Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 06.05.2019 – W 8 K 18.1353
Titel:

Kein Erlass der Grundsteuer

Normenketten:
GrStG § 33 Abs. 1 S. 1, S. 2
AO § 163, § 227
Leitsätze:
1. Ein Steuerpflichtiger hat die Ertragsminderung bei einem Leerstand dann nicht zu vertreten, wenn er sich - was er nachzuweisen hat - nachhaltig um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat; je schwieriger ein Objekt zu vermieten ist, desto intensiver und nachhaltiger haben die Vermietungsbemühungen zu sein. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Erlass der Grundsteuer nach §§ 163, 227 AO kommt bei Ertragsminderung nicht in Betracht, da in diesem Fall die sachliche Unbilligkeit abschließend in den §§ 32 ff. GrStG geregelt ist. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Antrag auf Erlass der Grundsteuer, Vertretenmüssen, erfolglose Verkaufs- und Vermietungsbemühungen, fehlender Nachweis, Erlass, Grundsteuer, Vermietungsbemühungen, Nachweis
Fundstelle:
BeckRS 2019, 11383

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt den Erlass der Grundsteuer für das Jahr 2010 hinsichtlich des Grundstücks H.-straße ... in D.
2
Die Grundsteuer für das streitgegenständliche Grundstück war mit Bescheid vom 14. Januar 2003 in Höhe von 1.554,31 EUR auch für die nachfolgenden Jahre festgesetzt worden. Die letzte Mieterin des Grundstücks kündigte mit Schreiben vom 10. Oktober 2005 das Mietverhältnis zum 30. April 2006. Seitdem stand die auf dem Grundstück befindliche Immobilie leer. Mit Vertrag vom 22. November 2010 wurde das Grundstück verkauft.
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Der Vater des Klägers stellte am 14. März 2011 einen Antrag auf Erlass der Grundsteuer für das Jahr 2010, da das Objekt derzeit und in der voraussichtlichen Zukunft nicht vermietet oder verkauft werden könne.
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Mit Bescheid vom 14. September 2015 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Erlass der Grundsteuer 2010 in Höhe von 1.554,31 EUR ab (Nr. 1). Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass keine Nachweise vorgelegt worden seien. Außerdem lägen weder sachliche noch persönliche Unbilligkeitsgründe vor.
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Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch unter Vorlage der Kündigung der letzten Mieterin vom 10. Oktober 2005. Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn dem Landratsamt Schweinfurt zur Entscheidung vor.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2018, der dem Klägerbevollmächtigen nach dessen Angabe am 19. September 2018 zuging, wies das Landratsamt S. den Widerspruch des Klägers zurück (Nr. 1). Die Kosten des Widerspruchsverfahrens wurden dem Kläger auferlegt (Nr. 2) und es wurde für den Widerspruchsbescheid eine Gebühr in Höhe von 79,50 EUR festgesetzt (Nr. 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Vorlage der Kopie der Kündigung der letzten Mieterin genüge nicht den Erfordernissen, die nach dem Verwaltungsverfahren für Nachweise zu stellen seien. Es sei zudem nicht nachgewiesen, dass auch im streitgegenständlichen Jahr 2010 eine Minderung des Rohertrages angehalten habe. Es begegne keinen Bedenken, dass die Gemeinde Nachweise verlange, dass das Objekt im Jahr 2010 an mindestens 12 Terminen durch Zeitungsinserat, im Internet oder anderen Medien zur Vermietung bzw. zum Verkauf öffentlich inseriert gewesen sei. Es sei nicht nachgewiesen worden, dass der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten habe. Bei Entscheidungen über einen Erlass der Grundsteuer nach § 33 GrStG sei der Gemeinde kein Ermessensspielraum eröffnet. Im Hinblick auf § 227 AO lägen keine Anhaltspunkte für einen etwaigen Ermessensnichtgebrauch oder einen Ermessensfehlgebrauch vor.
