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AG München, Endurteil v. 24.06.2019 – 332 C 6361/19
Titel:

Erstattungsfähige Mietwagenkosten bei Anmietung von privat

Normenketten:
ZPO § 287
BGB § 249
Leitsätze:
1. Für die Anmietung eines Fahrzeuges, das nicht als Mietfahrzeug im technischen Sinne (Selbstfahrervermietfahrzeug) zugelassen und versichert ist, ist ein Abschlag von 30% von den nach der Fraunhofer Liste zu ermittelnden angemessenen Mietwagenkosten vorzunehmen. (Rn. 5) (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Anmietung eines Fahrzeugs als Ersatz für ein durch einen Unfall beschädigtes Fahrzeug ist ein Abzug von 15% von den Mietwagenkosten wegen der Ersparnis eigener Aufwendungen angemessen. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Mietwagenkosten, Mietwagentarif, Selbstfahrervermietfahrzeug, Kostenersparnis
Fundstelle:
BeckRS 2019, 40008

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 222,53 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

1
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen weiteren Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten.
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Von der Klägepartei wurde zu keinem Zeitpunkt behauptet, dass es sich bei dem hier vermieteten Mietwagen um ein als Selbstfahrervermietfahrzeug zugelassenes Fahrzeug handelte. Das Gericht geht bei der Bemessung der angemessenen Vergütung davon aus, dass der Kläger dem Geschädigten kein als Selbstfahrervermietfahrzeug zugelassenes und versichertes Fahrzeug zur Verfügung gestellt hat.
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Dabei ist es angemessen, dass bei Fahrzeugen, welche zur Nutzung vermietet werden, welche jedoch nicht als Mietfahrzeuge im technischen Sinne (Selbstfahrervermietfahrzeuge) zugelassen und versichert sind, nicht die gleichen Preise verlangt und bezahlt werden, wie bei der Anmietung von professionellen Fahrzeugvermietern.
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Der Gesetzgeber unterscheidet bei den Anforderungen der Zulassung zwischen Fahrzeugen, die gewerblich zur Personenbeförderung und Nutzung durch Selbstfahrer zur Verfügung gestellt werden (etwa Anlage VI, Ziffer 2.1.1.2.2 zu § 29 StZVO) und sonstigen Fahrzeugen. Auch die Versicherungsbranche unterscheidet bei den diesbezüglich angebotenen Versicherungsverträgen. Selbstverständlich ist zunächst zivilrechtlich immer ein Vertrag möglich, durch welchen eine Person einer anderen Person auf Zeit ein Kraftfahrzeug zur Nutzung vermietet. Die entscheidende Frage lautet, ob in diesen Konstellationen die gleichen Preise ortsüblich und angemessen sind, welche bei Anmietung von einem professionellen Fahrzeugvermieter, welcher Fahrzeuge anbietet, welche als Selbstfahrervermietfahrzeuge zugelassen und versichert sind, gezahlt werden. Dies ist eindeutig zu verneinen. Kein Mensch würde bei der Anmietung privat vom Freund oder Nachbarn den Preis zahlen, welchen er einem etablierten Fahrzeugvermieter zahlen würde. Bei einem als Selbstfahrervermietfahrzeug zugelassenen Fahrzeug wird diese Verwendung in der Zulassungsbescheinigung eingetragen. Diese Zulassung muss sowohl der Krafthaftpflichtversicherung, als auch der Kaskoversicherung mitgeteilt werden. Da die Vermietung an Dritte das Unfallrisiko erhöht, steigt sodann die Versicherungsprämie. Hinzu kommt, dass Selbstfahrervermietfahrzeuge zur jährlichen Hauptuntersuchung vorgeführt werden müssen, anders als Werkstattersatzwägen.
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Bei Mietwagenfirmen müssen daher die Fahrzeuge regelmäßig gewartet, geputzt, sowie auf Schäden untersucht werden. Sie müssen jährlich zur Hauptuntersuchung vorgeführt werden. Dafür besteht ein gesteigerter Verwaltungsaufwand mit der Folge, dass mehr Personal zu beschäftigen ist. Die Kosten sind daher deutlich höher als bei Werkstattersatzwägen. Das Gericht hält es daher in der Konstellation, in der kein Selbstfahrervermietfahrzeug angemietet wird, für angezeigt, die erstattungsfähigen Mietwagenkosten nach Fraunhofer zu kürzen. Das Gericht hält bei der Schätzung nach § 287 ZPO einen Abschlag von 30 % für angemessen. Nach der Fraunhofer Liste (Schwacke Klassifikation, Internetbefragung) gibt sich für die Anmietdauer von 11 Tagen der Fahrzeugklasse 5 ein Mittelwert von 2 × 208,89 € zuzüglich 1 Tag in Höhe von 84,53 €, also von 502,31 €.
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Zu berücksichtigen ist weiter, dass bei der Anmietung eines Mietwagens, der anstelle eines eigenen beschädigten Fahrzeugs tritt, ein angemessener Abzug wegen ersparter eigener Aufwendungen für das beschädigte Fahrzeug vorzunehmen ist. Das Gericht hält im Rahmen des § 287 ZPO hierbei einen pauschalen Abzug in Höhe von 15 % für angemessen und ausreichend (vgl. z.B. OLG Nürnberg, Urteil vom 26.10.1993, Az.: 3 U 1806/93; LG München, Urteil vom 2.10.1997, 19 S 10517,97; AG München, Urteil vom 29.05.1998, Az.: 345 C 4033/98; KG Berlin, Urteil vom 02.09.2010, 22, U 146/09 auch das LG München I, Urteil vom 30.09.2011, 17 S 31120/10 hat einen Abzug von 15 % ausdrücklich als ermessensfehlerfrei bezeichnet und nicht beanstandet).
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Bei einem Abzug von 15 % verbleibt es bei einem angemessenen Mietwagentarif von 426,96 €. Ein Aufschlag wegen der Besonderheiten der Unfallsituation ist vorliegend nicht zu berücksichtigen, da diesbezüglich nichts vorgetragen wurde und das Fahrzeug nicht unmittelbar nach dem Unfall angemietet wurde.
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Weiterhin ist ein Abschlag von 30 % zu machen, da es sich gerade nicht um ein als Selbstfahrervermietfahrzeug zugelassenes Fahrzeug handelt, so dass noch 128,08 € abzuziehen sind, so dass es bei einem angemessenen Mietwagentarif von 298,88 € verbleibt.
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Hierauf hat die Beklagte 327,25 € geleistet, so dass ein darüber hinaus gehender Anspruch nicht besteht.
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Die Klage war als unbegründet abzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.