Titel:
Lebensmittelüberwachung, Behördliche Veröffentlichung von lebensmittelrechtlichen Verstößen im Internet, Erfordernis zweier Untersuchungen bei auf Proben gestützten Verstößen, Begriff der Untersuchung, Nachvollziehbarkeit der Bußgelderwartung in Höhe von mindestens 350 Euro
Normenketten:
LFGB § 40 Abs. 1a
VwGO § 123 Abs. 1
Leitsätze:
1. Rechtsgrundlage für die beabsichtigten Veröffentlichungen ist § 40 Abs. 1a S. 1 Nr. 3 LFGB. (redaktioneller Leitsatz)
2. Danach informiert die zuständige Behörde die Öffentlichkeit unverzüglich unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, insbesondere dann, wenn der durch Tatsachen, im Fall von Proben auf der Grundlage von mindestens zwei Untersuchungen, hinreichend begründete Verdacht besteht, dass gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Endverbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens 350,– Euro zu erwarten ist. (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Lebensmittelüberwachung, Behördliche Veröffentlichung von lebensmittelrechtlichen Verstößen im Internet, Erfordernis zweier Untersuchungen bei auf Proben gestützten Verstößen, Begriff der Untersuchung, Nachvollziehbarkeit der Bußgelderwartung in Höhe von mindestens 350 Euro, Lebensmittel
Fundstellen:
LMuR 2023, 509
BeckRS 2023, 8022
LSK 2023, 8022
Tenor
I. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, gemäß § 40 Abs. 1a Satz 1 LFGB folgende Informationen zu veröffentlichen:
Verantwortliche Behörde
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Datum
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Lebensmittel-/Futtermittelunternehmen
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Betroffenes Lebensmittel/Futtermittel
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Landratsamt M.
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Einstelldatum:
Verstoß festgestellt:
…11.2022
Verstoß beseitigt:
…01.2023 (Hygiene-/Reinigungsmängel)
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… Metzgerei …str. … … H. … Kategorie:
Metzgerei
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Verstoß:
Mängel bei der Betriebshygiene / Reinigungsmängel Kennzeichnungsmängel bzgl. der Art oder Identität des Lebensmittels (nur Fleischpflanzerl)
Inverkehrbringen von nicht zum Verzehr geeigneten Lebensmitteln (Wurstabschnitte zur Herstellung von Fleischpflanzerl)
Produkt: sämtliche Lebensmittel, die im Betrieb bereitgestellt, gelagert und hergestellt wurden, z.B. Wurstwarten, Fleischwaren, Fleischpflanzerl Charge:
MHD:
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II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
1
Mit seinem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehrt der Antragsteller die vorläufige Untersagung der Veröffentlichung ihm vom Antragsgegner vorgeworfener lebensmittelrechtlicher Verstöße.
2
Der Antragsteller betreibt eine Metzgerei in der …straße, … H. … bei M. …
3
Am … November 2022 fand eine routinemäßige Kontrolle in der Metzgerei des Antragstellers statt, bei der ausweislich des vom Lebensmittelüberwachungsbeamten angefertigten Kontrollberichts 44 Beanstandungen festgestellt wurden.
4
Am … November 2022 erfolgte in der Metzgerei des Antragstellers eine Probenahme von Fleischpflanzerl (4 Stück zu je ca. 150 Gramm) zur Untersuchung und Begutachtung nach § 43 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB).
5
Am … Dezember 2022 erfolgte in der Metzgerei des Antragstellers eine Probenahme von Wurstabschnitten zur Herstellung von Fleischpflanzerl (2 Folienbeutel zu je ca. 670 Gramm) zur Untersuchung und Begutachtung nach § 43 LFGB.
6
In seinem Gutachten vom … Dezember 2022 kam das Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) zu dem Ergebnis, dass die mit Probe vom … November 2022 gezogenen Fleischpflanzerl weder der Verkehrsauffassung noch der Verbrauchererwartung entsprechen würden, da in den Fleischpflanzerl statt der erlaubten 2 Prozent rund 10 bis 15 Prozent an Brühwürsten bzw. Pökelware enthalten sei. Grundlage dieser Feststellung war eine sensorische Analyse (Methode ASU L 00.90-16; 2006-12) sowie eine histologische Analyse (Methode ASU L 06.00-13; 1989-12; mod.), wobei das LGL ausführte, dass die histologische Untersuchung den sensorischen Eindruck, dass die Anschnittflächen der Fleischpflanzerl eine leicht pökelrote Färbung mit Partikeln, die für geräucherte Brühwürste bzw. für Pökelfleischerzeugnisse typischen seien, aufweise, bestätige.
