LG München I, Endurteil v. 18.11.2022 – 3 HK O 1918/22
Titel:
Unzulässige Werbung für ein Kaugummi zur Verringerung der Ansteckungsrisiken mit Corona
Normenketten:
UWG § 3a
HWG § 3, § 12 Abs. 1
IfSG § 6 Abs. 1
Leitsätze:
1. Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 HWG stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3 a UWG dar. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Werbebeschränkung des § 12 HWG verstößt nicht gegen höherrangiges EU-Recht. (Rn. 43 – 49) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Werbung, ein Kaugummi verringere die Virenlast in der Ausatemluft und könne daher das Ansteckungsrisiko mit Corona deutlich verringern, ist irreführend, wenn die Aussage nicht hinreichend wissenschaftlich nachgewiesen ist. (Rn. 53 – 58) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Heilmittelwerbung
Fundstellen:
MD 2023, 99
GRUR-RS 2022, 38281
LSK 2022, 38281
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr für das Produkt „Covidgum Antiviraler Kaugummi“ zu werben:
1. Mit der Bezeichnung:
„Covidgum“,
jeweils sofern dies geschieht, wie in Anlage K 4 bis Anlage K 9 wiedergegeben;
2. „In einer Fallreihe von Heilversuchen mit infizierten Patienten in einer akkreditierten deutschen Forschungseinrichtung wurde unter kontrollierten Bedingungen die Ausatemluft vor und nach 15 Minuten Kauen von COVIDGUM über einen Zeitraum von drei Stunden hinsichtlich der Viruslast untersucht.
Bei allen Patienten sank die Viruslast hochsignifikant mit mindestens einer Stunde Effektzeit und einer Abnahme der Viruslast von über 90 % nach Verwendung von COVIDGUM. Bei der Hälfte der Patienten war sogar zu verschiedenen Messzeitpunkten nach dem Kauen keine Viruslast mehr nachweisbar.
Die Abnahme der Viruslast in der Ausatemluft hielt circa zwei Stunden an. Durch die Inaktivierung und Beseitigung der Viren kann das Risiko einer Infektionsübertragung, die über Tröpfchen beim Sprechen, Husten, Lachen oder Singen in die Luft abgegeben werden, deutlich verringert werden. COVIDGUM ist als Zusatzmaßnahme zu den bekannten Hygienemaßnahmen zu sehen und kann dazu beitragen, die Verbreitung von Infektionen über Aerosole einzudämmen“,
3. „Ansteckungsrisiko deutlich verringern“,
4. „Infektionsrisiko verringern“, jeweils wenn dies geschieht wie in Anlage K 4 wiedergegeben;
5. „Wieso heißt der Covidgum wie er heißt? Weil der Kaugummi speziell für die Bekämpfung von SARS-Cov-2-Viren entwickelt und auch darauf untersucht wurde“,
6. „Covidgum wurde nur gegen Covid-SARS-2 Viren getestet“,
7. „Reduktion der SARS-Cov-2-Viruslast“,
8. „Ist Covidgum auch bei mutierten Coronaviren geeignet? Ja! – Der Covidgum wurde auch gegen die Alpha- und Deltavarianten getestet“,
9. „Sicherheit
Wie wurde die Wirksamkeit des COVIDGUM getestet?
Am Institut für klinische Forschung Fr.(IKF), auch Studienzentrum für den Impfstoff von Biontech/Pfizer, wurde in einer Reihe von Versuchen an Patienten die mit SARS-VOC-2 infiziert waren, die Viruslast in der Atemluft vor und nach Kauen eines COVIDGUM untersucht.
Ziel war die Bestimmung der Viruslast SARS-COV-2 in der Ausatemluft bei an COVID-19 erkrankten Patienten vor und nach Kauen eines COVIDGUM.
Methodik: Vor Kauen eines COVIDGUM, nach 15 Minuten Kauen und Entsorgen des COVIDGUM, sowie 15 min, 30 min, 60 min, 90 min, 120 min und 180 min nach Entsorgen des COVIDGUM wurden folgende Messung durchgeführt: Patient*innen atmete in kontrolliertem Setup ein definiertes immer gleiches Volumen Ausatemluft in ein Lungenfunktionsgerät, dem ein immer frischer Luftpartikelfilter vorgeschaltet war. Aus diesem Luftpartikelfilter wurde dann jeweils mittels PCR-Test die jeweilige Viruslast SARS-COV-2 zu den jeweiligen Zeitpunkten gemessen.
Wo wurden die klinischen Untersuchungen durchgeführt?
Am Institut für klinische Forschung Frankfurt, IKF
Sind größere klinische Untersuchungen/Studien geplant?
Es ist bereits mehr in Planung und Beantragung; aufgrund der Dringlichkeit allerdings war es uns in der Kürze der Zeit noch nicht möglich größere Studien auf den Weg zu bringen“,
10. „Klinische Untersuchungen am Institut für klinische Forschung Fr.haben gezeigt, dass der COVIDGUM tatsächlich zu einer effektiven Reduktion der Viruslast im Mund-Rachen-Raum führen kann, ähnlich wie eine antivirale Mundspülung, nur eben mit einer länger anhaltenden Wirkung“,
11. „Virenlast Reduktion bis 99 %“, jeweils wenn dies geschieht wie in Anlage K 5 wiedergegeben;
12. „COVIDGUM setzt sich aus natürlichen, antiviralen Inhaltsstoffen zusammen, die das Ansteckungsrisiko mit spezifischen behüllten Viren deutlich verringern können“, wenn dies geschieht wie in Anlage K 6 wiedergegeben;
13. „mit dem Beitrag:
Das Problem
Corona und Mutanten
Weltweit sind Menschen viralen Infektionen ausgesetzt, die zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führen können. Um die weitere Ausbreitung des Virus möglichst zu verhindern, sind Schutzmaßnahmen unerlässlich. Die Corona-Schutzimpfung spielt dabei eine zentrale Rolle. Eine ursächliche Therapie der Betroffenen mit einem speziellen Medikament ist derzeit noch nicht möglich. Präventive Maßnahmen, die Ansteckungsgefahr und Erkrankungsintensität verringern, beschränken sich auf die allseits bekannten Hygienemaßnahmen (Abstand, Mund-Nasen-Schutz, Händehygiene, Husten- und Niesregeln, sowie Frischluftzufuhr). Das Coronavirus wird vor allem über eine Tröpfcheninfektion verbreitet.
Hauptansteckungsquelle für eine Corona-Infektion ist also der direkte Kontakt von Mensch zu Mensch über Tröpfchen, wie zum Beispiel beim Husten, Niesen, Atmen, Singen oder Sprechen. Dabei werden Aerosole ausgeschieden. Das Einhalten des Mindestabstandes in geschlossenen Räumen ist ggf. nicht mehr ausreichend, um eine Infektion zu verhindern. Masken tragen dazu bei, dass sich Viren nicht so stark ausbreiten. Allerdings bewirken auch Schutzmasken keinen sicheren Schutz. Zudem verringert sich der Schutzeffekt bei einer falschen Handhabung von Mundschutzmasken. Und auch Brillenträger haben dabei oft mit einer Nebenwirkung zu kämpfen: Kaum sitzt die Maske im Gesicht, beschlagen die Gläser.
