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BewHBek
Text gilt ab: 01.06.2023

6.   Leitende Bewährungshelfer und Zentrale Fachstelle für Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und Führungsaufsicht Bayern

6.1   Leitende Bewährungshelfer

6.1.1  

1Bei jedem Landgericht werden ein Leitender Bewährungshelfer und – je nach Größe der Dienststelle – ein oder mehrere Stellvertreter bestellt. 2Bei großen Dienststellen können bei Bedarf auch mehrere Leitende Bewährungshelfer bestellt werden. 3Die Funktion des Leitenden Bewährungshelfers wird im Bayerischen Ministerialblatt ausgeschrieben. 4Die Funktion des Stellvertreters soll auf Landgerichtsebene ausgeschrieben werden. 5Die Bestellung erfolgt durch den Präsidenten des Landgerichts im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Oberlandesgerichts und unter Beteiligung des örtlichen Personalrats; es gilt Nr. 6.2.2.6.

6.1.2  

Bei der Personalauswahl gelten folgende Anforderungen an Leitende Bewährungshelfer und ihre Stellvertreter:

6.1.2.1   Fachkompetenz

Berufserfahrung als Bewährungshelfer,
hohe Fach- und Methodenkompetenz, u. a. nachgewiesen durch berufsbegleitende Fortbildung und Projektarbeit,
Grundkenntnisse im Personalwesen, in der Organisationslehre und in der Informationstechnik.
Soweit einzelne Kenntnisse noch nicht vorliegen, wird die Bereitschaft zur Fortbildung und zur Hospitation vorausgesetzt.

6.1.2.2   Persönliche Kompetenz

Engagement,
Identifikation mit dem Auftrag der Justiz,
Flexibilität, Kreativität und Innovationsfähigkeit,
Entscheidungsfreude,
Fähigkeit zur Repräsentation der Bewährungshilfe nach außen,
Fähigkeit, sich präzise und strukturiert auszudrücken,
sicheres Auftreten.

6.1.2.3   Sozialkompetenz

Kommunikationsfähigkeit,
Teamfähigkeit und Konsensbereitschaft,
Fähigkeit zur Kooperation intern und nach außen,
Verantwortungsbewusstsein und Verlässlichkeit,
Glaubwürdigkeit,
Aufgeschlossenheit für die fachlichen Weiterentwicklungen in der Bewährungshilfe und Strukturveränderungen in der Justiz.

6.1.2.4   Führungskompetenz

Fähigkeit,
kooperativ zu führen,
Mitarbeiter zu motivieren,
durch Zielvereinbarungen zu führen,
Konflikte zu bewältigen.
Delegationsvermögen,
Fähigkeit, mit gutem Beispiel voranzugehen,
Fürsorge gegenüber den Mitarbeitern und Loyalität zum Dienstherrn,
Fähigkeit und Bereitschaft, die Stärken der Mitarbeiter zu erkennen und zu fördern,
Bereitschaft zur Qualifizierung in Fragen des Führungsverhaltens.
Es wird erwartet, dass Leitende Bewährungshelfer und ihre Stellvertreter ihrer in den Leitlinien zur Führung und Zusammenarbeit in der Bayerischen Staatsverwaltung beschriebenen Vorbildfunktion gerecht werden, hohe Akzeptanz in ihrer Dienststelle besitzen und durch ihr Verhalten ein vertrauensvolles Klima schaffen, in dem Führungsgrundsätze gedeihen und sich verwirklichen können (vgl. Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 2. Juli 2007 in der jeweils geltenden Fassung; AllMBl. S. 359).

6.1.2.5   Organisatorische Kompetenz

Fähigkeit, eine Dienststelle zu organisieren und zu koordinieren,
Fähigkeit, strategische Ziele zu entwickeln und umzusetzen,
Kostenbewusstsein.

