Inhalt

VG Bayreuth, Beschluss v. 22.02.2019 – B 4 S 18.734
Titel:

Anordnung des Ruhens der zahnärztlichen Approbation

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 3, Abs. 5
BayVwVfG Art. 52
ZHG § 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2
GG Art. 12
Leitsätze:
1. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Anordnung des Ruhens der Approbation in der Hauptsache dürfte die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sein. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine ärztlich diagnostizierte Alkoholabhängigkeit (ICD-10 F 10.2) lässt die gesundheitliche Eignung eines Zahnarztes regelmäßig entfallen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Verhältnismäßigkeit des Ruhens der Approbation unterliegt besonders strengen Anforderungen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anordnung des Ruhens der Approbation, Entfallen der gesundheitlichen Eignung, Alkoholmissbrauch, Selbstbeschränkung eines Zahnarztes, Genehmigung, gesundheitliche Eignung, Ruhen, Vereinigung, Versorgung, Vertragsarzt, Widerruf, Zahnarzt, Zwangsgeld, MPU, Trunkenheitsfahrt, Approbation, Selbstbeschränkung, Berufsausübungsfähigkeit, Ermessen
Fundstelle:
BeckRS 2019, 41839

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Ruhens seiner Approbation.
2
Der Antragsteller erhielt vom Rat des Bezirks der DDR, Abteilung Gesundheit- und Sozialwesen, am 25.09.1979 seine Approbation als Zahnarzt, wird seit 16.02.2017 als Mitglied des zahnärztlichen Bezirksverbands Oberfranken geführt und ist seit 18.05.2017 als angestellter Zahnarzt bei Herrn Dr. … in … tätig.
3
Am 25.06.2017 fuhr der Antragsteller mit seinem PKW von … nach … …, obwohl er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses nicht in der Lage war, sein Fahrzeug sicher zu führen. Nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft fuhr er auf oben genannter Strecke mehrmals ins Straßenbankett sowie auf der gegnerischen Fahrspur. Auf der Fahrt fuhr er beinahe drei Leitpfosten um bzw. eine Leitplanke an. Nach dem Ortseingang von … überholte er zwei Autos mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 km/h. Eine am 25.06.2017 entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,72 Promille. Wegen dieses Vorfalls erließ das Amtsgericht … am 02.11.2017 einen Strafbefehl, wonach gegen den Antragsteller wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2, 69, 69a StGB eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen verhängt wurde. Der Tagessatz wurde dabei auf 100 EUR festgelegt. Außerdem wurde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen und sein Führerschein eingezogen. Die Verwaltungsbehörde wurde angewiesen, dem Antragsteller für die Dauer von einem Jahr und zwei Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Der Strafbefehl wurde am 23.11.2017 rechtskräftig.
4
Mit Schreiben vom 29.11.2017 wies der Antragsgegner den Antragsteller darauf hin, dass die begangene Straftat und die dabei festgestellte Alkoholkonzentration geeignet seien, Zweifel an der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung des zahnärztlichen Berufs zu begründen. Der Antragsteller wurde darüber informiert, dass beabsichtigt sei, ihn einer psychologischen und fachärztlichen Untersuchung zur gutachterlichen Feststellung der weiteren Berufsausübungsfähigkeit zu unterziehen.
5
Mit Schriftsatz vom 08.01.2018 erklärte der Bevollmächtigte des Antragstellers, letzterer sei bereit, an einer psychologischen und fachärztlichen Untersuchung teilzunehmen. Jedoch sei er mit der Entbindung der Untersuchungsstelle bzw. des zu benennenden Gutachters von dessen ärztlicher Schweigepflicht nicht einverstanden. Der Antragsteller wolle nach Erstellung des Gutachtens dieses zunächst selbst erhalten, um anschließend entscheiden zu können, ob eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht in Betracht komme.
6
Die angekündigte Untersuchung des Antragstellers fand am 23.01.2018 im Institut für neurologisch-psychiatrische Begutachtung in … durch Herrn PD Dr. med. habil. … … statt. Der Gutachter kam mit Gutachten vom 19.03.2018 abschließend zum Ergebnis, dass beim Antragsteller eine alkoholbezogene Störung bestehe. Ob es sich hierbei um eine Intoxikation, einen riskanten Konsum, einen schädlichen Gebrauch oder ein Abhängigkeitssyndrom handle, müsse letztlich das Ergebnis einer Haaranalytik klären. Der aktuelle klinische Untersuchungsbefund spreche nicht gegen die Eignung, den zahnärztlichen Beruf auszuüben. Vom Antragsteller wurde am 30.01.2018 eine Haarprobe entnommen. Die Haare wurden am 19.02.2018 vom forensischen toxikologischen Zentrum in München untersucht. Bei der Untersuchung wurde eine Ethylglucuronid-Konzentration von >100 pg/mg festgestellt. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 23.04.2018 wies Herr PD Dr. med. habil. … darauf hin, dass dies ein außerordentlich hoher Wert sei. So sei ein Wert von mehr als 30 pg/mg ein eindeutiger Beweis für einen extensiven und regelmäßigen Alkoholkonsum von mehr als 60 g/Tag im Durchschnitt. Der beim Antragsteller festgestellte Wert entspreche beispielsweise einem durchschnittlichen Konsum von mindestens etwa 7-8 Bier (0,5 Liter, 5% Alkohol) pro Tag. Daher zeige der Wert folglich eine schwere Alkoholabhängigkeit an. Im Ergebnis bestünden folgende Diagnosen: 1. Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol, Abhängigkeitssyndrom (ICD-10: F 10.2); 2. leichte Persönlichkeit- und Verhaltensstörung (ICD-10: F 10.71); 3. anhaltende kognitive Störung (ICD-10: F 10.74). Es könne bei diesem Befund nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller nüchtern und ohne Entzugssymptome behandeln könne. Der laborchemisch gesicherte exzessive Alkoholkonsum spreche gegen die Eignung, den Beruf als Zahnarzt aktuell auszuüben. Eine Entgiftung und Entwöhnungsbehandlung werde empfohlen.