7
Mit weiterem Gutachten vom … Dezember 2022 stellte das LGL fest, dass die mittels Probe vom … Dezember 2022 gezogenen Wurstabschnitte aufgrund sensorischer Prüfung (Methode ASU L 00.90-16; 2006-12) und festgestellter deutlich wahrnehmbarer sensorischer Abweichungen (ranzig, muffig, sauer, alt) für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet seien.
8
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2022 übermittelte der Antragsgegner dem Antragsteller den Kontrollbericht vom … November 2022 und hörte den Antragsgegner zur geplanten Anordnung, den Antragsteller zur Beseitigung der festgestellten Beanstandungen zu verpflichten, an.
9
Mit Schreiben vom selben Tag wurde der Antragsteller nach § 55 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) unter Benennung der Verstöße, die mittels Bußgeld geahndet werden sollten, angehört.
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Mit Schreiben vom 6. Dezember 2022 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin unter Hinweis auf die Kontrolle vom … November 2022 und die Gutachten des LGL vom … Dezember 2022 mit, dass angesichts der festgestellten Verstöße gegen Vorschriften des LFGB die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens 350 Euro zu erwarten sei. Daher sei nach § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB die Veröffentlichung folgender Informationen beabsichtigt:
Verantwortliche Behörde
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Datum
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Lebensmittel-/Futtermittelunternehmen
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Betroffenes Lebensmittel/Futtermittel
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Landratsamt M.
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Einstelldatum:
Verstoß festgestellt:
…11.2022
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… Metzgerei …str. … H. …
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Verstoß:
Mängel bei der Betriebshygiene/Reinigungsmängel
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Verstoß beseitigt:
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Kategorie:
Metzgerei
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Inverkehrbringen von unter unhygienischen Zuständen/Bedingungen herstellten/behandelten Lebensmitteln Verbrauchertäuschung Produkt: sämtliche Lebensmittel, die im Betrieb bereitgestellt, gelagert und hergestellt wurden, z.B. Fleischpflanzerl, Wurstwaren, Fleischwaren Charge:
MHD:
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11
Zeitgleich wurde dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme bis 15. Dezember 2022 eingeräumt.
12
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2022 stellte der Bevollmächtigte des Antragstellers ein Akteneinsichtsgesuch, woraufhin der Antragsgegner der Antragspartei mit Schreiben vom 14. Dezember 2022 die entsprechenden Unterlagen übermittelte und hinsichtlich der geplanten Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a Nr. 3 LFGB Gelegenheit zur Stellungnahme bis 29. Dezember 2022 einräumte.
13
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2022 nahm die Antragspartei zu der geplanten Veröffentlichung Stellung. Dabei wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anhörung fehlerhaft erfolgt sei, die geplante Veröffentlichung keinen Produktbezug aufweise, die Veröffentlichung bereits behobener Verstöße unverhältnismäßig sei, kein hinreichender Verdacht eines Verstoßes bestehe und die geplante Veröffentlichung keinen Vermerk über die Abstellung der Verstöße enthalte.
14
Mit Schreiben vom 3. Januar 2023 teilte der Antragsgegner unter Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Antragspartei vom 23. Dezember 2022 dieser mit, dass an der geplanten Veröffentlichung festgehalten werde, woraufhin die Antragspartei ihr Vorbringen mit Schreiben vom 9. Januar 2023 nochmals ergänzte und vertiefte.
