Inhalt

LG München II, Urteil v. 05.06.2020 – 3 KLs 46 Js 9780/19 (2)
Titel:

Strafzumessung und Kriterien für minder schweren Fall bei gewerbsmäßiger Betäubungsmittelabgabe an Minderjährige

Normenketten:
BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
StGB § 54 Abs. 1 S. 3
Leitsätze:
1. Ob ein minder schwerer Fall vorliegt, ist im Wege einer Gesamtabwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte festzustellen. Er ist gegeben, wenn die Gesamtwürdigung ergibt, dass die Tat sich so deutlich von gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint (ebenso BGH BeckRS 1998, 30040548).   (Rn. 50, 54, 58, 62, 66 und 70) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es spricht für einen minder schweren Fall, dass der Angeklagte nicht vorbestraft ist, selbst Konsument war, jeweils nur ein bis zwei Konsumeinheiten verkaufte, geständig war, sich entschuldigte sowie dass sich Marihuana am unteren Rand der Gefährlichkeit bewegt (ebenso zur Gefährlichkeit von Marihuana BGH BeckRS 2020, 6555 Rn. 11 mwN; zum Erfordernis des beträchtlichen Überwiegens mildernder Umstände für einen minder schweren Fall BGH BeckRS 2019, 6451).  (Rn. 50, 54, 58, 62, 66 und 70) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es spricht gegen den Angeklagten und damit gegen einen minderschweren Fall, wenn ein Betäubungsmittelempfänger erst 14, 15 oder 16 Jahre alt war. Dies schließt aber den minder schweren Fall nicht aus, da nicht nur der Minderjährigenschutz, sondern auch zu beachten ist, dass auch für Fälle der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige ausdrücklich ein minder schwerer Fall geschaffen wurde. (Rn. 50, 54, 58, 66 und 70) (redaktioneller Leitsatz)
4. Das noch kindliche Alter des Betäubungsmittelempfängers (hier: 13 Jahre) kann nach der gebotenen Gesamtabwägung zur Ablehnung eines minder schweren Falls führen. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)
5. Bei Bemessung der Gesamtstrafe ist eine den Taten innewohnende Wiederholungsdynamik, ein enger räumlich-zeitlicher und motivationaler Zusammenhang der Taten sowie eine kleinere in den Verkehr gebrachte Rauschgiftmenge zugunsten, eine Vielzahl jugendlicher Abnehmer und das Kindesalter von Abnehmern zulasten des Angeklagten zu werten. (Rn. 74) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, gewerbsmäßig, minder schwerer Fall, Gesamtwürdigung, Minderjährigenschutz, Marihuana, Alter, Konsumeinheit, Strafzumessung
Vorinstanzen:
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 18.12.2019 – 1 StR 553/19
LG München II vom 02.08.2019 – 3 KLs 46 Js 9780/19 (2)
Fundstelle:
BeckRS 2019, 37167

Tenor

I. Der Angeklagte ist schuldig der unerlaubten gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 31 Fällen.
II. Er wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt.
III. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der durch sein erfolgreich eingelegtes Rechtsmittel entstandenen Kosten sowie der damit verbundenen notwenigen Auslagen des Angeklagten. Diese fallen der Staatskasse zur Last.
Angewandte Vorschriften: § 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage I zum BtMG, §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 29a Abs. 1 Nr. 1, 30 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BtMG, § 53 StGB.

Entscheidungsgründe

A.
1
Verfahrensgang:
2
I. Am 02.08.2019 hat die 2. Strafkammer des Landgerichts München II den Angeklagten mit folgendem Tenor verurteilt:
3
I. Der Angeklagte, geboren am 00.00.1990, ist schuldig der gewerbsmäßigen unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahre an eine Person unter 18 Jahren in 31 Fällen.
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II. Er wird deswegen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren und 9 Monaten verurteilt.
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III. Die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von EUR 455 wird angeordnet.
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IV. Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
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Angewandte Vorschriften:
§§ 1 Abs. 1 i.V.m. Anlage I zum BtMG, 3 Abs. 1 Nr.1, 29a Abs. 1 Nr.1, 30 Abs. 1 Nr.2 BtMG, §§ 53, 73, 73c StGB Dieses Urteil wurde mit der Revision des Angeklagten angegriffen.
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II. Am 18.12.2019 hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs einen Beschluss mit folgendem Tenor erlassen:
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1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 02.August 2019 im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
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2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
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3. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
B.
