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7912.4-U

Richtlinien zum Bibermanagement

Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz
vom 25. November 2020, Az. 67d-U8644.31-2018/16-17

(BayMBl. Nr. 746)

Zitiervorschlag: Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz über die Richtlinien zum Bibermanagement vom 25. November 2020 (BayMBl. Nr. 746), die zuletzt durch Bekanntmachung vom 7. Juni 2023 (BayMBl. Nr. 314) geändert worden ist

1Ziel des Bayerischen Bibermanagements ist es, einen günstigen Erhaltungszustand des Bibers zu erhalten und schadensbedingte Konflikte möglichst zu verhindern beziehungsweise zu minimieren. 2In Konfliktbereichen sollen die vier Säulen – Information der Betroffenen durch Kreisverwaltungsbehörden, Biberberater und Bibermanager, präventive und zum Teil förderfähige Maßnahmen, gegebenenfalls Zugriffsmaßnahmen und schließlich auch Ausgleichszahlungen – die Akzeptanz bei den Betroffenen verbessern.

1.   Allgemeines

1Der Biber ist im Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) aufgeführt. 2Nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b Doppelbuchst. aa, Nr. 14 Buchst. b Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) ist der Biber deshalb besonders und streng geschützt. 3Als Folge dieses Schutzstatus gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote des § 44 Abs. 1 und 2 BNatSchG. 4Unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG können im Einzelfall oder durch Verordnung von diesen Verboten Ausnahmen, unter den Voraussetzungen des § 67 Abs. 2 BNatSchG auf Antrag Befreiungen erteilt werden. 5Für den Vollzug der artenschutzrechtlichen Ausnahme- und Befreiungsregelungen ist beim Biber die Kreisverwaltungsbehörde (KVB) als untere Naturschutzbehörde zuständig (§ 8 Abs. 6 Satz 1 AVBayNatSchG). 6Der Biber ist zudem im Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführt, sodass die Schutzvorschriften der §§ 33 und 34 BNatSchG zu beachten sind. 7Die Zuständigkeiten richten sich insoweit nach den allgemeinen FFH-rechtlichen Regelungen nach Art. 22 Bayerisches Naturschutzgesetz (BayNatSchG).

2.   Das Bayerische Bibermanagement

2.1   Die erste Säule – Information der Betroffenen durch Kreisverwaltungsbehörden, Biberberater und Bibermanager

1Die Information der Betroffenen über die rechtlichen Voraussetzungen sowie bestehende Alternativen ist vor allem Aufgabe der unteren Naturschutzbehörden, Biberberater und Bibermanager. 2Biberberater informieren in Konfliktbereichen über Gefahrenquellen, Schadensbilder, Abhilfemaßnahmen sowie Fördermöglichkeiten und wirken auch an gegebenenfalls erforderlichen Zugriffsmaßnahmen mit. 3Bibermanager unterstützen die zuständige Naturschutzbehörde in besonders schwierigen Problemfällen und kümmern sich um Datenbereitstellung und Bestandsermittlung. 4Außerdem wirken Biberberater und Bibermanager bei der Abwicklung von Ausgleichszahlungen mit. 5Die Öffentlichkeitsarbeit gehört ebenfalls zu den Aufgaben von Biberberatern und Bibermanagern. 6Die Biberberater werden an der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) in einem mehrtägigen Lehrgang ausgebildet. 7Als Beauftragte einer für den Vollzug des bayerischen Naturschutzrechts zuständigen Behörde haben Sie ein Zutrittsrecht zu fremden Grundstücken, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig ist (Art. 54 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG). 8Ihre Tätigkeit ist hierbei als „ähnliches Vorhaben“ im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG anzusehen. 9Bibermanager werden im Rahmen des vom Bayerischen Naturschutzfonds geförderten Projekts „Bibermanagement in Bayern (Gebietsbetreuung)“ des Bund Naturschutz in Bayern e. V. eingesetzt. 10Kontaktdaten:
Südbayern:
Herr Gerhard Schwab, Tel. 0172 / 6826653
GerhardSchwab@online.de
Nordbayern:
Frau Berit Arendt, Tel. 0160 / 5675302
Berit.Arendt@bund-naturschutz.de

2.2   Die zweite Säule – Präventive Maßnahmen einschließlich Fördermöglichkeiten

2.2.1   Präventive Maßnahmen

1Präventive Maßnahmen sollen Zugriffsmaßnahmen und der Inanspruchnahme von Ausgleichzahlungen möglichst vorbeugen. 2Im Bereich der Wasserwirtschaft sind sie Aufgabe des jeweiligen Gewässerunterhaltungspflichtigen beziehungsweise bei Verkehrswegen des zuständigen Trägers der (Straßen-) Baulast oder der zuständigen (Straßen-)Baubehörde beziehungsweise bei Privatwegen des Eigentümers. 3Die Naturschutzbehörden informieren diese über vorhandene und potenzielle Biberlebensräume und regen präventive Maßnahmen an. 4Sie wirken auf die „bibersichere“ Gestaltung etwaiger Anlagen oder Baumaßnahmen hin. 5Dies gilt insbesondere im Rahmen von Maßnahmen der ländlichen Entwicklung. 6Des Weiteren ist auf die Möglichkeit einer Konfliktentschärfung durch das Einbringen entsprechender Ausgleichs- und Ersatzflächen in diesen Bereichen hinzuweisen. 7In bestimmten Fällen ist eine Förderung von präventiven Maßnahmen möglich.

2.2.2   Förderung

2.2.2.1   Gegenstand der Förderung:

1Präventivmaßnahmen sind in vielfältiger Weise förderfähig. 2Dabei können Förderungen beispielsweise im Rahmen des Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms (VNP), des Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramms Wald (VNP Wald), des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (KULAP), der Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien (LNPR) sowie durch den Bayerischen Naturschutzfonds erfolgen. 3Mögliche präventive Maßnahmen und Fördermöglichkeiten werden beispielhaft in Anlage 1 dargestellt. 4Welche Abhilfemaßnahme geeignet und Erfolg versprechend ist, hängt vom Schadensbild im Einzelfall ab.

