohns zuzüglich dieser Zulagen, die exakt auf den damaligen gültigen Grundlohn aufgeschlagen wurden. Der Kläger erhielt damit über diese Zahlung dieses erhöhten Lohns die vertraglich geschuldete Vergütung in gleichbleibender Höhe weitergezahlt. Damit hat der Kläger aber diese geschuldete Zahlung, die er entweder über den Tarifvertrag erhalten sollte oder aber über den Arbeitsvertrag letztlich weiterhin bezahlt erhalten. Dies gilt auch für den streitgegenständlichen Zeitraum, auch wenn die ursprüngliche Regelung später von anderen Regelungen abgelöst wurde. Zumindest hat der Kläger hier nichts Gegenteiliges vorgetragen.
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d) Der Haustarifvertrag kam auch auf den Kläger zur Anwendung. Der Kläger selbst hat letztlich auch bestätigt und auch nichts dagegen eingewandt, dass, auch wenn der Kläger nicht Mitglied der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands war und ist und insofern Kraft Tarifbindung nicht die tarifliche Leistung erhielt, dennoch zum einen die tariflichen Löhne tatsächlich erhalten, andererseits ergab sich die Anwendung des Haustarifvertrages letzten Endes aus der Inbezugnahmeklausel in § 10 des Arbeitsvertrages. Dort ist der Verweis auf die für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer im Omnibusverkehr enthalten in ihrer jeweils gültigen Fassung. Diese Regelung ist auch hinreichend bestimmt. Wie schon das Arbeitsgericht festgestellt hat, sind Bezugnahmeklauseln an sich nicht überraschend gem. § 305 c Abs. 1 BGB. Ebenso wenig ist das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verletzt. Insoweit entsprechen die Bezugnahmeklauseln auf das jeweils gültige Tarifrecht einer üblichen Regelungstechnik. Auch genügt nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 des Nachweisgesetzes der bloße allgemeine Hinweis auf Tarifverträge (vgl. BAG Urteil vom 18.03.2015 - 7 AZR 272/13). Dabei ist es ausreichend, wenn im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung die geltenden, in Bezug genommenen Regelungen bestimmbar sind (vgl. BAG vom 23.03.2011 - 10 AZR 831/09). Gegebenenfalls ist durch Auslegung oder auch durch Heranziehung von Kollisionsregeln der zutreffende Tarifvertrag zu bestimmen. Im vorliegenden Fall war dies der Haustarifvertrag, da dieser als speziellerer Tarifvertrag den Flächentarifvertrag verdrängte. Denn Firmentarifverträge stellen gegenüber Flächentarifverträgen stets die speziellere Regelung dar (vgl. BAG vom 20.01.2009 - 9 AZR 146/08). Nachdem die Haustarifverträge die damals einzig von der Beklagten selbst abgeschlossenen Tarifverträge darstellten, wurden denkbare andere Flächentarifverträge jedenfalls verdrängt und konnte sich die Bezugnahmeklausel daher bestimmbar nur auf diese Haustarifverträge beziehen. Letztlich haben der Kläger und die anderen Arbeitnehmer dies auch nicht bestritten. Vielmehr wurden über die Jahre hinweg auf das Arbeitsverhältnis immer diese Haustarifverträge angewendet.
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e) Die Haustarifverträge kamen hinsichtlich der Zulagenzahlung auch zum Tragen, auch wenn in Ziffer 10 des Arbeitsvertrages geregelt ist, dass das Arbeitsverhältnis nur „im Übrigen“ diesen tariflichen Vorschriften unterliegt. Denn gerade was die Vergütungsregelung anbetraf, war hinsichtlich der Zulagenzahlung auf die Voraussetzungen des Tarifvertrages verwiesen. Soweit daher über die Bezugnahmeklausel im Tarifvertrag eine Vergütung der Zuschläge geregelt war, fand diese über die Bezugnahmeklausel letztlich Anwendung und war vorrangig zur arbeitsvertraglichen Zulagenregelung.
