VGH München, Urteil v. 27.06.2023 – 4 N 20.1054
Titel:

Unwirksamkeit einer kommunalen Abfallgebührensatzung 

Normenketten:
BayKAG Art. 8 Abs. 2, Abs. 6 S. 2
BayAbfG Art. 7
Leitsatz:
Eine durch Kalkulationsfehler verursachte Kostenüberdeckung führt zur Unwirksamkeit einer kommunalen Abfallgebührensatzung, wenn die Höhe der Überdeckung im Verhältnis zu den fehlerbereinigten gebührenfinanzierten Gesamtkosten mehr als 5% beträgt oder die Überdeckung bewusst herbeigeführt wurde. (Rn. 18, 35 und 40 – 41)
Schlagworte:
Kalkulation für Abfallgebührensatzung, Pflicht zum Ausgleich von Kostenüberdeckungen, Direktabzug von Investitionskosten, Finanzierung von Rekultivierungskosten, Toleranzschwelle für durch Kalkulationsfehler verursachte Kostenüberdeckungen, Gebührenkalkulation, Kalkulationsfehler, Kostenüberdeckungsverbot, Fehlertoleranz, Überschüsse, Gebührenminderung, kalkulatorische Abschreibungen
Vorinstanzen:
BVerwG Leipzig, Urteil vom 27.11.2019 – 9 CN 1.18
BVerwG Leipzig, Beschluss vom 13.09.2018 – 9 BN 3.17
VGH München, Endurteil vom 17.08.2017 – 4 N 15.1685
Fundstellen:
BayVBl 2024, 267
DVBl 2024, 184
BeckRS 2023, 15652
DÖV 2024, 163
KommJur 2023, 311
LSK 2023, 15652

Tenor

I. Die Gebührensatzung für die öffentliche Abfallentsorgung des Landkreises K. vom 30. Juli 2014 wird für unwirksam erklärt.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Antragsteller vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die vom Antragsgegner erlassene Abfallgebührensatzung vom 30. Juli 2014.
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Die „Gebührensatzung für die öffentliche Abfallentsorgung des Landkreises K. (Abfallgebührensatzung) vom 30. Juli 2014“ wurde am 8. August 2014 im Amtsblatt des Antragsgegners bekannt gemacht und trat am 1. Januar 2015 in Kraft. Ihr liegt eine Gebührenkalkulation für die Jahre 2015 bis 2018 zugrunde. Der Antragsteller ist Miteigentümer eines Hausgrundstücks im Geltungsbereich der Satzung. Er wurde mit noch nicht bestandskräftigem Bescheid vom 12. Januar 2015 zur Entrichtung von Abfallgebühren auf der Grundlage der Satzung aufgefordert. Am 6. August 2015 stellte der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen die Abfallgebührensatzung.
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Mit Urteil vom 17. August 2017 – 4 N 15.1685 – BayVBl 2018, 343 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den Normenkontrollantrag ab. Aus der Sollvorschrift des Art. 8 Abs. 2 Satz 2 KAG ergebe sich ein Spielraum für den Satzungsgeber dahingehend, dass geringfügige Überschreitungen als unbeabsichtigte Folge prognostischer Unsicherheiten in Höhe von bis zu 12% grundsätzlich keine Verletzung des Kostenüberdeckungsverbots darstellten. Diese Fehlertoleranz sei im vorliegenden Fall nicht ausgeschöpft worden.
4
Auf die Revision des Antragstellers hob das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 27. November 2019 – 9 CN 1.18 – BVerwGE 167, 117 das Urteil vom 17. August 2017 auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurück. Einer Toleranzschwelle in Höhe von 12% fehle es mit Blick auf die mit der Fehlertoleranz verbundene Einschränkung der Rechtsschutzgarantie (Art. 19 Abs. 4 GG) an einer nachvollziehbaren Rechtfertigung.
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Der Antragsteller beantragt weiterhin,
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die Gebührensatzung des Landkreises K. vom 30. Juli 2014 für unwirksam zu erklären.
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Zur Begründung wurden verschiedene Verstöße der Satzung gegen Art. 8 KAG gerügt. Einer verfassungsgemäßen Auslegung des Art. 8 Abs. 2 Satz 2 KAG entspreche allenfalls eine Toleranzschwelle für durch Kalkulationsfehler bedingte Überdeckungen von maximal 5%, die vorliegend deutlich überschritten werde. In rechtswidriger Weise habe der Antragsgegner Methoden der Kameralistik angewandt. Investitionsaufwände seien in voller Höhe aus Gebührenvermögen beglichen und zusätzlich über kalkulatorische Abschreibungen geltend gemacht worden. Der Überdeckungsstand aus den Jahren 2010 bis 2014 sei entgegen der Vorschrift des Art. 8 Abs. 6 Satz 2 KAG nicht im Bemessungszeitraum 2015 bis 2018 ausgeglichen worden. Bei der Gebührenkalkulation seien nicht direkt ansatzfähige Kosten berücksichtigt worden. Die Rekultivierungskosten für die Deponie Arnhofen hätten über die „Sonderrücklage Deponien“ finanziert werden müssen. Hinsichtlich des weiteren Vortrags des Antragstellers wird auf den Tatbestand des Urteils vom 17. August 2017 und die Gerichtsakten verwiesen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Normenkontrollantrag abzulehnen.