2.2.2.2   Höhe der Förderung:

1Die Höhe der Förderung ist grundsätzlich davon abhängig, welche Präventionsmaßnahme geeignet erscheint. 2Hinsichtlich der Förderung des Grunderwerbs und der Grundstückspacht Dritter ist die jeweilige Höhe abhängig von den Förderrichtlinien des Bayerischen Naturschutzfonds, abrufbar unter: https://www.naturschutzfonds.bayern.de/foerderung/doc/foerderrichtlinien_2017_11_28.pdf, beziehungsweise den LNPR. 3Die Höhe der Förderung von Präventionsmaßnahmen im Rahmen des VNP, des VNP Wald beziehungsweise der LNPR richtet sich nach den für das jeweilige Programm geltenden Bedingungen. 4Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist dabei zu beachten. 5Bei der Förderung von Präventionsmaßnahmen ist darauf zu achten, dass die Zuwendungsempfänger mit den Finanzierungsträgern und späteren Eigentümern der Fördergegenstände übereinstimmen. 6Der Ausschluss von Mehrfachregulierungen (Verbot der Doppelförderung) ist über eine geeignete Dokumentation sicherzustellen.

2.3   Die dritte Säule – Zugriffsmaßnahmen, Besitz- und Vermarktungsfragen

2.3.1   Allgemeines zu Zugriffsmaßnahmen

1Zu unterscheiden sind drei Arten von Zugriffsmaßnahmen: Lebendfang, Tötung nach Fang sowie ohne vorausgehenden Fang, das heißt der Abschuss des Bibers vor Ort. 2Zugriffe kommen allgemein auf der Grundlage des § 2 der Artenschutzrechtlichen Ausnahmeverordnung (AAV) und im Einzelfall auf der Grundlage des § 45 Abs. 7 BNatSchG in Betracht. 3Sofern eine entsprechende Abgabemöglichkeit besteht, sind die gefangenen Biber zur Durchführung von Ansiedlungsprojekten, Aussetzungsmaßnahmen beziehungsweise zur Abgabe an Zoos zur Verfügung zu stellen. 4Die Bibermanager informieren generell über Abgabemöglichkeiten. 5Besteht keine Export- oder sonstige Abgabemöglichkeit von gefangenen Bibern oder ist eine artgerechte Unterbringung bis zu diesem Zeitpunkt nicht gewährleistet, so ist der Biber nach dem Fang zu töten. 6Aus Gründen der Gefahren- und Schadensabwehr ist der Abschuss des Bibers vor Ort in den in § 2 AAV geregelten Fällen generell, beziehungsweise soweit im Einzelfall zugelassen, möglich. 7Grundsätzlich ist zu bedenken, dass der Fallenfang häufig effektiver ist. 8In Schutzgebieten und ökologisch sensiblen Bereichen ist bei Einzelausnahmen dem Fallenfang der Vorzug zu geben, wenn durch direkten Abschuss erhebliche Störungen für andere gefährdete Tierarten zu befürchten sind (zum Beispiel in der Brutzeit). 9Beim Fang und der Tötung der Tiere sind die tierschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten. 10Die KVB meldet jährlich zum 31. Januar der Regierung als höherer Naturschutzbehörde den Fang- und Abschussort (Gewässer oder Gewässerabschnitt und Gewässertyp), das Fang- und Abschussdatum, die Anzahl der jeweils gefangenen und getöteten Biber und Informationen über die Entsorgung beziehungsweise den Verbleib der Tiere. 11Im Fall von Zugriffsmaßnahmen auf der Grundlage von § 2 AAV hat der Zugriffsberechtigte diese Daten der KVB unverzüglich mitzuteilen (§ 2 Abs. 7 AAV). 12Gleiches ist im Rahmen einer Zulassung im Einzelfall durch eine entsprechende Auflage sicherzustellen. 13Dabei sollte der Meldebogen für Zugriffsmaßnahmen (Anlage 2) verwendet werden.

2.3.2   Zugriffe nach § 2 AAV

2.3.2.1   Anwendungsbereich (§ 2 Abs. 1 AAV)

1 § 2 Abs. 1 Satz 1 AAV regelt eine Ausnahme vom Verbot, Bibern nachzustellen, sie zu fangen oder zu töten (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG). 2Ebenfalls einzelfallunabhängig zugelassen sind Störungen im Zusammenhang mit diesen Maßnahmen (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG). 3Hat ein solcher Zugriff stattgefunden, können dann nicht mehr genutzte Biberbauten ohne Einschränkung beseitigt werden. 4Ansonsten darf eine Beseitigung von Biberdämmen abweichend von § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG auf der Grundlage von § 2 Abs. 1 Satz 2 AAV nur erfolgen, soweit besetzte Biberburgen nicht beeinträchtigt werden. 5Biberburgen dürfen nur beseitigt werden, wenn sie nicht besetzt sind. 6Kann dies nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ist zur Beurteilung dieser Tatbestandsmerkmale ein Sachkundiger (zum Beispiel Biberberater oder Bibermanager) heranzuziehen. 7In zeitlicher Hinsicht sind die unmittelbaren Zugriffsmaßnahmen auf den Zeitraum vom 1. September bis 15. März beschränkt. 8Der Zugriff auf Biberdämme und -burgen ist unter den genannten Voraussetzungen hingegen ganzjährig gestattet. 9Die Vorschrift trifft keine allgemeine Ausnahme von den Vermarktungsverboten.