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f) Hinzu kommt, dass auch die Arbeitsvertragsparteien die entsprechenden Zahlungen nach der Praktizierung über 15 Jahre hinweg so verstanden haben. Denn über diesen langen Zeitraum hinweg hat der Kläger und auch kein anderer Arbeitnehmer letztlich die Zulagenbezahlung geltend gemacht. Vielmehr wurde die höhere Vergütungszahlung wohl als entsprechende Zahlung auf die Zulagen verstanden und akzeptiert. Insoweit verweist der Kläger selbst in anderem Zusammenhang mit der praktizierten Zahlung auf jede erbrachte Arbeitsstunden darauf hin, dass bei der Auslegung von Verträgen nicht nur auf den Wortlaut der Erklärung abzustellen ist, sondern auch etwa das nachträgliche Verhalten von Vertragsparteien, insbesondere könne eine feststehende Vertragspraxis für die Auslegung bedeutsam sein, falls sich hieraus Anhaltspunkte für den tatsächlichen Vertragswillen ergeben können (vgl. BGH vom 06.11.2003 - III ZR 376/02). Zwar handelt es sich bei der Zahlung als solche nicht um eine Willenserklärung, jedoch ist auch in Bezug auf ein gelebtes Arbeitsverhältnis ein Parteiwille, wie er sich aus einer geübten Vertragspraxis ergibt, nicht unmaßgeblich (vgl. BAG vom 02.11.2016 - 10 AZR 419/15). Insofern zeigte der lange gelebte Vertragszeitraum von 15 Jahren, dass der Kläger und die anderen Omnibusfahrer die tarifliche Lohnzahlung in der um 20% angestiegenen Höhe ab Mitte 2000 als Zahlung auf die Zulagen angesehen haben. Damit wurde aber der arbeitsvertragliche Anspruch der nach der arbeitsvertraglichen Regelung aus einem Grundstundenlohn zuzüglich der 10 prozentigen Zulagen bestehen sollte, letztlich erfüllt, so dass ein zusätzlicher Anspruch nicht mehr in Betracht kommt.
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g) Insoweit greift auch das Günstigkeitsprinzip, worauf sich der Kläger berufen hat, nicht ein. Die arbeitsvertragliche Regelung ist insoweit nicht günstiger, da sie dem Kläger an und für sich nur den selben Anspruch gewährt, wie er ihn über die tarifliche Regelung erhalten würde und auch erhalten hat. Die Zahlung über den Lohn nach dem Tarifvertrag ist im Gegenteil gegenüber der arbeitsvertraglichen Regelung die letztlich eine übertarifliche Zulage vorsieht, sogar günstiger. Denn die tarifliche Vergütung nimmt an Lohnerhöhungen automatisch teil, es besteht auch keine Anrechenbarkeit auf Tariflohnerhöhungen, anders als dies üblicherweise auch bei übertariflichen Zulagen möglich ist und wie es etwa auch im Arbeitsvertrag des Klägers geregelt ist, auch wenn diese arbeitsvertragliche Regelung wegen des Eingreifens der Betriebsvereinbarung möglicherweise nicht zum Tragen kommt. Die grundsätzliche Zahlung über den Grundlohn ist aber eine günstigere Regelung für den Kläger.
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Somit konnte aus diesem Grund schon die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben, vielmehr war der Berufung der Beklagten stattzugeben.
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2. Selbst wenn man den eigenständigen Anspruch des Klägers aufgrund des Arbeits vertrages bejahen würde, wäre dieser Anspruch auch durch einvernehmliche Abänderung des Arbeitsvertrages nicht mehr vorhanden. Denn nach der Rechtsprechung kann nach einem Änderungsangebot, dessen Umsetzung sich sofort auswirkt, im Arbeitsverhältnis die widerspruchslose Fortsetzung der Tätigkeit durch den Arbeitnehmer sich als konkludente Annahme des Änderungsangebotes insgesamt herausstellen (vgl. BAG vom 01.08.2001 - 4 AZR 129/00). Zwar hat die Beklagte gegenüber dem Kläger kein ausdrückliches Änderungsangebot etwa dahingehend abgegeben, dass der Kläger ab dem Inkrafttreten des Haustarifvertrages statt der Einmannfahrer- und Schichtzulage nunmehr den erfüllten Lohn des Haustarifvertrages erhalten sollte und insoweit das Arbeitsverhältnis abgeändert werden sollte. Letztlich kann aber, sollte ein eigenständiger Anspruch darin gesehen werden, in der Zahlung dieses Lohns durchaus das konkludente Angebot der Arbeitgeberseite gesehen werden, künftig statt der einzeln ausgewiesenen Zulagen die Gesamtgrundvergütung zu zahlen. Dieses konkludente Angebot, das letzten Endes mit der Lohnzahlung und der Ausweisung in der Lohnabrechnung stattgefunden hat, hat der Kläger auch, obwohl sich dies sofort in Form der künftigen Lohnzahlungen ausgewirkt hat, durch widerspruchsloses Weiterarbeiten ohne Monieren konkludent akzeptiert, so dass sich auch der Arbeitsvertragsinhalt dahingehend geändert hat, dass der Grundlohn, in den die Zulagen integriert waren, das heißt der um 20% angestiegen war, künftig die vertragliche Vergütung darstellten sollte. Auch insoweit bestand daher kein darüber hinausgehender Zulagenanspruch mehr.
