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ErgRiVASt
Text gilt ab: 01.04.2010
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319-J

Ergänzungsvorschriften zu den Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten
(ErgRiVASt)

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz
vom 10. Februar 2010, Az. 9350 E - II - 14132/2000

(JMBl. S. 14)

Zitiervorschlag: Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz über die Ergänzungsvorschriften zu den Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (ErgRiVASt) vom 10. Februar 2010 (JMBl. S. 14)

1. Ergänzung der Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten

Die von der Bayerischen Staatsregierung am 25. November 2008 erlassenen Richtlinien für den Verkehr mit dem Ausland in strafrechtlichen Angelegenheiten (RiVASt, StAnz Nr. 49), abgedruckt als Beilage Nr. 196b im BAnz vom 24. Dezember 2008, werden durch folgende Vorschriften und Hinweise ergänzt:

1.1 Zu Nr. 7 Abs. 1 RiVASt

1.1.1 

Die Prüfungs- und Bewilligungsbehörden im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz ergeben sich aus der Zuständigkeitsverordnung Rechtshilfe vom 29. Juni 2004 (GVBl S. 260).

1.1.2 

Die Bewilligung der Rechtshilfe sowie die Prüfung der Erledigungsstücke und der ausgehenden Ersuchen ist aktenkundig zu machen.

1.2 Zu Nr. 12 RiVASt

Die Prüfungs- und Bewilligungsbehörden können in Angelegenheiten, die den sonstigen Rechtshilfeverkehr betreffen, mit dem Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz unmittelbar verkehren, sofern nicht nach den RiVASt die Generalstaatsanwaltschaft zu beteiligen ist. Ersuchen um Übernahme der Strafverfolgung sind keine Rechtshilfeersuchen in diesem Sinne.

1.3 Zu Nr. 30 RiVASt

Sachstandsanfragen erübrigen sich bei Ersuchen, die über das Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz geleitet worden sind. Dieses erinnert die ausländischen Behörden in angemessenen Zeitabständen an die Erledigung der Ersuchen. Wesentliche Zwischenbescheide werden den Außenbehörden zur Kenntnis gebracht.

1.4 Zu Nr. 77 Abs. 2 RiVASt

Ersuchen um Durchführung von Vernehmungen per Video-/Telefonkonferenz werden durch die ersuchende Behörde grundsätzlich nach Maßgabe ihrer Rechtsvorschriften durchgeführt. Entsprechend Nr. 77 Abs. 2 Buchst. b RiVASt liegt die Sachleitung gleichwohl bei den deutschen Justizbehörden. Grundsätzlich ist diese Art der Vernehmung in Anwesenheit einer Richterin oder eines Richters bzw. einer Staatsanwältin oder eines Staatsanwalts durchzuführen, um Verstößen gegen den Ordre Public oder Grundsätze der deutschen Rechtsordnung entgegenwirken zu können.

1.5 Zu Nr. 88 Abs. 2 RiVASt

Soll die betroffene Person aus einem ausländischen Staat abgeschoben werden, ist die Zusicherung der Kostenübernahme nur mit Zustimmung des Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zulässig.

1.6 Zu Nr. 89, 100 Abs. 1, 101 RiVASt

1.6.1 

Im Rahmen der Nr.  RiVASt prüft die Staatsanwaltschaft anhand eines aktuellen BZR-Auszugs und der Mitteilung aus dem staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister, ob gegen die verfolgte Person noch von anderen deutschen Behörden eine Strafverfolgung oder Strafvollstreckung betrieben wird. Sie benachrichtigt die betreffenden Staatsanwaltschaften vom laufenden Auslieferungsverfahren, auch in den Fällen, in denen Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt sind, und bei Freiheitsstrafen ohne Bewährung, bei denen zwar kein Suchvermerk im Register, aber auch kein Hinweis auf Verbüßung eingetragen ist.

1.6.2 

Nach erfolgter Auslieferung ist auf dem Aufnahmeersuchen an die Justizvollzugsanstalt gemäß Nr. 4 ErgStVollstrO der Vermerk „Festnahme im Ausland“ anzubringen.

1.6.3 

Die Einweisungsbehörde ist durch die Justizvollzugsanstalt zu unterrichten, wenn sich aus nach Nr. 35 Abs. 1 VGO beigezogenen Personalakten ergibt, dass die gefangene Person in einem früheren Verfahren aus dem Ausland eingeliefert wurde (Vermerk „Festnahme im Ausland“). In Eilfällen sind die Informationen vorab telefonisch zu übermitteln.