15
Mittels Schreibens seines Bevollmächtigten vom 13. Januar 2023 stellte der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Er beantragt unter Wiedergabe des Wortlautes der geplanten Veröffentlichung,
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den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu untersagen, Informationen über die Betriebskontrolle vom … November 2022, wie im Schreiben vom 6. Dezember 2022 mitgeteilt, zu veröffentlichen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die durchgeführte Anhörung fehlerhaft sei, in der geplanten Veröffentlichung unzulässige Oberbegriffe verwendet würden und nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststehe, dass ein Bußgeld von mindestens 350 Euro zu erwarten sei, fehle es doch an einer entsprechenden Begründung. Weiterhin fehle es an einem begründeten Verdacht hinsichtlich der geltend gemachten Verstöße sowie an dem Vermerk, dass die vermeintlichen Mängel bereits beseitigt worden seien.
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Mit Schreiben vom 25. Januar 2023 beantragte der Antragsgegner,
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den Antrag abzulehnen.
20
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anhörung ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, die Verwendung von Oberbegriffen zulässig sei und ein hinreichend begründeter Verdacht eines Verstoßes bestehe. Die Bußgeldprognose belaufe sich ausweislich des zugrunde gelegten und der Antragserwiderung beigefügten Bußgeldkatalogs der Behörde bei dem als mittelgroßen Betrieb eingeordneten Betrieb des Antragstellers auf 1.060 Euro, wobei jeweils 300 Euro auf die in den beiden Gutachten festgestellten Verstöße entfallen würden und die restlichen 460 Euro auf weitere elf im Einzelnen bezeichnete Verstöße in Höhe von jeweils 20 bis 100 Euro. Die zwischenzeitlich erfolgte Mängelbeseitigung sei im nunmehr geplanten Veröffentlichungstext berücksichtigt, der nunmehr wie folgt lauten solle:
Verantwortliche Behörde
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Datum
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Lebensmittel-/Futtermittelunternehmen
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Betroffenes Lebensmittel/Futtermittel
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Landratsamt M.
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Einstelldatum:
Verstoß festgestellt:
…11.2022
Verstoß beseitigt:
…01.2023 (Hygiene-/Reinigungsmängel)
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… Metzgerei …str. … H. … Kategorie:
Metzgerei
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Verstoß:
Mängel bei der Betriebshygiene / Reinigungsmängel Kennzeichnungsmängel bzgl. der Art oder Identität des Lebensmittels (nur Fleischpflanzerl)
Inverkehrbringen von nicht zum Verzehr geeigneten Lebensmitteln (Wurstabschnitte zur Herstellung von Fleischpflanzerl)
Produkt: sämtliche Lebensmittel, die im Betrieb bereitgestellt, gelagert und hergestellt wurden, z.B. Wurstwarten, Fleischwaren, Fleischpflanzerl Charge:
MHD:
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Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die von der Behörde vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
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1. Der Antrag hat Erfolg, da er zulässig und begründet ist.
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1.1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere gemäß § 123 Abs. 5 VwGO statthaft, da in der Hauptsache eine allgemeine Leistungsklage zu erheben wäre. Bei der Veröffentlichung lebensmittelrechtlicher Verstöße nach § 40 Abs. 1a LFGB handelt es sich nicht um Verwaltungsakte im Sinne des Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG), da die Veröffentlichung lediglich der Information der Öffentlichkeit dient und somit nicht auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist. Es fehlt insoweit an einer Regelung im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG (vgl. VGH Baden-Württemberg, B. v. 28.1.2013 – 9 S 2423/12 – juris, Rn. 4 m. w. N.). Es liegt daher ein schlichtes Verwaltungshandeln vor, so dass kein Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO vorrangig ist.
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1.2. Der Antrag ist auch begründet.
25
Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragsteller vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei haben die Antragsteller sowohl die Dringlichkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) zu bezeichnen und glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 1 und 2, 294 Zivilprozessordnung – ZPO). Der Antrag kann nur Erfolg haben, wenn und soweit sich sowohl Anordnungsanspruch als auch -grund aufgrund der Bezeichnung und Glaubhaftmachung als überwiegend wahrscheinlich erweisen (BayVGH, B. v. 16.8.2010 – 11 CE 10.262 – juris Rn. 20 m. w. N.). Maßgeblich sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
26
Das Gericht kann grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen, es sei denn, eine bestimmte Regelung ist zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG) schlechterdings notwendig. Das ist dann der Fall, wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für die Antragstellerin unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein Obsiegen der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Im vorliegenden Fall nimmt Untersagungsverfügung eine Hauptsacheklage voraussichtlich vollständig vorweg, da in der Kürze der Zeit – gemäß § 40 Abs. 4a LFGB ist die Veröffentlichung (bereits) nach sechs Monaten wieder zu löschen – mit einer gerichtlichen Hauptsacheentscheidung nicht zu rechnen ist.