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3. Schließlich stünde dem Verlangen des Klägers auch tatsächlich der Einwand der Verwirkung entgegen.
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a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB).
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Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und trägt dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung. Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner bereits dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger seine Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruches nicht mehr zuzumuten ist. Zeit- und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig. Beide Elemente sind miteinander verbunden. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände sind, die ein Geltendmachen für den Gegner unzumutbar machen, desto schneller kann ein Anspruch oder Recht verwirken. Umgekehrt gilt, je mehr Zeit verstrichen ist, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. BAG vom 24.08.2017 - 8 AZR 265/16; vom 22.06.2011 - 8 AZR 752/09).
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b) Insoweit ist die Kammer der Auffassung, dass bei dem extrem langen hier vorlie genden Zeitraum von über 15 Jahren, nur noch geringe Anforderungen an das Umstandsmoment zu stellen sind. Dabei reicht es nach Auffassung der Kammer aus, dass der Kläger die in den Lohnabrechnungen seit Juni 2000 ausgewiesene höhere Vergütung widerspruchslos entgegengenommen hat, ebenfalls die Lohnabrechnungen und damit als auf die geschuldete Leistung bezogen in vollem Umstand als Erfüllung akzeptiert hat. Aus diesem langen Zeitraum ist daher ein Vertrauen erwachsen darauf, dass diese erhöhte Vergütung letzten Endes die vertraglich geschuldete Vergütung darstellt, worauf sich die Beklagte, auch etwa im Rahmen ihrer Wirtschaftlichkeitsberechnungen verlassen durfte. Denn die Personalausgaben sind unmittelbar auch Auswüchse letzten Endes der Kosten, welche die Beklagte ggf. über Fahrpreise zum Beispiel wiedererlangen muss. Wenn sie aber über einen derart langen Zeitraum davon ausgehen durfte, dass die Vergütung so akzeptiert wird und entsprechend keine Vorkehrungen etwa dafür getroffen werden müssen, weitere Nachforderungen abdecken zu müssen, dies auch insbesondere für die Vergangenheit nicht mehr möglich ist, etwa über erhöhte Fahrpreise, stellt sich das Vertrauen der Beklagten auf die Praktizierung und darauf, dass letzten Endes darüber hinausgehende Zulagen nicht mehr geltend gemacht werden als schutzwürdiger dar, als die Interessen des Klägers. Es scheint daher auch nach Treu und Glauben als unzumutbar, nunmehr die Zulagenansprüche erneut geltend machen zu dürfen. Daher steht auch der Gesichtspunkt der Verwirkung der Geltendmachung von Zulagen auf den tariflich erhöhten Lohn entgegen.
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Aus all diesen Gründen konnte die Berufung des Klägers auf Zahlung weiterer Zulagen über die erstinstanzlich hinaus ausgeurteilten Ansprüche keinen Erfolg haben, da Ansprüche des Klägers schon grundsätzlich auf weitere Zulagen nicht gegeben sind. Hingegen war auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 91 ZPO.
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5. Aufgrund des Abweichens von der Entscheidung der ersten Kammer des LAG München war gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG die Revision zuzulassen. Insoweit wird auf die nachfolgende Rechtsmittelbelehrungverwiesen.