7
Nachdem der Bevollmächtigte des Antragstellers die erstellten Gutachten und erhobenen Befunde mit Schriftsatz vom 07.05.2018 beim Antragsgegner vorlegte, schaltete dieser den Amtsarzt der Regierung von … ein. Dieser kommt in einem Aktenvermerk vom 16.05.2018 zu dem Ergebnis, dass anhand der vorliegenden Unterlagen befürchtet werden müsse, dass der Antragsteller bei seiner Arbeit am Patienten die Null-Promille-Grenze nicht beachten werde bzw. nicht beachten könne. Die festgestellte Suchtmittelabhängigkeit sei mit einer zahnärztlichen Tätigkeit nicht vereinbar, da unter Alkoholeinfluss die Möglichkeit einer Gefahr für das Wohl von Patientinnen und Patienten erheblich gesteigert sei. Die Berufseignung liege bis zur Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über die erfolgreiche Behandlung der zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen nicht vor. Es sei zu berücksichtigen, dass der Verlust der Fahrerlaubnis im Juni 2017 sowie die Einleitung eines approbationsrechtlichen Verwaltungsverfahrens zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung zur Ausübung des zahnärztlichen Berufs zu keiner signifikanten Einschränkung des Alkoholkonsums geführt habe.
8
Mit Schreiben vom 24.05.2018 wurde der Antragsteller zur beabsichtigten Anordnung des Ruhens der erteilten Approbation, zur beabsichtigten Anordnung der Verpflichtung zur Herausgabe der Approbationsurkunde sowie zur Anordnung der sofortigen Vollziehung angehört.
9
Der Bevollmächtigte des Antragstellers wies mit Schriftsatz vom 19.06.2018 darauf hin, dass das Ruhen der Approbation faktisch einem Berufsverbot gleichkäme. Ein entsprechender Eingriff betreffe den grundrechtssensiblen Bereich des Antragstellers. Es sei jeder Einzelfall gesondert zu betrachten. Im vorliegenden Falle ergebe sich die Besonderheit, dass der Antragsteller nicht mehr an Patienten arbeite und auch sonst keine Assistenz bei Kollegen in der Arztpraxis seines Arbeitgebers leiste, sondern ausschließlich administrative Tätigkeiten und keine Patientenbehandlungen durchführe. Dies sei bereits zu Beginn der Beschäftigung beim gegenwärtigen Arbeitgeber vereinbart worden. Daher sei eine Gefährdung von Patienten nicht möglich. Überdies bestehe daher auch keine Dringlichkeit dahingehend, den Sofortvollzug anzuordnen, da die Öffentlichkeit vor Behandlungen des Antragstellers nicht geschützt werden müsse. Der Bevollmächtigte des Antragstellers legte eine Bestätigung von dessen Arbeitgeber vom 07.06.2018 vor, in der bescheinigt wird, dass der Antragsteller in der Praxis ausschließlich für administrative Tätigkeiten eingesetzt werde. Gleichzeitig wird erklärt, dass der Antragsteller keinerlei Kontakt zu Patienten habe. Er führe keine zahnmedizinischen Behandlungen am Patienten durch und werde auch nicht im Rahmen einer Stuhlassistenz bei Zahnarztkollegen in der Praxis eingesetzt.
10
Mit Bescheid vom 29.06.2018 ordnete die Regierung von … für den Antragsgegner das Ruhen der mit Wirkung vom 25.09.1979 durch den Rat des Bezirks Leipzig erteilten Approbation des Antragstellers als Zahnarzt an (Ziffer 1). Gleichzeitig wurde die unter Ziffer 1 bezeichnete Approbationsurkunde eingezogen und der Antragsteller aufgefordert, diese der Regierung von … bis spätestens 31.07.2018 vorzulegen (Ziffer 2). Unter Ziffer 3 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 angeordnet und unter Ziffer 4 des Bescheids ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 EUR angedroht, sofern der Antragsteller die Verpflichtung aus Ziffer 2 des Bescheids nicht bis zum 31.07.2018 erfüllt. Unter Ziffer 5 des Bescheids wurde der Antragsteller zur Tragung der Kosten des Verfahrens verpflichtet, wobei eine Bescheidsgebühr von 375 EUR festgesetzt wurde (Ziffer 6).
