Inhalt

OLG Nürnberg, Endurteil v. 26.01.2021 – 3 U 894/19
Titel:

Kartellrechtliche Beurteilung von Sportverbandssanktionen wegen nichtgenehmigter Teilnahme an Mannschaftswettbewerben

Normenkette:
GWB § 19 Abs. 1 und 2 Nr. 1, § 33 Abs. 1 und 3
Leitsätze:
1. Ein Sportverband, der einzelne Athleten (hier: Ringer) wegen deren Beteiligung an einem alternativen Ligabetrieb von weiteren Wettkämpfen und namentlich von deren Teilnahme an internationalen Meisterschaften ausschließt, kann wegen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, sofern sich nicht feststellen lässt, dass sein Verhalten durch sportpolitische Gründe legitimiert, geeignet und verhältnismäßig ist. Die pauschale Behauptung, das nationale Sportförderungssystem könne zusammenbrechen und es könne künftig an Nachwuchssportlern im eigenen Verband fehlen, kann nicht als Rechtfertigung anerkannt werden (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)
2. In gleicher Weise vermag auch der pauschale Hinweis auf ein unzureichendes Anti-Doping-System des Wettbewerbsverbandes ohne konkreten Vortrag zu dessen fehlender Effektivität oder die Behauptung möglicher Terminüberschneidungen noch keine Rechtfertigung für die verhängten Sperren darstellen. (Rn. 56 – 60) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagwort:
Marktbeherrschung
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Endurteil vom 28.02.2019 – 19 O 1079/18
Fundstellen:
WuW 2022, 54
LSK 2021, 34724
GRUR-RR 2022, 48
GRUR-RS 2021, 34724

Tenor

I. Die Berufungen der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 28.02.2019, Az. 19 O 1079/18, werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Ziffern 1 und 2 des Urteils des Landgerichts wie folgt gefasst werden:
1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken am Präsidenten des Beklagten zu 1), zu unterlassen, die Kläger zu 1)-6) unbillig zu behindern, indem er gegenüber nationalen oder internationalen Ringkämpfern im räumlichen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Sanktionen direkt oder indirekt androht und/oder verhängt wegen einer Entscheidung, an Sportveranstaltungen des Klägers zu 1) teilzunehmen und/oder mit dem Kläger zu 1) zu kooperieren und/oder für die Kläger zu 2)-6) im Mannschaftsringkampf zu starten, wie geschehen im Jahr 2017, insbesondere
1) die nationalen Ringkämpfer im räumlichen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
1) von der Nominierung in die Nationalmannschaft des Beklagten zu 1) und/oder zu internationalen Ringwettkämpfen, insbesondere Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympischen Spielen, auszuschließen und/oder ihnen mit einem solchen Ausschluss zu drohen oder
1) für solche Veranstaltungen in der Organisationseinheit des Beklagten zu 1) zu sperren, die für die unter aa) genannte Nominierung oder Teilnahme Voraussetzung sind,
wenn die nationalen Ringkämpfer an einer Veranstaltung im Mannschaftsringkampf des Klägers zu 1) ringen;
1) die nationalen Landesringkampfverbände im räumlichen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufzufordern, die von dem Beklagten zu 2) ausgesprochenen Sperren gegen Sportler wegen der Teilnahme an Veranstaltungen des Klägers zu 1) durchzusetzen, insbesondere die Einzel- und Mannschaftsstartberechtigungen folgender Sportler für die Dauer der Sperren zu widerrufen und einzuziehen:
- I… F…
- J… F…
- G… H…
- W… H…
- A… J…
- J… K…
- C… K…
- I… Ö…
- B… R…
2. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken am Präsidenten des Beklagten zu 2), zu unterlassen, die Kläger zu 1)-6) unbillig zu behindern, indem er gegenüber nationalen oder internationalen Ringkämpfern in der Organisationseinheit der Beklagten zu 2) Sanktionen direkt oder indirekt androht und/oder verhängt wegen einer Entscheidung, an Veranstaltungen im Mannschaftsringkampf des Klägers zu 1) teilzunehmen und/oder mit dem Kläger zu 1) zu kooperieren und/oder für die Kläger zu 2) bis 6) im Mannschaftsringkampf zu starten, wie geschehen am 02.02.2018, insbesondere
2) die nationalen und internationalen Ringkämpfer für Veranstaltungen in der Organisationseinheit zu sperren, insbesondere von internationalen Wettkämpfen, wie Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympischen Spielen auszuschließen und/oder mit einem solchen Ausschluss zu drohen, weil die nationalen oder internationalen Ringkämpfer an einer Veranstaltung im Mannschaftsringen des Klägers zu 1) ringen;
2) die nationalen Ringkampfverbände in der Organisationshoheit des Beklagten zu 2) aufzufordern, die von dem Beklagten zu 2) wegen der Teilnahme an Veranstaltungen des Klägers zu 1) ausgesprochenen Sperren gegen Sportler durchzusetzen, insbesondere gegen die bereits gesperrten nachfolgenden Sportler:
- I… F…
- J… F…
- G… H…
- W… H…
- A… J…
- J… K…
- C… K…
- I… Ö…
- B… R…
II. Die Beklagten haben von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Kläger in der Berufungsinstanz je 50 % zu tragen. Im Übrigen tragen die Beklagten jeweils ihre außergerichtlichen Kosten in der Berufungsinstanz selbst.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des in Bezug auf die Berufungskosten zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 400.000,00 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Parteien streiten über kartellrechtliche Unterlassungsansprüche, die im Zusammenhang mit der Durchführung von Wettkämpfen im Ringersport stehen.
2
Der Kläger zu 1) ist ein eingetragener Verein, dessen Ziel es ist, einen selbstverwalteten Ligabetrieb im Mannschaftsringen durchzuführen unter der Bezeichnung „Deutsche Ringerliga“ (DRL). Die Klägerinnen zu 2) bis 6) stellen Mannschaften für die Deutsche Ringerliga.
3
Der Beklagte zu 1) ist ebenfalls ein eingetragener Verein. Er vertritt die Sportart Ringen im Weltsportverband für das Ringen, der Beklagten zu 2). Der Beklagte zu 1) veranstaltet die Deutsche Meisterschaft, bildet Spitzenkader heran, nominiert die Vertretung für Länderkämpfe, Welt- und Europameisterschaften und unterhält Bundesleistungszentren. Er veranstaltet die Bundesliga im Mannschaftsringen. Der Beklagte zu 1) erzielt Lizenzgebühren und Startgebühren aus den Mannschaftskämpfen sowie Einnahmen aus der Vermarktung von Fernsehrechten und dem Sportsponsoring.
4
Der Beklagte zu 2) ist der Weltsportverband im Ringen. Er veranstaltet die Kontinentalmeisterschaften und Weltmeisterschaften. Er vertritt die Sportart Ringen im Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Der Beklagte zu 2) erzielt Einnahmen aus Lizenzgebühren, der Vermarktung von Fernsehrechten, Eintrittsgeldern, Sponsoring und Transfergebühren für internationale Ringkämpfe.
5
Anhang 1 zu § 5 Abs. 2 der Rechts- und Strafordnung (RuSo, Stand 2018) des Beklagten zu 1) enthält unter Ziffer 23 eine Regelung über Tatbestand und Sanktion für eine Sperre von bis zu 24 Monaten und/oder Geldstrafe bis zu 5.000,00 €. Hinsichtlich des Wortlauts der Regelung wird auf die Anlage B 1 des Beklagten zu 1) verwiesen.
6
Im Jahr 2017 wurden insgesamt neun Sportler von dem Beklagten zu 1) mit Sperren belegt, weil sie in der Deutschen Ringerliga des Klägers zu 1) an Wettkämpfen teilgenommen hatten.
7
Am 02.02.2018 sperrte der Beklagte zu 2) insgesamt neun Sportler für die Dauer von einem Jahr für jede nationale und internationale Meisterschaft und jegliche nationale und internationale Wettkämpfe.
8
Mit E-Mail-Schreiben vom 03.02.2018 forderte der Beklagte zu 2) die nationalen Ringkampfverbände auf, die Sperren umzusetzen. Am 12.09.2018 veröffentlichte der Beklagte zu 2) „Guidelines for the Recognition of Competitions Not Organized by a Member of UWW“ - Richtlinien für die Anerkennung von Wettkämpfen, die nicht von Mitgliedsorganisationen des Beklagten zu 2) organisiert werden (Anlage B 1 des Beklagten zu 2)). In diesen Richtlinien wird ausgeführt, dass auf der Grundlage der dort genannten Voraussetzungen, jedoch nicht auf diese beschränkt, es den nationalen Verbänden obliege, die Veranstaltung von Wettbewerben zu genehmigen oder zu untersagen und hiermit auch die Teilnahme ihrer Mitglieder zu genehmigen bzw. zu untersagen.
9
Die Kläger haben erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass das Verhalten der Beklagten ein missbräuchliches Ausnutzen ihrer marktbeherrschenden Stellung darstelle, da den Klägern Verpflichtungen auferlegt würden, die für die Verfolgung legitimer sportliche Zwecke entbehrlich seien.
10
Die Beklagten meinen, mit ihrem Verhalten legitime Zwecke zu verfolgen.