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Feststellungen zu persönlichen Verhältnissen:
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Die 2. Kammer des Landgerichts München II hat in ihrem Urteil die folgenden Feststellungen über die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten, die der Angeklagte im hiesigen Hauptverhandlungstermin für richtig erklärte, getroffen:
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I. Werdegang, wirtschaftliche Verhältnisse, Vorstrafen
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1. Der ledige und kinderlose Angeklagte wurde am 10.01.1990 in Oki (Nigeria) geboren und wuchs bei seinen Eltern auf. Er hat keine Geschwister. Der Vater des Angeklagten war selbständiger Maler- und Anstreicher. Die Mutter war Hausfrau. Der Angeklagte wurde im Alter von 6 Jahren eingeschult und besuchte für 9 Jahre die Schule bis zum Jahr 2006. Anschließend war er für ca. 2 Jahre im Malergeschäft seines Vaters tätig. Sodann spielte er in einer professionellen Fußballmannschaft, mit der er durch das Land reiste.
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2014 wurde der Vater des Angeklagten in Nigeria getötet. Der Angeklagte entschloss sich mit seiner Mutter zur Flucht über Lybien nach Europa. Die Mutter bezahlte hierfür in Nigeria einen Betrag in Höhe von ca. EUR 4.000 pro Person an eine Schlepperorganisation. Auf der Flucht wurde die Mutter des Angeklagten zusammen mit weiteren Personen der Flüchtlingsgruppe in einer Wüste nahe Tripolis durch Kriminelle getötet, die Geld forderten. Der Angeklagte konnte flüchten. Er lebte anschließend für einige Monate in einem Flüchtlingslager in Tripolis, bis es ihm gelang, mit einem Schlauchboot nach Lampedusa überzusetzen. Er blieb sodann für ca. 4 Monate in Sizilien und reiste nach dieser Zeit weiter mit dem Bus nach München, wo er am 28.11.2016 eintraf und Antrag auf Gewährung von Asyl stellte. Mit Bescheid vom 17.06.2017 wurde der Asylantrag des Angeklagten abgelehnt. Der Angeklagte reiste in der Folgezeit in die Schweiz aus. In Lausanne befand er sich für ca. 3 Monate bis November 2017 in einer psychiatrischen Klinik, wo er wegen Depressionen und Alpträumen aufgrund seiner Erlebnisse auf der Flucht von Nigeria nach Europa behandelt wurde. Nach seinem Klinikaufenthalt in der Schweiz wurde er nach Deutschland zurückgeführt und lebte seit dieser Zeit bis zu seiner Festnahme am 03.12.2018 in der Flüchtlingsunterkunft L1. straße 7, 8... G1. im Abrams - Komplex. Dort stellte er am 17.11.2017 erneut einen Asylantrag, der mit Datum vom 06.08.2018 abgelehnt wurde. Die Aufenthaltsgestattung des Angeklagten ist seit dem 17.06.2017 erloschen. Mit Bescheiden vom 31.05.2017 und 20.11.2017 wurde ihm die Abschiebung angedroht. Mit Bescheiden vom 27.03.2018, 29.05.2018, 02.07.2018, 30.08.2018, 10.09.2018 und 02.10.2018 wurde dem Angeklagten jeweils eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 S.1 AufenthG wegen fehlender Reisedokumente erteilt und diese jeweils auf ca. 6 Wochen begrenzt.
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Der Angeklagte beherrscht neben seiner nigerianischen Muttersprache eine auf dem Englischen basierende Pidginsprache. Der deutschen Sprache war er auch zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung weder aktiv noch passiv mächtig und besitzt auch keine Grundkenntnisse.
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2. Der Angeklagte erhielt zuletzt eine monatliche Geldzahlung in Höhe von EUR 120 durch das Ausländeramt. Durch das Einsammeln und die Rückgabe von Leergut erzielte der Angeklagte weitere unregelmäßige geringe Einkünfte.
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3. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
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II. Gesundheitliche Situation
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Im Zeitraum von ca. August 2018 bis ca. November 2018 befand sich der Angeklagte in einem psychiatrischen Krankenhaus in Lausanne (Schweiz) zur Behandlung seiner Depressionen, Alpträume und sog. Flashbacks, die er aufgrund der Ereignisse um den Tod seiner Eltern und der Erlebnisse auf der Flucht erlitten hat.
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Eine schwere affektive Störung mit psychotischen Symptomen, die Einfluss auf seine strafrechtliche Verantwortlichkeit haben könnte, liegt hier nicht vor. Der Angeklagte hat im Übrigen keine schweren Unfälle oder Krankheiten, die Einfluss auf seine strafrechtliche Verantwortlichkeit haben könnten, erlitten. Er ist körperlich gesund.
