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Text gilt ab: 10.05.2002
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Nutzung der Auslandskontakte und Auslandserfahrungen der im Ausland tätigen und der aus dem Ausland zurückgekehrten Lehrkräfte Beschluss der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland vom 6. Dezember 2001

KWMBl. I 2002 S. 174


2230.1.2-K
Nutzung der Auslandskontakte und Auslandserfahrungen der im Ausland tätigen und der aus dem Ausland zurückgekehrten Lehrkräfte Beschluss der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland vom 6. Dezember 2001
Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus
vom 10.05.2002 Nr. VI/6-P 4040-6/3513
Vorbemerkung
Die KMK-Empfehlung vom 30.01.1981 zur "Nutzung der Erfahrungen der aus dem Auslandsschuldienst zurückkehrenden Lehrer" enthält Vorschläge und Beispiele, die nach wie vor von Bedeutung sind.
Angesichts der Intensivierung des Dialogs der Kulturen, der Internationalisierung der Bildungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland, der europäischen Integration, der Bemühungen um die internationale Öffnung des Studien- und Bildungsstandortes Deutschland und des Ausbaus der weltweiten wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands und der daraus entstehenden neuen Anforderungen an die Berufs- und Studierfähigkeit gewinnen grenzüberschreitende Kontakte und Erfahrungstransfer mehr und mehr an Bedeutung.
Die Kultusminister der Länder haben sich daher entschlossen, ihre Empfehlung aus dem Jahre 1981 zu überarbeiten. Dabei nehmen sie Bezug auf ihre in der Zwischenzeit vereinbarten Empfehlungen zu den verschiedenen Aspekten der Internationalisierung von Unterricht und Schule: Europa im Unterricht (Beschluss vom 07.12.1990), Überlegungen zu dem Grundkonzept für den Fremdsprachenunterricht (07.10.1994), Interkulturelle Bildung und Erziehung in der Schule (Beschluss vom 25.10.1996) und Eine Welt/Dritte Welt in Unterricht und Schule (Beschluss vom 28.02.1997 i.d.F. vom 20.03.1998).
1. Internationaler kultureller Austausch
Der zunehmenden politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verflechtung der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ausland trägt neben vielfältigen bilateralen und multilateralen Maßnahmen der Länder im Bildungsbereich auch die Arbeit der deutschen Lehrkräfte an deutschen Schulen im Ausland sowie an staatlichen ausländischen Schulen mit erweitertem Deutschunterricht Rechnung. Diese Schulen unterstützen den Dialog der Kulturen und verbessern durch die Förderung der deutschen Sprache und durch ihre internationale Ausrichtung zugleich die Infrastruktur für die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen Deutschlands mit der Welt.
Deutsche Sprachförderung und bikulturelle Schulabschlüsse im Ausland stärken auch die Ausrichtung auf den Studien- und Wirtschaftsstandort Deutschland. Junge Ausländer werden auf spätere Wirtschaftskontakte mit Deutschland bzw. auf ein Studium in Deutschland vorbereitet. Deutsche Jugendliche behalten während des Auslandsaufenthaltes ihrer Eltern Anschluss an das deutsche Bildungssystem. Die Möglichkeit des Erwerbs deutscher Schulabschlüsse und anerkannter Schulzeugnisse im Ausland erleichtert die Entscheidung deutscher Staatsbürger, für eine bestimmte Zeit mit Kindern ins Ausland zu gehen und dort z.B. für deutsche Unternehmen oder deutsche Kulturinstitute tätig zu sein.
Den Auslandslehrkräften ist die Möglichkeit eröffnet, das Ausland in der beruflichen Arbeit kennen zu lernen, den Reichtum anderer Kulturen zu erfassen, Fremdheit zu erleben und zu reflektieren, den Anderen in seiner Andersartigkeit zu erfahren, sich mit fremden Sprachen vertraut zu machen und internationale Begegnungen im Gastland zu fördern. Viele von ihnen stellen vom Ausland aus Kontakte zu Schulen in Deutschland her und initiieren internationale Unterrichts- und Schulprojekte.
Die Inlandsschulen erhalten mit der Rückkehr der Lehrkräfte aus dem Ausland Experten, die über unterrichtspraktische Erfahrungen im Ausland, hohe interkulturelle Kompetenz sowie Auslandskontakte verfügen. Die Nutzung der Auslandskontakte und Auslandserfahrungen von vorübergehend im Ausland tätigen Lehrkräften wird somit Teil des internationalen kulturellen Austausches.