Die Zusatzlösung
Viruslast an den Eintrittspforten verringern Gurgeln mit antiseptischen Lösungen gilt bereits in manchen Ländern als probates Mittel gegen Krankheiten. In Japan ist es eine verbreitete Hygienepraxis in der Erkältungssaison und kann als einfache Methode bei Ansteckung die Viruslast reduzieren und ggf. eine schwere Infektion verhindern. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene sagt: „Mundspülen und Gurgeln ist in – andere anzustecken ist out“. Wenn mit Substanzen gegurgelt wird, die zur Schleimhautdesinfektion geeignet sind, kommt es zu einer deutlichen Reduktion der Viruslast im Mund-Nasen-Rachenraum. Mundspüllösungen sind allerdings im Alltag oftmals unpraktisch, da man eine relativ große Region häufig benetzen muss, was u.a. dazu führen kann, dass die Schleimhäute gereizt werden. Auch für unterwegs ist das Anwenden von Mundspüllösungen eher unpraktisch, da die Entsorgung der Flüssigkeit nur in soliden Auffangbehältern durchführbar ist. Ein Kaugummi mit entsprechenden antiviralen Eigenschaften eignet sich deutlich besser. Durch den Kauprozess verbinden sich die Wirkstoffe mit dem Speichel im Mund- und Rachenraum und können so kontinuierlich antiseptisch wirken. Die Viruslast kann deutlich reduziert werden. Je niedriger die Viruslast in Mund und Rachen, umso geringer das Ansteckungsrisiko.
Der Covidgum
Kaugummi mit antiviralen Wirkstoffen
Der COVIDGUM ist ein zertifiziertes Medizinprodukt und enthält natürliche Inhaltsstoffe sowie ätherische Öle in Bio-Qualität aus dem Lebensmittelbereich, die in wissenschaftlichen Publikationen eine hohe antivirale Wirksamkeit zeigten. Um die Wirksamkeit von COVIDGUM zu testen, wurde eine Fallreihe in einer akkreditierten deutschen Forschungseinrichtung durchgeführt. Unter kontrollierten Bedingungen wurde die Ausatemluft vor und nach 15 Minuten Kauen von COVIDGUM über einen Zeitraum von drei Stunden auf die Covid-19-Viruslast untersucht. Bei allen Patienten sank die Viruslast signifikant und durchschnittlich innerhalb der ersten Stunde nach Kauen um 90 Prozent. Bei einigen Teilnehmern war zudem zu verschiedenen Messzeitpunkten keine Viruslast nachweisbar. Insgesamt hielt die Wirkung circa zwei Stunden an. Der COVIDGUM ist der bisher einzige Kaugummi, dessen Wirkung auch in Untersuchungen an Covid-19 Patienten und deren Mutationen, insbesondere auch bei der derzeit stark verbreiteten Delta-Variante, getestet wurde (Stand Juli 2021) und führte auch hier zu einer deutlichst reduzierten Viruslast auf bis zu unter 5 % der Ursprungsbelastung.
Der Covidgum
Physikalische Wirkung
Der COVIDGUM wirkt auf physikalische Weise: Durch Kauen werden sowohl natürlicher Speichelfluss angeregt als auch antiseptische Stoffe aus dem COVIDGUM freigesetzt und vermischen sich entsprechend. Die so entstandene Mundspüllösung benetzt die Mundhöhle, desinfiziert sowohl die Mundschleimhaut als auch den Atemwegstrakt und kann unter anderem, wie in klinisch experimentellen Versuchen gezeigt, eine Reduktion der entsprechenden Viruslast bewirken. Der COVIDGUM trägt neben den vom Robert Koch-Institut vorgeschlagenen Hygienemassnahmen zu einer Reduktion der Viruslast bei. Entsprechend sinkt das Ansteckungsrisiko“,
14. „stark gegen Viren + Mutationen“, wenn dies geschieht wie in Anlage K 7 wiedergegeben;
15. „15 Min. 1-2 Kaugummis 15 Minuten kauen. Danach tritt der Hauptschutzeffekt ein.
2 Std. Schutzeffekt hält für ca. 2 Stunden an.
Anwendung kann mehrfach wiederholt werden.
Wenn dies geschieht wie in Anlage K 8 wiedergegeben;
16. „Stark gegen Covid-19 + Mutationen“,
wenn dies geschieht wie Anlage K 9 wiedergegeben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 238,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dam Basiszinssatz seit 24.03.2022 zu zahlen.
III. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € €, ersatzweise Ordnungshaft,
oder
einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Produkt „COVIDBON antivirale Lutschpastillen“ zu werben:
1. Mit der Bezeichnung:
„COVIDBON“,
2. „COVIDBON wurde speziell für die Bekämpfung von SARS-COV-2-Viren entwickelt und diesbezüglich getestet“,
3. „ist COVIDBON auch bei der Bekämpfung von mutierten Coronaviren geeignet? Ja“,
4. „Am Institut für klinische Forschung Pneumologie Frankfurt (IKF) wurde in einer Reihe von Versuchen an Patienten/-innen, die mit SARS-CoV-2-Viren infiziert waren, die Viruslast in der Ausatemluft vor und nach dem Lutschen von COVIDBON untersucht. Ziel war die Bestimmung der Viruslast SARS-CoV-2-Viren in der Ausatemluft bei an COVID-19 erkrankten Patienten/-innen vor und nach dem Lutschen von COVIDBON. Methodik: Vor dem Lutschen von COVIDBON, nach 5 Minuten Lutschen sowie in weiteren regelmäßigen Abständen bis 180 Minuten nach Einnahme von COVIDBON wurden verschiedene Messungen durchgeführt. Dazu atmeten Patienten/-innen in einem kontrollierten Setup ein definiertes, immer gleiches Volumen Ausatemluft in ein Lungenfunktionsgerät, dem bei jeder Messung ein frischer Luftpartikelfilter vorgeschaltet war. Aus diesem Luftpartikelfilter wurde dann jeweils mittels PCR-Test die jeweilige Viruslast SARS-CoV-2-Viren zu den definierten Zeitpunkten gemessen. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass COVIDBON tatsächlich zu einer effektiven Reduktion der Viruslast im Mund-Rachen-Raum führen kann, ähnlich wie eine antivirale Mundspülung, nur eben mit einer länger anhaltenden Wirkung“,
und/oder
mit dem Anwendungsgebiet „Infektion mit SARS-CoV-2“
und/oder
5. „Das Problem
Corona und Mutanten
Weltweit sind Menschen viralen Infektionen ausgesetzt, die zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führen können, wenn sie den Körper eindringen. Wie zum Beispiel das Coronavirus. Um die weitere Ausbreitung möglichst zu verhindern, sind Schutzmaßnahmen unerlässlich. Die Impfung spielt dabei eine zentrale Rolle. Eine ursächliche Therapie der Betroffenen mit einem speziellen Medikament ist derzeit noch nicht möglich. Präventive Maßnahmen, die die Ansteckungsgefahr und Erkrankungsintensität verringern, beschränken sich auf die allseits bekannten Hygienemaßnahmen (Abstand, Mund-Nasen-Schutz, Händehygiene, Husten- und Niesregeln sowie Frischluftzufuhr). Das Coronavirus wird vor allem über eine Tröpfcheninfektion verbreitet. Hauptansteckungsquelle für eine Corona-Infektion ist also der direkte Kontakt von Mensch zu Mensch über Tröpfchen, wie zum Beispiel beim Husten, Niesen, Atmen, Singen oder Sprechen. Dabei werden Aerosole ausgeschieden. Das Einhalten des Mindestabstandes in geschlossenen Räumen ist ggf. nicht mehr ausreichend, um eine Infektion zu verhindern. Medizinische Masken tragen dazu bei, dass sich Viren nicht so stark ausbreiten. Allerdings bewirken auch Masken keinen sicheren Schutz. Zudem verringert sich der Schutzeffekt bei einer falschen Handhabung. Brillenträger haben dabei oft mit einer Nebenwirkung zu kämpfen: Kaum sitzt die Maske im Gesicht, beschlagen die Gläser. Die Zusatzlösung