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Mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2018, eingegangen bei Gericht am 18. Oktober 2018, ließ der Kläger Klage erheben und zur Begründung im Wesentlichen ausführen: Er habe einen Anspruch auf Erlass der Grundsteuer um 50 Prozent nach § 33 Abs. 1 Satz 3 GrStG, da das ehemalige Grundstück des Klägers im Jahr 2010 keinerlei Rohertrag erwirtschaftet habe und damit eine Minderung des normalen Rohertrags von 100 Prozent vorliege. Darüber hinaus sei der Kläger der Auffassung, dass ihm aus Billigkeitsgründen die Grundsteuer für das Jahr 2010 vollständig zu erlassen sei. Die letzte Mieterin habe den Mietvertrag mit dem Kläger unter dem 10. Oktober 2005 zum 30. April 2006 gekündigt. Dies sei offenkundig strukturbedingt mangels ausreichender Umsätze im Verkaufsgeschäft geschehen, weshalb seitdem ein strukturbedingter Leerstand eingetreten sei. Eine Ertragsminderung, die das nach § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG erforderliche Ausmaß erreiche, führe auch dann zu einem Grundsteuererlass, wenn sie strukturell bedingt und nicht nur vorübergehender Natur sei. Das Grundstück habe seitdem aus Gründen, die der Kläger nicht zu vertreten habe, nicht mehr anderweitig vermietet werden können. Mehrere Bestätigungsschreiben der beauftragten Immobilienmaklerin über die erfolglose Verkaufs- und Vermietungsbemühungen des Klägers seien der zuständigen Gemeindeverwaltung im Jahre 2008 übermittelt worden. Der Kläger habe einen Rechtsanspruch auf Erlass der Grundsteuer im Jahr 2010 um mindestens 50 Prozent gemäß § 33 GrStG wegen wesentlichen Ertragsminderungen. Der Gemeinderat D. habe insbesondere durch Ablehnung eines finanzkräftigen Investors, der 1 Million EUR in das Grundstück habe investieren und ein Freizeitcenter errichten wollen, eine anderweitige Vermietung selbst tatkräftig verhindert, weshalb gemäß §§ 163, 227 AO bei pflichtgemäßem Ermessen ein vollständiger Erlass der Grundsteuer im Jahr 2010 wegen persönlicher Unbilligkeit vorzunehmen gewesen sei. Hieraus sei mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 1. Juni 2018 hingewiesen worden und es sei Stellung zu den Verkaufs- und Vermietungsbemühungen genommen worden. Gleichwohl sei von dem Kläger unter anderem die Vorlage von Nachweisen in Form von mindestens 12 öffentlichen Verkaufsanzeigen in Zeitungen, im Internet oder anderen Medien zur Vermietung bzw. zum Verkauf gefordert und damit ermessensfehlerhaft gehandelt worden. Weiterhin sei rechtsfehlerhaft unterstellt worden, dass der Kläger die Minderung des Rohertrags um 100 Prozent im Jahr 2010 zu vertreten habe, nur weil er die geforderten 12 Verkaufs- oder Vermietungsanzeigen nicht vorgelegt habe. Für den Nachweis von Vermietungsbemühungen sowohl für Wohnraum als auch für gewerbliche Räume sei es ausreichend, wenn der Eigentümer glaubhaft mache, dass er einen Immobilienmakler mit der Vermietung des Objekts beauftragt habe. Darüber hinaus sei es nicht erforderlich, dass dessen Vermietungsbemühungen im Einzelnen nachgewiesen würden.