2.3.2.2   Räumlicher Geltungsbereich nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 AAV

1 § 2 Abs. 2 AAV gibt den räumlichen Geltungsbereich der Erlaubnis vor. 2Bei den Anlagen nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 AAV ist der Zugriff auf Biber unter den Voraussetzungen der Nr. 1 ohne weiteres möglich. 3Der Zugriff an Kläranlagen und Triebwerkskanälen von Wasserkraftanlagen, das heißt an künstlichen Zuführungen des Wassers zu Triebwerksanlagen, ist dabei uneingeschränkt zulässig. 4Stau- und Hochwasserschutzanlagen müssen hingegen konkret durch die Aktivitäten (zum Beispiel durch Unterhöhlungen, Verklausungen von Entlastungs- und Entnahmebauwerken) des Bibers in ihrer Funktionsfähigkeit gefährdet sein. 5Räumlich umfasst sind die genannten Anlagen und gegebenenfalls ihr unmittelbares Umfeld, soweit die Aktivitäten des Bibers die Anlagen konkret gefährden können. 6So sind bei Stauanlagen nicht der gesamte Einstaubereich, sondern nur konkret gefährdete Anlagenteile wie Stauwehre, Dämme und Deiche erfasst. 7Durch geeignete Sicherungsmaßnahmen kann eine bestehende Gefährdung wieder beseitigt werden. 8Ist dies der Fall, ist ein Zugriff nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 AAV nicht mehr möglich.

2.3.2.3   Bereiche nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 3 AAV

1 § 2 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 AAV bestimmt, dass die KVB die Gestattungswirkung des § 2 Abs. 1 Satz 1 AAV auf erwerbswirtschaftlich genutzte Fischteichanlagen, Abschnitte von angelegten Be- und Entwässerungsgräben sowie Abschnitte von öffentlichen Straßen erweitern sollen. 2Diese Festlegung erfolgt dabei isoliert als Allgemeinverfügung, indem ein bestimmter Bereich für alle nach § 2 Abs. 5 AAV bestellten beziehungsweise noch zu bestellenden Personen festgelegt wird, oder gegenüber dem nach § 2 Abs. 5 AAV Bestellten, wobei die Festlegung nach § 2 Abs. 3 AAV mit der Bestellung nach § 2 Abs. 5 AAV verbunden werden kann, in der Form eines konkret-individuellen Verwaltungsakts. 3Die Festlegung durch eine Allgemeinverfügung kommt in der Regel bei einer größeren Anzahl von nach § 2 Abs. 5 AAV bestellten Personen in Betracht, während bei einer geringeren Anzahl von bestellten Personen in der Regel die individuelle Verbescheidung vorzuziehen sein wird. 4Die Bereiche sind kartographisch hinreichend bestimmt auf Lageplänen im Maßstab 1:5 000 festzulegen. 5Die Festlegung kommt für folgende rechtmäßig errichtete beziehungsweise rechtmäßig bestehende und genutzte Anlagen in Betracht:
erwerbswirtschaftlich genutzte Fischteichanlagen: Vom Begriff der erwerbswirtschaftlich genutzten Fischteichanlagen sind auch Nebenerwerbsbetriebe erfasst; nicht erfasst ist die reine Hobbyhaltung. Für nicht wirtschaftlich genutzte Anlagen sind nur Befreiungen im Sinne des § 67 Abs. 2 BNatSchG möglich,
Abschnitte von angelegten Be- und Entwässerungsgräben: Die Regelung erstreckt sich auf künstlich angelegte Gräben, einschließlich vollständig als Entwässerungsgräben ausgebaute ehemalige natürliche Kleingewässer; die Regelung ist nicht auf Gräben im Sinne des Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Bayerisches Wassergesetz beschränkt. Natürliche Gewässer sind von der Regelung nicht erfasst,
Abschnitte von öffentlichen Straßen: Öffentliche Straßen sind auch öffentliche Feld- und Waldwege sowie Eigentümerwege (Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz); nicht erfasst sind Privatwege aller Art.
6Eine pauschale Freigabe durch den Verordnungsgeber konnte in den Fällen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 AAV nicht erfolgen. 7Die KVB muss daher bei der Festlegung nach § 2 Abs. 3 Satz 1 AAV prüfen, ob der Zugriff in den festgesetzten Bereichen zur Abwendung erheblicher wirtschaftlicher Schäden oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist. 8Erforderlich ist zudem das Fehlen anderweitiger zufriedenstellender Lösungen und die Wahrung des günstigen Erhaltungszustands der Populationen des Bibers (§ 2 Abs. 3 Satz 2 AAV). 9Von einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden ist auszugehen, wenn ernste Schäden vorliegen oder eintreten können. 10Nicht jeder Schaden ist ausreichend. 11Ein ernster Schaden ist anzunehmen, wenn zum Beispiel die Nutzbarkeit eines Grundstücks in unzumutbarer Weise eingeschränkt wird oder erhebliche finanzielle Einbußen für den Nutzer eingetreten oder zu erwarten sind. 12Gründe der öffentlichen Sicherheit greifen ein, wenn eine Gefahrenlage im Sinne des Sicherheitsrechts vorliegt. 13Im Zusammenhang mit der Wahrung des günstigen Erhaltungszustands (vergleiche Art. 1 Buchst. i FFH-Richtlinie) hat die KVB insbesondere darauf zu achten, dass das natürliche Verbreitungsgebiet des Bibers innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs grundsätzlich erhalten bleibt. 14Bei Prüfung anderweitig zufriedenstellender Lösungen (Alternativenprüfung) sind präventive Maßnahmen in Erwägung zu ziehen. 15Dabei sind die Interessen des Grundeigentümers einzubeziehen und zu berücksichtigen, dass dem betroffenen Grundeigentümer nur zumutbare Alternativlösungen entgegengehalten werden können. 16Zumutbar ist grundsätzlich die Einwilligung zu Schutzmaßnahmen, die im Rahmen des Bibermanagements auf dem Grundstück des Betroffenen durchgeführt werden, soweit dadurch die Nutzbarkeit des Grundstücks nicht erheblich beeinträchtigt wird.

2.3.2.4   Ausnahmen vom Anwendungsbereich (§ 2 Abs. 4 AAV)

Vom räumlichen Anwendungsbereich ausgenommen sind Naturschutzgebiete, Nationalparke und Natura 2 000-Gebiete.