Viruslast an den Eintrittspforten verringern
Gurgeln mit antiseptischen Lösungen gilt bereits in einigen Ländern als probates Mittel gegen Krankheiten. In Japan ist es eine verbreitete Hygienepraxis in der Erkältungssaison und kann als einfache Methode bei Ansteckung die Viruslast reduzieren und ggf. eine schwere Infektion verhindern. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene sagt: „Mundspülen und Gurgeln ist in – andere anzustecken ist out“. Wenn mit Substanzen gegurgelt wird, die zur Schleimhautdesinfektion geeignet sind, kommt es zu einer deutlichen Reduktion der Viruslast im Mund-Nasen-Rachenraum. Mundspüllösungen sind allerdings im Alltag oftmals unpraktisch, da man eine relativ große Region häufig benetzen muss, was u.a. dazu führen kann, dass die Schleimhäute gereizt werden. Auch für unterwegs ist das Anwenden von Mundspüllösungen eher unpraktisch, da die Entsorgung der Flüssigkeit nur in soliden Auffangbehältern durchführbar ist. Eine Lutschpastille mit entsprechenden antiviralen Eigenschaften eignet sich deutlich besser. Durch die physikalische Wirkung des Medizinproduktes COVIDBON werden sowohl natürlicher Speichelfluss angeregt als auch antiseptische Stoffe aus COVIDBON freigesetzt, die sich entsprechend mit dem Speichel vermischen. Diese sich teilweise verflüchtigende, physikalisch neu entstandene Mundspülung agiert im Mund-Rachen-Nasenraum lokal desinfizierend und kann unter anderem wie bei COVIDGUM gezeigt eine Reduktion der entsprechenden Viruslast bewirken. Je niedriger die Viruslast in Mund und Rachen, umso geringer das Ansteckungsrisiko“,
6. „Um die Wirksamkeit von COVIDBON zu testen, wurde eine Fallreihe in einer akkreditierten deutschen Forschungseinrichtung durchgeführt. Unter kontrollierten Bedingungen wurde die Ausatemluft vor und nach dem Lutschen von COVIDBON über einen Zeitraum von drei Stunden auf die Vovid-19-Viruslast untersucht. Bei allen Patienten sank die Viruslast signifikant und durchschnittlich innerhalb der ersten Stunde nach Kauen um 90 Prozent. Bei einigen Teilnehmern war zudem zu verschiedenen Messzeitpunkten keine Viruslast nachweisbar. Insgesamt hielt die Wirkung knapp zwei Stunden an“,
7. „Die COVIDBON ist die bisher einzige Lutschpastille, deren Wirkung auch in Untersuchungen an Covid-19 Patienten und deren Mutationen, insbesondere auch bei der derzeit stark verbreiteten Omikron-Variante, getestet wurde (Stand Dezember 2021) und führte auch hier zu einer deutlichst reduzierten Viruslast auf bis zu unter 5 % der Ursprungsbelastung“,
8.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 238,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.09.2022.
V. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich der unter den Ziffern I. und III. jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3000 € je genannter Einzelaussage.
Hinsichtlich der Ziffern II. und IV. kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 90.000 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Der Kläger begehrt ein Verbot der Bewerbung zweier von der Beklagten angebotenen Medizinprodukte (ein Kaugummi und ein Bonbon), die Coronaviren unschädlich machen und damit das Infektionsrisiko senken sollen.
2
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben es gehört, gewerbliche oder selbstständige berufliche Interessen zu verfolgen und zu fördern sowie zu Fragen des lauteren Wettbewerbs zu beraten und zu informieren. Der Kläger ist seit 15.11.2021 in die beim Bundesamt für Justiz geführte Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen. Dem Kläger gehören unter anderem eine Vielzahl von Gewerbetreibenden an, die in der Heil- und Arzneimittelbranche tätig sind (im einzelnen vgl. Seiten 11/12 der Klageschrift sowie Mitgliederliste Anlage K2).
3
Die Beklagte vertreibt ein unter der Bezeichnung CovidGum in den Verkehr gebrachtes Medizinprodukt (Kaugummi), welches von dem niederländischen Unternehmen BRIGIS UAB hergestellt wird (Anlagen K8 bis K 10). Sie bewirbt dieses unter ihrer Internetdomain CovidGum.com, wobei die Aussagen zu Zif. 2-4 wie in Anlage K4 geschehen genutzt werden, die Aussagen zu Zif. 5-11 wie in Anlage K5, die Aussage zu Zif. 12 wie in Anlage K6, die Aussagen zu Zif. 13 und Zif. 14 wie in Anlage K7, die Aussage zu Ziffer 15 wie in Anlage K8 und die Aussage zu Ziffer 16 auf der Umverpackung des Produktes sowie der Produktinformation (Packungsbeilage) wie in Anlage K9.
4
Der Kläger hat die Beklagte mit Schreiben vom 27.01.2022 (Anlage K 11) abgemahnt. Mit Schreiben vom 04.02.2022 lehnte die Beklagte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab (Anlage K 12).
5
Die Beklagte vertreibt weiterhin das vom selben Hersteller unter der Bezeichnung CovidBon in den Verkehr gebrachtes Medizinprodukt (Bonbon). Die Beklagte bewarb dieses in ihrer Internetwerbung jedenfalls am 28.02.2022 (Screenshot Anlage K 23) mit den im Unterlassungsantrag zu Ziffer III. aufgeführten Aussagen.
6
Der Kläger mahnte die Beklagte auch bezüglich dieses Produkts mit Schreiben vom 03.03.2022 ab (Anlage K 24). Mit Schreiben vom 07.03.2022 (Anlage K 25) lehnte die Beklagte auch in diesem Fall die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.
7
Der Klager trägt vor, Die Beklagte verstoße mit sämtlichen angegriffenen Aussagen gegen § 12 Abs. 1 Satz 1 HWG, wonach sich außerhalb der Fachkreise die Werbung für Medizinprodukte nicht auf die Verhütung einer in Abschnitt A der Anlage zu § 12 HWG aufgeführten Krankheiten oder Leiden bei Menschen beziehen dürfe. Zu dieser Anlage gehörten auch die nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtigen Krankheiten oder durch meldepflichtige Krankheitserreger verursachte Infektionen. Zu diesen meldepflichtigen Krankheiten gehöre gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 t) Infektionsschutzgesetz auch die Coronavirus-Krankheit-2019 (Covid-19).
8
Die ausgelobte Schutzwirkung beider Produkte sei weder für den Produktanwender noch für den Nicht-Produktanwender wissenschaftlich hinreichend belegt.
9
Es existiere jeweils nur eine Pilotstudie, die schon aufgrund der geringen Fallzahlen, aber auch aufgrund der Aufgabenstellung sowie des Studienaufbaus als wissenschaftlicher Wirknachweis nicht geeignet sei. Bereits die Wirksamkeit von Gurgeln mit Mundspülung gegen Coronaviren sei hoch umstritten, insbesondere, da die von fast allen Autoren geforderten klinische Studien weiterhin ausstünden.