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Zur Begründung der Klageerwiderung ließ die Beklagte mit Schreiben vom 17. Dezember 2018 im Wesentlichen ausführen, der Kläger habe keine Nachweise bezüglich der geltend gemachten wesentlichen Ertragsminderung vorgelegt. Ferner habe es der Kläger versäumt, seine Vermietungsbemühungen für die seit dem 1. Mai 2006 leerstehende gewerbliche Immobilie nachzuweisen, obwohl er seitens der Beklagten um einen Nachweis gebeten worden sei. Zudem übersehe der Kläger, dass es sich bei der Entscheidung über den Anspruch auf Erlass der Grundsteuer gemäß § 33 Abs. 1 GrStG nicht um eine im Ermessen der Beklagten stehende Billigkeitsentscheidung gemäß §§ 163, 227 AO handle. Beim Kläger liege keine eigengewerbliche Nutzung eines bebauten Grundstücks i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 3 GrStG vor. Auch lägen die Voraussetzungen für die Annahme einer Unbilligkeit gemäß § 163 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 4 bzw. gemäß § 227 Hs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 5 AO nicht vor. Es seien keine Anhaltspunkte für einen Ermessensnicht- oder Ermessensfehlgebrauch der Beklagten gemäß § 5 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AO, Art. 40 BayVwVfG erkennbar.
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In der mündlichen Verhandlung am 6. Mai 2019 erhob das Gericht durch Einvernahme des Herrn J. M. (Vater des Klägers) als Zeugen zu den Tatsachen Beweis, dass der seinerzeit amtierende Bürgermeister im Jahr 2010 erklärt habe, dass für die Zeit des Leerstands keine Grundsteuer erhoben werden soll, dass mit der Mietinteressentin L. längere Verhandlungen geführt worden seien, dass der Gemeinderat der Beklagten einen finanzkräftigen Investor, der ein Freizeitcenter habe errichten wollen, abgelehnt habe, und dass die Immobilienmaklerin das Objekt mehrfach in den örtlichen Zeitungen inseriert habe.
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Der Klägerbevollmächtigte beantragte,
Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 14. September 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes S. vom 14. September 2018 verpflichtet, dem Kläger die Zahlung der Grundsteuer für das Kalenderjahr 2010 für das Grundstück H.-straße ... in Höhe von 1.554,31 EUR zu erlassen.
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Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Behördenakte sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
14
Die Ablehnung des Erlasses der Grundsteuer mit Bescheid vom 14. September 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Dass die Voraussetzungen für einen Erlass der Grundsteuer nach § 33 GrStG im vorliegenden Fall nicht gegeben sind, ist insbesondere im Widerspruchsbescheid vom 14. September 2018 zutreffend begründet. Auf diese Gründe, die sich das Gericht zu Eigen macht, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
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Die Voraussetzungen für die Erteilung der begehrten Erlaubnis sind nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen.
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Anspruchsgrundlage für einen Erlass der Grundsteuer ist § 33 GrStG i.V.m. § 34 GrStG. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Grundsteuergesetz (GrStG) wird die Grundsteuer in Höhe von 25 Prozent erlassen, wenn bei bebauten Grundstücken der normale Rohertrag des Steuergegenstandes um mehr als 50 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat; beträgt die Minderung des normalen Rohertrags 100 Prozent, ist die Grundsteuer in Höhe von 50 Prozent zu erlassen. Normaler Rohertrag ist gemäß § 33 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 GrStG bei bebauten Grundstücken die nach den Verhältnissen zu Beginn des Erlasszeitraums geschätzte übliche Jahresrohmiete. Gemäß § 34 Abs. 1 GrStG wird der Erlass jeweils nach Ablauf eines Kalenderjahres für die Grundsteuer ausgesprochen, die für das Kalenderjahr festgesetzt worden ist (Erlasszeitraum), wobei für die Entscheidung über den Erlass die Verhältnisse des Erlasszeitraums maßgeblich sind. Der Antrag ist bis zu dem auf den Erlasszeitraum folgenden 31. März zu stellen (§ 34 Abs. 2 Satz 2 GrStG). Der Steuerpflichtige ist nach § 90 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 3 Abgabenordnung (AO) zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet; er hat insbesondere die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen und die ihm bekannten Beweismittel anzugeben (BVerwG, U.v. 14.05.2014 - Az. 9 C 1/13 - juris Rn. 19; B.v. 03.12.2014 - 9 B 73/14 - juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 08.12.2016 - 4 ZB 16.1583 - Rn. 13; VG Bayreuth U. v. 21.2.2018 - 4 K 17.173 - juris).