11
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien und der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
12
Das Landgericht hat der Klage gegen beide Beklagten weitestgehend stattgegeben und diese wie folgt verurteilt:
1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken am Präsidenten des Beklagten zu 1), zu unterlassen, gegenüber nationalen oder internationalen Ringkämpfern im räumlichen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Sanktionen, wegen einer Entscheidung, an Sportveranstaltungen des Klägers zu 1) teilzunehmen und/oder mit dem Kläger zu 1) zu kooperieren und/oder für die Kläger zu 2) bis 6) im Mannschaftsringkampf zu starten, direkt oder indirekt anzudrohen und/oder zu verhängen, insbesondere
1) die nationalen Ringkämpfer im räumlichen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
2) von der Nominierung in die Nationalmannschaft des Beklagten zu 1) und/oder zu internationalen Ringwettkämpfen, insbesondere Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympischen Spielen, auszuschließen und/oder ihnen mit einem solchen Ausschluss zu drohen oder
3) für solche Veranstaltungen in der Organisationseinheit des Beklagten zu 1) zu sperren, die für die unter aa) genannte Nominierung oder Teilnahme Voraussetzung sind,
wenn die nationalen Ringkämpfer an einer Veranstaltung im Mannschaftsringkampf des Klägers zu 1) ringen;
b) die nationalen Landesringkampfverbände im räumlichen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufzufordern, die von dem Beklagten zu 2) ausgesprochenen Sperren gegen Sportler wegen der Teilnahme an Veranstaltungen des Klägers zu 1) durchzusetzen, insbesondere die Einzel- und Mannschaftsstartberechtigungen folgender Sportler für die Dauer der Sperren zu widerrufen und einzuziehen:
- I… F…
- J… F…
- G… H…
- W… H…
- A… J…
- J… K…
- C… K…
- I… Ö…
- B… R…
2. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monate, zu vollstrecken am Präsidenten des Beklagten zu 2), zu unterlassen, gegenüber nationalen oder internationalen Ringkämpfern in der Organisationseinheit der Beklagten zu 2) Sanktionen wegen einer Entscheidung, an Veranstaltungen im Mannschaftsringkampf des Klägers zu 1) teilzunehmen und/oder mit dem Kläger zu 1) zu kooperieren und/oder für die Kläger zu 2) bis 6) im Mannschaftsringkampf zu starten, direkt oder indirekt anzudrohen und/oder zu verhängen, insbesondere
1) die nationalen und internationalen Ringkämpfer für Veranstaltungen in der Organisationseinheit zu sperren, insbesondere von internationalen Wettkämpfen, wie Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympischen Spielen auszuschließen und/oder mit einem solchen Ausschluss zu drohen, weil die nationalen oder internationalen Ringkämpfer an einer Veranstaltung im Mannschaftsringen des Klägers zu 1) ringen;
2) die nationalen Ringkampfverbände in der Organisationshoheit des Beklagten zu 2) aufzufordern, die von dem Beklagten zu 2) wegen der Teilnahme an Veranstaltungen des Klägers zu 1) ausgesprochenen Sperren gegen Sportler durchzusetzen, insbesondere gegen die bereits gesperrten nachfolgenden Sportler:
- I… F…
- J…. F…
- G… H…
- W… H…
- A… J…
- J… K…
- C… K…
- I… Ö…
- B… R…
3. Der Beklagte zu 1) wird verpflichtet, die Sperren des Bundesrechtsausschusses I. Instanz des Deutschen Ringer-Bundes e.V. gegen nachfolgenden Sportler aufzuheben:
- A… J…
- G… H…
- W… H…
- J… F…
- I… Ö…
- P… D…
- M… N…
- C… K…
- E… W…
4. Der Beklagte zu 2) wird verpflichtet, die Sperren der Disciplinary Chamber der United World Wrestling vom 02.02.2018 gegen nachfolgende Sportler aufzuheben:
- M… N…
- J… F…
- G… H…
- W… H…
- A… J…
- J… K…
- C… K…
- I… Ö…
- B… R…
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6. Die Beklagten haben jeweils von den Kosten der Kläger und den Gerichtskosten 50 % zu tragen. Im Übrigen tragen die Beklagten ihre jeweiligen Kosten selbst.
7. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer 1. und Ziffer 2. jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,00 €, hinsichtlich Ziffer 3. und 4. jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 € und soweit die Kosten betroffen sind (Ziffer 6.) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
13
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
14
Es bestünden Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche nach § 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB in Verbindung mit § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB gegen den Beklagten zu 1). Der Beklagte zu 1) sei als aktiver Verband, der wirtschaftlich tätig sei, ein Unternehmen im Sinne des GWB. Er habe nach dem Ein-Platz-Prinzip eine marktbeherrschende Stellung nach § 18 Abs. 1 GWB. Es liege eine Behinderung vor. Die Sportler würden sich gegen eine Teilnahme an Wettkämpfen des Klägers zu 1) entscheiden, solange die Gefahr von Sanktionen bestehe.
15
Die Behinderung sei auch unbillig. Dies folge aus einer Abwägung, ob legitime Zwecke verfolgt werden nach dem sogenannten „Drei-Stufen-Test“. Der Beklagte zu 1) verfolge mit der Sicherung der Bindung der Sportler an den „DRB-Kosmos“ als Gegenleistung für Ausbildungsmaßnahmen und die Sportorganisation keinen legitimen Zweck. Der Vergleich mit einem „Trainee-Programm“ in der freien Wirtschaft sei nicht überzeugend. Letzteres führt nicht zu einer langjährigen bzw. lebenslangen Bindung. Der Beklagte zu 1) halte auch keine Regelungen vor, die eine etwaige Lösung vom Verband ermögliche. In Wahrheit verfolge der Beklagte zu 1) auch bei der angestrebten Bindung der Sportler an den „DRB-Kosmos“ wirtschaftliche Interessen, die keinen legitimen Zweck darstellten.
16
Die angegebene Sicherung der Sportförderungsstruktur diene tatsächlich der Sicherung der Einnahmen des Beklagten zu 1) und damit ebenfalls wirtschaftlichen Zwecken. Es fehle auch am Vortrag, dass dieses Ziel durch den Ligabetrieb des Klägers zu 1) in Frage gestellt werde.
17
Hinsichtlich der Sicherung des vertikalen Solidaritätsgedankens fehle es am Vortrag, dass dieser durch den Betrieb des Klägers zu 1) gefährdet werde. Es fehle auch an einer Begründung des Beklagten zu 1), inwiefern die Sperren der Solidarität dienten und wie diese durch den Ligabetrieb des Klägers zu 1) beeinträchtigt würden. Im Hinblick auf die Sicherung des Ehrenamtes fehle es am Vortrag, wie diese Sicherung durch den Lehrbetrieb des Klägers zu 1) beeinträchtigt werde.
18
Es fehle überdies an einer hinreichend bestimmten Verbandsregelung als Grundlage der Sperren. Nach dem Beschluss der Europäischen Kommission im Verfahren AT. 40208 vom 08.12.2017 sei im Zusammenhang mit Sperren ein System der Autorisierung für sanktionierende Maßnahmen auf der Grundlage klarer, objektiver, transparenter und diskriminierungsfreier Kriterien erforderlich. Diese Vorgaben erfülle Ziffer 23 des Anhangs 1 der Rechts- und Strafordnung des Beklagten zu 1) nicht.
19
Auch der Beklagte zu 2) sei ein Unternehmen im Sinne des GWB und habe eine marktbeherrschende Stellung aufgrund des Ein-Platz-Prinzips. Er behindere als Anbieter von Ringsportwettbewerben die Kläger zumindest mittelbar unbillig. Im Hinblick auf die genannten Zwecke, die denen vom Beklagten zu 1) angeführten Zwecken entsprächen, werde auf die diesbezüglichen Ausführungen Bezug genommen. Auch die weiter angeführten Zwecke des Anti-Dopings, des Schutzes der Gesundheit und der Sicherheit der Sportler und der Schutz der Organisation bzw. der Regelkonformität des Sportes könnten die Unbilligkeit der Behinderung nicht ausschließen.
20
Der Beklagte zu 2) habe es selbst in der Hand, die Effektivität des Anti-Doping-Systems zu gewährleisten. Im Hinblick auf die weiteren Kriterien der Sicherheit und Gesundheit der Sportler, der Kalenderhoheit des Beklagten zu 2) und der Regeln des Ringersports sei nicht nachvollziehbar dargelegt, weswegen diese Zwecke durch den Ligabetrieb des Klägers zu 1) beeinträchtigt werden. Im Übrigen seien die verhängten und angedrohten Sperren nicht verhältnismäßig.
21
Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit ihrer jeweils auf ihre Verurteilung bezogenen Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen Ziele auf vollumfängliche Klageabweisung weiterverfolgen.
22
Zur Begründung führen die Beklagten aus, dass sie in ihrer Eigenschaft als Anbieter qualifizierter Ringsportwettbewerbe die Kläger weder unmittelbar noch mittelbar unbillig behindern würden. Das Landgericht habe den Sachverhalt fehlerhaft ermittelt. Insbesondere habe das Ausgangsgericht wesentlichen Parteivortrag der Beklagten außer Acht gelassen. So investiere der Beklagte zu 1) fortlaufend einen Großteil seiner Ressourcen für unterschiedlichste Ausbildungszwecke. Auch habe das Erstgericht das Kriterium der Sportförderung übersehen. Der Beklagte zu 1) habe zur Frage der Sicherung der sogenannten vertikalen Solidarität als legitime, Zwecksetzung vorgetragen. Auch in Bezug auf den Beklagten zu 2) habe das Ausgangsgericht wesentlichen Vortrag nicht in die Abwägungsentscheidung einbezogen. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass auch der Beklagte zu 2) wesentliche Aus- und Weiterbildungsleistungen erbringe. Ebenfalls nicht berücksichtigt habe das Erstgericht, dass es im Ligabetrieb des Klägers zu 1) kein effektives Anti-Doping-System gebe. Ferner sei der Aspekt der Kalenderhoheit übersehen worden.
23
Das Erstgericht habe zudem im letzten Absatz der Zusammenfassung des Tatbestands mit den Ausführungen „… Die Kläger sind der Auffassung, dass das Verhalten der Beklagten ein missbräuchliches Ausnutzen ihrer marktbeherrschenden Stellung darstellt, da den Klägern Verpflichtungen auferlegt würden, die für die Verfolgung legitimer Zwecke entbehrlich seien …“ Feststellungen getroffen und offenkundig bewertet, welche ausweislich der Anträge und aller schriftsätzlichen Einlassungen nicht verwertbar in das Verfahren eingeführt worden seien. Die Kläger würden ausdrücklich und lediglich geltend machen, dass sie die auferlegten Sanktionen wegen der Teilnahme an Veranstaltungen des Klägers zu 1) als einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch die Beklagten verstünden.