1.7 Zu Nr. 135 RiVASt

1.7.1 

Die Mitteilungspflicht gemäß Nr. 135 RiVASt bezieht sich nur auf Freiheitsentziehungen in strafrechtlichen Angelegenheiten, z.B. auf Untersuchungshaft, Auslieferungshaft, einstweilige Unterbringung, Freiheitsstrafe, Ersatzfreiheitsstrafe, Sicherungsverwahrung, Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt. Sie gilt auch für Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft.

1.7.2 

Nach Art. 36 Abs. 1 Buchst. b des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 (BGBl 1969 II S. 1585) sind die Behörden der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, auf Verlangen der betroffenen Person die konsularische Vertretung ihres Heimatlandes von ihrer Festnahme unverzüglich zu unterrichten.

1.7.3 

Eine völkerrechtliche Verpflichtung zur unverzüglichen Unterrichtung der konsularischen Vertretung auch ohne oder gegen den Willen der betroffenen Person besteht darüber hinaus gegenüber den nachfolgend aufgeführten Staaten:
Armenien
Jamaika
Sierra Leone
Aserbaidschan
Kasachstan
Spanien
Belarus (Weißrussland)
Kirgisistan
St. Kitts und Nevis
Dominica
Lesotho
St. Vincent und Grenadinen
Fidschi
Malawi
Tadschikistan
Georgien
Malta
Tunesien
Grenada
Mauritius
Turkmenistan
Griechenland
Republik Moldau
Ukraine
Guyana
Monaco
Usbekistan
Italien
Russische Föderation
Zypern
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland (einschließlich Gibraltar, der Kanalinseln und der Isle of Man sowie der britischen Kronkolonien Anguilla und St. Helena [mit Ascension und Tristan da Cunha] und der britischen Überseegebiete [Bermuda, Britische Jungferninseln, Falklandinseln, Kaiman-Inseln, Pitcairn, Turks- und Caicos-Inseln] sowie British National [Overseas])

1.7.4 

Die Regelung des Art. 36 Abs. 1 Buchst. b des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24. April 1963 (BGBl 1969 II S. 1585) ist auch im Verhältnis zu den Staaten anzuwenden, die diesem Übereinkommen nicht beigetreten sind.

1.7.5 

Die Mitteilungspflicht entfällt nicht deshalb, weil die betroffene Person ihre konsularische Vertretung selbst benachrichtigt.

1.7.6 

Die Tatsache und die Art des Freiheitsentzuges (z.B. Untersuchungshaft oder Strafhaft) nebst formeller Rechtsgrundlage (beispielsweise Haftbefehl des …. vom …… mit Az.), ein etwaiger Festnahmezeitpunkt und der Verbleib der betroffenen Person unter Angabe des Vor-, Familien- und Geburtsnamens sowie von Tag und Ort der Geburt nebst Staatsangehörigkeit sind mitzuteilen.
Sofern die betroffene Person nach diesbezüglicher Belehrung dazu schriftlich ihr Einverständnis erklärt, soll auch der strafrechtliche Vorwurf mitgeteilt werden.

1.7.7 

Zu informieren ist die Konsularabteilung der jeweiligen Botschaft in Berlin bzw. die nächstgelegene konsularische Vertretung.
Wegen der erforderlichen Daten über die konsularischen Vertretungen wird auf Nr. 134 Abs. 2 RiVASt verwiesen. Die Anschriften sind auch im Internet-Angebot des Auswärtigen Amtes unter www.auswaertiges-amt.de aufgeführt.

1.7.8 

Von einer weitergehenden Unterrichtung der konsularischen Vertretung, z.B. von der Übersendung des Haftbefehls oder der Anklageschrift, ist abzusehen. Zeigt sich eine konsularische Vertretung an zusätzlichen Mitteilungen interessiert, ist sie auf die Möglichkeit hinzuweisen, mit der betroffenen Person Verbindung aufzunehmen.
Ersuchen der konsularischen Vertretung um Auskunft über den Stand und den Ausgang des Verfahrens oder um Übersendung von Ablichtungen aus den Strafakten sind (sofern sie nicht erkennbar der Förderung eines strafrechtlichen Verfahrens im Heimatland der betroffenen Person dienen und somit nach den Regelungen über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen zu behandeln sind) unter Beachtung der einschlägigen deutschen Bestimmungen zu erledigen. Die Entscheidung obliegt nach Maßgabe der §§ 474 ff. StPO der verfahrensführenden Behörde. In Zweifelsfällen ist dem Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zu berichten.