10
Eine Verringerung des Infektionsrisiko sei auch deshalb nicht plausibel, da eine Covid-19-Infektion überwiegend durch das Einatmen von Aerosolen über die Nase erfolge und die beim Kauen des Kaugummis bzw. Lutschen des Bonbons erzeugte (Speichel-)Lösung nicht in die Nasenhöhle bzw. den Nasenrachenraum gelange, sondern nur für kurze Zeit in der Mundhöhle verbleibe (im einzelnen Seiten 8/11 des Schriftsatzes vom 14.03.2023).
11
Entgegen der Ansicht der Beklagten würde ein Verbot der streitgegenständlichen Bewerbung Art. 24 der Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (MDR) nicht verletzen. Die Vorschrift verbiete lediglich die Erschwernis der Bereitstellung auf dem Markt oder der Inbetriebnahme von Produkten, welche den Anforderungen dieser Verordnung entsprechen. Die Bereitstellung auf den Markt (d.h. die Abgabe eines Produkts zum Vertrieb, zum Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Markt der EU im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit, vgl. Art. 2 Nr. 27 MDR) werde jedoch durch ein Verbot der streitgegenständlichen Bewerbung weder beeinträchtigt noch behindert. Gleiches gelte für die Inbetriebnahme.
12
Darüber hinaus dürfte die Einstufung des Produkts durch den Hersteller als Medizinprodukt der Klasse I in der Konformitätserklärung unzutreffend sein (Im einzelnen Seite 32 der Klageerwiderung), sodass es gemäß Art. 5 Abs. 1-3 MDR nicht vertriebsfähig sein dürfte. Die Beklagte verstoße damit durch die Behauptung, das Produkt sei vertriebsfähig, gegen § 3 Abs. 1 und 3, Anhang zu § 3 Abs. 3, Nr. 9 UWG.
13
Der Kläger habe weiterhin für beide Abmahnungen Anspruch auf Ersatz der Kostenpauschale aus § 13 Abs. 3 UWG in Höhe von jeweils 238 € (im einzelnen Seite 33 der Klageerwiderung)
14
Der Kläger beantragt daher,
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungs haft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Produkt „Covidgum Antiviraler Kaugummi“ zu werben:
1. Mit der Bezeichnung: „Covidgum“, jeweils sofern dies geschieht, wie in Anlage k 4 bis Anlage K 9 wiedergegeben;
2. „In einer Fallreihe von Heilversuchen mit infizierten Patienten in einer akkreditierten deutschen Forschungseinrichtung wurde unter kontrollierten Bedingungen die Ausatemluft vor und nach 15 Minuten Kauen von COVIDGUM über einen Zeitraum von drei Stunden hinsichtlich der Viruslast untersucht.
Bei allen Patienten sank die Viruslast hochsignifikant mit mindestens einer Stunde Effektzeit und einer Abnahme der Viruslast von über 90 % nach Verwendung von COVIDGUM. Bei der Hälfte der Patienten war sogar zu verschiedenen Messzeitpunkten nach dem Kauen keine Viruslast mehr nachweisbar.
Die Abnahme der Viruslast in der Ausatemluft hielt circa zwei Stunden an. Durch die Inaktivierung und Beseitigung der Viren kann das Risiko einer Infektionsübertragung, die über Tröpfchen beim Sprechen, Husten, Lachen oder Singen in die Luft abgegeben werden, deutlich verringert werden. COVIDGUM ist als Zusatzmaßnahme zu den bekannten Hygienemaßnahmen zu sehen und kann dazu beitragen, die Verbreitung von Infektionen über Aerosole einzudämmen“,
3. „Ansteckungsrisiko deutlich verringern“,
4. „Infektionsrisiko verringern“, jeweils wenn dies geschieht wie in Anlage K 4 wiedergegeben;
5. „Wieso heißt der Covidgum wie er heißt? Weil der Kaugummi speziell für die Bekämpfung von SARS-Cov-2-Viren entwickelt und auch darauf untersucht wurde“,
6. „Covidgum wurde nur gegen Covid-SARS-2 Viren getestet“,
7. „Reduktion der SARS-Cov-2-Viruslast“,
8. „Ist Covidgum auch bei mutierten Coronaviren geeignet? Ja! – Der Covidgum wurde auch gegen die Alpha- und Deltavarianten getestet“,
9. „Sicherheit
Wie wurde die Wirksamkeit des COVIDGUM getestet?
Am Institut für klinische Forschung Fr.(IKF), auch Studienzentrum für den Impfstoff von Biontech/Pfizer, wurde in einer Reihe von Versuchen an Patienten die mit SARS-VOC-2 infiziert waren, die Viruslast in der Atemluft vor und nach Kauen eines COVIDGUM untersucht.
Ziel war die Bestimmung der Viruslast SARS-COV-2 in der Ausatemluft bei an COVID-19 erkrankten Patienten vor und nach Kauen eines COVIDGUM.
Methodik: Vor Kauen eines COVIDGUM, nach 15 Minuten Kauen und Entsorgen des COVIDGUM, sowie 15 min, 30 min, 60 min, 90 min, 120 min und 180 min nach Entsorgen des COVIDGUM wurden folgende Messung durchgeführt: Patientinnen atmete in kontrolliertem Setup ein definiertes immer gleiches Volumen Ausatemluft in ein Lungenfunktionsgerät, dem ein immer frischer Luftpartikelfilter vorgeschaltet war. Aus diesem Luftpartikelfilter wurde dann jeweils mittels PCR-Test die jeweilige Viruslast SARS-COV-2 zu den jeweiligen Zeitpunkten gemessen.
Wo wurden die klinischen Untersuchungen durchgeführt?
Am Institut für klinische Forschung Fr., IKF
Sind größere klinische Untersuchungen/Studien geplant?
Es ist bereits mehr in Planung und Beantragung; aufgrund der Dringlichkeit allerdings war es uns in der Kürze der Zeit noch nicht möglich größere Studien auf den Weg zu bringen“, „Klinische Untersuchungen am Institut für klinische Forschung Fr.haben gezeigt, dass der COVIDGUM tatsächlich zu einer effektiven Reduktion der Viruslast im Mund-Rachen-Raum führen kann, ähnlich wie eine antivirale Mundspülung, nur eben mit einer länger anhaltenden Wirkung“, „Virenlast Reduktion bis 99 %“, jeweils wenn dies geschieht wie in Anlage K 5 wiedergegeben; „COVIDGUM setzt sich aus natürlichen, antiviralen Inhaltsstoffen zusammen, die das Ansteckungsrisiko mit spezifischen behüllten Viren deutlich verringern können“, wenn dies geschieht wie in Anlage K 6 wiedergegeben; „mit dem Beitrag:
Das Problem
Corona und Mutanten
Weltweit sind Menschen viralen Infektionen ausgesetzt, die zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führen können. Um die weitere Ausbreitung des Virus möglichst zu verhindern, sind Schutzmaßnahmen unerlässlich. Die Corona-Schutzimpfung spielt dabei eine zentrale Rolle. Eine ursächliche Therapie der Betroffenen mit einem speziellen Medikament ist derzeit noch nicht möglich. Präventive Maßnahmen, die Ansteckungsgefahr und Erkrankungsintensität verringern, beschränken sich auf die allseits bekannten Hygienemaßnahmen (Abstand, Mund-Nasen-Schutz, Händehygiene, Husten- und Niesregeln, sowie Frischluftzufuhr). Das Coronavirus wird vor allem über eine Tröpfcheninfektion verbreitet.
