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AG München, Endurteil v. 23.10.2019 – 122 C 9106/19
Titel:

Keine Verkehrssicherungspflichtverletzung durch am Boden liegenden Schlauch

Normenkette:
BGB § 823
Leitsatz:
Der am Boden liegende Schlauch stellt in einem Gartenbereich eines Baumarkts keine Verkehrssicherungspflichtverletzung dar. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Baumarkt, Schlauch, Sturz, Unfall, Verkehrssicherungspflicht, Pflichtverletzung, Schmerzensgeld
Fundstelle:
BeckRS 2019, 39791

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt Schmerzensgeld und Feststellung wegen eines Sturzes am 12.6.2018 im H-baumarkt in E.  der Beklagten.
2
Am 12.6.2018 besuchte die Klägerin in Begleitung ihrer Schwester, der Zeugin F..., den H-baumarkt in E. Beim Besuch des Marktes kam die Klägerin zu Sturz, wodurch sie sich eine blutende Platzwunde am rechten Auge, großflächige Blutergüsse im Gesicht und anschließenden Schwindel und Kopfschmerzen zuzog. Im Rahmen der Heilbehandlung hatte die Klägerin Zuzahlungen in Höhe von insgesamt 60 € zu leisten. Die Klägerin beauftragte mit der Verfolgung ihrer Ansprüche die Klägervertreterin, die mit Schreiben vom 26.6.2018 die Beklagte zur Zahlung aufforderte, was diese in der Folge ablehnte.
3
Die Klägerin trug vor, dass auf dem Boden quer zum Weg ein ungesicherter Bewässerungsschlauch gelegen habe. Als sie diesen vorsichtig übersteigen haben wolle, sei der Schlauch von einem Angestellten gezogen worden, ohne auf die Klägerin zu achten. Dadurch habe sich der Schlauch angehoben und sich im Fuß der Klägerin verfangen, weswegen sie zu Sturz gekommen sei. Durch den Sturz habe sie sich auch eine Schädelkontusion sowie schwere Prellungen an der Hand, dem Ellenbogen und dem linken Knie zugezogen. Des Weiteren leide sie weiterhin noch unter einer Nervenschädigung im Augenbereich, wobei ungewiss sei, ob und wann hierbei Heilung eintrete. Der Sturz hätte durch eine entsprechende Sicherung des Gartenschlauches und durch umsichtiges Verhalten des gießenden Mitarbeiters verhindert werden können und müssen.
4
Durch die Beauftragung der Klägervertreterin seien ihr Kosten in Höhe von 255,85 € entstanden.
5
Die Klägerin beantragt:
1.
Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, allerdings nicht unter 2.000,00 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, sowie 255,85 € an vorgerichtliche Kosten zu zahlen.
2.
Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 60,00 € an medizinischen Zuzahlungen zu zahlen.
3.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen Schäden aus dem Unfall vom 12.6.2018 im Hagebaumarkt Eching zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergeht.
6
Die Beklagte beantragt
Klageabweisung.
7
Die Beklagte trug vor, dass die Mitarbeiter die Anweisung hätten, beim Gebrauch der Schläuche auf die Kunden zu achten. Der abgerollte Bewässerungsschlauch habe am Unfalltag im Eingangsbereich gelegen, allerdings nicht quer zum Weg. Die Klägerin sei mit ihrer Sandale am Schlauch hängengeblieben, ohne dass dieser angehoben worden sei. Eine Pflichtverletzung der Beklagten läge nicht vor. Der geforderte Schmerzensgeldbetrag sei überzogen, ein Feststellungsinteresse bestehe nicht.
8
In der mündlichen Verhandlung am 09.10.2019 wurde Beweis erhoben durch Einvernahme der angebotenen Zeugen, zudem wurde die Klägerin angehört. Auf das diesbezügliche Protokoll sowie die gewechselten Schriftsätze wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

9
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
10
Die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass sie durch eine der Beklagten zurechenbare Pflichtverletzung gestürzt war.
11
Unstreitig kam die Klägerin beim Übersteigen eines Gartenschlauches im Baumarkt der Beklagten zu Sturz, wodurch sie sich Verletzungen zuzog. Die Klägerin konnte jedoch nicht nachweisen, dass der Sturz durch ein pflichtwidriges Verhalten von Mitarbeitern der Beklagten erfolgte. Die Klägerin gab hierzu an, dass sie gestürzt sei, da sich der Schlauch in dem Moment, in dem sie den Schlauch übersteigen wollte, gehoben habe, weshalb sie sich in dem Schlauch verfangen habe und zu Sturz gekommen sei. Die einvernommenen Zeugen wurden jedoch erst durch den Sturz der Klägerin auf diese aufmerksam und konnten daher nicht bestätigen, dass der Gartenschlauch sich gehoben habe. Allein aufgrund der Aussage der Klägerin kann eine Verurteilung nicht erfolgen, da diese sich bei der Erinnerung an ihr Sturzgeschehen auch irren könnte. Daher steht nach der Beweisaufnahme nicht fest, dass sich der Schlauch tatsächlich hob.
12
Der am Boden liegende Schlauch stellt in einem Gartenbereich eines Baumarkts keine Verkehrssicherungspflichtverletzung dar, da hiermit zu rechnen ist und der Schlauch auch von der Klägerin und der Zeugin F... wahrgenommen worden war.
13
Doch auch wenn feststünde, dass der Schlauch sich, wie von der Klägerin in ihrer Anhörung beschrieben, hob, läge eine Pflichtverletzung seitens Mitarbeitern der Beklagten nicht vor. Nach Aussage der Klägerin war für sie der Schlauch gut erkennbar. Zudem war für sie erkennbar, dass mit diesem Schlauch gerade gegossen wurde. Nach Ansicht des Gerichts muss in einem Gartencenter, in dem gerade erkennbar mit einem Gartenschlauch Blumen gegossen werden, damit gerechnet werden, dass sich dieser Schlauch jederzeit bewegen kann. Da die Klägerin zudem erkannte, dass unweit ihres Gehweges die Kabeltrommel stand, aus der der Schlauch mit einer gewissen Höhe auf den Boden herabfiel, musste die Klägerin auch damit rechnen, dass der Schlauch durch das Gießen mit dem Schlauch nicht nur auf dem Boden liegend hin und her bewegt wird, sondern sich auch leicht in Höhe der Kabeltrommel anheben kann. Ein solches Anheben beschrieb die Klägerin in ihrer Anhörung, nicht jedoch ein weiteres Anheben, mit dem nicht mehr gerechnet werden müsste. Das Verfangen in dem Gartenschlauch unterfällt damit dem allgemeinen Lebensrisiko, eine Sicherung des Schlauches vor dieser Gefahr ist in einem Gartencenter während der Bewässerung der Blumen nicht zu erwarten.
14
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
15
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 ZPO.