2.3.2.5   Bestellung (§ 2 Abs. 5 AAV)

1Nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AAV sind zu Fang und Abschuss Personen berechtigt, die von der unteren Naturschutzbehörde förmlich bestellt sind. 2Bestellt werden kann, wer gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AAV die erforderlichen Kenntnisse nachweisen und damit ein ordnungsgemäßes Betreiben und Beaufsichtigen der Fallen (siehe die Anforderungen im beigefügten Musterbescheid) und Töten gewährleisten kann. 3Die erforderlichen fachlichen (Bibermanagement, Biologie des Bibers, Möglichkeiten der Biberprävention, Konfliktlösungen) und rechtlichen Kenntnisse können zum Beispiel durch die Teilnahme an einem Lehrgang der ANL „Biberberaterausbildung“ erworben werden. 4Die notwendigen Kenntnisse über den Fallenfang können auch nach § 8 der Jäger- und Falknerprüfungsordnung vom 22. Januar 2007 (GVBl. S. 59) nachgewiesen werden. 5Ausreichend ist auch eine anderweitige Einweisung durch andere sachkundige Stellen (zum Beispiel KVB, Bayerischer Jagdverband), die über entsprechende Fachkenntnisse verfügen. 6In jedem Fall ist für die Bestellung die Einhaltung der waffenrechtlichen Voraussetzungen nachzuweisen. 7So sind ein Waffenschein nach § 10 Abs. 4 des Waffengesetzes (WaffG) sowie eine waffenrechtliche Schießerlaubnis nach § 10 Abs. 5 WaffG erforderlich. 8Erfolgt die Tötung im Anschluss an den Lebendfang, so darf mit Ausnahme von Eilfällen (zum Beispiel bei drohenden Schäden für Leib und Leben) mit dem Wegfang erst begonnen werden, wenn die Schießerlaubnis erteilt worden ist. 9Jagdscheininhaber, die nach § 2 Abs. 5 AAV bestellt sind, müssen für den Abschuss des Tieres keine Schießerlaubnis der zuständigen KVB mehr einholen (§ 13 Abs. 6 Satz 2 WaffG). 10Bei der Bestellung ist auch zu klären, ob ein ausreichender Versicherungsschutz für Schäden im Zusammenhang mit der Entnahme von Bibern besteht. 11Um Konflikte mit den Revierinhabern zu vermeiden, hat die Bestellung im Benehmen mit dem örtlichen Revierinhaber zu erfolgen. 12Wird nicht der örtliche Revierinhaber selbst bestellt, hat jeder einzelne Abschuss im Benehmen mit dem Revierinhaber zu erfolgen (§ 2 Abs. 5 Satz 2 AAV). 13Um Gefährdungen zu vermeiden und möglichst eine Abstimmung mit dem Bibermanagement zu erreichen, soll bei der Bestellung auch eine Beteiligung des Biberberaters vor Abschuss- oder Abfangmaßnahmen auferlegt werden.

2.3.2.6   Sonstige Anforderungen nach § 2 Abs. 6 AAV

1Die Regelungen zu Art und Weise von Fang und Abschuss entsprechen jagdrechtlichen Grundsätzen. 2Die Anforderungen an die Munition beim Abschuss von Bibern sollen die sichere Tötung der Tiere, auch beim Abschuss im Wasser, gewährleisten. 3Für Zugriffe auf Biber gibt es keine tageszeitliche Beschränkung, insbesondere kein Nachtjagdverbot. 4Hingewiesen wird an dieser Stelle auch auf die mit einem Abschuss im Wasser verbundenen Gefahren.

2.3.3   Ausnahmen im Einzelfall auf der Grundlage von § 45 Abs. 7 BNatSchG

2.3.3.1   Allgemeines

1Die Möglichkeit der KVB, über die in der AAV geregelten Fälle hinaus Ausnahmen im Einzelfall nach § 45 Abs. 7 BNatSchG auch durch Allgemeinverfügung zu regeln, bleibt von § 2 AAV unberührt. 2Abfang oder Tötung kommen im Einzelfall jedoch nur in Betracht, wenn präventive Schutzmaßnahmen sowie sonstige Vergrämungsmethoden nicht geeignet oder unverhältnismäßig sind. 3Wenn aufgrund der örtlichen Gegebenheiten langfristig mit schwerwiegenden Schäden zu rechnen ist, denen mit Präventivmaßnahmen nicht nachhaltig begegnet werden kann, können die artenschutzrechtlichen Erlaubnisse jedoch auch längerfristig ausgestellt werden. 4Im Einzelfall können Zugriffe grundsätzlich bis Ende März oder bei ernsten, unmittelbaren Gefährdungen sowie wenn es sich erkennbar um neu zugewanderte Einzeltiere handelt, auch darüber hinaus zugelassen werden. 5Hierbei ist aber darauf zu achten, dass keine unselbstständigen Jungtiere gefährdet werden. 6Ist ein Abfang oder Abschuss von Muttertieren unvermeidlich, ist sicherzustellen, dass unselbstständige Jungtiere vor dem Muttertier getötet werden. 7Der Zugriff ist von der KVB entsprechend dem als Anlage 3 beigefügten Musterbescheid zuzulassen. 8Sie hat dabei durch Auflagen die Durchführung von Zugriffsmaßnahmen durch fachkundige und berechtigte Personen (siehe die Ausführungen zu § 2 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AAV und zu den waffenrechtlichen Anforderungen unter Nr. 2.3.2.5) und den ordnungsgemäßen Einsatz der Fallen sicherzustellen. 9Die Durchführung der Zugriffsmaßnahme hat in Abstimmung mit der KVB zu erfolgen, die in der Regel einen Biberberater oder Bibermanager beteiligt, ein Abschuss hat im Benehmen mit dem Revierinhaber zu erfolgen.

