Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 27.02.2019 – B 4 K 17.995
Titel:

Erhebung von Vorauszahlungen - Kosten für Straßenentwässerungseinrichtungen einer Gemeinde

Normenketten:
KAG 2017 Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 5 Abs. 5, Art. 13 Abs. 1, Art. 19 Abs. 8
BayVwVfG Art. 80 Abs. 1 S. 2
AO § 44, § 91, § 121 Abs. 1, § 126 Abs. 1
ABS § 1 Abs. 1, § 1 Abs. 3 Nr. 1, § 7 Abs. 3
AO § 44, § 91 Abs. 1, § 126
Leitsätze:
1. Eine beitragsfähige Verbesserung liegt vor, wenn sich der Zustand der Einrichtung nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht von ihrem ursprünglichen Zustand im Zeitpunkt der erstmaligen Herstellung in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf ihre Benutzbarkeit hat. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Entscheidung, Vorauszahlungen zu erheben, ist als innerdienstlicher Ermessensakt und regelmäßig als einfaches Geschäft der laufenden Verwaltung zu qualifizieren. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Erneuerung einer Straße zählen die anteiligen Kosten für die Straßenentwässerungseinrichtungen zum beitragsfähigen Aufwand. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
4. Im Straßenausbaubeitragsrecht ist der formelle Grundstücksbegriff maßgeblich; einzubeziehen ist der volle Umfang der Buchgrundstücke. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorauszahlung auf einen Straßenausbaubeitrag, Verbesserung, Buchgrundstücksbegriff, Gesamtschuldner, Kosten des Widerspruchsbescheids, Bebauungsplan, Gemeinde, Ausbaubeitrag, Vorauszahlung, Kosten, Straßenentwässerung, Beitragsschuldner
Fundstelle:
BeckRS 2019, 35339

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten um eine Vorauszahlung auf einen Straßenausbaubeitrag.
2
Mit Bescheid vom 10.05.2016 zog die Beklagte den Kläger für das 1.003 qm große Grundstück Fl.-Nr. aaaa/34, Gemarkung B., zu einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von 9.855,36 EUR für die Ausbaumaßnahme … heran. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Ausbau der Anlagen verursache einen voraussichtlichen Ausbauaufwand in Höhe von rund 286.000,00 EUR. Von diesem Aufwand hätten die Anlieger rund 170.000,00 EUR zu tragen. Hiervon würden 70% als Vorauszahlung erhoben. Der Beitragssatz betrage 7,55837094 EUR/qm. Der Beitrag könne in vier Raten bezahlt werden. Bei zwei Vollgeschossen sei ein Nutzungsfaktor für die Berechnung von 1,3 anzusetzen. Rechtsgrundlage für das Erheben der Vorauszahlung sei Art. 5 Abs. 5 KAG i.V.m. der Straßenausbaubeitragssatzung (ABS) der Beklagten vom 13.01.2010.
3
Gegen diesen Bescheid erhob die Bevollmächtigte des Klägers am 02.06.2016 Widerspruch, der mit Schreiben vom 07.10.2016 begründet wurde. Es wurde das Fehlen einer ordnungsgemäßen Anhörung und einer erforderlichen Ermessensausübung gerügt. Die Beitragshöhe sei fehlerhaft berechnet worden. Der Ausbaubeitrag sei für die Verbesserung der Teileinrichtungen Fahrbahn, Gehweg und Straßenentwässerung erhoben worden. Dabei sei der Tatbestand der Verbesserung bezüglich der Straßenentwässerung und des Gehwegs bereits nicht gegeben. Bei der Reparatur des Mischwasserkanals im Inliner-Verfahren handle es sich nur um eine Unterhaltungsmaßnahme ohne Verbesserung des Abflusses des Straßenwassers. Vielmehr führe die Verringerung des Querschnitts des Kanals zu einer Verschlechterung. Der Gehweg sei erheblich verschmälert worden. Er habe sich vor der Maßnahme auf beiden Seiten der Straße befunden, werde in Zukunft aber nur noch einseitig geführt. Der Aufwand für die Fahrbahn sei zu hoch angesetzt. Bei der Baumaßnahme seien gleichzeitig Maßnahmen am Mischwasserkanal, an den Wasserleitungen sowie an Leitungen für Strom und Breitband durchgeführt worden. Die anteiligen Kosten müssten den jeweiligen Maßnahmenträgern in Rechnung gestellt werden. Das Grundstück Fl.-Nr. bbbb/16 sei zu Unrecht mit dem Nutzungsfaktor 1,0 belegt worden. Es bilde eine Einheit mit dem Grundstück Fl.-Nr. cccc/3, auf dem eine Wohnbebauung zulässig sei. Die Grundstücke dddd/1, eeee/2, ffff/34 und gggg/33 hätten nur teilweise in das Abrechnungsgebiet einbezogen werden dürfen. Der hintere Teil der Grundstücke müsse unberücksichtigt bleiben, da es sich um einen sehr steilen, bewachsenen Hang handele, der nicht bebaut werden könne.
