Inhalt

LG München I, Endurteil v. 08.11.2021 – 33 O 480/21
Titel:

Unlautere Behinderung durch vollmachtslose Kündigung von Stromlieferungsverträgen durch Mitbewerber

Normenketten:
UWG § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 4 § 14 Abs. 2 S. 2, Abs. 2 S. 3 Nr. 1
BGB § 126b, § 312h
Leitsätze:
1. Der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ist im Wege teleologischer Reduktion auf Fälle beschränkt, in denen die vom Gesetzgeber gesehene „besondere Missbrauchsanfälligkeit“ aufgrund der unkalkulierbaren Vielzahl potenzieller Gerichtsorte gegeben ist. Er ist nicht eröffnet, wenn streitgegenständliche Kündigungserklärungen lediglich über das Internet versendet werden. (Rn. 53 – 54) (redaktioneller Leitsatz)
2. Kündigt ein Unternehmen Verträge von Kunden mit einem Mitbewerber, ohne dass zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung Vollmachten zur Kündigung in Textform vorlagen, stellt dies eine wettbewerbswidrige Mitbewerberbehinderung im Sinne von §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 4 UWG dar. (Rn. 59) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Zuständigkeit
Fundstellen:
GRUR-RS 2021, 35995
MMR 2022, 168
LSK 2021, 35995

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von EUR 5,00 bis EUR 250.000,00, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer,
zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Kündigungen betreffend mit der Klägerin bestehende Stromlieferverträge als Vertreterin von Letztverbrauchern zu erklären, solange der Letztverbraucher für eine solche Kündigung keine Vollmacht zumindest in Textform erteilt hat, wie dies der Fall war anlässlich der Kündigungen durch Herrn …, Frau …, Herrn …, Herrn … und Frau ….
II. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft durch Mitteilung von Name, Anschrift und Vertragsbeginn derjenigen Personen zu erteilen, die aufgrund der gemäß Ziff. I zu unterlassenden Handlungen von der Klägerin zur Beklagten als Energielieferantin wechselten; dies gilt nicht bezüglich der in Ziff. 1 genannten Personen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die aufgrund der gemäß Ziff. I zu unterlassenden Handlung entstanden sind und/oder noch entstehen werden.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.777,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.03.2021 zu zahlen Zug um Zug gegen Erteilung einer den Vorgaben des § 14 UStG entsprechenden Rechnung.
V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VI. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
VII. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, in Ziffer I. nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,- Euro, in Ziffer II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- Euro und in Ziffer IV. sowie im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte wettbewerbsrechtliche Unterlassungs-Auskunfts- sowie Schadensersatzfeststellungansprüche geltend. Ferner begehrt sie Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten.
2
Die Klägerin und die Beklagte bieten in Deutschland insbesondere Stromiieferverträge gegenüber Letztverbrauchern an und stehen dabei miteinander im Wettbewerb.
3
Im Oktober/November 2020 erklärte die Beklagte in Stellvertretung für verschiedene Kunden der Klägerin die Kündigung deren mit der Klägerin bestehenden Stromlieferverträge. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Fälle:
4
Am 14.10.2020 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin in Stellvertretung für den Letztverbraucher … die Kündigung dessen mit der Klägerin bestehenden Stromliefervertrages. Bei dieser Kündigung handelte es sich um eine sogenannte „Z13-UTILMD-Kündigung“. Unter einer Z 13-Kündigung versteht man eine Kündigung, die nicht nur mit „Marktlokations-Identifikationsnummer“ (MaLo-ID), sondern mit allen Kontaktdaten (u.a. Name, Adresse) versehen und die unverzüglich, d.h. spätestens bis zum Ablauf des dritten Werktag nach Eingang, beantwortet sein muss. Mit „UTILMD“ wird ein bestimmter Nachrichtentyp bezeichnet.
5
Am 05.11.2020 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin in Stellvertretung des Letztverbrauchers …, am 12.11.2020 in Stellvertretung der Letztverbraucherin …, am 13.11.2020 in Stellvertretung der Letztverbraucherin … und am 18.11.2020 in Stellvertretung des Letztverbrauchers … die Z13-UTILMD-Kündigung des jeweils mit der Klägerin bestehenden Stromliefervertrages.
6
Die zu Grunde liegenden Bestellprozesse für Stromlieferverträge mit der Beklagten, eingeleitet über das Portal „Check24“, vollzogen sich in allen Fällen wie nachfolgend wiedergegeben (vgl. Anlage K 3):
7
Die Bestellvorgänge wurden jeweils von den als Anlage K 4 vorgelegten Nachrichten im elektronischen Postversand begleitet.
8
Die seitens der Beklagten erklärten Kündigungen lehnte die Klägerin jeweils mit dem Text
„Wir weisen die Kuendigung zurueck und bitten um Uebersendung einer Kuendigungsvollmacht an vollmachten@….de“
ab (vgl. Anlage K 1).
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Daraufhin übermittelte die Beklagte die vom Letztverbraucher … unter dem 17.11.2020, vom Letztverbraucher … am 25.11.2020, von der Letztverbraucherin … am 27.11.2020, von der Letztverbraucherin … am 30.11.2020 und vom Letztverbraucher … am 18.11.2020 unterzeichnete schriftliche Vollmacht (vgl. Schreiben, K 2).
10
Mit Schreiben vom 08.12.2020 ließ die Klägerin die Beklagte wegen des Vorwurfs der Kündigung der Verträge … und … ohne zu Grunde liegende wirksame Vollmacht, abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern (vgl. Schreiben, K 5). Die Beklagte ließ die Ansprüche mit Schreiben vom 15.12.2020 zurückweisen (vgl. Schreiben, K 6).
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Die Klägerin ist der Auffassung, die Klage sei zulässig und das LG München I gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 UWG örtlich zuständig. Der Wettbewerbsverstoß folge aus den versendeten Kündigungserklärungen (vgl. Anlage K 1). Diese hätten die Klägerin in 8. G. erreicht. Dort liege deshalb der „Erfolgsort“.
