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Text gilt ab: 01.01.2022

3.   Leitsätze für die Verbesserung der Verwaltungsorganisation und der Bürgerfreundlichkeit

3.1   Aufgabenkritik und Vollzug

Führungskräfte und Mitarbeiter sollen über Umstände berichten, aus denen sie bei Anwendung dieser Richtlinien die Überzeugung ableiten, dass eine von ihnen zu vollziehende Vorschrift aufgehoben oder geändert werden sollte (Aufgabenkritik).

3.2   Aufbauorganisation

3.2.1   Verwaltungsaufbau

Die staatliche Verwaltung ist grundsätzlich dreistufig aufgebaut. Sie gliedert sich in die Staatsministerien als oberste Landesbehörden, Mittelbehörden und Unterbehörden. Für fachbezogene Aufgaben können zentrale Landesbehörden errichtet werden.

3.2.2   Grundsatz der Einheit der Verwaltung

Der Behördenaufbau soll dem Prinzip der Einheit der Verwaltung entsprechen, soweit nicht wegen der besonderen Aufgabenstellung ein eigenständiger Verwaltungsunterbau besteht oder wegen spezifischer Aufgaben eine zentrale Landesbehörde benötigt wird. Koordinierungsaufwand ist durch Aufgabenbündelung gering zu halten.
Die Mittel- und Unterbehörden können ressortbezogen oder ressortübergreifend zuständig sein. Der Wahrnehmung von Aufgaben, die eine Koordinierung und Bündelung erfordern, dienen vor allem die Kreisverwaltungsbehörden auf der Unterstufe und die Regierungen auf der Mittelstufe. Die Zuweisung spezifischer Fachaufgaben an Sonderbehörden bleibt unberührt.
Erstinstanzielle Zuständigkeiten sollen, soweit die Aufgaben nicht Gemeinden übertragen werden können oder die Zuständigkeit einer Sonderbehörde geboten ist, grundsätzlich bei der Kreisverwaltungsbehörde liegen (Zuständigkeitsvermutung). Die Zuständigkeit einer höheren Behörde muss bei erstinstanziellen Aufgaben die Ausnahme bleiben.

3.2.3   Grundsatz der Einräumigkeit der Verwaltung

Die räumliche Organisation der Verwaltung soll sich im Interesse der Transparenz grundsätzlich an den Grenzen der Gemeinden, Städte, Landkreise und Bezirke ausrichten. Bei der Bestimmung der Behördensprengel sind die Ziele, möglichst wirtschaftliche und leistungsfähige Behörden zu schaffen und dem Bürger lange Behördenwege zu ersparen, gegeneinander abzuwägen.

3.2.4   Leitsätze zur Aufgabenverteilung

3.2.4.1   Aufgabenverlagerung auf die Unterstufe

Verwaltungsaufgaben sollen möglichst orts- und bürgernah, wirtschaftlich und sparsam erledigt werden. Die Zuständigkeiten sind möglichst auf nachgeordnete Stellen zu verlagern. Folgende allgemeine Grundsätze sind zu beachten:
Verwaltungsaufgaben lassen sich in der Regel wirksamer und schneller vollziehen, je ortsnäher die Entscheidung getroffen wird.
Die Aufgabe muss der Leistungsfähigkeit der nachgeordneten Stellen entsprechen.
Soweit die Aufgabe besonders vorgebildete Kräfte erfordert, muss das notwendige Fachpersonal vorhanden sein. Wird Fachpersonal nur gutachterlich tätig, so kann es auch bei einer Mittelbehörde oder einem Landesamt konzentriert werden; im Übrigen kann die Aufgabe von der unteren Verwaltungsbehörde vollzogen werden.
Die Aufgabe muss wirtschaftlich und sparsam erledigt werden können.
Der Verfahrensweg darf durch die Verlagerung nicht erschwert oder verzögert werden.
Die Aufgabe und ihre Auswirkungen müssen sich grundsätzlich auf den Zuständigkeitsbereich der Behörde beschränken.
Zusammenhängende Aufgabenkomplexe sollen grundsätzlich von einer Stelle behandelt werden.
Unterschiedliche Aufgabenzuweisungen an Stellen der gleichen Ebene, etwa entsprechend ihrer Leistungskraft, sind der Klarheit und Durchsichtigkeit der Verwaltung abträglich.
Die gebotene Einheitlichkeit des Verwaltungsvollzugs muss gewährleistet werden.
Jede Aufgabe soll grundsätzlich in vollem Umfang übertragen werden. Anzeige-, Mitwirkungs- und Berichtspflichten sowie Genehmigungs- und Zustimmungsvorbehalte zugunsten höherer Stellen sind nur aus Koordinierungsgründen und nur dann vertretbar, wenn dieser Zweck nicht durch verwaltungsinterne Richtlinien oder auf andere Weise erreicht werden kann.

3.2.4.2   Aufgabenverlagerung auf die Mittelstufe

Die Regierungen haben großräumige Verwaltungs-, Planungs- und Entwicklungsaufgaben, Koordinierungs- und Bündelungsfunktionen, Anleitungs- und Aufsichtsfunktionen sowie Aufgaben als Rechtsbehelfsbehörde.
Auf die Regierungen sollen alle Vollzugsaufgaben der Staatsministerien übertragen werden, soweit sie nicht wegen der besonderen politischen Bedeutung oder Steuerungsfunktion oder um der Einheitlichkeit des Vollzugs auf Landesebene willen bei den Staatsministerien liegen müssen und dieses Ziel nicht durch ministerielle Richtlinien oder – ausnahmsweise – durch Zustimmungsvorbehalte erreicht werden kann.
Die Regierungen sollen erstinstanzielle Zuständigkeiten nur erhalten, wenn das wegen des Umfangs der von der Maßnahme berührten Interessen, besonders in räumlicher Hinsicht oder wegen der Zahl der zu beteiligenden Behörden, sachdienlich und notwendig ist, wenn die Ausgleichsfunktion der Regierung besonders zum Tragen kommt oder wenn eine Aufgabenverlagerung auf die Unterstufe wegen der geringen Fallzahl und der erforderlichen Spezialisierung unwirtschaftlich wäre.
Für die übrigen Behörden der Mittelstufe gelten diese Grundsätze entsprechend.