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Die Messgröße für den bei 5% anzusetzenden Toleranzspielraum für Kalkulationsfehler seien die zulässigerweise ansatzfähigen Gesamtkosten. Diese Toleranzgrenze werde vorliegend nicht überschritten. Der Gesamtbetrag der zu verteilenden Kosten betrage 23.018.707 Euro. Aufgrund des Sonderrücklagenstandes zum 31. Dezember 2012 (kameral ermittelt) in Höhe von 1.627.080 Euro zuzüglich der gemäß Betriebsabrechnung festgestellten Kostenüberdeckung im Jahr 2013 in Höhe von 479.113 Euro ergebe sich ein Sonderrücklagenstand zum 31. Dezember 2013 in Höhe von 2.106.193 Euro. Für das Jahr 2014 habe zum Kalkulationszeitpunkt (9.5.2014) noch keine Betriebsabrechnung vorgelegen. Dem angenommenen Rücklagenstand zum 31. Dezember 2014 liege deshalb nicht das tatsächliche Betriebsergebnis (Überdeckung in Höhe von 866.336 Euro), sondern nur die Schätzung einer Überdeckung in Höhe von 241.496 Euro zugrunde. Die Differenz zwischen der zum 31. Dezember 2014 auszugleichenden Sonderrücklage in Höhe von 2.347.689 Euro (Sonderrücklagenstand zum 31.12.2013 von 2.106.193 Euro zzgl. Ergebnisschätzung 2014 in Höhe von 241.496 Euro) und des in der ursprünglichen Kalkulation eingestellten Überschusses aus 2013/2014 in Höhe von 1.373.079 Euro betrage 974.610 Euro und damit 4,23% der fehlerbereinigten zu verteilenden Kosten in Höhe von 23.018.707 Euro. Die Rüge des Antragstellers, Investitionsaufwendungen seien doppelt angesetzt worden (als Direktentnahmen aus der „Sonderrücklage Gebühren“ und durch Einstellung als kalkulatorische Kosten), könne vorliegend lediglich für die Jahre 2013 und 2014 gelten, da die gerügte Vorgehensweise höchstens in diesen beiden Jahren Einfluss auf die Ermittlung der auszugleichenden Überdeckung gehabt habe.
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Im Nachgang zur mündlichen Verhandlung vom 18. Januar 2023 wurde die Entscheidung mit Beschluss des Senats vom 20. Januar 2023 zur weiteren Sachaufklärung vertagt.
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Auf Nachfrage des Gerichts erläuterte der Antragsgegner den Ansatz für Rekultivierungskosten in der Gebührenkalkulation für das Jahr 2018 in Höhe von 200.000 Euro. Weiter trug er im Wesentlichen vor, es sei fehlerhaft gewesen, im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Gebührenkalkulation investive Kosten in Höhe von 841.000 Euro zum einen direkt über eine Entnahme und zum anderen als kalkulatorische Kosten in Ansatz zu bringen. Für die Ermittlung der Überdeckung im Jahr 2013 seien das kamerale Haushaltsergebnis in Höhe von 520.215 Euro angesetzt und davon Investitionskosten aus dem Vermögenshaushalt in Höhe von 521.547 Euro abgezogen worden. Betreffend die für das Jahr 2014 zu erwartende Überdeckung seien von dem erwarteten kameralen Ergebnis des Verwaltungshaushalts im Höhe von 66.000 Euro geplante Investitionskosten aus dem Vermögenshaushalt in Höhe von 320.000 Euro abgezogen und damit eine Unterdeckung in Höhe von 254.000 Euro prognostiziert worden. Von dem Sonderrücklagenbestand zum 31. Dezember 2012 sei der Betrag der voraussichtlichen Unterdeckung im Jahr 2014 abgezogen worden. Eine eventuelle Berücksichtigung eines zum Zeitpunkt der Gebührenkalkulation bereits schätzbaren Betriebsergebnisses für 2014 würde eine rechtswidrige Doppelbelastung des Satzungsgebers bedeuten, da das geplante kamerale Rechnungsergebnis unstreitig komplett berücksichtigt worden sei. Eine Ergebnisprognose sei eine ungewisse Schätzung, unabhängig davon, ob sie kameral oder betriebswirtschaftlich ermittelt werde; sie dürfte nicht im Nachhinein durch Rechnungsergebnisse ersetzt werden. Die Betriebsergebnisse in 2013 und 2014 dürften nicht zur Gesamtsumme der fehlerbedingten Überdeckung hinzuaddiert werden. Bei der für den Antragsgegner ungünstigsten Berechnung ergebe sich ein Anteil der Kalkulationsfehler am Gebührenbedarf (ohne den fehlerbedingten Bedarf) von 4,7%. Die komplette Ausschüttung des Sonderrücklagenbestandes zum 31. Dezember 2012 beruhe im Übrigen nicht auf einer gesetzlichen Pflicht. Der Ansatz der Sonderrücklage in der Gebührenkalkulation in Höhe von 1.373.079 Euro liege weit über den in den Jahren 2015 bis 2018 auszugleichenden Überdeckungen aus den Jahren 2013 und 2014 von insgesamt 587.546,71 Euro.