24
Auch habe das Erstgericht das Recht falsch angewandt. Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, ein Sportverband dürfe bei der Aufstellung von Regeln für Drittveranstaltungen per se keine wirtschaftlichen Eigeninteressen verfolgen. Dies ergebe sich auch nicht aus dem Beschluss der Europäischen Kommission vom 08.12.2017. Im Hinblick auf Ziffer 23 des Anhangs 1 der Rechts- und Strafordnung (RuSo) spiele eine mutmaßliche Unbestimmtheit der Merkmale des Sanktionstatbestandes keine entscheidende Rolle, da es in den streitgegenständlichen Sanktionsfällen an der „vorherigen Zustimmung bzw. Anerkennung des DRB“ fehle. Ferner habe sich das Landgericht nicht mit den „Guidelines“ des Beklagten zu 2) befasst.
25
Mit Schriftsatz vom 01.12.2020 trugen die Beklagten erstmals vor, dass die (inter-)nationalen Sportfachverbände mittels umfassender Regelvorgaben und Lizenzanforderungen (u.a. Prüfung und Überwachung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Teilnehmer eines Ligawettbewerbs) Jahr für Jahr einen enormen Aufwand dafür betreiben würden, die vollständige Absolvierung aller Wettkämpfe im Ligabetrieb einer Saison sicherzustellen. Nur so könne integrer, fairer und vergleichbarer sportlicher Wettkampf gewährleistet bleiben. Bzgl. der Saison 2019/2020 der DRL sei es jedoch so gewesen, dass der KAV E… aus finanziellen Gründen auf das Halbfinale gegen den KSV I… verzichtet habe und dadurch der KSV I… kampflos ins Finale eingezogen sei. Zudem legten die Beklagten erstmals Richtlinien des Beklagten zu 1) für die Anerkennung von Drittveranstaltungen (Anerkennungsrichtlinien) vom Oktober 2019 (Anlage BK 3), neu angepasste „Guidelines for the recognition for Third-Party Events“ des Beklagten zu 2) vom September 2019 (Anlage Bk4), sowie eine neu angepasste Rechts- und Strafordnung (RuSO) des Beklagen zu 1) vor (Anlage BK 2). Das Erstgericht habe die Sperren aufgrund erst später erlassener Regelung in § 5 Abs. 2 RuSO i.V.m. Anhang 1 Ziffer 23 bewertet, dann sei es zwingend auch zulässig, die seit Oktober 2019 bestehende Fassung der Ziffer 23 des Anhangs 1 zu § 5 Abs. 2 RuSO zu bewerten. Ob eine Veranstaltung anerkannt sei, und wie man unter welchen Voraussetzungen eine Anerkennung erlangen könne, würden sodann objektiv, transparent und diskriminierungsfrei die Anerkennungsrichtlinien beschreiben. Gleiches gelte für die „Guidelines for the recognition of Third-Party Events“ in ihrer Fassung vom September 2019. Selbst wenn das Ersturteil nach Auffassung des Senats dem Grunde nach aufrechtzuerhalten wäre, müsse zwingend Berücksichtigung finden, dass die Installation eines Systems aus Richtlinien zur Festlegung von objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien bzw. Anforderungen auf dem Weg der Anerkennung einer Drittveranstaltung das Mittel einer kartellrechtskonformen Umsetzung potentiell beschränkender Maßnahmen sei. Den Klägern werde die Möglichkeit eröffnet, sich in zumutbarer Weise als Veranstalter anerkennen zu lassen, so dass es treuwidrig wäre, dies nicht zu tun und gleichzeitig unbillige Behinderung zu proklamieren. Abschließend stellten die Beklagten in Abrede, dass der Kläger zu 1) überhaupt noch an der Veranstaltungen der DRL festhalte und damit rechtsschutzbedürftig sei, gleiches gelte in Bezug auf die Teilnahme der Kläger zu 2)-6).
26
Mit Schriftsatz vom 18.12.2020 wiesen die Beklagten auf die Entscheidung des EuG (Vierte Kammer), Urteil vom 16.12.2020 - T-93/18 (International Skating Union ./. Kommission - „ISU“) hin.
27
Die Beklagten beantragten in der Berufungsinstanz:
Das am 28.02.2019 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth, Aktenzeichen 19 O 1079/18, wird auf die Berufung der Berufungskläger abgeändert und die Klage abgewiesen.
28
Die Kläger beantragten in der Berufungsinstanz:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
29
Die Kläger verteidigen das erstinstanzliche Urteil.
30
Der Senat hat keinen Beweis erhoben. Mit Beschluss vom 09.11.2020 hat der Senat mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet und einen Schließungstermin auf den 01.12.2020 festgesetzt.
II.
31
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
32
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung gegen die Beklagten nach § 33 Abs. 1, Absatz 3 GWB i.V.m. § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB zuerkannt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die entsprechenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen.
33
Die von den Beklagten erhobenen Rügen der unzureichenden Sachverhaltsermittlung und der fehlerhaften Rechtsanwendung greifen nicht.
34
1. Die Rüge einer fehlerhaften Sachverhaltsermittlung und eines Verstoßes gegen die Vorschrift des § 286 ZPO hat keinen Erfolg.
35
Entscheidungserhebliche Fehler des Erstgericht sind nicht gegeben.
36
1.1 Der Beklagte zu 1) beanstandet konkret, sein Vortrag in der Duplik vom 12.12.2018 zu den Leistungen im Rahmen der Nachwuchsförderung und -ausbildung, der Sportförderung sowie der Sicherung der sogenannten vertikalen Solidarität sei im Ersturteil nicht berücksichtigt worden.
37
1.1.1 Das Erstgericht hat seine Entscheidung nicht aufgrund einer unvollständigen Tatsachengrundlage getroffen. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichts bestehen nicht.
38
Anhaltspunkte für eine unvollständige Tatsachenfeststellung liegen beispielsweise dann vor, wenn das Erstgericht entscheidungserhebliches Vorbringen nicht oder nur unvollständig berücksichtigt hat (BGH NJW 2007, 2414; BeckOK ZPO/Wulf, 38. Ed. 1.9.2020, ZPO § 529 Rn. 9).
39
Nach diesen Maßstäben liegt kein Fehler in der Gesamtabwägung durch das Erstgericht vor, der zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.
40
Zu den behaupteten Leistungen im Rahmen der Nachwuchsförderung und -ausbildung hat der Beklagte zu 1) in der Duplik vom 12.12.2018 vorgetragen wie folgt:
„Von Herrn M. S. sei im November 2015 die nach den Statuten des Beklagten zu 1) erforderliche jährliche Bestandsmeldung für den ASV N… e.V. abgegeben worden. Bestimmte Athleten seien seit ca. 2009 zu DRB Maßnahmen (Freistil) und andere in 2016 zu etlichen DRB-Maßnahmen (Griechisch - Römisch) eingeladen worden. Ein Heimtrainer eines Athleten sei Empfänger der verbandsbezogenen Förderprämie BMI gewesen und mit diesem habe u.a. zwischen 2002-2010 ein Honorarvertrag zur Tätigkeit am Bundesstützpunkt Sch… bestanden. Der DRB-Strukturplan 2017 bis 2020 sei zur existenziellen Sicherung der Förderung durch Bundes- oder Landesmittel durch Einladungen zu Sichtungsturnieren, Lehrgangs- und WK-Maßnahmen eingehalten. Sämtliche deutsche Leistungserbringer durchliefen ausnahmslos die Förderstrukturen des Beklagten zu 1) und seiner Landesfachverbände sowie die gezielten Ausbildungsinhalte. Der Beklagte zu 1) erarbeite nicht zuletzt in Bezug auf Kadermaßnahmen die Ausbildungs- und Leistungskonzeption und gebe diese - insoweit z.B. über die Bundesstützpunkte in den Ländern - nach unten weiter. Der Beklagte zu 1) sei der Ausbildungsträger, der das Leistungspersonal (Bundestrainer und Co-Trainer) stelle und die Athleten systematisch und ganzheitlich ausbilde.“
41
Zutreffend ist zwar, dass das Erstgericht auf den oben dargestellten Vortrag in seinem Urteil nicht ausdrücklich eingegangen ist. Abgesehen davon, dass dieser Vortrag im Hinblick auf die behaupteten Leistungen des Beklagten zu 1) in weiten Teilen unsubstantiiert und jedenfalls wenig konkret geblieben ist, liegt aber ein entscheidungserheblicher Fehler des Erstgericht insoweit nicht vor.
42
Denn es hat sich inhaltlich mit dem Argument des Beklagten zu 1) auseinandergesetzt, die Sicherung der Bindung der Ringsportler an den DRB-Kosmos sei ein legitimer Zweck für die Sperren und als Gegenleistung für Ausbildungsmaßnahmen notwendig.
43
Soweit es hierin vornehmlich eigene wirtschaftliche Interessen der Beklagten gesehen hat, die als solche keine legitimen Zwecke darstellen könnten, steht diese Auffassung zwar nicht in Einklang mit der neuesten EuGH-Rechtsprechung. In seinem Urteil vom 16.12.2020 - T-93/18 hat das EuG (Vierte Kammer) mittlerweile ausdrücklich ausgeführt, dass die Tatsache, dass ein Sportverband seine eigenen wirtschaftlichen Interessen zu schützen sucht, nicht an sich wettbewerbsbeschränkend bzw. kartellrechtswidrig ist (vgl. EuG a.a.O. Rn. 109).
44
Allerdings beruht das erstinstanzliche Urteil nicht auf diesem Fehler, da selbst wenn die vom Beklagten zu 1) angeführte Bindung der Ringsportler als Gegenleistung für Ausbildungsmaßnahmen und Sportorganisation an den DRB-Kosmos einen legitimen Zweck im Rahmen der Gesamtwürdigung und Abwägung aller beteiligten Interessen darstellte, die Verhängung von Sanktionen wie geschehen dennoch unverhältnismäßig wäre (s.u. Ziffer II. 3.).
45
Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob es dem Beklagten zu 1) in der Duplik gelungen sein sollte, die für eine Sicherung der Bindung der Sportler an den DRB-Kosmos erbrachten Leistungen, insbesondere im Rahmen der Nachwuchsförderung und Ausbildung, nachvollziehbar darzustellen.
