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Bayerische Verordnung zur Verwendung der Deutschen Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren und in der Kommunikation mit Kindertageseinrichtungen, Tagespflegestellen und Schulen
(Bayerische Kommunikationshilfenverordnung – BayKHV)
Vom 24. Juli 2006
(GVBl. S. 432)
BayRS 805-9-1-A
Vollzitat nach RedR: Bayerische Kommunikationshilfenverordnung (BayKHV) vom 24. Juli 2006 (GVBl. S. 432, BayRS 805-9-1-A), die zuletzt durch § 2 des Gesetzes vom 27. November 2012 (GVBl. S. 582) geändert worden ist
(1) Die Verordnung gilt für alle hör- oder sprachbehinderten Personen, die Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens sind, sowie für hör- oder sprachbehinderte Eltern nicht hör- oder sprachbehinderter Kinder bei der Kommunikation mit Kindertageseinrichtungen, Tagespflegestellen und Schulen (Berechtigte).
(2) 1Der Anspruch auf Kommunikation gemäß Art. 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BayBGG besteht gegenüber jedem Träger öffentlicher Gewalt im Sinn des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayBGG und gegenüber den Staatsanwaltschaften, soweit diese ein Verwaltungsverfahren durchführen (Verpflichtete). 2Für die Erstattung nach Art. 11 Abs. 1 Satz 3 BayBGG sind die überörtlichen Träger der Sozialhilfe, in deren Bezirk der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, zuständig.
§ 2
Voraussetzungen und Umfang der Ansprüche
(1) 1Der Anspruch auf Kommunikation gemäß Art. 11 Abs. 1 Sätze 1, 2 und 3 BayBGG besteht nur, soweit die Verwendung von Gebärdensprache oder anderen Kommunikationshilfen zur Wahrnehmung eigener Rechte in einem Verwaltungsverfahren oder zur Kommunikation der Berechtigten mit der Kindertageseinrichtung, Tagespflegestelle oder Schule erforderlich ist. 2Er besteht nicht, wenn die Verpflichteten das Verwaltungsverfahren schriftlich durchführen und die hör- oder sprachbehinderte Person ihre Rechte durch schriftliche Äußerung ausreichend wahrnehmen kann.
(2) 1Die Berechtigten haben nach der Besonderheit des Einzelfalls einen Anspruch auf Hinzuziehung einer Gebärdensprachdolmetscherin oder eines Gebärdensprachdolmetschers oder auf Hinzuziehung anderer geeigneter Kommunikationshilfen, wenn die Verwendung der Kommunikationshilfe erforderlich ist und im konkreten Fall eine für die Wahrnehmung eigener Rechte im Verwaltungsverfahren erforderliche Verständigung oder eine barrierefreie Kommunikation mit der Kindertageseinrichtung, Tagespflegestelle oder Schule sicherstellt. 2Die Kommunikationshilfen sind von den Berechtigten selbst zur Verfügung zu stellen. 3Dies gilt nicht, wenn die Verpflichteten sie selbst zur Verfügung stellen und dies den Berechtigten unverzüglich nach Ausübung des Wahlrechts nach Abs. 3 mitteilen.
(3) 1Die Berechtigten haben ein Wahlrecht hinsichtlich der zu benutzenden Kommunikationshilfe. 2Die Wahlentscheidung ist den Verpflichteten rechtzeitig mitzuteilen; sie kann nachträglich nur geändert werden, wenn dafür ein sachlicher Grund vorliegt und die Änderung nicht zu einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens führt. 3Die Verpflichteten können die ausgewählte Kommunikationshilfe zurückweisen, wenn sie mit Mehrkosten verbunden oder ungeeignet oder nicht erforderlich ist. 4Zudem können die Verpflichteten die Berechtigten auf eine von ihnen zur Verfügung gestellte Kommunikationshilfe verweisen, sofern diese für die Berechtigten geeignet ist.
(4) Von der Hinzuziehung von Kommunikationshilfen nach Abs. 2 kann abgesehen werden, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint oder wenn durch die Hinzuziehung von Kommunikationshilfen die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde.
§ 3
Grundsätze für eine angemessene Vergütung oder Aufwendungserstattung
(1) 1Soweit die Berechtigten die Kommunikationshilfe selbst zur Verfügung stellen, erstatten die Verpflichteten den Berechtigten auf Antrag die notwendigen Aufwendungen für Gebärdensprachdolmetscherinnen oder Gebärdensprachdolmetscher, Gebärdensprachdozentinnen oder Gebärdensprachdozenten, Kommunikationshelferinnen oder Kommunikationshelfer in Höhe der nach dem Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz – JVEG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776) für Dolmetscher geltenden Sätze in der jeweils geltenden Fassung. 2Der Vomhundertsatz bezieht sich nur auf die Dolmetscherleistung. 3Fahrtkosten und sonstige notwendige Auslagen werden in vollem Umfang erstattet. 4Bei Nutzung der übrigen Kommunikationshilfen im Sinn des § 3 Abs. 2 tragen die Verpflichteten die entstandenen Aufwendungen, soweit sie notwendig und angemessen sind. 5Die entstandenen Aufwendungen hat die berechtigte Person nachzuweisen. 6Auf Wunsch der Berechtigten können die Verpflichteten die Aufwendungserstattung direkt an den Erbringer der Leistung auszahlen.
(2) 1Eine Kostenerstattung nach Abs. 1 entfällt, wenn die Berechtigten trotz Bereitstellung durch die Verpflichteten die Gebärdensprachdolmetscherin oder den Gebärdensprachdolmetscher, die Gebärdensprachdozentinnen oder Gebärdensprachdozenten oder die andere Kommunikationshilfe selbst zur Verfügung stellen. 2Eine Kostenerstattung nach Abs. 1 entfällt ebenfalls, wenn die berechtigte Person ein Hilfsmittel heranzieht, das hör- oder sprachbehinderte Menschen unabhängig von der Wahrnehmung eigener Rechte in einem konkreten Verwaltungsverfahren sowie unabhängig von der Kommunikation mit der Kindertageseinrichtung, Tagespflegestelle oder Schule regelmäßig von den Sozialleistungsträgern zur Verfügung gestellt wird.
(3) Stellen die Verpflichteten die Kommunikationshilfe selbst zur Verfügung, tragen sie die dadurch entstehenden Kosten.
Diese Verordnung tritt am 1. September 2006 in Kraft.
München, den 24. Juli 2006
Der Bayerische Ministerpräsident
Dr. Edmund Stoiber