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III. Betäubungsmittelkonsum
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Der Angeklagte begann im Alter von 15 Jahren in Nigeria, Marihuana zu rauchen. Im Alter von 17 Jahren beendete er den Marihuanakonsum, da dieser mit seinem Leben als Fußballer nicht vereinbar war.
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Nach seiner Ankunft in Deutschland im Jahr 2016 begann er erneut, Marihuana zu konsumieren und steigerte diesen Konsum auf mehrere Joints täglich. Zusätzlich nahm er gelegentlich Quetiapin ein, das ihm in der psychiatrischen Klinik in Lausanne verschrieben worden war. Bei seiner Entlassung waren ihm Tabletten mitgegeben worden.
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Alkohol konsumierte der Angeklagte ab dem Alter von 15 Jahren gelegentlich. Im letzten Jahr vor seiner Inhaftierung im vorliegenden Verfahren konsumierte er nahezu täglich Wodka und zum Teil zusätzlich bis zu 5 Flaschen Bier.
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IV. Haftdaten
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Der Angeklagte wurde am 03.12.2018 aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 28.11.2018 (ER I Gs 10034/18) festgenommen und befindet sich seit diesem Tag in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt München Stadelheim.
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Darüber hinaus konnte die 3. Kammer folgende weitere Feststellungen treffen:
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Der Angeklagte ist der deutschen Sprache weiter nicht mächtig. Er nimmt in der Untersuchungshaft weiter Tabletten, die er nicht näher bezeichnen kann, gegen seine Depressionen ein. Seine Zukunft stellt er sich besser vor. Wenn er nicht in Deutschland bleiben kann, würde er sich lieber umbringen, als Deutschland zu verlassen.
C.
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Bindende Feststellungen zum strafbaren Verhalten des Angeklagten Die 2. Kammer des Landgerichts München II hat in ihrem Urteil die folgenden Feststellungen über das strafrechtlich relevante Verhalten des Angeklagten, die für die 3. Kammer bindend waren, getroffen:
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I I. Der am 10.01.1990 geborene Angeklagte betrieb in den Sommermonaten des Jahres 2018 bis November 2018 auf dem Gebiet des Marktes G einen schwunghaften Handel mit Marihuana, obwohl er, wie er wusste, nicht die für den Umgang mit Betäubungsmitteln erforderliche Erlaubnis besaß. Die Übergaben an seine im Folgenden benannten jugendlichen Abnehmer fanden durch den Angeklagten jeweils im Bereich des über die Loisach führenden, zwischen dem R.weg und der B.straße gelegenen, T-K-Stegs statt. Dieser befindet sich nahe des im sog. Abrams-Komplex befindlichen Asylantenheims, in dem der Angeklagten wohnte. Durch den Verkauf von Betäubungsmitteln an Jugendliche verschaffte sich der erwerbslose Angeklagte eine Einnahmequelle von gewisser Dauer und Umfang. Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Fälle:
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1. Am 05.11.2018 zwischen 12:45 Uhr und 15:00 Uhr verkaufte und übergab der Angeklagte an den am 11.09.2003 geborenen und zur Tatzeit 15 Jahre alten anderweitig Verfolgten A U eine Menge von 1 Gramm Marihuana zu einem Verkaufspreis von EUR 10. Zuvor hatte der Zeuge U. über die ihm bekannte Handynummer des Angeklagten mit diesem Kontakt aufgenommen und die Marihuanabestellung aufgegeben. Der Angeklagte übergab ihm das Marihuana an dem vereinbarten Treffpunkt an der Loisachbrücke, zu dem er mit dem Fahrrad aus Richtung seiner Asylunterkunft in der L1. straße 7 in Garmisch-Partenkirchen fuhr. Durch den Verkauf wollte der Angeklagte Gewinn erzielen und erzielte ihn auch.
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2. Bei mindestens 5 im Einzelnen nicht näher bestimmbaren, jedenfalls an verschiedenen Tagen liegenden Zeitpunkten in den Sommerferien 2018 (30.07.2018 bis 10.09.2018) verkaufte und übergab der 28 Jahre alte Angeklagte jeweils aufgrund eines gesonderten Tatentschlusses in G im Bereich des T-K-S bzw. der angrenzenden Wiese an der Loisach dem am 05.11.2002 geborenen und zu diesen Zeitpunkten 15 Jahre alten anderweitig Verfolgten L S jeweils eine Menge von 1 Gramm Marihuana zu einem Kaufpreis von EUR 10. Der Zeuge L. S. kontaktierte den Angeklagten jeweils zur Anbahnung des Geschäfts telefonisch, nachdem ihm der Angeklagte zuvor zur Deckung seines Rauschmittelbedarfs seine Handynummer im Kurpark auf einer Karte notiert übergeben und ihm seinen Namen “Hillary” genannt hatte.