12
Die Regelung des § 14 Abs. 2 S. 3 Ziff. 1 UWG sei nicht anwendbar. Dies folge aus historischen, systematischen und teleologischen Erwägungen:
13
Maßgebend seien insoweit die Erwägungen des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung als Bestandteil der BT-Drs. 19/12084, S. 35 und 36 und die Beschlussempfehlung sowie der Bericht vom 09.09.2020 (BT-Drs. 19/22238). Ausweislich BT-Drs. 19/12084 hätte für sämtliche Rechtsstreitigkeiten wegen Zuwiderhandlungen nur der allgemeine Gerichtsstand maßgeblich sein sollen. Begründet worden sei dies mit der Überlegung, dem Kläger, der Zeitpunkt, Art und Umfang des Klagegegenstandes bestimmen könne, sei aus Gründen der Waffengleichheit der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten gegenüber zu stellen, um die Vorteile des Klägers nicht noch zu vergrößern, da „der Begehungsort einer Handlung im Internet gewissermaßen ‚überall‘ ist“ (BT-Drs. 19/12084, S. 35). Die Beendigung der Bezugnahme auf einen Begehungsort, der „gewissermaßen ‚überall‘ ist“, sei im Gesetzgebungsverfahren im Übrigen dadurch relativiert worden, dass seinerzeit die Bezugnahme auf den Begehungsort dann ausnahmsweise erlaubt gewesen sei, wenn „sich die geschäftliche Handlung an einen örtlich begrenzten Kreis von Marktteilnehmern wendet“. Zwei sei diese Einschränkung aufgrund BT-Drs. 19/22238, S. 18 aufgehoben worden, mit der Begründung: „Da der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung grundsätzlich besteht, kann die im Regierungsentwurf enthaltene Öffnung für Handlungen, die sich an einen örtlich begrenzten Kreis von Teilnehmern richten, entfallen“. Hieraus folge aber nur, dass „der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung grundsätzlich besteht“. Offenbar habe also Beschlussempfehlung und Bericht vom 09.09.2020 mittels der Streichung der Formulierung „die sich an einen örtlich begrenzten Kreis von Teilnehmern richten“ keine Änderung der Rechtslage erblickt, sodass der Gedanke der Eröffnung der Zuständigkeit des Gerichtsstands des Erfolgsortes weiterhin gegeben sei, wenn „sich die geschäftliche Handlung an einen örtlich begrenzten Empfängerkreis richtet“. Vorliegend sei ein örtlich begrenzter Empfängerkreis betroffen, dessen Reichweite noch geringer sei als bei „… Messen, unerlaubter Telefonwerbung und Haustürbesuchen“ (vgl. BT-Drs. 19/12084, S. 36). Der einschlägige Begehungsort sei nicht ansatzweise „überall“, sondern liege nur für den Zuständigkeitsbezirk des LG München I vor.
14
Auch das systematische Argument ergebe die örtliche Zuständigkeit des angerufenen LG München I. § 14 Abs. 2 S. 2 UWG betreffe den Regel-, § 14 Abs. 2 S. 3 Ziff. 1 UWG den Ausnahmefall. Die Gegenüberstellung von § 14 Abs. 2 S. 2 und § 14 Abs. 2 S. 3 Ziff. 1 UWG mache deutlich, dass durch die Vervielfältigung der möglichen Zuwiderhandlung in Telemedien der entscheidende Unterschied gesehen werde. Gerade an der Vervielfältigung fehle es im vorliegenden Fall, es komme nur ein einziger Erfolgsort in Betracht.
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Die Nichtanwendbarkeit von § 14 Abs. 2 S. 3 Ziff. 1 UWG ergebe sich ferner aus einem teleologischen Argument. Denn die Beklagte habe von Anfang an gewusst, dass als Erfolgsort nur der Sitz der Klägerin in Betracht komme. Unwägbarkeiten, die ursprünglich die vollständige Abschaffung des so genannten „fliegenden Gerichtsstandes“ begründen sollten, hätten nicht bestanden. Hinzu komme, dass die Telemedien im vorliegenden Fall nicht genutzt worden seien, um möglichst viele Verbraucher zu erreichen. Tatsächlich sei die Nutzung von Telemedien für die Beklagte notwendig gewesen, um den Wettbewerbsverstoß zu begehen. Die spezifische Gefährlichkeit, wie sie Gegenstand und Inhalt der Regelung des § 14 Abs. 2 S. 3 Ziff. 1 UWG (gewesen) sei, sei nicht durch die Telemedien verwirklicht worden. Diese Erkenntnis ergebe auch den maßgeblichen Unterschied, der zur Nichtübertragbarkeit der Entscheidung OLG Düsseldorf, Beschluss v. 16.02.2021, Az. I 20 W 11/21 führe.
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Der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3 I, 4 Nr. 4 UWG zu. Die Mitteilung von Kündigungserklärungen seitens der Beklagten gegenüber der Klägerin, ohne dass den Kündigungserklärungen der Letztverbraucher im Zeitpunkt der Erklärungsübermittlung eine wirksame Vollmacht zugrunde gelegen habe, hindere die wettbewerbsrechtliche Entfaltungsmöglichkeit der Klägerin in unlauterer Weise, weil sich hierdurch die Beklagte zwischen den Letztverbraucher und die Klägerin stelle, obschon der Letztverbraucher solches bislang - noch - nicht gewollt habe. Insbesondere sei in den - beispielshaft für den Verbraucher Peter Arnold als Anlage K 6 vorgelegten - Unterlagen keine Vollmachtserteilung seitens der Letztverbraucher zugunsten der Beklagten zu sehen.