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Der Vertreter des öffentlichen Interesses hat sich nicht zum Verfahren geäußert.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die vorgelegten Behördenakten und den Tatbestand des Urteils vom 17. August 2017 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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I. Über den Antrag, die Gebührensatzung des Landkreises K. vom 30. Juli 2014 für unwirksam zu erklären, konnte ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten hierauf verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
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II. Der Antrag ist zulässig (vgl. Urteil des Senats vom 17.8.2017 – 4 N 15.1685 – BayVBl 2018, 343 Rn. 20) und begründet, weil die angegriffene Abfallgebührensatzung vom 30. Juli 2014 gegen höherrangiges Recht verstößt. Die zugrundeliegende Gebührenkalkulation ist am Maßstab des kommunalabgabenrechtlichen Kostenüberdeckungsverbots zu messen (zu 1.). Die Kalkulation für die streitgegenständliche Satzung widerspricht dieser gesetzlichen Vorgabe. Sie enthält Kalkulationsfehler, aus denen sich eine nicht nur geringfügige Kostenüberdeckung ergibt (zu 2.).
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1. Das Aufkommen aus den Benutzungsgebühren für eine öffentliche Einrichtung soll zum einen gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KAG die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten decken. Es soll zum anderen nach Satz 2 dieser Vorschrift die Kosten nach Satz 1 nicht übersteigen, wenn die Schuldner zur Benutzung verpflichtet sind.
18
a) Das Kostenüberdeckungsverbot ist auf die Gebührenerhebung aufgrund der angegriffenen Satzung vom 30. Juli 2014 für die Benutzung der öffentlichen Abfallentsorgungseinrichtung des Antragsgegners anzuwenden (Art. 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 BayAbfG i.V.m. Art. 8 Abs. 2 Satz 2 KAG). Bei der Prüfung, ob eine Gebührenkalkulation gegen dieses gesetzliche Verbot verstößt, ist der Zeitpunkt des Satzungserlasses maßgeblich. Der Satzungsgeber hat auf Grundlage der zu diesem Zeitpunkt bekannten Tatsachen eine vertretbare Prognose darüber anzustellen, mit welchem Gebührenbedarf und -aufkommen im Bemessungszeitraum zu rechnen ist, und bei der Gebührenkalkulation das Überdeckungsverbot als Veranschlagungsmaxime zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass die im Zeitpunkt des Satzungserlasses vorhersehbaren Gebühreneinnahmen nicht höher sein sollen als die zum gleichen Zeitpunkt vorhersehbaren Kosten (BayVGH, U.v. 29.3.1995 – 4 N 94.235 – juris Rn. 20). Eine Kostenüberdeckung, die nicht auf einem Kalkulationsfehler, sondern auf einer Abweichung der tatsächlichen Entwicklung der Ausgaben und Einnahmen im Bemessungszeitraum von einer vertretbaren Prognose beruht, begründet keinen Verstoß gegen das Kostenüberdeckungsverbot. Ein Verstoß liegt jedoch stets dann vor, wenn der Satzungsgeber mit der Kostenschätzung und Beitragsbemessung nicht die Einhaltung des Kostenüberdeckungsverbots, sondern die Erzielung eines Überschusses anstrebt. Zu weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Senats vom 17. August 2017 (a.a.O. Rn. 22 f.) Bezug genommen.
19
b) Die Sollvorschrift des Art. 8 Abs. 2 Satz 2 KAG ist dahingehend auszulegen, dass eine geringfügige Kostenüberdeckung infolge unbeabsichtigter Kalkulationsfehler keinen Rechtsverstoß begründet, der die Unwirksamkeit der betreffenden Beitragssatzung zur Folge hätte.
