Inhalt

VGH München, Beschluss v. 19.02.2019 – 20 B 18.2042
Titel:

Gebührenkalkulation

Normenketten:
KAG Art. 8 Abs. 2 S. 1
RDGEG § 3, § 5
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 130a, § 133
Leitsätze:
1. Mieteinnahmen für eine auf einem Wasserturm befindliche Mobilfunkanlage sind im Rahmen der Kalkulation des Gebührensatzes nicht gebührenmindernd zu berücksichtigen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die beim Betrieb einer gebührenfinanzierten Einrichtung erzielten Einnahmen sind nur dann bei der Gebührenkalkulation zu berücksichtigen, wenn ihnen Kosten der Einrichtung zugrunde lagen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gebührenkalkulation, Mietertrag für eine auf einem Wasserturm befindliche Mobilfunkanlage, öffentliche Einrichtung, Wasserversorgung, Kostendeckungsprinzip, betriebsbedingte Kosten
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 02.02.2018 – RO 1 K 17.963
Fundstelle:
BeckRS 2019, 3389

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Wassergebühren. Er ist Eigentümer eines Grundstücks im Gemeindegebiet des Beklagten und vertritt die Auffassung, dass die Einnahmen aus einer auf einem Wasserturm der gemeindlichen Wasserversorgungsanlage angebrachten Mobilfunkeinrichtung in Höhe von 30.000,- € in die Gebührenkalkulation eingestellt werden müssten.
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Mit Bescheid vom 23. Januar 2015 erhob der Beklagte vom Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2014 unter anderem Wassergebühren in Höhe von insgesamt 235,83 €. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, welchen das Landratsamt mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2017 zurückwies.
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Seine Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 2. Februar 2018 ab. Das Gebührenaufkommen solle die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG für die Ermittlung und Anforderung von einrichtungsbezogenen Abgaben decken. Nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähige Kosten im Sinne des Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG seien nur betriebsbedingte Kosten, d.h. solche, die für die von der öffentlichen Einrichtung erbrachten Leistungen anfielen. Hiervon seien betriebsfremde Ausgaben zu unterscheiden, die in der Kalkulation nicht angesetzt werden könnten. Erforderlich für die Ansatzfähigkeit sei ein ausreichend enger Sachzusammenhang mit der eigentlichen Leistungserstellung der öffentlichen Einrichtung. Diese Grundsätze hätten spiegelbildlich auch für die Einnahmeseite Gültigkeit. Erträge, Erlöse und Einnahmen seien nur dann zu berücksichtigen, wenn ihnen Kosten der Einrichtung zu Grunde lägen. Kostenneutrale Erträge, Erlöse und Einnahmen seien gebührenrechtlich irrelevant. Die durch das Anbringen von Mobilfunkeinrichtungen auf dem Wasserturm der gemeindlichen Einrichtung erzielten Einnahmen seien kostenneutral und verursachten keinen Wertverzehr der gemeindlichen Einrichtung Wasserversorgungsanlage, da die Einnahmen in keinem Zusammenhang mit der Erbringung der Leistung der Wasserversorgung stünden. Bei dem Wasserturm handele es sich zwar um eine Anlage der Wasserversorgungseinrichtung des Beklagten. Allerdings würden die Mieteinnahmen nicht durch einen anlagetypischen Zweck erzielt und seien erkennbar nicht auf die Wasserversorgung gerichtet.
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Mit seiner vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung beantragt der Kläger:
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Unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts … vom 2. Februar 2018 wird der Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … vom 18. Mai 2017 aufgehoben.
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Der Wasserturm als Teil der öffentlichen Einrichtung der Trinkwasserversorgung sei eine bauliche Anlage, die unmittelbar dem Zweck der Wasserversorgung diene. Diese bauliche Anlage müsse regelmäßig in Stand gehalten und instandgesetzt werden. Die dafür anfallenden Kosten flössen gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG als betriebsbedingte Kosten in die Gebührenkalkulation ein. Die Regelung des Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG sei auf die Einnahmen nicht anwendbar. Aus systematischen Erwägungen sei Art. 8 KAG dahingehend auszulegen, dass der Gesetzgeber nur hinsichtlich der Kosten eine Regelung getroffen hätte, wonach ansatzfähige Kosten nur einrichtungsbezogene Ausgaben sein dürften, für Einnahmen gelte diese Beschränkung jedoch nicht. Die Einnahmen aus der Vermietung des Wasserturmes an Mobilfunkanbieter seien anlagentypische Einnahmen. Zu den ansatzfähigen Kosten gehörten auch Kosten für die Instandhaltung und Instandsetzung des Anlagevermögens. Wenn die Instandhaltungskosten von vornherein durch Einnahmen von Dritten gemindert würden, sei es sachgerecht, diesen Vorteil auch an die Gebührenschuldner weiterzugeben. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass, wenn eine kostenrechnende Einrichtung, zum Beispiel in Form eines umlagefinanzierten Zweckverbandes, geführt werde, sich sonstige betriebsfremde Einnahmen zwangsläufig auf die Gebührenhöhe auswirkten, da die Betriebsumlage der Mitgliedsgemeinden um die Mieteinnahmen gesenkt würde. Bei vielen kostenrechnenden Einrichtungen würden beispielsweise in den Betriebsgebäuden Mietwohnungen errichtet und dann vermietet. Die Herstellung der Wohnungen erfolge durch Beiträge und Gebühren. Die Mieteinnahmen würden infolge der Finanzierung auch bei der Gebühr berücksichtigt. Wenn bei einem Regiebetrieb die Betriebseinnahmen nicht berücksichtigt würden, führe dies zu einer nicht nachvollziehbaren Ungleichbehandlung der Gebührenzahler verschiedener Einrichtungen. Aus diesen Gründen sei die Kalkulation im vorliegenden Fall fehlerhaft. Die Mieteinnahmen in Höhe von 30.000 € für die Vermietung des Wasserturms hätten bei der Einnahmen-/Ausgabenkalkulation berücksichtigt werden müssen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er verteidigt das angefochtene Urteil.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten verwiesen.