27
1.2.1. Der Antragsteller hat das Vorliegen eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht.
28
Es ist offensichtlich, dass die geplante Veröffentlichung im Internet für den Antragsteller ganz erhebliche negative Konsequenzen haben kann, die auch bei einem späteren Obsiegen in der Hauptsache nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Das Verwaltungshandeln durch amtliche Informationen ist irreversibel. Bei Fehlinformationen ändern daran auch spätere Gegendarstellungen, Richtigstellungen oder sonstige Korrekturen nichts, da die faktischen Wirkungen von Informationen regelmäßig nicht mehr umfassend beseitigt werden können. Eine Verbraucherinformation zu angeblichen Rechtsverstößen eines Unternehmers kann für diesen existenzgefährdend oder sogar existenzvernichtend sein. Dem Antragsteller kann daher nicht zugemutet werden, die Bekanntgabe des Kontrollergebnisses im Internet bis zu einer Klärung der streitigen Rechtsfragen im Hauptsacheverfahren hinzunehmen (vgl. VGH Baden-Württemberg, B.v. 21.5.2019 – 9 S 584/19 – juris, Rn. 6, m.W.N.).
29
1.2.2. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen für den geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch liegen mit hoher Wahrscheinlichkeit vor.
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Unabhängig von der dogmatischen Herleitung des öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch (vgl. etwa BVerwG, U. v. 29.4.1988 – 7 C 33/87 – NJW 1988, 2396) erfordert dieser einen bevorstehenden oder noch andauernden rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff in ein subjektiv öffentlich-rechtliches Recht durch Realakt (vgl. BayVGH, B. v. 24.2.2021 – 13 AE 20.2696 – beck-online Rn. 16; HessVGH, B. v. 8.2.2019 – 8 B 2575/18 – beck-online Rn. 15).
31
Diese Anforderungen sind vorliegend erfüllt, da die geplante Veröffentlichung der Verstöße durch den Antragsgegner in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers eingreift und diese sich bei der im Eilrechtsschutz gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig erweist.
32
Gegenstand der Prüfung ist dabei der mit Schriftsatz vom 25. Januar 2023 präzisierte Wortlaut der geplanten Veröffentlichung (vgl. BayVGH, B. v. 28.11.2019 – 20 CE 19.1995 – BeckRS 2019, 31413 Rn. 44).
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1.2.2.1. Rechtsgrundlage für die beabsichtigten Veröffentlichungen ist § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB. Danach informiert die zuständige Behörde die Öffentlichkeit unverzüglich unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, insbesondere dann, wenn der durch Tatsachen, im Fall von Proben auf der Grundlage von mindestens zwei Untersuchungen, hinreichend begründete Verdacht besteht, dass gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Endverbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens 350,- Euro zu erwarten ist.
34
1.2.2.2. Das Gericht hat bereits Zweifel, ob der vom Antragsgegner vorgesehene Veröffentlichungstext den Anforderungen des § 40 Abs. 1a LFGB entspricht.
35
Die geplante Veröffentlichung sieht unter anderem vor, dass in der Kategorie „Verstoß“ auch „Mängel bei der Betriebshygiene / Reinigungsmängel“ angeführt werden sollen, wobei als „Produkt“ „sämtliche Lebensmittel, die im Betrieb bereitgestellt, gelagert oder hergestellt wurden, z.B. Wurstwaren, Fleischwaren, Fleischpflanzerl“ benannt werden sollen.