20
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 27.11.2019 – 9 CN 1.18 – BVerwGE 167, 117 Rn. 33 ff.; U.v. 17.4.2002 – 9 CN 1.01 – BVerwGE 116, 188 Rn. 38) muss bei der Bemessung einer solchen Fehlertoleranzschwelle ein verhältnismäßiger Ausgleich zwischen dem durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützten kommunalen Satzungsermessen einerseits und der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG andererseits gefunden werden. Es müsse möglichst vermieden werden, dass eine allzu rigorose Kontrollpraxis der Gerichte zu einem „unkalkulierbaren Wagnis“ für die Satzungsgeber werde. Ein geringfügiger fehlerbedingter Überschuss könne nicht als unzulässig beanstandet werden. Allerdings sei eine Toleranzschwelle, die sich nicht auf geringfügige Überdeckungen infolge von Kalkulationsfehlern beschränke, mit Blick auf die mit der Fehlertoleranz verbundene Einschränkung der Rechtsschutzgarantie ohne nachvollziehbare Rechtfertigung. Für eine Anwendung auf echte Kalkulationsfehler sei die Fehlertoleranzschwelle von 12%, wie sie in der bisherigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs anerkannt war (vgl. zuletzt U.v. 17.8.2017 – 4 N 15.1685 – BayVBl 2018, 343 Rn. 24), zu hoch. Sie stelle einen „Ausreißer“ im Vergleich zu der von anderen Oberverwaltungsgerichten anerkannten Spanne von 3 bis 5% dar. „Geringfügig“ bedeute unbedeutend, nicht ins Gewicht fallend. Das möge auf eine Fehlertoleranz in einer Größenordnung von bis zu 5% zutreffen.
21
Eine durch unbeabsichtigte Kalkulationsfehler verursachte Kostenüberdeckung ist in diesem Sinne geringfügig und steht in Einklang mit der Vorschrift des Art. 8 Abs. 2 Satz 2 KAG, wenn sie eine Toleranzschwelle von 5% der durch das Gebührenaufkommen zu deckenden Kosten nicht überschreitet. Bezugsgröße für die Berechnung dieses Prozentsatzes sind die um Kalkulationsfehler bereinigten gebührenfinanzierten Gesamtkosten. Eine Fehlertoleranz von 5% entspricht der Rechtslage in mehreren Bundesländern (vgl. Übersicht bei Vetter in: Christ/Oebbecke, Handbuch Kommunalabgabenrecht, 2. Aufl. 2022, D. Rn. 53 ff.; Brüning in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2020, § 6 Rn. 257 ff.). So wird in § 2 Abs. 1 Satz 3 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes (NKAG) eine versehentlich rechtsfehlerhafte Berechnung bezüglich einzelner Kostenbestandteile in Höhe von nicht mehr als 5% der rechtmäßigen Kostenvorausberechnung für unbeachtlich erklärt. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 des KAG Baden-Württemberg sind Mängel bei der Beschlussfassung über Abgabensätze unbeachtlich, wenn sie nur zu einer geringfügigen Kostenüberdeckung führen. Der dortige Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass eine Kostenüberdeckung „geringfügig“ in diesem Sinne sein dürfte, wenn das prognostizierte Abgabenaufkommen die prognostizierten ansatzfähigen Kosten um nicht mehr als 5% übersteige (vgl. LT BW Drs. 13/3966 S. 41; VGH BW, U.v. 24.10.2022 – 6 S 965/21 – juris Rn. 87 m.w.N.). Teils wird die Toleranzschwelle auch niedriger angesetzt (3%: OVG NW, U.v. 5.8.1994 – 9 A 1248/92 – juris Rn. 92; OVG Saarl, U.v. 3.12.2012 – 1 A 6/12 – juris Rn. 53; HessVGH, B.v. 18.4.2016 – 5 C 2174/13.N – juris Rn. 47). Der Umstand, dass das Kostenüberdeckungsverbot gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 2 KAG nur im Falle eines Benutzungszwangs gilt, spricht für eine etwas höhere Toleranzschwelle. Im Falle des Benutzungszwangs ist ein Großteil der Gemeindebürger von der Gebührenpflicht betroffen, entweder als Gebührenschuldner oder zumindest mittelbar durch Erstattungspflichten (z.B. als Mieter). Insoweit kommt dem Belang der Rechtssicherheit besondere Bedeutung zu.