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Durch den Verkauf wollte der Angeklagte Gewinn erzielen und erzielte ihn auch.
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3. Am Abend des 21.11.2018 gegen 17 Uhr verkaufte der Angeklagte dem anderweitig Verfolgten Leonardo Schwatz, der zur Tatzeit 16 Jahre alt war, ein Gramm Marihuana zu einem Kaufpreis von EUR 10. Die Übergabe fand durch den Angeklagten an der Loisachbrücke statt. Zuvor hatte der Zeuge S. das Marihuana telefonisch am gleichen Tag in der Mittagszeit bei dem Angeklagten bestellt.
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Durch den Verkauf wollte der Angeklagte Gewinn erzielen und erzielte ihn auch.
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4. Bei mindestens 4 im Einzelnen nicht näher bestimmbaren Zeitpunkten an unterschiedlichen Tagen in den Sommerferien 2018 zwischen dem 30.07.2018 und dem 10.09.2018 verkaufte der Angeklagte dem anderweitig Verfolgten J W jeweils 1 Gramm Marihuana zu einem Grammpreis von EUR 10. Der Zeuge W. ist am 13.09.2004 geboren. Zur Tatzeit war er 13 Jahre alt. Der Zeuge W. rief den Angeklagten jeweils zuvor auf dessen Handynummer an, die er von seinen Freunden, den anderweitig Verfolgten G, U und S erhalten hatte und gab die Marihuanabestellung auf. Die Übergaben fanden im Anschluss durch den Angeklagten auf der Loisachbrücke, dem T K-S, statt.
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Durch den Verkauf wollte der Angeklagte Gewinn erzielen und erzielte ihn auch.
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5. Zu drei unterschiedlichen nicht näher bestimmbaren Zeitpunkten an unterschiedlichen Tagen in den Sommerferien zwischen dem 30.07.2018 und dem 10.09.2018 verkaufte und übergab der Angeklagte dem am 17.12.2003 geborenen und zur Tatzeit 14 Jahre alten anderweitig Verfolgten P F jeweils ½ Gramm Marihuana zu einem Verkaufspreis von EUR 5 am TK- S. Zu einem weiteren nicht näher bekannten Zeitpunkt im Oktober 2018 verkaufte und übergab der Angeklagte dem Zeugen F1. 1 Gramm Marihuana zu einem Verkaufspreis von EUR 10. Der Verkauf und die Übergabe fanden auch hier an der Loisachbrücke am R.weg statt. Der Angeklagte hatte zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt im Sommer 2018 dem Zeugen F1. seine Handynummer übergeben für den Fall, dass dieser Marihuana erwerben wolle. Die einzelnen Geschäfte wurden jeweils auf Anruf des Zeugen hin vereinbart und als Treffpunkt für die Übergabe der TK- Steg zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen vereinbart.
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Der Angeklagte wollte auch durch diese Verkäufe Gewinn erzielen und erzielten ihn auch.
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6. Zu mindestens 16 im Einzelnen nicht näher bestimmbaren, jedenfalls an verschiedenen Tagen liegenden Zeitpunkten zwischen dem 12.07.2018 und dem 12.09.2018 verkaufte und übergab der Angeklagte dem am 04.04.2003 geborenen und damit zur Tatzeit 15 Jahre alten K G jeweils 2 Gramm Marihuana zu einem Grammpreis von EUR 10. Die Verkäufe fanden ca. 2 Mal wöchentlich statt. Zu diesem Zweck rief der Zeuge G, der die Handynummer des Angeklagten unter “1dealer” in seinem Handy eingespeichert hatte, diesen an, um ihn zu fragen, “ob er Zeit habe”. Der Angeklagte rief den Zeugen zurück, wenn er eine Lieferung durchführen konnte und übergab dem Zeugen G in der Folgezeit an der Loisachbrücke oder im Bereich der angrenzenden Wiese die jeweils gewünschte Menge von mindestens 2 Gramm Marihuana zu einem Kaufreis von EUR 20.
