Inhalt

VGH München, Beschluss v. 30.10.2019 – 10 AS 19.1653
Titel:

Keine Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei abgeschlossenem Klageverfahren 

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5, § 123
ZPO § 82 Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nicht mehr statthaft, wenn das Klageverfahren unanfechtbar abgeschlossen ist. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Unzulässigkeit wegen fehlender ladungsfähiger Anschrift, Ladungsfähigkeit, Geheimhaltung, Anordnung, Aufschiebung, abgeschlossenes Klageverfahren
Fundstelle:
BeckRS 2019, 27449

Tenor

I. Die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage und auf einstweilige Anordnung werden abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 1.250 Euro festgesetzt.

Gründe

1
Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 14. August 2019, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Mai 2019 anzuordnen, hilfsweise die Antragsgegnerin gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, von der Abschiebung der Antragstellerin bis zur Entscheidung über die Klage abzusehen.
2
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO ist schon deswegen nicht mehr statthaft, weil das Klageverfahren unanfechtbar abgeschlossen ist; der Senat hat den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. August 2019 (Au 1 K 19.827) mit Beschluss vom 29. Oktober 2019 (10 ZB 19.1652) abgelehnt. Ebenso kann damit die Antragsgegnerin nicht mehr gemäß § 123 Abs. 1 VwGO verpflichtet werden, „bis zur Entscheidung über die Klage“ von einer Abschiebung abzusehen.
3
Davon unabhängig sind die Anträge aber auch wegen des Fehlens einer ladungsfähigen Anschrift der Antragstellerin unzulässig, weil die Antragstellerin bereits am 30. August 2019 in die Ukraine ausgereist ist, ohne eine ladungsfähige Anschrift bekanntzugeben.
4
Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO muss die Klage den Kläger bezeichnen. Diese Vorschrift ist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in Bezug auf den Antragsteller entsprechend anzuwenden (BayVGH, B.v. 11.9.2012 - 7 CS 12.1423 - juris Rn. 19; VGH BW, B.v. 25.10.2004 - 11 S 1992/04 - juris Rn. 4; HessVGH, B.v. 21.12.1988 - 4 TG 2070/88 - juris Rn. 27).
5
Zur Bezeichnung eines Klägers bzw. Antragstellers im Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO gehört nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO auch die Angabe seines Wohnortes. Die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift, unter der der Kläger bzw. Antragsteller tatsächlich zu erreichen ist, ist erforderlich, um ihn zu individualisieren und seine Erreichbarkeit für das Gericht sicherzustellen. Es soll darüber hinaus dadurch auch gewährleistet werden, dass er nach entscheidungserheblichen Tatsachen befragt werden kann und sich im Falle seines Unterliegens seiner Kostentragungspflicht nicht entziehen kann. Das gilt auch für ein verwaltungsgerichtliches Verfahren unter Mitwirkung eines Prozessbevollmächtigten oder wenn sich während des Verfahrens die ladungsfähige Anschrift ändert. Die Pflicht zur Angabe der Anschrift entfällt nur, wenn deren Erfüllung ausnahmsweise unmöglich oder unzumutbar ist. Solches wird nur dann angenommen, wenn der Angabe der Anschrift unüberwindliche oder nur schwer zu beseitigende Schwierigkeiten oder eine schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse entgegenstehen (BayVGH, B.v. 9.8.2016 - 10 CE 16.1145, 10 C 16.1146 - juris Rn. 15; BayVGH, B. 9.5.2016 - 10 ZB 15.677 - juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 3.2.2016 - 10 ZB 15.1413 - juris Rn. 4).
6
Entspricht die Klage oder der Antrag nicht (mehr) den Anforderungen des § 82 Abs. 1 VwGO, ist dem Kläger gemäß § 82 Abs. 2 VwGO eine Frist zur Ergänzung seiner Angaben zu setzen. Im vorliegenden Fall wurde der Bevollmächtigte der Antragstellerin mit gerichtlichem Schreiben vom 4. Oktober 2019 aufgefordert, ihre aktuelle ladungsfähige Anschrift mitzuteilen; dies ist bis zum heutigen Tage nicht geschehen, weshalb das Rechtsmittel unzulässig ist.
7
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
8
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG. Der Senat geht dabei gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG davon aus, dass Haupt- und Hilfsantrag denselben Gegenstand betreffen.
9
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).