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Im Übrigen entspricht eine Toleranzschwelle von 5% auch der Auslegung von Geringfügigkeitsgrenzen an anderen Stellen der Rechtsordnung. So wird die verhältnismäßige Geringfügigkeit im Sinne des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (keine Prozesskostentragung durch eine nur geringfügig unterlegene Partei) teilweise bei maximal 5% angesetzt (Herget in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 92 Rn. 10). Der Bundesgerichtshof (U.v. 10.4.2019 – VIII ZR 12/18 – juris Rn. 56) und das Bundesarbeitsgericht (U.v. 18.1.2012 – 6 AZR 462/10 – juris Rn. 22) sehen die Zuvielforderung eines Klägers, die weniger als 10% des Gesamtbeitrags aus der jeweiligen Forderung ausmacht, als verhältnismäßig geringfügig an. Auch für die Erheblichkeit im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB (Mangelbeseitigungsaufwand im Verhältnis zum Kaufpreis) gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (U.v. 28.5.2014 – VIII ZR 94/13 – juris Rn. 38) eine Schwelle von 5%. Zwar entstammen diese Beispiele anderen rechtssystematischen Zusammenhängen. Aus ihnen ergeben sich dennoch Anhaltspunkte für eine am Wortlaut orientierte Auslegung des Begriffs einer geringfügigen Kostenüberdeckung.
23
2. Die der angefochtenen Gebührensatzung zugrundeliegende Gebührenkalkulation enthält Kalkulationsfehler (unter a), die in der Summe eine die Toleranzschwelle von 5% überschreitende Überdeckung verursachen (unter b).
24
a) Die Gebührenkalkulation verstößt in mehrfacher Hinsicht gegen Rechtsvorschriften. Die maßgebliche Kalkulation wurde im Dokument „Gebührenkalkulation für die Jahre 2015 – 2018“ mit Stand vom 9. Mai 2014 zusammengefasst.
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aa) Hinsichtlich der Kostenüberdeckungen aus den Jahren 2013 und 2014 liegt ein Verstoß gegen die Ausgleichspflicht gemäß Art. 8 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 KAG vor.
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Gemäß dieser Vorschrift sind Kostenüberdeckungen, die sich am Ende des Bemessungszeitraums ergeben, innerhalb des folgenden Bemessungszeitraums auszugleichen. Diese Ausgleichspflicht gilt lediglich für Kostenüberdeckungen aus dem Bemessungszeitraum, der dem folgenden Bemessungszeitraum unmittelbar vorangeht. Sie gilt dagegen nicht für etwaige Überdeckungen aus weiter zurückliegenden Zeiträumen (BayVGH, U.v. 17.8.2017 – 4 N 15.1685 – juris Rn. 38; B.v. 30.9.2019 – 4 CE 19.93 – juris Rn. 13; BVerwG, U.v. 27.11.2019 – 9 CN 1.18 – BVerwGE 167, 117 Rn. 39 f.). Maßgeblich für die Feststellung, ob und ggf. in welcher Höhe im vorangegangenen Bemessungszeitraum ein Kostenüberschuss erzielt wurde, ist die Betriebsabrechnung. Da die Betriebsabrechnung für das letzte Jahr des vorangegangenen Kalkulationszeitraums zum Zeitpunkt der Gebührenkalkulation für den folgenden Bemessungszeitraum in der Regel noch nicht vorliegt, ist für dieses Jahr eine Schätzung erforderlich, die der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (BVerwG, U.v. 27.11.2019 – 9 CN 1.18 – BVerwGE 167, 117 Rn. 41).
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Gegen diese Ausgleichspflicht, die sich vorliegend auf den vorangegangenen Bemessungszeitraum der Jahre 2013 und 2014 bezog, wurde in der streitgegenständlichen Gebührenkalkulation verstoßen.
28
(1) Der Antragsgegner hat bestätigt, dass für die in 2013 getätigten Investitionen Abschreibungen in den Folgejahren angesetzt wurden. Dies entspricht Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG, wonach angemessene Abschreibungen zu den ansatzfähigen Kosten im Sinne des Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift gehören. Entgegen dieser Vorschrift (vgl. BayVGH, U.v. 16.12.1998 – 23 N 94.3201, 23 N 97.20002 – juris Rn. 26) wurden die entsprechenden, dem Vermögenshaushalt entstammenden Investitionskosten in Höhe von 521.547 Euro zusätzlich vom kameral berechneten Ergebnis für das Jahr 2013 in Höhe von 520.215 Euro abgezogen (vgl. Anlage zur E-Mail des Antragsgegners vom 23.1.2023, S. 3, Bl. 153). Dieser zusätzliche Direktabzug der Investitionskosten stellt auch aus Sicht des Antragsgegners einen korrekturbedürftigen Kalkulationsfehler dar. Durch diesen Fehler unterblieb der Ausgleich der Kostenüberdeckung im Jahr 2013, der ausweislich der Betriebsabrechnung für dieses Jahr 479.113 Euro betrug (vgl. BayVGH, U.v. 17.8.2017 – 4 N 15.1685 – juris Rn. 39).
