Inhalt

VGH München, Beschluss v. 13.05.2019 – 8 ZB 17.493
Titel:

Anspruch auf Durchführung des Winterdienstes auf einem öffentlichen Feld- und Waldweg

Normenketten:
BayStrWG Art. 4 Abs. 1 S. 2, Art. 9 Abs. 1, Abs. 3, Art. 51 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Art. 54 Abs. 1, Art. 69, Art. 72
BGB § 823, § 839
GG Art. 34
Leitsatz:
Bei den Räum- und Streupflichten innerhalb geschlossener Ortslage nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BayStrWG handelt es sich um kommunale Verpflichtungen, die lediglich gegenüber der Allgemeinheit bestehen, jedoch kein subjektives Recht des einzelnen Straßenbenutzers oder Anliegers einer öffentlichen Straße gegenüber der Gemeinde auf Durchführung des Winterdienstes begründen. (Rn. 17)
Schlagworte:
Antrag auf Zulassung der Berufung, (Straßen-)Verkehrssicherungspflicht, Verkehrssicherungsanspruch (verneint), geschlossene Ortslage, kein subjektiver Anspruch auf Durchführung des Winterdienstes, Anlieger, Gemarkung, Streupflicht, Verkehrssicherungspflicht, Verletzung, Verpflichtung, Wohnanwesen
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 19.01.2017 – RN 2 K 16.147
Fundstellen:
BayVBl 2020, 18
BeckRS 2019, 13661
NVwZ-RR 2019, 879
LSK 2019, 13661
KommJur 2019, 418
NJW 2020, 258

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Kläger begehren von der beklagten Stadt die unentgeltliche Durchführung des Winterdienstes auf einem öffentlichen Feld- und Waldweg von dessen Einmündung in die Ortsstraße bis zur Zufahrt des klägerischen Anwesens.
2
Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Wohnanwesen bebauten Grundstücks FlNr. … Gemarkung W. Das Grundstück befindet sich in Hanglage und grenzt östlich an den im Eigentum der Beklagten stehenden öffentlichen Feld- und Waldweg (FlNr. …), der bis zur nördlichen Grenze des klägerischen Grundstücks asphaltiert ist und im weiteren Verlauf nach Norden in einen Wald führt. Westlich existiert über das Grundstück FlNr. … eine private Zufahrt zum Anwesen der Kläger.
3
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 informierte die Beklagte die Kläger, dass eine Verpflichtung zur Durchführung des Winterdienstes dem auf öffentlichen Feld- und Waldwegen für Kommunen nicht bestehe und dass der Winterdienst auf Weg FlNr. … aus technischen Gründen nicht möglich sei. In der Vergangenheit sei die private Zufahrt über die FlNr. … gemäß einer Vereinbarung mit der Voreigentümerin kostenpflichtig geräumt worden. Eine entsprechende Vereinbarung mit den Klägern sei versehentlich unterblieben und deswegen der Räumdienst in den letzten Jahren für die Kläger unentgeltlich erfolgt. Unabhängig davon werde die Beklagte private Zufahrten ab Winter 2016/2017 nicht mehr räumen. Für die Zukunft wurden die Kläger gebeten, sich einen Drittanbieter für den Winterdienst zu organisieren oder diesen selbst auszuführen.
4
Mit Urteil vom 19. Januar 2017 hat das Verwaltungsgericht R. die mit dem Ziel der unentgeltlichen Durchführung des Winterdienstes auf dem öffentlichen Feld- und Waldweg erhobene Leistungsklage der Kläger abgewiesen. Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen sie ihr Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
5
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
6
Die von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründe wurden nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
7
1. Aus dem Vorbringen der Kläger ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
8
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden. Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77/83; B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838/834; BayVGH, B.v. 15.3.2017 - 8 ZB 15.1610 - juris Rn. 8 m.w.N.). Das Darlegungsgebot (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) erfordert, die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Dies bedarf einer substanziierten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird (vgl. BayVGH, B.v. 9.1.2019 - 8 ZB 18.122 - juris Rn. 8 m.w.N.).