II.
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Die zulässige Berufung, über die der Senat einstimmig nach § 130a VwGO entscheidet, ist nicht begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 23. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … … … … vom 18. Mai 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Der Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in Art. 8 Abs. 1 KAG i.V.m. § 9 der Beitrags- und Gebührensatzung des Beklagten in der Gestalt der Satzung vom 23. November 2012 (BGS-WAS). Gegen die rechtliche Wirksamkeit dieser Satzung und der ihr zugrunde liegenden Wasserabgabesatzung (WAS) wurden keine Bedenken erhoben, sie sind auch sonst nicht ersichtlich.
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Zwischen den Beteiligten ist alleine die Frage streitig, ob Mieteinnahmen in Höhe von 30.000,- € für eine auf einem Wasserturm befindliche Mobilfunkanlage im Rahmen der Kalkulation des Gebührensatzes gebührenmindernd zu berücksichtigen sind.
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Diese Frage ist zu verneinen. Das Gebührenaufkommen soll die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten decken (Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG). Sind die Schuldner zur Benutzung verpflichtet, wie bei der öffentlichen Einrichtung Wasserversorgung, so soll das Aufkommen die Kosten nach Satz 1 nicht übersteigen (Art. 8 Abs. 2 Satz 2 KAG - Kostenüberdeckungsverbot). Bei der Kostenermittlung im betriebswirtschaftlichen Sinn (Art. 8 Abs. 2 Satz 3 KAG) muss im Gegensatz zu den vor dem Inkrafttreten des Kommunalabgabengesetzes häufig angewandten kameralistischen (finanzwirtschaftlichen) Methoden zwischen betriebsbedingten und betriebsfremden Ausgaben unterschieden werden. Betriebsbedingte ansatzfähige Kosten sind nur solche, die für die von der öffentlichen Einrichtung der Kommune, hier der Wasserversorgung, erbrachten Leistungen anfallen (zur Abfallbeseitigung vgl. BayVGH, U.v. 2.3.2000 - 4 N 99.68 - NVwZ-RR 2001, 120).
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Welche Kosten für die öffentliche Einrichtung Wasserversorgung betriebsbedingt sind und in Ansatz gebracht werden können, beantwortet sich nach § 1 Abs. 1 der Wasserabgabesatzung des Beklagten, also Kosten, die aus dem Betrieb der Wasserversorgungsanlage resultieren. Der durch die Einräumung des Nutzungsrechts für den Wasserturm angefallene Mietertrag konnte bei der Gebührenkalkulation deshalb unberücksichtigt bleiben, weil er kostenneutral erzielt wurde. Da es sich bei der Gebührenkalkulation um eine Form der Kostenrechnung handelt, sind beim Betrieb einer gebührenfinanzierten Einrichtung erzielte Einnahmen nur dann bei der Gebührenkalkulation zu berücksichtigen, wenn ihnen Kosten der Einrichtung zugrunde lagen. Kostenneutrale Einnahmen sind damit gebührenrechtlich irrelevant (BVerwG, U.v. 10.10.2009 - 3 C 29.08 - BVerwGE 135, 352; OVG Münster, U.v. 23.11.2006 - 9 A 1029/04 - KStZ 2007, 194; OVG Hamburg, U.v. 8.12.2010 - 5 Bf 434/04 - juris; Brüning in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 61 ff., jeweils m.w.N.; Christ/Oebbecke, Handbuch für Kommunalabgabenrecht, Rn 345). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Zur Ermittlung der in die Gebührenkalkulation einzustellenden Kosten ist dabei von betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und dem sogenannten wertmäßigen Kostenbegriff auszugehen. Kosten in diesem Sinne sind danach der durch die Leistungserbringung in der entsprechenden Leistungsperiode bedingte Werteverzehr an Gütern oder Dienstleistungen (BVerwG, U.v. 10.10.2009, a.a.O.). Durch die Vermietung der Flächen auf dem Wasserturm ist es zu keinem Werteverzehr in der maßgeblichen Kalkulationsperiode gekommen. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Kläger meint zwar, dass dieser Grundsatz lediglich für die Ausgabenseite und nicht für die Einnahmeseite gelten soll. Schlüssige Argumente hat er hierfür jedoch nicht vorgebracht. Die Instandhaltungskosten für den Wasserturm resultieren aus seiner Zweckbestimmung als Teil der Wasserversorgungsanlage des Beklagten. Diese Kosten sind von den Benutzern der Einrichtung im Rahmen des Kostendeckungsprinzips durch die Benutzungsgebühren zu tragen. Entstehen außerhalb dieser Zweckbestimmung Einnahmen, welche für sich gesehen kostenneutral wirken, sind Erträge hieraus nicht Gebühren mindernd zu berücksichtigen, sondern dem allgemeinen Gemeindehaushalt zuzuführen. Werden dagegen bei einer kommunalen leitungsgebundenen Einrichtung außerhalb der öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung Kosten verursacht, so dürfen diese Kosten auch nicht in die Kalkulation eingestellt werden.
16
Die Berufung war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
17
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.
18
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.