4
Die Beklagte legte den Widerspruch des Klägers mit Schreiben vom 24.11.2016 der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vor. Nach Anhörung mit Schreiben vom 07.09.2017 wies das Landratsamt L. mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2017 den Widerspruch des Klägers zurück. Auf die Begründung des Bescheids, der der Bevollmächtigten des Klägers per Einschreiben, zur Post gegeben am 21.11.2017, zugestellt wurde, wird Bezug genommen.
5
Mit Telefax vom 15.12.2017 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und zuletzt beantragt,
1.
Der Bescheid der Stadt B. vom 15.05.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts L. vom 21.11.2017 wird aufgehoben.
2.
Die bereits geleisteten Zahlungen auf den Bescheid vom 15.05.2016 werden mit einer angemessenen Verzinsung erstattet.
6
Mit Schriftsatz vom 26.02.2018 wurde zur Klagebegründung ausgeführt, der Bescheid der Beklagten vom 10.05.2016 sei sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Auch die Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheids sei rechtswidrig. Der Kläger sei zusammen mit seiner Ehefrau Miteigentümer des Grundstücks, das mit einem Einfamilienhaus bebaut und derzeit vermietet sei. Ca. 150 qm des Grundstücks, die hintere, straßenabgewandte Teilfläche, befinde sich im Bebauungsplan … und sei von einer Bebauung freizuhalten. Es handle sich um einen steil abfallenden Hang, der vormals dem Oberliegergrundstück Fl.-Nr. hhhh zugehörig gewesen sei. Im Jahr 1963 habe der Voreigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks von der Beklagten diesen Hang gekauft, mit der Auflage, ihn fachgerecht zu bepflanzen und nicht mit einer Mauer o.ä. zu versehen. Nach dem Erwerb sei die buchmäßige Vereinigung der Grundstücksteile erfolgt. Der Hang werde nicht als Garten genutzt, sondern sei mit einem Zaun vom Hausgrundstück des Oberliegergrundstücks abgegrenzt. Das Gelände sei aufgrund der Steilheit auch nicht in irgendeiner Weise nutzbar.
7
Die Maßnahme am … sei im Oktober 2016 abgeschlossen gewesen. Aus Zeitungsberichten hätten die Anwohner entnehmen können, dass die Kosten erheblich unter den veranschlagten geblieben seien.
8
Der Vorauszahlungsbescheid der Beklagten sei formell rechtswidrig. Zwar sei die fehlende Anhörung im Widerspruchsverfahren geheilt worden, jedoch fehle es an einer ordnungsgemäßen Begründung der Ermessensentscheidungen. Es sei unklar, ob die Beklagte überhaupt gesehen habe, dass Ermessensentscheidungen zu treffen seien. Jedenfalls fehle es im angefochtenen Bescheid an den erforderlichen Begründungen. Ermessen wäre auszuüben gewesen hinsichtlich der Frage, ob die Gemeinde überhaupt eine Vorauszahlung auf den Beitrag erhebe, zum anderen darüber, wen sie als Beitragsschuldner zur Zahlung heranziehe. Es sei nicht begründet worden, weshalb allein der Kläger als Beitragsschuldner herangezogen worden sei. Die Inanspruchnahme des Klägers als Miteigentümer sei willkürlich und verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig, da der Tatbestand für die Erhebung eines Ausbaubeitrags und damit für die Erhebung einer Vorauszahlung auf den voraussichtlich entstehenden Ausbaubeitrag nicht vorliege. Das Entstehen einer endgültigen Beitragspflicht sei nicht absehbar, weil die Satzung der Beklagten für die hier vorliegende Maßnahme „Erneuerung“ des … gar keine Erhebung von Straßenausbaubeiträgen erlaube. Die Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten enthalte nur einen Beitragstatbestand für die Erweiterung oder die Verbesserung von Einrichtungen. Eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 1 ABS auf eine Erneuerungsmaßnahme scheide aus. Im Übrigen werde auf die Ausführungen im Widerspruchsverfahren verwiesen. Die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid sei materiell rechtswidrig. Es sei Art. 80 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz BayVwVfG missachtet worden. Die Beklagte hätte die Kosten des Widerspruchsverfahrens tragen müssen, weil der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg gehabt habe, weil die Verletzung einer Verfahrensvorschrift nach Art. 45 BayVwVfG (hier: die fehlende Anhörung, § 126 AO) unbeachtlich sei. Somit hätten nicht dem Widerspruchsführer die Kosten des Verfahrens auferlegt werden dürfen.