46
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagten in der Berufungsbegründung sowie im Schriftsatz vom 01.12.2020. Erneut umschreibt der Beklagte zu 1) in allgemeiner Form seine behaupteten Anstrengungen im Bereich der Ausbildung und Nachwuchsgewinnung. Entscheidend ist auch insoweit, wie weiter unten unter Ziffer II. 3. näher ausgeführt wird, dass selbst wenn die nach dem Prinzip eines Austauschverhältnisses zu erzielende Bindung der Sportler an den DRB-Kosmos als legitime Zielsetzung zu berücksichtigen wäre, die Verhängung von Sanktionen, wie geschehen, dennoch im Rahmen der Gesamtwürdigung unverhältnismäßig ist. Insofern ist nicht ersichtlich, inwieweit die von dem Beklagten zu 1) behauptete unzureichende Berücksichtigung erstinstanzlichen Sachvortrags zu einer anderen für den Beklagten zu 1) günstigen Entscheidung hätte führen können.
47
1.1.2 Entsprechendes gilt für die weitere Rüge, das Ausgangsgericht habe Vortrag des Beklagten zu 1) zur Sportförderung übersehen. Insoweit vermag der Senat ebenfalls einen entscheidungserheblichen Abwägungsfehler des Ausgangsgerichts nicht zu erkennen.
48
Zwar hat das Landgericht auch insoweit nicht den Standpunkt des EuG eingenommen, dass im Hinblick auf die Sportförderung des Beklagten zu 1) hiermit ebenfalls verfolgte wirtschaftliche Eigeninteressen nicht per se kartellrechtswidrig sind.
49
Soweit der Beklagte zu 1) in erster Instanz sowie erneut in der Berufungsinstanz darauf abstellt, bei Wegfall von für die Wertung wichtiger deutscher Nachwuchsleistungserbringer in der Organisationshoheit des Beklagten zu 1) würde es zu einem Kollaps des Sportförderungssystems kommen, überzeugt dies allerdings nicht.
50
Zwar trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Unbilligkeit der Behinderung im Sinne des § 19 GWB derjenige, der daraus Ansprüche für sich herleiten will, hier mithin die Kläger. Steht allerdings die darlegungs- und beweispflichtige Partei außerhalb des Geschehensablaufs und verfügt über keine Kenntnis der maßgeblichen Umstände, so kommt eine Darlegungslast der anderen Seite in Betracht, wenn diese die maßgeblichen Umstände kennt oder unschwer in Erfahrung bringen kann und es ihr zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. LMRK/Loewenheim GWB § 19 Rn. 30). Nach diesen Maßstäben obliegt dem Beklagten zu 1) vorliegend eine sekundäre Darlegungslast, da es sich bei dem, dem Beklagten zu 1) zugute kommenden Sportfördersystem um einen in seinen Zuständigkeits- und Berechtigungsbereich fallenden Geschehensablauf handelt, in den die Kläger als Außenstehende keinen direkten Einblick haben.
51
Es wird insoweit von dem Beklagten zu 1) jedoch nicht nachvollziehbar dargelegt, inwieweit ein lediglich alternativer Ligabetrieb zu einem Wegfall von für die Wertung wichtigen deutschen (Nachwuchs-)Leistungsringern führt. Für den vom Beklagten zu 1) behaupteten Zusammenbruch des Sportförderungssystems bei Zulassung alternativer Ligabetriebe ergeben sich auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Beklagten zu 1) in der Berufungsinstanz keinerlei Anhaltspunkte. Inwieweit die Zielsetzung einer Sportförderung durch den Ligabetrieb des Klägers zu 1) in Frage gestellt werden könnte, legt der Beklagte zu 1) nicht dar. Entsprechendes gilt für die Frage, in welcher Weise das System der Sportförderung, welches sich an förderungsrelevanten Umständen orientiert, durch einen weiteren Ligabetrieb beeinflusst werden könnte.
52
Wollte der Beklagte zu 1) geltend machen, dass er selbst im Hinblick auf die Sportförderung Nachteile durch einen konkurrierenden Ligabetrieb erleiden könnte, beträfe dies sein wirtschaftliches Eigeninteresse. Eine hierauf gestützte Verhängung von Sanktionen, wie geschehen, wäre allerdings unverhältnismäßig (s. unten Ziffer II. 3.).
53
1.1.3 Auf den Gesichtspunkt der vertikalen Solidarität als legitime Zwecksetzung ist das Erstgericht in seinem Urteil eingegangen. Dabei hat es zu Recht ausgeführt, dass der Beklagte zu 1) weder nachvollziehbar dargelegt hat, inwieweit dieser legitime Zweck durch den Ligabetrieb des Klägers zu 1) beeinträchtigt noch wie er durch die Einschränkungen der Entfaltungsmöglichkeiten der Sportler gefördert werden könnte. Insofern hat das Erstgericht nicht etwa entscheidungserheblichen Parteivortrag unberücksichtigt gelassen, sondern diesen abweichend von der Auffassung des Beklagten zu 1) und auch aus Sicht des Senats zutreffend bewertet.
54
1.2 Der Beklagte zu 2) rügt in der Berufung ohne Erfolg, das Erstgericht habe auch ihn betreffend entscheidungserheblichen Parteivortrag unberücksichtigt gelassen. Dies beträfe Vortrag zu Aus- und Weiterbildungsleistungen, zum Anti-Dopingssystem und zur Kalenderhoheit.
55
1.2.1 Soweit der Beklagte zu 2) vorbringt, das Landgericht habe wesentliche Leistungen zur Sicherung und Unterstützung der Sportförderungs- und Ausbildungsstruktur der nationalen Mitgliedsverbände sowie des Solidaritätsprinzips, vor allem für Schieds- und Kampfrichter, nicht berücksichtigt, ergeben sich keine Unterschiede zu der Beurteilung der vom Beklagten zu 1) entsprechend geltend gemachten Zielsetzungen. Auch insoweit ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die von ihm ausgesprochenen Sperren für diese Zielsetzungen verhältnismäßig sind. Auf die Ausführungen unter Ziffer II 1.1 und unter Ziffer II. 3. wird Bezug genommen.
56
1.2.2 Unbegründet ist die Rüge des Beklagten zu 2), das Erstgericht habe nicht berücksichtigt, dass es im Ligabetrieb des Klägers zu 1) nach Aktenlage kein effektives Anti-Doping-System gebe.
57
Das Erstgericht hat diesen Vortrag durchaus berücksichtigt, ist jedoch zu der Auffassung gelangt, dass die von dem Beklagten zu 2) ausgesprochenen Sperren keine zum Erreichen des Zwecks des Schutzes der Gesundheit und der Sicherheit der Sportler und des Schutzes der Organisation bzw. Regelkonformität des Sportes notwendigen Maßnahmen darstellen.
58
Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Zwar führen die Kläger im Rahmen des Ligabetriebs selbst keine Dopingkontrollen durch. Das Erstgericht hat jedoch zu Recht ausgeführt, dass der Beklagte zu 2) es selbst in der Hand hat, die Effektivität des Anti-Doping-Systems zu gewährleisten. Insbesondere kann der Beklagte zu 2) Sportler, die auch an den von ihm ausgerichteten Wettkämpfen teilnehmen wollen, einem Anti-Doping-System unterwerfen und für den Fall von Verstößen im Einzelnen geregelte und verhältnismäßige Sanktionen verhängen. Der Beklagte zu 2) hat auch in der Berufung die Gefahr unkontrollierten Dopings bei Aufrechterhaltung des Ligabetriebs der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt. Der Ligabetrieb des Klägers findet von September bis Februar des darauffolgenden Jahres einmal in der Woche für einen einzigen Kampf des jeweiligen Athleten statt. Innerhalb und außerhalb des Ligabetriebs trainieren die Athleten bei dem eigenen Heimatverein bzw. den jeweiligen nationalen Verbänden. Nach den unbestritten gebliebenen Angaben des Klägers zu 1) finden auch in den nationalen Verbänden und in den Heimatvereinen der Sportler Dopingkontrollen statt. Überdies treten in den Wettkämpfen des Klägers zu 1) nahezu nur Athleten an, die an internationalen Wettkämpfen teilnehmen und bereits deshalb der Dopingkontrolle des Beklagten zu 2) unterworfen sind.
59
Im übrigen ist die Verhängung von Sperren durch den Beklagten zu 2), wie geschehen am 02.02.2018, aber auch unverhältnismäßig (s. unten Ziffer II. 3.), so dass die Berufung auch insoweit letztlich keinen Erfolg haben kann.
60
1.2.3. In Hinblick auf die Kalenderhoheit hat der Beklagte zu 2) eine Gefahr von Beeinträchtigungen durch den Ligabetrieb des Klägers zu 1) nicht nachvollziehbar dargelegt. Allein eine abstrakte und rein theoretische Gefahr von terminlichen Überschneidungen vermag eine legitime Zielsetzung nicht zu begründen. Der Beklagte zu 2) hat selbst in der Berufungsbegründung vorgetragen, dass es bislang zu keinen relevanten Kalenderkollisionen gekommen ist.
61
1.3 Ebenfalls erfolglos rügt die Berufung, das Erstgericht habe im letzten Absatz der Zusammenfassung des Tatbestands mit den Ausführungen „… Die Kläger sind der Auffassung, dass das Verhalten der Beklagten ein missbräuchliches Ausnutzen ihrer marktbeherrschenden Stellung darstellt, da den Klägern Verpflichtungen auferlegt würden, die für die Verfolgung legitimer Zwecke entbehrlich seien …“ Feststellungen getroffen und offenkundig bewertet, welche ausweislich der Anträge und aller schriftsätzlichen Einlassungen nicht verwertbar in das Verfahren eingeführt worden seien.
62
Es handelt sich hierbei um eine zulässige Zusammenfassung der Rechtsauffassung der Kläger, wie sie u.a. auf Seite 10 der Klageschrift dargestellt ist. So führen die Kläger hier aus, dass die Sanktionen gegen die Sportler ein missbräuchliches Ausnutzen einer marktbeherrschenden Stellung der Beklagten darstellen würden. Des Weiteren führen die Kläger unter Bezugnahme auf die einschlägigen Entscheidungen des EuGH und der Europäischen Kommission (s.u. II. 2.) aus, dass ein Verstoß gegen § 19 GWB dann anzunehmen sei, wenn den Parteien Verpflichtungen auferlegt würden, die für die Verfolgung legitimer sportlicher Ziele entbehrlich seien. Sodann kommen die Kläger zu der Schlussfolgerung, dass ein Anspruch auf Unterlassung nach den Anträgen I. und II. bestehe.