6.1.3  

1Der Leitende Bewährungshelfer ist Fachvorgesetzter der ihm zugeordneten Bewährungshelfer und Servicekräfte und sorgt für die ordnungsgemäße Erledigung der diesen obliegenden Dienstaufgaben. 2Dem Leitenden Bewährungshelfer obliegt insbesondere die Wahrnehmung folgender Aufgaben:
die fachliche Beratung der Bewährungshelfer,
die Überprüfung der fachlichen Arbeit der Bewährungshelfer, insbesondere die Einhaltung der fachlichen Standards der Bewährungshilfe,
die Durchführung von Dienst- und Fallbesprechungen,
die Betreuung der Einarbeitung neu eingestellter Bewährungshelfer,
die Vorbereitung und Durchführung von regionalen Fortbildungsmaßnahmen und die Unterbreitung von Vorschlägen im Zusammenhang mit überörtlichen Fortbildungsmaßnahmen,
die Unterrichtung des Präsidenten des Landgerichts über den Geschäftsverlauf und über besondere Vorkommnisse,
die Mitwirkung bei der Geschäftsprüfung,
die Abgabe von Stellungnahmen bei Beschwerden über einen Bewährungshelfer,
die Vorbereitung der Geschäftsverteilung, die Fallverteilung und die Festlegung der Vertretung, soweit dies über die allgemeine Geschäftsverteilung hinaus erforderlich wird,
die Mitwirkung bei Personalangelegenheiten der Bewährungshilfe und
die Angelegenheiten der Praktikanten.

6.1.4  

Durch Verfügung des Präsidenten des Landgerichts können dem Leitenden Bewährungshelfer weitere Aufgaben übertragen werden, wobei es der internen Geschäftsverteilung vorbehalten bleibt, welche Aufgaben der Leitende Bewährungshelfer selbst übernimmt bzw. seinem Stellvertreter überträgt.

6.1.5  

Zur Erfüllung seiner Aufgaben kann der Leitende Bewährungshelfer die Betreuungs- und Geschäftsunterlagen einsehen sowie den Bewährungshelfern und Servicekräften Weisungen erteilen und Aufgaben übertragen.

6.1.6  

Der Leitende Bewährungshelfer wird für die Wahrnehmung seiner Führungsaufgaben in angemessenem Umfang freigestellt.

6.2   Zentrale Fachstelle für Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und Führungsaufsicht Bayern

6.2.1  

Bei dem Oberlandesgericht München ist die Zentrale Fachstelle für Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und Führungsaufsicht Bayern (ZFB) eingerichtet.

6.2.2  

Zum Zwecke der Qualitätssicherung und der Weiterentwicklung der fachlichen Arbeit der Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und Führungsaufsichtsstellen hat die ZFB die folgenden Aufgaben:

6.2.2.1  

1Die ZFB wirkt bei Geschäftsprüfungen der Bewährungshelfer durch die Präsidenten der Oberlandesgerichte mit; sie kann bei Geschäftsprüfungen der Gerichtshelfer und Führungsaufsichtsstellen durch die Präsidenten der Oberlandesgerichte bzw. Generalstaatsanwälte hinzugezogen werden. 2Sie kann zudem Konzepte zur Weiterentwicklung eines Prüfungsschemas (Checkliste) für Geschäftsprüfungen entwickeln.

6.2.2.2  

1Bei bestehender Berichtspflicht gegenüber dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz in Bewährungs- und Führungsaufsichtsfällen ist die ZFB nach Absprache und im Auftrag des zuständigen Präsidenten des Oberlandesgerichts befugt, personenbezogene Daten eines Bewährungs- oder Führungsaufsichtsprobanden zur Kenntnis zu nehmen und zu verarbeiten. 2Dies gilt für die Zwecke des Bewährungs- oder Führungsaufsichtsverfahrens, für das sie übermittelt werden, zur Wahrnehmung der Aufgaben der ZFB, soweit dies erforderlich ist und die ZFB nicht in die Zuständigkeiten und Befugnisse anderer Behörden eingreift und soweit nach den gesetzlichen Vorschriften eine Datenübermittlung an und durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz zulässig wäre. 3Zur Erfüllung dieser Aufgabe erhält die ZFB nachrichtlich die Berichte des zuständigen Oberlandesgerichts. 4Der entsprechende Auftrag an die ZFB kann jährlich vorab erteilt werden. 5Die ZFB informiert in diesen Fällen das Bayerische Staatsministerium der Justiz über ihre fachliche Bewertung; das zuständige Oberlandesgericht erhält einen Abdruck; die Aufsichts- und Weisungsbefugnisse bleiben unberührt.