9
Nach diesem Maßstab bestehen vorliegend keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass den Klägern kein Anspruch auf Durchführung des Winterdienstes auf dem an ihr Grundstück grenzenden öffentlichen Feld- und Waldweg FlNr. … zusteht. Ein solches subjektives Recht der Kläger als Anlieger einer öffentlichen Straße auf Schneeräumung und Streuen bei Schnee- und Eisglätte gegen die Beklagte ergibt sich entgegen ihrer Annahme weder aus einer Straßenbaulastpflicht der Beklagten nach Art. 9 Abs. 1 BayStrWG (vgl. unten a) noch aus einer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (vgl. unten b) noch aus Art. 51 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG (vgl. unten c).
10
a) Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass sich die Kläger nicht auf eine Verpflichtung aus der Straßenbaulast der Beklagten nach Art. 9 Abs. 1 i.V.m. Art. 54 Abs. 1 BayStrWG berufen können.
11
Ein Anspruch aufgrund der Straßenbaulast scheidet schon deswegen aus, weil diese gemäß Art. 9 Abs. 3 Satz 1 BayStrWG das Schneeräumen und Streuen bei Schnee- oder Eisglätte nicht umfasst. Soweit die Soll-Bestimmung des Art. 9 Abs. 3 Satz 2 BayStrWG vorsieht, dass die Träger der Straßenbaulast unbeschadet der Verkehrssicherungspflicht oder der Verpflichtung Dritter die Straßen bei Schnee und Eisglätte räumen und streuen sollen, ergibt sich daraus lediglich eine gegenüber der Allgemeinheit bestehende Verpflichtung, jedoch kein subjektiver Anspruch für den einzelnen Benutzer oder Anlieger einer Straße (vgl. BayVGH, B.v. 6.4.2004 - 8 CE 04.464 - BayVBl 2005, 23 = juris Rn. 4; BayObLG, U.v. 18.6.1990 - RReg 2 Z 255/89 - BayVBl 1990, 669 f. = juris Rn. 12). Insofern konnte das Erstgericht die Frage offen lassen, ob die Beklagte für den streitgegenständlichen Weg gemäß Art. 54 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG Träger der Straßenbaulast ist und ob es sich hierbei um einen „ausgebauten“ Weg im Sinn von Art. 54 Abs. 6 BayStrWG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Merkmale für ausgebaute öffentliche Feld- und Waldwege vom 19. November 1968 handelt.
12
b) Zutreffend hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass die allgemeine (Straßen-)Verkehrssicherungspflicht, die in Bayern gemäß Art. 69 BayStrWG (entspricht Art. 72 BayStrWG a.F.) hoheitlich ausgestaltet ist (BayObLG, U.v. 18.6.1990 - RReg 2 Z 255/89 - BayVBl 1990, 669 f. = juris Rn. 12), ebenfalls kein subjektiv einklagbares Recht der Kläger auf Durchführung des Winterdienstes begründet.
13
Unabhängig von den Einschränkungen, denen nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung Ansprüche aus der (Straßen-)Verkehrssicherungspflicht unterliegen, wie etwa die Gefährlichkeit oder Verkehrsbedeutung einer Straße oder die Leistungsfähigkeit des Verkehrssicherungspflichtigen (vgl. dazu BGH, U.v. 23.7.2015 - III ZR 86/15 - BayVBl 2016, 31 = juris Rn. 10 m.w.N.), können sich aus einer Verletzung der winterlichen Räum- und Streupflicht grundsätzlich nur (sekundäre) Ansprüche auf Schadenersatz in Geld ergeben, die nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 3 GG vor den Zivilgerichten geltend zu machen sind, nicht jedoch (primäre) Ansprüche auf Erfüllung der Winterdienstpflicht selbst. Einen allgemeinen „Verkehrssicherungsanspruch“ des Straßenbenutzers oder des Anliegers auf Durchführung des Winterdienstes gibt es nicht (vgl. OVG NRW, U.v. 10.11.1994 - 23 A 2097/93 - NVwZ-RR 1995, 482 = juris Rn. 21 ff.; VG Karlsruhe, U.v. 27.6.1997 - 9 K 397/97 - juris Rn. 21; VG Dresden, U.v. 16.4.2015 - 3 K 2/14 - juris Rn. 18). Auf die Frage, ob im vorliegenden Fall die Beklagte wegen der Gefährlichkeit der Straßenverhältnisse im streitgegenständlichen Streckenabschnitt (Kurve, Steigung von 16% bzw. 29,5%) straßenverkehrssicherungspflichtig ist, kommt es daher nicht an. Da die Haftungsvorschriften des § 839 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 3 GG die Regelungen zur bürgerlich-rechtlichen Verkehrssicherungspflicht verdrängen (vgl. BGH, U.v. 9.10.2014 - III ZR 68/14 - NJW 2014, 3580 = juris Rn. 8; Schmid in Zeitler, BayStrWG, Stand Januar 2018, Art. 69 Rn. 14; Edhofer/Willmitzer, BayStrWG, 14. Aufl. 2013, Art. 72 Erl., jew. m.w.N.) kann auch offen bleiben, ob die Kläger im vorliegenden Fall durch eine sich abzeichnende Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht nachhaltig und konkret beeinträchtigt oder bedroht sind und einer Bedrohung auch nicht ohne weiteres ausweichen oder mit zumutbaren Mitteln begegnen können (vgl. Mertens in Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl. 1997, § 823 Rn. 64).