63
Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob, wie die Beklagten meinen, die Rechtsauffassung fälschlich wiedergegeben wurde. Nach Ansicht der Beklagten würden die Kläger ausdrücklich und lediglich geltend machen, dass sie die auferlegten Sanktionen wegen der Teilnahme an Veranstaltungen des Klägers zu 1) als den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch die Beklagten verstünden. Auch in diesem Fall wären die Voraussetzungen des § 19 GWB - und in diesem Zusammenhang die Unbilligkeit der Behinderung und mithin etwaige legitime Zwecke - zu prüfen gewesen, so dass eine Entscheidungserheblichkeit des behaupteten erstinstanzlichen Fehlers nicht gegeben ist.
64
2. Das erstinstanzliche Urteil weist keine Rechtsfehler auf, auf denen das Urteil beruht.
65
Zwar hat das EuG (Vierte Kammer) in seinem Urteil vom 16.12.2020 (Az.: T-93/18) entgegen der Auffassung des Landgerichts mittlerweile ausdrücklich ausgeführt, dass die Tatsache, dass ein Sportverband seine eigenen wirtschaftlichen Interessen zu schützen sucht, nicht an sich wettbewerbsbeschränkend bzw. kartellrechtswidrig ist (vgl. EuG a.a.O. Rn. 109).
66
Dies steht der Annahme einer unbilligen Behinderung durch die streitgegenständlichen Sanktionen aber nicht entgegen, da diese weder auf rechtlich wirksamen Genehmigungsvorschriften bzw. Teilnahmebedingungen beruhten noch zur Verfolgung legitimer Zielsetzungen erforderlich und damit unverhältnismäßig waren.
67
Die Vierte Kammer des EuG hat in ihrer Entscheidung u.a. auch auf die Entscheidung des EuGH „Meca-Medina“ (Urteil vom 18.07.2006 - C-519/04 -, EuZW 2006, 593, beck-online) Bezug genommen. Diese Entscheidung trägt den Besonderheiten des Sports bei der Frage der Anwendbarkeit des europäischen Kartellrechts auf den Sport Rechnung und gibt insoweit einen Drei - Stufen - Test vor.
68
Im Einzelnen führt der EuGH unter Randnr. 42 wie folgt aus:
„Nicht jede Vereinbarung zwischen Unternehmen oder jeder Beschluss einer Unternehmensvereinigung, durch die die Handlungsfreiheit der Parteien oder einer der Parteien beschränkt wird, fällt zwangsläufig unter das Verbot des Art. 81 I EG. Bei der Anwendung dieser Vorschrift im Einzelfall sind nämlich der Gesamtzusammenhang, in dem der fragliche Beschluss zu Stande gekommen ist oder seine Wirkungen entfaltet, und insbesondere seine Zielsetzung zu würdigen. Weiter ist dann zu prüfen, ob die mit dem Beschluss verbundenen wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen notwendig mit der Verfolgung der genannten Ziele zusammenhängen und ob sie im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig sind“.
69
In der ersten Stufe ist demnach zu prüfen, ob die zu untersuchende Maßnahme eine oder mehrere legitime Zielsetzungen verfolgt. Auf den weiteren Stufen stellen sich die Fragen, ob eine untrennbare Verbindung zwischen den legitimen Zielsetzungen und der Wettbewerbsbeschränkung besteht und zuletzt ob diese im Hinblick auf die Zielsetzungen verhältnismäßig sind.
70
Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, wonach eine Maßnahme, mit der die durch den Vertrag garantierten grundlegenden Freiheiten eingeschränkt werden, nur gerechtfertigt sein kann, wenn mit ihr ein legitimes Ziel verfolgt wird, das mit dem EG-Vertrag vereinbar ist, und wenn sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet. Dafür muss eine solche Maßnahme geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Zieles zu gewährleisten, und sie darf nicht über das hinaus gehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (EuGH, Urteil vom 16.02.2006, C-137/04, Celex-Nr. 62004CJ0137, auch Urteile vom 31. März 1993 in der Rechtssache C-19/92, Kraus, Slg. 1993, I-1663, Randnr. 32, und vom 26. November 2002 in der Rechtssache C-100/01, Oteiza Olazabal, Slg. 2002, I-10981, Randnr. 43).
71
2.1. Die erstinstanzliche Entscheidung hat in europarechtskonformer Auslegung des § 19 GWB die Vorgaben des Drei-Stufen-Tests der Entscheidung Meca Medina umgesetzt. Zwar wurde dabei in Bezug auf die jeweils geltend gemachten und untersuchten Zielsetzungen nicht berücksichtigt, dass die Tatsache, dass ein Sportverband seine eigenen wirtschaftlichen Interessen zu schützen sucht, nicht per se wettbewerbsbeschränkend bzw. kartellrechtswidrig ist. Dies kann der Berufung jedoch letztlich nicht zum Erfolg verhelfen.
72
2.2. Die Beklagten wiederholen in der Berufung ihren erstinstanzlichen Vortrag, wonach sie einen Großteil ihrer Ressourcen für unterschiedlichste Ausbildungszwecke verwenden. Nach dem Vortrag der Beklagten profitierten von diesen Leistungen nicht nur die Sportler, sondern auch die Kläger zu 2) bis 6), die die Sportler in ihren Vereins- und Wettkampfbetrieb einbinden. Die Sanktionen dienten der Verhinderung einer ungerechtfertigten Ausbeutung ihrer Leistungen. Die Beklagten stellen darauf ab, dass ihre Leistungen im Rahmen der Ausbildung, des Trainings, der Bereitstellung der Infrastruktur, ehrenamtlichen Engagements, öffentlicher Gelder und der Erstellung von Regeln und ihrer Durchsetzung nicht ohne Gegenleistung erbracht werden könnten. Sollten die Beklagten damit insoweit auch legitime wirtschaftliche Interessen verfolgen, welche vom Erstgericht nicht berücksichtigt wurden, läge eine unbillige Behinderung der Kläger vor, da die Verhängung von Sanktionen dann im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung auf der letzten Stufe scheitern würde, weil sie unverhältnismäßig sind (s. unten Ziffer II.3.).
73
Entsprechendes gilt für die in den Raum gestellte Sicherung der Sportförderstruktur, die nach dem eigenen Vortrag der Beklagten darauf abzielt, die für sie relevante Einnahmequelle, der Sportförderung zu erhalten. Die Verhängung von Sanktionen zur Sicherung der Sportförderstruktur ist ebenfalls unverhältnismäßig (s. unten Ziffer II. 3.).
74
2.3. Soweit die Beklagten zur Rechtfertigung der Sperren die Sicherung des vertikalen Solidaritätsgedankens, die Sicherung der Sportförderungsstruktur, die Sicherung des „Ein-Platz-Prinzips“ oder die Sicherung des Anti-Dopings benennen, hat das Landgericht zu Recht erkannt, dass diese Interessen durch den konkurrierenden Ligabetrieb der Klägerin zu 1) nicht berührt werden und damit keine Notwendigkeit von Wettbewerbsbeschränkungen besteht. Damit erfüllen die im Streit stehenden Wettbewerbsbeschränkungen in Form der Sperren bzw. Androhung von Sperren nicht die Voraussetzungen der zweiten Stufe der durchzuführenden Prüfung. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts.
75
3. Im Ergebnis zu Recht führt das Landgericht weiter aus, dass die bereits verhängten und angedrohten Sperren durch den Beklagten zu 1) auch deshalb eine unbillige Behinderung der Kläger im Sinne des § 19 GWB darstellen, weil sie nicht auf hinreichend bestimmten Verbandsregelungen beruhen und damit auch nicht die dritte Stufe des Drei-Stufen-Tests - nämlich eine verhältnismäßige Ausgestaltung des Sanktionsverfahrens - bestehen würde.
76
Vorliegend ist eine in materieller Hinsicht wirksame Sanktionsregelung nicht gegeben.
77
Die verhängten Sperren der Sportler erfolgten wegen der Teilnahme an der Deutschen Ringerliga als von den Beklagten zu 1) und 2) nicht anerkannter bzw. genehmigter Drittveranstaltung (Anlage K 1, K 2, K 4).
78
Rechtlich wirksame Genehmigungsvoraussetzungen als Grundlage der verhängten Sanktionen sowie Verbandsregeln, die die Bedingungen und Details eines Genehmigungsverfahrens bestimmen, fehlten zum Zeitpunkt der Verhängung der Sperren offensichtlich gänzlich. Entsprechendes gilt für Teilnahmebestimmungen für die an den Verband gebundenen Sportler, die an den von der Klägerin zu 1) organisierten Wettkämpfen teilnehmen wollen.
79
Selbst der nach Erlass der verhängten Sperren durch den Beklagten zu 1) erlassenen Rechts- und Strafordnung (RuSO Stand 2018, Anlage B 1) ist insoweit eine entsprechende Regelung nicht zu entnehmen. Anhang 1 zu § 5 (2) RuSO enthält unter Ziffer 23 lediglich die Tatbestandsvoraussetzungen für die Verhängung von Sperren oder Geldstrafen für die Teilnahme an Einzel- oder Mannschaftskämpfen oder sonstigen organisierten ringkampfsportlichen Veranstaltungen, die nicht die vorherige Zustimmung bzw. Anerkennung des DRB erhalten haben, durch den Ringerweltverband oder DRB gesperrt bzw. ausgeschlossen sind oder keinem vom Internationalen Olympischen Komitee anerkannten Dachverband angehören bzw. mit einem allgemeinen Startverbot belegt wurden.
80
Es finden sich jedoch keine Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Erteilung der in der Sanktionsregelung genannten „vorherigen Zustimmung“ oder „Anerkennung“. Die im Laufe des vorliegenden Verfahrens von den Beklagten vorgebrachten legitimen Zielsetzungen sind nicht etwa Bestandteil eines Genehmigungsverfahrens. Ob der Beklagte zu 1) entsprechende Zustimmungen erteilt oder nicht, scheint vielmehr seiner freien, nicht nachprüfbaren Entscheidung zu unterliegen. Insofern ist eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit schon unter diesem Aspekt nicht möglich.