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Soweit es in dem Formular „Auftrag zur Stromversorgung - Auftrag eingereicht - für ihre Unterlagen“ unter Ziffer 5 S. 3 heiße:
„Ich … wohnhaft … bevollmächtige die … GmbH, meinen bisherigen Stromliefervertrag für … zu kündigen“
scheide eine wirksame Vollmachtserteilung aus. Aus einer Auftragsbestätigung könne keine Vollmachtserteilung abgeleitet werden. Dass es sich um eine Auftragsbestätigung handele, folge bereits aus dem auf der linken Seite angebrachten Vermerk
„Auftrag eingereicht - für ihre Unterlagen“
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Auch dem Bestellvorgang (Anlage K 3) lasse sich eine wirksame Vollmachtserteilung nicht entnehmen. Was S. 3 der Anlage K 3 anbelangt, so habe man die Möglichkeit, auf die Frage:
„Haben Sie Ihrem derzeitigen Anbieter bereits gekündigt?“
mit „ja“ oder „nein, mein neuer Anbieter soll den Vertrag für mich kündigen“ zu antworten. Aufgrund der verschiedenen Antworten zu der Anfrage, ob bereits gekündigt sei, könne aus der Aussage „nein, mein neuer Anbieter soll den Vertrag für mich kündigen“ nicht die - ausdrückliche - Erteilung einer Vollmacht geschlussfolgert werden. Es sei bereits fraglich, ob formularmäßig auf die Verneinung der Frage „Haben Sie Ihrem derzeitigen Anbieter bereits gekündigt?“ ein entsprechendes Auftragsverhältnis begründet werden könne. Keinesfalls dürfe aus dieser Antwort die Erteilung einer Vertretervollmacht mit dem Inhalt, zu kündigen, gefolgert werden. Denn die Vollmachtserteilung sei nicht die gewollte Rechtsfolge, sondern die Klärung der Frage, wie es weitergehen solle eingedenk der Tatsache, dass „der derzeitige Anbieter (nicht) bereits gekündigt (ist)“. Hilfsweise gelte: wollte man in dem Satz „nein, mein neuer Anbieter soll den Vertrag für mich kündigen“ eine Vollmachtserteilung betreffend die Kündigungserklärungen sehen, wäre diese - formularmäßige - Vollmachtserteilung unwirksam gemäß § 305 c Abs. 1 BGB. Und schließlich gelte, dass eine etwaige Kündigungserklärung des Verbrauchers nicht auf seiner Erklärung in Textform beruhe. In Textform habe der Verbraucher lediglich das „x“ erklärt. § 312 h BGB regele jedoch, dass die Kündigungserklärung des Verbrauchers der Textform bedürfe. Sämtliche hier vorgelegten Unterlagen beinhalteten Erklärungen der Eingabemasken von „…“, nicht jedoch Erklärungen des Letztverbrauchers „in Textform“.
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Auch auf Seite 4 der Anlage K 3 sei keine Vollmacht zur Erklärung der Kündigung zugunsten der Beklagten durch den Letztverbraucher zu sehen. Die Ausführungen seien als Erläuterung zu verstehen, nicht jedoch als ausdrückliche Einräumung einer Vertretervollmacht. Im Übrigen werde auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.
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Soweit es auf S. 5 der Anlage K 3 heiße
„Mit Klick auf ‚Kauf abschließen‘ bestätige ich die Kenntnisnahme
- der AGB des Anbieters, der Widerrufsbelehrung, der Datenschutzinformationen, der Bonitätsprüfung, der Versorgervollmacht und der Informationen zur Wertersatzpflichtpflicht“
könne ebenfalls nicht von der Erteilung einer „Versorgervollmacht“ ausgegangen werden. Den für den Vertragsschluss sei nicht Voraussetzung, dass der Bildschirmmarker auf das Stichwort „Versorgervollmacht“ geführt und der dortige erläuternde Text (vgl. S. 6 der Anlage K 3) gelesen werde.
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Der Unterlassungsanspruch sei zusätzlich gerechtfertigt unter dem Gesichtspunkt des Verschweigens wesentlicher Umstände gemäß § 5a Abs. 1 UWG. Die bei der Klägerin tätigen, für die Entgegennahme von Kündigungserklärungen zuständigen Mitarbeiter/innen gingen im Falle der Erklärung einer Kündigung der Beklagten den Vertrag des Letztverbrauchers betreffend davon aus, dass eine wirksame Vollmacht durch den Letztverbraucher als bisherigen Vertragspartner der Klägerin erteilt worden sei. Hieran fehle es jedoch wie dargetan.
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Die Klägerin beantragt:
I. Der Beklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von EUR 5,00 bis EUR 250.000,00, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, für jeden Fall der Zuwiderhandlung gemäß den §§ 935 ff., 890 ZPO
verboten,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Kündigungen betreffend mit der Klägerin bestehende Stromlieferverträge als Vertreterin von Letztverbrauchern zu erklären, solange der Letztverbraucher für eine solche Kündigung keine Vollmacht zumindest in Textform erteilt hat, wie dies der Fall war anlässlich der Kündigungen durch Herrn …, Frau …, Herrn …, Herrn … und Frau ….
II. Die Beklagte hat Auskunft durch Mitteilung von Name, Anschrift und Vertragsbeginn derjenigen Personen zu erteilen, die aufgrund der gemäß Ziff. I zu unterlassenden Handlungen von der Klägerin zur Beklagten als Energielieferantin wechselten; dies gilt nicht bezüglich der in Ziff. 1 genannten Personen.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die aufgrund der gemäß Ziff. I zu unterlassenden Handlung entstanden sind und/oder noch entstehen werden.
IV. Die Beklagte zahlt an die Klägerin EUR 1.777,00 nebst Zinsen, die 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegen, seit Rechtshängigkeit.
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Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung
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Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.
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Das LG München I sei örtlich unzuständig. Der Wortlaut des § 14 Abs. 2 S. 3 UWG sei eindeutig. Er nehme Zuwiderhandlungen „im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien“ vom ansonsten eröffneten Gerichtsstand des Begehungsortes aus mit der Folge, dass in derartigen Fällen nur der allgemeine Gerichtsstand nach § 14 Abs. 2 S. 3 UWG greife.