2.3.3.2   Zugriffe in besonderen Gebieten

1Der Fang beziehungsweise das Töten von Bibern in FFH-Gebieten stellt grundsätzlich ein Projekt dar, wenn der Biber in den Erhaltungszielen für das gegenständliche Gebiet in der Bayerischen Natura 2 000-Verordnung (BayNat2000V) genannt ist. 2Vor der Zulassung der Maßnahme ist eine Verträglichkeitsabschätzung oder -prüfung nach § 34 Abs. 1 BNatSchG und falls erforderlich ein Ausnahme- beziehungsweise Befreiungsverfahren nach § 34 Abs. 3 beziehungsweise § 67 BNatSchG durchzuführen. 3Kommt es zu erheblichen Beeinträchtigungen des Erhaltungszustandes und überwiegen die öffentlichen Interessen, so ist darüber zu entscheiden, welche Maßnahmen zur Sicherung der Kohärenz des Netzes Natura 2 000 durchzuführen sind (vergleiche § 34 Abs. 5 BNatSchG). 4In Betracht kommt zum Beispiel die biberfreundliche Ausgestaltung (Verbesserung) eines Gewässers an anderer Stelle im gleichen FFH-Gebiet. 5Es ist stets auf den Einzelfall abzustellen. 6Sollen Biber auf geschützten Flächen beziehungsweise Bestandteilen der Natur nach § 20 Abs. 2 BNatSchG gefangen beziehungsweise getötet werden, so sind im Rahmen der artenschutzrechtlichen Genehmigung beziehungsweise Befreiung die Voraussetzungen der Schutzverordnung beziehungsweise des § 67 BNatSchG zu prüfen. 7Gegebenenfalls ist nach Art. 56 Satz 3 Halbsatz 2 BayNatSchG das Einvernehmen der zuständigen Behörde einzuholen.

2.3.3.3   Zugriffe im Straßenverkehr

1Wurde ein Tier im Straßenverkehr getötet, hat der am Unfall Beteiligte die Pflicht, die Sicherheit des Straßenverkehrs durch Beseitigen des Tieres, gegebenenfalls mithilfe der unverzüglich zu verständigenden Straßenmeisterei oder Polizei, zu gewährleisten. 2Die getöteten Tiere sind bei öffentlichen Straßen und Wegen vom Straßenbaulastträger, bei Privatwegen vom Eigentümer bei der von der KVB bestimmten Stelle (zum Beispiel eine Tierkörperbeseitigungsanstalt) zu melden.3Wurde ein Tier im Straßenverkehr schwer verletzt und muss getötet werden, kommen hierzu insbesondere Polizei, Jagdausübungsberechtigte, ein nach der AAV Bestellter oder Biberberater mit den entsprechenden waffenrechtlichen Erlaubnissen in Betracht. 4Ist eine Tötung aus tierschutzrechtlichen Gründen erforderlich, ist diese auch ohne förmliche artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gerechtfertigt. 5Wie bei anderen toten/getöteten Wildtieren besteht nur dann eine Melde-/Entsorgungspflicht von auf Privatgrund gefundenen Tieren, wenn der Verdacht besteht, dass sie mit einer auf Mensch oder Tier übertragbaren Krankheit infiziert sind oder eine Entsorgung von der Behörde angeordnet wurde. 6In diesem Fall muss die Entsorgung über einen entsprechenden Verarbeitungsbetrieb für Material der Kategorie 1 (Tierkörperbeseitigungsanstalt) erfolgen. 7Liegt kein Verdacht vor, so unterliegt der Biber nicht dem Tierische-Nebenprodukte-Recht. 8Entsorgung oder Verbleib in der Natur richten sich dann nach abfallrechtlichen oder sonstigen Vorschriften.

2.3.4   Besitz der getöteten Tiere

1Tiere, die rechtmäßig aus der Natur entnommen worden sind, sind gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BNatSchG vom Besitzverbot ausgenommen. 2Das Recht zum Besitz schließt die Befugnis ein, die Tiere beziehungsweise ihre Bestandteile in Gewahrsam zu haben, zu be- oder verarbeiten (zum Beispiel Präparation des Tieres oder von Teilen davon, Herstellen von Bälgen etc.) oder zu verzehren. 3Anderweitige Vorschriften (insbesondere nach dem Lebensmittelrecht und dem Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz) bleiben hiervon unberührt.

2.3.5   Vermarktung der getöteten Tiere

1Nach § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG ist es verboten, Biber zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern sowie zu kommerziellen Zwecken zu erwerben, zur Schau zu stellen oder sonst zu verwenden. 2Auch der Verkauf zum Ersatz von Futterkosten, Transportkosten oder sonstigen Aufwendungen ist daher verboten. 3Legalausnahmen greifen nicht. 4Insbesondere ist § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a in Verbindung mit Abs. 2 Satz 1 BNatSchG nach § 45 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BNatSchG nicht einschlägig. 5Auch § 45 Abs. 3 Nr. 3 BNatSchG ist nicht erfüllt. 6Behördliche Einzelfallausnahmen vom Vermarktungsverbot kommen grundsätzlich nur in den Fällen des § 45 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 BNatSchG – für Zwecke der Forschung, Lehre oder Wiederansiedlung – in Betracht. 7Diese wird von der örtlich zuständigen Kreisverwaltungsbehörde erteilt. 8Keine Vermarktung ist das Verschenken von Tieren. 9Dieses ist demnach zulässig.