9
Mit Schriftsatz vom 26.04.2018 hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
10
Zur Klageerwiderung wird ausgeführt, es werde bestritten, dass die Kosten für die Maßnahme erheblich unter den veranschlagten Kosten geblieben seien. Es werde auch nicht dargelegt, wie sich dies konkret auf die Kalkulation des Vorauszahlungsbescheids auswirken solle. Soweit eine fehlende Anhörung gerügt werde, werde darauf hingewiesen, dass die Anlieger mit Schreiben vom 01.12.2015 zu einer Informationsveranstaltung am 18.01.2016 über die geplanten Maßnahmen eingeladen worden seien. Dabei seien alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte für die Erneuerung des … erörtert worden. Von dem Teilnahmerecht habe die Klägerseite keinen Gebrauch gemacht, worin ein konkludenter Verzicht auf die Möglichkeit einer Anhörung liege. Im Übrigen sei die Anhörung aufgrund des umfangreichen Schriftwechsels zwischen der Klägervertreterin selbst, der Beklagten und der Widerspruchsbehörde zwischenzeitlich umfassend nachgeholt worden. Der Angriff auf die Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheids bleibe daher ohne Erfolg. Die Stellung eines Beitragsschuldners als Gesamtschuldner müsse in Beitragsbescheiden nicht erwähnt werden. Ebenso wenig bedürfe es einer diesbezüglichen Begründung des Auswahlermessens. Nachdem es sich vorliegend um einen Vorauszahlungsbescheid handle, bleibe es mehreren Gesamtschuldnern im Wege des zivilrechtlichen Gesamtschuldnerregresses unbenommen, nach endgültiger Abrechnung für einen entsprechenden internen Ausgleich zu sorgen. Der Aspekt einer angeblich satzungsmäßigen Unzulässigkeit von Erneuerungsmaßnahmen helfe der Klage nicht zum Erfolg. Bei der Teileinrichtung Fahrbahn sei mit Blick auf die Fortentwicklung der Straßenbaukunst und die Verfügbarkeit verbesserter Materialien regelmäßig davon auszugehen, dass mit der „Erneuerung“ einer 20 bis 25 Jahre alten Straße eine technische „Verbesserung“ einhergehe. Das sei vorliegend der Fall, nachdem die ursprünglichen Straßenbauarbeiten des … in den Jahren 1957 bis 1962 durchgeführt worden seien. Die Erneuerung einer seit 50 Jahren bestehenden Straße stelle schon begrifflich eine Verbesserung dar. Bezüglich des Gehwegs sei die Erstellung eines Gehwegs nach den derzeitigen DIN-Normen bereits für sich betrachtet eine Verbesserungsmaßnahme. Zu einem anderen Ergebnis käme man durch die Rechtsfigur der Kompensation nur, wenn ein verschmälerter Gehweg im Ganzen ungeeignet wäre, die ihm zugedachte Funktion in der konkreten örtlichen Situation zu erfüllen. Die Änderung sei insbesondere von den Anwohnern gewünscht und nach dem verkehrstechnischen Konzept realisiert worden. Die Beklagte habe ihr diesbezügliches Ermessen unter Ermittlung und besonderer Berücksichtigung der Belange der Anwohner sowie daraus resultierender Kosten getroffen. Zur behaupteten fehlerhaften Berechnung der erhobenen Vorauszahlung auf den Straßenausbau fehle es an einer substantiierten konkretisierten Rüge. Gegenstand des Rechtsstreits sei ein Vorauszahlungsbescheid. Es komme folglich nicht darauf an, dass die seitens der Beklagten überschlägig und mit einem Abschlag von 70% kalkulierten Vorauszahlungen im Ergebnis cent-getreu mit dem endgültig anfallenden Straßenausbaubeitrag identisch seien. Die Einbeziehung des hinteren Teils des Grundstücks des Klägers sei nicht fehlerhaft. Der Grundstücksteil sei nach langwierigen Diskussionen auf ausdrücklichen Wunsch der damaligen Grundstückseigentümer übereignet worden. Sodann habe eine Verschmelzung mit den Buchgrundstücken stattgefunden. Eine Ausnahme vom bürgerlich-rechtlichen Grundstücksbegriff sei nicht veranlasst.