2. Aufgabenbereiche im Auslandsschuldienst
Deutsche Schulen im Ausland sind in der Regel Schulen mit einem großen Gestaltungsspielraum, hoher Eigenverantwortung und eigener Budgetierung. Schulleiter und Schulträger sind verantwortlich für die Personaleinstellung und Personalentwicklung. Die Schulen müssen sich im Wettbewerb mit anderen internationalen Schulen bewähren und sind zu wirtschaftlichem Denken und Handeln verpflichtet. Die in diesem Umfeld gemachten Erfahrungen insbesondere der Schulleiterinnen und Schulleiter sind gerade auch für die Schulen in Deutschland von Interesse.
Die an deutschen Schulen im Ausland und an ausländischen staatlichen Schulen und Bildungseinrichtungen wahrzunehmenden Aufgaben umfassen zusätzlich zu den Aufgaben einer Lehrkraft oder einer Schulleiterin bzw. eines Schulleiters im Inland Unterricht in binationalen Klassen und/oder Unterricht mit bikulturellen Lerninhalten, kulturelle Außenkontakte, Fortbildung von Lehrkräften, Beratung in allen Fragen des Deutschunterrichts und des deutschsprachigen Fachunterrichts, Informationstransfer über Entwicklungen im Bildungssystem der Länder sowie einzelne Sonderaufgaben im Bildungswesen des jeweiligen Gastlandes. Je nach Aufgabenzuschnitt verfügen die Lehrkräfte über besonders ausgeprägte fremdsprachliche, kulturelle und interkulturelle Kompetenzen, über Kenntnisse des ausländischen Schul- und Bildungssystems sowie über zahlreiche Kontakte im Ausland.
Das wirksame Einbringen von Auslandserfahrungen und Auslandskontakten in die Schule und in das öffentliche Leben in Deutschland ist ein wichtiger Beitrag zur Sicherung des Bildungsstandorts Deutschland, zur Internationalisierung der Schulen und Bildungseinrichtungen in Deutschland und zur Entwicklung einer weltoffenen Gesellschaft.
Das setzt jedoch voraus, dass sich die vermittelten Lehrkräfte während ihrer Auslandstätigkeit kontinuierlich über die allgemeinen gesellschaftlichen und bildungspolitischen Entwicklungen und pädagogischen Neuansätze in Deutschland informieren.
3. Nutzung der Auslandskontakte und Auslandserfahrungen in Unterricht und Schule
An den Schulen in Deutschland gewinnen die Ziele und Maßnahmen internationaler, vorrangig europäischer Erziehung zunehmend an Bedeutung. Diese Entwicklung lässt sich durch Lehrkräfte mit Auslandserfahrungen positiv mitgestalten. In vielfältiger Weise können sie ihre Kenntnisse, Überzeugungen und Haltungen in das Bemühen um internationales Verstehen einbringen:
Verbreitung von Auslandserfahrungen in den verschiedenen Gremien und Organen der Schule und im Unterricht z.B. durch eigene Erfahrungsberichte, mitgebrachte Arbeitsmaterialien, Auswahl geeigneter meist landeskundlicher, kultureller und fremdsprachlicher Materialien, Vermittlung von Kontakten, Einbeziehung ausländischer Partner in den Fachunterricht durch Internet-Kontakte,
Betreuung ausländischer Schülerinnen und Schüler, Fremdsprachenassistentinnen und - assistenten und hospitierender Lehrkräfte, Vorbereitung von Austauschschülern und Austauschlehrern auf ihren Auslandsaufenthalt, Kontakt zu ihnen während des Auslandsaufenthaltes,
Unterricht in Klassen mit Kindern bzw. Jugendlichen mit Migrationshintergrund,
Initiierung und Unterstützung internationaler Schulkontakte und Unterrichtsprojekte, des Schüler- und Lehreraustauschs sowie internationaler Schulpartnerschaften (z.B. im Rahmen der EU-Bildungsprogramme SOKRATES und LEONARDO, im Rahmen des Pädagogischen Austauschdienstes (PAD) der KMK sowie im Rahmen bilateraler Programme der Länder),
Hilfe bei der Reintegration deutscher Austauschschüler nach der Rückkehr aus dem Ausland und Nutzung ihrer Erfahrung für Unterricht und Schule sowie
Kontaktaufnahme mit ausländischen Schulen, ausländischen Kulturinstituten und anderen ausländischen Partnern in Deutschland.
Der aktive Beitrag der Auslandslehrkraft zur Schaffung und Intensivierung der Kommunikation zwischen den Völkern bedeutet für das Schulleben eine Erweiterung der praktischen Dimension internationaler und interkultureller Bildung und Erziehung.