6.2.2.3  

1Die ZFB organisiert die bayernweite Fortbildung für die Bewährungs- und Gerichtshilfe sowie die Führungsaufsichtsstellen. 2Sie wählt ungeachtet der Befugnis der jeweiligen Dienstvorgesetzten, die Teilnahme an der Fortbildung zu genehmigen, die Teilnehmenden an den Fortbildungen aus und führt das Einladungs- sowie Veranstaltungsmanagement durch. 3Allen Beschäftigten sollen zeitnah zum Beginn ihrer Tätigkeit Fortbildungsveranstaltungen zu grundlegenden Themen für ihr jeweiliges Arbeitsfeld sowie später weiterführende Fortbildungsveranstaltungen angeboten werden. 4Zu diesen Zwecken teilen die Präsidenten der Oberlandesgerichte und die Generalstaatsanwälte der ZFB jede Personalveränderung im Bewährungshilfe- und Gerichtshilfedienst sowie bei den Führungsaufsichtsstellen mit.

6.2.2.4  

1Die ZFB erhebt jährlich den Bedarf für Supervision in der Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und bei den Führungsaufsichtsstellen. 2Sie berät zur Auswahl von Supervisoren, genehmigt nach entsprechender Prüfung die Supervisionseinheiten und beauftragt die Supervisoren.

6.2.2.5  

1Die ZFB entwickelt Konzepte zur fachlichen Weiterentwicklung der Bewährungshilfe, der Gerichtshilfe und der Führungsaufsicht in Bayern und wirkt bei der Fortschreibung fachlicher Standards mit. 2Die ZFB setzt sich für wissenschaftliche Projekte und Evaluationen ein. 3Die ZFB berät und unterstützt die Dienststellen der Bewährungs- und Gerichtshilfe bei der Entwicklung und Umsetzung fachlicher Konzepte. 4Sie begleitet und unterstützt Gruppen- und Projektarbeit innerhalb der Bewährungs- und Gerichtshilfe. 5Die ZFB nimmt ihre Aufgaben innerhalb des Qualitätsentwicklungsprozesses im Rahmen der Standards der Bewährungshilfe wahr.

6.2.2.6  

Der ZFB kann im Bereich der Bewährungs- und Gerichtshilfe bei Einstellungen (insbesondere zu den Abschlüssen und weiteren Qualifikationen), Beförderungsentscheidungen, der Bestellung von Leitenden Bewährungshelfern und im Rahmen von periodischen Beurteilungen Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt werden.

6.2.2.7  

1Die ZFB kann bei der Umsetzung der Personalentwicklungsgrundsätze, der Entwicklung und Fortschreibung von Anforderungsprofilen sowie der Fortschreibung des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens im Bewährungs- und Gerichtshilfedienst mitwirken. 2Dabei ist ein wichtiges Ziel, die Bewährungs- und Gerichtshilfe als attraktive Beschäftigungsfelder zu erhalten, um Personal zu gewinnen und zu binden.

6.2.2.8  

1Die ZFB kann Dienstbesprechungen der Bewährungshilfe, der Gerichtshilfe und der Führungsaufsichtsstellen auf Ebene der Oberlandesgerichts- bzw. Generalstaatsanwaltsbezirke abhalten. 2An bayernweiten Dienstbesprechungen des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz für die Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und die Führungsaufsichtsstellen wirkt die ZFB mit. 3Die ZFB organisiert in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz regelmäßige Dienstbesprechungen zum Übergangsmanagement.

6.2.2.9  

1Die ZFB berät das Bayerische Staatsministerium der Justiz zu fachlichen und rechtlichen Fragen der Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und Führungsaufsicht. 2Sie trägt zu Stellungnahmen des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz zu der Fortschreibung der Konzeption HEADS sowie anderen polizeilichen Konzeptionen zu speziellen Probandengruppen bei.

6.2.2.10  

Die ZFB berät die Bewährungs- und Gerichtshilfe sowie die Führungsaufsichtsstellen fachlich und rechtlich.

6.2.2.11  

1Die ZFB berät die Leiter der bayerischen Psychotherapeutischen Fachambulanzen für Gewalt- und Sexualstraftäter bei fachlichen und rechtlichen Fragestellungen betreffend die Zusammenarbeit mit der Bewährungs- und Gerichtshilfe sowie den Führungsaufsichtsstellen; die ZFB ist insoweit Ansprechpartnerin der genannten Stellen für fachliche und rechtliche Fragen in diesen Bereichen. 2Die ZFB ist in den Fachbeiräten der bayerischen Psychotherapeutischen Fachambulanzen vertreten und wirkt in dieser Funktion an der Fortschreibung der Konzeption der bayerischen Psychotherapeutischen Fachambulanzen für Sexual- und Gewaltstraftäter mit.

