VGH München, Vorlagebeschluss v. 23.03.2023 – 20 B 21.1888
Titel:

EuGH-Vorlage zu den Begriffen „Alkohol“ und „zusetzen“

Normenkette:
AEUV Art. 267
Leitsätze:
1. Der Senat legt dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vor:
2. Ist Art. 3 Abs. 4 lit. c VO (EU) Nr. 251/2014 so auszulegen, dass von dem Begriff des „Alkohols“ auch ein Getränk umfasst wird, welches Alkohol enthält und kein Weinbauerzeugnis im Sinne des Art. 3 Abs. 4 lit. a VO (EU) Nr. 251/2014 ist?
3. Bedeutet „zusetzen“ im Sinn des Art. 3 Abs. 4 lit. c VO (EU) Nr. 251/2014, dass sich der Alkoholgehalt des Endproduktes im Vergleich zu dem nach Art. 3 Abs. 4 lit. a VO (EU) Nr. 251/2014 verwendeten Weinbauerzeugnis erhöht haben muss?
4. Ist für den Fall, dass Frage 1 bejaht wird, Art. 3 Abs. 1 S. 1 iVm Anhang I Nr. 1 lit. b ii VO (EU) Nr. 251/2014) so auszulegen, dass von dem Begriff des „geschmackgebenden Lebensmittels“ ein alkoholhaltiges Getränk im Sinne der Frage 1 umfasst wird?
Schlagworte:
Vorlage zur Vorabentscheidung an den EuGH, Auslegung von Art. 3 Abs. 4 lit. c VO (EU) Nr. 251/2014, Vorabentscheidung, Auslegung, Lebensmittelrecht, Weinbauerzeugnis, Bier, Alkohol, Produktzusammensetzung
Vorinstanzen:
VGH München, Beschluss vom 12.07.2021 – 20 ZB 20.2666
VG Augsburg, Urteil vom 21.09.2020 – Au 9 K 20.597
Rechtsmittelinstanz:
EuGH Luxemburg, Urteil vom 08.05.2024 – C-216/23
Fundstellen:
GRUR 2023, 1316
LSK 2023, 7301
GRUR-RS 2023, 7301
LMuR 2023, 494

Tenor

1. Der Senat legt dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vor:
a) Ist Art. 3 Abs. 4 lit. c) VO (EU) Nr. 251/2014 so auszulegen, dass von dem Begriff des „Alkohols“ auch ein Getränk umfasst wird, welches Alkohol enthält und kein Weinbauerzeugnis im Sinne des Art. 3 Abs. 4 lit. a) VO (EU) Nr. 251/2014 ist?
b) Bedeutet „zusetzen“ im Sinn des Art. 3 Abs. 4 lit. c) VO (EU) Nr. 251/2014, dass sich der Alkoholgehalt des Endproduktes im Vergleich zu dem nach Art. 3 Abs. 4 lit. a VO (EU) Nr. 251/2014 verwendeten Weinbauerzeugnis erhöht haben muss?
c) Ist für den Fall, dass Frage a.) bejaht wird, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang I Nr. 1 lit. b) ii) VO (EU) Nr. 251/2014) so auszulegen, dass von dem Begriff des „geschmackgebenden Lebensmittels“ ein alkoholhaltiges Getränk im Sinne der Frage a.) umfasst wird?
2. Das Verfahren wird bis zu der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Vorlagefrage gemäß § 94 VwGO analog ausgesetzt.

Entscheidungsgründe

1
Zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits ist streitig, ob die Klägerin das von ihr hergestellte und in den Verkehr gebrachte Produkt als „aromatisierten weinhaltigen Cocktail“ im Sinne des Art. 3 VO (EU) 251/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 in der Fassung der VO (EU) 2021/2117 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 bezeichnen darf.
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1. Die Klägerin stellt nach eigenen, durch den Beklagten im Tatsächlichen nicht bestrittenen Angaben ein alkoholisches Mischgetränk her, das zu 55% aus Wein und zu 10% aus Bier, das einen Alkoholgehalt von 5,5% vol hat, besteht und mit Holunderblütengeschmack aromatisiert ist. Sie hat es als „aromatisierten weinhaltigen Cocktail“ bezeichnet in den Verkehr gebracht. Dies hat der Beklagte beanstandet, weil er der Auffassung ist, dass es sich bei dem dem Getränk zugesetzten Bier um „Alkohol“ im Sinne des Art. 3 Abs. 4 lit. c) VO (EU) Nr. 251/2014 handele, der einem als „aromatisierten weinhaltigen Cocktail“ bezeichneten Getränk nicht zugesetzt werden dürfe. Die Klägerin ist der Meinung, dass unter Alkohol im Sinne des Art. 3 Abs. 4 lit. c) VO (EU) Nr. 251/2014 nur Alkohol zu verstehen sei, der in Anhang I Nr. 3 genannt sei, da durch Zusatz von Alkohol im Sinn des Art. 3 der VO (EU) Nr. 251/2014 eine Erhöhung und nicht – wie bei dem Produkt der Klägerin – eine Verringerung des bereits im Wein vorhandenen Alkoholgehalts erreicht werden müsse. Jedenfalls aber handele es sich bei Bier um eine geschmackgebende Zutat im Sinne des Anhangs I Nr. 1 lit. b) ii) VO (EU) Nr. 251/2014, so dass die Bezeichnung als „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ auch für den Fall möglich sei, dass Bier als Alkohol im Sinne der VO (EU) Nr. 251/2014 gelte.