Hauptansteckungsquelle für eine Corona-infektion ist also der direkte Kontakt von Mensch zu Mensch über Tröpfchen, wie zum Beispiel beim Husten, Niesen, Atmen, Singen oder Sprechen. Dabei werden Aerosole ausgeschieden. Das Einhalten des Mindestabstandes in geschlossenen Räumen ist ggf. nicht mehr ausreichend, um eine Infektion zu verhindern. Masken tragen dazu bei, dass sich Viren nicht so stark ausbreiten. Allerdings bewirken auch Schutzmasken keinen sicheren Schutz. Zudem verringert sich der Schutzeffekt bei einer falschen Handhabung von Mundschutzmasken. Und auch Brillenträger haben dabei oft mit einer Nebenwirkung zu kämpfen: Kaum sitzt die Maske im Gesicht, beschlagen die Gläser.
Die Zusatzlösung
Viruslast an den Eintrittspforten verringern Gurgeln mit antiseptischen Lösungen gilt bereits in manchen Ländern als probates Mittel gegen Krankheiten. In Japan ist es eine verbreitete Hygienepraxis in der Erkältungssaison und kann als einfache Methode bei Ansteckung die Viruslast reduzieren und ggf. eine schwere Infektion verhindern. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene sagt: „Mundspülen und Gurgeln ist in – andere anzustecken ist out“. Wenn mit Substanzen gegurgelt wird, die zur Schleimhautdesinfektion geeignet sind, kommt es zu einer deutlichen Reduktion der Viruslast im Mund-Nasen-Rachenraum. Mundspüllösungen sind allerdings im Alltag oftmals unpraktisch, da man eine relativ große Region häufig benetzen muss, was u.a. dazu führen kann, dass die Schleimhäute gereizt werden. Auch für unterwegs ist das Anwenden von Mundspüllösungen eher unpraktisch, da die Entsorgung der Flüssigkeit nur in soliden Auffangbehältern durchführbar ist. Ein Kaugummi mit entsprechenden antiviralen Eigenschaften eignet sich deutlich besser.
Durch den Kauprozess verbinden sich die Wirkstoffe mit dem Speichel im Mund- und Rachenraum und können so kontinuierlich antiseptisch wirken. Die Viruslast kann deutlich reduziert werden. Je niedriger die Viruslast in Mund und Rachen, umso geringer das Ansteckungsrisiko.
Der Covidgum
Kaugummi mit antiviralen Wirkstoffen
Der COVIDGUM ist ein zertifiziertes Medizinprodukt und enthält natürliche Inhaltsstoffe sowie ätherische Öle in Bio-Qualität aus dem Lebensmittelbereich, die in wissenschaftlichen Publikationen eine hohe antivirale Wirksamkeit zeigten. Um die Wirksamkeit von COVIDGUM zu testen, wurde eine Fallreihe in einer akkreditierten deutschen Forschungseinrichtung durchgeführt. Unter kontrollierten Bedingungen wurde die Ausatemluft vor und nach 15 Minuten Kauen von COVIDGUM über einen Zeitraum von drei Stunden auf die Covid-19-Viruslast untersucht. Bei allen Patienten sank die Viruslast signifikant und durchschnittlich innerhalb der ersten Stunde nach Kauen um 90 Prozent. Bei einigen Teilnehmern war zudem zu verschiedenen Messzeitpunkten keine Viruslast nachweisbar. Insgesamt hielt die Wirkung circa zwei Stunden an. Der COVIDGUM ist der bisher einzige Kaugummi, dessen Wirkung auch in Untersuchungen an Covid-19 Patienten und deren Mutationen, insbesondere auch bei der derzeit stark verbreiteten Delta-Variante, getestet wurde (Stand Juli 2021) und führte auch hier zu einer deutlichst reduzierten Viruslast auf bis zu unter 5 % der Ursprungsbelastung.
Der Covidgum
Physikalische Wirkung
Der COVIDGUM wirkt auf physikalische Weise: Durch Kauen werden sowohl natürlicher Speichelfluss angeregt als auch antiseptische Stoffe aus dem COVIDGUM freigesetzt und vermischen sich entsprechend. Die so entstandene Mundspüllösung benetzt die Mundhöhle, desinfiziert sowohl die Mundschleimhaut als auch den Atemwegstrakt und kann unter anderem, wie in klinisch experimentellen Versuchen gezeigt, eine Reduktion der entsprechenden Viruslast bewirken. Der COVIDGUM trägt neben den vom Robert Koch-Institut vorgeschlagenen Hygienemassnahmen zu einer Reduktion der Viruslast bei. Entsprechend sinkt das Ansteckungsrisiko“, „stark gegen Viren + Mutationen“, wenn dies geschieht wie in Anlage K 7 wiedergegeben; „15 Min. 1-2 Kaugummis 15 Minuten kauen. Danach tritt der Hauptschutzeffekt ein.
2. Std. Schutzeffekt hält für ca. 2 Stunden an. Anwendung kann mehrfach wiederholt werden. Wenn dies geschieht wie in Anlage K 8 wiedergegeben; „Stark gegen Covid-19 + Mutationen“, wenn dies geschieht wie Anlage K 9 wiedergegeben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 238,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.
III. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Produkt „COVIDBON antivirale Lutschpastillen“ zu werben:
1. Mit der Bezeichnung: „COVIDBON“,
2. „COVIDBON wurde speziell für die Bekämpfung von SARS-COV-2-Viren entwickelt und diesbezüglich getestet“,
3. „ist COVIDBON auch bei der Bekämpfung von mutierten Coronaviren geeignet? Ja“,
4. „Am Institut für klinische Forschung Pneumologie Frankfurt (IKF) wurde in einer Reihe von Versuchen an Patienten/-innen, die mit SARS-CoV-2-Viren infiziert waren, die Viruslast in der Ausatemluft vor und nach dem Lutschen von COVIDBON untersucht. Ziel war die Bestimmung der Viruslast SARS-CoV-2-Viren in der Ausatemluft bei an COVID-19 erkrankten Patienten/-innen vor und nach dem Lutschen von COVIDBON. Methodik: Vor dem Lutschen von COVIDBON, nach 5 Minuten Lutschen sowie in weiteren regelmäßigen Abständen bis 180 Minuten nach Einnahme von COVIDBON wurden verschiedene Messungen durchgeführt. Dazu atmeten Patienten/-innen in einem kontrollierten Setup ein definiertes, immer gleiches Volumen Ausatemluft in ein Lungenfunktionsgerät, dem bei jeder Messung ein frischer Luftpartikelfilter vorgeschaltet war. Aus diesem Luftpartikelfilter wurde dann jeweils mittels PCR-Test die jeweilige Viruslast SARS-CoV-2-Viren zu den definierten Zeitpunkten gemessen. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass COVIDBON tatsächlich zu einer effektiven Reduktion der Viruslast im Mund-Rachen-Raum führen kann, ähnlich wie eine antivirale Mundspülung, nur eben mit einer länger anhaltenden Wirkung“, und/oder mit dem Anwendungsgebiet „Infektion mit SARS-CoV-2“ und/oder
5. „Das Problem Corona und Mutanten
Weltweit sind Menschen viralen Infektionen ausgesetzt, die zu erheblichen gesundheitlichen Problemen führen können, wenn sie den Körper eindringen. Wie zum Beispiel das Coronavirus. Um die weitere Ausbreitung möglichst zu verhindern, sind Schutzmaßnahmen unerlässlich. Die Impfung spielt dabei eine zentrale Rolle. Eine ursächliche Therapie der Betroffenen mit einem speziellen Medikament ist derzeit noch nicht möglich. Präventive Maßnahmen, die die Ansteckungsgefahr und Erkrankungsintensität verringern, beschränken sich auf die allseits bekannten Hygienemaßnahmen (Abstand, Mund-Nasen-Schutz, Händehygiene, Husten- und Niesregeln sowie Frischluftzufuhr). Das Coronavirus wird vor allem über eine Tröpfcheninfektion verbreitet. Hauptansteckungsquelle für eine Corona-Infektion ist also der direkte Kontakt von Mensch zu Mensch über Tröpfchen, wie zum Beispiel beim Husten, Niesen, Atmen, Singen oder Sprechen. Dabei werden Aerosole ausgeschieden. Das Einhalten des Mindestabstandes in geschlossenen Räumen ist ggf. nicht mehr ausreichend, um eine Infektion zu verhindern. Medizinische Masken tragen dazu bei, dass sich Viren nicht so stark ausbreiten. Allerdings bewirken auch Masken keinen sicheren Schutz. Zudem verringert sich der Schutzeffekt bei einer falschen Handhabung. Brillenträger haben dabei oft mit einer Nebenwirkung zu kämpfen: Kaum sitzt die Maske im Gesicht, beschlagen die Gläser. Die Zusatzlösung
Viruslast an den Eintrittspforten verringern
Gurgeln mit antiseptischen Lösungen gilt bereits in einigen Ländern als probates Mittel gegen Krankheiten. In Japan ist es eine verbreitete Hygienepraxis in der Erkältungssaison und kann als einfache Methode bei Ansteckung die Viruslast reduzieren und ggf. eine schwere Infektion verhindern. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene sagt: „Mundspülen und Gurgeln ist in – andere anzustecken ist out“. Wenn mit Substanzen gegurgelt wird, die zur Schleimhautdesinfektion geeignet sind, kommt es zu einer deutlichen Reduktion der Viruslast im Mund-Nasen-Rachenraum. Mundspüllösungen sind allerdings im Alltag oftmals unpraktisch, da man eine relativ große Region häufig benetzen muss, was u.a. dazu führen kann, dass die Schleimhäute gereizt werden. Auch für unterwegs ist das Anwenden von Mundspüllösungen eher unpraktisch, da die Entsorgung der Flüssigkeit nur in soliden Auffangbehältern durchführbar ist. Eine Lutschpastille mit entsprechenden antiviralen Eigenschaften eignet sich deutlich besser. Durch die physikalische Wirkung des Medizinproduktes COVIDBON werden sowohl natürlicher Speichelfluss angeregt als auch antiseptische Stoffe aus COVIDBON freigesetzt, die sich entsprechend mit dem Speichel vermischen. Diese sich teilweise verflüchtigende, physikalisch neu entstandene Mundspülung agiert im Mund-Rachen-Nasenraum lokal desinfizierend und kann unter anderem wie bei COVIDGUM gezeigt eine Reduktion der entsprechenden Viruslast bewirken. Je niedriger die Viruslast in Mund und Rachen, umso geringer das Ansteckungsrisiko“,
6. „Um die Wirksamkeit von COVIDBON zu testen, wurde eine Fallreihe in einer akkreditierten deutschen Forschungseinrichtung durchgeführt. Unter kontrollierten Bedingungen wurde die Ausatemluft vor und nach dem Lutschen von COVIDBON über einen Zeitraum von drei Stunden auf die Vovid-19-Viruslast untersucht. Bei allen Patienten sank die Viruslast signifikant und durchschnittlich innerhalb der ersten Stunde nach Kauen um 90 Prozent. Bei einigen Teilnehmern war zudem zu verschiedenen Messzeitpunkten keine Viruslast nachweisbar. Insgesamt hielt die Wirkung knapp zwei Stunden an“,
7. „Die COVIDBON ist die bisher einzige Lutschpastille, deren Wirkung auch in Untersuchungen an Covid-19 Patienten und deren Mutationen, insbesondere auch bei der derzeit stark verbreiteten Omikron-Variante, getestet wurde (Stand Dezember 2021) und führte auch hier zu einer deutlichst reduzierten Viruslast auf bis zu unter 5 % der Ursprungsbelastung“,
8. 

und/oder
Mit dem Anwendungsgebiet „Infektion mit SARS-CoV-2“
Jeweils sofern dies geschieht, wie in Anlage K 23 wiedergegeben.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 238,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung.
15
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
16
Die Beklagte trägt vor, Dam Kläger fehle bereits die Aktivlegitimation, da ihm keine Unternehmen als Mitglieder angehörten, die mit der Beklagten bzw. dem von der Beklagten vertriebenen Produkte, welche „stark gegen Covid-19 + Mutationen sei, Infektionen verringere und eine Reduktion der Sars-Covid-2 Virenlast bewirke“ (Seite 6 der Klageerwiderung), vergleichbar seien. Dies gelte auch für die in der Mitgliederliste aufgeführten Unternehmen, die Arzneimittel herstellten bzw. vertrieben, da es sich bei den angegriffenen Produkten um Medizinprodukte und nicht um Arzneimittel handele.
17
Es sei grundsätzlich im Rahmen von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ein enger Wettbewerbsbegriff zugrunde zu legen, da sich auch die Regelungen der Zulassung, des Vertriebs sowie sämtliche materielle Regelungen bezüglich Medizinprodukten und Arzneimitteln deutlich voneinander unterschieden. Aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit der jeweiligen Produkte bestehe daher auch kein einheitlicher Wettbewerbsmarkt.
18
Dem Kläger stünden auch keine Unterlassungsansprüche zu.
19
Soweit sich der Kläger auf einen Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Ziffer 2 Heilmittelwarbegesetz (HWG) berufe, so sei dieses wegen Verstoßes gegen höherrangiges europäisches Gemeinschaftsrecht nichtig, da die Zulassung und der Vertrieb von Medizinprodukten in der Medizinprodukteverordnung aus 2017 abschließend geregelt seien. Das HWG stelle damit eine unzulässige Beschränkung des Inverkehrbringens der Medizinprodukte auf dem europäischen Markt gemäß Art. 24 MDR dar. Das HWG verstoße damit auch gegen die Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV. Die im HWG enthaltenen Werbebeschränkungen stellten als Handelsregelung eine Maßnahme mit gleicher Wirkung dar wie eine mengenmäßige Beschränkung. Werbebeschränkungen nach dem HWG könnten sich daher allenfalls nur auf in Deutschland in den Verkehr gebrachte Medizinprodukte beziehen, also Medizinprodukte mit einem deutschen Hersteller, was vorliegend nicht der Fall sei.
20
Ziel- und Zweckrichtung des Produkts sei die Verringerung der Covid-19 Infektionen auf der Mund- und Rachenschleimhaut durch Schaffung einer Schleimschutzschicht und eines Luftpartikelfilters – vergleichbar einer antiviralen Mundspülung – auf der Mundschleimhaut.