3.2.4.3   Konzentration von Verwaltungsaufgaben

Die Zuständigkeit für einzelne Verwaltungsaufgaben kann überregional bei nachgeordneten Behörden konzentriert werden, wenn dadurch die Leistungsfähigkeit der Verwaltung verbessert wird.

3.3   Innere Behördenorganisation

3.3.1   Geschäftsverteilung

Für jede Behörde ist ein Verwaltungsgliederungs- und Geschäftsverteilungsplan aufzustellen, denen ein Aufgabengliederungsplan zugrunde liegen soll. Zahl und Größe der Organisationseinheiten (z.B. Sachgebiete, Referate, Abteilungen) richten sich nach Art und Inhalt der Aufgaben. Sofern Produktpläne vorgesehen sind, soll der Aufgabengliederungsplan so aufgebaut werden, dass er hierfür die Grundlage bilden kann. Die Organisationseinheiten sind so zu bemessen, dass eine effiziente und straffe Sachbearbeitung möglich ist, unnötiger Abstimmungsaufwand vermieden wird, eine gleichmäßige Arbeitsauslastung und Vertretung gesichert sind sowie eine angemessene Leistung der Organisationseinheiten gewährleistet ist.

3.3.2   Controlling

Zur Steuerung und Aufgabenerledigung soll in geeigneten Bereichen ein Controlling eingesetzt werden; Fach- und Ressourcenverantwortung sollen möglichst zusammengefasst werden.

3.3.3   Projektmanagement und Arbeitsgruppen

Zur schnellen Abwicklung einmaliger, komplexer, neuartiger oder bedeutsamer zeitlich befristeter Vorhaben soll ein wirtschaftlich arbeitendes Projektmanagement eingerichtet werden. Es plant, koordiniert, steuert und überwacht zielgerichtet und fachübergreifend die Abwicklung des Projekts. Projektgruppen sind förmlich einzurichten, wobei zumindest der Auftrag, die Zusammensetzung, die zeitliche Planung, die Leitung und die Kompetenzen der Projektgruppe festzulegen sind. Zur Bearbeitung umfangreicher Aufgaben, zur Vorbereitung von Entscheidungen, zur Untersuchung von Problemen oder vergleichbarer Aufgaben, die fachübergreifende Kenntnisse erfordern, können befristet oder dauerhaft Arbeitsgruppen gebildet werden.

3.3.4   Ablauforganisation

Hinsichtlich der Anforderungen an die Ablauforganisation wird auf die in der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern enthaltenen Regelungen verwiesen.

3.3.4.1  

Arbeitsabläufe sollen so organisiert werden, dass mehrere in einer Sache notwendige Erhebungen gleichzeitig angestellt werden können. Eine gemeinsame Besprechung mit Fachbehörden und sonstigen Beteiligten soll durchgeführt werden, wenn dadurch eine sachgerechte Lösung beschleunigt werden kann.

3.3.4.2  

Die Unterschriftsbefugnis soll innerhalb einer Behörde allgemein geregelt sein. Sie soll grundsätzlich demjenigen zustehen, dem die Erledigung einer Aufgabe zur selbständigen Bearbeitung übertragen ist.

3.3.4.3  

Die für die Organisation zuständigen Stellen sollen betroffene Behördenangehörige bei der Ordnung von Arbeitsabläufen beteiligen. Sie sollen sich untereinander frühzeitig koordinieren und Arbeitsergebnisse und Erfahrungen austauschen.

3.4   Wirkungsvoller Personaleinsatz

3.4.1  

Arbeitsplätze und Arbeitsmittel sollen nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen aufgabengerecht gestaltet sein.

3.4.2  

Es ist laufend zu prüfen, ob die Aufgabenstellung und die anfallende Arbeitsmenge die Einsparung von Personal zulassen oder eine Personalmehrung erfordern.

3.4.3  

Die Führungskräfte prüfen, ob unter Zugrundelegung einer zügigen Arbeitsweise die zugewiesenen Mitarbeiter für die anfallenden Aufgaben nötig sind und ob sie diese bewältigen können. Sie sorgen für eine gleichmäßige Auslastung der Mitarbeiter.

3.4.4  

Frei werdende Stellen dürfen nicht neu besetzt werden, wenn die Aufgaben entfallen oder anderen Bediensteten mitübertragen werden können. Bei der Wiederbesetzung eines freiwerdenden Dienstpostens ist dessen Wertigkeit unter dem Gesichtspunkt zu überprüfen, ob die Aufgaben auch von Beamten einer niedrigeren Laufbahngruppe wahrgenommen werden können.

3.4.5  

Die Staatsministerien erarbeiten Arbeitsrichtzahlen oder andere Orientierungswerte, soweit ein Leistungsvergleich zwischen Behörden oder Bediensteten möglich ist. In geeigneten Bereichen kann nach den Grundsätzen der Kosten-Leistungs-Rechnung (KLR) verfahren werden.