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Geplant sei ursprünglich eine praktisch vollständige Abschaffung des fliegenden Gerichtsstandes gewesen. Art. 1, § 14 Abs. 2 des Regierungsentwurfs (BT-Drs. 19/12084) habe demgegenüber eine Einschränkung vorgesehen, „wenn sich die geschäftliche Handlung an einen örtlich begrenzten Kreis von Marktteilnehmern wendet“. Zu der nur noch eingeschränkten Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands heiße es in der Begründung (BT-Drs. 19/12084, S. 36): „… Die Tatsache einer Abrufbarkeit oder Verbreitung über Telemedien, Rundfunk oder Presse reicht für die Annahme eines örtlich begrenzten Empfängerkreises nicht aus“. Rechtstechnisch sei also die vollständige Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands vorgesehen gewesen. Nur für einen bestimmten Bereich („örtlich begrenzt“) sei eine Ausnahme vorgesehen gewesen. Überdies zeige die Gesetzesbegründung bereits: wenn die Verbreitung über Telemedien erfolge, solle die Annahme einer örtlichen Begrenzung ausgeschlossen sein. Allein damit sei der Gedankengang der Klägerin widerlegt. Die letztlich zum Gesetz gewordene Version der Beschlussempfehlung (BT-Drs. 19/22238) weiche vom Regierungsentwurf ab. Neben dem allgemeinen Gerichtsstand sei gleichermaßen der Gerichtsstand des Begehungsortes grundsätzlich eröffnet. Ausgenommen seien hiervon die Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder Telemedien. Bei dieser Sachlage lasse sich die These der Klägerin nicht aufrechterhalten, wonach die in Kraft getretene Fassung keine Änderung der Rechtslage gegenüber dem Regierungsentwurf bewirkt haben solle. Allzu deutlich habe sich die Beschlussempfehlung sowohl in der Ausgestaltung der Normstruktur, dem Wortlaut und auch der Ausgestaltung des Ausnahmetatbestands vom Regierungsentwurf distanziert. Es gehe nicht um begrenzte Örtlichkeiten, sondern ausschließlich um die Trägermedien, mittels derer Zuwiderhandlungen begangen würden.
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Für die Auslegung einer Norm komme es auf den in dieser zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers an, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergebe, in den sie hineingestellt sei. Nicht entscheidend sei dagegen die subjektive Vorstellung der im Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder. Der Entstehungsgeschichte komme für die Auslegung regelmäßig nur insofern Bedeutung zu, als sie die Richtigkeit einer nach den allgemeinen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätige oder Zweifel behebe, die ansonsten nicht ausgeräumt werden könnten. Die in den Gesetzesmaterialien dokumentierten Vorstellungen der gesetzgebenden Instanzen könnten nicht mit dem objektiven Gesetzesinhalt gleichgesetzt werden. Für die Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers seien vielmehr alle anerkannten Auslegungsmethoden heranzuziehen, die sich gegenseitig ergänzten und nicht in einem Rangverhältnis zueinander stünden.
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Der Gesetzgeber habe bei Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr und in Telemedien generell eine „besondere Missbrauchsanfälligkeit“ angenommen und deswegen § 14 Abs. 2 S. 3 UWG eingefügt. Ob sich im Einzelfall durch das benutzte Telemedium eine „spezifische Gefährlichkeit verwirklicht“ habe, wie die Klägerin meine, sei nach dem erkennbaren Gesetzeszweck ohne Belang. Es komme auf die „Missbrauchsanfälligkeit“ an, nicht darauf, dass im Einzelfall ein Missbrauch tatsächlich stattfinde. Ebenso unerheblich sei, ob „möglichst viele Verbraucher“ von der Zuwiderhandlung betroffen seien oder nicht. In seinem Beschluss vom 16.02.2021 habe das OLG Düsseldorf zu Recht darauf hingewiesen, dass sich eine teleologische Einschränkung der Regelung deswegen verbiete, weil dem Gesetzgeber mögliche Einschränkungen vor Augen gestanden hätten, er diese aber gerade nicht übernommen habe. Daraus könne entgegen der Klägerin nur der Schluss gezogen werden, dass Einschränkungen nicht gewollt gewesen seien.
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Danach sei das LG Düsseldorf örtlich zuständig. Im Übrigen werde bestritten, dass die streitgegenständlichen Kündigungen die Klägerin in … erreicht hätten.
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Die Klage sei ferner unbegründet. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, und zwar weder unter dem Gesichtspunkt des Behinderungswettbewerbs noch wegen Irreführung durch Unterlassen. Beide Anspruchsgrundlagen setzten voraus, dass die Beklagte, als sie für die genannten Kunden die Altverträge mit der Klägerin gekündigt habe, über keine (wirksamen) Kündigungsvollmachten verfügt habe. Daran fehle es, woran die geltend gemachten Ansprüche insgesamt scheiterten. Wenn ein Stromkunde auf der Webseite check24 nach Eingabe von Postleitzahl und Jahresverbrauch einen Stromanbieter auswähle und den Bestellprozess in Gang setze, sei er sich darüber im Klaren, dass er mit der Eingabe seiner persönlichen und weiterer Daten die Abgabe einer Willenserklärung vorbereite. Teil dieser Vorbereitung sei die Klärung der Frage, ob der Kunde seinem derzeitigen Anbieter bereits gekündigt habe oder der neue Anbieter den Vertrag für den Kunden kündigen solle. Hierbei werde dem Kunden in unmittelbarem Zusammenhang ein „wichtiger Hinweis“ erteilt, der ihn in die Lage versetze, zur Vorbereitung seiner Vertragserklärung die richtige, für ihn einschlägige Erklärungsvariante auszuwählen. Im Rahmen der „Bestätigung“ erhalte der Kunde unmittelbar vor Abgabe seiner Vertragserklärung den Hinweis: „Mit Klick auf ‚Kauf abschließen‘ bestätige ich die Kenntnisnahme ● der […] Versorgervollmacht […] und die Übermittlung der Daten an den Anbieter zur weiteren Bearbeitung“. Die hierbei ohne weiteres als „Link“ erkennbare „Versorgervollmacht“ halte dem Kunden folgenden Text bereit:
„[…] Ich bevollmächtige … oder deren Bevollmächtigten, meinen bestehenden Stromliefervertrag bei meinem derzeitigen Stromlieferanten zu kündigen sowie alle für meine Stromversorgung erforderlichen Erklärungen abzugeben und alle für eine Stromlieferung ggf. erforderlichen Verträge abzuschließen und abzuwickeln.“
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Wenn der Kunde - alle vorstehend geschilderten Informationen vor Augen - auf den Button „Kauf abschließen“ klicke, könne kein ernsthafter Zweifel daran bestehen, dass er damit eine Willenserklärung abgebe, die darin bestehe, dass der Kunde die Beklagte auch beauftrage und bevollmächtige, den Stromliefervertrag mit dem bisherigen Lieferanten zu kündigen.