14
c) Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Kläger auch aus der Bestimmung des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG keinen Anspruch auf Erfüllung der Räum- und Streupflicht durch die Beklagte für sich herleiten können.
15
Danach haben die Gemeinden innerhalb der geschlossenen Ortslage zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nach ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Straßen unter anderem von Schnee zu räumen und alle gefährlichen Fahrbahnstellen, die Fußgängerüberwege und die Gehbahnen bei Glätte zu streuen, wenn das dringend erforderlich ist und nicht andere aufgrund sonstiger Rechtsvorschriften (insbesondere der Verkehrssicherungspflicht) hierzu verpflichtet sind.
16
aa) Zwar trifft die Annahme der Kläger zu, dass sich der streitgegenständliche öffentliche Feld- und Waldweg im Abschnitt von seiner Einmündung in die Ortsstraße bis zur Zufahrt des klägerischen Anwesens „innerhalb der geschlossenen Ortslage“ befindet. Nach dem in Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG legal definierten Begriff ist eine „geschlossene Ortslage“ der Teil des Gemeindegebiets, der in geschlossener oder offener Bauweise zusammenhängend bebaut ist. Einzelne unbebaute Grundstücke, zur Bebauung ungeeignetes oder ihr entzogenes Gelände oder einseitige Bebauung unterbrechen nach Art. 4 Abs. 1 Satz 3 BayStrWG den Zusammenhang nicht. Es handelt sich insoweit um einen eigenständigen, von den bauplanungsrechtlichen Bestimmungen der §§ 29 ff. BauGB unabhängigen straßenrechtlichen Begriff (vgl. BayVGH, U.v. 25.2.2009 - 8 B 07.197 - BayVBl 2009, 471; U.v. 18.8.2016 - 8 B 15.2552 - BayVBl 2017, 451 = juris Rn. 47). Danach befindet sich der streitgegenständliche, beidseitig bebaute Streckenabschnitt des Wegs FlNr. … zweifellos innerhalb der geschlossenen Ortslage.
17
bb) Der geltend gemachte Anspruch der Kläger scheitert aber daran, dass es sich bei der nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG bestehenden Räum- und Streupflicht (Winterdienst) lediglich um eine Verpflichtung handelt, die gegenüber der Allgemeinheit besteht, nicht aber ein subjektives Recht des einzelnen Straßenbenutzers oder Anliegers. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH, U.v. 6.4.1995 - 8 B 94.2746 - nicht veröffentlicht; B.v. 6.4.2004 - 8 CE 04.464 - BayVBl 2005, 23 = juris Rn. 5; B.v. 14.4.2011 - 8 C 11.344 - juris Rn. 10) und ergibt sich aus dem Wesen des Winterdienstes als eine ausschließlich im öffentlichen Interesse bestehende kommunale Pflichtaufgabe im Sinn des Art. 57 Abs. 2 GO. Im Entwurf zu Art. 51 Satz 1 in der ursprünglichen Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes vom 11. Juli 1958 (GVBl S. 147), auf den die jetzige Fassung des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG zurückgeht, heißt es hierzu wie folgt (LT-Drs. III, Beilage 2832 S. 43, im Entwurf noch Art. 52):
18
„Nach Art. 9 Abs. 3 erstreckt sich die Straßenbaulast weder auf das Schneeräumen und Streuen bei Schnee- oder Eisglätte noch auf die Reinigung und Beleuchtung. Diese Vorkehrungen umfasst die insbesondere aus § 823 BGB durch die Rechtsprechung der Zivilgerichte entwickelte sogenannte Verkehrssicherungspflicht. … Dieser Rechtsgrundsatz der Verkehrssicherungspflicht ist im bürgerlichen Recht und damit dem Bundesrecht zuzurechnen und daher einer Regelung oder Modifizierung durch ein Landesgesetz nicht zugänglich.