2.4   Die vierte Säule – Ausgleichszahlungen

2.4.1   Allgemeines

1Als akzeptanzfördernde Maßnahme im Rahmen des artenschutzrechtlichen Bibermanagements werden vom Biber unmittelbar verursachte Schäden unter bestimmten Voraussetzungen durch freiwillige finanzielle Leistungen des Staates als Billigkeitsleistung gemäß Artikel 53 Bayerische Haushaltsordnung (BayHO) ausgeglichen. 2Ein Ausgleich kann für Schäden, die bis zum 31. Dezember 2027 entstanden sind, ohne Rechtsanspruch im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel erfolgen. 3Die Beihilfe darf nicht mehr als 100 % der beihilfefähigen Kosten betragen. 4Der Ausschluss von Mehrfachregulierungen ist über eine geeignete Dokumentation sicherzustellen. 5Die Schadensregulierung liegt als Teil des Bibermanagements in der Zuständigkeit der KVB und soll im Hinblick auf die fachliche Überprüfung der Schadensfälle unter enger Einbindung der Naturschutz- und Nutzerverbände (Bund Naturschutz in Bayern e. V., Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V., Bayerischer Bauernverband, Landesfischereiverband Bayern e. V. und Bayerischer Waldbesitzerverband) erfolgen. 6Die Ausgleichszahlung stellt eine Beihilfe gemäß Teil II Ziffer 1.2.1.5 und 2.8.5 der Rahmenregelung der Europäischen Kommission für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten (2022/C 485/01), ABl. EU C 485 vom 21. Dezember 2022, S. 1 dar. 7Deshalb wurde diese Ausgleichsregelung bei der Europäischen Kommission zur Notifizierung vorgelegt. 8Die Europäische Kommission hat am 27. Juli 2020 entschieden, keine Einwände gegen die Beihilferegelung zu erheben, da sie im Sinne von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) mit dem Binnenmarkt vereinbar ist. 9Die Beihilferegelung wurde im Februar 2023 auf Änderungsbedarf geprüft und an die Rahmenregelung der Europäischen Kommission für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten (2022/C 485/01), ABl. EU C 485 vom 21. Dezember 2022 angepasst.

2.4.2   Ausgleichsfähige Schadensarten

1Ausgeglichen werden folgende land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Schäden:
Fraß- und Vernässungsschäden an landwirtschaftlichen Kulturen (vor allem Schäden an Feldfrüchten, aber auch an Obst, Gemüse und Sonderkulturen wie zum Beispiel Christbäumen)
Flurschäden, zum Beispiel durch Uferabbruch
Sachschäden (insbesondere Maschinenschäden) in der Landwirtschaft
Schäden aufgrund verletzter beziehungsweise getöteter Nutztiere, die zum landwirtschaftlichen Betrieb zu zählen sind
Schäden an Teichanlagen oder Fischzucht
forstwirtschaftliche Schäden
2Ausgeglichen werden auch Schäden von Fischereivereinen an Satzfischen bestandsbedrohter heimischer Fischarten (Gefährdungsstatus nach Roter Liste) in Aufzuchtteichen. 3Nicht ausgeglichen werden sonstige Schäden wie Verkehrsunfälle, Personenschäden, sonstige Schäden von Gewässerbenutzungsberechtigten oder Ähnliches.

2.4.3   Indirekte Kosten

1Als indirekte Kosten gelten Tierarztkosten für die Behandlung von verletzten Tieren. 2Diese können ebenfalls zu 100 % ausgeglichen werden.

2.4.4   Vorrang von Präventions- und Zugriffsmaßnahmen

1Um das Risiko von Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Europäischen Union zu mindern und einen Anreiz zur Risikominimierung zu schaffen, müssen die Geschädigten nach den Vorgaben der Europäischen Kommission einen Mindestbeitrag leisten. 2Dieser besteht in geeigneten Vorbeugungsmaßnahmen, die in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko von Schäden durch den Biber stehen. 3Die KVB hat daher im Hinblick auf die Regulierung eventueller künftiger Schäden zu prüfen, ob für den Geschädigten präventive Maßnahmen einschließlich Fördermöglichkeiten nach Nr. 2.2 sinnvoll, verhältnismäßig und zumutbar sind. 4Ist dies der Fall, haben diese für die Zukunft grundsätzlich Vorrang vor dem finanziellen Ausgleich. 5Die Naturschutzbehörden informieren den Geschädigten über die (Förder-)Möglichkeiten von Präventivmaßnahmen und regen deren Durchführung beziehungsweise eine freiwillige Teilnahme an den Agrarumweltprogrammen an. 6Eine finanzielle Erstattung von Biberschäden kommt in derartigen Fällen insbesondere bei Schäden in Betracht, bei denen präventive Maßnahmen nicht oder noch nicht greifen können. 7Dies gilt auch für Bereiche, in denen der Abfang oder Abschuss des Bibers rechtlich zugelassen und möglich ist. 8Sofern die Gefahr von wiederkehrenden Schäden besteht, ist grundsätzlich dem zulässigen Abfang oder Abschuss Vorrang einzuräumen. 9Gegebenenfalls hat die KVB von der Möglichkeit, nach § 2 Abs. 3 AAV generelle Zugriffsmaßnahmen zuzulassen, Gebrauch zu machen. 10Da es sich um eine akzeptanzfördernde Maßnahme handelt, ist in diesen Fällen ein finanzieller Ausgleich grundsätzlich nur für den erstmaligen Schadenseintritt gerechtfertigt. 11Ein Ausgleich kann jedoch auch mehrmals gewährt werden, wenn sich der Biber in einem bibergeeigneten Lebensraum angesiedelt hat, in dem er aus naturschutzfachlicher Sicht verbleiben soll (zum Beispiel FFH-Gebiet, in dem er als Erhaltungsziel genannt ist). 12Eine Ausgleichsmöglichkeit ist bei bestehender Entnahmemöglichkeit auch dann gegeben, wenn der Betroffene nachvollziehbar darlegen kann, dass er alles Zumutbare unternommen hat, um seine Genehmigung zu nutzen.

2.4.5   Ausschlussgründe

In nachfolgend dargestellten Fällen erfolgt kein beziehungsweise kein vollständiger finanzieller Ausgleich der durch den Biber verursachten Schäden.

2.4.5.1   Ober- und Untergrenze

1Nicht erstattet werden Schadensbeträge, die in der jährlichen Summe über 30 000 € (Obergrenze) oder unter 50 € (Untergrenze) liegen. 2Die Mehrwertsteuer ist nicht erstattungsfähig, es sei denn, sie wird nicht nach nationalem Mehrwertsteuerrecht rückerstattet.