6.2.2.12  

1Die ZFB berät die Staatsanwaltschaften, die Gerichte, die Justizvollzugsanstalten, den Maßregelvollzug und die Polizei zu fachlichen und rechtlichen Fragen betreffend die Bewährungs- und Gerichtshilfe sowie Führungsaufsichtsstellen. 2Sie fördert die Zusammenarbeit der genannten Stellen und erwägt in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz Projekte im Bereich des Übergangsmanagements. 3Ein besonderes Gewicht legt sie dabei auf die Betreuung von Probanden in der Führungsaufsicht und Bewährungshilfe, die besonderer Betreuung und Überwachung bedürfen (sog. Risikoprobanden, vgl. JMS vom 16. Februar 2017, Az. E5 - 4263 - II - 683/17, in der jeweils geltenden Fassung), und von politisch motivierten Straftätern.

6.2.2.13  

1Die ZFB übernimmt Beratungs- und Koordinierungsaufgaben in Fällen, in denen wegen Taten, die die Verurteilten vor dem 1. Juni 2013 begangen haben, seit mehr als zehn Jahren die Sicherungsverwahrung vollzogen wird (Art. 316f Abs. 2 Satz 2 EGStGB, sog. „EGMR-Parallelfälle“). 2Zu diesem Zweck übersenden die Staatsanwaltschaften gleichzeitig mit der Veranlassung des gerichtlichen Überprüfungsverfahrens die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen (insbesondere Urteil, Sachverständigengutachten und letzte Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt bzw. Maßregelvollzugseinrichtung, (vorsorglicher) Antragsentwurf zur Führungsaufsicht sowie Unterlagen betreffend die Einleitung des Verfahrens zur Entscheidung über die Beantragung einer EAÜ-Weisung) an die ZFB. 3Sobald die Unterlagen vorliegen, hat die ZFB innerhalb von vier Wochen Gelegenheit, zu dem Antragsentwurf für den Führungsaufsichtsbeschluss Stellung zu nehmen.

6.2.2.14  

1Die ZFB fördert die Öffentlichkeitsarbeit der Bewährungshilfe, der Gerichtshilfe und der Führungsaufsichtsstellen. 2Sie pflegt die Intranetseite des Oberlandesgerichts München für die Bereiche der Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und Führungsaufsicht und begleitet für diese Bereiche die Aktualisierung der Internetseite des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz durch inhaltliche Zuarbeit. 3Die Intranet-Datenbank mit praxisrelevanten Informationen wird durch die ZFB gepflegt und fortentwickelt.

6.2.2.15  

1Die ZFB berät das IT-Servicezentrum der bayerischen Justiz zu fachlichen und rechtlichen Fragen der Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und Führungsaufsicht. 2Sie trägt mit Stellungnahmen gegenüber dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz zur Einführung bzw. Weiterentwicklung von IT-Fachverfahren für Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und Führungsaufsichtsstellen bei.

6.2.2.16  

Die ZFB wirkt an der Erstellung von bayernweiten Statistiken in den Bereichen Bewährungshilfe, Gerichtshilfe und Führungsaufsicht mit.

6.2.2.17  

Die ZFB fördert die ehrenamtliche Tätigkeit in der Bewährungshilfe und koordiniert hierfür erforderliche Maßnahmen.

6.2.3  

1Die ZFB setzt operative Maßnahmen im Rahmen der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung von Führungsaufsichtsprobanden gemäß § 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB um. 2In Angelegenheiten der elektronischen Aufenthaltsüberwachung führt sie im Verkehr mit anderen Stellen die Bezeichnung „Zentrale Kontaktstelle Justiz Bayern“ (ZKJ). 3Näheres zu den Aufgaben als ZKJ regelt die Verwaltungsvorschrift über das Verfahren bei Prüfung der Anordnung und Durchführung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung während der Führungsaufsicht vom 17. Oktober 2019, Gz. E5 - 4263 - II - 6573/2007, in der jeweils geltenden Fassung.

6.2.4  

1Die ZFB untersteht der Fachaufsicht des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz. 2Die Präsidenten der Oberlandesgerichte, die Generalstaatsanwälte, die Präsidenten der Landgerichte, die Leitenden Oberstaatsanwälte, die Leitenden Bewährungshelfer und die ZFB arbeiten vertrauensvoll zusammen.