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Ein Steuerpflichtiger hat die Ertragsminderung dann nicht zu vertreten, wenn sie auf Umständen beruht, die außerhalb seines Einflussbereichs liegen, d.h. wenn er die Ertragsminderung weder durch ein ihm zurechenbares Verhalten herbeigeführt noch ihren Eintritt durch geeignete und ihm zumutbare Maßnahmen hat verhindern können (BVerwG, U. v. 25.6.2008 - 9 C 8/07 - NVwZ-RR 2008, 814/815; BayVGH, B. v. 18.1.2010 - 4 ZB 09.1962 - juris). Ist die Ertragsminderung durch einen Leerstand bedingt, hat sie der Steuerpflichtige nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat (BFH, U.v. 20.10.2007 - II R 5/05 - juris). Der Begriff des Vertretenmüssens ist weit auszulegen und greift weiter als eine bloße Vermeidung von Vorsatz und Fahrlässigkeit in Bezug auf die zur Ertragsminderung führenden Ursachen. Bei der Auslegung des § 33 GrStG ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, die mit Rücksicht auf die Eigenart der Grundsteuer als grundsätzlich ertragsunabhängige Objektsteuer eng auszulegen ist. Je schwieriger ein Objekt zu vermieten ist, desto intensiver und nachhaltiger haben die Vermietungsbemühungen zu sein (VG Augsburg, U.v. 30.10.2013 - Au 6 K 13.596 - juris). Maßgeblich für die Bewertung sind dabei die Umstände des jeweiligen Einzelfalles. Im Einzelnen können etwa der Objektcharakter, das jeweilige Marktsegment sowie die Marktsituation vor Ort berücksichtigt werden (BVerwG, B.v. 13.2.2017 - 9B 37/16 - juris).
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Der Kläger hat bereits unabhängig davon, ob die sonstigen Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GrStG erfüllt sind, keinen Anspruch auf Erlass der Grundsteuer, da für den konkreten Erlasszeitraum - das Kalenderjahr 2010 - nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Kläger die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat.
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Weder die vom Kläger vorgelegten Unterlagen noch die Aussagen des in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen sind geeignet, den Nachweis für nachhaltige Vermietungsbemühungen konkret im Kalenderjahr 2010 zu erbringen. Sowohl die vorgelegten Unterlagen als auch die Ausführungen des Zeugen genügen nicht den inhaltlichen Anforderungen an einen Nachweis. Die Unterlagen treffen keine Aussagen in Bezug auf das Kalenderjahr 2010. Ebenso verhält es sich mit den Aussagen des einvernommenen Zeugen. Zwar sind die Aussagen des Zeugen grundsätzlich glaubhaft, da die in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben zum einen im Wesentlichen mit den Angaben in dem Bestätigungsschreiben des Zeugen (Fax vom 27. November 2015) übereinstimmen und der Zeuge in der mündlichen Verhandlung auch ehrlich angab, wenn er sich aufgrund des zeitlichen Abstandes nicht mehr erinnern konnte. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge aus „Gefälligkeit“ mit dem Kläger abgesprochene Aussagen getätigt hätte, konnte das Gericht nicht erkennen. Jedoch konnte der Zeuge aufgrund des zeitlichen Abstandes und der damit verbundenen erheblichen Erinnerungslücken keine inhaltlich verwertbaren Angaben für das Jahr 2010 machen.