81
3.1. Als Grundvoraussetzung für eine rechtmäßige Sanktion gegen einen Sportler sind das Vorliegen rechtlich zulässiger Genehmigungsbestimmungen, daran gebundener Teilnahmebestimmungen und zuletzt transparente und diskriminierungsfreie Sanktionsregelungen zu sehen (Heerrmann, WuW 2018, S. 550, 554).
82
Das Erfordernis klarer, objektiver, transparenter und nicht diskriminierender Genehmigungsvoraussetzungen, hat die Europäische Kommission im Verfahren AT 40208 im Beschluss vom 08.12.2017 zum Ausdruck gebracht. Auch die Beklagten selbst nehmen in der Berufungsbegründung auf die Forderung der Kommission Bezug, wonach von der im dortigen Verfahren betroffenen International Skating Union (ISU) gefordert wurde, ein die betroffenen Interessen verhältnismäßig aufgreifendes und taugliches Regelwerk aufzustellen. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts in dem angegriffenen Urteil zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
83
Auch das EuG (Vierte Kammer) bestätigt in seinem Urteil vom 16.12.2020 (Az.: T-93/19 - „ISU“, Randnr. 86-89, 118-119) das Erfordernis von klaren, objektiven, transparenten, nicht diskriminierenden und überprüfbaren Genehmigungsvoraussetzungen
84
3.2. Dass eine Regelung, unter welchen Voraussetzungen eine solche Zustimmung bzw. Anerkennung zu erteilen wäre, zum Zeitpunkt der Verhängung der erteilten Sperren durch die Beklagten zu 1) und 2) überhaupt existiert hat, ist weder vorgetragen noch sonst für den Senat ersichtlich. Die Sperren wurden offensichtlich allein deshalb verhängt, weil die Sportler an der von den Beklagten nicht anerkannten bzw. genehmigten Ringerliga des Klägers zu 1) teilgenommen hatten (s. Anlage K 1, K 2, K 4).
85
Bereits aufgrund des Fehlens einer entsprechenden Zustimmungsregelung lag eine unbillige, weil nicht verhältnismäßige, Behinderung der Kläger vor. Denn den an den Beklagten zu 1) gebundenen Sportlern, die an Wettkämpfen der Kläger teilnehmen wollten, sowie den Klägern stand von vornherein kein in den Statuten der Beklagten normiertes Genehmigungsverfahren zur Verfügung. Es wurde in keiner Weise deutlich gemacht, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Verfahren die Beklagten eine solche Zustimmung erteilen würden.
86
3.3 Die streitgegenständlichen Sperren des Beklagten zu 1) wurden im Jahr 2017 verhängt. Die Rechts- und Strafordnung (RuSO) des Beklagten zu 1) ist erst danach erlassen worden. Sie stellt bereits aus diesem Grund für die vor ihrer Publikation ausgesprochenen Sperren keine geeignete Sanktionsgrundlage dar.
87
Überdies würde - worauf das Landgericht in zutreffender Weise hingewiesen hat - die RuSO in ihrer Ziffer 23 des Anhangs 1 - die mittlerweile zudem durch den Beklagten zu 1) erneut abgeändert wurde, s.u. Ziffer II. 4.4 - aber auch nicht das Erfordernis wirksamer Genehmigungs- und daran gebundener Teilnahmebestimmungen erfüllen. Denn entsprechende Regelungen über die verhältnismäßige Ausgestaltung solcher Bestimmungen, die ihrerseits Grundlage einer Sanktion wären, liegen nicht vor. In diesen Statuten des Beklagten zu 1) finden sich weder Genehmigungsbestimmungen noch Teilnahmebestimmungen für die an den Verband gebundenen Sportler, die an konkurrierenden Wettkampfveranstaltungen teilnehmen wollen. Die genannte Strafklausel setzt zwar voraus, dass der jeweilige Sportler nicht die vorherige Zustimmung des DRB erhalten hat. Eine Regelung dahingehend, unter welchen Voraussetzungen eine solche Zustimmung zu erteilen wäre, fehlt aber. Derartige Zustimmungsvoraussetzungen sind auch nach dem sprachlichen und systematischen Zusammenhang der Sanktionsregelung nicht die dort angeführten Kriterien des Interesses „an einheitlichen und fairen Wettkampfregeln und sonstigen Bedingungen zum Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Sportler“ oder „das komplexe System der nationalen Nachwuchs- und Spitzensportförderung“ sowie weitere genannte Ziele, die für die Verhängung einer Sanktion existenziell gefährdet sein müssen. Letztere stellen weitere Tatbestandsvoraussetzungen für die Verhängung einer Sanktion nach dieser Strafregelung dar. Unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Genehmigungskriterien die „vorherige Zustimmung“ zu erteilen wäre, ergibt es sich indes aus dieser Rechts- und Strafordnung des Beklagten zu 1) nicht.
88
Zudem fehlen der Bestimmung in Ziffer 23 des Anhangs 1 der Straf- und Rechtsordnung des Beklagten zu 1) hinreichend transparente und diskriminierungsfreie Sanktionsregelungen. Zu Recht verweist das Erstgericht auf die fehlende Bestimmtheit der Begriffe der „Gefährdung der Zweck- und Zielsetzung“ des Beklagten zu 1). Ebenso wenig lässt sich aus Sicht des Sportlers der Strafklausel entnehmen, wann das „durch den DRB an höheren verbands- und sportpolitischen Vorgaben […] ausgerichtete komplexe System der nationalen Nachwuchs- und Spitzensportförderung und -ausbildung wegen drohender Sanktionen oder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwartender Ausfälle für die Sportförderung bereits budgetierter Fördermittel existenziell gefährdet ist“. Für den betroffenen Sportler ist nicht voraussehbar, wann eine solche existentielle Gefährdung eintreten könnte, zumal diese Einschätzung Kenntnisse über „bereits budgetierte Fördermittel“ und zudem das Ausmaß drohender Ausfälle der Sportförderung voraussetzen würde. Die Klausel ist nicht transparent und eröffnet durch die Verwendung nicht näher bestimmter Begriffe und der Festlegung kaum nachprüfbarer Tatbestandsvoraussetzungen dem Beklagten zu 1) die Möglichkeit, schon bei Vorliegen rein abstrakter Gefährdungen von einer Verwirkung der Strafe auszugehen. Eine nachvollziehbare Regelung, die dem Sportler eindeutig aufzeigt, wann und unter welchen Voraussetzungen er an konkurrierenden Wettkämpfen außerhalb des Ligabetriebs des Beklagten zu 1) teilnehmen darf und wann nicht, enthält die Klausel nicht.
89
Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 1) in der Berufungsbegründung ist dieser Umstand auch nicht deshalb ohne Bedeutung, weil im Fall der Kläger weder eine Anerkennung ihrer Wettkampfveranstaltungen durch den Beklagten zu 1) ausgesprochen noch vorherige Zustimmungen gegenüber den Sportlern erteilt worden sind. Auf letzteres kann sich der Beklagte zu 1) nicht berufen, wenn er schon gar kein entsprechendes Verfahren vorgehalten hat. Die Anerkennung bzw. Nichtanerkennung von Drittveranstaltungen lag vielmehr allein im freien Ermessen des Beklagten zu 1), ohne dass dieser an ein Genehmigungsverfahren gebunden war. Die Verhängung von Sanktionen wegen des fehlenden Anerkenntnisses von Drittveranstaltungen, ohne dass hierfür ein klares, objektives, nicht diskriminierendes und überpüfbares Verfahren überhaupt bestand, geht weit über das erforderliche Maß hinaus, ist daher unverhältnismäßig und behindert die Kläger zu 1)-6) unbillig im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB.
90
3.4. Die Rüge des Beklagten zu 2), das Erstgericht habe sich nicht mit den Guidelines des Beklagten zu 2) (Anlage B 1) im Sinne einer objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien Grundlage der Sanktionen beschäftigt, führt ebenfalls nicht zum Erfolg der Berufung.
91
Zum einen wurden die angesprochenen Guidelines nach dem Inhalt der von dem Beklagten zu 2) vorgelegten E-Mail vom 23.11.2018 erst im September 2018 veröffentlicht, die streitgegenständlichen Sperren durch den Beklagten zu 2) aber bereits im Februar 2018 ausgesprochen. Zu diesem Zeitpunkt bestand offensichtlich kein Genehmigungsverfahren für die Anerkennung von Drittveranstaltungen. Die Verhängung von Sanktionen wegen des fehlenden Anerkenntnisses von Drittveranstaltungen, ohne dass hierfür ein Genehmigungsverfahren überhaupt bestand, geht jedoch weit über das erforderliche Maß hinaus. Die durch den Beklagten zu 2) verhängten Sperren stellen bereits auch deshalb eine unbillige Behinderung der Kläger im Sinne des § 19 GWB dar, weil sie nicht auf hinreichend bestimmten, klaren, objektiven, transparenten und nicht diskriminierenden und überprüfbaren Verbandsregelungen beruhen und damit auch nicht die dritte Stufe des Drei-Stufen-Tests - einer verhältnismäßigen Ausgestaltung des Sanktionsverfahrens - bestehen würden.
92
Da die Guidelines erst nach Verhängung der Sanktionen erlassen worden sind, stellen sie bereits aus diesem Grund für die vor ihrer Publikation ausgesprochenen Sperren keine geeignete Sanktionsgrundlage dar. Zum anderen sind die Guidelines des Beklagten zu 2) (Anlage B 1) mittlerweile erneut umfassend abgeändert worden, s.u. Ziffer II. 4.4..
93
Im übrigen würden - ohne dass es hierauf noch ankäme - die Guidelines auch nicht dem Erfordernis einer objektiven und transparenten Sanktionierungsgrundlage genügen. Die Guidelines sollen die Minimalanforderungen für eine Anerkennung durch die nationalen Dachverbände darstellen, wobei es diesen jedoch völlig frei steht, noch weitere Anforderungen zu stellen. Für die Betroffenen ist daher nicht ersichtlich, welche Anforderungen tatsächlich an eine Anerkennung geknüpft werden. Die Regelung in den Guidelines ist mithin intransparent und wäre daher bereits deshalb keine geeignete Grundlage für Sanktionierungen.