11
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller sei in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Zahnarztberufs ungeeignet. Die gesundheitliche Nichteignung ergebe sich aus der schweren Alkoholabhängigkeit des Antragstellers, die sich aus den im Verfahren eingeholten Gutachten, Stellungnahmen und Berichten ergebe. Es könne bei diesem Befund nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller nüchtern und ohne Entzugssymptome behandeln könne. Die laborchemisch gesicherte Erkenntnis eines extensiven Alkoholkonsums spreche gegen die Eignung, den Beruf als Zahnarzt aktuell auszuüben. Eine Entgiftung und Entwöhnungsbehandlung sei zwingend erforderlich. Erst nach Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung über die erfolgreiche Behandlung der zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen könne die Berufseignung wiederhergestellt werden. Ein behördliches Eingreifen sei erforderlich, solange der Antragsteller ohne die erforderliche Behandlung und Wiederherstellung seiner Gesundheit den zahnärztlichen Beruf ausübe und es nicht auszuschließen sei, dass wegen seines Zustands auch Patienten zu Schaden kämen. Der Antragsteller beteuere nur, in der Praxis seines Arbeitgebers keine Patienten zu behandeln, halte jedoch dennoch weiterhin an seiner Approbation fest, anstatt sein Suchtproblem mit geeigneten Therapien behandeln zu lassen. Weder die Trunkenheitsfahrt im Juni 2017 noch die Einleitung eines approbationsrechtlichen Verfahrens habe zu einer signifikanten Einschränkung des Alkoholkonsums geführt. Die Einhaltung der Beteuerung des Antragstellers, nicht am Patienten zu arbeiten, sei mangels Rechtsgrundlage nicht mit Maßnahmen des Verwaltungszwangs durchsetzbar. Dies gelte ebenso für die Erklärung des Arbeitgebers, den Antragsteller nicht im Rahmen einer Stuhlassistenz bei Zahnarztkollegen einzusetzen. Der Antragsteller könne sich dies auch wieder anders überlegen und seinen Arbeitgeber davon überzeugen, dass er sein Suchtproblem im Griff habe. Als Inhaber einer Approbation bleibe er grundsätzlich berechtigt, Patienten zu behandeln (zum Beispiel auch in Notfällen). Ohne das Ruhen der Approbation könne der Antragsteller trotz anderslautender Beteuerungen bei der Behandlung von Patienten eingesetzt werden, wenn der Druck des approbationsrechtlichen Verfahrens nicht mehr bestehe. Dies müsse weder er noch der Arbeitgeber anzeigen. Auch sei diesbezüglich eine Überwachungsmöglichkeit durch den Antragsgegner weder rechtlich noch personell möglich. Die einschlägigen gesetzlichen Regelungen sähen Überwachungsmaßnahmen für Inhaber einer Approbation nicht vor, zudem könne eine Approbation nicht mit Auflagen erteilt werden. Schließlich könne sich der Antragsteller jederzeit einen anderen Arbeitgeber suchen, dem die Erkrankung nicht bekannt sei. Damit bestünde die Möglichkeit, sich der Kontrolle des bisherigen Arbeitgebers zu entziehen, was die Gefahr einer Schädigung von Patienten wiederum erhöhe. Die Anordnung des Ruhens der Approbation sei eine Ermessensentscheidung. Im vorliegenden Fall überwiege ein überragendes unabweisbares Interesse der Allgemeinheit an der Anordnung des Ruhens der Approbation. Dem Interesse des Antragstellers an einer weiteren Berufsausübung sei das öffentliche Gesundheitsinteresse als ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut gegenüberzustellen. Im vorliegenden Fall überwiege der Schutz der Patienten vor möglichen Schäden wegen möglicher - aufgrund der Erkrankung des Antragstellers nicht auszuschließender - fehlerhafter Eingriffe, Beratungen oder sonstiger Behandlungsleistungen. Die Anordnung sei erforderlich, da der Antragsteller seinen Beruf trotz der bestehenden Erkrankung weiterhin ausüben wolle. Die Ruhensanordnung sei das mildeste Mittel, denn die Approbation könne nachträglich nicht mit Auflagen versehen werden. Die Belassung der Approbation unter der Voraussetzung, dass der Antragsteller nicht am Patienten arbeitet, sei rechtlich nicht möglich. Im Gegensatz zu einem Verzicht oder dem Widerruf der Approbation sei die Ruhensanordnung das mildeste Mittel, da diese wieder aufgehoben werden könne, wenn die gesundheitliche Eignung des Antragstellers wieder bestehe. Überdies seien beim Antragsteller keine Einkommensverluste durch die Ruhensanordnung ersichtlich, wenn er tatsächlich nur für administrative Tätigkeiten und nicht am Patienten eingesetzt werde. Insofern sei der Vorwurf eines Berufsverbots nicht schlüssig. Auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei im öffentlichen Interesse gerechtfertigt. Die Gesundheitspflege als ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut würde einen nicht wieder gut zu machenden Schaden erleiden, wenn Patienten sowie der ärztliche Berufsstand nicht vor der konkret bestehenden Gefahr einer Schädigung geschützt würden. Aufgrund der fortdauernden Suchterkrankung, die bisher unbehandelt geblieben sei, sowie der nicht erkennbaren Krankheitseinsicht des Antragstellers, müsse die Möglichkeit der Ausübung eines zahnärztlichen Berufs unverzüglich unterbunden werden, solange die gesundheitliche Eignung des Antragstellers nicht bestehe. Ein sofortiges Handeln nach Kenntniserlangung der Ereignisse am 25.06.2017 im November 2017 sei rechtlich nicht möglich gewesen, da ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG eine eigenständige Prüfung am Maßstab dieser Verfassungsnorm und damit die sorgfältige Prüfung des Sachverhalts und die Möglichkeit einer vorherigen Anhörung erforderten.
12
Mit Schriftsatz vom 18.07.2018, der beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag einging, hat der Bevollmächtigte des Antragstellers Klage erhoben und beantragt, den Bescheid vom 29.06.2018 aufzuheben. Dieses Verfahren wird unter dem Aktenzeichen B 4 K 18.735 geführt.
13
Mit weiterem Schriftsatz vom 18.07.2018, der beim Verwaltungsgericht am selben Tag einging, hat der Bevollmächtigte des Antragstellers sinngemäß beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 29.06.2018 wiederherzustellen.