19
Art. 52 beinhaltet vielmehr in Ausfüllung des Art. 57 Abs. 2 GO eine von dieser Verkehrssicherungspflicht zu unterscheidende öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Gemeinden. Ihr sicherheitsrechtlicher Charakter ergibt sich schon aus der engen Formulierung, wonach die Maßnahmen zum Schutze von Leib, Leben und Eigentum zwingend erforderlich sein müssen. Sie ist nur subsidiärer Natur und gewinnt nur dort Bedeutung, wo die Gemeinde nicht schon als Eigentümer der Straßenfläche aus dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht oder aus anderen Gründen zu den genannten Maßnahmen verpflichtet ist oder keinen Dritten eine entsprechende öffentlich-rechtliche oder bürgerlich-rechtliche Verpflichtung trifft. In Betracht kommen insbesondere die Ortsdurchfahrten, die nicht in der Baulast der Gemeinde stehen und bei der Eigentümer der Wegefläche, sei es der Staat oder ein Landkreis, nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte keine Streupflicht usw. hat.
20
Als subsidiär Verpflichtete bieten sich die Gemeinden an, da sie am besten und unter geringstem Aufwand in der Lage sind, für die Beseitigung der Gefahrenquellen innerhalb der geschlossenen Ortslage Sorge zu tragen.
21
Die Vorschrift des Art. 52 legt den Gemeinden keine neue Verpflichtung auf, die sie nicht mindestens bis zum Erlass der Gemeindeordnung von 1952 gehabt haben; sie ist daher eine echte Ausfüllung des Art. 57 Abs. 2 GO, wobei noch die Leistungsfähigkeit der Gemeinde berücksichtigt wird…“
22
Diesen Ausführungen lässt sich ohne Weiteres entnehmen, dass der Gesetzgeber mit Art. 51 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG für den innerörtlichen Bereich von Gemeinden zwar die bestehenden (Straßen-)Verkehrssicherungspflichten ergänzen wollte, dass er aber über entsprechende Schadensersatzansprüche hinaus keine subjektiven Rechte auf Erfüllung der gemeindlichen Winterdienstpflicht zugunsten einzelner Straßenbenutzer oder Anlieger schaffen wollte. Gleiches gilt für die - über die in Absatz 1 geregelte (subsidiäre) Streupflicht hinausgehende - Streupflicht der Gemeinden, soweit sie in Absatz 2 für den Bereich gefährlicher Fahrbahnstellen und Fußgängerüberwege durch das Zweite Gesetz zur Änderung des bayerischen Straßen- und Wegegesetze vom 24. April 1968 (GVBl. S. 57) zu einer primären Pflicht der Gemeinden erhoben wurde. Auch insoweit ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber subjektive Erfüllungsansprüche von Straßenbenutzern oder Anliegern begründen wollte (vgl. LT-Drs. 6/Beilage 447 S. 17).
23
cc) Auf die Frage, ob die weiteren Voraussetzungen des Art. 51 Abs. 1 Abs. 1 BayStrWG erfüllt sind, insbesondere ob die Beklagte leistungsfähig ist (vgl. dazu Schmid in Zeitler, BayStrWG, Stand Januar 2018, Art. 51 Rn. 11), ob ein anderer vorrangig verpflichtet ist (vgl. dazu BayVGH, U.v. 28.1.2008 - 8 BV 05.2923 - BayVBl 2009, 563 = juris Rn. 24) und ob die Durchführung des Winterdienstes auf dem streitgegenständlichen Straßenabschnitt zum Schutz hochrangiger Rechtsgüter dringend erforderlich ist (vgl. dazu Schmid in Zeitler, a.a.O., Art. 51 Rn. 13), kommt es nicht mehr an.