21
Bei der Applikation des Kaugummis komme es zu einer minimalinvasiven Wirkung, d.h. das Produkt gelange zwar in die Körperöffnung, in den Mund/Rachen des Menschen, verbleibe dort aber nicht. Seine Inhaltsstoffe oder das Produkt selbst würden nicht im Körper komplett aufgenommen oder komplett in den Zellen verteilt. Es verbleibe auf der Schleimhautoberfläche und wirke also rein physikalisch. Damit sei das Medizinprodukt auch zu Recht der Klasse I zuzuordnen, die alle nicht-invasiven Produkte umfasse.
22
Die klinische Wirksamkeit der streitgegenständlichen Produkte sei durch diverse Studien belegt, wie sich aus der der zuständigen Behörde in den Niederlanden vorliegenden technischen Dokumentation ergebe (Seiten 3/4 Schriftsatzes vom 29.08.2022).
23
Das hiesige Verfahren sei darüber hinaus gem. Art. 30 EuGVVO auszusetzen, da derzeit ein Feststellungsverfahren über das streitgegenständliche Produkt vor dem Bezirksgericht Luxemburg (Aktenzeichen TAL-2022-00388) anhängig sei. Sollte das Bezirksgericht Luxemburg CovidGum als Medizinprodukt der Klasse I einstufen, wäre damit die Korrektheit der Aussage bestätigt und der ordnungsgemäße Vertrieb der Medizinprodukte in ganz Europa sichergestellt. Streitgegenständliche seien dort die Rechtmäßigkeit des Vertriebs, Zertifizierungsfragen und die Frage der korrekten Einstufung des Medizinprodukts in die Klasse I. Dann dürfte das Landgericht München mittelbar über die Zulässigkeit und Einstufungen des streitgegenständlichen Produktes als Produkt der Klasse I nicht weiter entscheiden.
24
Zur Ergänzung des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
25
Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
I. Zulässigkeit
1. Aktivlegitimation
26
Die Aktivlegitimation des Klägers ergibt sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG n.F.
27
Der Kläger ist unstreitig in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b UWG eingetragen.
28
Dem Kläger gehört auch eine erhebliche Zahl von Unternehmen an, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben d.h. sachlich und räumlich relevanten Markt (BGH GRUR 2000, 1084) vertreiben.
29
Ein Wettbewerbsverhältnis besteht, wenn sich die betreffenden Waren oder Dienstleistungen ihrer Art nach so gleichen oder nahestehen, dass der Absatz des einen Unternehmers durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann (BGH GRUR 2015, 1240).
30
Ein Wettbewerbsverhältnis wird in der Regel durch die Zugehörigkeit zur selben Branche oder zumindest zu angrenzenden Branchen begründet. Wird die Werbung für ein konkretes Produkt beanstandet, ist daher grundsätzlich nicht das gesamte Sortiment maßgeblich. Vielmehr ist grundsätzlich auf den Branchenbereich abzustellen, dem die beanstandete Wettbewerbsmaßnahme zuzurechnen ist (BGH GRUR 2006, 768). Dagegen ist nicht erforderlich, dass der Mitbewerber gerade bei den Waren oder Dienstleistungen, die mit den beanstandeten Wettbewerbsmaßnahmen beworben worden sind, mit den Mitgliedsunternehmen im Wettbewerb steht (BGH GRUR 2007, 809).
31
So gehören zu den „Waren verwandter Art“ in Bezug auf einzelne Arzneimittel nicht nur die unmittelbar damit konkurrierenden, sondern sämtliche Arzneimittel (BGH WRP 1998, 177); darüberhinaus gegebenenfalls auch Medizinprodukte (BGH WRP 1998, 181).
32
Da die streitgegenständlichen Medizinprodukte Infektionskrankheiten verhindern und Krankheitserreger unschädlich machen sollen, gehören zu den Waren und Dienstleistungen verwandter Art nach den vorgenannten Kriterien ersichtlich auch Hersteller (Pharma-Unternehmen) und Vertreiber (beispielsweise Apotheken) von Arzneimitteln und Ärzte, die Dienstleistungen erbringen, die unstreitig Mitglied beim Kläger sind. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es nicht darauf an, dass die entsprechenden Arzneimittel, Medizinprodukte oder Dienstleistungen einen unmittelbaren Bezug zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten bzw. konkret des Coronavirus bzw. der Covid-Erkrankung haben.
33
Der Umstand, dass Medizinprodukte, Arzneimittel und auch ärztliche Dienstleistungen unterschiedlichen Regelungswerken unterliegen, schließt nicht aus, dass diese auch in Wettbewerb untereinander stehen können.
34
Rechtsprechung des EuGH, die die Auffassung der Beklagten stützen würde, ist nicht ersichtlich, was insbesondere damit zusammenhängt, dass die Durchsetzung des Lauterkeitsrechts nicht EU-einheitlich geregelt ist, das EU-Verbraucherschutzdurchsetzungsgesetz, welches allerdings nur die Zusammenarbeit zwischen entsprechenden nationalen Behörden regelt, ausgenommen. Die von der Beklagten auf Seite eins ihres Schriftsatzes vom 29.08.2022 genannten Entscheidungen weisen keinen erkennbaren Bezug zur vorgenannten Problematik auf.
2. Keine Aussetzung des Rechtsstreits
35
Eine Aussetzung des Rechtsstreits im Hinblick auf das angeblich in Luxemburg anhängige Feststellungsverfahren ist nicht veranlasst. Da die Beklagte die dortigen Streitgegenstände bzw. die gestellten Anträge nicht konkret vorträgt, kann schon nicht beurteilt werden, inwieweit die Gefahr widersprechender Entscheidungen im Sinne Art. 30 Abs. 3 EuGVVO bestehen könnte.
36
Vorliegend ist es unter keinem denkbaren Gesichtspunkt entscheidungserheblich, in welche Klasse die streitgegenständlichen Medizinprodukte richtigerweise einzuordnen sind. Auch wenn sich die Parteien vorliegend über die zutreffende Einordnung streiten, so ist doch die Unterlassung des Vertriebs der Produkte – unabhängig von deren Bewerbung – vorliegend nicht beantragt.
II. Begründetheit der gestellten Unterlassungsanträge
1. Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Satz 1 HWG
a) Objektiver Verstoß
37
Der Unterlassungsanspruch ist bezüglich sämtlicher angegriffener Aussagen aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 1 HWG begründet.
38
Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 HWG stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3 a UWG dar. Nach Sinn und Zweck des § 12 Abs. 1 HWG ist das Verbot immer dann anwendbar, wenn der Gefahr vorgebeugt werden muß, dass die von der Werbung angesprochenen und durch die angedeutete Krankheit gefährdeten Verbraucher zu dem beworbenen Arzneimittel greifen, weil sie es für ein ausreichendes und erfolgversprechendes Mittel zur Selbstbehandlung ihrer Krankheit ansehen (BGH, Urteil vom 18.03.1999 – I-ZR 33/97).
39
Die Werbung der Beklagten bezieht sich auf die Verhütung, Beseitigung und Linderung von nach dem Infektionsschutzgesetz vom 20.07.2020 meldepflichtige Krankheiten oder durch meldepflichtige Krankheitserreger verursachten Infektionen (§ 12 Abs. 1 Nr. 2 HWG in Verbindung mit A. 1. der Anlage zu § 12).