29
(2) Für das Jahr 2014 musste im Rahmen der Gebührenkalkulation vom 9. Mai 2014 geschätzt werden, in welcher Höhe sich in diesem Jahr eine Über- oder Unterdeckung ergeben würde. Der Antragsgegner hat zunächst vorgetragen, bei der Gebührenkalkulation sei für das Jahr 2014 eine Überdeckung von 241.496 Euro geschätzt worden; sie sei der Tabelle vom 9. Mai 2014, Spalte „Haushalt – 2014“ zu entnehmen. Die Spalte rechts davon („Haushalt – org. Ansätze 2014“) soll die „originalen Haushaltsansätze für 2014“ enthalten und die Berücksichtigung neuer Erkenntnisse bei der Ergebnisschätzung verdeutlichen.
30
Zuletzt (vgl. Anlage zur E-Mail vom 23.1.2023, S. 3, Bl. 153) wurde dagegen sinngemäß vorgetragen, bei der Gebührenkalkulation sei eine „kamerale Ergebnisschätzung“ für 2014 in Höhe von 66.000 Euro zugrunde gelegt worden. Dieser Betrag wird in der „Gebührenkalkulation für die Jahre 2015 – 2018“ mit Stand vom 9. Mai 2014 als Überdeckung im Verwaltungshaushalt im Jahr 2014 („VwHH-Überdeckung“) ausgewiesen. Er wird dort hergeleitet aus der Verrechnung einer erwarteten Unterdeckung in Höhe von 71.600 Euro mit einem positiven Betrag für kalkulatorische Kosten von 137.600 Euro (vgl. Ende der Spalte „Haushalt – org. Ansätze 2014“). Von der Überdeckung in Höhe von 66.000 Euro seien im Vermögenshaushalt für 2014 enthaltene Investitionen in Höhe von 320.000 Euro abgezogen worden. Der sich ergebende Betrag in Höhe von 254.000 Euro entspricht der Entnahme aus der „Sonderrücklage Gebühren“ im Jahr 2014 (dazu nachfolgend bb). Insoweit ist der letzte Vortrag des Antragsgegners plausibel. Es liegt deshalb auch nahe, dass die Spalte „org. Ansätze 2014“ die im Verwaltungshaushalt ursprünglich veranschlagten Haushaltsansätze enthält und die Spalte „Haushalt – 2014“ lediglich den Stand des Haushaltsvollzugs zum 9. Mai 2014 wiedergibt, nicht dagegen eine Überschussprognose für das Jahr 2014 insgesamt.
31
Es wäre rechtsfehlerhaft, bei der Ergebnisprognose für 2014 die ursprünglichen, kameral berechneten Haushaltsansätze zugrunde zu legen und zudem von der daraus berechneten Überdeckung von 66.000 Euro Investitionskosten aus dem Vermögenshaushalt in Höhe von 320.000 Euro abzuziehen. Vielmehr muss eine Prognose anhand der zum Zeitpunkt der Gebührenkalkulation verfügbaren Betriebsergebnisse erfolgen, wie sie dem früheren Vortrag des Antragsgegners zufolge in der Spalte „Haushalt 2014“ enthalten sein soll. Insoweit ist von einer am 9. Mai 2914 zu prognostizierenden Überdeckung in Höhe von mindestens 241.496 Euro auszugehen, die gemäß Art. 8 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 KAG im folgenden Bemessungszeitraums auszugleichen war.
32
bb) Die in die Gebührenkalkulation eingeflossene Prognose, aus der „Sonderrücklage Gebühren“ werde im Jahr 2014 ein Betrag in Höhe von 254.000 Euro entnommen, war fehlerhaft.
33
Gemäß der Gebührenkalkulation vom 9. Mai 2014 (dort S. 4) sollte der „Überschuss aus den Vorjahren“, d.h. die „Sonderrücklage Gebühren“, in Höhe der voraussichtlichen Rücklagenhöhe zum 31. Dezember 2014 aufgelöst und gebührenmindernd eingesetzt werden. Zum 31. Dezember 2013 betrug der Rücklagenbestand nach Berechnung des Antragsgegners 1.627.079,56 Euro (vgl. Übersicht vom 7.4.2014, Bl. 217 der Behördenakte). Der Gebührenkalkulation lag die Annahme zugrunde, dass im Jahr 2014 ein Betrag von 254.000 Euro aus der Rücklage entnommen würde. Der Zweck dieser prognostizierten Entnahme ist den vorgelegten Behördenakten nicht eindeutig zu entnehmen. Gemäß der Zweckbestimmung der Sonderrücklage wäre anzunehmen, dass (entsprechend § 20 Abs. 4 Satz 2 KommHV-Kameralistik) eine erwartete Unterdeckung in 2014 ausgeglichen werden sollte (vgl. BayVGH, U.v. 17.08.2017 – 4 N 15.1685 – juris Rn. 25 und 39). Insoweit läge ein Kalkulationsfehler vor, da sich zum Zeitpunkt der Gebührenkalkulation für das Jahr 2014 unstreitig eine Kostenüberdeckung abzeichnete.