11
Mit Schriftsatz vom 14.12.2018 führte die Prozessbevollmächtigte des Klägers ergänzend aus, in der Stadtratssitzung vom 08.05.2018 sei eine Änderung der Straßenausbaubeitragssatzung rückwirkend zum 01.01.2016 beschlossen worden. In § 1 Abs. 1 der neuen ABS sei der Tatbestand der Erneuerung aufgenommen worden. Die rückwirkende Änderung der Straßenausbaubeitragssatzung der Beklagten sei unwirksam. Aufgrund des belastenden Inhalts mit Rückwirkung verstoße die Änderung gegen das Rechtsstaatsprinzip. Die Beklagte habe bisher ausdrücklich beschrieben, dass es sich bei den Maßnahmen am … um Erneuerungsmaßnahmen gehandelt habe. Die Beklagte selbst habe diese Unterscheidung vorgenommen. Die Baumaßnahme … sei am 25.10.2016 abgeschlossen gewesen. Auch für die Zukunft könne die Satzungsänderung keinen Bestand haben, da der Bayerische Landtag am 26.06.2018 die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge rückwirkend zum 01.01.2018 beschlossen habe. Würde der Bescheid der Beklagten aufgrund der enthaltenen Rechtsfehler aufgehoben, könnte eine erneute Festsetzung der Vorauszahlung nicht mehr stattfinden. Dem Kläger würden die geleisteten Vorauszahlungen erstattet und die Beklagte könnte den Zahlungsausfall beim Freistaat Bayern geltend machen. Der Bescheid der Beklagten leide an den verschiedenen bereits aufgezeigten Mängeln. Die fehlenden Begründungen der Ermessensentscheidungen seien bislang nicht nachgeholt worden. Zudem seien die Heilungsvorschriften nicht anwendbar. Unklar sei bis heute, welche Erwägungen die Beklagte dazu bewogen hätten, den Kläger als Gesamtschuldner heranzuziehen. Die Äußerungen der Beklagten, wonach Erneuerungsmaßnahmen und Verbesserungsmaßnahmen ineinander fließen, seien widersprüchlich und unverständlich. Es handle sich begrifflich nicht um dasselbe. Der Gehweg auf der Anliegerseite des Anwesens des Klägers sei vollständig beseitigt worden. Der hier angelegte Fahrbahnstreifen erfülle die Funktion eines Gehwegs nicht mehr. Auch die Kalkulation für den Vorauszahlungsbescheid sei nicht nachvollziehbar. Es sei unklar, warum gerade 25% der geschätzten Inliner-Unterhaltungsmaßnahme als beitragsfähiger Aufwand herangezogen werde. Zudem seien die Straßenbaumaßnahmen nicht den jeweiligen leitungsgebundenen Maßnahmen anteilig zugerechnet (Wasserleitung, Kanal, Breitband, Strom). Da ein endgültiger Beitragsbescheid aufgrund der Änderung des KAG nicht mehr erlassen werden könne, müsse auch die endgültige Straßenausbaubeitragsberechnung Berücksichtigung finden. Es könne insoweit nicht bei der überschlägigen Betrachtung verbleiben, da der Kläger anderenfalls nicht die Möglichkeit hätte, die Richtigkeit der Höhe und die mögliche Rückerstattung zu viel gezahlter Vorauszahlungsbeiträge zu überprüfen. Dass die veranschlagten Kosten erheblich unterschritten wurden, ergebe sich aus einem Zeitungsartikel vom Oktober 2017.
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Mit Schriftsatz vom 20.02.2019 wurde zur Klageerwiderung ergänzend ausgeführt: Zwar sei in der Änderungssatzung vom 15.05.2018 der Beitragstatbestand der „Erneuerung“ im Sinne einer Ergänzung aufgenommen worden. Darin liege aber kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot. Art. 5 Abs. 8 KAG ermächtige die Gemeinden zum Erlass von Abgabesatzungen mit Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liege schon deswegen nicht vor, weil kein abgeschlossener, in der Vergangenheit abgewickelter Tatbestand gegeben sei. Vor abschließender Verbescheidung durch einen endgültigen Beitragsbescheid habe der Kläger auch nicht darauf vertrauen können, dass nicht durch ergänzende Schaffung von Beitragsrecht auch für Erneuerungsmaßnahmen Beiträge erhoben werden können. Die erstmalige Aufnahme der „Erneuerung“ sei von Art. 5 Abs. 8 KAG legitimiert. Daran habe sich durch die Änderung des KAG vom 26.06.2018 nichts geändert, da nach Vorstellung des Gesetzgebers die Heilung eines Bescheides während des gerichtlichen Verfahrens noch herbeigeführt werden solle. Dies gelte auch im Hinblick auf die erforderliche fiktive Abrechnung nach Art. 19 Abs. 8 Satz 2 KAG, denn wenn die Gemeinde die Vorauszahlung behalten dürfe, erspare sich der Freistaat die Erstattung der Beiträge.