32
Die Vollmachtserteilung sei auch nicht AGB-rechtlich unwirksam. Sie sei bereits der Inhaltskontrolle entzogen. Selbst wenn eine Inhaltskontrolle stattfinden würde, sei die Klausel nicht überraschend. Auch die Textform (§ 312h i.V.m. § 126b BGB) sei gewahrt. Die Kunden hätten bei check24 die Bestellmaske ihrem Willen entsprechend ausgefüllt und eingestellt. Es handele sich hierbei - wie in Anlage K 3 anschaulich dokumentiert - um eine lesbare Erklärung, in der der Wille des bestellenden Kunden festgehalten sei. Bestandteil dieser lesbaren Erklärung sei die gleichermaßen lesbare Erteilung der Kündigungsvollmacht. Wie in der abschließenden Rubrik „Bestätigung“ dargestellt, erkläre der Kunde mit dem Anklicken des Buttons „Kauf abschließen“ die Kenntnisnahme insbesondere der „Versorgervollmacht“ und bestätige ferner die Übermittlung der Daten an den Anbieter (die Beklagte) zur weiteren Bearbeitung. Im Zuge der Übermittlung der Daten an den Anbieter werde es der Beklagten im Sinne des § 126b BGB ermöglicht, die auf dem Datenträger befindliche, an sie gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihr während eines angemessenen Zeitraumes zugänglich sei.
33
Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG sei schließlich auch deshalb nicht gegeben, weil die Klägerin bei Erhalt der Kündigung (wenngleich zu Unrecht) derartige Zweifel an der Existenz einer wirksamen Kündigungsvollmacht gehabt habe, dass sie eigenmächtig sogleich zur Maßnahme der Kündigungsablehnung gegriffen habe. Sie sei daher im Sinne der Rechtsprechung des OLG München, Urteil v. 31.10.2019, Az. 6 U 2644/19, S. 19, „gewappnet“ gewesen, was einer unlauteren Behinderung entgegenstehe.
34
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 28.09.2021 (Bl. 79/82 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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A. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das LG München I sachlich und örtlich zuständig.
36
I. Die sachliche Zuständigkeit folgt aus § 14 Abs. 1 UWG.
37
II. Die örtliche Zuständigkeit des LG München I ergibt sich aus § 14 Abs. 2 S. 2 UWG. § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ist vorliegend nicht anwendbar.
Im Einzelnen:
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1. Nach § 14 Abs. 2 S. 2 UWG, der § 32 ZPO entspricht, ist zuständig das Gericht, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Gemeint ist die Handlung, welche den Tatbestand des behaupteten Wettbewerbsverstoßes verwirklicht. Begehungsort ist sowohl der Ort der Handlung als auch der Erfolgsort. Das gilt auch dann, wenn der Verletzer bundesweit tätig ist und die Verletzungshandlung nur zufällig am betreffenden Ort vorgenommen hat (vgl. Ohly/Sosnitza/Sosnitza, 7. Auflage, UWG § 14 Rdn. 10; Köhler/Bornkamm/Feddersen, 39. Auflage, UWG, § 14 Rdn. 16). Es genügt, dass am betreffenden Ort eines von mehreren Tatbestandsmerkmalen verwirklicht ist (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Feddersen, 39. Auflage, UWG § 14 Rdn. 16).
39
Die angegriffenen Handlungen sind vorliegend in … und damit im Zuständigkeitsbereich des LG München I, begangen worden. Offenbleiben kann, ob die streitgegenständlichen Kündigungserklärungen der Beklagten die Klägerin in … erreicht haben. Denn jedenfalls das Tatbestandsmerkmal der Behinderung, mithin der Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten des Mitbewerbers, hat sich am Sitz der Klägerin in … verwirklicht (vgl. BGH NJW 1980, 1224, 1225).
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2. Der Gerichtsstand des Begehungsortes ist auch nicht nach § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ausgeschlossen.
41
Zwar sind die streitgegenständlichen Kündigungen über das Internet erklärt worden. Die angegriffenen Handlungen stellen gleichwohl keine „Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien“ im Sinne von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG dar. Dies folgt aus einer vom Wortlaut ausgehenden, historischen und teleologischen Auslegung der Norm.
42
1. Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist (BGH GRUR 2019, 970 Tz. 66 - Erfolgshonorar für Versicherungsberater).
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Dies darf jedoch nicht dahingehend verstanden werden, dass jede Auslegung, die nicht im Wortlaut des Gesetzes vorgegeben ist, unzulässig ist. Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet die Gerichte, „nach Gesetz und Recht“ zu entscheiden. Eine bestimmte Auslegungsmethode oder gar eine reine Wortinterpretation schreibt die Verfassung nicht vor (BVerfG NJW 2012, 669 Tz. 57). Der Wortlaut des Gesetzes zieht keine starre Auslegungsgrenze (vgl. BVerfG NJW 2012, 669 Tz. 57; BVerfG NJW 1993, 2861, 2863). Zu den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung gehört auch die teleologische Reduktion (BVerfG NJW 2012, 669 Tz. 57).
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2. Ausgangspunkt und wichtigstes Mittel der Auslegung ist danach zwar der Wortlaut. Soweit der Wortlaut jedoch mehrere Auslegungsmöglichkeiten zulässt, kommt es primär auf den tatsächlichen Willen des Gesetzgebers an. Hilfsweise ist auf objektivteleologische Kriterien zurückzugreifen, weil diese einen Schluss auf den mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers zulassen (Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB Allgemeiner Teil / EGBGB, BGB Anh. § 133 Rdn. 37).