94
4. Erfolglos bleiben auch die im Schriftsatz der Beklagten vom 01.12.2020 neu vorgebrachten Erwägungen.
95
4.1. Soweit die Beklagten vortragen, dass im Ersturteil eine mittelbare unbillige Behinderung aller 6 Kläger pauschal festgestellt worden sei, obwohl bis zuletzt bestritten gewesen sei (Klageerwiderung vom 09.07.2019 S. 31, Bl. 86 d.A.), ob die Spitzensportler S… und K… nicht doch tatsächlich aus sportlichen Gründen nicht am Wettkampfbetreib der DRL teilgenommen haben, trifft dies nicht zu.
96
Die Kläger hatten in der Klage (S. 5 f.) insoweit vorgetragen, dass die Beklagten die Veranstaltungen der Deutschen Ringerliga behindern würden. Der Beklagte zu 1) drohe den deutschen Ringkämpfern erhebliche Sanktionen an, wenn sie an Veranstaltungen der DRL teilnehmen würden. Der zweifache Weltmeister S… habe angegeben, dass er nicht an internationalen Turnieren starten dürfe, wenn er für die DRL kämpfe und sei daher vom SV 04 G… W… zum SV H… gewechselt. Der „3. Olympische Spiele“ D… K… habe seinen Wechsel vom VfK S… nach A… N… damit begründet, dass der Verband gedroht habe, Ringer, die in der DRL auf die Matte gehen, aus dem Nationalkader auszuschließen. Des Weiteren trugen die Kläger sodann zu von den Beklagten tatsächlich ausgesprochenen Sperren gegenüber einzelnen Ringern vor.
97
In der Klageerwiderung des Beklagten zu 2) vom 09.07.2018 wird auf Seite 31 (Bl. 86 d.A.) ausgeführt, dass die Kläger vorgetragen hätten, die Mannschaftsringkampfveranstaltungen des Klägers zu 1) seien durch Drohungen mit Sperren bzw. bereits ausgesprochenen Sperren der nationalen und internationalen Ringkämpfer dadurch erheblich behindert worden, dass sich Sportler nicht trauen würden, in der DRL ihren Ringkampfsport auszuüben; es werde sogar vorgetragen, die angedrohten bzw. verhängten Sanktionen hinderten den Kläger zu 1) daran, eigene Ringkampfveranstaltungen zu organisieren; ferner seien die Sportler in ihrer wirtschaftlichen Entfaltungsfreiheit erheblich eingeschränkt und könnten keine Einnahmen durch Teilnahme an Veranstaltungen des Klägers zu 1) erzielen. Diese klägerischen Einlassungen seien fehlerhaft, widersprüchlich und unsubstantiiert, da weder individualisiert auf die Kläger zu 2) bis 6) oder gar einzelne mutmaßlich betroffene Athleten noch mit Nachweisen versehen. Hinzukomme, dass die benannten Athleten sich offenkundig „getraut“ hätten und auch in der kommenden Wettkampfsaison „trauen, in der DRL als Premiumprodukt zu ringen“, denn sonst wären diese nicht Sanktionsadressaten geworden. Es stelle sich mit Blick auf die Schlüssigkeit der Klage die Frage, wie die Kläger in kartellrechtswidriger Weise in ihrem Wettkampfbetrieb gehindert sein können, wenn doch sämtliche der benannten Athleten ihren Sport in der Wettkampfsaison 2017/2018 uneingeschränkt im Rahmen des Ligabetriebs des Klägers zu 1) hätten ausüben können und diesen auch künftig auf Grundlage freier Entscheidung ausüben könnten.
98
Die Beklagten haben mit diesen Ausführungen entgegen ihrer Auffassung jedoch nicht den Vortrag der Kläger zu den Gründen des Vereinswechsels der Athleten S… und K… bestritten. Der Vortrag der Beklagten auf Bl. 31 der Klageerwiderung vom 09.07.2018 verhält sich - entgegen ihrer Behauptung im Schriftsatz vom 01.12.2020 - hierzu gerade nicht.
99
4.2 Zu Unrecht berufen sich die Beklagten darauf, das Ersturteil sei nicht mit einem Satz darauf eingegangen, dass die klägerseitigen Schriftsätze keine substantiierende Individualisierung in Bezug auf die Klageparteien 1) bis 6) enthalten hätten. Eine Betroffenheit werde insoweit allenfalls vermutet, was schon deshalb rechtsfehlerhaft sei, weil nachweislich sämtliche in der Klageschrift bezeichneten und sanktionierten Ringkämpfer nach dem Vortrag der Kläger „unbehindert“ ihrer entgeltlichen Teilnahme in der DRL nachkommen konnten.
100
Unter Behinderung im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB ist jede Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten eines anderen Unternehmens zu verstehen. Der Behinderungsbegriff ist weit auszulegen (LMRKM/Loewenheim GWB § 19 Rn. 16).
101
Eine solche Behinderung der Kläger zu 1)-6) hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise festgestellt. Die Beklagten haben durch die zunächst angedrohten und dann umgesetzten Sperren den Leistungswettbewerb der Kläger zu 1)-6) dadurch mittelbar behindert, dass sich vom Ligabetrieb des Klägers zu 1) und von den Klägern zu 2)-6) angesprochene Sportler, wie etwa die Athleten S… und K…, schon deswegen gegen ein dortiges Engagement entscheiden, weil ihnen aus naheliegenden Gründen das Risiko einer Sperre durch die Beklagten zu 1) und 2) für ihr eigenes sportliches und wirtschaftliches Fortkommen zu hoch erscheint. Die Sperren halten mithin andere Sportler davon ab, an der vom Kläger zu 1) veranstalteten Liga teilzunehmen. Der Umstand, dass die tatsächlich gesperrten Sportler weiter an der DRL teilnahmen, lässt demgegenüber die Behinderung nicht entfallen.
102
Soweit die Beklagten vortragen, dass es an einer substantiierenden Individualisierung in Bezug auf die Klageparteien 1) bis 6) fehle, verkennen sie, dass das Abhalten anderer Sportler von der Teilnahme an der Deutschen Ringerliga nicht nur den Kläger zu 1) als Veranstalter dieser Liga und jeweils das einzelne Team, dem der interessierte Sportler dann infolgedessen nicht angehört, betrifft. Vielmehr hat dies Einfluss auf die Zusammensetzung, die „Klasse“ und die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Teams und damit auf die Attraktivität und Anziehungskraft der gesamten Liga. Letztlich werden damit daher sämtliche Teams und der Ligaveranstalter selbst, mithin alle Kläger zu 1)-6), in der Ausübung des Ligaspielbetriebs behindert.
103
4.3 Erfolglos wenden die Beklagten als legitimen Zweck die Gewährleistung eines integren, fairen und vergleichbaren sportlichen Wettkampfs ein. Sie tragen insoweit nunmehr neu vor, dass in der Saison 2019/2020 ein Team der DRL aus finanziellen Gründen auf das Halbfinale gegen ein anderes Team verzichtet habe und dadurch letzteres kampflos ins Finale eingezogen sei, wohingegen die (inter-)nationalen Sportfachverbände mittels umfassender Regelvorgaben und Lizenzanforderungen (u.a. die Prüfung und Überwachung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Teilnehmer eines Ligawettbewerbs) Jahr für Jahr einen enormen Aufwand dafür betreiben würden, die vollständige Absolvierung aller Spiele/Wettkämpfe im Ligabetrieb einer Saison sicherzustellen.
104
Zwar können bei der Interessenabwägung im Rahmen der Prüfung der Unbilligkeit der Behinderung auch Gründe berücksichtigt werden, die erst nach der behindernden Maßnahme eingetreten sind. Maßgebender Zeitpunkt für die Interessenabwägung ist der Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsachinstanz, nicht bereits der Zeitpunkt der diskriminierenden Maßnahme (LMRKM/Loewenheim GBG § 19 Rn. 22, 30).
105
Es erscheint jedoch bereits fraglich, ob die hier seitens der Beklagten behauptete fehlende Absolvierung aller Spiele/Wettkämpfe wegen einer fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit eines an der DRL teilnehmenden Teams nicht lediglich das Ansehen und die Attraktivität dieser Liga selbst beeinträchtigen würde.
106
Selbst wenn man aber zu Gunsten der Beklagten unterstellen wollte, das von ihr vorgetragene Verhalten strahle auf den gesamten Ringersport aus, würde dies nicht dazu führen, dass aufgrund der vorzunehmenden Interessenabwägung im Ergebnis kein Verstoß nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 GWB vorliegen würde.
107
Die Gewährleistung eines integren, fairen und vergleichbaren sportlichen Wettkampfs stellt zwar einen legitimen Zweck im Sinne der aufgezeigten Entscheidungen des EuGH und der Europäischen Kommission dar.
108
Allerdings wäre die Verhängung einer Sperre zur Erreichung dieses Ziels nicht verhältnismäßig. Insofern wird auf die Ausführungen unter Ziffer II. 3. Bezug genommen. Grundvoraussetzung für die Annahme der Rechtmäßigkeit einer gegen einen Athleten verhängten Sanktion sind das Vorliegen rechtlicher zulässiger Genehmigungsbestimmungen sowie daran gebundene Teilnahmebestimmungen. Vorliegend fehlte es zum Zeitpunkt des Erlasses der Sperren an einem entsprechenden Regelungswerk der Beklagten. Die Verhängung von Sperren wegen der Teilnahme an einer von den Beklagten nicht anerkannten neuen Liga, ohne die Möglichkeit, in einem geregelten Anerkennungsverfahren die von den Beklagten hierzu geforderten Details und Bedingungen zum einen überhaupt zu erfahren und zum anderen durch entsprechende Nachweise, Erklärungen und Verhaltensweisen einzuhalten, ist unverhältnismäßig.
109
4.4 Der jeweilige Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten zu 1) und 2) gemäß §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 33 GWB ist auch nicht etwa aufgrund des zwischenzeitlichen Erlasses der „Anerkennungsrichtlinien“ sowie der „Guidelines“ und der Änderung der „RuSO“ (Anlagen BK 2-4) entfallen.