36
Ob diese Formulierung mit den Anforderungen des § 40 Abs. 1a LFGB vereinbar ist, erscheint fraglich. Angesichts des Wortlauts des § 40 Abs. 1a LFGB, wonach die Information unter Nennung der Bezeichnung des (jeweiligen) Lebens- oder Futtermittels zu erfolgen hat, dürfte die Vorschrift allein solche Verstöße gegen hygienische Anforderungen erfassen, die sich einem konkreten Lebens- oder Futtermittel zuordnen lassen, während Mängel der allgemeinen Betriebshygiene mangels Zuordnung zu einem konkreten Lebens- oder Futtermittel nicht zu veröffentlichen wären (ebenso Hess. VGH, B. v. 8.2.2019 – 8 B 2575/18 – juris Rn. 28; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 24.4.2013 – 13 B 192/13 – juris Rn. 39 f.).
37
1.2.2.3. Diese Frage bedarf jedoch hier keiner abschließenden Beantwortung, da im vorliegenden Fall schon keine hinreichend sichere Prognose getroffen werden kann, dass die Verhängung eines Bußgeldes in Höhe von mindestens 350,- Euro zu erwarten ist.
38
Ob ein Bußgeld in Höhe von mindestens 350,- Euro zu erwarten ist, unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit (BayVGH, B. v. 28.11.2019 – 20 CE 19.1995 – beck-online Rn. 56). Die Bußgeldhöhe hängt dabei in Ermangelung eines bundesweit einheitlichen Bußgeldkatalogs nicht nur von verschiedenen objektiven Kriterien, sondern auch von subjektiven Merkmalen wie Vorsatz, Erstmaligkeit der Verstöße und Einsichtsfähigkeit ab. Zugleich dürften bei der Festsetzung von Bußgeldern erhebliche Unterschiede zwischen den Behörden bestehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, B. v. 21.5.2019 – 9 S 584/19 – beck-online Rn. 31), so dass die Annahme einer entsprechenden Bußgelderwartung einer hinreichend verlässlichen Grundlage bedarf (VGH Baden-Württemberg, a.a.O.; so auch Nr. 3.9 Satz 7 der Vollzugshinweise zur Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 19.8.2021, Az. 42a-G8900-2021/11-1, BayMBl. 2021 Nr. 614, wonach eine nachvollziehbare schriftliche Prognoseentscheidung hinsichtlich der Bußgelderwartung zu den Akten zu nehmen ist). Als Anhaltspunkte bei der Überprüfung der Bußgeldprognose können dem Gericht dabei entsprechende Ausführungen der jeweiligen Behörde, wie im konkreten Fall verfahren werden soll, ein – auch noch nicht rechtskräftiger – Bußgeldbescheid oder eine entsprechende Verwaltungspraxis dienen (VGH Baden-Württemberg, a. a. O.; VG Freiburg, B. v. 30.04.2019 – 4 K 168/19 – beck-online Rn. 38).
39
Der Antragsgegner hat die Annahme, dass ein entsprechendes Bußgeld zu erwarten ist, nicht hinreichend plausibel und nachvollziehbar begründet. Entgegen Nr. 3.9 Satz 7 der Vollzugshinweise zur Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz findet sich in den Behördenakten keine nachvollziehbare schriftliche Prognoseentscheidung zum erwarteten Bußgeld. Auch die Ausführungen des Antragsgegners im gerichtlichen Verfahren vermögen keine entsprechende Bußgelderwartung zu begründen.
40
In seiner Antragserwiderung vom 25. Januar 2023 hat der Antragsgegner zwar ausgeführt, dass aufgrund von insgesamt 13 lebensmittelrechtlichen Verstößen ein Bußgeld in Höhe von insgesamt 1.060 Euro zu erwarten sei. Dieser Bußgeldprognose liegen jedoch zum Teil Verstöße zugrunde, auf die der Antragsgegner bei der Bußgeldprognose nicht hätte abstellen dürfen (1.2.2.3.1.), und zum Teil eine der Höhe nach nicht nachvollziehbar dargelegte Bußgelderwartung (1.2.2.3.2.).
41
1.2.2.3.1. Soweit der Antragsteller bei der Bußgeldprognose auf die in den beiden Gutachten des LGL vom … Dezember 2022 festgestellten Verstöße abgestellt hat (jeweils 300 Euro), können diese nicht berücksichtigt werden, da die der bei den Beprobungen festgestellten Verstöße nicht jeweils durch mindestens zwei Untersuchungen belegt wurden.