24
Soweit die Kläger auf die Gefährlichkeit der Straßenverhältnisse im streitgegenständlichen Streckenabschnitt (Kurve, Steigung von 16% bzw. 29,5%) verweisen und unter Berufung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 7. Oktober 2008 (Az. 13 K 1233/08 - Jurion RS 2008, 37120) geltend machen, dass ausnahmsweise ein Erfüllungsanspruch auf Durchführung des Winterdienstes bestehe, wenn eine konkrete Gefahr für ein überragendes Rechtsgut wie Leben oder Gesundheit gegeben sei, können sie damit zudem schon deshalb nicht durchdringen, weil diese Annahme, die auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (vgl. U.v. 30.3.1984 - 5 S 2165/83 - BeckRS 2010, 56596; U.v. 26.5.1994 - 5 S 2611/93 - ESVGH 44, 320 = juris Rn. 21) zurückgeht, zu Regelungen des Straßengesetzes für Baden-Württemberg ergangen ist, die in Bayern keine Anwendung finden.
25
d) Dieses Ergebnis steht entgegen der Annahme der Kläger nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Senats im Beschluss vom 6. April 2004 (8 CE 04.464 - BayVBl 2005, 23 = juris). Die Behauptung, der Senat habe entschieden, dass eine Gemeinde den Anlieger eines ausgebauten Feld- und Waldwegs „nur dann“ darauf verweisen dürfe, die Schneeräumung auf dem Weg durch eigene Maßnahmen, durch Inanspruchnahme von Leistungen Dritter oder durch entgeltlich angebotene Leistungen der Gemeinde zu organisieren, wenn sich der Weg außerhalb der geschlossenen Ortslage befinde, trifft in der Sache nicht zu. Der Senat hat sich in der Entscheidung ausschließlich mit der gemeindlichen Verpflichtung zur Schneeräumung auf öffentlichen Feld- und Waldwegen außerhalb geschlossener Ortslage befasst. Aussagen zu kommunalen Pflichten betreffend die Durchführung des Winterdienstes im Bereich innerhalb geschlossener Ortslagen lassen sich der Entscheidung - auch im Umkehrschluss - nicht entnehmen.
26
2. Soweit die Kläger den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend machen, lassen sich aus der Zulassungsbegründung besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache, die der Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften, nicht erkennen.
27
Die Kläger beschränken ihr Vorbringen darauf, dass der Sachverhalt vom Verwaltungsgericht nicht geklärt sei und das angefochtene Urteil nach der bisher erreichten Klärung des Sachverhalts Anlass zu erheblichen Zweifeln gebe. Dieses Vorbringen wird den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gerecht. Allein eine Bezugnahme auf bereits im Rahmen des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel erfolgten Einwendungen der Kläger genügt ohne konkrete Darstellung der besonderen tatsächlichen Aspekte, auf die das Gericht nicht eingegangen sein soll, nicht den Darlegungsanforderungen. Hierfür wäre Voraussetzung, dass ein Rechtsmittelführer die relevanten Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darstellt und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel macht (vgl. dazu BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163 = juris Rn. 17). Daran fehlt es. Ungeachtet dessen liegt dem Senat ein vom Verwaltungsgericht aufgeklärter und nicht überdurchschnittlich komplexer Sachverhalt vor.
28
3. Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
29
Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 20; BVerwG, B.v. 4.8.2017 - 6 B 34.17 - juris Rn. 3). Grundsätzliche Bedeutung ist zu verneinen, wenn sich eine Rechtsfrage ohne weiteres unter Anwendung anerkannter Auslegungsmethoden und unter Heranziehung der bisherigen Rechtsprechung beantworten lässt (vgl. BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642 = juris Rn. 24). Das ist hier der Fall. Die von den Klägern als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,
30
„ob in Bayern ein einklagbarer Anspruch eines Anliegers, wie hier der Kläger, gegen die Gemeinde auf Durchführung des Winterdienstes auf einem öffentlichen Zufahrtsweg in Form eines ausgebauten öffentlichen Feld- und Waldweges im Sinne des § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Merkmale für ausgebaute öffentliche Feld- und Waldwege vom 19.11.1968 besteht, um in den Wintermonaten zu einem Wohngrundstück gelangen zu können“, 31 lässt sich - wie ausgeführt - ohne Weiteres auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens bereits im Zulassungsverfahren beantworten. Sie ist zu verneinen.
31
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
32
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).