34
Falls der Abzug von 254.000 Euro für das Jahr 2014 dagegen eingeplant worden sein sollte, weil in diesem Jahr aus dem Verwaltungshaushalt Investitionskosten aus dem Vermögenshaushalt in Höhe von 320.000 Euro finanziert werden sollten (vgl. Anlage zur E-Mail des Landkreises vom 23.01.2023, Seite 3, Bl. 153), war dies unstreitig nicht gerechtfertigt, weil die betreffenden Investitionen gemäß Art. 8 Abs. 3 Satz 1 KAG durch kalkulatorische Abschreibungen zu finanzieren waren. Die „Sonderrücklage Gebühren“, die nach dem Willen des Satzungsgebers mit ihrem voraussichtlichen Stand zum 31. Dezember 2014 im Kalkulationszeitraum 2015 bis 2018 aufgelöst werden sollte, wäre demnach mit einem Betrag von 1.627.079,56 Euro anzusetzen gewesen.
35
Der Antragsgegner meint, eine Rechtspflicht zur (vollständigen) Auflösung der Sonderrücklage habe nicht bestanden; folglich sei nicht entscheidungserheblich, dass die Sonderrücklage nicht in der zutreffenden Höhe in die Gebührenkalkulation eingestellt worden sei. Dem ist nicht zu folgen. In der Gebührenkalkulation ist die Entscheidung des Satzungsgebers dokumentiert, diese Rücklage in ihrem Bestand zum 31. Dezember 2014 vollständig aufzulösen; diese Entscheidung kann nicht nachträglich abgeändert werden. Das Recht des Satzungsgebers, in früheren Jahren angesammelte Überschüsse gebührenmindernd einzusetzen, bleibt von der eingeschränkten Ausgleichspflicht des Art. 8 Abs. 6 Satz 2 KAG (selbstverständlich) unberührt („weitergehendes Ausgleichsrecht“, vgl. BayVGH, U.v. 17.08.2017 – 4 N 15.1685 – juris Rn. 38). Im Übrigen widerspräche es dem Normzweck des Art. 8 Abs. 6 Satz 2 KAG, Überdeckungen einer „Sonderrücklage Gebühren“ zuzuführen, obwohl die Rücklage bereits ausreichend ausgestattet ist, um den Zweck des § 20 Abs. 4 Satz 2 KommHV-Kameralistik zu erfüllen. Eine solche überobligatorische Zuführung zur Rücklage könnte den Versuch darstellen, sich auf Dauer der gesetzlichen Ausgleichspflicht zu entziehen (vgl. auch BVerwG, U.v. 27.11.2019 – 9 CN 1.18 – BVerwGE 167, 117 Rn. 42; BayVGH, B.v. 30.9.2019 – 4 CE 19.93 – Rn. 13).
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cc) Der Ansatz von Rekultivierungskosten für das Jahr 2018 beruht in Höhe von 195.000 Euro auf einem Kalkulationsfehler.
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In der Gebührenkalkulation wurden für die Jahre 2015 bis 2017 für Deponierekultivierungen je 5.000 Euro angesetzt, für das Jahr 2018 dagegen 200.000 Euro. Der Antragsgegner erläuterte zum Ansatz für das Jahr 2018 sinngemäß, dieser betreffe die nicht mehr in Betrieb befindliche Bauschuttdeponie Arnhofen. Für deren Unterhalt in den Jahren 2015 bis 1017 seien jeweils 5.000 Euro und für die Restrekultivierung im Jahr 2018 200.000 Euro veranschlagt worden. Bei der Schätzung des Kostenansatzes seien vermutlich bestimmte Rekultivierungsmaßnahmen zugrunde gelegt worden (u.a. Planieren Bauschuttablagerung; Einbau Ausgleichsschicht; Profilierungsarbeiten; Einbau mineralischer Dichtung, Drainage- und Rekultivierungsschicht).
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Diese Rekultivierungskosten für die Deponie Arnhofen mussten aus der Sonderrücklage für Deponien finanziert werden, die hierfür Rückstellungen enthielt. Mit den ansatzfähigen Rekultivierungs- und Nachsorgekosten für Deponien sind gemäß dem Rechtsgrundsatz der Periodengerechtigkeit möglichst diejenigen Gebührenschuldner zu belasten, die noch vom Betrieb der Deponien profitieren. Der Antragsgegner war deshalb gehalten, die Aufwendungen für die Rekultivierung und Nachsorge von Deponien in den Finanzbedarf einschließlich des Gebührenbedarfs für die Restlaufzeit der Deponie einzubeziehen und hiermit Rückstellungen zu bilden (Art. 7 Abs. 5 Nr. 1a BayAbfG, § 20 Abs. 4 Satz 3 KommHV-Kameralistik; vgl. BayVGH, U.v. 22.1.2004 – 4 B 98.626 – juris Rn. 19 m.w.N.). Entsprechend heißt es im Gutachten des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands (BKPV) über die Ermittlung der Abfallgebührensätze des Landkreises K. für die Jahre 2019 bis 2022 vom 28. August 2018 (dort S. 8), der Antragsgegner habe ab dem Haushaltsjahr 2002 Rückstellungen für die Rekultivierung und Nachsorge seiner Deponien gebildet. Die Nachsorgekosten u.a. für die Deponie Arnhofen, bei deren Schließung bereits Rückstellungen vorhanden gewesen seien, seien aus der Deponierückstellung zu finanzieren.