13
Angesichts der Befugnis der Gemeinde, Vorauszahlungen zu erheben, sei ein interner Entscheidungsakt (hier Aktenvermerk vom 15.02.2016) ausreichend. Ein Ermessensausfall liege nicht vor. Der Ansatz von 25% der Kosten der Straßenentwässerung entspreche bei der vorliegenden Mischkanalisation der allgemeinen Rechtsprechung. Gegenwärtig müsse nicht geprüft werden, ob die veranschlagten Kosten der Maßnahme unterschritten wurden. Dies sei der fiktiven Abrechnung vorbehalten. Der Antrag auf Erstattung der vereinnahmten Vorauszahlung gehe deshalb ins Leere.
14
Die Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid sei nicht zu beanstanden. Der Widerspruch habe unabhängig von Formvorschriften auch in der Sache keinen Erfolg gehabt. Der Anwendungsbereich des Art. 80 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 BayVwVfG sei deshalb nicht eröffnet.
15
Mit Schriftsatz von 27.02.2019 legte die Beklagtenseite eine Stellungnahme des Planungsbüros K. vom gleichen Tag vor, wonach der den heutigen technischen Anforderungen entsprechende frostsichere Aufbau der Fahrbahn und des Gehweges ebenso eine Verbesserung darstellten wie die Inlinersanierung des Abwasserkanals und der Einbau einer höheren Zahl von Sinkkästen.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

17
1. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
18
Der Vorauszahlungsbescheid der Beklagten vom 10.05.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes L. vom 21.11.2017 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Festsetzung einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag in Höhe von 9.855,36 EUR ist rechtmäßig.
19
a. Der Bescheid vom 10.05.2016 leidet nicht an einem formellen Mangel. Soweit die Klägerseite rügt, es fehle an einer ordnungsgemäßen Anhörung (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 a) KAG i.V.m. § 91 Abs. 1 Abgabenordnung - AO), ergibt sich aus der beigezogenen Behördenakte II eindeutig, dass der Kläger wie auch seine Ehefrau vor Erlass des Beitragsbescheids ausreichend Gelegenheit hatten, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Sie haben zwar nicht an der für den 18.01.2016 anberaumten Informationsveranstaltung, zu der alle Eigentümer der Anliegergrundstücke am … mit Schreiben vom 01.12.2015 eingeladen wurden, teilgenommen, haben aber mit Schreiben vom 13.01.2016 über eine ortsansässige Vertreterin verschiedene Fragen über den beabsichtigten Straßenausbau an die Beklagte gerichtet, die mit Schreiben vom 19.01.2016 von der Beklagten beantwortet wurden. Da somit eine Anhörung bereits vor Erlass des Beitragsbescheids vom 10.05.2016 erfolgt ist, kommt es auf die Möglichkeit der Heilung eines Verfahrensfehlers gemäß Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 AO nicht an. Der Bescheid ist auch mit einer ausreichenden Begründung versehen (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 b) KAG i.V.m. § 121 Abs. 1 AO).
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b. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
21
Gemäß Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG können Gemeinden auf Grund einer besonderen Abgabesatzung zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen (Investitionsaufwand) Beiträge von den Grundstückseigentümern und Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen sollen gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (vgl. Art.19 Abs. 7 KAG) solche Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach Art. 5a KAG zu erheben sind. Für ein Grundstück, für das eine Beitragspflicht noch nicht oder nicht in vollem Umfang entstanden ist, können gemäß Art. 5 Abs. 5 Satz 1 KAG Vorauszahlungen auf den Beitrag verlangt werden, wenn mit der Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung der Einrichtung begonnen worden ist.
22
Die Beklagte sieht in ihrer Ausbaubeitragssatzung vom 13.01.2010 (ABS 2010), wie auch in der vom 09.08.2017 (ABS 2017) jeweils in § 1 Abs. 1 die Beitragserhebung für Maßnahmen der „Erweiterung oder Verbesserung“ vor. Erst in der 1. Änderungssatzung vom 15.05.2018 zur ABS 2017 wird der Beitragstatbestand in § 1 Abs. 1 auf Maßnahmen der „Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung“ erweitert.