14
Der Bevollmächtigte des Antragstellers ist im Wesentlichen der Ansicht, dass eine vom Antragsgegner unterstellte Gefährdung der Patienten nicht vorliege. Der Antragsteller arbeite seit Beginn der Aufnahme seiner Beschäftigung beim jetzigen Arbeitgeber nicht an Patienten und komme nicht einmal in die Nähe des Behandlungsstuhls. Er sei ausschließlich mit verwaltungstechnischen Aufgaben, insbesondere der Abrechnung von Behandlungsleistungen, beschäftigt. Der Antragsteller müsse auch andere bei seinem Arbeitgeber beschäftigte Zahnärzte nicht in Notfällen vertreten. Weder habe er Notfalldienste noch habe der Arbeitgeber Bereitschaftsdienst angeordnet. Der Arbeitgeber des Antragstellers wolle auch nicht, dass letzterer am Patienten arbeite. Er sei ausschließlich und explizit für Tätigkeiten in der Praxisverwaltung eingestellt worden. Auch das Argument des Antragsgegners, bei einem möglichen Arbeitgeberwechsel könne der Antragsteller bei der Behandlung von Patienten eingesetzt werden, greife nicht durch. Ein neuer Arbeitgeber müsse ohnehin das neue Beschäftigungsverhältnis bei der kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns anzeigen und eine entsprechende Genehmigung beantragen. Einem neuen Arbeitgeber des Antragstellers würde die kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns mangels Vorliegen einer Approbation die Genehmigung verweigern. Damit sei die vom Antragsgegner behauptete fehlende Kontrollwirkung tatsächlich über das Genehmigungsverfahren bei der kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns gewährleistet. Außerdem wende sich der Antragsteller gegen die Anordnung des Sofortvollzugs. Dieser greife in unverhältnismäßiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 GG) des Antragstellers ein, da dieser - zumindest für die Dauer des Hauptsacheverfahrens - an der Ausübung seines Berufs gehindert sei, weshalb die Anordnung des Sofortvollzugs wie eine Berufsverbotsregelung wirke. Überdies sei nicht klar, weshalb nicht der Ausgang des Hauptsacheverfahrens abgewartet werden könne, nachdem sich die Sachverhaltsermittlung des Antragsgegners von Ende November 2017 bis Juni 2018 hingezogen habe. Der Antragsgegner habe den Antragsteller mit Schreiben vom 09.01.2018 nicht einmal mit Fristsetzung aufgefordert, medizinische Unterlagen vorzulegen. Der Antragsgegner habe daher das Verfahren letztendlich aus der Hand gegeben und laufen lassen, obwohl nach dessen Auffassung Tag für Tag weiterhin damit zu rechnen gewesen sei, dass der Antragsteller Behandlungen direkt an Patienten vornehme und sich die vom Antragsgegner prognostizierte Gefahr der Gefährdung der Allgemeinheit durch den Antragsteller jederzeit realisieren könne. Nachdem der Antragsgegner mehr als ein halbes Jahr wegen der Sachverhaltsermittlung habe verstreichen lassen, könne er nun nicht mehr damit gehört werden, der Antragsteller dürfe bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht mehr als Zahnarzt arbeiten. Schließlich sei auch das Argument, trotz Ruhensanordnung der Approbation habe der Antragsteller keine Einkommensverluste, verfehlt. Aufgrund der Vorfälle habe der Arbeitgeber dem Antragsteller einen Aufhebungsvertrag vorgelegt und einen neuen Arbeitsvertrag unter geänderten Bedingungen unterbreitet. Um nicht in die Arbeitslosigkeit abzurutschen, habe der Antragsteller die neuen Konditionen akzeptiert. Während er vorher als approbierter Zahnarzt ein monatliches Bruttogehalt von 4.000 EUR erhalten habe, verdiene der Antragsteller nunmehr lediglich 1.800 EUR.
15
Mit Schriftsatz vom 30.07.2018 hat der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
16
Er verweist auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid. Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass der Bevollmächtigte des Antragstellers erst mit Schreiben vom 07.05.2018 mitgeteilt habe, dass der Antragsteller Arbeiten an Patienten oder am Behandlungsstuhl nicht durchführe. Für den Antragsgegner sei nicht ersichtlich, dass für die Erledigung von Aufgaben ausschließlich in der Praxisverwaltung überhaupt eine Approbation nötig sei. Die Anordnung des Ruhens der Approbation sei im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung erfolgt. Die Anordnung sei dazu bestimmt, in unklaren Fällen oder Eilfällen dem Zahnarzt die Berufsausübung für bestimmte oder unbestimmte Zeit zu untersagen, wenn dies im Interesse der Allgemeinheit und zum Schutz von Patienten geboten sei. Die Rechtsprechung bejahe gerade bei Alkoholproblemen die Notwendigkeit einer Ruhensanordnung. Da der Gutachter festgestellt habe, dass nicht davon auszugehen sei, dass der Antragsteller nüchtern und ohne Entzugssymptome behandeln könne, stehe die krankheits- oder suchtbedingte Nichteignung des Antragstellers zur Ausübung des zahnärztlichen Berufs zur Überzeugung des Antragsgegners fest. Erschwerend komme hinzu, dass der Antragsteller bisher keine Maßnahmen ergriffen habe, seine gesundheitliche Eignung für den Beruf des Zahnarztes, zum Beispiel durch eine qualifizierte Entwöhnungstherapie, wiederherzustellen. Ein - auch nur vorübergehend - suchtkranker Zahnarzt sei eine so schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit, dass das Behördenermessen eingeschränkt werde. Die Möglichkeit, den zahnärztlichen Beruf auszuüben, müsse daher unterbunden werden und zwar so lange, bis die gesundheitliche Eignung zur Berufsausübung wieder uneingeschränkt bestehe. Dies gelte unabhängig davon, ob der Beruf derzeit tatsächlich ausgeübt werde oder eine Absichtserklärung dahingehend abgegeben worden sei, dies künftig zu unterlassen. Sobald der Antragsteller seine geäußerten Absichten ändere, liege in der fortdauernden Suchterkrankung, die bisher unbehandelt geblieben sei, eine Gefährdung der Patienten. Der Hinweis des Bevollmächtigten des Antragstellers, ein neuer Arbeitgeber müsse das Beschäftigungsverhältnis mit dem Antragsteller vorher bei der kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns anzeigen und eine entsprechende Genehmigung einholen, spreche gerade dafür, das Ruhen der Approbation anzuordnen, da in diesem Fall eine entsprechende Genehmigung nicht erteilt würde. Erst bei vorübergehendem Wegfall der Berechtigung zur Berufsausübung und Einziehung der Approbationssurkunde werde die Kontrollwirkung über die kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns gewährleistet. Überdies entstehe der Eindruck, dass die vertragliche Gestaltung des Arbeitsvertrags des Antragstellers mit dessen Arbeitgeber dem jeweiligen Verfahrensstand angepasst werde. Unabhängig davon sei auch unter dem Gesichtspunkt eines Einkommens- oder gar des Arbeitsplatzverlustes die für Patienten bestehende konkrete Gefahr bei Behandlung durch einen alkoholabhängigen und nicht krankheitseinsichtigen Zahnarzt höher zu bewerten als der mit dem Ruhen der Approbation einhergehende Verlust. Abschließend werde auf eine Anfrage bei der kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns sowie deren Stellungnahme vom 27.07.2018 hingewiesen. Danach werde ebenfalls bestätigt, dass die Approbation erforderlich sei, um die Genehmigung für die Anstellung eines Zahnarztes in einer Praxis zu erhalten. Die kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns habe überdies darauf hingewiesen, dass ein Zahnarzt, der selbst keine Patienten behandle, nicht auf Dauer an der vertragszahnärztlichen Versorgung als zugelassener Vertragsarzt teilnehmen könne. Die in § 2 Abs. 1 des vorgelegten Arbeitsvertrags vom 15.06.2018 enthaltene Vereinbarung, wonach der Antragsteller lediglich die Übernahme zahnärztlicher Tätigkeiten ohne Betreuung oder Behandlung von Patienten zu erbringen habe, widerspreche den geltenden sozialgesetzlichen Bestimmungen und dem für Kassenzahnärzte geltenden Recht. Der Einwand des Antragstellers, er werde dauerhaft nicht an Patienten arbeiten, sei daher rechtlich überhaupt nicht möglich.