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2. Die Vorlagefrage betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 4 lit. c) der VO (EU) Nr. 251/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 des Rates in der Fassung der VO (EU) Nr. 2021/2117 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021.
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a.) Streitentscheidende Normen sind Art. 3 Abs. 4 lit.c) VO (EU) Nr. 251/2014 in der Fassung der VO 2021/2117 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 und § 25 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Nr. 4 des Deutschen Weingesetzes i.V.m. Art. 7 Abs. 1 lit. a) VO (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 i.V.m. Art. 2 Nr. 2 und Art. 1 Abs. 2 VO (EU) Nr. 251/2014.
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b.) Die nationalen Vorschriften haben folgenden Wortlaut:
§ 25 WeinG („Weingesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2011 (BGBl. I S. 66), das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 4 des Gesetzes vom 20. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2752) geändert worden ist“) – Verbote zum Schutz vor Täuschung
(1) Es ist verboten, als Verantwortlicher nach Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der RL 87/250/EWG der Kommission, der RL 90/496/EWG des Rates, der RL 1999/10/EG der Kommission, der RL 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 18; L 331 vom 18.11.2014, S. 41; L 50 vom 21.2.2015, S. 48; L 266 vom 30.9.2016, S. 7), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2283 (ABl. L 327 vom 11.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ein Erzeugnis mit Informationen über Erzeugnisse, die den Anforderungen des 1.
Artikels 7 Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011, … nicht entsprechen, in den Verkehr zu bringen oder allgemein oder im Einzelfall dafür zu werben.
§ 49 WeinG – Strafvorschriften
Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer […]
4. entgegen § 25 Absatz 1 ein Erzeugnis in den Verkehr bringt oder dafür wirbt […]
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c.) Nationale Rechtsprechung:
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Das Verwaltungsgericht Trier hat mit Urteil vom 18. April 2019 entschieden, dass ein dem Weinbauerzeugnis zugesetzter Fruchtwein als geschmackgebendes Lebensmittel gemäß Anhang I Nr. 1 lit.b) ii) VO (EU) Nr. 251/2014 einzustufen sei und dass es sich bei diesem Erzeugnis nicht um Alkohol gemäß Art. 3 Abs. 4 lit. c) VO (EU) Nr. 251/2014 handele (VG Trier, U.v. 18.4.2019 – 2 K 6133/18.TR). Das Verwaltungsgericht Augsburg hat mit Urteil vom 21. September 2020 (VG Augsburg, U.v. 21.9.2020 – Au 9 K 20.597), gegen das der Senat die Berufung zugelassen hat, entschieden, dass kein (weiteres) alkoholhaltiges Getränk einem Getränk zugesetzt werden dürfe, welches die Bezeichnung „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ führen wolle.
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Obergerichtliche nationale Rechtsprechung existiert, soweit ersichtlich, zu dieser Frage nicht.
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4. Die Vorlagefragen sind aufgrund der von der Klägerin gewählten Produktzusammensetzung entscheidungserheblich, weil sie das Produkt nur als „aromatisierten weinhaltigen Cocktail“ bezeichnen darf, wenn das enthaltene Bier entweder nicht als Alkohol im Sinn des Art. 3 Abs. 4 lit. c) VO (EU) Nr. 251/2014 oder aber, sollte es derartiger Alkohol angesehen werden, als geschmackgebende Zutat im Sinn des Anhangs II Nr. 1 lit. b) ii) der VO anzusehen ist.
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5. Die Vorlagefrage bedarf der Klärung durch den Gerichtshof, weil der Senat die für den Rechtsstreit entscheidungserhebliche Frage nicht mit der nötigen Eindeutigkeit beantworten kann und eine verbindliche Auslegung der streitentscheidenden Norm durch den Gerichtshof für die Beilegung des Rechtsstreits erforderlich ist.