1.7.9 

Zu der erforderlichen Belehrung und Protokollierung sind grundsätzlich alle zuständigen Strafverfolgungsbehörden verpflichtet. Die erforderlichen Belehrungen sind je nach Art der Freiheitsentziehung vorrangig vorzunehmen und zu protokollieren:
beim Vollzug von Untersuchungshaft, Sicherungshaft, einer einstweiligen Unterbringung (§ 126a StPO, § 71 JGG), vorläufiger Auslieferungshaft und Auslieferungshaft durch das Gericht, dem die betroffene Person nach der Festnahme vorgeführt wird. Für die Vernehmung sind nach Möglichkeit die amtlich festgestellten Vordrucke StP 25 und 26 zu verwenden;
beim Vollzug von Ordnungshaft oder Zwangshaft (Erzwingungs- bzw. Beugehaft) durch die Justizvollzugsanstalt;
beim Vollzug von Freiheitsstrafe, Ersatzfreiheitsstrafe, Jugendstrafe, Sicherungsverwahrung oder Jugendarrest durch die Justizvollzugsanstalt, sofern nicht zuvor die erforderlichen Handlungen bei ununterbrochener Freiheitsentziehung erfolgt sind und das für die Justizvollzugsanstalt zu erkennen ist;
bei strafgerichtlich angeordneter Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt durch die Vollstreckungsbehörde, sofern nicht zuvor die erforderlichen Handlungen bei ununterbrochener Freiheitsentziehung erfolgt sind und das für die Vollstreckungsbehörde zu erkennen ist.

1.7.10 

Die Belehrung und Befragung der betroffenen Person und die Unterrichtung der konsularischen Vertretung sind aktenkundig zu machen und im Aufnahmeersuchen zu vermerken. Dabei sind insbesondere Angaben zur Durchführung der Belehrung, zum Verlangen der betroffenen Person auf Unterrichtung der konsularischen Vertretung oder zu ihrem diesbezüglichen Verzicht und gegebenenfalls ihr Einverständnis zur Mitteilung des Strafvorwurfs durch Unterschriftsleistung mit einzubeziehen. Die Mitteilung ist zu unterzeichnen und mit Höflichkeitsformel zu versehen.

1.8 Zu Nr. 138, 139 RiVASt

Die Befugnis zur Erteilung der gemäß Nr. 138 Abs. 1 und 139 RiVASt erforderlichen Genehmigung zur Teilnahme ausländischer Amtspersonen an Ermittlungshandlungen wird auf die für die Bewilligung der erbetenen Rechtshilfemaßnahme zuständige Stelle übertragen, soweit es sich um ein Ersuchen aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder aus den Staaten Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz handelt. Im Übrigen ist die Genehmigung des Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz einzuholen.

1.9 Zu Nr. 140 Abs. 1 RiVASt

Die gemäß Nr. 140 Abs. 1 RiVASt erforderliche Genehmigung des Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zur Teilnahme von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten oder Ermittlungspersonen an Amtshandlungen im Ausland gilt als allgemein erteilt, soweit
es sich um ein Ersuchen an einen der in Nr. 1.8 genannten Staaten handelt und
zur Entscheidung über die Stellung des Rechtshilfeersuchens eine der in § 7 ZustVO Rechtshilfe genannten Stellen zuständig ist.
Voraussetzung ist auch hier, dass die ersuchte Behörde des ausländischen Staates vor Antritt der Reise der Teilnahme an den Rechtshilfemaßnahmen zugestimmt hat (Nr. 142 Abs. 1 RiVASt).
Im Übrigen ist die erforderliche rechtshilferechtliche Genehmigung des Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz einzuholen.

1.10 Zu Nr. 141 Abs. 2 RiVASt

Die Kosten für den Transport der betroffenen Person werden von der die Auslieferung betreibenden Behörde getragen. Die Reisekosten bayerischer Polizeibeamter trägt die Innere Verwaltung.

2. Inkrafttreten; Außerkrafttreten

Diese Bekanntmachung tritt am 1. April 2010 in Kraft. Mit Ablauf des 31. März 2010 tritt die Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 26. September 1984 (JMBl S. 148) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Juli 1996 (JMBl S. 131) außer Kraft. Die Neufassung der ErgRiVASt wird zu gegebener Zeit in die Loseblattsammlung RiVASt aufgenommen werden.