17
Das Gericht unterbreitete der Antragsteller- und Antragsgegnerseite den Vorschlag, die Anordnung des Sofortvollzugs aufzuheben, sobald der Antragsteller und sein Arbeitgeber eidesstattlich versichern, dass der Antragsteller bei Ausübung seiner Tätigkeit keinen Kontakt zu Patienten herstellen kann und jede Änderung des bestehenden Arbeitsvertrags, jede Änderung des Tätigkeitsbereichs des Antragstellers sowie ein möglicher Arbeitgeberwechsel desselben unverzüglich bei der Regierung von … angezeigt wird.
18
Mit Schriftsatz vom 19.11.2018 erklärte der Bevollmächtigte des Antragstellers, dass die Vorlage einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung durch den Arbeitgeber des Antragstellers derzeit nicht möglich sei. Dieser habe das Arbeitsverhältnis zum Antragsteller ordentlich gekündigt und diesem ab dem 01.01.2019 angeboten, die Zusammenarbeit auf Basis einer freien Mitarbeit fortzusetzen. Der Antragsteller habe gegen die Kündigung eine entsprechende Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben. Aufgrund des zwischen dem Antragsteller und seinem Arbeitgeber bestehenden Rechtsstreits sei letzterer nicht bereit, entsprechende eidesstattliche Versicherungen abzugeben. Mit Schriftsatz vom 31.12.2018 erklärte der Antragsteller, er sei bei seinem gegenwertigen Arbeitgeber seit dem Beschluss der Regierung von … über die Ruhensanordnung der Approbation nicht mehr am Patienten tätig. Sein Aufgabengebiet bestehe in der Abrechnung der zahnärztlichen Leistungen. Er verpflichte sich außerdem gegenüber der Regierung von …, jede Änderung seines gegenwärtigen Arbeitsvertrags sowie jeden Tätigkeits- und Arbeitgeberwechsel unverzüglich anzuzeigen. Er wolle weiterhin arbeiten und fühle sich dazu auch in der Lage. Er wolle auf jeden Fall entweder bei seinem jetzigen oder bei einem neuen Arbeitgeber bis zum Renteneintritt arbeiten.
19
Nach einem am 18.01.2019 beim Arbeitsgericht stattgefundenen Gütetermin teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 18.01.2019 mit, dass der Gütetermin ergebnislos beendet worden sei. Eine gütliche Einigung der Parteien sei nicht zustande gekommen, vielmehr werde es zu einem streitigen Verfahren kommen. Wann dieses durchgeführt werde, könne nicht prognostiziert werden. Das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers sei daher nicht entfallen. Bei einem Obsiegen im Rahmen der arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzklage wolle der Antragsteller weiterhin bei seinem bisherigen Arbeitgeber tätig sein, wozu er auch seine Approbation benötige. In diesem Fall werde er nicht mehr an Patienten arbeiten.
20
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
21
Der nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO statthafte Antrag ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO (1.). Die Kammer kommt bei der von ihr nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt. Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage des Antragstellers keinen Erfolg haben; vielmehr dürfte das Ruhen der Approbation mit großer Wahrscheinlichkeit zu Recht angeordnet worden sein (2.). Ferner besteht ein besonderes, über das Interesse am Erlass des Bescheides hinausgehendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung (3.).
22
1. Die Ziffer 3 des Bescheids vom 29.06.2018, mit der die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 des Bescheides angeordnet wurde, genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Das formale Erfordernis einer schriftlichen Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung verlangt nicht mehr, als dass die Behörde erkennen lässt, dass sie sich des Ausnahmecharakters der Anordnung der sofortigen Vollziehung bewusst ist und welche maßgeblichen Gründe sie hierzu bewogen haben. Die Darlegung muss auf die Umstände des konkreten Falles bezogen sein (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 09/2018, § 80 Rn. 247 m. w. N.). Dies ist hier geschehen.