23
Auf die von den Parteien diskutierte Rechtsfrage, ob die von der Beklagten mit Rückwirkung zum 01.01.2016 in Kraft gesetzte Änderungssatzung vom 15.05.2018 im Hinblick auf die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge zum 01.01.2018 (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Art. 19 Abs. 7 Satz 2 KAG in der aktuellen Fassung) wirksam ist - so die Beklagtenseite - oder nicht - so die Klägerseite und wohl auch BayVGH, Beschluss vom 01.10.2018, Az. 6 ZB 18.1466, juris - kommt es vorliegend nicht entscheidungserheblich an, weil die Ausbaumaßnahmen am … allesamt nicht nur eine Erneuerung sondern jedenfalls auch eine Verbesserung darstellen und damit vom Beitragstatbestand des § 1 Abs. 1 ABS 2010, der dem Vorauszahlungsbescheid zugrunde liegt, gedeckt sind.
24
Mit Blick auf die Fortentwicklung der Straßenbaukunst und die Verfügbarkeit besserer Materialien dürfte mit jeder Erneuerung einer 20 bis 25 Jahre alten Straße eine technische Verbesserung einhergehen, so dass sich die Tatbestände „Erneuerung“ und „Verbesserung“ nicht klar voneinander abgrenzen lassen, sondern ineinander fließen (BayVGH, U.v. 26.03.2002, Az. 6 B 96.3901 - juris m.w.N.). Eine beitragsfähige Verbesserung liegt vor, wenn sich der Zustand der Einrichtung nach dem Ausbau in irgendeiner Hinsicht (z.B. räumliche Ausdehnung, funktionale Aufteilung der Gesamtfläche, Art der Befestigung) von ihrem ursprünglichen Zustand im Zeitpunkt der erstmaligen oder nachmaligen Herstellung in einer Weise unterscheidet, die positiven Einfluss auf ihre Benutzbarkeit hat (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl, § 32 Rn. 38 m.w.N. d. Rspr.). Diese Frage ist grundsätzlich für jede Teileinrichtung der Straße getrennt zu beantworten.
25
Die grundlegende Sanierung der Fahrbahn des 1962 hergestellten … stellt eine beitragsfähige Verbesserung dar. Wie sich aus der Stellungnahme des Planungsbüros vom 27.02.2019 ergibt, haben Probebohrungen vor dem Ausbau des … einen Fahrbahnaufbau von max. 21 cm (3 cm Asphalt + 18 cm Schotterschicht) aufgewiesen. Demgegenüber beträgt der nach der Standardrichtlinie RStO 12 für Anliegerstraßen der Belastungsklasse 0,3 nun vorgeschriebene Fahrbahnaufbau 55 cm (4 cm Asphaltfeinbeton, 10 cm Asphalttragschicht, 41 cm Frostschutzschicht). Mit dieser deutlichen Verstärkung des vertikalen Aufbaus der Fahrbahn sind eine höhere Belastbarkeit, eine geringere Frostanfälligkeit und folglich eine verminderte Reparaturbedürftigkeit verbunden. Dies führt zu einem positiven Einfluss auf die Benutzbarkeit der Fahrbahn, mithin einer Verbesserung.
26
Auch der Ausbau des Gehwegs ist eine Verbesserungsmaßnahme. Der Oberbau des Gehwegs betrug vor dem Ausbau nach den Feststellungen des Planungsbüros ca. 17 cm (2 cm Asphaltschicht, 15 cm Schottertragschicht). Nach dem Ausbau verfügt der Gehweg über einen der Fahrbahn entsprechend starken Aufbau von 55 cm (8 cm Betonverbundpflaster, 3 cm Splittbett, 44 cm Frostschutzschicht). Dieser Aufbau wurde für notwendig gehalten, da wegen der zahlreichen Grundstückszufahrten auch der Gehweg mit Fahrzeugen befahrbar sein muss.
27
Der Umstand, dass vor der Ausbaumaßnahme beiderseitige Gehwege mit jeweils 1,27 m bis 1,39 m Breite vorhanden waren, während nach dem Ausbau auf der südlichen Straßenseite ein Gehweg mit ca. 1,56 m Breite und auf der nördlichen Straßenseite ein etwa gleich breiter „Mehrzweckstreifen“ zur Verfügung stehen, ist weder als Verschlechterung, noch als beitragsneutrale Kompensation, sondern ebenfalls als Verbesserung anzusehen. Der einseitige Gehweg mit einer größeren Breite ermöglicht ein bequemeres Nebeneinandergehen und genügt den Anforderungen für den Fußgängerverkehr in der Sackgasse … völlig. Die Beklagte hat den Anliegern in den Informationsveranstaltungen verschiedene Planungsalternativen vorgestellt, woraufhin diese sich mehrheitlich für die Anlage eines 1,5 m breiten Mehrzweckstreifens mit Parkmöglichkeit statt eines zweiten Gehwegs entschieden haben. Wenn die Betroffenen die aus ihrer Sicht „bessere“ Variante gewählt haben, kann dies der Beklagten nicht als Verschlechterung angelastet werden, zumal auch der mit einem verbesserten Unterbau versehene Mehrzweckstreifen durch eine Granitpflasterzeile optisch abgesetzt ist und grundsätzlich den Fußgängern ebenfalls zur Verfügung steht.