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Der Angeklagte wollte durch diese Verkäufe Gewinn erzielen und erzielte ihn auch.
44
Das tatsächliche Alter der Jugendlichen U, S, W, F und G nahm der Angeklagte dabei zumindest billigend in Kauf. Das Betäubungsmittel hatte, wie der Angeklagte ebenfalls zumindest billigend in Kauf nahm, in allen Fällen jeweils einen Wirkstoffgehalt von jedenfalls 5% THC. Sichere Feststellungen zu eventuellen Erwerbsvorgängen von Betäubungsmitteln durch den Angeklagten im Zeitraum Juli bis November 2018 hat die Kammer nicht treffen können.
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II. Der Angeklagte war zu den Tatzeitpunkten jeweils voll schuldfähig. Eine Beeinträchtigung oder Aufhebung der Einsichtsfähigkeit lag nicht vor. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit aufgrund vorangegangenen Betäubungsmittelkonsums gemäß § 21 StGB lag ebenfalls nicht vor.
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D. Beweiswürdigung
Die Feststellungen der 2. Kammer des Landgerichts München II hinsichtlich des Tatgeschehens sind insoweit bindend, sodass eine Beweiswürdigung zu diesem Punkt entfällt. Das Urteil und der Beschluss des BGH sowie ein aktueller Auszug aus dem BZR wurden verlesen. Die weiteren Feststellungen konnte die Kammer aufgrund der Verteidigererklärung und der ergänzenden Angaben des Angeklagten sowie zu den persönlichen Verhältnissen aus dem verlesenen Urteil, das der Angeklagte als richtig bestätigte, treffen. Zudem räumte der Angeklagte den von der 2. Kammer des Landgerichts München II festgestellten Sachverhalt vollumfänglich ein und entschuldigte sich in seinem letzten Wort für seine Taten. Er habe das Gesetz nicht gekannt und sich erst in der Haft mit dem Gesetz auseinandergesetzt. Über die Gefährlichkeit der Drogen für Minderjährige habe er während der Tat nicht nachgedacht.
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E. Rechtliche Würdigung
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Der Angeklagte hat sich aufgrund des von der 2. Kammer des Landgerichts München II unter B. festgestellten Sachverhalts (hier Punkt C. des Urteils) wegen unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 31 Fällen strafbar gemacht. Dieser Schuldspruch steht aufgrund des Beschlusses des Bundesgerichtshofs in Verbindung mit dem Urteil der zweiten Kammer des Landgerichts München II fest.
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F. Strafzumessung
I. Taten C.I.1 (Urteil des Landgerichts München II vom 02.08.2019 Ziffer B. I. 1.)
50
1. Der Strafrahmen für den Verkauf von Betäubungsmitteln an den 15-jährigen Zeugen U. ist zunächst aus § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG zu entnehmen, der eine Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren vorsieht. Vorliegend ist zu prüfen, ob hier ein minder schwerer Fall im Sinne des Abs. 2 und der hieraus sich ergebende Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren anzunehmen ist. Ob vorliegend ein minder schwerer Fall gegeben ist, ist im Wege einer Gesamtabwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte festzustellen. Für den Angeklagten war zu berücksichtigen, dass er bisher nicht vorbestraft ist, dass er selbst Konsument war und dass es sich bei Marihuana um ein Betäubungsmittel handelt, das sich am unteren Rand der Gefährlichkeit bewegt. Weiter war zu berücksichtigen, dass jeweils nur eine Konsumeinheit durch den Angeklagten verkauft wurde. Zudem waren das Geständnis und die Entschuldigung des Angeklagten für ihn zu berücksichtigen. Gegen den Angeklagten spricht vorliegend, dass der Zeuge U. zum Zeitpunkt des Erwerbs der Betäubungsmittel erst 15 Jahre alt war. Die Abwägung aller dieser für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte führt dazu, dass die Kammer hier die Anwendung des minder schweren Falles mit dem Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe für gegeben erachtet, da die Gesamtwürdigung ergibt, dass die Tat sich so deutlich von den gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens hier geboten erscheint. Hierbei ist zwar auf der einen Seite der Minderjährigenschutz zu beachten, gleichwohl wurde auch für die Fälle der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige ausdrücklich ein minder schwerer Fall geschaffen und nach Ansicht der Kammer handelt es sich unter Abwägung aller oben genannten Umstände um einen Fall, in dem die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint.
51
Daher ist der vorliegend für diese Tat anzuwendende Strafrahmen drei Monate bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.