45
3. Der Wortlaut des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG legt zwar das Ergebnis nahe, dass der Ausnahmetatbestand jegliches unlauteres Handeln, welches sich im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien vollzieht oder mittels Telemedien begangen wurde, umfasst. Zwingend ist diese Auslegung indes nicht. Wann eine „Zuwiderhandlung im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien“ vorliegt, wird im UWG nicht ausdrücklich geregelt. Die Regelung ist deshalb auslegungsfähig.
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4. Unstreitig bezweckte der Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 14 Abs. 2 UWG eine Einschränkung des „fliegenden Gerichtsstandes“.
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Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung sah hierzu folgende Regelung vor (vgl. BT-Drucks. 19/12084 S. 10):
„(2) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Nur wenn sich die geschäftliche Handlung an einen örtlich begrenzten Kreis von Marktteilnehmern wendet, ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde. Das Gericht, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde, ist ferner zuständig, wenn der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat.“
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In der Begründung zu Absatz 2 des § 14 UWG-E wird hierzu ausgeführt:
„Insbesondere bei lauterkeitsrechtlichen Verstößen im Internet führt der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung dazu, dass sich der Kläger ein Gericht aussuchen kann, da der Begehungsort einer Handlung im Internet gewissermaßen „überall“ ist Dieser „fliegende Gerichtsstand“ stellt eine Benachteiligung für den Beklagten dar, weil sich der Kläger ein Gericht in seiner Nähe aussuchen kann oder ein Gericht, das eher in seinem Sinn über den Streitwert entscheidet. Für Abgemahnte bedeutet eine angedrohte Klage an einem weit entfernten Gericht eine Belastung, die sie oft dazu bewegt, sich nicht gegen die Forderungen zu wehren und die geforderte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.“ (vgl. BT-Drucks. 19/12084 S. 35)
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Die Problematik des „fliegenden Gerichtsstandes“ wurde folglich in der für den Beklagten unkalkulierbaren Vervielfältigung potenzieller Klageorte gesehen. Aus diesem Grund sollte der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nur noch dann eröffnet sein, wenn eine geschäftliche Handlung sich an einen örtlich begrenzten Empfängerkreis richtet. Als typische Fälle wurden „Messen, unerlaubte Telefonwerbung und Haustürbesuche“ angesehen (vgl. BT-Drucks. 19/12084 S. 36).
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Die Gesetz gewordene Regelung des § 14 Abs. 2 UWG weicht von dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung ab. Der „fliegende Gerichtsstand“ bleibt danach grundsätzlich bestehen. Er soll lediglich in „besonders missbrauchsanfälligen“ Konstellationen ausgeschlossen sein. In der entsprechenden Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz heißt es dazu (BT-Drucks. 19/22238 S. 18):
„Die Einschränkung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung wird auf die in diesem Zusammenhang besonders missbrauchsanfälligen Verstöße beschränkt, die auf Telemedien oder im elektronischen Geschäftsverkehr begangen werden. Da der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung grundsätzlich besteht, kann die im Regierungsentwurf enthaltene Eröffnung für Handlungen, die sich an einen örtlich begrenzten Kreis von Teilnehmern richten, entfallen. Aus diesem Grund wird die im Regierungsentwurf entfallene Beschränkung des § 14 Absatz 2 Satz 2 UWG wieder vorgesehen“.
51
Das gewählte „Regel-Ausnahme-Verhältnis“ sowie die Gesetzesbegründung („Die Einschränkung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung wird auf … besonders missbrauchsanfällige Verstöße beschränkt, …“) zeigen, dass mit der Gesetz gewordenen Regelung ein größerer Anwendungsbereich für den fliegenden Gerichtsstand verbleiben sollte, als noch in dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung vorgesehen.
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5. Der Gesetzgeber bezweckte folglich keinen „pauschalen“ Ausschluss des Gerichtsstandes des Begehungsortes in sämtlichen Fällen, in denen das Internet in irgendeiner Weise Verwendung gefunden hat. Vielmehr sollte der wegen der Vervielfältigung potenzieller Gerichtsorte als problematisch angesehene „fliegende Gerichtsstand“ (nur) in „besonders missbrauchsanfällig“ angesehenen Konstellationen ausgeschlossen werden.
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Der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ist aus diesem Grund auf Fälle zu reduzieren, in denen die vom Gesetzgeber gesehene „besondere Missbrauchsanfälligkeit“ aufgrund der unkalkulierbaren Vielzahl potenzieller Gerichtsorte gegeben ist.
54
Diese Gefahr besteht im vorliegenden Fall nicht. Es liegt kein „fliegender Gerichtsstand“ in diesem Sinne vor. Die streitgegenständlichen Verstöße wurden im Rahmen der Kommunikation zwischen Klägerin und Beklagter begangen. Auch wenn die Nachrichten auf elektronischem Wege übermittelt wurden, richteten sie sich ausschließlich und gezielt an die Beklagte. Der Begehungsort der Handlung war - trotz Internet - nicht „überall“, sondern von vornherein - vergleichbar einer Kommunikation außerhalb des Internets - örtlich begrenzt. Ein Ausschluss des Gerichtsstandes des Begehungsortes nach § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG ist deshalb in teleologischer Reduktion der Vorschrift für die vorliegende Konstellation zu verneinen. Das LG München I ist nach § 14 Abs. 2 S. 2 UWG örtlich zuständig.
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B. Die Klage ist ferner begründet.
56
I. Der Klägerin steht der geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 4 UWG gegen die Beklagte zu.
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1. Die Klägerin ist als Mitbewerberin der Beklagten gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG aktivlegitimiert.
58
2. Die im Streit stehende Versendung der Kündigungserklärungen stellt eine geschäftliche Handlung der Beklagten im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Es handelt sich um ein Verhalten der Beklagten zugunsten des eigenen Unternehmens, das der Förderung des Absatzes und dem Bezug von Dienstleistungen der Beklagten dient. Denn durch die Kündigungserklärungen förderte die Beklagte mittelbar Vertragsabschlüsse von Kunden mit ihrem Unternehmen.