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Im Einzelnen ist zu den vorgelegten Unterlagen und den Ausführungen des Zeugen folgendes anzumerken:
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Das Kündigungsschreiben der E. Grundstücksgesellschaft vom 10. Oktober 2005 zum 30. April 2006 (Bl. 54 der Behördenakte) kann nicht für Vermietungsbemühungen im Jahr 2010 herangezogen werden. Zum einen betrifft es lediglich die Jahre 2005 und 2006 und nicht das Jahr 2010. Zum anderen ist Gegenstand dieses Schreibens eine Kündigung und nicht eine Vermietungsbemühung.
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Soweit der Zeuge in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend mit seinem Bestätigungsschreiben (Fax vom 27. November 2015) aussagte, dass in den Jahren 2007 bis 2010 verschiedene Vermarktungsbemühungen gab, bestehen, wie bereits erwähnt, zwar keine Zweifel hinsichtlich der Glaubhaftigkeit dieser Angaben, jedoch enthalten die Angaben des Zeugen keine konkreten Angaben zu Vermietungsbemühungen im Kalenderjahr 2010. Er trug lediglich allgemein vor, dass es in den Jahren nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses durch das Unternehmen E. ständig Vermietungs- und Verkaufsbemühungen gegeben habe. Für ein substantiiertes Vorbringen wären aber insbesondere Angaben dazu erforderlich gewesen, wie oft der Zeuge im Jahr 2010 versuchte, das Objekt zu vermieten, und in welcher Form die Vermarktung wie etwa durch Internet- oder Zeitungsinserate erfolgte. Ebenso wenig konnte der Zeuge dieses Vorbringen durch entsprechende Unterlagen belegen.
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Auch die Verweise auf die fehlgeschlagenen Vermietungsbemühungen mit der Mietinteressentin L. und einem Interessenten für ein Freizeitcenter führen zu keinem anderen Ergebnis. Zum einen konnte der Zeuge diese Vertragsverhandlungen zeitlich nicht eindeutig dem Jahr 2010 zuordnen. Zum anderen wären lediglich zwei Vermietungsbemühungen nicht ausreichend, um annehmen zu können, dass der Steuerpflichtige alle ihm zumutbare Maßnahmen ergriffen hat. Nicht zu überzeugen vermag an dieser Stelle der klägerische Einwand, anderweitige Vermietungsbemühungen während den Vertragsverhandlungen mit der Mietinteressentin L. hätten diese von weiteren Vertragsverhandlungen Abstand nehmen lassen. Vielmehr entspricht es regulärem wirtschaftlichem Gebaren, sich nicht nur auf einen möglichen Vertragspartner zu verlassen. Überdies führen weitere Interessenten dazu, dass sich ein möglicher Vertragspartner aus Konkurrenzgesichtspunkten häufig dann tatsächlich (schneller) für den Abschluss des Geschäfts entscheidet.
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Außerdem ist der in diesem Zusammenhang gemachte Vorwurf, die Gemeinde habe die Vermietungsbemühungen verhindert, indem sie entsprechende Genehmigungen abgelehnt habe, nicht geeignet, ein Mitverschulden der Gemeinde am Leerstand zu begründen. Denn es wurde nur vorgetragen, dass die Gemeinde die Genehmigung ablehnte. Aus welchen Gründen dies erfolgte oder, dass die Ablehnung rechtswidrig gewesen sein könnte, wurde dagegen nicht vorgetragen. Vielmehr sind die Vermietungsbemühungen mit dem Unternehmen L. nach den Angaben des Zeugen in der mündlichen Verhandlung daran gescheitert, dass der Eigentümer eines Nachbargrundstücks sein Grundstück, das L. für Stellplätze benötigt hätte, für einen zu hohen Preis habe verkaufen wollen, und L. deshalb Abstand von weiteren Vertragsverhandlungen genommen habe. Weder die Entscheidung des Eigentümers des Nachbargrundstücks noch des Unternehmens L. kann der Beklagten zugerechnet werden.