23
2. Die zulässige Klage des Antragstellers ist aller Voraussicht nach nicht begründet. Der Bescheid vom 29.06.2018 dürfte sich sowohl hinsichtlich der Anordnung des Ruhens der Approbation (2.1) auch als hinsichtlich der Einziehung der Approbationsurkunde (2.2) als rechtmäßig erweisen. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung der Anordnung des Ruhens der Approbation (im Folgenden auch: Ruhensanordnung) in der Hauptsache dürfte die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sein. Zwar bewirkt der Widerruf der Approbation dergestalt eine Zäsur, dass die nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens eintretenden Veränderungen zu Gunsten des Arztes ausschließlich im Wiedererteilungsverfahren zu berücksichtigen sind (BVerwG, B.v. 27.10.2010 - 3 B 61.10 - juris; U.v. 28.04.2010 - 3 C 22.09 - juris Rn. 10 f.). Bei der Anordnung des Ruhens der Approbation handelt es sich jedoch um eine vorläufige Maßnahme, die auf Konstellationen gemünzt ist, in denen aus Sicht der Approbationsbehörde noch nicht mit letzter Sicherheit feststeht, ob die Voraussetzungen für einen (dauerhaften) Widerruf vorliegen. Folgerichtig ist auch kein Wiedererteilungsverfahren (vgl. § 7a ZHG) vorgesehen, sondern durch § 5 Abs. 2 ZHG sichergestellt, dass die Approbationsbehörde das Vorliegen der Anordnungsvoraussetzungen fortwährend überprüft. Dieses Regelungskonzept des materiellen (Fach-)Rechts spricht dafür, die für die Beurteilung von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung entwickelten Grundsätze zugrunde zu legen, mithin auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung abzustellen (so auch VG Freiburg, B.v. 29.02.2016 - 7 K 2770/15 - juris Rn. 5).
24
2.1 Nach diesen Grundsätzen ist die Anordnung des Ruhens der Approbation voraussichtlich rechtmäßig. Sie wird von der Regierung von … im Bescheid vom 29.06.2018 auf die fehlende gesundheitliche Eignung (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 ZHG) gestützt. Nach derzeitiger Sachlage ist das Ruhen der Approbation wegen entfallener gesundheitlicher Eignung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ZHG rechtsfehlerfrei angeordnet worden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ZHG gestützte Ruhensanordnung liegen voraussichtlich vor (2.1.1). Ermessensfehler sind nicht ersichtlich (2.1.2).
25
2.1.1 Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 ZHG kann das Ruhen der Approbation angeordnet werden, wenn nachträglich die Voraussetzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ZHG weggefallen ist. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ZHG bestimmt, dass der Zahnarzt nicht in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs ungeeignet sein darf. Die Anforderungen an die gesundheitliche Eignung liegen beim Antragsteller nach Aktenlage nicht (mehr) vor.
26
Ein Zahnarzt ist zur Ausübung seines Berufes in gesundheitlicher Hinsicht ungeeignet, wenn er wegen eines körperlichen Gebrechens, wegen einer Schwäche seiner geistigen oder körperlichen Kräfte oder wegen einer Sucht zur Berufsausübung unfähig oder ungeeignet ist. Körperliches Gebrechen ist eine nicht nur vorübergehende schwere Störung, die die Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit unmöglich macht oder schwer behindert. Sucht wird regelmäßig durch wiederholten Gebrauch von Alkohol, Betäubungsmitteln oder Drogen erzeugt. Zwischen dem Tatbestand von Gebrechen, Schwäche oder Sucht und der Ungeeignetheit für den Beruf muss ein Kausalzusammenhang bestehen (VG Freiburg, B.v. 29.02.2016 - 7 K 2770/15 - juris Rn. 9). Eine ärztlich diagnostizierte Alkoholabhängigkeit (ICD-10 F 10.2) lässt dabei die gesundheitliche Eignung regelmäßig entfallen. Liegt eine Alkoholabhängigkeit vor, ist von einer Wiederherstellung der gesundheitlichen Eignung regelmäßig erst dann auszugehen, wenn eine dauerhafte Abstinenz über einen längeren Zeitraum (mindestens ein Jahr) nachgewiesen wurde (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2011 - 21 CS 11.2252 - juris Rn. 7; VG Gelsenkirchen, B.v. 16.12.2011 - 7 L 1274/11 - juris Rn. 15). Die beim Antragsteller zugrundeliegende Diagnose einer Alkoholabhängigkeit (ICD-10 F 10.2) mit dadurch bedingter kognitiver Störung ergibt sich eindeutig aus der ergänzenden Stellungnahme zur psychiatrisch-neurologischen Begutachtung des Antragstellers durch Priv.-Doz. Dr. … vom 23.04.2018 sowie der fachlichen Stellungnahme des Sachgebiets 53 der Regierung von … vom 16.05.2018. Diese Gutachten sind in sich schlüssig und nachvollziehbar, sodass sie der Entscheidung über die Ruhensanordnung zugrunde gelegt werden können. Trotz der Trunkenheitsfahrt im Juni 2017 und eines im November 2017 eingeleiteten Verwaltungsverfahrens zur Anordnung des Ruhens der Approbation hat der Antragsteller sein Trinkverhalten nicht verändert. Die im Januar 2018 beim Antragsteller entnommene und im Februar 2018 untersuchte Haarprobe ergab vielmehr einen außerordentlich hohen Ethylglucuronid-Wert, der den Nachweis eines exzessiven und regelmäßigen Alkoholkonsums und damit einer schweren Alkoholabhängigkeit des Antragstellers erbrachte. Der Antragsteller hat bislang keinerlei ärztliche Gutachten oder Stellungnahmen vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die diagnostizierte Alkoholabhängigkeit und die daraus resultierenden Folgen zwischenzeitlich überwunden sind und er mithin seine Eignung zur Ausübung des ärztlichen Berufs wiedererlangt hat.