42
Ausweislich des Wortlautes § 40 Abs. 1a LFGB muss der hinreichend begründete Verdacht eines Verstoßes im Fall von Proben nach § 38 Abs. 2a Satz 2 LFGB, mithin bei Probenahmen zur Kontrolle der Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften, auf der Grundlage von mindestens zwei Untersuchungen beruhen.
43
Da der Bußgeldprognose in Höhe von mindestens 350 Euro eine geringfügige Verstöße ausschließende und somit einschränkende Funktion zukommt (vgl. BVerfG, B. v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13- BeckRS 2018, 7272 Rn. 53, 55; vgl. auch BT-Drs. 17/7374 S. 20: Bußgeldprognose soll eine höhere Eingriffsschwelle schaffen als bei Grenzwertüberschreitungen nach § 40 Abs. 1a Nr. 1 LFGB), kann bei der Bußgeldprognose infolgedessen nur auf solche Verstöße abgestellt werden, die von der Norm erfasst werden, so dass bußgeldbewehrte Verstöße, die auf Ergebnisse der Untersuchung von Proben gestützt werden, nur dann in die Bußgelderwartung einfließen dürfen, wenn der durch die Untersuchung festgestellt Verstoß durch eine weitere Untersuchung abgesichert wurde.
44
Das Erfordernis zweier Untersuchungen dürfte dabei nicht zwingend zwei getrennt voneinander erfolgende Feststellungs- und Bewertungsvorgänge voraussetzen, die von verschiedenen Personen durchgeführt werden müssen (so Sosnitza/Meisterernst, Lebensmittelrecht, Stand Juli 2022, LFGB, § 40 Rn. 97; ablehnend VG Ansbach, B. v. 31.8.2022 – AN 14 E 22.00130 – juris Rn. 48). Ausgehend vom Sinn und Zweck der Vorschrift, dass der Untersuchungsbefund vor seiner Veröffentlichung hinreichend abgesichert werden soll (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 14.6.2013 – 13 ME 18/13 – juris Rn. 17), und der Gesetzesbegründung, in der der Gesetzgeber auf das Vorhandensein zweier unabhängiger Analyseergebnisse abgestellt hat (vgl. BT-Drs. 17/7993 S. 18), liegen zwei Untersuchungen im Sinne des § 40 Abs. 1a LFGB vor, wenn die getroffenen Feststellungen und Bewertungen auf mindestens zwei Analysen beruhen, von denen jede das Ergebnis der Untersuchung jeweils für sich genommen trägt, während nur eine Untersuchung vorliegt, wenn das Ergebnis der Untersuchung auf der Kombination beider Analysen beruht (i. E. ebenso VGH Baden-Württemberg, B. v. 30.3.2019 – 9 S 2943/19 – juris Rn. 16; VG Ansbach, B. v. 21.8.2022 – AN 14 E 22.00130 – juris Rn. 48).
45
An dem Vorliegen zweier Untersuchungen fehlt es im vorliegenden Fall sowohl im Hinblick auf die Beanstandung der Wurstabschnitte als auch auf die Beanstandung der Fleischpflanzerl.
46
Soweit das LGL in seinem zu den Wurstabschnitten gefertigten Gutachten vom … Dezember 2022 zu dem Ergebnis kommt, dass diese aufgrund deutlich wahrnehmbarer sensorischer Abweichungen (ranzig, muffig, sauer, alt) für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet seien, liegt dieser Feststellung und Bewertung lediglich eine Analyse zugrunde. Zwar finden sich in dem Gutachten die Durchführung der „Analyse Sensorik (Aussehen)“ sowie der „Analyse Sensorik (Geruch)“ vermerkt; diese „Analysen“ stellen jedoch keine unterschiedlichen Untersuchungen im Sinne der Norm dar, sondern zwei Untersuchungsschritte einer Untersuchung nach der „Methode ASU L 00.90-16; 2006-12“ (vgl. Seite 1 des Gutachtens; siehe zu dieser Methode auch VGH Baden-Württemberg, a.a.O., juris Rn. 15), wobei diese Methode ein sensorisches Prüfverfahren mit Expertengutachten zur lebensmittelrechtlichen Beurteilung bezeichnet (vgl. Methodensammlung BVL, Inhaltsverzeichnis Lebensmittel, Stand: Januar 2023).