2.4.5.2   Schäden der öffentlichen Hand

1Nicht ausgeglichen werden Schäden von Staat, Gemeinden, Landkreisen, Bezirken und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, auch soweit diese Unternehmen in Privatrechtsform betreiben (zum Beispiel für Mehraufwendungen beim Gewässerunterhalt). 2Ausgenommen davon sind altrechtliche Waldkörperschaften und Waldgenossenschaften, die bei der Nutzungsrechteablösung kraft Gemeindeordnung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts bilden mussten, aber privatnützig sind. 3Die Möglichkeit, dass der betroffene private Grundeigentümer beziehungsweise Nutzungsberechtigte, also zum Beispiel Fischereiberechtigte, den Schaden selbst geltend macht und Wasser- und Bodenverbände oder öffentliche Fischerei- oder Waldgenossenschaften mit der Schadensabwicklung und -beseitigung beauftragt, bleibt jedoch unberührt. 4Der Ausschluss von Mehrfachregulierungen ist über eine geeignete Dokumentation sicherzustellen.

2.4.5.3   Versicherungsleistung

Nicht erstattet werden Schadensbeträge, soweit eine Versicherung (zum Beispiel Teilkaskoversicherung) für den Schaden aufkommt.

2.4.5.4   Verspätete Schadensmeldung

1Nicht erstattet werden Schäden, wenn der Geschädigte seiner Obliegenheit zur rechtzeitigen Schadensmeldung und Mitwirkung bei der Überprüfung durch die Behörde oder von dieser Beauftragten durch eigenes oder ihm zurechenbares Verschulden nicht nachkommt. 2Der Geschädigte hat einen durch den Biber verursachten Schadensfall binnen einer Woche, nachdem er von dem Schaden Kenntnis erhalten hat, bei der zuständigen KVB zu melden. 3Als rechtzeitige Schadensmeldung kann auch akzeptiert werden, wenn der Schadensfall fristgerecht beim örtlich zuständigen Biberberater oder beim Bibermanager angezeigt wird und erst dann eine Weiterleitung an die KVB erfolgt. 4Liegt die Entstehung eines Schadens trotz rechtzeitiger Meldung zu weit zurück, um noch mit hinreichender Sicherheit eine Verursachung durch den Biber feststellen zu können, ist ein Ausgleich nicht möglich.

2.4.5.5   Zurechenbare Schadensmitverursachung

1Die (vollständige) Erstattung eines Biberschadens ist ausgeschlossen, wenn der Schaden durch den Geschädigten mittels einer ihm zurechenbaren Handlung (Tun oder Unterlassen) mit verursacht wurde. 2Hat das Verhalten des Geschädigten nur teilweise zum Schadenseintritt beigetragen, ist der Ausgleich gegebenenfalls anteilig zu kürzen. 3Dies kann insbesondere dann gegeben sein, wenn der Geschädigte seiner Schadensminderungspflicht nicht nachgekommen ist (zum Beispiel durch das Nichtzulassen von Präventivmaßnahmen) oder der Schaden durch eine rechtlich unzulässige Bewirtschaftung entstanden ist (zum Beispiel wegen Verstoßes gegen eine Naturschutzgebietsverordnung). 4Eine Schadensmitverursachung wird jedoch zum Beispiel dann nicht zurechenbar sein, wenn die Nicht-Teilnahme an freiwilligen Agrarumweltmaßnahmen aufgrund nachvollziehbarer betrieblicher Entscheidungen erfolgt.

2.4.5.6   Sanktionen bei absichtlichen Falschangaben

1In Anlehnung an den Sanktionsmechanismus bei Agrar-Umwelt-Maßnahmen ist der Schadensausgleich ausgeschlossen, wenn der Geschädigte bewusst falsche Angaben (zum Beispiel Hektargröße des betroffenen Feldes) macht, die zur Berechnung der Schadenshöhe erforderlich sind. 2Der Ausschluss gilt für das Schadensjahr, in dem der Schaden geltend gemacht wird. 3Offensichtliche Unrichtigkeiten (zum Beispiel Widerspruch zwischen Schadensantrag und eingereichter Rechnung, Zahlendreher etc.) fallen nicht unter diese Sanktionierung. 4Teichwirte und Fischereivereine müssen die Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU (GFP) einhalten. 5Dies gilt insbesondere bis zum Abschluss des Vorhabens und für einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Abschlusszahlung. 6Anträge von Teichwirten und Fischereivereinen sind unzulässig, wenn ein oder mehrere der in Artikel 10 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 508/2014 genannten Verstöße oder Vergehen oder ein Betrug gemäß Artikel 10 Abs. 3 der Verordnung vorliegen; für die Unzulässigkeit gelten die Zeiträume, welche gemäß Artikel 10 Abs. 4 der Verordnung durch delegierte Rechtsakte festgelegt werden. 7Dies betrifft insbesondere Geschädigte,
die im Rahmen des Europäischen Fischereifonds (EFF) oder des Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF/EMFAF) einen Betrug im Sinne des Art. 1 des Übereinkommens über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften begangen haben,
die durch Handel mit Fischen aus illegaler, nicht gemeldeter und unregulierter Fischerei einen schweren Verstoß nach Art. 42 der Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 oder Artikel 90 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 begangen haben,
die eine Umweltstraftat gemäß Art. 3 und 4 der Richtlinie 2008/99/EG begangen haben.
8Mit dem Antrag ist schriftlich zu erklären, dass kein Betrug im Rahmen des EFF oder des EMFF/EMFAF begangen wurde. 9Es ist weiter schriftlich zu erklären, dass kein schwerer Verstoß nach Art. 42 der Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 oder Artikel 90 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 begangen wurde sowie keine Umweltstraftaten gemäß Art. 3 und 4 der Richtlinie 2008/99/EG vorliegen; dies ist auch während der Durchführung sowie während eines Zeitraums von fünf Jahren nach der Abschlusszahlung einzuhalten, ansonsten ist die Beihilfe zurückzuzahlen. 10Teichwirte und Fischereivereine müssen die Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU (GFP) einhalten.