4. Nutzung der Auslandskontakte und Auslandserfahrungen im Öffentlichen Leben
Zurückkehrende Lehrkräfte können sich gerade wegen der besonderen im Ausland erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten auf zahlreichen Gebieten des öffentlichen Lebens betätigen: Mitarbeit in Vereinen und Verbänden sowie auf kommunaler Ebene (z.B. Betreuung von ausländischen Gästen, Engagement im Rahmen von Städtepartnerschaften), Öffentlichkeitsarbeit (z.B. zum Abbau von Vorurteilen gegenüber allem Fremden und im Kampf gegen Ausländerfeindlichkeit und Extremismus), Förderung des Dialogs der Kulturen (z.B. durch Mitarbeit in Zentren ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger) sowie Betreuung ausländischer Stipendiaten und Mitarbeit bei der Ausländerintegration.
Die verschiedenen Möglichkeiten der Nutzung von Auslandskontakten und Auslandserfahrungen sind auch ein Beitrag zu einem weltoffenen Deutschland.
5. Weitere Empfehlungen an die Bildungseinrichtungen und zuständigen Behörden
Die Nutzung der Auslandskontakte und Auslandserfahrungen liegt im gemeinsamen Interesse der Länder, der Bildungseinrichtungen und der vermittelten bzw. zurückgekehrten Lehrkräfte.
Den Bildungseinrichtungen (wie z.B. Landesinstituten, Fortbildungsinstitutionen, Studienseminaren und Schulen) wird empfohlen, ihre Bemühungen um eine möglichst effektive Verwendung der aus dem Ausland zurückkehrenden Lehrkräfte weiter zu verstärken. Die Bemühungen können dadurch erleichtert werden, dass die Auslandslehrkräfte von Beginn ihrer aktiven Auslandsdienstzeit an Kontakt mit ihrem Bundesland und ihrer ehemaligen Schule halten, über ihre Auslandstätigkeit regelmäßig berichten und ihr besonderes Tätigkeitsprofil verdeutlichen. Dabei ist es auch wichtig, dass sich die Lehrkräfte rechtzeitig vor Ablauf der Beurlaubungszeit bei der Heimatbehörde zurückmelden, Vorschläge für die weitere Verwendung machen, gewünschte Einsatzorte angeben, aber auch Mobilitätsbereitschaft zeigen. Dieses Verfahren erleichtert die Abstimmung zwischen den Notwendigkeiten der fachspezifischen Versorgung der Heimatschulen mit qualifizierten Rückkehrern und deren persönlichen Vorstellungen vom schulischen Einsatz nach der Rückkehr. Dabei sind auch Grundsätze der Personalentwicklung und des beruflichen Fortkommens zu berücksichtigen.
Den zuständigen Behörden wird empfohlen, ehemaligen Auslandslehrkräften - und hier insbesondere denjenigen, die Funktionen in der Auslandsschularbeit wahrgenommen und sich durch besondere Arbeitsleistungen ausgezeichnet haben - ggf. nach einer Zeit der Bewährung im Inlandsschuldienst bei einem entsprechenden Bedarf verantwortliche Aufgaben, auch Führungsaufgaben in folgenden Bereichen und Institutionen zu übertragen: Schulen mit einem besonderen Programm und Profil (Unterricht in Deutsch als Fremdsprache oder Deutsch als Zweitsprache, bilinguale Schulen, Schulen mit verstärktem Interesse an europäischer und internationaler Zusammenarbeit, UNESCO-Projekt-Schulen etc.), Lehrplanentwicklung und Lehreraus- und -fortbildung mit internationalen Bezügen, Landesbildungsserver, Studienkollegs für Ausländerinnen und Ausländer, Internationale Aufgaben in der Schulaufsicht sowie Information und Vorbereitung von künftigen Auslandslehrkräften. Dieser gezielte Einsatz ist ein wichtiger Beitrag zur Weiterentwicklung von Schulen im Zeitalter der Europäisierung und der Internationalisierung.
Der Auslandsaufenthalt ist erst in vollem Umfang erfolgreich, wenn die vermittelten Lehrkräfte ihre Auslandskontakte und Auslandserfahrungen für die Erreichung kulturpolitischer und bildungspolitischer Ziele in Deutschland einsetzen und wenn dieser Einsatz auch ihre berufliche Entwicklung fördert.
6. Schlussbemerkung
Dieser Beschluss ersetzt den Beschluss der KMK vom 30.01.1981 „Nutzung der Erfahrungen der aus dem Auslandsschuldienst zurückkehrenden Lehrer “.
gez. Dr. Berggreen-Merkel
Ministerialdirigentin