52
2. Innerhalb dieses Strafrahmens waren sämtliche für und gegen den Angeklagten sprechenden oben genannten Gesichtspunkte erneut abzuwägen. Insbesondere unter Berücksichtigung des Alters des Zeugen U. hielt die Kammer hier eine Freiheitsstrafe von einem Jahr für tat- und schuldangemessen.
53
II. Taten C. I. 2. (Urteil des Landgerichts München II vom 02.08.2019 Ziffer B. I. 2.)
54
1. Der Strafrahmen für die Verkäufe von Betäubungsmitteln an den 15-jährigen Zeugen S. ist zunächst aus § 30 Abs. 1 Nummer 2 BtMG zu entnehmen, der eine Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren vorsieht. Vorliegend ist zu prüfen, ob hier ein minder schwerer Fall im Sinne des Abs. 2 anzunehmen und der hieraus sich ergebende Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren anzunehmen ist. Ob vorliegend ein minder schwerer Fall gegeben ist, ist im Wege einer Gesamtabwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte festzustellen. Für den Angeklagten war zu berücksichtigen, dass er bisher nicht vorbestraft ist, dass er selbst Konsument war und dass es sich bei Marihuana um ein Betäubungsmittel handelt, das sich am unteren Rand der Gefährlichkeit bewegt. Weiter war zu berücksichtigen, dass jeweils nur eine Konsumeinheit durch den Angeklagten verkauft wurde. Zudem waren das Geständnis und die Entschuldigung des Angeklagten für ihn zu berücksichtigen. Gegen den Angeklagten spricht vorliegend, dass der Zeuge S. zum Zeitpunkt des Erwerbs der Betäubungsmittel erst 15 Jahre alt war. Die Abwägung aller dieser für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte führt dazu, dass die Kammer hier die Anwendung des minder schweren Falles mit dem Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe für gegeben erachtet, da die Gesamtwürdigung ergibt, dass die Tat sich so deutlich von den gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens hier geboten erscheint. Hierbei ist zwar auf der einen Seite der Minderjährigenschutz zu beachten, gleichwohl wurde auch für die Fälle der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige ausdrücklich ein minder schwerer Fall geschaffen und nach Ansicht der Kammer handelt es sich unter Abwägung aller oben genannten Umstände um einen Fall, in dem die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint.
55
Daher ist der vorliegend für diese Taten anzuwendende Strafrahmen drei Monate bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.
56
2. Innerhalb dieses Strafrahmens waren sämtliche für und gegen den Angeklagten sprechenden oben genannten Gesichtspunkte erneut abzuwägen. Insbesondere unter Berücksichtigung des Alters des Zeugen S. hielt die Kammer hier jeweils eine Freiheitsstrafe von einem Jahr für tat- und schuldangemessen.
57
III. Tat C. I. 3. (Urteil des Landgerichts München II vom 02.08.2019 Ziffer B. I. 3.)
58
1. Der Strafrahmen für den Verkauf von Betäubungsmitteln an den 16-jährigen Zeugen S. ist zunächst aus § 30 Abs. 1 Nummer 2 BtMG zu entnehmen, der eine Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren vorsieht. Vorliegend ist zu prüfen, ob hier ein minder schwerer Fall im Sinne des Abs. 2 anzunehmen und der hieraus sich ergebende Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren anzunehmen ist. Ob vorliegend ein minder schwerer Fall gegeben ist, ist im Wege einer Gesamtabwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte festzustellen. Für den Angeklagten war zu berücksichtigen, dass er bisher nicht vorbestraft ist, dass er selbst Konsument war und dass es sich bei Marihuana um ein Betäubungsmittel handelt, das sich am unteren Rand der Gefährlichkeit bewegt. Weiter war zu berücksichtigen, dass jeweils nur eine Konsumeinheit durch den Angeklagten verkauft wurde. Zudem waren das Geständnis und die Entschuldigung des Angeklagten für ihn zu berücksichtigen. Gegen den Angeklagten spricht vorliegend, dass der Zeuge S. zum Zeitpunkt des Erwerbs der Betäubungsmittel erst 16 Jahre alt war. Die Abwägung aller dieser für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte führt dazu, dass die Kammer hier die Anwendung des minder schweren Falles mit dem Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe für gegeben erachtet, da die Gesamtwürdigung ergibt, dass die Tat sich so deutlich von den gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens hier geboten erscheint. Hierbei ist zwar auf der einen Seite der Minderjährigenschutz zu beachten, gleichwohl wurde auch für die Fälle der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige ausdrücklich ein minder schwerer Fall geschaffen und nach Ansicht der Kammer handelt es sich unter Abwägung aller oben genannten Umstände um einen Fall, in dem die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint.