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Die für den Streit relevante Passage der Vorschrift lautet: „(Ein aromatisierter weinhaltiger Cocktail ist ein Getränk, …) das nicht mit Alkohol versetzt wurde“, Art. 3 Abs. 4 lit. c VO (EU) Nr. 251/2014.
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a.) Es besteht Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage, ob mit „Alkohol“ nur Alkohol nach Anhang I Nr. 3 VO (EU) Nr. 251/2014 gemeint ist, der dem Cocktail nicht zugesetzt werden darf – worunter Bier nicht fallen würde, weil es nicht den dort genannten Kriterien entspricht – oder ob mit Alkohol im Sinn der Norm jeglicher in einem beigemischten Getränk, das selbst nicht Weinbauerzeugnis im Sinn des Art. 3 Abs. 4 lit. a) ist, bereits vorhandener Alkohol gemeint ist, da er die Kriterien des Anhangs I Nr. 3 nicht erfüllt und der Gruppe der aromatisierten weinhaltigen Getränke (Art. 3 Abs. 1 VO (EU) Nr. 251/2014) bereits aus diesem Grunde nicht zugesetzt werden darf. Für diese Auffassung könnte – ohne dass es auf die Absicht des Lebensmittelunternehmers zur Erhöhung des Alkoholgehalts ankäme – sprechen, dass aus Gründen der Klarheit für den Markt und die Verbraucher feststehen soll, dass zur Bezeichnung als aromatisiertes Weinerzeugnis nach Art. 3 VO (EU) Nr. 251/2014 neben dem im Weinbauerzeugnis selbst enthaltenen Alkohol nur die Verwendung von Alkohol im Sinn des Anhangs I Nr. 3 VO (EU) Nr. 251/2014, jedoch nicht die Verwendung sonstiger alkoholischer Getränke gestattet ist.
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b.) Der Senat tendiert – anders als die Vorinstanz – dazu, das hier verwendete Bier mit einem Alkoholgehalt von 5,5% vol nicht als Alkohol im Sinne der streitentscheidenden Norm anzusehen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
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aa.) „Versetzen“ dürfte bedeutungsgleich mit der substantivischen Form des „Zusatzes“ sein, wie er in Anlage I Nr. 3 VO (EU) Nr. 251/2014 Verwendung findet und damit die Bedeutung von „zusetzen“ im Sinne von „hinzufügen“ haben. Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit der französischen Fassung der VO (EU) Nr. 251/2014, die in Art. 3 den Begriff „l’addition“ (dt. Zugabe, Zusatz) und in Anhang I Nr. 3 „adjonction“ (dt. Hinzufügung) verwendet und mit der englischen Fassung, die in Art. 3 der VO (EU) Nr. 251/2014 die Formulierung „to which no alcohol has been added“ (to add: dt. hinzufügen) und „addition of alcohol“ (addition: dt. Zusatz) in Anhang I Nr. 3. Versetzen bedeutet im deutschen Sprachgebrauch in der hier einschlägigen Bedeutung aus dem Bereich der Lebensmittel „vermischen“ (und dadurch in der Qualität mindern) (Quelle: Duden). Angesichts der französischen und englischen Sprachfassung der VO (EU) Nr. 251/2014 und der Verwendung des Begriffes „Zusatz“ in Anlage I Nr. 3 VO (EU) Nr. 251/2014 tendiert der Senat dazu, dass „versetzen“ im hier richtigen Sinn „zusetzen“, also „hinzufügen“ bedeutet. Damit regelt die auslegungsbedürftige Norm, dass einem Getränk, das als „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ bezeichnet ist, kein Alkohol im Sinn des Nr. 3 der Anlage I zugesetzt rsp. hinzugefügt wurde.
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bb.) Unter „Alkohol“ im Sinne des Art. 3 Abs. 4 lit. c) dürfte nach Auffassung des Senats nur Alkohol i.S. des Anhangs I Nr. 3 VO (EU) Nr. 251/2014 zu verstehen sein, da sich nur durch den Zusatz der dort genannten Alkoholarten zu dem oder den Weinbauerzeugnissen i.S. Art. 3 Abs. 4 lit. a) eine Erhöhung des Alkoholgehalts des Getränks ergeben dürfte. Alkoholhaltige Getränke, die einen geringeren Alkoholgehalt als das Weinbauerzeugnis aufweisen, verringern den Alkoholgehalt des Ausgangsprodukts (gemäß Art. 3 Abs. 4 lit. b) der VO (EU) Nr. 251/2014 macht der Anteil der Weinbauerzeugnisse gemäß lit. a) mindestens 50% des Gesamtvolumens aus) und vermögen damit bereits sprachlich nicht die Voraussetzung zu erfüllen, dass Alkohol „hinzugefügt“ wird (und sein Anteil gemessen am Gesamtvolumen des Getränks damit steigt). Deshalb sieht die hier streitgegenständliche Norm auch vor, dass der vorhandene Alkoholgehalt des Endprodukts zwischen 1,2% vol und 10% vol und damit nicht bzw. nicht deutlich über dem Alkoholgehalt des dem Getränk zugrundeliegenden Weinbauerzeugnisses (Alkoholgehalt von Wein 9% vol. bis 14 vol %) liegt (anders hingegen bei den aromatisierten Weinen, deren vorhandener Alkoholgehalt zwischen 14% vol und 22% vol liegen muss, Art. 3 Abs. 2 lit. g) VO (EU) Nr. 251/2014).