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Auch der Vortrag, der ehemalige Bürgermeister habe mitgeteilt, dass er während der Ruhephase des Objekts, die Grundsteuer nicht geltend machen werde, kann nicht zugunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Voraussetzung einer wirksamen Zusicherung ist die Einhaltung der nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG erforderlichen Schriftform. Laut Aussage des Zeugen hat der Bürgermeister seine Aussage zur Möglichkeit eines Steuererlasses jedoch nur mündlich getätigt.
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Im Hinblick auf das vorgelegte Bestätigungsschreiben der Immobilienmaklerin K. S. ist wiederum darauf zu verweisen, dass hieraus keine Rückschlüsse auf die Vermietungsbemühungen im Jahr 2010 gezogen werden können, da das Bestätigungsschreiben auf den 29. August 2008 datiert ist. Der Zeuge konnte sich in der mündlichen Verhandlung auch nicht daran erinnern bzw. konkrete Angaben machen, ob die Immobilienmaklerin S. im Jahr 2010 Vermietungen vorgenommen hatte. Überdies wäre, sollte es entsprechende Vermietungsbemühungen gegeben haben, zumindest die Vorlage eines Bestätigungsschreibens der Immobilienmaklerin sowie Unterlagen über durch die Immobilienmaklerin vorgenommene Inserate für das Jahr 2010 zu erwarten gewesen.
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Schließlich ist der Kaufvertrag vom 22. November 2010 kein ausreichender Anhaltspunkt bzw. Nachweis dafür, dass im Jahr 2010 mehrfach Vermietungsbemühungen vorgenommen wurden. Hieraus kann lediglich auf eine einzige (erfolgreiche) Verkaufsbemühung geschlossen werden.
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Unabhängig davon, ob tatsächlich mindestens 12 öffentliche Vermietungsanzeigen in Zeitungen, im Internet oder anderen Medien zur Vermietung zu fordern waren, wurde für das Jahr 2010 letztlich keine einzige Vermietungsanzeige vorgelegt, so dass der Kläger den Nachweis für ausreichende Vermietungsbemühungen nicht erbringen konnte.
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Ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankäme, ist zu § 33 Abs. 1 Satz 3 GrStG noch anzumerken, dass diese Vorschrift im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommt, da es keine Anhaltspunkte für ein eigengewerblich genutztes Grundstück gibt. Zudem ist § 33 Abs. 1 Satz 3 GrStG kein eigenständiger Erlasstatbestand, sondern fordert vielmehr für einen Erlass bei eigengewerblich genutzten Grundstücken, dass zusätzlich zu den Voraussetzungen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 und 2 GrStG die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig sein muss.
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Im Ergebnis hat der Kläger keinen Anspruch auf Erlass der Grundsteuer für das Jahr 2010 nach § 33 GrStG.
32
Auch ein Erlass nach §§ 163, 227 AO kommt nicht in Betracht, da im Falle der Ertragsminderung die sachliche Unbilligkeit abschließend in den §§ 32 ff. GrStG geregelt ist (vgl. VG Greifswald, U.v. 19.2.2003 - 3 A 2650/00 - juris, Rn. 24 m.w.N.; Schneider, GrStG, Stand: Januar 2019, § 33 S. 23). Überdies sind keine Anhaltspunkte für eine möglicherweise bestehende persönliche Unbilligkeit ersichtlich. Soweit das Grundstück letztlich mit Verlust verkauft wurde, erfüllt dies allein nicht die Voraussetzung der persönlichen Unbilligkeit. Die persönliche Unbilligkeit liegt nur dann vor, wenn die Steuererhebung die wirtschaftliche und persönliche Existenz des Steuerpflichtigen vernichten oder ernsthaft gefährden würde (BFH, U.v. 26.2.1987 - IV R 298/84 - BStBl. II S. 612).
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Schließlich sind auch Nr. 2 und Nr. 3 des Widerspruchsbescheids rechtlich nicht zu beanstanden.
34
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO in vollem Umfang abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.