47
Soweit das LGL in seinem zu den Fleischpflanzerl gefertigten Gutachten vom … Dezember 2022 zu dem Ergebnis kommt, dass die mit Probe vom … November 2022 gezogenen Fleischpflanzerl weder der Verkehrsauffassung noch der Verbrauchererwartung entsprechen würden, da in den Fleischpflanzerl statt der erlaubten 2 Prozent rund 10 bis 15 Prozent an Brühwürsten bzw. Pökelware enthalten sei, beruhen die Feststellungen und Bewertungen zwar auf zwei verschiedenen Analysen, mithin auf einer sensorischen und einer histologischen Analyse, denen jeweils eine andere Analysemethoden (ASU L 00.90-16; 2006-12 bzw. ASU L 06.00-13; 1989-12; mod.) zugrunde liegt. Dennoch liegt nur eine Untersuchung vor, wie sich aus dem Gutachten selbst (Seite 3 des Gutachtens) ergibt, wo ausgeführt wird, dass die durchgeführte histologische Untersuchung zur Darstellung von wiederverarbeiteter Brühwurst den sensorischen Eindruck bestätige. Ausweislich dieser Ausführungen vermittelte die sensorische Analyse somit nur einen (ersten) Eindruck und bedurfte der histologischen Analyse zu ihrer Bestätigung. Da die sensorische Analyse somit für sich genommen nicht geeignet war, die vom LGL getroffene Beurteilung zu tragen, basierten die Feststellungen und die Bewertung des LGL somit auf der Kombination beider Analysen, so dass lediglich eine Untersuchung im Sinne des § 40 Abs. 1a LFGB durchgeführt wurde. Bestätigt wird diese Sichtweise durch die übrigen Ausführungen im Gutachten, da die zur Zusammensetzung der Fleischpflanzerl gewonnen Erkenntnisse ausweislich der Seite 2 des Gutachtens maßgeblich aus der histologischen Analyse resultieren.
48
1.2.2.3.2. Im Hinblick auf die weiteren elf Verstöße, hinsichtlich derer der Antragsgegner jeweils ein Bußgeld zwischen 20 und 100 Euro erwartet, das sich in Summe auf insgesamt 460 Euro belaufen würde, fehlt es jedenfalls an einer nachvollziehbaren Darlegung dieser Bußgelderwartung.
49
Ausweislich der Ausführungen des Antragsgegners in der Antragserwiderung wurde die Bußgeldprognose in Höhe von 460 Euro auf den Bußgeldkatalog der Behörde vom 20. September 2010 (Az. 5.1.2-514) gestützt, wobei der Antragsgegner den Betrieb des Antragstellers als mittelgroß eingeordnet hat.
50
Dieser Bußgeldkatalog besagt im Wesentlichen, dass während der Kontrolle festgestellte Verstöße vom Lebensmittelüberwachungsbeamten im Kontrollbericht zu notieren sind und dass gleichzeitig die Schwere des Verstoßes und die Größe des Betriebs im jeweiligen Kontrollbericht festzuhalten sind, wobei die Verstöße nach leicht, mittel oder schwer zu kategorisieren und die Betriebe als klein, mittel oder groß sowie bei beanstandeten Proben gegebenenfalls auch als überregional einzuordnen sind (vgl. Bußgeldkatalog Ziffer 1.). Infolgedessen haben die Verwaltungsbediensteten auf der Grundlage der von den Lebensmittelbeamten im Kontrollbericht getroffenen Feststellungen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls das Bußgeld nach insgesamt drei Bußgeldkatalogen festzusetzen (vgl. Bußgeldkatalog Ziffer 2.), die sich ihrerseits im Bußgeldkatalog unter Ziffer 2. lit. a) bis c) wiedergegeben finden. Der „Bußgeldkatalog Betrieb“ (Ziffer 2. lit a)) sieht bei kleinen Betrieben für einen leichten Verstoß 10 Euro, für einen mittleren Verstoß 25 Euro sowie für einen schweren Verstoß 50 Euro vorsieht, wobei sich dieser Betrag bei mittleren Betrieben verdoppelt und bei großen Betrieben verdreifacht.