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3. Das angegriffene Verhalten der Beklagten, nämlich die Kündigung von Stromlieferverträgen im Namen von Verbrauchern, ohne dass zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung Vollmachten der Verbraucher zur Kündigung in Textform vorlagen, stellt eine wettbewerbswidrige Mitbewerberbehinderung im Sinne von §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 4 UWG dar.
60
a) Nach § 4 Nr. 4 UWG handelt unlauter, wer Mitbewerber gezielt behindert. Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, lässt sich nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewerber, Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (st. Rspr; vgl. BGH GRUR 2021, 497 Tz. 51 - Zweitmarkt für Lebensversicherungen m.w.N.).
61
Das Eindringen in einen fremden Kundenkreis und das Ausspannen sowie Abfangen von Kunden gehören grundsätzlich zum Wesen des Wettbewerbs. Eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers liegt deshalb erst vor, wenn auf Kunden, die bereits dem Wettbewerber zuzurechnen sind, in unangemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen oder zu erhalten (st. Rspr; vgl. BGH GRUR 2021, 497 Tz. 51 - Zweitmarkt für Lebensversicherungen m.w.N.).
62
Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Abfangende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt, um diesem eine Änderung seines Entschlusses aufzudrängen, die Waren oder Dienstleistungen des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen (st. Rspr; vgl. BGH, GRUR 2018, 317 Tz. - Portierungsauftrag m.w.N.). Ebenso ist es unlauter, wenn das betreffende Verhalten nicht auf eine Änderung des Kundenentschlusses gerichtet ist, sondern derjenige, der eine zur Ausführung des Entschlusses des Kunden notwendige Mitwirkungshandlung vornehmen muss, diese weisungswidrig so vornimmt, dass der Kunde auf sein Unternehmen umgelenkt wird (vgl. BGH, GRUR 2018, 317 Tz. - Portierungsauftrag). Eine unangemessene Einwirkung liegt in gleicher Weise vor, wenn der Werbende unter Vorspiegelung einer tatsächlich nicht abgegebenen (bzw. widerrufenen) Willenserklärung des Kunden eine Handlung gegenüber dem Mitbewerber vornimmt, die darauf abzielt, den Kunden auf sein Unternehmen umzulenken (vgl. BGH, GRUR 2018, 317 Tz. 14 - Portierungsauftrag).
63
Damit vergleichbar ist die vorliegende Konstellation, dass bei einem Anbieterwechsel in der Energieversorgung Verträge mit Altkunden gekündigt werden, ohne dass eine nach § 312 h BGB erforderliche Kündigungsvollmacht in Textform vorliegt (vgl. OLG München BeckRS 2019, 3274 Tz. 38; OLG München, Urteil vom 31.10.2019, Az. 6 U 2664/19; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 39. Auflage, UWG § 4 Rdn. 4.27a).
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b) Die Kündigungserklärungen der Beklagten erfolgten, obwohl zum Zeitpunkt der Kündigung keine Vollmachten der Verbraucher in Textform nach § 312h BGB vorlagen.
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(1) § 312h BGB ordnet für die Kündigung oder die Vollmacht zur Kündigung zwingend ein Textformerfordernis an. Das Textformerfordernis erfüllt Warnfunktion. Mit dem Textformerfordernis soll das „Unterschieben“ von Verträgen erschwert und dem Verbraucher deutlich vor Augen geführt werden, dass er bei Widerruf des neu abgeschlossenen Vertrages an die Kündigung des bestehenden Dauerschuldverhältnisses gebunden bleibt, ihm also weder der alte noch der neuen Vertrag bleibt (BT-Drucks. 16/10734, S. 12). Es soll also sichergestellt sein, dass sich Verbraucher bei Abgabe ihrer Willenserklärungen der Reichweite ihrer Kündigungserklärungen bewusst sind (vgl. BT-Drucks. 16/10734, S. 12). Die Beteiligten sollen sich den Inhalt der Erklärung in Ruhe durchlesen können. Darüber hinaus soll den Beteiligten ermöglicht werden, den Inhalt der Erklärung gegebenenfalls später nochmal nachzulesen (BeckOGK/Primaczenko/Frohn, 1.5.2020, BGB, § 126b Rdn. 5).
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Der Begriff der Textform ist im Sinne des § 126b zu verstehen (vgl. BT-Drucks. 16/10734, S. 12; MüKoBGB/Wendehorst, 8. Auflage, § 312h Rdn. 8; BeckOGK/Busch, 1.6.2021, BGB, § 312 h Rdn. 17). Erforderlich ist danach eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist und die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben wurde. Ein dauerhafter Datenträger ist nach § 126 b S. 2 BGB jedes Medium, das es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.
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§ 312h verlangt folglich nicht, dass der Verbraucher die Kündigung oder Vollmacht zur Kündigung selbst formuliert (vgl. MüKoBGB/Wendehorst, 8. Auflage, BGB § 312h Rdn. 8). Auch eine papiergebundene Übermittlung ist nicht erforderlich. In Betracht kommt deshalb grundsätzlich auch die elektronische Erstellung und Übermittlung, z.B. per Computerfax, E-Mail oder Telefax (vgl. Dauner-Lieb/Langen/Ring, 4. Auflage, BGB § 312 h Rdn. 3 Fn. 10; BeckOGK/Busch, 1.6.2021, BGB, § 312 h Rdn. 17).
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Nicht ausreichend ist allerdings das bloße Ausfüllen eines elektronischen Formulars auf einer Internetseite (vgl. Dauner-Lieb/Langen/Ring, 4. Auflage, BGB § 312h Rdn. 3 Fn. 10; BeckOGK/Busch, 1.6.2021, BGB, § 312h Rdn. 17; HK-BGB/Schulte-Nölke, 10. Auflage, BGB § 312h Rdn. 4) oder das Anklicken eines Links (vgl. OLG München, Urteil v. 31.10.2019, Az. 6 U 2664/19 S. 16). Denn gemäß § 126 b S. 1 BGB ist - dogmatisch überzeugend - für die Einhaltung der Textform der Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung maßgeblich (vgl. MüKoBGB/Einsele, 9. Auflage, BGB § 126b Rdn. 11). Die Erklärung muss dem Empfänger folglich nicht nur in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise zugehen, sondern bereits in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise abgegeben werden (vgl. Spindler/Schuster/Spindler, 4. Auflage, BGB § 126b Rdn. 5). Alles andere liefe der Warn- und Dokumentationsfunktion der Textform zuwider.