28
Schließlich stellt die Ausbaumaßnahme auch in Hinblick auf die Straßenentwässerung eine Verbesserung dar. Dies gilt zweifellos für den Einbau einer größeren Anzahl von Sinkkästen, die den schnelleren Abfluss des Straßenoberflächenwassers gewährleisten. Laut Stellungnahme des Planungsbüros führt aber auch der Einzug eines Inliners in den Abwasserkanal zu einer Verbesserung der hydraulischen Leistungsfähigkeit, weil sich durch die glattere Oberfläche der Innenwand der Reibungsverlust verringert. Außerdem wird der Inliner durchgängig ohne Muffen verlegt. In den alten Rohren konnte es alle 2 m an den Muffen durch Unebenheiten, Spalten wegen Rohrversätzen oder Einragungen zu Einzelverlusten kommen, die die hydraulischen Verhältnisse beeinträchtigten.
29
Nachdem festgestellt wurde, dass sich der Zustand der Einrichtung durch die Ausbaumaßnahme im Vergleich zu ihrem ursprünglichen Zustand insgesamt verbessert hat, spielt es keine Rolle, dass im behördlichen Verfahren sowohl von der Beklagten als auch von der Widerspruchsbehörde immer wieder der Begriff der „Erneuerung“ benutzt wurde, der laut ABS 2010 der Beklagten keinen Beitragstatbestand erfüllt.
30
Die Beklagte war somit gemäß Art. 5 Abs. 5 Satz 1 KAG dem Grunde nach berechtigt, für die Verbesserung des … nach Maßnahmenbeginn Vorauszahlungen auf den Straßenausbaubeitrag zu verlangen. Sie hat sich bei der Bemessung der Höhe der Vorauszahlungen auf 70% des voraussichtlichen Ausbauaufwands beschränkt.
31
Die Erhebung von Vorauszahlungen steht im gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Ermessen der Gemeinde. Besondere Anforderungen sind an die Ausübung des Ermessens aber nicht zu stellen, da das Vorfinanzierungsinteresse der Gemeinde auf der Hand liegt, was auch dem Interesse der Beitragspflichtigen entspricht, den Aufwand für Zinsen auf Fremdkapital möglichst gering zu halten. Die Entscheidung, Vorauszahlungen zu erheben, ist als innerdienstlicher Ermessenakt und regelmäßig als einfaches Geschäft der laufenden Verwaltung zu qualifizieren. Ausführungen im Vorauszahlungsbescheid sind nicht erforderlich (Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl., § 21 Rn. 3 und 32; BayVGH, B.v. 18.08.2017 - 6 ZB 17.840 - juris, Rn. 10). Es genügt daher ein Aktenvermerk der Verwaltung, wie der vom 16.02.2016 (Anlage VG 0 zum Schriftsatz der Beklagten vom 20.02.2019), aus dem im Übrigen auch hervorgeht, dass das Thema Vorauszahlungen mit den Anliegern in den Informationsveranstaltungen besprochen und ihrem Wunsch auf Ratenzahlung und Beschränkung auf 70% der voraussichtlichen Kosten entsprochen wurde. Außerdem erhebt die Beklagte nach ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung bei beitragsfähigen Straßenausbaumaßnahmen regelmäßig Vorauszahlungen (vgl. BayVGH, B.v. 04.06.2014, Az. 6 CS 14.716 - juris, Rn. 9). Ein Ermessensfehler liegt somit nicht vor.
32
Es bestehen ferner keine Bedenken gegen die Höhe der für die Erhebung der Vorauszahlung vorgenommenen Kostenschätzung, die nicht deckungsgleich mit dem erst nach Abschluss der Bauarbeiten feststellbaren Ausbauaufwand sein muss. Vielmehr genügt eine sachgerechte Schätzungsgrundlage (vgl. Bl. 35/36 Beiakte II), die das Gericht als gegeben ansieht.