51
Ob die Bußgelderwartung des Antragstellers auf den „Bußgeldkatalog Betrieb“ oder auf einen der beiden anderen „Bußgeldkataloge“ (Ziffer 2 lit. b) bzw. c)) gestützt wurde, führt der Antragsgegner nicht aus. Angesichts der angedachten Bußgelder (20, 50 bzw. 100 Euro) und des als mittelgroß eingestuften Betriebs des Antragstellers erscheint jedoch die Anwendung des „Bußgeldkatalog Betrieb“ naheliegend. Dem Gericht ist es jedoch nicht möglich, anhand der Angaben des Antragsgegners und des vorgelegten Bußgeldkatalogs die prognostizierte Bußgeldhöhe nachzuvollziehen, fehlt es doch bereits an den im Bußgeldkatalog geforderten Feststellungen im Kontrollbericht zur Größe des Betriebs und zu der Schwere der Verstöße, die nach den eigenen Vorgaben des Antragsgegners vom Lebensmittelüberwachungsbeamten im Kontrollbericht festzuhalten gewesen wären. Unabhängig hiervon fehlt es dem Bußgeldkatalog auch an der Benennung der Kriterien für die Bestimmung der Betriebsgröße (z. B. Jahresumsatz, Mitarbeiteranzahl, etc.) sowie für die Kategorisierung der Schwere der Verstöße (z. B. Verschuldensart, einschlägige Bußgeldvorschrift, etc.).
52
Infolgedessen ist für das Gericht bereits nicht nachvollziehbar, ob der Betrieb des Antragstellers zu Recht als mittelgroßer Betrieb eingeordnet wurde. Wäre der Betrieb des Antragstellers etwa als kleiner Betrieb einzuordnen, was mangels Vorhandenseins konkreter Anhaltspunkte ebenso wahrscheinlich erscheint wie die Einordnung des Betriebs des Antragstellers als mittelgroßer Betrieb, würde sich allein deshalb das prognostizierte Bußgeld bereits auf 230 Euro halbieren.
53
Infolgedessen ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass im streitgegenständlichen Fall ausweislich der Angaben des Antragsgegners die Verhängung eines Bußgeldes in Höhe von mindestens 350 Euro zu erwarten ist.
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Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die bloße Aufsummierung kleinerer Verstöße von jeweils weniger als 350 Euro Bußgelderwartung überhaupt eine Information der Öffentlichkeit zu rechtfertigen vermag. Die eine Veröffentlichungspflicht auslösenden Tatbestandsvoraussetzungen des § 40 Abs. 1a LFGB sind verfassungskonform so auszulegen und anzuwenden, dass nur über Verstöße von hinreichendem Gewicht informiert wird. Dabei kommt sowohl dem Tatbestandsmerkmal des nicht nur unerheblichen Ausmaßes eine entscheidende Bedeutung zu als auch der Bußgelderwartung von mindestens 350 Euro (BVerfG, B. v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BeckRS 2018, 7272 Rn. 42 ff., 50 ff.). Da beide Tatbestandsmerkmale kumulativ vorliegen müssen, erscheint zweifelhaft, ob ein hinreichendes Gewicht allein durch die Aufsummierung minder schwerer Verstöße erreicht werden kann, die jeder für sich betrachtet die Bußgeldschwelle von 350 Euro unterschreiten und sich angesichts eines Bußgeldrahmens von bis zu 100.000 Euro (vgl. § 60 Abs. 5 LFGB) demnach als Bagatellfälle darstellen (vgl. VGH Baden-Württemberg, B. v. 21.5.2019 – 9 S 584/19 – juris Rn. 34; VG Freiburg, B.v. 30.4.2019 – 4 K 168/19 – juris Rn. 37). Diese Frage bedarf jedoch im vorliegenden Fall keiner abschließenden Beantwortung, da selbst bei einer Aufsummierung der einzelnen Bußgelderwartungen für die übrigen elf Verstöße eine Bußgelderwartung in Höhe von insgesamt mindestens 350 Euro nicht nachvollziehbar dargelegt wurde.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG, wobei unter Berücksichtigung von Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs 2013 wegen der Vorwegnahme der Hauptsache von einer Halbierung des Streitwerts abgesehen wurde.