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(2) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist eine wirksame Vollmachtserteilung in Textform gemäß §§ 312h, 126 b BGB seitens der Verbraucher zu verneinen.
70
Eine wirksame Vollmachtserteilung lässt sich insbesondere nicht aus dem Bestellvorgang, wie er aus Anlage K 3 und K 4 ersichtlich ist, ableiten. Die Kunden haben ihre Erklärungen im Rahmen des Bestellvorganges schon nicht „auf einem dauerhaften Datenträger“ abgegeben. Dem Bestellprozess liegen Eingabemasken zu Grunde, in welche die erforderlichen Daten seitens der Kunden eingegeben werden. Mit Betätigung des Buttons „Kauf abschließen“ werden die Daten an die Beklagte übermittelt (vgl. Anlage K 3). In der Folge werden von der Beklagten Auftragsbestätigungen generiert, die „alle Angaben [des] Auftrags noch einmal zusammenfassen“ (vgl. Anlage K 4). Die Nachrichten geben die zuvor abgegebenen Erklärungen der Kunden indes nicht wortgleich wieder (vgl. Anlage K 4 und Anlage K 6). Es handelt sich nicht um die Erklärungen der Kunden, sondern um Auftragszusammenfassungen der Beklagten. Eine Möglichkeit für den Kunden, die von ihm abgegebenen Erklärungen so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines angemessenen Zeitraums zugänglich sind und unverändert wiedergegeben werden können, besteht mithin nicht.
71
Erst recht kann eine wirksame Vollmachtserteilung nicht in den als Anlage K 2 vorgelegten Vollmachtserklärungen gesehen werden. Diese Vollmachtserklärungen folgten den Kündigungserklärungen der Beklagten zeitlich nach und konnten die gemäß § 180 S. 1 BGB unwirksamen Rechtsgeschäfte nicht mehr heilen.
72
c) Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG ist auch nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin die Kündigungserklärungen der Beklagten zurückgewiesen hat. Denn die Zurückweisung der Kündigungserklärungen erfolgte auf unsicherer Tatsachengrundlage.
73
Gesicherte Kenntnis vom Fehlen wirksamer Vollmachtserteilungen seitens der Verbraucher hatte die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht. Anders als in der Fallkonstellation, welche dem Urteil des OLG München, vom 31.10.2019, Az. 6 U 2644/19 zu Grunde lag, handelte es sich um die erstmalige Befassung der Klägerin mit einem Anbieterwechsel der Kunden … und …. Gegen ein Abfangen dieser Kunden war die Klägerin folglich (noch) nicht „gewappnet“.
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4. Durch die erfolgte Verletzungshandlung wird die für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr indiziert; eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hat die Beklagte nicht abgegeben.
75
II. Die geltend gemachten Auskunfts- und Schadensersatzansprüche sind als Folgeansprüche zum bestehenden Unterlassungsanspruch der Klägerin nach § 242 BGB bzw. §§ 9, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 4 UWG gegeben. Nach den im Wettbewerbsrecht an die Sorgfaltspflicht anzulegenden strengen Maßstäben handelte die Beklagte zumindest fahrlässig (Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 39. Auflage, § 9 Rdn. 1.18).
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III. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ferner ein Anspruch auf Erstattung der Kosten ihrer berechtigten und begründeten Abmahnung in Höhe von 1.777,00 EUR aus § 13 Abs. 3 UWG zu. Die Höhe der geltend gemachten Kosten hat die Beklagte zu Recht nicht in Zweifel gezogen.
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1. Offenbleiben kann, ob die Abmahnkosten von der Klägerin bereits ausgeglichen wurden. Denn der zunächst bestehende Freistellungsanspruch der Klägerin hat sich wegen der ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung der Beklagten spätestens mit dem Klageabweisungsantrag in einen Zahlungsanspruch umgewandelt (vgl. BGH GRUR 2013, 925 Tz. 59 - VOODOO).
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2. Der Beklagten steht allerdings ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zu, bis ihr die Klägerin eine die Anforderungen des § 14 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 UStG erfüllende Rechnung erteilt hat. Das in der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2021 geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht führt gemäß § 274 BGB zu einer Verurteilung lediglich Zug-um-Zug gegen Rechnungstellung. Soweit die Klage auf uneingeschränkte Leistung gerichtet war, war sie daher abzuweisen. Im Einzelnen:
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a) Führt ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerpflichtige Leistung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen aus, ist er nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 UStG verpflichtet, eine - den Anforderungen des Umsatzsteuergesetzes entsprechende - Rechnung auszustellen (vgl. BGH GRUR 2012, 711 Tz. 44 - Barmen Live).
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b) Nach der Rechtsprechung des BFH GRUR 2017, 826 - umsatzsteuerbare Leistung handelt es sich bei der gegenüber einem Mitbewerber ausgesprochenen wettbewerblichen Abmahnung um eine steuerpflichtige Leistung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Die in dem Urteil aufgestellten Grundsätze sind auf kennzeichenrechtliche Abmahnungen übertragbar (so etwa Thiering in GRUR 2018, 30 und Klute in NJW 2017, 1648; zweifelnd hingegen etwa Pull/Streit in MwStR 2018, 108 und Streit/Rust in DStR 2018, 1321), mit der Folge, dass der Abgemahnte - hier die Beklagte - Erstellung einer Rechnung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 UStG verlangen kann.
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c) Besteht danach ein Anspruch auf Erteilung einer Rechnung, kann die Beklagte die geschuldete Leistung nach § 273 Abs. 1 BGB zurückhalten, bis die Klägerin ihr die Rechnung erteilt (vgl. BGH GRUR 2012, 711 Tz. 44 - Barmen Live).
82
IV. Der zuerkannte Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ist gemäß §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.
83
C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 S. 1 und 2 ZPO.