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Der Antragsgegner stellt diese rechtlichen Vorgaben nicht substantiiert in Abrede. Er trägt lediglich vor, nachvollziehbare Erwägungen zum damals gewählten Vorgehen lägen den vorhandenen Unterlagen zur Gebührenkalkulation nicht bei. Es sei davon auszugehen, dass Empfehlungen des BKPV in einem Prüfbericht vom 18. Januar 2014 Anlass gewesen seien, die Rekultivierungskosten nicht aus der Sonderrücklage zu entnehmen. Diese Hypothese ist für die Frage der Rechtmäßigkeit der Finanzierung der Rekultivierungskosten aus dem Gebührenaufkommen im streitgegenständlichen Kalkulationszeitraum ohne Bedeutung. Im Übrigen kann dem vorgenannten Bericht nicht die Empfehlung entnommen werden, bereits gebildete Rückstellungen für Rekultivierungen für andere Zwecke einzusetzen. Vielmehr wird darin deutlich auf den Rückstellungsbedarf u.a. für Rekultivierungen für noch in Betrieb befindliche Deponien hingewiesen.
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Der Kalkulationsfehler betreffend den Ansatz der Rekultivierungskosten für das Jahr 2018 verursacht eine Überdeckung in Höhe von 195.000 Euro. Dabei wird entsprechend dem Vortrag der Beteiligten zugrunde gelegt, dass entsprechend der Jahre 2015 bis 2017 auch für das Jahr 2018 Ausgaben in Höhe von 5.000 Euro für den Betrieb der stillgelegten Deponie Arnhofen gerechtfertigt waren.
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b) Die vorbezeichneten Kalkulationsfehler verursachen im streitgegenständlichen Kalkulationszeitraum in der Summe eine Überdeckung, welche die Toleranzschwelle von 5% überschreitet.
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Zunächst sind die Kostenüberdeckungen aus den Jahren 2012 und 2013 in Höhe von insgesamt 720.609 Euro (479.113 Euro aus 2013, 241.496 Euro aus 2014) entgegen der Regelung in Art. 8 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 KAG nicht im nachfolgenden Kalkulationszeitraum von 2015 bis 2018 ausgeglichenen worden (dazu 2. a) aa). Weiter wurden in rechtsfehlerhafter Weise im Jahr 2014 Investitionskosten in Höhe von 254.000 Euro von der aufzulösenden „Sonderrücklage Gebühren“ abgezogen (dazu 2. a) bb). Schließlich wurden die Rekultivierungskosten in Höhe von 195.000 Euro entgegen dem Rechtsgrundsatz der Periodengerechtigkeit nicht aus der dafür gebildeten Rücklage finanziert, sondern dem Gebührenbedarf zugerechnet (dazu 2. a) cc). Insgesamt ergibt sich eine Kostenüberdeckung in Folge dieser Kalkulationsfehler in Höhe von 1.169.609 Euro. Die um diesen Betrag berichtigten zu verteilenden Gesamtkosten in den Jahren 2015 bis 2018 betragen 22.823.708 Euro (ursprünglicher Ansatz von 23.993.317 Euro abzgl. fehlerbedingte Überdeckung in Höhe von 1.169.609 Euro). Die Summe der fehlerbedingten Überdeckungen beträgt im Verhältnis zu den zu verteilenden Gesamtkosten rund 5,12% und liegt damit über der Toleranzschwelle von 5%. Ob noch weitere durch Kalkulationsfehler verursachte Überdeckungen vorliegen, wie der Antragsteller vorträgt, ist daher nicht entscheidungserheblich.
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3. Der aus den vorgenannten Gründen festzustellende Verstoß der Gebührensätze in der streitgegenständlichen Satzung vom 30. Juli 2014 gegen das Kostenüberdeckungsverbot gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 2 KAG führt gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 1 VwGO zur Unwirksamkeit nicht lediglich einzelner Bestimmungen, sondern der Satzung insgesamt.
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III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V. m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
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Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO hat die Antragsgegnerin die Ziffer I der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise zu veröffentlichen wie die angefochtene Satzung.