59
Daher ist der vorliegend für diese Taten anzuwendende Strafrahmen drei Monate bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.
60
2. Innerhalb dieses Strafrahmens waren sämtliche für und gegen den Angeklagten sprechenden oben genannten Gesichtspunkte erneut abzuwägen. Insbesondere unter Berücksichtigung des Alters des Zeugen S. hielt die Kammer hier eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten für tat- und schuldangemessen
61
IV. Taten C. I. 4. (Urteil des Landgerichts München II vom 02.08.2019 Ziffer B. I. 4.)
62
1. Der Strafrahmen für die Verkäufe von Betäubungsmitteln an den 13-jährigen Zeugen W. ist zunächst aus § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG zu entnehmen, der eine Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren vorsieht. Vorliegend ist zu prüfen, ob hier ein minder schwerer Fall im Sinne des Abs. 2 und der hieraus sich ergebende Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren anzunehmen ist. Ob vorliegend ein minder schwerer Fall gegeben ist, ist im Wege einer Gesamtabwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte festzustellen. Für den Angeklagten war zu berücksichtigen, dass er bisher nicht vorbestraft ist, dass er selbst Konsument war und dass es sich bei Marihuana um ein Betäubungsmittel handelt, das sich am unteren Rand der Gefährlichkeit bewegt. Weiter war zu berücksichtigen, dass jeweils nur eine Konsumeinheit durch den Angeklagten verkauft wurde. Zudem waren das Geständnis und die Entschuldigung des Angeklagten für ihn zu berücksichtigen. Gegen den Angeklagten spricht vorliegend, dass der Zeuge W. zum Zeitpunkt des Erwerbs der Betäubungsmittel erst 13 Jahre alt war. Die Abwägung aller dieser für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte führt dazu, dass die Kammer hier die Anwendung des minder schweren Falles mit dem Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe nicht für gegeben erachtet, da die Gesamtwürdigung insbesondere aufgrund des noch kindlichen Alters des Zeugen W. ergibt, dass sich die Tat nicht so deutlich von den gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens hier geboten erscheint.
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Es verbleibt daher bei dem Strafrahmen von zwei bis 15 Jahren Freiheitsstrafe.
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2. Innerhalb dieses Strafrahmens waren sämtliche für und gegen den Angeklagten sprechenden oben genannten Gesichtspunkte erneut abzuwägen. Insbesondere unter Berücksichtigung des Alters des Zeugen W. hielt die Kammer hier jeweils für jede der vier Taten eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten für tat- und schuldangemessen.
65
V. Taten C.I.5. (Urteil des Landgerichts München II vom 02.08.2019 Ziffer B. I. 5.)
66
1. Der Strafrahmen für den Verkauf von Betäubungsmitteln an den 14-jährigen Zeugen F ist zunächst aus § 30 Abs. 1 Nummer 2 BtMG zu entnehmen, der eine Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren vorsieht. Vorliegend ist zu prüfen, ob hier ein minder schwerer Fall im Sinne des Abs. 2 anzunehmen und der hieraus sich ergebende Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren anzunehmen ist. Ob vorliegend ein minder schwerer Fall gegeben ist, ist im Wege einer Gesamtabwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte festzustellen. Für den Angeklagten war zu berücksichtigen, dass er bisher nicht vorbestraft ist, dass er selbst Konsument war und dass es sich bei Marihuana um ein Betäubungsmittel handelt, das sich am unteren Rand der Gefährlichkeit bewegt. Weiter war zu berücksichtigen, dass jeweils nur eine bzw. in drei Fällen lediglich eine halbe Konsumeinheit durch den Angeklagten verkauft wurde. Zudem waren das Geständnis und die Entschuldigung des Angeklagten für ihn zu berücksichtigen. Gegen den Angeklagten spricht vorliegend, dass der Zeuge S. zum Zeitpunkt des Erwerbs der Betäubungsmittel erst 14 Jahre alt war. Die Abwägung aller dieser für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte führt dazu, dass die Kammer hier die Anwendung des minder schweren Falles mit dem Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe für gegeben erachtet, da die Gesamtwürdigung ergibt, dass die Tat sich so deutlich von den gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens hier geboten erscheint. Hierbei ist zwar auf der einen Seite der Minderjährigenschutz zu beachten, gleichwohl wurde auch für die Fälle der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige ausdrücklich ein minder schwerer Fall geschaffen und nach Ansicht der Kammer handelt es sich unter Abwägung aller oben genannten Umstände um einen Fall, in dem die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint.