110
Der Unterlassungsanspruch ist auf die Unterlassung der Zuwiderhandlung gerichtet; er hängt also in seiner Definition von den näheren Umständen ab, aus denen sich die Wiederholungsgefahr ergibt (Bechtold/Bosch GWB 8. Auflage § 33 Rn. 16). Die Wiederholungsgefahr beschränkt sich dabei nicht auf die identische Verletzungsform, sondern umfasst auch alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen (vgl. BGH GRUR 1996, 290 (291) - Wegfall der Wiederholungsgefahr I, für den Fall eines Wettbewerbsverstoßes).
111
Der Unterlassungsanspruch richtet sich gegen denjenigen, der einen Kartellverstoß begangen hat und bei dem deswegen eine tatsächliche Vermutung begründet ist, dass er ihn wieder begeht (Bechtold/Bosch GWB 8. Auflage § 33 Rn. 16).
112
Die Beklagten haben durch die Verhängung von Sanktionen im Jahr 2017 bzw. am 02.02.2018 gegen einzelne Sportler wegen der Teilnahme an einer nicht von ihnen anerkannten Drittveranstaltung, ohne dass die Beklagten überhaupt ein Regelungswerk für eine Anerkennung bereithielten, einen Kartellrechtsverstoß nach § 19 Abs. 1, 2 Nr. 1 GWB gegangen. Durch die Zuwiderhandlungen ist zudem eine tatsächliche Vermutung begründet, dass die Beklagten einen solchen Kartellrechtsverstoß wieder begehen.
113
Die tatsächliche Vermutung zu widerlegen, obliegt dem Verletzer. Dies gelingt im Allgemeinen nur dadurch, dass der Verletzer eine bedingungslose und unwiderrufliche Unterlassungsverpflichtungserklärung unter Übernahme einer angemessenen Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung abgibt. An den Fortfall der Wiederholungsgefahr sind strenge Anforderungen zu stellen (stRspr: vgl. BGH GRUR 2002, 180 - Weit-vor-Winterschluss-Verkauf, für den Fall eines Wettbewerbsverstoßes). Die strenge Vermutung der Wiederholungsgefahr, die in der Regel nur durch die Abgabe einer (strafbewehrten) Unterwerfungserklärung ausgeräumt werden kann, gilt nicht nur im Wettbewerbsrecht, sondern generell im gewerblichen Rechtsschutz sowie im Kartellrecht (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG 39. Auflage § 8 Rn. 1.45 m.w.N.). Auch derjenige, der ernstliche Anstalten getroffen hat, um jeder Wiederholung vorzubeugen, hat damit die Wiederholungsgefahr noch nicht ausgeräumt. Eine nur tatsächliche Veränderung der Verhältnisse berührt die Wiederholungsgefahr nicht, solange nicht auch jede Wahrscheinlichkeit für eine Aufnahme des unzulässigen Verhaltens durch den Verletzer beseitigt ist; sie entfällt nicht schon dann, wenn ein Wiedereintreten völlig gleichgearteter Umstände nicht zu erwarten ist (vgl. Bornkamm/Feddersen UWG 39. Auflage § 8 Rn. 1.51).
114
Die Beklagten haben unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe vorliegend die tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht widerlegt. Selbst bei Unterstellung, dass die nunmehrigen Bestimmungen für die Anerkennung von Veranstaltungen Dritter klare, objektive, transparente und diskriminierungsfreie Kriterien im Sinne der oben aufgezeigten Entscheidungen des EuGH sowie der Europäischen Kommission enthalten würden, ließe dies die Wiederholungsgefahr für die in der Vergangenheit begangenen Kartellrechtsverstöße nicht entfallen.
115
Die erlassenen Regelungen der Beklagten zu 1) und 2) sind auch nicht vergleichbar mit einer Gesetzesänderung, aufgrund derer ein ursprüngliches Verbot, gegen das verstoßen worden ist, nicht mehr besteht (vgl. Bornkamm/Feddersen UWG 39. Auflage § 8 Rn 1.54). Die „Anerkennungsrichtlinien“, Strafvorschriften und „Guidelines“ können von den Beklagten vielmehr jederzeit, wie sich auch aus den in der Vergangenheit wiederholt erfolgten Änderungen ergibt, modifiziert werden. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass diese „Anerkennungsrichtlinien“, Strafvorschriften und „Guidelines“ einseitig durch die Beklagten wieder abgeändert oder aufgehoben werden und die Beklagten erneut, wie im Jahr 2017 und am 02.02.2018 geschehen, Sperren gegen Sportler wegen der Teilnahme an einer von den Beklagten nicht anerkannten Drittveranstaltung verhängen, ohne dass hierzu ein auf klaren, objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien beruhendes Anerkenntnisverfahren vorhanden ist.
116
Die Kläger verhalten sich entgegen der Auffassung der Beklagten insoweit auch nicht treuwidrig, wenn sie trotz des zwischenzeitlich erlassenen Regelungswerks ihren Unterlassungsanspruch nach §§ 19 Abs. 1, 2 Nr. 1, 33 GWB weiter verfolgen. Die mittlerweile erlassenen „Anerkennungsrichtlinien“ sowie die abgeänderten „Guidelines“ und die Änderung der „RuSO“ (Anlagen BK 2-4) lassen die Wiederholungsgefahr, wie oben ausgeführt, nicht entfallen. Die Beklagten hätten es vielmehr selbst in der Hand, durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung diese zu beseitigen.
117
4.5 Soweit die Beklagten zuletzt in Abrede stellen, dass aufgrund der Umstände der Saison 2019/2020 und (freilich zusätzlich beeinflusst durch die Covid-19-Pandemie) der Saison 2020/2021 der Kläger zu 1) weiterhin an der Veranstaltung der DRL festhalte und damit rechtsschutzbedürftig sei, wobei gleiches in Bezug auf die Teilnahme der Kläger zu 2) bis 6) an der DRL gelte, überzeugt dies nicht.
118
Daraus, dass nach dem Vortrag der Beklagten ein Team der DRL wegen finanzieller Schwierigkeiten in der Saison 2019/2020 auf den Einzug ins Halbfinale verzichtet hat und dass nach dem von den Beklagten vorgelegten Internetauszug (Anlage B 8) die nächste DRL-Saison auf 2021 verschoben werden soll mit dem Hinweis „Corona-Pause für Deutsche Ringerliga - „come back stronger“ ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger zu 1) nicht mehr an der Veranstaltung der DRL festhält. Im Übrigen kommt es in zahlreichen anderen Sportarten und Ligen zu Saisonabbrüchen, Zusammenlegungen oder Ausfällen, ohne dass daraus gefolgert werden könnte, dass dort auch künftig nie mehr Veranstaltungen stattfinden würden.
119
5. Der Tenor des Ersturteils war allerdings in dessen Ziffern 1 und 2 entsprechend dem Berufungsurteil anzupassen.
120
Zur Auslegung der Unterlassungsanträge darf nicht allein auf deren Wortlaut abgestellt werden.
121
Vielmehr ist unter Berücksichtigung des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs das Vorbringen der Klagepartei, auf das sie die Klage stützt und das zur Auslegung der Klageanträge heranzuziehen ist, zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 17.09.2015 - I ZR 92/14, juris-Rn. 18 - Smartphone-Werbung).
122
Vorliegend stützen die Kläger ihre kartellrechtlichen Unterlassungsklagen gegen die Beklagten zu 1) und 2) auf die zunächst angedrohten und dann konkret im Jahr 2017 von dem Beklagten zu 1) sowie am 02.02.2018 von dem Beklagten zu 2) verhängten Sperren gegen bestimmte Sportler. Diese werden zudem namentlich in den Unterlassungsklageanträgen benannt. Die Unterlassungsklagen stützen sich damit auf eine bestimmte konkrete Form der Zuwiderhandlung, nämlich die Verhängung von Sperren im Jahr 2017 durch den Beklagten zu 1) sowie am 02.02.2018 durch den Beklagten zu 2) auf Grundlage des damals bestehenden Satzungs-/Statuten-/Richtlinienwerks der Beklagten.
123
Der Senat legt die Klageanträge in Ziffer I. und II. daher dahin aus, dass sie sich auf zu unterlassende Maßnahmen beziehen, wie sie sich durch die unbillige Behinderung infolge der Verhängung von Sperren gegen Sportler wie geschehen durch den Beklagten zu 1) im Jahr 2017 sowie durch den Beklagten zu 2) am 02.02.2018 aufgrund des damals bestehenden Regelungswerk der Beklagten zu 1) und 2) ergeben.
III.
124
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
125
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 709 Satz 1 ZPO.
126
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
127
Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Die Entscheidung beruht maßgeblich auf einer Subsumtion und Bewertung des konkreten Sachverhalts. Im Vordergrund steht die rechtliche Beurteilung, ob für die streitgegenständlichen Sanktionen wirksame Genehmigungsvorschriften vorlagen und ob sie zur Verfolgung legitimer Zielsetzungen erforderlich waren. Dabei handelt es sich, da das konkrete Regelwerk der Beklagten betroffen ist, um Beurteilungen, die nicht in einer Vielzahl von Fällen zu erwarten sind und deshalb nicht das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren (vgl. Zöller/Heßler, 33. Aufl., ZPO, § 543 Rn. 11). Die von der Berufung aufgeworfene Frage, inwieweit wirtschaftliche Interessen des organisierten Sports grundsätzlich legitime kartellrechtliche Ziele i.S.d. § 19 GWB sein können, stellt sich daher vorliegend nicht in entscheidungserheblicher Weise. Soweit Rechtsfragen von Bedeutung sind, folgt der Senat der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere der Entscheidung des EuGH „Meca-Medina“ (Urteil vom 18.07.2006 - C-519/04 -, EuZW 2006, 593, beck-online) sowie des EuG (Vierte Kammer, Urteil vom 16.12.2020 - T-93/18 International Skating Union ./. Kommission - „ISU“) und weicht im Übrigen nicht von einer obergerichtlichen Rechtsprechung ab.