33
Bei der Erneuerung (oder Verbesserung) einer Straße zählen die anteiligen Kosten für die Straßenentwässerungseinrichtungen zum beitragsfähigen Aufwand. Die Einbeziehung eines Anteils von 25% des Aufwands der Kanalsanierung für die Straßenentwässerung ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 25.05.2016 - 6 ZB 16.94 - juris; B.v. 13.08.2014 - 6 ZB 12.1119 - juris).
34
Der Eigenanteil der Beklagten an den voraussichtlichen Kosten wurde satzungsgemäß abgezogen (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 ABS). Von dem auf die Anlieger entfallenden Aufwand wurden nur 70% über Vorauszahlungen erhoben. Damit ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass im Falle einer Kostenunterschreitung - die die Klägerseite aus Zeitungsberichten entnimmt - zu hohe Vorauszahlungen verlangt wurden. Ergibt die (fiktive) endgültige Abrechnung eine Überdeckung, wird dem Kläger die entsprechende Überzahlung erstattet. Im gegenteiligen Fall muss er aufgrund der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge ab 01.01.2018 nicht mit einer Nachzahlung rechnen (Art. 19 Abs. 8 KAG).
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Die beitragspflichtigen Grundstücksflächen wurden zutreffend ermittelt. Im Straßenausbaubeitragsrecht ist der formelle Grundstücksbegriff maßgeblich. Einzubeziehen ist der volle Umfang der Buchgrundstücke. Eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten von Teilflächen spielen keine Rolle. Deshalb kann die ca. 150 qm umfassende Hangfläche im nördlichen Bereich des klägerischen Grundstücks nicht unberücksichtigt bleiben. Das Grundstück Fl.-Nr. bbbb/16 wurde zu Recht nur mit dem Nutzungsfaktor 1,0 einbezogen, weil es gemäß dem Bebauungsplan „…“ als „private Baufläche, von Bebauung freizuhalten“ ausgewiesen ist. Damit erfüllt es die Voraussetzung des § 7 Abs. 3 Nr. 1 ABS. Auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid wird ergänzend verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
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Der Kläger, der zusammen mit seiner Ehefrau Miteigentümer des Grundstücks Fl.-Nr. aaaa/34 ist, durfte als Gesamtschuldner allein auf den gesamten Vorauszahlungsbetrag in Anspruch genommen werden. Die Verpflichtung zur Zahlung einer öffentlich-rechtlichen Abgabe richtet sich nach den gesetzlichen bzw. satzungsrechtlichen Regelungen des öffentlichen Rechts, bei der hier vorliegenden beitragsrechtlichen Streitigkeit nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 b) KAG i.V.m. § 44 Abs. 1 AO. § 44 AO bestimmt, dass jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung schuldet, soweit nichts anderes bestimmt ist (entsprechend § 421 BGB). Die Leistung muss jedoch nur einmal erbracht werden, und die Zahlung durch einen Gesamtschuldner befreit die anderen insoweit von ihrer Verpflichtung (vgl. § 44 AO). Die gesetzliche Anordnung der Gesamtschuldnerschaft bezweckt die Verwaltungsvereinfachung und Effizienz des Gesetzesvollzugs, nicht aber einen Schuldnerschutz. Daraus folgt zwingend, dass das dem Beitragsgläubiger eingeräumte Ermessen sehr weit ist. In dem an einen Gesamtschuldner gerichteten Bescheid bedarf es keiner ausdrücklichen Erwähnung, dass der Miteigentümer als Gesamtschuldner in Anspruch genommen wird. Die Erwägungen, weshalb die Gemeinde einen bestimmtem Gesamtschuldner heranzieht, braucht sie im Bescheid nicht schriftlich darzulegen oder zu begründen (Driehaus, a.a.O., § 24 Rn. 10 m.w.N.). Nachdem die Klägerseite keinerlei Gründe vorträgt, wieso es gerade für den Kläger unzumutbar sein soll, als Gesamtschuldner allein herangezogen zu werden und ggf. von seiner Ehefrau im Innenverhältnis einen Ausgleich zu fordern, sieht das Gericht keinen Anhaltspunkt für eine Rechtsverletzung des Klägers durch seine alleinige Heranziehung.
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c. Schließlich wurden die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu Recht dem Kläger auferlegt. Gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG hat derjenige die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen, der den Widerspruch erfolglos eingelegt hat. Ein Anwendungsfall des Art. 80 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayVwVfG liegt nicht vor. Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften ist ersichtlich nicht gegeben, folglich beruht die Zurückweisung des Widerspruchs nicht auf einer Heilung von Verfahrens- oder Formfehlern. Vielmehr hatte der Widerspruch aus materiell-rechtlichen Gründen keinen Erfolg.
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Somit war die Klage vollumfänglich abzuweisen.
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11 ZPO.