2.4.5.7   Unternehmen in Schwierigkeiten, Unternehmen mit offenen Rückforderungsansprüchen

1Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß Randnummer 33, Ziffer 63 der Rahmenregelung der Europäischen Kommission für staatliche Beihilfen im Agrar- und Forstsektor und in ländlichen Gebieten sind von der Förderung ausgeschlossen. 2Dies gilt gemäß Randnummer 23 der Rahmenregelung nicht, wenn die finanziellen Schwierigkeiten eines im Agrar- oder Forstsektor tätigen Unternehmens durch einen durch ein geschütztes Tier verursachten Schadens eingetreten sind und dieser Schaden ausgeglichen werden soll. 3Unternehmen, die einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen sind, sind von der Förderung ausgeschlossen.

2.4.6   Ermittlung der Schadenshöhe

2.4.6.1   Landwirtschaftliche Feldfrüchte

1Die Schadenshöhe bemisst sich nach dem Marktwert der landwirtschaftlichen Feldfrüchte. 2Zur schnellen und einfachen Bewertung von Schäden an landwirtschaftlichen Feldfrüchten ist in einfach gelagerten Fällen auf die aktuell gültigen Schätzungsrichtlinien des Bayerischen Bauernverbands zurückzugreifen. 3Die Aktualisierung der Schätzungsrichtlinien werden den KVB nach deren Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.

2.4.6.2   Forstschäden

Zur Ermittlung der Schadenshöhe bei Forstschäden ist der Leitfaden „Biberschäden – Forstwirtschaftliche Schäden bewerten“ der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft zu verwenden.

2.4.6.3   Getötete oder verletzte Tiere

1Schäden aufgrund von getöteten Tieren werden auf der Grundlage des Marktwerts der Tiere ausgeglichen. 2Tierarztkosten für die Behandlung von verletzten Tieren stellen nach der Begrifflichkeit des EU-Beihilferechts sogenannte indirekte Kosten dar. 3Diese müssen in einem angemessenen Verhältnis zu den direkten Kosten (zum Beispiel Schäden aufgrund getöteter Tiere oder vernichteter Pflanzen) stehen. 4Nachgewiesen werden Tierarztkosten auf der Grundlage entsprechender Rechnungen. 5Beihilfen für eine evtl. erforderliche Tierkörperbeseitigung (für abholungspflichtiges Vieh im Sinne des Tiergesundheitsgesetzes) richten sich nach dem Gesetz zur Ausführung des Tierische Nebenprodukte-Beseitigungsgesetzes (AGTierNebG).

2.4.6.4   Ausgleich für Schadensbehebung (zum Beispiel Maschinen- und Grundstücksschäden)

1Die Schäden sind so kostengünstig wie möglich zu beheben. 2Bei Maschinenschäden ist der Ausgleichsbetrag auf Grundlage der Reparaturkosten oder des wirtschaftlichen Werts vor dem Schadensereignis zu ermitteln. 3Der Ausgleich darf nicht höher sein, als die Reparaturkosten oder die durch den Biberschaden hervorgerufene Minderung des Marktwerts, das heißt die Differenz zwischen dem Wert der Maschine unmittelbar vor und nach dem Schadenseintritt. 4Ist die Schadensbeseitigung durch den Geschädigten selbst möglich und zumutbar, sind bei der Schadensberechnung pauschal die Verrechnungssätze des Kuratoriums Bayerischer Maschinen- und Betriebshilfsringe e. V. (KBM e. V.) heranzuziehen. 5Dabei werden dem Geschädigten bei Selbstreparatur die in den Verrechnungssätzen aufgeführten Arbeitsstunden und gegebenenfalls die Kosten der benutzten landwirtschaftlichen Maschinen ersetzt. 6Ist die Beauftragung einer Fremdfirma erforderlich, ist die jeweils günstigste Möglichkeit (zum Beispiel KBM e. V.) zugrunde zu legen.

2.4.6.5   Schäden am Fischbestand

1Bei Schäden am Fischbestand wird die Schadenshöhe anhand der betrieblichen Daten (Teichbuch) festgestellt (gegebenenfalls auch durch ein Gutachten der Fachberatung für Fischerei der Bezirke). 2Maßgeblich ist der Wiederbeschaffungswert anhand des aktuellen Marktpreises des jeweils geschädigten Fischbestands.

2.4.7   Nicht angefallene Kosten, Einnahmen

Vom errechneten Schadensbetrag sind etwaige Kosten abzuziehen, die dem Geschädigten nicht entstanden sind, die jedoch ohne das Schadensereignis angefallen wären (zum Beispiel Kosten für die Ernteeinbringung, Lagerkosten), sowie etwaige Einnahmen aus dem Verkauf von Erzeugnissen aus den getöteten Tieren oder vernichteten Pflanzen.

2.4.8   Ablauf der Schadensregulierung

1Grundsätzlich liegt der Ablauf der Schadensregulierung im pflichtgemäßen Organisationsermessen der zuständigen KVB. 2Erforderlich ist in jedem Fall ein hinreichender Plausibilitätsnachweis von Schadensursache und -umfang. 3Es wird jedoch empfohlen, wie in Anlage 5 dargestellt, vorzugehen. 4Durch die Einbindung fachkundiger Dritter, die mit den jeweiligen Verbänden abgestimmt ist, kann der Aufwand für die KVB gering gehalten werden. 5Die im Rahmen einer fachlichen Überprüfung durch Schadensschätzer oder Gutachter (siehe unter Schritt 4) anfallenden Kosten werden nicht aus den Ausgleichsmitteln erstattet, sondern aus den für die sogenannten Kleinstmaßnahmen zugewiesenen Fachmitteln des Naturschutzes und der Landschaftspflege finanziert. 6Die Auszahlung muss innerhalb von drei Jahren nach Eintritt des Schadensereignisses erfolgen.

2.4.9   Sonstiges

1Die Naturschutzbehörden bewahren die Unterlagen zu den einzelnen Regulierungsfällen mindestens zehn Jahre auf. 2Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz behält sich eine stichprobenartige Überprüfung der Regulierungsfälle vor.

3.   Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Richtlinien treten zum 1. Januar 2021 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2027 außer Kraft.

Dr. Christian Barth
Ministerialdirektor