27
2.1.2 Das Ruhen der Approbation des Antragstellers ist voraussichtlich auch frei von Ermessensfehlern angeordnet worden. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 ZHG vor, ist die Entscheidung über die Anordnung des Ruhens der Approbation in das pflichtgemäße Ermessen der Approbationsbehörde gestellt. Die Entscheidung erwiese sich insoweit gem. § 114 VwGO nur dann als rechtswidrig, wenn die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden wäre. Ermessensfehler sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere erweist sich die Ruhensanordnung als verhältnismäßig. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als - auch grundrechtlich radizierte - äußere Ermessensgrenze ist nach Lage der Akten nicht missachtet worden. Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme ist bei der Anordnung des Ruhens der Approbation besonders streng zu prüfen. So hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 19.12.2007 (Az. 1 BvR 2157/07, juris Rn. 34) ausgeführt, dass „bereits die Anordnung des Ruhens der Approbation eine Präventivmaßnahme nach Art eines vorläufigen Berufsverbots [ist], durch die schwerwiegend in Grundrechte des Betroffenen eingegriffen wird. Das Bundesverfassungsgericht hat daher schon wiederholt klargestellt, dass auch die Grundverfügung nur zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig ist (vgl. BVerfGE 44, 105 <119>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2820/04 und 2851/04 -; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 4. Oktober 2006 - 1 BvR 2403/06 -, juris). Aufgrund des Charakters der Maßnahme sind mithin nicht die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung zu relativieren, sondern bereits strenge Anforderungen an den Erlass der Grundverfügung zu stellen.“
28
Die Regierung von … ist ausweislich der im Bescheid vom 29.06.2018 niedergelegten Ermessenserwägungen zur Abwehr einer unmittelbaren Gefahr für die Gesundheit der durch den Antragsteller behandelten Patienten eingeschritten. Bei der Gesundheit der Bevölkerung handelt es sich um ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut, dessen Schutz auch gravierende Eingriffe in die Berufsfreiheit zu rechtfertigen vermag (vgl. BVerfG, B.v. 08.06.2010 - 1 BvR 2011/07, 1 BvR 2959/07 - juris, Rn. 95 f.; BVerwG, U.v. 13.12.2012 - 3 C 26.11 - juris Rn. 15). Die Kammer geht auch davon aus, dass die Gesundheit der Patienten infolge der fehlenden gesundheitlichen Eignung des Antragstellers tatsächlich konkret gefährdet ist und die Ruhensanordnung daher auch erforderlich ist, da kein milderes, gleich geeignetes Mittel ersichtlich ist.
29
Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Erforderlichkeit einer Ruhensanordnung entfällt, wenn sich der Zahnarzt, bei dem gesundheitliche Mängel zutage getreten sind, bis zu deren Behebung freiwillig und glaubhaft einer weiteren ärztlichen Tätigkeit enthält (vgl. BVerfG, B.v. 19.12.2007 - 1 BvR 2157/07 - juris Rn. 29, wo die glaubhafte Selbstbeschränkung unter dem Aspekt der Gefahrenprognose bei der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit gewürdigt wird; vgl. im Übrigen VG Freiburg, B.v. 29.02.2016 - 7 K 2770/15 - juris Rn. 35). Der diesbezügliche Vortrag des Antragstellers, er habe bei seinem gegenwärtigen Arbeitgeber keinen Kontakt zu Patienten, er führe keine zahnmedizinischen Behandlungen am Patienten durch und werde auch nicht im Rahmen einer Stuhlassistenz bei Zahnarztkollegen eingesetzt, ist jedoch widersprüchlich und daher unglaubhaft. Während der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsätzen vom 18.07.2018 und vom 19.06.2018 vortrug, der Antragsteller sei seit Beginn der Aufnahme seiner Beschäftigung beim gegenwärtigen Arbeitgeber (also seit 18.05.2017) nicht am Behandlungsstuhl tätig, sondern sei ausschließlich mit verwaltungstechnischen Aufgaben betraut, erklärte der Antragsteller gegenüber dem Gericht am 20.12.2018, seit dem Beschluss der Regierung von … (gemeint wohl: Bescheid vom 29.06.2018) bezüglich des Ruhens seiner Approbation nicht mehr am Patienten tätig zu sein. Daraus ergibt sich jedoch, dass der Antragsteller - entgegen der Behauptung seines Bevollmächtigten - trotz Alkoholabhängigkeit zunächst sehr wohl Patienten behandelte. Dies ist auch nachvollziehbar, da der Arbeitsvertrag des Antragsstellers mit seinem gegenwärtigen Arbeitgeber ab dem 01.07.2018 geändert und anstatt eines bisherigen Bruttogehalts von 4.000 EUR nur noch ein Bruttogehalt von 1.800 EUR vereinbart wurde. Hätte der Antragsteller sowohl vor als auch nach dem 01.07.2018 die gleichen Tätigkeiten ausgeübt, wäre die Reduzierung des Gehalts nicht nachvollziehbar. Daher ist davon auszugehen, dass der Antragsteller bereits unzutreffende Angaben gemacht hat. Auch hat er nicht plausibel darlegen können, ab Juli 2018 nur administrative Tätigkeiten bei seinem Arbeitgeber ausgeführt zu haben. Der vom Antragsteller vorgelegte Arbeitsvertrag vom 15.06.2018 sieht zwar in § 2 Abs. 1 vor, dass er nach Weisung des Praxisinhabers alle zahnärztlichen Tätigkeiten ohne Betreuung von Patienten und ohne Behandlung auszuführen hat, in § 2 Abs. 3 ist hingegen geregelt, dass der Antragsteller seine Patienten über die beabsichtigte Diagnostik und Therapie umfassend zu informieren und die Behandlung ordnungsgemäß zu dokumentieren hat. Aufgrund der Regelungen in § 2 Abs. 3 des Arbeitsvertrags ist nach wie vor davon auszugehen, dass der Antragsteller Behandlungen am Patienten durchführt. Die vom Gericht aufgrund der geschilderten Widersprüche geforderte eidesstattliche Versicherung seines Arbeitgebers wurde nicht eingereicht. Die vom Antragsteller selbst vorgelegte Erklärung vom 20.12.2018 ist aufgrund der von der Antragstellerseite bisher unzutreffenden Darstellungen nicht geeignet, eine freiwillige und glaubhafte Aufgabe der Behandlungstätigkeit nachzuweisen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der gegenwärtige Arbeitgeber des Antragstellers das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2018 wegen ungebührlichen Verhaltens gekündigt hat. Zum einen ist diesbezüglich eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht anhängig, über die bisher nicht entschieden wurde, zum anderen hat der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten (Schriftsatz vom 31.12.2018) vortragen lassen, er wolle bis zum Renteneintritt beim jetzigen oder einem anderen Arbeitgeber weiterhin als Zahnarzt tätig sein und fühle sich dazu auch in der Lage. Deshalb ist es auch denkbar, dass sich der Antragsteller um eine Arbeitsstelle bei einem anderen Arbeitgeber bemüht und dort entsprechende Behandlungen an Patienten durchführt, also seine gegenüber dem Gericht abgegebene Selbstbeschränkung missachtet, die er sowieso nur explizit in Bezug auf seinen gegenwärtigen Arbeitgeber abgegeben hat. Entgegen dem Vorbringen des Bevollmächtigten des Antragstellers würde ein entsprechender Arbeitgeberwechsel auch dem Antragsgegner nicht automatisch mitgeteilt. Zwar wäre ein neues Beschäftigungsverhältnis gegenüber der kassenzahnärztlichen Vereinigung möglicherweise anzeige- und genehmigungspflichtig. Sofern der Antragsteller über eine Approbation verfügt, ist die kassenzahnärztliche Vereinigung jedoch nicht gehindert, entsprechende Genehmigungen zu erteilen.