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cc.) Nach Art. 4 Abs. 2 UA 2 VO (EU) Nr. 251/2014 berücksichtigt die Kommission bei der Festlegung der zugelassenen Herstellungsverfahren nach UA 1 die von der OIV (Internationale Organisation für Rebe und Wein) empfohlenen und veröffentlichten Herstellungsverfahren. Mit Resolution OIV/ECO 288/2010 wurden in den Internationalen Kodex der Önologischen Praxis in Teil I Kapitel 6 (Erzeugnisse auf der Basis von Trauben, Traubenmost oder Wein) zu den Punkten 6.6 (Getränke auf der Basis von Weinbauerzeugnissen) und 6.7. (Getränke auf Weinbasis) als Behandlungen aufgenommen: u.a. „Zusatz von nichtalkoholischen Erzeugnissen mit Lebensmittelqualität oder Getränken, einschl. Wasser“. Nachdem die VO (EU) Nr. 251/2014 auf die von der OIV empfohlenen und veröffentlichten Herstellungsverfahren Bezug nimmt und dort der Zusatz nichtalkoholischer Getränke ausdrücklich vorgesehen ist, erschließt sich nicht, weshalb der Verordnungstext an der fraglichen Stelle nicht regelt, dass nur alkoholfreie Getränke zugesetzt werden dürfen, sondern vielmehr die Formulierung „nicht mit Alkohol versetzt“ verwendet, wenn der Verordnungsgeber erreichen wollte, dass keinerlei alkoholische Getränke Bestandteil eines „aromatisierten weinhaltigen Cocktails“ sein dürfen.
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dd.) Nach Erwägungsgrund 4 der VO (EU) Nr. 251/2014 sollen die aromatisierte Weinerzeugnisse betreffenden Maßnahmen zu einem hohen Grad an Verbraucherschutz, der Verhinderung betrügerischer Praktiken und der Verwirklichung vom Markttransparenz und fairem Wettbewerb beitragen. Daran gemessen dürfte der informierte Durchschnittsverbraucher damit rechnen, dass in einem als „Cocktail“ bezeichneten, alkoholhaltigen Getränk verschiedene alkoholhaltige Getränke in einer Mischung vorhanden sein können, solange es nicht als alkoholfrei gekennzeichnet ist. Außerdem erschließt sich der mit der Regelung beabsichtigte Verbraucher- und Vermarktungsschutz für die Gruppen der „aromatisierten Weine“ und der „aromatisierten weinhaltigen Getränke“, deren Bezeichnungen eng mit traditionellen Herstellungsverfahren verbunden werden („Wermut oder Wermutwein“, Anhang II A Nr. 3; „Sangria“, Anhang II B Nr. 3) eher als der für die unter dem Begriff des „aromatisierten weinhaltigen Cocktails“ vermarkteten Getränke, weil die VO diesen keine nach traditionellen Herstellungsverfahren bekannten und bezeichneten Produkte zuordnet (Anhang II C).
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6. Für den Fall, dass es sich bei dem hier verwendeten Bier wegen seines Alkoholgehalts um „Alkohol“ im Sinn der VO 251/2014 handeln sollte, der einem aromatisierten weinhaltigen Getränk nicht zugesetzt werden darf, möchte der Senat wissen, ob einem aromatisierten weinhaltigen Cocktail im Sinne der VO Bier als „geschmackgebende Zutat“ im Sinne der Anlage 1 Nr. 1 lit. b) ii) VO (EU) Nr. 251/2014 hinzugefügt werden darf oder ob sein Alkoholgehalt einem derartigen Verständnis entgegensteht. In Deutschland sind zahlreiche Lebensmittel mit Biergeschmack im Verkehr. Bier-Aroma als Backzutat kann, so haben die Recherchen des Senats im Vorfeld der Vorlage ergeben, erworben und Lebensmitteln zugesetzt werden. Insofern hat der Senat grundsätzlich keinen Zweifel daran, dass es sich bei Bier um ein geschmackgebendes Lebensmittel im Sinn der VO handelt.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).