40
Meldepflichtig sind nach § 6 IfSG nicht nur die in Abs. 1 Nr. 1 und 1a namentlich aufgeführten Erkrankungen und Krankheitserreger, sondern gemäß Abs. 1 Nr. 5 auch der Verdacht einer Erkrankung, die Erkrankung in Bezug auf eine bedrohliche übertragbare Krankheit, die nicht bereits nach den Nrn. 1-4 meldepflichtig ist. Zu diesen gehört nach allgemeiner Ansicht auch das neuartige Coronavirus sowie die dadurch ausgelöste Covid-19 Erkrankung.
41
Die Kammer ist darüber hinaus der Ansicht, dass es sich nach Sinn und Zweck der Verweisung in § 12 Abs. 1 Nr. 2 HWG nur um eine dynamische Verweisung auf die jeweils gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes handeln kann. Die Covid-19 Erkrankung war bereits seit 19.05.2020, und damit im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Werbung als lit. t) in die Liste gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG aufgenommen worden.
42
Die Werbung richtet sich vorliegend unstreitig an die allgemeine Öffentlichkeit, und daher auch außerhalb der Fachkreise.
b) Kein Verstoß gegen höherrangiges EU-Recht
43
Die Werbebeschränkung des § 12 HWG verstößt nicht gegen höherrangiges EU-Recht.
44
Die Beklagte beruft sich auf einen Verstoß gegen Artikel 24 der Medizinprodukteverordnung EU 2017/745, wonach die Mitgliedstaaten die Bereitstellung auf den Markt oder Inbetriebnahme von Produkten, die den Anforderungen dieser Verordnung entsprechen, in ihrem Hoheitsgebiet nicht ablehnen, untersagen oder beschränken dürfen.
45
Gemäß Art. 2 Nr. 27 der Verordnung bezeichnet die Bereitstellung auf den Markt jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Produkts (…) zum Vertrieb, zum Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit.
46
„Inverkehrbringen“ bezeichnet gemäß Art. 2 Nr. 28 die erstmalige Bereitstellung eines Produkts, auf dem Unionsmarkt.
47
Nach der Entscheidung des EuGH vom 24.11.1993 – C-267/91 und C-268/91 ist allerdings die Anwendung nationaler Bestimmungen, die bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten, auf Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten nicht geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten im Sinne des Urteils vom 11.07.1964 – Rechtssache 8/74 – Dassonville – unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren. Sind diese Voraussetzungen nämlich erfüllt, so ist die Anwendung derartiger Regelungen auf den Verkauf von Erzeugnissen aus einem anderen Mitgliedstaat, die den von diesem Staat aufgestellten Bestimmungen entsprechen, nicht geeignet, den Marktzugang für diese Erzeugnisse zu versperren oder stärker zu behindern, als sie dies für inländische Erzeugnisse tut. Diese Regelungen fallen daher nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 30 des Vertrages (Leitsatz der Entscheidung).
48
Demgegenüber stellen Hemmnisse für den freien Warenverkehr, die sich in Ermangelung einer Harmonisierung der Rechtsvorschriften daraus ergeben, daß Waren aus anderen Mitgliedstaaten, die dort rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, bestimmten Vorschriften entsprechen müssen (wie etwa hinsichtlich ihrer Bezeichnung, ihrer Form, ihrer Abmessungen, ihres Gewichts, ihrer Zusammensetzung, ihrer Aufmachung, ihrer Etikettierung und ihrer Verpackung), selbst dann, wenn diese Vorschriften unterschiedslos für alle Erzeugnisse gelten, nach Artikel 30 verbotene Maßnahmen gleicher Wirkung dar, sofern sich die Anwendung dieser Vorschriften nicht durch einen Zweck rechtfertigen lässt, der im Allgemeininteresse liegt und den Erfordernissen des freien Warenverkehrs vorgeht (EuGH a.a.O. Rn. 15).
49
Entgegen der unzutreffenden Zitierung des Beklagten Stellt die Werbung Damit keine Eigenschaft des Produkts als solche dar, sondern zählt zu den Verkaufsmodalitäten, d.h. der Art und Weise des Absatzes. Die Werbebeschränkung des § 12 HWG richtet sich an alle Medizinprodukte, unabhängig davon, ob sie im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat hergestellt werden. § 12 HWG stellt damit keine Verkaufsbeschränkung im vorgenannten Sinne dar. Schon gar nicht führt sie „faktisch zu einem Vertriebsverbot in Deutschland“.
50
Soweit die Beklagte darüber hinaus behauptet, die Medizinprodukteverordnung beinhalte auch eine abschließende Regelung bezüglich der Bewerbung von Medizinprodukten, bleibt sie jede nähere Begründung bzw. Nachweis schuldig.
51
Der Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 2 HWG bezieht sich auf alle streitgegenständlichen Aussagen, da sich alle an das allgemeine Publikum richten.
52
Damit sind die Unterlassungsanträge in vollem Umfange begründet.
2. Irreführung
53
Unabhängig von den vorgenannten Ausführungen ist der Unterlassungsantrag auch aus § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. §§ 3 Satz 1 Nr. 1 HWG, 3 Abs. 1-3, Anhang zu § 3 Abs. 3, Nr. 9, 5 Abs. 1 Nr. 1, 5a Abs. 1 und 2 UWG, Art. 7 lit. a) MDR begründet.
54
Bei gesundheitsbezogener Werbung sind besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellen, da mit irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können (BGH GRUR 2013, 649). Deshalb gilt für Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht; danach ist es irreführend, wenn eine Werbeaussage auf Studien gestützt wird, die diese Aussage nicht tragen (BGH GRUR 20151244 – Rn. 16).
55
Der Nachweis, dass eine gesundheitsbezogene Angabe nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht, obliegt zwar grundsätzlich dem Kläger als Unterlassungsgläubiger. Eine Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast kommt allerdings dann in Betracht, wenn der Kläger darlegt und nachweist, dass nach der wissenschaftlichen Diskussion die Grundlagen, auf die der Werbende sich stützt, seine Aussage nicht rechtfertigen (BGH GR UR 2013, 649, Rn. 32).
56
Der Kläger hat hinreichend und unwidersprochen dargelegt, dass die ausgelobten Wirkungen nicht wissenschaftlich gesichert sind.
57
Die Beklagte hat hierzu, soweit erkennbar, ausschließlich auf den Seiten 3 und 4 ihres Schriftsatzes vom 9. 20.08.2022 vorgetragen und – ohne Quellennachweis und Beweisangebot – aus einer angeblich der „competent autority“ in den Niederlanden vorliegenden – in englischer Sprache gehaltenen – „Technischen Dokumentation“ zitiert, die die behauptete Wirkweise des CovidGum beschreibt, ohne sich allerdings auf wissenschaftliche Nachweise bzw. Studien zu beziehen.
58
Den vorgenannten Anforderungen der Rechtsprechung zum Wirknachweis werden diese Ausführungen offensichtlich nicht gerecht.
III. Abmahnkosten
59
Der Kläger hat Anspruch aus § 13 Abs. 3 UWG auf Erstattung der Kosten, die ihm durch die beiden Abmahnungen entstanden sind. Die Höhe der angefallenen Kosten ist schlüssig dargelegt und nicht bestritten. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 ZPO.
60
IV. Nebenentscheidungen
61
Die Kostenscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
Streitwert: § 3 ZPO