30
2.2 Auch hinsichtlich der Verpflichtung zur Herausgabe der Approbationsurkunde wird die Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben. Art. 52 Satz 1 Alt. 4 BayVwVfG ermöglicht eine solche Anordnung nicht nur bei einem auf Dauer angelegten Widerruf, sondern bereits dann, wenn die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts zumindest teilweise durch eine sofort vollziehbare Entscheidung aufgehoben worden ist, auch wenn diese Entscheidung nur eine vorübergehende Regelung enthält. Die Approbation berechtigt gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZHG zur dauernden Ausübung der Zahnheilkunde und zur Führung der Bezeichnung „Zahnarzt“ bzw. „Zahnärztin“. Die sofort vollziehbare Anordnung des Ruhens der Approbation bewirkt gem. § 5 Abs. 3 ZHG, dass der Zahnarzt die Zahnheilkunde nicht ausüben darf. Sie nimmt damit der Approbation (nur) teilweise ihre Wirksamkeit. Sinn und Zweck der Vorschrift, behördliche Urkunden nicht mehr zirkulieren zu lassen, wenn deren Inhalt unrichtig geworden ist, sprechen indes dafür, die Anordnung der Herausgabe bereits dann zu ermöglichen, wenn der wesentliche Teil des dokumentierten Regelungsgehaltes - hier: die Befugnis zur Ausübung der Zahnheilkunde - vorläufig entfallen und nur ein vergleichsweise wenig bedeutsamer Teil der enthaltenen Regelungen - hier: die Befugnis, die Bezeichnung „Zahnarzt“ zu führen - unverändert wirksam ist (vgl. OVG Münster, U.v. 15.05.1990 - 5 A 1692/89 - juris Rn. 16 ff.; OVG Weimar, B.v. 10.07.2007 - 2 EO 184/07 - juris Rn. 63). Ermessensfehler sind diesbezüglich nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich.
31
3. Die nach den obigen Ausführungen feststellbare hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Hauptsacheverfahren zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird, reicht allerdings allein noch nicht aus, um auch die Anordnung des Sofortvollzugs der Ruhensanordnung zu rechtfertigen. Denn die Anordnung der sofortigen Vollziehung stellt einen selbständigen Eingriff dar, der in seiner Wirkung über die noch im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zu überprüfende Ruhensanordnung hinausgeht. Sie erfordert deshalb eine eigenständige, auch an verfassungsrechtlichen Maßstäben orientierte rechtliche Würdigung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind solche vorläufigen Eingriffe in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit nur unter strengen Voraussetzungen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft. Erforderlich ist, dass überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Betroffenen gegen die Grundverfügung einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, hängt von einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls und insbesondere davon ab, ob eine weitere Berufstätigkeit schon vor Rechtskraft des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt (vgl. zu allem BVerfG, B.v. 19.12.2007 - 1 BvR 2157/07 - juris Rn. 20 ff.; BVerfG, B.v. 08.04.2010 - 1 BvR 2709/09 - juris Rn. 11 ff.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe begegnet der angeordnete Sofortvollzug des Ruhens der Approbation keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Wie bereits dargestellt, hat der Antragsteller nicht glaubhaft darlegen können, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens auf die Behandlungen eigener Patienten zu verzichten, weshalb eine erhebliche und konkrete Gefahr für Patienten vorliegt, wenn diese durch den in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Zahnarztberufs ungeeigneten Antragsteller behandelt würden. Überdies sind ebenso die Folgen der sofortigen Vollziehung der Ruhensanordnung für den 65-jährigen Antragsteller in den Blick zu nehmen (BVerfG, B.v. 08.04.2010 - 1 BvR 2709/09 - juris Rn. 14 ff.). Dieser hat im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 31.12.2018 vortragen lassen, auf jeden Fall bis zum Renteneintritt arbeiten zu wollen. Eine Absicht dahingehend, eine weitere unselbstständige bzw. selbstständige Tätigkeit als Zahnarzt nach Erreichen des Renteneintrittsalters aufzunehmen, wurde dagegen nicht substantiiert formuliert. Da der Renteneintritt des Antragstellers in den nächsten Monaten bevorsteht, fallen seine grundrechtlich geschützten Interessen an einer weiteren Berufstätigkeit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht allzu stark ins Gewicht, insbesondere ist ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden nicht zu befürchten.
32
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
33
5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG, wobei sich die Kammer an Nr. 16.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert und den darin angegebenen Streitwert im Hauptsacheverfahren auf 20.000 EUR reduziert hat (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2009 - 21 C 09.389 - juris Rn. 3). Dieser wird im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).