67
Daher ist der vorliegend für diese Taten anzuwendende Strafrahmen drei Monate bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.
68
2. Innerhalb dieses Strafrahmens waren sämtliche für und gegen den Angeklagten sprechenden oben genannten Gesichtspunkte erneut abzuwägen. Insbesondere unter Berücksichtigung des Alters des Zeugen F, der fast noch ein Kind war, hielt die Kammer hier jeweils eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten für tat- und schuldangemessen
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VI. Tat D. I. 6. (Urteil des Landgerichts München II vom 02.08.2019 Ziffer B. I. 6.)
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1. Der Strafrahmen für den Verkauf von Betäubungsmitteln an den 15-jährigen Zeugen G ist zunächst aus § 30 Abs. 1 Nummer 2 BtMG zu entnehmen, der eine Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren vorsieht. Vorliegend ist zu prüfen, ob hier ein minder schwerer Fall im Sinne des Abs. 2 anzunehmen und der hieraus sich ergebende Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren anzunehmen ist. Ob vorliegend ein minder schwerer Fall gegeben ist, ist im Wege einer Gesamtabwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte festzustellen. Für den Angeklagten war zu berücksichtigen, dass er bisher nicht vorbestraft ist, dass er selbst Konsument war und dass es sich bei Marihuana um ein Betäubungsmittel handelt, das sich am unteren Rand der Gefährlichkeit bewegt. Weiter war zu berücksichtigen, dass jeweils nur zwei Konsumeinheiten durch den Angeklagten verkauft wurden. Zudem waren das Geständnis und die Entschuldigung des Angeklagten für ihn zu berücksichtigen. Gegen den Angeklagten spricht vorliegend, dass der Zeuge G zum Zeitpunkt des Erwerbs der Betäubungsmittel erst 15 Jahre alt war. Die Abwägung aller dieser für und gegen den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte führt dazu, dass die Kammer hier die Anwendung des minder schweren Falles mit dem Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe für gegeben erachtet, da die Gesamtwürdigung ergibt, dass die Tat sich so deutlich von den gewöhnlich vorkommenden Fällen abhebt, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens hier geboten erscheint. Hierbei ist zwar auf der einen Seite der Minderjährigenschutz zu beachten, gleichwohl wurde auch für die Fälle der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige ausdrücklich ein minder schwerer Fall geschaffen und nach Ansicht der Kammer handelt es sich unter Abwägung aller oben genannten Umstände um einen Fall, in dem die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint.
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Daher ist der vorliegend für diese Taten anzuwendende Strafrahmen drei Monate bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.
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2. Innerhalb dieses Strafrahmens waren sämtliche für und gegen den Angeklagten sprechenden oben genannten Gesichtspunkte erneut abzuwägen. Insbesondere unter Berücksichtigung des Alters des Zeugen G und der etwas erhöhten Abgabemenge hielt die Kammer hier jeweils eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten für tat- und schuldangemessen.
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VII. Gesamtstrafenbildung
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Gemäß § 54 Satz 2 StGB ist eine Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe zu bilden. Unter nochmaliger Abwägung aller im Einzelnen geschilderten oben genannten Strafzumessungsgesichtspunkte erkannte die Kammer gem. § 54 StGB unter Erhöhung der verwirkten höchsten Einsatzstrafe von zwei Jahren drei Monaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten. Zugunsten des Angeklagten wurden dabei insbesondere die dem verfahrensgegenständlichen Handeltreiben innewohnende Wiederholungsdynamik sowie der relativ enge räumlich-zeitliche und der enge motivationale Zusammenhang der verfahrensgegenständlichen Taten berücksichtigt. Weiter war die gesamt in den Verkehr gebrachte Menge von 45,5 Gramm zu berücksichtigen. Zu Lasten des Angeklagten war die Vielzahl von jugendlichen Abnehmern, von denen zumindest einer noch ein Kind war, zu werten.
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I. Kosten
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1, 465 Abs. 1, 473 Abs. 1, Abs. 4 StPO. Gemäß § 473 Abs. 4 StPO hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten, wenn das Rechtsmittel teilweise Erfolg hat. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten. Da vorliegend die Revision des Angeklagten insoweit Erfolg hat, dass die Freiheitsstrafe erheblich reduziert wurde, waren die insofern durch die Revision entstandenen Kosten und notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen.